Von La Sadie's zu Dir en Grey- Ein steiniger Weg von MarryDeLioncourt ================================================================================ Kapitel 8: Dunkelheit --------------------- Seit den Aufnahmen mit Yoshiki waren jetzt etwa zwei Wochen ins Land gezogen und im Leben des Diru Sängers kehrte langsam wieder der Alltag ein. Naja oder wie man das Leben neben der Band eben nennen konnte. Doch genau das war es, wovor sich Kyo gefürchtet hatte. Denn Alltag bedeutete keine Musik, zumindest nicht mit Bühnenperformance. Keine Musik bedeutete keine Ablenkung und keine Ablenkung führte nur wieder dazu, dass er in seine düstere Seelenwelt abdriftete und dieses Monster, welches ihn ab und an zu verschlingen drohte, seine Arme nach ihm ausstreckte. Es schnürte ihm die Luft ab und zog ihn an einer unsichtbaren Kette am Hals immer mehr in den Abgrund. Mit leeren Augen an die Zimmerdecke starrend, lag Kyo auf dem Rücken seines Wohnzimmerteppichs und spürte wie sein Herz von dieser unsichtbaren Klaue umklammert wurde. Immer wieder und wieder und gerade fehlte ihm die Kraft dagegen anzukämpfen. Tränen rannen seinen Wangen herab und er wusste nicht wohin mit seinen Gefühlen, die ihn Mal wieder wie eine Lawine überrollten. Zwei geliebte Menschen hatte er in den letzten Jahren verloren und allmählich begann er sich Vorwürfe zu machen, zumindest was den Tod seiner geliebten Mama betraf. Wäre er öfter zu Hause gewesen, hätte er das alles vielleicht verhindern können. Vielleicht hätte sie ihm helfen können, das Verhältnis zu seinem Vater zu verbessern, doch jetzt war alles zu spät. Sie war tot und er verloren. Die Schuldgefühle zerfraßen ihn. Nun lebte er immer mehr in einer Welt, in die er anderen keinen Zutritt gewährte, obwohl er es manchmal gern gewollt hätte. Aber dieses Monster in ihm ließ das nicht zu, es wollte ihn für sich allein haben, ihn foltern und zerstören. Sein geschundener Körper krampfte sich zusammen und Kyo schluchzte, schlang seine Arme um die angewinkelten Beine, um so dem Drang zu widerstehen, sich selbst weh zu tun. Als es klingelte, fuhr der Sänger erschrocken zusammen. Er erwartete keinen Besuch, deshalb blieb er liegen. Doch es klingelte ein weiteres Mal. Schwermütig zog er sich an der Sofalehne hoch und wankte zur Tür. Da es ein älteres Haus war, gab es keine Freisprechanlage und so musste er an der offenen Tür warten, wer denn der ungebetene Gast war. Im Treppenhaus leuchtete auf einmal ein schwarzer Haarschopf auf und Kyo seufzte. Recht gut gelaunt hüpfte der Bassist die Treppen hinauf. Dabei nahm er immer zwei Stufen auf einmal. Zur Begrüßung zog er den Kleineren in eine sanfte Umarmung, der Kyo nur wiederwillig zustimmte und einen brummenden Laut von sich gab. „Hey…ich dachte ich schau Mal, was du so treibst…“, gab Toshiya von sich, doch sein Sänger warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Mir ist gerade nicht nach Gesellschaft.“ Doch als hätte ihn der Freund nicht gehört, fläzte er sich auf die Couch und legte die Füße auf den Tisch. „Hast du was zum Trinken da?“ „Tequila…“, gab Kyo kurz und knapp zur Antwort. Toshi grinste seinen Sänger an und bediente sich sogleich an der Vitrine mit den Gläsern. „Geht’s dir gut Tooru-chan?“, fragte der Freund dann und Kyo biss sich heftig auf die Unterlippe, schenkte sich nach und zündete sich eine Zigarette an. „Was interessiert es dich Tosh…ich mein es gerade ernst, dass ich meine Ruhe will…außerdem solltest du dich endlich Mal um dein Die- Problem kümmern. Der heult mir nämlich auch die ganze Zeit die Ohren voll…ich hab gerade echt keinen Nerv mich mit eurem Scheiß zu beschäftigen…“ Der Bassist warf seinem Sänger einen nachdenklichen Blick zu. „Ich weiß nur nicht wie…seit der Tour geht er mir aus dem Weg und antwortet nicht auf meine Nachrichten…ich bin verzweifelt…“ „Dann geh zu ihm verdammt und nerv mich nicht!