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Of being a fairy

Die Fee in Spe
von

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Feurig

Anitas Augen strahlten vor Glück, als sie nach der Schule bei sich Zuhause ankam und das Wochenende mit einem Drachengebrüll willkommen hieß. Bildung und Wissen waren wichtig, aber solange sie noch unbeschwert die Wochenenden und Ferien genießen konnte, wollte sie ihre Freizeit in vollen Zügen nutzen. "Bin wieder da", rief sie durch die Villa. Von oben hörte Anita ein Poltern und aufgeregtes Kichern. Kein Zweifel! Es handelte sich um ihre jüngeren Zwillinge Jo-Ann und Pascal, die wie Kaugummi unter Tischplatten zusammenklebten. Der Vergleich schlug ihr auf den Magen, erinnerte sie an die Frühjahresputzaktion der Schule, wo sie mit anderen Mitschülern das Los gezogen hatte, die klebrigen, harten Massen unterhalb der Tische zu entfernen. Man hätte diese Schandflecken verbrennen sollen! "Jo-Ann. Pascal. Wie lange wollt ihr noch da oben versauern?", sagte sie laut und zog sich die Straßenschuhe aus.
 

Ein enttäuschter Laut entfuhr Jo-Ann. Heute trug das Mädchen Haarspangen in Regenbogenfarben im Haar, schien sehr stolz auf ihre Sammlung zu sein. Dagegen rannte der Jüngste aus der Familie die Treppe hinunter und umarmte seine Schwester im Sturzflug. Beinahe verlor sie das Gleichgewicht, konnte sich aber im letzten Moment am Treppengeländer festhalten, sodass sie keine Bruchlandung erlitten. Hoffentlich waren die Zwillinge nicht beim Nachbarn gewesen, sonst käme der nach der Poolbenutzung wie ein Schlumpf zu ihnen rüber. Obwohl: einen stinksauren Schlumpf sah man nicht alle Tage!

"Es tut mir leid, Schwester", murmelte er reumütig. "Bitte sei nicht wütend auf mich." Sie legte die Stirn in Falten. "Äh? Wovon redest du, Pascal?" Kaum stellte sie ihre Frage, da überreichte er ihr einen in der Mitte zerteilten Pokal. "Aber...wie?" Tränen bildeten sich in seinen Augen. "Das war keine Absicht. Ehrlich! Wir haben nur Fußball gespielt", beichtete Pascal und Anita seufzte schwer. "Ihr habt schon wieder im Wohnzimmer randaliert?" Mit den Pokalhälften in den Händen stemmte sie diese in die Hüften. Dabei blickte sie Jo-Ann besonders ernst an. Ohne schlechtes Gewissen zuckte die mit den Schultern. Ihr war es offensichtlich egal, wie groß der Ärger heranwuchs, wenn der Familienvater davon in Kenntnis gesetzt würde. "Das war doch nur ein kleine Wette, wer zuerst einen Pokal erwischt", rechtfertigte sie sich. "Ist doch nur ein nutzloser Gegenstand." Sofort schüttelte Pascal den Kopf. "Aber unsere Schwester gewann vor zwei Jahren", begann er zu sprechen, bis Jo-Ann ihm das Wort abschnitt. "Ich bitte dich, Cali. Sie schafft es locker wieder, das Volleyballturnier zu gewinnen."

Anita hob eine Augenbraue. Oft herrschte im Kopf der 12-jährigen Schülerin mehr Chaos als Ordnung. Ihr Zimmer war der beste Beweis! "Dann hast du keine Einwände, wenn ich die Aufnahme unseres Gespräches Vater zeige, oder?", räusperte sich Anita scheinheilig und grinste über beide Ohren. Schlagartig wurde Jo-Ann blass, als sie das Handy sah. "Verdammt!" Wahrscheinlich von der eigenen Schwester verpfiffen zu werden, kratzte sehr an ihrem Stolz. "Dann übernimmst du heute den Abwasch, Anni", kam der Vorschlag von ihr. "Und du reparierst den Pokal nachher mit Sekundenkleber. Ich helfe dir auch." Während Jo-Ann empört die Wangen aufblies und in ihr Zimmer flüchtete, lächelte ihr Bruder. "Versprochen. Danke, Schwester." Keine drei Sekunden später folgte er seiner Zwillingsschwester, um sie moralisch zu unterstützen.
 

