Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [27.05.2011 – M03 – Wetteinsatz] -------------------------------- „Ich muss ja ganz ehrlich sagen, ich war noch nie bei einem solchen Arenakampf“, erzählte Murphy frei heraus, als sie aus Pakhets Wagen ausstiegen. Pakhet warf ihm einen Seitenblick zu, sagte aber nichts. Sie glaubte ihm nicht. Jemand wie er war mindestens einmal da gewesen und sei es nur um herauszufinden, ob es dort Mädchen zum Aufreißen oder Möglichkeiten zum Geldverdienen gab. Die Location war tatsächlich unüblich, aber durchaus passend. Das große, rechteckige Gebäude war früher einmal die Sporthalle einer schon lang geschlossenen Schule gewesen und bot damit wohl beste Voraussetzungen in einen Ring verwandelt zu werden. Sie lag am südlichen Ende der Cape Flats, wo die Gegend nicht mehr ganz so schlecht war, dass die Umliegende Häuser meistens Wellblechhütten waren, aber auch nicht so gut, als dass die Polizeipräsenz erwähnenswert war. Hier wurde die Sicherheit von privaten Securityunternehmen gestellt und diese beschützten meisten den, der dafür zahlte. Diese Ringe wurden meistens von Drogenkartellen unterhalten. Vielleicht auch von einer ausländischen Mafiagruppe. Sie würden sehen, wen man dort antreffen würde. Smith hatte sie mit Tickets versorgt. Diese waren auf rotem, billigem Papier gedruckt und mit der Aufschrift „Colosseum – 1 Person, Night Entry, May 27th 11“ versehen. Colloseum. Natürlich. Wie einfallslos. „Spricht irgendetwas dagegen, dass ich kämpfe?“, fragte Mik, der mit verschränkten Armen in die Arena marschierte. „Wenn du dich darum bemühst, dich nicht umbringen zu lassen“, kommentierte sie. „Wegen meiner.“ Selbst wenn man ihn umbrachte, würde Smith ihn wohl ersetzen. Vielleicht durch diesen Maximilian. „Oh. Oh.“ Spider sah sie an. „Darf ich auch?“ „Du weißt, dass darin Waffen meistens nicht erlaubt sind, oder?“, erwiderte sie. Spider war kein schlechter Nahkämpfer, aber wirklich zu gebrauchen war er nur, wenn er sein heiß geliebtes Katana dabeihatte. „Sind sie“, kommentierte Mik. „In den tödlichen Kämpfen.“ Natürlich. „Nein, Spider. Bei so etwas machst du nicht mit.“ „Ach man.“ Er kickte eine leere Bierbüchse, die auf dem Boden lag. „Du könntest teilnehmen“, meinte Murphy und grinste sie an. „Dann könnte ich auf dich Wetten und abkassieren. Ich wette, würdest du den Arm aufgeben, könnte ich bessere Quoten bekommen.“ So eine Idee konnte nur von dem Jungen kommen – dem Jungen, der aktuell in der Gestalt eines Anfang dreißigjährigen dunkelhäutigen Mannes herum lief. „Kein Interesse“, kommentierte sie. „Ich bin nur hier, um den Typen zu finden und mit ihm zu reden.“ „Wäre in der Arena doch am leichtesten, oder?“, meinte Murphy, nun ganz begeistert von der Idee. „Murphy. Ich mache bei so etwas nur mit, wenn es sich nicht vermeiden lässt.“ Die Erinnerung an eine „Töte ihn“ rufende Menge kroch in ihr hoch. Nein, so etwas brauchte sie nicht unbedingt noch einmal. „Wir suchen diesen Max und wenn wir ihn gefunden haben, schauen wir, dass wir in Ruhe mit ihm reden. Am besten übernimmst du das.“ „Ich?“ Er tat überrascht. „Ach, komm, du könntest 'nem Inuit 'nen Kühlschrank verkaufen, wenn du wolltest.“ „Ich fühle mich durch dein Vertrauen geehrt“, meinte er grinsend. Sie kamen an der kurzen Schlange vor dem von zwei brennenden Fässern erleuchteten Halleneingang an. Hier waren zwei bullige und bewaffnete Typen, die die Tickets kontrollierten. Die anderen Leute, die hier in der Schlange standen, wirkten größtenteils wie einfache Leute. Sie waren wirklich nur als Zuschauer hier, oder? Sie würden herausstechen. Sie machte sich jetzt schon auf einige Anmerkungen gefasst. Diese kamen auch prompt, als sie an der Reihe waren. „Ist denn schon Winter?