Don´t say it von Nightglass ================================================================================ Kapitel 4: Einzug ----------------- Es vergingen zwei Wochen nach dem Familiendinner, in denen weder Tsume, noch Inoichi Zweifel an der Sache hatten. Missmutig stand Ino an ihrem Fenster und sah den Umzugswagen vorfahren, in denen sich die Güter der Inuzuka befanden. Ihr Vater und Tsume hatten sich entschieden, dass Tsume und Kiba bei ihnen einziehen sollten, anstatt eine komplett neue Immobilie zu kaufen. Immerhin war ihr Haus groß genug für zwei weitere Menschen, da Tsume sich ein Zimmer mit Inoichi teilen würde. Lediglich das Gästezimmer, welches gegenüber von Inos war, wurde zu Kibas eigenes Reich ummodelliert. Kiba sprang aus dem Beifahrersitz heraus und streckte sich wie nach einem langen, tiefen Schlaf ausgiebig. Er hatte schwarze On-Ear-Kopfhörer auf und wieder einen Hoodie an. Schien sein einziges Kleidungsstück zu sein. Als könnte er ihren Blick auf sich spüren, schaute er plötzlich zu ihrem Fenster hoch und hob die Hand. Zur Antwort zog Ino die Vorhänge zu. Dass er beim Umzug half, zeigte ihr, dass er Inoichi akzeptiert hat, sein Stiefvater per se zu werden. Ino hatte gehofft, dass sein Aufnahmeritual länger und schwieriger sein würde. Aber da hatte sie sich getäuscht. Jetzt war er bereit ihr Bruder zu werden. Sie warf sich betrübt auf ihr Bett. Sie allerdings hatte noch nicht aufgegeben. Für ihre Mutter. Und für sich, durfte sie es nicht akzeptieren. Das letzte Jahr zuhause wollte sie nicht in der Hölle verbringen. Es klopfte an der Tür und als sie nicht reagierte, öffnete sich diese einfach. Inoichi, der vorhin den Umzugswagen gefahren hatte, stand im Türrahmen. "Hey", sagte er mit sanfter Stimme. "Wie geht es dir?" Sie hatten die letzten Tage, seitdem der Umzug begonnen hatte, nicht mehr miteinander geredet. Ino ignorierte ihn und drehte sich mit dem Rücken zu ihm. Sie hörte seine Schritte auf das Bett zu sich kommen. Er setzte sich auf die Bettkante und lies seinen Blick durch das Mädchenzimmer streifen. Es war lange nicht mehr das kleine Kinderzimmer, was es einst war, als sie hier eingezogen waren. Die rosane Tapete mit dem Blumenmuster war mit weißer Farbe überstrichen worden. Doch von der Wand sah man nicht viel, da sie über und über mit Bildern und Lichterketten überzogen war. Ein großer Wandspiegel nahm eine ganze Wandseite ein, an der früher das Puppenhaus stand. "Ich weiß, dass wir momentan nicht auf gutem Fuß stehen und dass dir die Situation nicht passt, aber ich mache mir Sorgen um dich. Und ich will, dass du mit mir redest. Wenn du dich nur in deinem Zimmer einsperrst und mich wie Luft behandelst, macht mich das traurig. Da hab ich es lieber, dass du frech bist und mit mir streitest." Ino hatte ihre Arme um ihr Kissen geschlungen und starrte stur die Wand an. "Du weißt, wieso ich so bin. Ist ja nicht so, dass ich es dir nicht schon tausend mal gesagt habe." Ihr Vater schwieg erstmal und Ino dachte schon, er würde wieder gehen, da ihm nichts einfiel, was er sagen sollte. "Ich habe Tsume wirklich gerne. Deine Mutter wird immer in meinem Herzen einen Platz haben, aber sie hätte nicht gewollt, dass ich für den Rest meines Lebens ihr nachtrauere. So war sie nicht", sagte er schließlich und legte seine Hand auf Inos Schulter. "Und sie hätte bestimmt nicht gewollt, dass du deswegen unglücklich bist. Ihr Platz wird nie wieder belegt werden. Das schwöre ich dir. Aber im Kinosaal gibt es mehrere Plätze und ich kann nicht für immer alle reservieren." Ino verdrehte über seine Metapher die Augen, wandte sich aber nicht zu ihm um. "Mama war nur ein Sitz