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Mosaik

Urban Fantasy Thriller
von

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[17.03.2011 – X01 – Überleben]


 

MOSAIK

[MASCHINEN]
 

[RIGHT][17.03.2011 – X01 – Überleben][/RIGHT]
 

Seit sie gestorben war, hatte Joanne drei Dinge gelernt.

Erstens: Magie war real.

Zweitens: Man vertraute besser niemanden, außer sich selbst.

Drittens: Wer überleben wollte, hatte auch für's Backup ein Backup.

Letzteres galt vor allem für Pläne. Normal begab sie sich nicht auf einen Einsatz, ohne mindestens drei Ersatzpläne bereit zu haben, doch der laute Knall von der Rückseite des Gebäudes einer Explosion verriet ihr, dass ihr dritter Plan gerade in Flammen aufgegangen war.

Natürlich war sie nicht wirklich gestorben. Sie lebte noch, selbst wenn sie im Moment nicht sicher war, wie lang dieser Zustand noch anhielt. Dennoch hatte sie ihr altes Leben sehr wohl zu Grabe getragen.

Und jetzt lief sie.

Ihre Blick erfasste so viele Details, wie möglich, als sie sich nach links wandte und die Straße hinablief. Sie musste von hier weg.

Es waren mindestens sechs Gegner und sie hatte keine Ahnung, ob aus ihrem Team noch jemand stand. Die Sprachkanäle waren gestört, sie hatte Polo nicht mehr gesehen, seit sie die alte Lagerhalle verlassen hatte und war sich recht sicher, dass Cris gemeinsam mit dem Fluchtwagen in die Luft geflogen war.

Verzweifelt suchten ihre Augen den Himmel über ihr ab, in der Hoffnung eine von Aix' Drohnen zu sehen, die die Lage hatten überwachen sollen. Soweit entdeckte sie nichts.

Sie brauchte einen Plan, um zu entkommen.

Schüsse schnitten hinter ihr durch die Luft, verfehlten sie jedoch. Sie war zu schnell.

Rufe in Zulu hallten durch die Nacht, gefolgt von raschen Schritten. Okay, sie sollte von der breiten Straße, die zwischen den großen Lagerhallen verlief, die zum Hafen von Durban gehörten. In der offenen Fläche stellte sie ein zu leichtes Ziel.

Da hinten, noch knapp hundert Meter weiter, war das Fabrikgebäude irgendeiner Firma – inklusive eines durchgehenden Zauns aus Metallplatten. Das würde ihr mehr Sicherheit geben, auch wenn sie ohne den Wagen aktuell keine Möglichkeit hatte gänzlich zu entkommen. Außer zu rennen. Schneller rennen.

Weitere Schüsse. Einer streifte sie an der rechten Seite des Halses, entlockte ihr ein schwaches Keuchen. Trotzdem rannte sie weiter. Sie hatte gelernt Schmerzen zu ignorieren. Wenn die kleine Truppe dahinten, bei der sie nicht einmal sicher war, wer sie waren, sie zu Fassen bekam, würde sie mit ganz anderen Schmerzen rechnen müssen.

Eine weitere Kugel traf sie in den Rücken, wurde jedoch von ihrer Weste aufgehalten. Ein Hämatom würde es dennoch geben.

Sie hatte den Zaun fast erreicht und sammelte auf den letzten Metern ihre Energie, um sich mehr Kraft für den Absprung zu geben. Dann sprang sie. Problemlos bekam sie den oberen Rand des knapp zweieinhalb Meter hohen Zauns zu fassen und schwang sich in einer fließenden Bewegung darüber. Auf der anderen Seite kam sie auf weichem, wenngleich leicht eingetrocknetem Rasen auf.

Kurz wanderte ihr Blick über den Innenhof der Firma, die den Reklamen nach zu urteilen Farben herstellte oder vermarktete. Der Banner, der sich um das moderne Gebäude herumschlang, zeigte Pinsel, die in bunten Farben malten. Dazwischen das Logo der Firma auf weißem Grund. Auch gut.

Sie wusste, dass sie keine Zeit hatte, sich auszuruhen. Die Schritte ihrer Verfolger kamen bereits näher. Weitere Rufe.

Sie sollte wirklich ihr Zulu aufpolieren.

Wohin jetzt? Sie könnte versuchen auf das Dach des Gebäudes zu kommen, doch hier im Hafengebiet, wo die Lagerhallen und Firmengebäude weit auseinander lagen, würde es ihr wenig bringen.