“, fuhr ihn der Blonde jetzt recht herrisch an und Toshiya wusste, weshalb er wirklich hier war. Shinya kannte den kleinen Griesgram wirklich besser als jeder andere, denn er hatte heute Morgen mit ihm telefoniert und meinte, dass er schon seit Tagen nichts mehr von Kyo gehört hatte und sich deshalb sorgte. Jedoch war es ihm heute nicht möglich selbst nach dem Sänger zu schauen. Die letzten Monate hatten Toshiya sehr mitgenommen. Einerseits wegen der unausgesprochenen Sache zwischen Die und ihm und dann noch Kyo. Er wollte seine Band nicht verlieren, denn mit anderen Menschen wollte er nicht zusammen spielen. Das wäre nicht mehr Dir en Grey, sondern eine billige Kopie. „Aber ich habe das Gefühl, du brauchst gerade eher Gesellschaft, auch wenn du das nicht hören willst…“ „Ohne scheiß, wollt ihr jetzt im Wechsel Babysitter für mich spielen? Kümmere dich um dich Toshi und lass mich einfach allein.“ Mit ernstem Blick sah der Freund seinen Sänger an. „Ich meine es ernst! Du bist uns allen wichtig Kyo…also leb damit…“ Der Blonde setzte die Flasche an, um die Wut, den Frust und diese unendliche Leere in sich wegzuspülen. Natürlich hatte Toshi Recht, doch Kyo war nicht gut darin anderen Recht zu geben. In ihm breitete sich wieder diese Dunkelheit aus, gegen die er kaum mehr ankam und auch seine Freunde waren immer weniger imstande ihm aus diesem Loch zu helfen. Nur die Musik vermochte ihm da noch eine Nische zu bieten oder eben die Betäubung durch Schmerz und gerade sehnte sich sein Körper so sehr danach. Lechzte schon fast nach der süßen Selbstverletzung. Wie hypnotisiert erhob sich Kyo, steuerte auf die Küche zu und öffnete mit zittrigen Händen die Schublade, in der auch das Taschenmesser lag. Toshi war nicht blöd und verfolgte ihn mit seinem Blick, doch Kyo stand mit dem Rücken zu seinem Bassisten. Gut so. Der Sänger betrachtete seine Unterarme, die schon von so vielen Narben gezeichnet waren und schon allein der Gedanke, sich neue Schnitte zuzufügen, erfüllte ihn mit einem berauschenden Gefühl. Er spürte Toshis Blick im Rücken, doch er wagte es nicht, den Freund anzuschauen, während er sich verletzte. Kyo schloss die Augen kurz, als die Klinge durch seine Haut schnitt. Er wusste, wie tief er schneiden durfte, ohne sich lebensbedrohlich zu verletzen. Doch dieses Mal brauchte er mehr. Mehr von dem betörenden Schmerz, nach dem er schon fast süchtig war. Als das Blut seinem Arm und die Hand benetzte, fiel ihm das Messer aus der Hand und landete klirrend auf dem Boden. Auch Kyo sank in sich zusammen, vergrub sein Gesicht zwischen den Knien und schluchzte. Ihm war gerade völlig egal, ob Toshiya ihn sah oder nicht. Heulend kippte er zur Seite und krallte sich in die neue Verletzung, um dem Schmerz Nachdruck zu verleihen. Mit einem Satz war der Freund neben ihm und fluchte leise vor sich hin, doch Kyo stieß ihn von sich. „Geh! Lass mich in Ruhe! Ich ertrage gerade keine Menschen!“, fuhr er seinen Bassisten an. „Damit du dich umbringst? Tooru-chan…das ist nicht normal und das weißt du…bitte lass dir helfen!“ „Ich will aber keine Hilfe, warum kapiert das keiner! Außerdem hab ich nicht vor mich umzubringen…doch das versteht niemand! Keiner von euch wird mich jemals verstehen…also lasst mich doch endlich in Ruhe und kümmert euch um euren eigenen Scheiß Toshiya! Ich komm allein klar und jetzt hau ab…verpiss dich einfach…“ Kyos Stimme wurde mit jedem Wort lauter und Toshi bekam es langsam mit der Angst zu tun. Zwar waren ihm die emotionalen Ausbrüche seines Sängers bekannt, doch so hatte er ihn noch nie erlebt. Er rang mit sich den Kleineren jetzt allein zu lassen oder nicht? Doch plötzlich sprang dieser auf, schnappte