“, meinte der Typ, der ihre Karte kontrollierte. Er hatte einen dicken Akzent und trug bloß ein Trainingstop, wie sie letztes Jahr bei der Fußball WM in Massen verkauft worden waren. Sie schenkte ihm ein knappes, humorloses Lächeln und er ließ sie passieren. Innen schlug ihnen der Gestank von Feuer, Schweiß, Sand und auch etwas, das deutlich nach getrocknetem und lange Zeit nicht fortgewischtem Blut roch, entgegen. Lecker. Sie bugsierte ihre jungen Begleiter in die Richtung, wo sie die eigentliche Halle vermutete. Licht schimmerte ihnen von dort entgegen. Licht und das Grölen durcheinanderredender Stimmen. „Lass mich einmal fragen“, meinte Murphy. „Ich will mich erst umsehen“, antwortete sie. „Pakhet. Die Spiele gehen in einer halben Stunde los und ich fände es vorteilhaft, wenn wir ihn vorher finden würden.“ „Aha.“ Sie wurde das Gefühl nicht los, dass er etwas im Schilde führte. Sie ahnte sehr wohl was. Dennoch seufzte sie ergeben. „Ich schwöre dir, wenn du irgendwelche Scherze versuchst …“ „Ich doch nicht.“ Er grinste und löste sich von ihr, um in die Richtung zu laufen, in der in der Sporthalle wohl einst die Umkleidekabinen gewesen waren. Sie drängte derweil weiter durch die auch hier stehende Menge und erreichte eine gläserne, aber mit roter Farbe übermalte Doppeltür, die zur Halle führte. Sie drückte eine der beiden Türen auf. Lärm und Gestank schlugen ihr noch stärker entgegen, als zuvor. Die Halle war selbst für eine Sporthalle groß, erinnerte sie eher an Hallen, wie sie sie in den USA kennen gelernt hatte. Man hatte aus Holz Tribünen für die Zuschauer gebaut und an einem ebenfalls hölzernen Stand wurden Wetten angenommen und gleichzeitig Getränke verkauft. Pisswarmes Dosenbier. Ekelhaft. Während Spider und Mik blindlings zum Stand watschelten, versuchte sie sich einen Eindruck der Halle zu verschaffen. Die Tribünen waren um einen etwa zwanzig oder fünfundzwanzig, mal fünfzehn Meter großen Bereich, der mit Sand gefüllt war, aufgebaut. Selbst in der ersten Reihe, saß man knapp eineinhalb Meter über dem eigentlichen Geschehen. Gesamt war die Halle geschätzt um die sechzig Meter lang und vielleicht fünfunddreißig Meter breit. Sie kletterte eine Tribüne hinauf, überrascht zu sehen, dass auf der gegenüberliegenden Seite der Halle, ein ganzer Block hellhäutiger Menschen saß. Konnte es sein? Sie ging davon aus, dass sie irgendeiner kriminellen Gruppe angehörten und die zwei Gruppen, die hier den größten Einfluss hatten, war die russische Mafia und das, was man wohl als „niederländische Mafia“ bezeichnen konnte. Sie nannten sich die Likedeeler und waren die kläglichen Überreste der Verbündeten irgendeines legendären europäischen Piraten. Sie hatte es einmal nachgelesen und die Geschichte dann als Unsinn abgetan. Sie blickte sich um. Es war noch eine Weile, bis der eigentliche Kampf losging, doch die Menge – und es war voll – zitterte bereits förmlich vor Aufregung. Sie schürzte die Lippen. Persönlich erfreute sie sich nicht daran, zu sehen, wie Leute einander töteten. Wenn der Junge es vorher schaffte, diesen Max hier herauszuholen, war es besser. Sofern dieser Max keine Verpflichtungen hatte. Das konnte sie so gar nicht gebrauchen – jemanden freikaufen zu müssen. Es würde ihnen noch mehr Probleme bereiten. Sie seufzte. Abwarten. Und so wartete sie. Spider gesellte sich nach fünf Minuten zu ihr. Mik hatte sich offenbar angemeldet. Sollte ihr Recht sein. Sie war kein Babysitter und wäre sie nicht mit ihm hier gewesen, hätte er vielleicht dasselbe getan. Weitere sieben Minuten später drängte sich Murphy durch die Menschenmasse zu ihnen hindurch. Er zupfte am Ärmel ihrer Jacke. „Pakhet?“ Sie schaute zu ihm auf. „Was ist?“ Er lächelte ein unschuldiges Lächeln. „Du. Dieser Max – die nennen ihn hier Crash – hat einen ganzschönen Fanclub.“ „Und weiter?“ „Die lassen mich nicht zu ihm. Er ist der große Star, weißt du?“ „Aha?“ Sie hob eine Augenbraue. „Deswegen habe ich gesagt, ich wäre dein Manager und dich für einen Kampf eingetragen. Wenn du drei Kämpfe gewinnst, kannst du gegen ihn antreten.“ Wieso hatte sie das nur geahnt? „Murphy?“ Er grinste. „Sorry. Aber wenn du gewinnst, gehen wir mindestens zwanzigtausend Rand reicher hier heraus. Ich teile natürlich mit dir.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)