Die Wächterin von Arinna (Piedra de alma del agua) ================================================================================ Kapitel 8: Der neue Schüler --------------------------- ~Freya~   So wütend war sie noch nie in ihrem Leben gewesen. Sie konnte nicht glauben, dass ihre beste Freundin sie belog. Von anderen war es sie es ja gewohnt, belogen zu werden. Aber von Tea? Der vertraute Schmerz in ihrer Brust, welches wie ein Echo in ihr widerhallte, verblasste langsam, aber es war immer noch ein Schock. Von Tea belogen zu werden. Freya konnte es immer noch nicht glauben. Noch nie hatte Tea sie belogen. Warum tat sie es jetzt? Freya lief durch die Flure der Schule ohne zu wissen wohin sie wollte. Ihre Gedanken kamen auch gar nicht zur Ruhe, wobei sie immer nur das einzige Thema kreisten. Warum belog Tea sie. Natürlich hätte sie Tea einfach fragen können, wäre da nicht das Problem, das ihre beste Freundin gar nicht wusste, dass sie die Fähigkeit besaß, festzustellen ob jemand log. Irgendwie hatte sie den Zeitpunkt verpasst, ihr davon zu erzählen. Freya warf die Hände in die Luft. Es war zum verrückt werden. Sie konnte Tea gar nichts vorwerfen. Sie sagte ihr ja selber nicht Wahrheit. Tea würde es sicher verstehen, aber damit wäre nicht alles in Ordnung. Ihr schlug ein heftiger Wind ins Gesicht. Ihre roten Locken verdeckten ihre Sicht und sie brauchte einige Minuten und zu verstehen wo sie war. Sie stand oben auf dem Dach ihrer Schule. Diesen Ort kannte nur sie. Nicht mal Tea wusste hier von. Wieder ein Geheimnis welches sie nicht mit ihrer Freundin teilte. Worüber regte sie sich also eigentlich so auf? Freya zähmte ihre Haare und zwang ihre wilden Locken in ein Haargummi. Sie hasste ihre feuerroten Haare und schon oft hatte sie mit dem Gedanken gespielt sie abzuschneiden und zu färben. Bisher hatte sie es aber nie gemacht. Jedes Mal wenn sie in den Spiegel sah, entschied sie sich dagegen. Die roten Haare gehörten zu ihr, wenn sie sie abschnitt und ihnen die Farbe nahm, wer war sie denn? Im Grunde wusste sie doch gar nicht, wer sie ist. Sie war ein 17 Jahre altes Mädchen, das eine merkwürdige Gabe besaß. Sie verstand es nicht und wusste, auch nicht was sie damit machen sollte. Klar, sie hätte Tea davon erzählen können. Schließlich hatte Tea ihr ja auch von ihren Träumen erzählen. Doch sie hatte sich nicht getraut. Sie durfte sich nicht aufregen. Sie durfte nicht verletzt sein, wenn Tea sie anlog. Freya fühlte die heißen Tränen in sich aufsteigen und sie hasste sich selber dafür. Ihre Finger schlangen sich um das Gitter und sie sank regelrecht zu Boden. „Warum so traurig?“ Sie schrie auf. Ihr Herz setzte einige Sekunde aus und wie eine schwarze Wolke legte sich etwas über ihre Gefühle. Ein Moment in dem sie nichts fühlte. Wäre sie sich nicht gerade zu Tode erschreckt, dann hätte sie das Gefühl deutlich mehr genossen. „Tut mir Leid, ich wollte dich nicht erschrecken“. Die Stimme kannte sie nicht. Es muss jemand sein, den sie nicht kannte und da blieben  wenige übrig. Sie arbeitete in ihrer Freizeit für die Schülerzeitung und von daher war ihr jeder bekannt. Freya zwang sich zur Ruhe und versuchte ihr stehen gebliebenes Herz, wieder in Gang zu setzten. Nach dem sie sich sicher war, alles wieder Unterkontrolle zu haben, drehte sie sich langsam um. Sie blickte in zwei nebelgraue Augen. Die Sonne glitzerte auf eine sehr geheimnisvolle