Nach kurzem Zögern entschloss sie sich, um das Gebäude zu rennen. Vorhersehbar, ja, aber es konnte reichen, um zumindest etwas Abstand zu gewinnen. Die andere Seite des Gebäudes lag in Richtung Südwesten – in Richtung der Stadt. Wenn sie es schaffte in die belebteren Teile der Stadt zu kommen, wäre sie sicher. Sie glaubte nicht, dass man ihr dort folgen würde.

Also rannte sie. Wieder sprang sie problemlos über den Zaun, froh, dass das Firmengelände unbewacht gewesen war. Glück hatte sie an diesem Tag jedoch nicht. Wieder schoss jemand auf sie.

Wieder sah sie sich um, erkannte ihre Verfolger, die sich offenbar um den Zaun des Geländes herum verteilt hatten. Links von ihr standen sie bereits, rechts von ihr kamen zwei am Zaun vorbei gelaufen.

Fuck.

Direkt vor ihr war nur ein weiteres Gebäude – sie könnte vielleicht hochkommen, allerdings war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man sie dabei erschießen würde.

Was blieb ihr für eine Wahl?

Sie rannte nach rechts, da die beiden Verfolger hier sich bisher nicht positioniert hatten. Sie bevorzugte es, Waffengewalt zu vermeiden, doch wer auf sie schoss, musste damit rechnen, dass sie zurückschoss.

Mit einem Haken zur Seite, ging sie hinter einem am Straßenrand geparkten Van in Deckung und zog ihre Pistole, eine SIG Sauer P250, aus dem Holster an ihrer Hüfte. Mit der Waffe in der Hand kam sie hinter dem Wagen hervor und schoss auf die Angreifer. Sie zielte auf den ersten der beiden Angreifer und drückte ab. Ein Schuss, ein zweiter, dann ein dritter, unterbrochen von kurzen Pausen, um ihr Ziel zu justieren.

Der erste traf, wie gezielt, den Mann in der rechten Schulter, riss ihn nach hinten. Der zweite verfehlte, der dritte traf die Hüfte, noch während der Mann fiel.

Im Adrenalinrausch und dank ihrer Magie erschien der Schrei des Mannes um eine Ewigkeit verzögert.

Sie ignorierte es. Stattdessen legte sie auf den zweiten an. Wieder drei Schuss – eins, zwei, drei, Schulter, Schulter, Beine – wie sie es trainiert hatte. Dieses Mal verfehlte der erste, der zweite aber traf, wenngleich zu nah am Körperzentrum, ehe der dritte sich in das Knie bohrte.

Ein weiterer Schrei.

Sie hörte nicht. Sie rannte. Sie musste weiter in Richtung der Stadt.

Endlich: Ein Rauschen in ihrem Ohr. Gefolgt von einer leicht verzerrten Stimme. „Pakhet?“

Endlich. „Aix?“

„War gejammt“, erklärte die Hackerin kurz angebunden. „Was ist passiert?“

„Keine Zeit zum Sprechen“, erwiderte Joanne. Pakhet war der Name, den sie als Söldnerin benutzte. Ein Codename, der nach ihrem vermeintlichen Tod zu ihrer neuen Identität geworden war. „Verfolger. Bin auf der“ – ihre Augen suchten nach einem Straßenschild – „Crabtree Road Richtung Westen. Brauche dringend eine Fluchtroute.“

Einem Instinkt folgend, sprang sie zu ihrer linken Seite, als mehrere Schuss erklangen.

„Was ist mit den Wagen?“, fragte Aix.

„Explodiert.“ Mehr sagte Pakhet nicht. Sie hatte genug Erfahrung mit langen Läufen, um zu wissen, dass Gespräche der Ausdauer entgegenwirkten.

Endlich erreichte sie die nächste Straßenecke Richtung Südwesten. Sie bog ab.

Wo blieb die Polizei? Immerhin gehörte das Industriegebiet selten zu den Stadtteilen, in denen bewaffnete Straßenschlachten ignoriert wurden. Sie war in einer Hafengegend. In Häfen wurde nachts gearbeitet. Jemand musste sie gehört haben.

Es war besser für sie, wenn keine Polizei kam, solange sie entkam. Dessen war sie sich allerdings nicht vollkommen sicher.

Wieder erklang das Rauschen einer aktiven Leitung. „Wenn du dich weiter südlich hältst, kommst du zu der nächsten Wohngegend. Knapp fünfhundert Meter.“

„Gut. Hast du Sichtkontakt?“, fragte Pakhet.