sich den Schlüssel, schlüpfte in seine Schuhe und verschwand, denn er meinte es durchaus ernst, dass er jetzt keine Menschen um sich haben wollte. Seinen blutenden Arm ignorierte er und rannte, ohne wirklich darauf zu achten wohin. Da es noch hell war musste er aufpassen, dass er nicht mit irgendwelchen Passanten zusammenstieß. Doch seine Füße trugen ihn, bis sie auf einmal anhielten. Kyo blickte auf und erkannte das Friedhofstor. Sein Herz krampfte sich zusammen. War das sein innigster Wunsch? Hier zu sein, bei ihm? Langsam und mit schmerzenden Herzen, sodass er sich kurz an die Brust fasste, schritt er in Richtung des Grabes. Davor brach er wieder zusammen und trotz der wärmenden Sonne kroch die Kälte in ihm auf. Behutsam und mit noch immer zittriger Hand strich er über den marmorierten Grabstein des Geliebten. „Kami…warum nur?...was hast du mit mir gemacht? Welches Monster hast in mein Herz gepflanzt? Ich ertrage es nicht mehr…wäre manchmal so gern bei dir, auch wenn du mich nicht geliebt hast…allein der Gedanke, dass ich dich lieben durfte, hielt mich am Leben…doch jetzt? Was soll ich mit mir anfangen?...du brachtest mir bei, mich zu hassen…meinen Körper zu verabscheuen…und doch hast du mich begehrt…doch jetzt tut das niemand mehr…es schmerzt so…tut so weh…“, schluchzte Kyo und vergrub sein Gesicht wieder in seinen Handflächen. Dann fiel sein Blick wieder auf die Wunde am Arm. Die Blutung hatte gestoppt und auf einmal wusste, was er zu tun hatte. Noch immer etwas benommen, doch ruhiger erhob er sich und machte sich auf den Weg nach Hause. Sein Freund hockte noch immer auf dem Sofa und schien auf ihn gewartet zu haben. Schon sprang er auf und wollte zu ihm eilen, doch da hielt ihn der Sänger mit einem bösen Blick davon ab. Schließlich verschwand er im Bad, duschte, verarztete seinen Arm und schminkte sich. Sein Make-up fiel sehr sehr düster aus, wie auch die Wahl seiner Klamotten. Er zog seine schwarze Lieblingshose an, die schon an mehreren Stellen etwas durchlöchert war und eines seiner Tanktops darüber. Dann trank er noch etwas von dem Tequila und verstaute die Flasche schließlich in seinem kleinen Rucksack. „Also geh jetzt noch Mal wohin…wenn du nichts Besseres zu tun hast bleib hier oder kümmere dich um Die…“ Mit diesen Worten fiel die Tür ins Schloss. Kyo kannte da in der Nähe einen kleinen Club, wo auch gern Mal heiße Homo-Typen rumhingen und das brauchte er jetzt. Schrille Punkmusik schlug ihm entgegen als er die Tür öffnete und den rotbeläuchteten Raum betrat. In dem dämmrigen Licht fühlte er sich unter den anderen zwielichtigen Gestalten irgendwie wohl. Er hockte sich an die Bar auf einen der Holzhocker und bestellte einen Schnaps, den er sogleich exte. Die Theke klebte, wahrscheinlich hatte hier schon lange keiner mehr geputzt. Überall, an den Wänden und Türen klebten Poster oder Aufkleber von Bands. Kyo wollte nicht wissen, wie dieser Schuppen hier bei normalem Licht aussah. Keine zwei Minuten später schob ihm jemand einen weiteren Drink zu. Kyo drehte seinen Kopf nach links und schaute in die Vampiraugen eines anderen Mannes. Dieser trug Kontaktlinsen und grinste ihn an. Der Sänger nickte ihm leicht zu und trank, um sofort einen weiteren zu bestellen. Der Typ neben ihm grinste noch immer und Kyo sprangen seine tätowierten Arme förmlich ins Auge. Ob er wohl noch an anderen Stellen seines Körpers geschmückt war? „Da hat es aber jemand nötig…“, scherzte der Vamp und rückte noch ein Stück zu ihm heran. Kyo warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Was geht’s dich an…und statt dumm zu gucken, könntest du auch mittrinken…“ „Ich hab ne bessere Idee“, erwiderte der Fremde, griff seine Hand und zog ihn durch einen Vorgang klirrender Perlen. Dann durch eine ramponierte Tür, die ebenfalls voller Aufkleber von irgendwelchen Bands besetzt war, in ein weiteres Zimmer, welches auch in rotes Licht getaucht war und mit dem kleinen Sofa, dem Tisch mitten im Raum und dem Kühlschrank recht gemütlich wirkte. Triumphierend zog Kyo den Tequila aus seinem Rucksack und setzte die Flasche an. „Mh, nicht übel…und was jetzt?