Jetzt stand sie alleine im Hausflur. Ein Pokal in zwei Hälften und eine stürmische Begrüßung erwiesen sich häufig als kein gutes Omen für das Wochenende. Wenigstens erlangte sie einen Triumph gegenüber den Satansbraten. Wie üblich waren ihr Vater und älterer Bruder Rainer um diese Uhrzeit in der Firma, somit blieben sie und die Zwillinge alleine zu Hause. Unterwegs zu ihrem Reich dachte sie schon nach, eventuell Sandra zu fragen, ob sie sich am Sonntag um die Zwillinge kümmerte, weil der Rest der Familie auf einer Geschäftsreise sein würde und sie selbst mit anderen zum Kino verabredet war. An der Universität studierte ihre älteste Schwester Kunst und lebte außerhalb der Familienvilla ihr eigenes Leben. Anita konnte es ihr nicht verübeln. Ein bisschen traurig lächelte sie über den Gedanken. Manchmal vermisste sie ihre Schwester und ihre tollpatschige Art.

Im Zimmer schmiss sie den Schulranzen auf das Bett und schaute nach ihren schuppigen Freunden. Riesige Terrarien besetzten ihr Zimmer, waren mit exotischen Bestandteilen dekoriert, sodass sich die Schlangen heimisch fühlten. "Na, wo seid ihr, meine kleinen Drachen?" Zuerst fand sie Peaches, ein Kornnatterweibchen, auf der Sand-Erde-Mischung und den Baumrinden. Die Schlange badete anschließend in der flachen Wasserschale. Dann, im anderen Terrarium, kroch die Sandboa Wüstel über die rote Erde, die aus dem Tsavo-Gebiet stammte, und auch gleich zwischen den Steinen verschwand. Zum Schluss kam die männliche Königspython Sir an der Reihe. Anscheinend schlief er auf dem Ast des kleinen Baumes und nahm nicht wahr, wie Anita darüber schmunzelte. Heute Morgen hatte sie die Schlangen gefüttert, daher ließ Anita ihre Haustiere erstmal in Ruhe. "Alle sind wohlauf."

Anita fiel rückwärts auf das Himmelbett, starrte eine Weile die Zimmerdecke an und versank regelrecht in Gedanken. Heute hatte sie sich mit Oliver, Thomas und Nicole verabredet. Es ging um den neuen Fantasyfilm. Sie freute sich sehr darauf. So konnte sie wieder mit Nicole über die Buchreihe reden und auch ihre engsten Freunde etwas mehr kennenlernen. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass Oliver sie oft im Blick hatte. Jedenfalls sagte es ihre weibliche Intuition, die häufig richtig lag. Vielleicht irrte sie sich auch und reimte sich was zusammen. Wenn sie genau darüber nachdachte, kannte sie das Trio schon fast zwei Schuljahre. Schulprojekte und die tägliche Begrüßung waren die einzigen Kommunikationen zwischen ihnen, bis auf mit Nicole. Die beiden waren dem Buchclub beigetreten. "Warum mache ich mir darüber Gedanken?", wunderte sich die Schülerin und wusste nichts von dem kommenden Drama.
 

Der Sonntagnachmittag begann. Zum Glück bejahte Sandra ihre Frage, auf die Zwillinge aufzupassen. Sie stand in der Schuld ihrer großen Schwester und überlegte, ihr ein Kunstbuch zu schenken. Unterwegs zum Kino schrieb sie noch mit Brandon. Am Samstag hatten sie eine Tour durch die Buchmesse Libra, die in der Nachbarstadt stattfand, unternommen.

»Wir haben tatsächlich von unserem Lieblingsautoren Autogramme bekommen! (*-*)«

Anita konnte ein Freudenschrei nicht unterdrücken. Die Menschen um sie herum sahen sie überrascht an und das kümmerte sie überhaupt nicht. Gerade ähnelte sie einem Honigkuchenpferd.

»Muss du mich daran erinnern! (:P) Alle gaffen mich an (>.<)«

Bei der Nachricht stellte sie sich gut vor, wie er schadenfroh grinste.

