Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [03.05.2011 – D05 – Auftrag] ---------------------------- Interessiert schaute sie über Heidensteins Schulter, während er die beiden Einzelteile, die er vorbereitet hatte, zusammenschraubte. Er spannte eine Feder nach und zeigte ihr dann die mehr oder minder fertige Waffe. „Es wundert mich noch immer, dass du so etwas nie gemacht hast“, meinte er, während sie die Pistole in der Hand abwog. „Ich weiß, wie ich übliche Waffen, die aufgeteilt transportiert werden, zusammensetze“, antwortete sie. „Das reicht.“ Immerhin war es nicht eine gängige Fähigkeit – auch unter Söldnern nicht – aus ramponierten Einzelteilen verschiedener Waffen wieder eine funktionierende zusammensetzen zu können. Schon gar nicht aber, war es ein Standard, neue Waffen entwerfen zu können. „Das sagt jemand, der sein Auto beinahe komplett selbst gebaut hat“, meinte Heidenstein amüsiert. Auf ihren Blick hin, lachte er leise. „Ja, es ist mir aufgefallen.“ Pakhet zuckte mit den Schultern. Dann lächelte auch sie matt. „Vielleicht habe ich bisher einfach keinen Lehrer gefunden.“ Er schenkte ihr einen Vielsagenden Blick. „So?“ Damit streckte er die Hand aus, um die Waffe entgegen zu nehmen. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich einmal eine Schülerin hätte.“ Sie verdrehte die Augen und setzte sich neben ihn. Sie waren in dem kleinen Werkraum, der ebenfalls im Keller des Krankenhauses war – selbst wenn dies sicher keinen Hygieneanforderungen entsprach. Es war ein kleiner Raum, der ursprünglich einmal als Abstellraum gedient haben musste, nun aber eine Werkbank, einen Werkzeugschrank, zwei einfache Hocker und einen Safe beherbergte. Blasses Licht flutete von einer Neonröhre an der Decke. „Nein, aber ernsthaft, Doc“, meinte Pakhet, „wie hast du das gelernt? Oder eher, warum? Als Arzt nicht unbedingt eine übliche Fertigkeit.“ Sein Lächeln wirkte geheimnisvoll, als er sich ihr mit verschränkten Armen zuwendete. „Sagen wir es einmal so: Ich bin ein viel bereister Mann. Und habe auf meinen Reisen die ein oder andere nützliche Sache gelernt.“ Er zwinkerte ihr zu. „Du weißt, dass ich einfach jemanden beauftragen könnte, es herauszufinden.“ „Aber das würdest du nicht tun“, stellte er sachlich fest. „Es würde mein Vertrauen verletzen.“ „Und du glaubst, dass mir daran etwas liegt? Ich meine, ich bin eine hartgesottene Söldnerin.“ „Ja“, erwiderte er. „Ja, ich denke, dass dir etwas daran liegt.“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich könnte auch Leute befragen, was es mit deiner Prothese auf sich hat, aber ich tue es nicht.“ Sie ließ ein Stöhnen hören, bemüht es gen¬ervt klingen zu lassen. Es klang wie ein halbes Lachen. „Idiot“, murmelte sie und fragte sich gleichzeitig, wie es dazu gekommen war, dass sie so mit ihm redete. Sie verbrachte für gewöhnlich keine Freizeit mit ihren Kollegen, doch die Neugierde hatte am Ende gesiegt. Sie hatte wissen wollen, wie zur Hölle er die verdammte Waffe gebaut hatte und hier saßen sie und unterhielten sich. Er war angenehme Gesellschaft. Intelligent. Teilte ihren Humor. „Ja ja, ich bin ein Idiot“, murmelte er amüsiert. Er grinste, schürzte die Lippen und dachte über irgendetwas nach. Dann räusperte er sich und betrachtete. „Sag einmal, Pakhet“, meinte er. Als er den Satz nicht fortführte, hob sie eine Augenbraue. „Ja?“ Noch einmal räusperte er sich. „Du kennst Mr Smith und Mr Forrester schon länger, nicht?“ „Relativ lang, ja“, bestätigte sie. Sie arbeitete für Michael, seit sie Pakhet war. „Gut.