“, fragte er den schönen Fremden leicht provokant, im Wissen, dass er schon mehr getrunken hatte, als ihm gut tat. „Du warst noch nicht oft hier oder?“ Der Blonde schüttelte mit dem Kopf und trank noch einen Schluck. Dann fingerte er seine Kippen aus der Hosentasche und schob sich eine zwischen die Lippen. Die Augen seines hübschen Fremden blitzten kurz auf und plötzlich war er ihm wieder sehr nahe. Doch dieses Mal störte es ihn gar nicht so sehr, was er wohl auch seinem Rausch zuzuschreiben hatte. Seine gepiercten Lippen machten Kyo ziemlich an und absichtlich ließ er seine Zunge über die eigenen Lippen gleiten, um seine Reaktion zu sehen. Er grinste. Und dann endlich umfassten seine Hände Kyos Hüften und er drückte den Kleineren auf’s Sofa. Seine Lippen suchten gierig nach denen des Sängers und dieser spürte auch sogleich sein Zungenpiercing. Heilige Scheiße. Kyos Hände glitten unter sein Shirt und zunächst ertastete er nur seine weiche Haut, doch dann spürte er noch etwas anderes. Kleine Narben. Zuerst dachte Kyo, es wäre nur eine oder zwei, aber es waren mehrere nebeneinander. Ist er wie ich? Dachte Kyo bei sich und stieß ihn ein bisschen weg, um sich dann auf seinen Schoß zu setzen. „Ich will dich sehen“, raunte der Sänger. Doch plötzlich drohte die Stimmung des anderen zu kippen, das konnte Kyo nicht zulassen. „Warum willst du mich sehen? An mir ist nichts Sehenswertes…“ Trotzdem zog er ihm sein Shirt über den Kopf und verschloss seinen Mund mit einem Kuss, bevor er etwas dagegen sagen konnte. Kyo betrachtete seinen geschundenen Körper und das gab ihm irgendwie Kraft, weil er merkte, dass er damit nicht alleine war. Deshalb löste er den Verband am Arm, damit auch er sah, dass sie gleich waren. Gleich kaputt. Ein trauriges Grinsen schlich sich auf seine Lippen. „Du bist ziemlich heiß…und außerdem hast du mich doch angeflirtet…jetzt mach was draus…“, raunte Kyo ihm zu und sein Lächeln wurde breiter. Auch er zog ihm das Shirt über den Kopf, saugte an seinen Nippeln und warf ihm dann einen seltsamen Blick zu. „Darf ich was ausprobieren?“ Kyo nickte nur und auf einmal wurde sein Körper von einer Leidenschaft gepackt, die er so nicht kannte. Der Schwarzhaarige trug einen Vollfingerring mit einer Spitze, diese setzte er an Kyos Brust an und zog sie quer über den Oberkörper des Sängers. Ein leichter roter Kratzer blieb zurück. Sein Herz wummerte in seiner Brust und sein krankhaftes Hirn schrie nach mehr. Deshalb umschloss er die Hand des Anderen und kratzte über die ohnehin schon geschundene Haut oberhalb der Rippen. Kyo schloss die Augen und brachte die Stelle selbst zum Bluten. Die Zunge des Fremden fing die rote Flüssigkeit ein und er leckte über die Verletzung. Kyos Körper durchzuckte ein süßer Schmerz und er stöhnte auf. Er wollte mehr davon und kratzte erneut über seine Brust. Wieder fing der Andere die Tropfen ein und der Sänger bebte vor Verlangen, stieg von ihm und drückte ihn auf das Sofa. Machte sich an seiner Hose zu schaffen und zog sie ihm ein Stück runter. Auch an dem Anderen war ihr Vorspiel besonderer Art nicht regungslos vorbeigegangen, denn sein Glied präsentierte sich in voller Größe vor ihm. Kyo befeuchtete seine Finger mit Spucke, weil er gerade kein Gleitgel zur Hand hatte und bereitete ihn vor, was er sichtlich zu genießen schien. Doch da der Sänger selbst zu erregt war, hielt er es das nicht länger aus. „Ich will dich…“, wisperte