„Positiv.“ Eine kurze Stille. „In zwanzig Metern links, danach die nächste rechts.“

Pakhet erwiderte nichts. Wieder waren Schüsse zu hören, doch schienen ihre Verfolger zurückgefallen zu sein.

Sie wandte sich kurz um. Da waren nur noch zwei.

Wieder gab sie zwei Schüsse ab, Warnschüsse dieses Mal.

Sie war sich nicht sicher, ob ihre Schüsse auf den zweiten Angreifer zuvor tödlich gewesen waren. Zumindest lag es im Rahmen des Möglichen. Der zweite Schuss hatte potentiell Organe oder Aorta verletzt.

Die Warnschüsse schienen Wirkung zu zeigen: Für einen Moment zögerten die beiden verbleibenden Verfolger.

Noch immer wusste sie nicht, wer ihre Verfolger waren. Ihre Erfahrung hatte ihr allerdings gelehrt, dass es meist nicht sinnvoll war ein Gespräch mit Menschen anzufangen, die versuchten auf einen zu schiesßen. Also rannte sie.

Sie bog ab, hielt sich nahe an dem Bürogebäude, das nun zu ihrer Rechten lag, und konnte bereits die schlichten Reihenhäuser in der Ferne erkennen. Sie erlaubte sich inne zu halten und sich zu ihren Verfolgern umzusehen.

Sie blieben zurück. Endlich.

Dennoch rannte Pakhet weiter. Sie musste sicher gehen.

Kurz bevor sie die Gebäude – schmucklose, dreistöckige Betonbauten, wie sie früher oft in Arbeitervierteln hochgezogen worden waren, allerdings mit neu hinzugefügten gußeisernen Balkonen – erreichte, steckte sie ihre Waffe weg, ehe sie sprang.

Sie besaß selbst wenig magische Kräfte, war jedoch fähig ihre Körperkraft weit genug zu beeinflussen, als dass sie mit ihrem Sprung den Balkon im zweiten Stock erreichen und sich an dessen Geländer in die Höhe ziehen zu können. Für eine Sekunde hielt sie inne, sprang dann auf das Flachdach und wandte sich dort ein letztes Mal um.

„Ding dong“, säuselte eine Stimme in ihr Ohr. „Sie haben das Ziel erreicht.“

„Was machen die Ärsche?“, fragte Pakhet.

„Rückzug“, antwortete Aix schlicht. Sie hielt inne, wohl um etwas nachzuschauen. „Also, brauchst du Hilfe, um zum Safe House zu kommen oder kennst du den Weg?“
 


 

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Nächstes Kapitel: Mittwoch, 28.11.2018 Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Jitsch
2020-09-23T19:06:47+00:00 23.09.2020 21:06
Habe jetzt wie versprochen angefangen zu lesen ;) Der Auftakt wirft einen ein bisschen ins kalte Wasser aber auf jeden Fall war er sehr spannend und man konnte sofort einen Eindruck von Pakhets Alltag bekommen.
Antwort von:  Alaiya
23.09.2020 22:49
Wiiii~ Das freut mich, dich hier zu sehen. Danke :3
Von:  nimatkaja
2019-05-26T12:19:17+00:00 26.05.2019 14:19
Wie ich gesagt hatte, von den vielen Eigenen Stories hier war Mosaik eine der wenigen, die mir ins Auge gefallen ist. Wohl gemerkt, ich hab den Titel nicht gelesen und als ich dann drauf geklickt hab, hab ich mir gedacht "Oi, die Charakterillustrationen kenne ich doch."
Für eine Web-Veröffentlichung hat es wirklich genau die richtige Länge. Ich bin jemand, der gern seinen Senf abgibt, was dazu führt, dass ich online kaum Prosa lese, weil ich zu faul bin, Kommentare zu schreiben, haha.
Zum Text selbst: Du setzt die POV sehr gut ein. Pakhet/Joanne hat eine deutliche Stimme und allein in der Art, wie Dinge geschildert werden, kann man viel Charakter aufbauen. Und ich mag, mag, mag die ersten paar Sätze! Sie führen gleich richtig ein und die magischen Elemente gefallen mir bisher auch sehr gut. Ich meine, ist nur eine Szene. Aber ich bin auf jeden Fall hooked nach diesem Text! Ich bin gespannt auf die Charaktere, die noch kommen, und die zwei, die schon da sind. In ihren wenigen Worten hat Aix schon super Dynamik mit Pakhet gezeigt.
Also: Setting. Ich hab nicht viel Ahnung von Südafrika, aber ich mag die Ästhetik sehr und ich freu mich, was du in der Story so zeigen wirst daran. Ist eben auch ein SEtting dass man nicht häufig hat.
Mich hast du mit der Story bisher auf jeden Fall dran. Ich bin leider nicht gut im regelmäßigen Kommentieren, aber ich will trotzdem zu jedem Kapitel was sagen. Ich wünsche dir noch einen schönen Sonntag und uns allen Wahlergebnisse, die nicht so Scheiße sind <3