in einem verdreckten Kino? Ein Kinosaal hat knapp 200 Sitze. Heißt das, du willst weitere Hundert Schlampen auf den Wert von Mama stellen? Wenn deine Metapher weise klingen sollte, war das eine Fehlzündung." Inoichi seufzte: "Aber du hast verstanden, was ich damit sagen wollte. Wenn es zum Beispiel mit Seigo enden sollte, heißt das nicht, dass du nie wieder jemanden finden wirst, denn du genauso lieben wirst." "Das ist was komplett anderes. Seigo ist nur ein Idiot und Mama war deine Liebe deines Lebens, jedenfalls dachte ich es." "Weißt du, was nach der Liebe deines Lebens kommt? Die nächste Liebe deines Lebens. Deine Mutter war wundervoll und einzigartig. Aber wenn du Tsume eine Chance geben würdest, würdest du auch sehen, was ich so an ihr liebe. Wenn du dich aufraffen kannst, kannst du ja später beim Ausräumen helfen. Es sind viele Kisten da." Er drückte sanft ihre Schulter, ehe er aufstand und zur Tür ging. Sie hatte sich immer noch nicht zu ihm gewandt, als er kurz inne hielt. "Du... Du kannst gerne Seigo zum Abendessen einladen. Vielleicht ernüchtert das deine Laune und ich hab ihn lange nicht mehr gesehen." "Wir haben uns getrennt", antwortete Ino knapp. "Oh... wann denn?" Inoichi schien wirklich überrascht und interessiert, was Ino noch mehr ankotzte. Seit Ewigkeiten war Seigo kein Thema mehr bei ihr und Inoichi hatte nichts mitbekommen. "Kurz nach Mamas Tod." "Oh... Tut mir leid... Wieso hast du es mir nicht erzählt?" Nun richtete sich Ino auf und sah ihren Vater an, der einfach nur unschlüssig in der Tür stand. "Es hat dich einfach nicht interessiert. Mein Leben interessiert dich allgemein nicht. Du hast eine Meinung, wie ich bin und mit wem ich bin und das reicht dir. In den letzten Monaten, was waren wirklich persönliche Fragen von dir, die du an mich gerichtet hast? Denk erstmal darüber nach, ob du mit einer Tochter auskommst, bevor du dir noch einen Sohn zulegst." Sie war aufgestanden und knallte ihm die Tür vor der Nase zu. Ihr waren die Worte einfach entfläucht. "Und jetzt lass mich in Ruhe", rief sie ihm durch die Holztür zu. Er stand noch kurz vor ihrer verschlossenen Tür, ehe er sich runter zu Kiba begab, der drei Kisten auf einmal von der Laderampe ins Haus trug. Inoichi lächelte ihn an, etwas gezwungen, da er Inos Worte noch verdaute. Kiba nickte ihm zu, als er an ihm vorbei lief. Heute schien Kiba ganz anders als beim Familiendinner, dachte sich Inoichi, während er sich auf die Verandabank setzte und sich durch das helle Haar fuhr. Tsume kam aus dem Haus und legte ihren Arm um seine Schultern. Sie fragte nicht, wie das Gespräch verlaufen war. Seine hängenden Schultern und der müde Blick erzählten mehr, als sie wissen musste. "Irgendwann wird sie es akzeptieren, oder", fragte Inoichi Tsume hoffnungsvoll, als wollte er, dass sie ihm all die Sorgen nahm. "Mit Sicherheit", antwortete sie und schaute zum Umzugswagen. Die Hälfte der Kisten waren schon ins Haus gebracht worden. Im Laufe des Tages würden all ihre Güter in ihrem neuen Zuhause sein. "Sie ist verletzt. Ich glaube, sie hat Angst, dass du ein neues Buch aufschlägst und sie somit nicht mehr wichtig in deinem Leben sein wird", sprach sie weiter und Inoichi schüttelte den Kopf. "Das ist lächerlich. Sie wird immer ein Teil meines Lebens sein." "Das weiß ich doch, aber hast du es einmal versucht, ihr das zu zeigen, anstatt zu sagen?" Es war schon dunkel, als Ino ihre Tür öffnete, um ins Bad zu gehen. Sie hatte die ganze Zeit im Bett gelegen und somit waren ihre langen Haare strubbelig. Sie sah vermutlich aus, wie eine Vogelscheuche. Da sie ihr Zimmer den ganzen Tag nicht verlassen hatte, war sie