Kyo und er nickte grinsend. „Dann nimm mich…“ Kyo holte das Kondom aus seiner Tasche und rollte es über seine eigene Erektion. Da er kein Freund von süßem Kuschelsex war, drang er in ihn ein und sein One-Night-Stand drückte sich ihm entgegen. Mit jedem Stoß ging sein Atem flacher und das lustvolle Stöhnen seines schönen Fremden turnte ihn nur noch mehr an. Seine Hände umfasste Kyos Hüfte und er führte ihn, was ihm viel zu schnell zum Höhepunkt brachte und auch der Schwarzhaarige folgte wenige Sekunden später. Mit runtergelassener Hose schlurfte dieser in Richtung Tisch, wo die Küchenrolle stand, womit er die Spuren seines Ergusses entfernte. Auch Kyo rollte das Kondom ab und warf es in den Müll, zog sich wieder an und zündete sich eine Zigarette an. Der pochende Schmerz durch die Kratzer auf seiner Brust entlockte ihm ein Grinsen. „Sag Mal, wie heißt du eigentlich?“, fragte ihn der hübsche Fremde dann. „Kommt drauf an, ob es sich lohnt, dir das zu verraten“, gab Kyo charmant von sich, um ihn ein bisschen zu ärgern. „Wenn wir sowas öfter tun, vielleicht? Ich bin Tzuzuki.“ Nun er wusste nicht, ob er es gut oder schlecht fand, dass seine neue Affäre einen Namen hatte. Der Sänger war sich nicht Mal sicher, ob er ihn wiedersehen wollte. Doch irgendwas faszinierte ihn an dem Anderen. „Kyo“, stellte er sich vor. Sie tranken noch ein bisschen und der Alkohol vernebelte ihm vollends die Sinne. Irgendwann wankte er dann nach Hause. Wusste nicht genau, wie viel Uhr es war und hatte erhebliche Schwierigkeiten sich auf den Beinen zu halten. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam er an seiner Wohnung an und schaffte es irgendwie in seinem betrunkenen Zustand das Schlüsselloch zu treffen. Er stolperte die Treppe hoch und fing sich gerade so in letzter Sekunde am Geländer ab, sonst hätte es ihn richtig fies hingehauen. Kyo schaffte es gerade noch seine Schuhe von den Füßen zu kicken und sich zum Sofa zu schleppen. Dort fiel er in die weichen Kissen und pennte sofort weg. Mit einem brummenden Schädel, einem widerlichen Geschmack im Mund und noch komplett angezogen erwachte er. Fluchend zog er die Vorhänge zu und schälte sich aus seinen Klamotten, zündete sich eine Zigarette an und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Tzuzuki. Der Sänger schaute an sich herab und wie sagt man so schön? Nach jedem Hoch kommt ein Tief und dieses traf ihn Mal wieder mit voller Wucht. Heulend brach Kyo zusammen und verfluchte sich und sein Leben. Er wollte nicht mehr existieren, denn das brachte nur Trauer und Schmerz mit sich. Quälende Schmerzen und dennoch wünschte er sich jetzt irgendjemanden, der ihm Halt gab. Doch wie sollte er seinen Zustand erklären? Er war sich sicher, dass nicht einmal sein bester Freund ihn verstehen würde. Auch Toshi hatte ihn nach der Aktion gestern verlassen und sicher würde er seinen Mund nicht halten. Aber warum war dann niemand hier? Warum hatte der Bassist ihn verlassen? Sonst führte er sich doch auch nicht so zimperlich auf. Doch überleg Mal, was du gestern getan hast! Flüsterte diese dunkle Stimme in Kyos Kopf. Er hatte seinen Freund, der ihm vielleicht hätte helfen können, weg geschickt und wer weiß, ob sein Bassist sich je wieder blicken lassen würde. Eine erneute Heulattacke überkam den Sänger und er ließ die Dunkelheit zu. Schwebte hinüber, weil es zwecklos erschien, sich dagegen zu wehren. Kurz dämmerte er in einen leichten Schlaf, doch dann schreckte er auf, weil die Glut seiner Zigarette schon fast bis zu seinen Fingern hinunter gebrannt war und diese ansengte. Fluchend drückte Kyo den Glimmstängel aus und kochte sich einen Kaffee. An Essen war jetzt ohnehin nicht zu denken. Er zappte durch das Fernsehprogramm, doch es lief nur Mist. Schon war er fast dabei