Ein paar Dinge sind mir aufgefallen beim drüber lesen. Ich füg das einfach an, wenn du nicht willst, dass ich auf RS/G eingehe, dann werd ich das in Zukunft lassen (:
Sie lebte noch, selbst wenn sie im Moment nicht sicher war, wie lang dieser Zustand noch anhielt. - anhalten würde? Sie ist ja nicht akut am Sterben gerade, wenn auch in gefährlicher Lage.
Ihre Blick erfasste so viele Details, wie möglich, als sie - nach Details muss kein Komma

LG nimatkaja
Antwort von:  Alaiya
26.05.2019 23:47
Huhu! Danke für deinen Kommentar. Das freut mich wirklich zu hören. (Auch wenn ich es gerade ja auch bzgl. Illus echt schade finde, dass mein ehemaliger Illustrator nicht länger zu erreichen ist.)

Ich versuche die Kapitel größtenteils so zu halten, damit es auch schlicht und ergreifend einfacher ist, mal eben zwischendurch zu lesen :) Ich denke vor allem wenn mal Erwerbstätig ist, ist dieses lange online lesen halt oftmals nicht mehr os wirklich drin.

Und freut mich wirklich zu hören.

Anmerkungen sind übrigens immer willkommen - auch wenn ich super lahmarschig bin, Sachen auszubessern x.x

Danke auf jeden Fall! :D
Von:  MarySueLosthername
2019-01-22T22:42:25+00:00 22.01.2019 23:42
Wow. Ich hatte total Kopfkino, konnte mir alles richtig vorstellen und es war als würde man nen Film gucken. Richtig gut geschrieben! Ich mag es total und ich verfluche meine Müdigkeit im Moment. Kommt auf jeden Fall auf meine Liste, damit ich weiterlesen kann.
Vielen Dank für die Mühe. Es ist toll!
Antwort von:  Alaiya
23.01.2019 08:53
Hallo!

Vielen lieben Dank für den Kommentar. Es freut mich, dass es dir gefallen hat :D
Von:  Caliburn
2018-11-28T12:11:38+00:00 28.11.2018 13:11
Irgendwie ungewohnt so "kurz" Kapitel zu lesen. xD"
Aber schonmal ein sehr guter Start, wie ich finde.

Antwort von:  Alaiya
28.11.2018 13:12
Hehe. Danke.

Und ja, ist ungewöhnlich. Und diverse Kapitel in Mosaik werden sogar unter 1000 Wörtern bleiben.

Dafür gibt es halt mehr davon ;)
Von:  Taroru
2018-11-26T15:04:37+00:00 26.11.2018 16:04
und es fängt direkt mit aktion an :-D
man erfährt noch gar nicht so richtig, was überhaupt sache ist, aber man möchte sofort wissen, was los ist vor wen flüchtet sie, warum, was wollte sie überhaupt und und und XD
und damit, hast du es wieder mal geschafft, ich bin neugierig, und ungeduldig wie immer :-p

kleine anmerkung am rande
zitat: 'Da hinten, noch knapp hundert Meter weiter, war das Firmengebäude irgendeiner Firma – inklusive eines durchgehenden Zauns aus Metallplatten.'
ich würde Firmengebäude weg lassen und nur Gebäude schreiben, so wirkt Firma einfach nur doppelt und unnötig ^^

und dann
zitat: 'Sie blieben zurückzu. Endlich.'
das 'zu' ist zu viel oder?

und ansonsten.... mag ich gar nicht bis mittwoch warten D:
aber ich freu mich drauf :-)

Antwort von:  Alaiya
26.11.2018 17:08
Ja, da geht es endlich los. Und ja, tut es
Danke :D
Antwort von:  Taroru
26.11.2018 17:19
immer gerne ^^

ich warte derweilen ungeduldig, bis es weiter geht :-p


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