“ Er überlegte kurz, ehe er seine Gedanken in Worte fasste. „Wie sieht es aus, wenn ich selbst einen Auftrag an die Firma vermitteln wollte  … Könntest du mir dabei helfen?“ „Sicher“, antwortete sie und runzelte die Stirn. Das war eine Anfrage, mit der sie nicht gerechnet hatte. „Woran hattest du gedacht?“ Er lächelte verlegen, sah sie dabei jedoch mit seltsam durchdringendem Blick an. „Ganz genau weiß ich es noch nicht“, erwiderte er nach kurzem Schweigen. „Es ist so  … Der Leiter von diesem Krankenhaus hat Interesse, bestimmte Forschungsunterlagen zu bekommen und ich habe angeboten danach zu fragen.“ „Also wäre es nicht dein Auftrag?“ Misstrauisch beobachtete sie ihn. Etwas an seinen Worten wirkte auf sie verdächtig. Sie wusste jedoch nicht sicher, was es genau war. „Sozusagen“, antwortete er. „Ich hatte die Hoffnung, dass man, wenn die Chaostruppe speziell beauftragt wird, einen Nachlass aushandeln könnte.“ Bei Michael? Sicher nicht. „Ich glaube nicht, dass das geht“, erwiderte sie. „Man könnte es versuchen.“ Er zuckte mit den Schultern. „So oder so. Kannst du Smith und Forrester deswegen ansprechen?“ Sie verschränkte die Arme, nickte aber. „Ich werde mein Möglichstes tun.“ „Danke.“ Pakhet wandte sich den unsortierten Waffeneinzelteilen zu, die auf der Werkbank vor ihnen lagen und seufzte. Sie war sich noch immer nicht sicher, was sie über ihn denken sollte. Heidenstein. Denn ein Teil von ihr kam nicht umher, davon auszugehen, dass er ihre Verbindung zu Michael und Smith ausnutzen wollte. Seine Frage gerade schien sie zu bestätigen. Die Tatsache, dass Vory in seiner Klinik ein uns ausgingen, machte ihn verdächtiger. Als sie begann, sich die Teile herauszusuchen, wie sie es vorher bei ihm beobachtet hatte, seufzte er und räusperte sich erneut. „Ich hoffe, du denkst nicht zu negativ über mich.“ Verdammt. War er in Gedankenleser? „Nein, nein“, murmelte sie und lächelte matt. „Ich denke nur, dass du ein verdammter Idiot bist.“ Er lachte auf. „Gut.“ Sein Lachen erfüllte für einen Moment den Raum. „Dann ist gut.“ Er holte tief Luft, um sich zu beruhigen, als sein Handy klingelte. Ein weiterer tiefer Luftzug, ehe er abhob. „Ja? Doctor Heidenstein hier.“ Kurz herrschte Stille, während eine für sie kaum hörbare Stimme etwas am anderen Ende der Leitung sagte. Heidenstein wurde ernst und stand auf. „Da? Adin mament.“ Mit wenigen Schritten war er bei der Tür und trat hindurch. Pakhet runzelte die Stirn. Wenn sie nicht vollkommen irrte, war das Russisch gewesen. Er konnte also auch Russisch. Aber wer würde ihn auf Russisch anrufen? Wenn nicht ein russischer Mafioso. Wahrscheinlich nur ein Patient. Vielleicht hatte er einen Versorgungsvertrag. Oder  …? Ach, jetzt fing sie schon an, Verschwörungstheorien zu entwickeln. Sie schraubte weiter an den Einzelteilen, bis Heidenstein in das Zimmer zurückkam. Er blieb unsicher in der Tür stehen und schaute sie an. „Ich fürchte, ich muss gehen.“ Sie betrachtete ihn. „Notfall?“ Er zögerte. „Auftrag.“ „Von der Firma?“ Heidenstein schüttelte den Kopf und schürzte die Lippen. „Ein Freund von mir hat eine Bitte.“ Ein weiteres Zögern. „Ich könnte Hilfe gebrauchen.“ War das sein Ernst? „Was für ein Auftrag? Und was für ein Freund?“ „Sein Name ist Viktor“, erwiderte Heidenstein. „Und es geht um ein paar Mädchen, die verschwunden sind.“ Mädchen? Ihr Gehirn brauchte einen Augenblick, um diese Information zu entschlüsseln. „Prostituierte?“ Wieder schürzte er die Lippen, nickte aber. „Fuck“, flüsterte sie und verfluchte ihr Leben. Es konnte auch nie einfach sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)