die Flimmerkiste wieder auszuschalten, da blieb sein Blick auf einmal am Bildschirm kleben. Der Musiksender berichtete über eine Band und deren Karriere. Am liebsten hätte Kyo ausgeschaltet, da er die Fernbedienung noch immer in der Hand hielt, aber er konnte nicht. „Vor allem trug der Drummer Kami zum raschen Aufstieg und Erfolg der Band bei. Durch seine einzigartigen Schlagzeugsolos verzauberte er seine Fans und natürlich stach er auch durch seine langen roten Haare heraus. Leider verstarb der junge Musiker letztes Jahr und wird von vielen Fans und Freunden betrauert…“, sprach der Reporter, doch endlich gehorchten ihm seine Glieder wieder und Kyo schmiss die Fernbedienung in Richtung des Bildschirmes und starrte ins Leere. Sein Kopf fühlte sich seltsam leicht an, aber leer. Sogar sein Herz hatte aufgehört zu schmerzen. Sein Handy piepte und Kaoru bestellte alle in den Proberaum. In einer Stunde. Na super. Kyo sprang unter die Dusche, doch versuchte er die Spuren der letzten Nacht in seinem müden Gesicht gar nicht erst zu überschminken. Dann mussten die andere diesen Anblick, wie fertig er aussah, eben ertragen. Als ob sie das nicht schon wüssten. Dennoch versteckte der Sänger seine Verletzungen unter einem weißen Shirt und der Jeansjacke. Er erreichte als letzter den Proberaum und erst jetzt fiel ihm auf, dass er sich seit zwei Tagen ausschließlich von Alkohol und Zigaretten ernährte. Deshalb holte er sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank, doch das Rauchen ließ er nicht sein. Kyo wich dem Blick seines Bassisten aus und zog die Sonnenbrille ab. „Yoshiki hat mir die CD’s geschickt und meinte, er ist sehr zufrieden mit uns. Dennoch sollten wir uns gerade jetzt nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Ich bin dafür, dass wir mindestens zwei Mal die Woche proben und…Tooru…hast du vielleicht schon neue Texte?“ Kyo nickte, drückte den Kippenstummel in dem viel zu vollen Aschenbecher aus, um sich sofort die nächste anzuzünden. Sogleich schnappte er sich ein paar Zettel und ließ den Gedanken in seinem Kopf freien Lauf. Ihm war egal, was Kaoru noch zu sagen hatte. Das interessierte ihn ohnehin kaum. Ohne darüber nachzudenken, zog er dann doch seine Jacke aus, weil es hier drinnen verdammt warm wurde. Sollten doch alle das Werk seiner Selbstzerstörung sehen. Tun konnten sie ohnehin nicht viel. Während seine Jungs Gedanken austauschten, miteinander lachten und ihren Spaß hatten, versank Kyo in seiner Welt. Schrieb Texte und machte der Dunkelheit in seiner verletzten Seele Platz. Der Stift verschmolz regelrecht mit dem Papier. Auch als seine Band eine kleine Jamsession veranstaltete, hielt er sich raus. Irgendwer setzte sich dann neben ihn, aber Kyos Blick war weiter auf sein Blatt gerichtet. Die Zettel mit den Texten schob er fein geordnet auf einem Stapel an den Rand des Tisches. Wieder griff er nach dem Stift und begann zu zeichnen. Das Motiv geisterte schon lange in seinem Kopf umher und nun wollte er es endlich zu Papier bringen. Ein Buddah. Groß, stark und voller Würde sollte er auf seinem Sockel thronen und andere beschützen. Ihn beschützen, vor dem grausamen Monster, welches zur Zeit in ihm wohnte. Der Gott sollte umringt von Wolken sein und darin schweben. Dieses Motiv strahlte Ruhe aus und irgendwie ging dieses Gefühl auf den Sänger über. Zum ersten Mal seit Tagen fühlte er sich wieder etwas besser. Er ließ den Stift sinken und dieser rollte über das Blatt. Kyo zündete sich noch eine Zigarette an und lehnte sich zurück. Erst jetzt bemerkte er, wie erschöpft sein Körper eigentlich war. „Tooru-chan…geht’s dir gut?“, fragte kein anderer als Shinya neben ihm und Kyo schaute seinen Freund an. „Ich weiß es nicht.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)