weise in den goldblonden Haaren, des neuen Schülers. Fast so, als würden die Sonnenstrahlen, ihn streicheln wollen. Ein wenig erinnerte sie es an Damon und das Wasser. Bei ihm wirkte das Schwimmen auch immer, als würde das Wasser ihn streicheln. Freya kehrte schnell zurück, auch wenn das Lächeln auf den Lippen des Jungen, ihr inneres zum Kribbeln brachte. Sie durfte nicht vergessen, was Tea gesagt hatte. Sie hatte von ihm geträumt und dann auch wieder nicht. Keine Ahnung was das bedeuten sollte, aber es war sicher, besser vorsichtig zu sein. „Schon gut“, ergriff sie das Wort und sie war froh, dass ihre Stimme nicht zitterte, „ich habe nur nicht damit gerechnet, das hier jemand ist.“ „Überraschung“, lachte der Junge und es war ein ansteckend. „Hierher verläuft sich sonst kein Schüler.“ „Versteh ich nicht. Es ist doch wunderschön hier oben.“ Freya konnte ihm da nur zu stimmen. Sie betrachtete den Neuen so unauffällig wie möglich. Im Profil sah er recht gut aus. Gerade Nase, keine Pickel und sehr markante Wangenknochen. Freya rief sich abermals zur Ordnung. Wollte sie nicht vorsichtig sein? „Die Aussicht ist der Hammer.“ Freya konnte ihm da nur zustimmen, auch wenn sie gerade einen ganz andere Aussicht in Augenschein nahm, als den, den man von dem Dach aus hatte. Sie wusste, das man von ihr zum Wald sehen konnte, in den komischerweise nie jemand ging. Von der gegenüberliegenden Seite konnte man in das Dorf blicken und sah direkt auf die große Turmuhr ihrer Kirche. Wo auch niemand hinging. Ihre Kirche ist geschlossen und das auch schon seid sie denken konnte. In ihrem Dorf gab es in dieser Hinsicht sowieso nur recht wenig. Wollte man shoppen gehen oder ins Kino, musste man schon in die nächste Stadt gehen. Ja, gehen. Die zwei Kilometer durch den Wald, das schaffte man gut zu Fuß. „Wenn ich recht informiert bin, heiß du Kai, richtig?“ „Stimmt. Spricht sich ja schnell rum.“ Das Lächeln auf seinen Lippen brachte sie ganz durcheinander. Sie lächelte verlegen zurück und versuchte ihm nicht weiter ins Gesicht zu sehen, was ihr aber deutlich schwerfiel. „Soviele Neue, gibt es an hier nicht" „Also bin ich die Sensation“, stellte er breit grinsend fest. Freya zwang sich auf den Wald hinaus zu blicken. Sie ermahnte sich, dem Neuen mit vorsichtig zu begegnen. Sie wusste nicht warum, aber es konnte nicht gut sein, wenn Tea von ihm träumte und dieser Traum nicht richtig wahr wurde. Ihr Gefühl sagte deutlich, das etwas an dieser Sache nicht stimmte. Teas Träume waren bisher immer in Erfüllung gegangen. Früher oder oder später. „So könnte man es sagen. In diesem Dorf passiert selten etwas Spannendes.“ „Kann ich mir gar nicht vorstellen.“ Er zeigte mit seinem Finger in den Himmel. Freya folgte seinem Fingerzeig und erstarrte. Sie konnte nicht begreifen was sie da sah. Träumte sie vielleicht? War sie eingeschlafen? Irgendwas in ihr sagte, dass sie wach war. Sie musste ihren Augen also trauen, auch wenn sie der festen Überzeugung war, dass es unmöglich ist. Hoch über ihr, stieg ein gewaltiger blauer Drache auf und flog mit schnell Flügelschlägen zum Wald hinüber. „Hast du gesehen, wer auf dem Rücken des Drachen saß?“ Freya sah dem Neuen wieder ins Gesicht. Etwas war falsch. Die Augen glühten in einem finsteren braun. Alles in ihr zog sich zusammen. „Ich würde ja mal deine Freundin fragen, in welcher Beziehung sie zu Drachen steht. Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass sie dir Wahrheit sagt. Sie belügt dich ja schon seit einiger Zeit, nicht wahr Freya.“ Mit diesen Worten ließ der Neue sie stehen. Er verließ das Dach und die wusste gar nichts mehr. In ihrem Inneren tobte ein Sturm, der jede Alarmglocke erschallen ließ.   ~Tea~   Ihr war heiß. Das war das erste Gefühl, als sie in ihrem Traum erwachte. Tea kam es so vor, als würde sie mehr träumen als jemals zu fuhr. So als ob, sie sobald sie ihre Augen schloss, zu träumen anfangen würde. So war es auch jetzt. Sie hatte nur kurz die augengeschlossen und wurde sie in einen Traum katapultiert. Sie öffnete, da sie eh keine andere Wahl hatte, die Augen. Schloss sie sofort aber wieder. Heiß Wind blies ihr entgegen. Ihre Augen fühlten sich sofort trocken und gereizt an. Sie wartete bis ihre Tränen, das furchtbare brennen löschten und unternahm dann noch einmal einen Versuch. Diesmal nur vorsichtiger. Der Wind blies immer noch heiß um ihren Körper herum, aber brannte nicht mehr so sehr, dass sie sich wünschte in den kühlen See im Wald zu springen. Tea sah sich um. Unter ihren Füßen knirschten Steine, bedeckt von einer grauen Staubschicht. Asche! Ein dicker Knoten webte sich in ihrem Inneren und voller Furcht sah sie sich weiter um. Es war dunkel, nur die Sterne boten ihr Licht. Nicht mal der Mond half ihr, da er nicht zu sehen war. Sie trat ein paar Schritt vor und unter ihren Schuhen knirschten die Steine. Aschewolken wirbelten in dem heißen Wind herauf. Tea begann sich gerade zu fragen, was dieser Traum sollte. Sie war zwar dran gewöhnt, dass sie von Zeit zu Zeit extrem merkwürdige Träume hatte, aber dieser schien hier gerade alles toppen zu wollen. Da hörte sie ein Lachen und es dauerte nicht lange, bis sie die Person ausmachen konnte, die da so grässlich lachte. Es war der gleiche Junge, von dem sie schon einmal geträumt hatte. Ihr neuer Schüler stand in ihre Uniform in einem Spiel aus Wind und Asche. Es schien ihn nicht stören, dass um ihn herum ein kleiner Tornado wirbelte. Honigbraune Augen, die eiskalt auf etwas hinab blickten. Tea folgte dem Blick und sah zu seinen Füßen, ihre beste Freundin sitzen. „Frey“ Ihr war schon klar, dass man sie nicht hören konnte, aber es rutschte ihr raus. Was hatte Frey mit diesem Typen zu tun? Moment woher kannte sie ihn? Den Jungen, der heute Morgen zur Schule gekommen war, der hatte nebelgraue Augen und wirkte im ganzen, nicht so groß und breit gebaut. Die eiskalten Augen trafen sie und Tea fühlte sich wie gelähmt. Ihre Freundin verblasste im Hintergrund und etwas anderes erschien hinter dem Jungen. Etwas was Tea schon mal gesehen hat. Zwar nicht genauso aber sie erkannte es sofort. Hinter ihm leuchtete ein feuerrote Kristall. Mit einen gefährlichen Grinsen auf den Lippen setzte er sich in Bewegung. Ging schnellen Schrittes auf sie zu. Teas Herz raste und ihr Magen schnürte sich zusammen. Konnte sie in so einem Traum sterben? Tea schloss die Augen. Wie immer half das nichts. Sie sah es dennoch. Sie sah wie sich der Junge vor ihr in zwei Persönlichkeiten spaltete und sie jeweils zu ihren Seiten an ihr vorbei gingen. Tea sah ihnen hinter her. Der eine von ihnen wirkte schmächtiger und auch ein wenig kleiner. Und auch wenn Tea seine Augen nicht sehen konnte, so wusste sie das er nebelgraue Augen hatte. „Zwei – Zwillinge“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)