»Ist nicht mein Problem (XD). Halte deine Fangirl zurück oder so...«

Darauf verzog sie ihr Gesicht zu einem Schmollmund. Brandon hätte sich den Vorschlag sparen können. Ihr bester Freund hatte durch und durch ein gutes Herz, aber manchmal war sein Humor ziemlich schräg mit einer Prise Schadenfreude dazu. Sie seufzte.

»Nee, ist klar! Du solltest dir mal an die eigene Nase fassen. Außerdem bin ich gleich zum Kinotreffen verabredet.«

Frech bildete sich ein Grinsen auf Anitas Lippen. Manchmal war die beste Lektion ein Schluck der eigenen Medizin.

»Oh man :( Und ich bin nicht dabei...scheiß Familienausflug. Ohne dich ist es langweilig (-_-)«

Aus ihrer Sicht hatte er es gut. Mit der Familie gemeinsam die Zeit zu verbringen, kannte sie nur aus Büchern und Filmen.

»Ich will schon liebend gerne mit dir tauschen. Mein Terminkalender ist leider voll (:P)«

Die Retourkutsche hatte gesessen. Natürlich würde sie das später mit einem Curryessen wieder gerade biegen. Da sagte Brandon nie Nein.

»Na das kommt ja von Herzen *schmoll* Wir schreiben später wieder. Mutter nervt mich XD. Viel Spaß noch!«

Im letzten Moment verkniff sie sich ein Lachen. Es stimmte schon. Seine Mutter war eine Glucke, hart aber herzlich. Sie konnte sich noch erinnern, wie sie beide zu Halloween die Schminke von Frau Thermens benutzt und ausgesehen hatten, als ob sie von einer Clownsschule kamen. Brandons Mutter fand es nicht lustig und markierte die Freunde mit wasserfestem Fineliner als bunte Diebe. Das hieß, in der Sommerzeit stand auf ihrer Stirn "Bunte Diebe". Als einzige Möglichkeit entpuppten sich zwei Stücke Stoff. Das war ein Sommer der Schweißstirnbänder gewesen!
 

"Anita. Hier sind wir", rief Thomas ihr zu. Anita hob den Kopf. Vor dem Eingang des Kinos warteten schon er und Oliver. Von Nicole war nichts zu sehen. "Hey, bin schon da", winkte sie freudig zurück. Sie zeigte offen ihre Freude auf den Film und das nicht alleine. Dann schaute sie zu Oliver. Irgendwie schien er nachdenklich zu sein. Seine Augen waren nach unten gerichtet. Somit bemerkte er nicht die Besorgnis um ihn herum. Direkt fragte Anita: "Oliver, geht es dir gut?" Behutsam legt sie die Hand auf seine Schulter, worauf er leicht zusammenzuckte. "Ähm...was?" Ein schweres Seufzen entfuhr ihr. "Erde an Oliver. Ich wiederhole mich nicht nochmal." Sie warf ihm ein strengen Blick zu. Dass niemand ihr zuhörte, mochte sie einfach nicht.

Aus heiterem Himmel fing Thomas an, zu lachen. Zwischen ihnen spielte sich eine unterhaltsame Szene ab. "Da können wir uns glatt den Kinofilm sparen." Davon war Anita wenig begeistert. Nicht umsonst nahm sie sich heute von ihrer Familie frei und lief eine Stunde quer durch die Stadt. Daher sagte sie: "Wenn du so sehr auf unser Geld achtest, kannst du uns ruhig einladen." Die Zunge steckte sie frech aus. Thomas schmollte und nahm die Herausforderung mit einem Murren an. "Ach, das war ein Scherz. Nimm es nicht zu ernst." Als Okay zuckte er mit den Schultern und als Anita sich umdrehte, schien Thomas erleichtert zu sein. Das hätte seinem Geldbeutel ein Mottenloch verpasst. Soeben fragte er sich, wo Nicole mal wieder blieb. Diesmal blieben ihr fünf Minuten. Sein Blick glitt von einer zur anderen zur Straße und dann auf seine Armbanduhr.

Sofort bemerkte er dann, wie eine vertraute Stimme laut nach ihnen rief. "Ich habs geschafft." Als sie ankam, keuchte sie vor Anstrengung und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Diesmal schüttelte Thomas mit den Kopf. "Stell dir mal einen Wecker. Das war heute sehr knapp und der Film fängt gleich an", tadelte er und erhielt von Nicole ein herzliches Grinsen. Seine beste Freundin würde sich wohl nie ändern. "Ich habe es doch noch geschafft. Bleib locker", sagte sie mit einem Schulterklopfen. Schnell vergaß Thomas ihre Unpünktlichkeit, sodass sie mit dem Kinotreffen weiter kamen.
 

Anita verkniff sich ein Lachen. Beide verhielten sich wie ein Liebespaar und könnten sogar zusammen passen. "Ohhh. Sind sie nicht süß, Oliver?", flüsterte sie zu ihm. Allerdings wirkte Oliver geistesabwesend, reagierte nicht auf Anitas Worte, bis sie ihm gegen die Rippen stieß. "Aua", brummte er. Nach Anitas Meinung hatte er es verdient. "Woran musst du ständig denken? Hmh?" Ihr Gesicht kam seinem sehr nah. Da er rot um die Nase wurde, wuchs ihre Neugier. Auch Brandons Wangen färbten sich rosa, wenn er ein Geheimnis verbarg. Oliver räusperte sich. "Ähm...ich habe mir Gedanken um den Film gemacht. Jap. Das ist alles." Zuerst hob sie eine Augenbraue, ließ ihn aber dann in Ruhe. Schließlich fing gleich der Film an.

"Verstehe", sagte Anita knapp. Daraufhin seufzte sie und ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Irgendwann würde sie es herausfinden. Ob er wollte oder nicht! Kaum dreht sich Anita zu den anderen um, atmete Oliver erleichtert aus. "Lasst uns endlich reingehen", forderte Nicole und ging direkt voran. Als nächstes kam Anita dran. "Hey, warte. Ich will auch." Bevor sie hinein ging, gab sie den Jungs ein Handzeichen ihnen zu folgen. Es kribbelte in ihren Fingern. Ohne Umweg stand der Fim jetzt an der Tagesordnung. Zudem war ihr mal ein freier Tag gegönnt.
 

Zusammen bezahlten sie die Snacks und Drinks. Thomas nahm die Cola, Nicole die Sprite, Oliver die Chips und Anita die Popcorntüten. Im Kinosaal saßen die Freunde in der erste Reihe. Wenige Sekunden später füllten sich die Sitzplätze. "Wow, mit so vielen Kinobesuchern habe ich nicht gerechnet." Kurz warf Oliver einen Blick nach hinten, während die Mädchen schon mal das Popcorn überprüften. "Hmhm. Schmeckt lecker", meinte Nicole zufrieden. Auch Anita stimmte zu. Hinter ihr hörte sie die Menschen tuscheln Sie waren teilweise aufgeregt und freuten sich auf dem Film. Das Gleiche traf bei Anita auch zu. Neben ihr saß Oliver, der erneut in Gedanken versank. Vorsichtig tippte sie gegen seine Wange. "Hey, alles okay?" Geschwind holte sie ihn aus der Gedankenwelt. "Was? Ja, ich bin auch schon gespannt." Er kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

Der Vorspann fing an. Anita war so frech und klaute sich einen Chip aus Olivers Chipstüte. Gerade probierte sie das Stück, da fiel ihr auf, dass Oliver lächelte. Um ihr Mund klebten Chipskrümel und Popcornbutter, was sie fürs erste nicht bemerkte. "Sieh einmal, da kommt jemand aus seinem Schneckenhaus", grinste Anita. Dabei hatte sie sich noch Sorgen gemacht. "Du bist wirklich nett, Anita", sagte Oliver leise. "Aber...ohh! Der Film fängt an." Sofort verstummen die Stimmen, als im Saal Dunkelheit herrschte und die ersten Szenen sich zeigten. Später konnte sie noch nachhaken. Jetzt hieß es Fantasyfilm angucken. Besonders liebte sie Drama und Freundschaften, die Hindernisse überwältigen müssen. Allerdings spannte sie sich oft bei Fantasyfilmen an, wenn jemand auf tragische Weise für etwas Besonderes starb. "Endlich geht es los."



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