ebenfalls ungeschminkt. Als sie ihre Zimmertür hinter sich schloss und dann in Richtung Bad ging, stieß sie mit Kiba zusammen, der gerade die Treppen hoch kam. Daber trug er zwei aufeinander gestapelte Kisten, wodurch die obere Kiste beim Aufprall zu Boden fiel und ihren Inhalt ausspeite, wie ein Wasserspeier von Notre Dame. Fluchend hockte sie Ino auf den Boden, um die ganzen Gegenstände zurück in die Kiste zu werfen. Kiba kniete sich neben sie und half ihr dabei, wobei er sie schief angrinste. "Lang nicht gesehen. Haben wohl doch ein Wiedersehen." "Ja, wunderbar. Hast es ja wirklich gut geschafft, meinen Vater zu vergraueln", fauchte Ino ihn wütend an und warf eine Shampooflasche rein. Kiba zog die Augenbrauen hoch. "Ich habe nie gesagt, dass das unbedingt das Resultat sein soll. Ich wollte lediglich testen, ob er meine Mutter wirklich mag. Und das scheint er aufrichtig zu tun." "Ich verstehe dich nicht. Dieses ganze Gefasel, deine Mutter verdient das Glück und Liebe... Bist du nicht wütend, dass sie deinen Vater einfach mit einem fremden Mann ersetzten will? Dass sie dich dabei einfach übergeht, was du möchtest?" Ino suchte nicht mehr unter der Kommode nach restlichen Gegenständen, sondern sah Kiba ungläubig in die Augen. Er hatte auch aufgehört, alles wieder einzupacken und lehnte sich an die Flurwand. "Mein Vater war ein Säufer und Schläger. Nahezu jeder andere Mann ist besser für meine Mutter als er, also nein, ich bin nicht wütend, dass sie ihn ersetzten will. Eben weil so jemand ihr Mann war, verdient sie jetzt viel mehr Liebe und Glück als irgendjemand anderes. Deswegen hatte sie von Anfang an meine Zustimmung, sich mit Männern zu treffen. Nur wenn es ernst wird, mische ich mich ein. Meine Mutter hat nicht unbedingt das beste Gespür für Männer und sie ist sehr vorschnell. Mein Vater ist das beste Beispiel. Ich stell nur sicher, dass sie nicht noch einmal einen miesen Kerl heiratet." "Vorschnell? Wie oft stand denn sie schon quasi vor dem Altar", fragte Ino plötzlich interessiert. Kiba zuckte mit den Schultern und fuhr sich durch das dichte Haar. "Schon einpaar Mal." "Aber es ist das erste Mal, dass sie mit Einem zusammenzieht, oder?" Ino rutschte neugierig näher zu Kiba, der erneut den Kopf schüttelt. "Nein, wir sind schon so vier Mal zu einem ihrer Lover gezogen, aus dem dann nichts wurde. Aber geheiratet hatte sie niemanden von denen. Bis zu einem Antrag oder einer Heirat kam es nie. Davor hatte ich sie entweder als ein Arschloch entlarvt oder meine Mutter hat selbst bemerkt, dass sie nicht gut für sie waren. Sie ist manchmal etwas unbeholfen." Demnach war doch noch nicht alles vorbei. Die beiden Alten noch auseinander zu bringen, war noch nicht hoffnungslos. "Sag mal, du bist gar nicht so hart, wie du beim Familliendinner getan hast, nicht wahr? Du bist gar nicht von der Schule geflogen, weil du jemanden verprügelt hast." Ino musste lachen, als sie sich an Inoichis entsetztes Gesicht zurückdachte. "Ich bin nicht geflogen, aber wurde suspendiert. Also, ich hab es ein bisschen hochgesteckt." "Also du hast jemanden verprügelt", fragte Ino skeptisch, und Kiba nickte gleichgültig. "Es war gerechtfertigt und ich wurde nur suspendiert, weil er immer noch im Krankenhaus liegt. Was soll der Blick? Hast du mich anders eingeschätzt?" Ino saß nun direkt vor Kiba und räusperte es, als sie merkte, wie sie ihn angestarrt hatte. "Ich habe dich für einen Kerl mit extremen Mutterkomplex gehalten. Aber anscheinend bist du ein Kerl mit Mutterkomplex und Aggressionsprobleme." Er lachte belustigt auf. Sie saßen schon lange auf dem teppichbelegten Boden, sodass Inos Füße langsam einschliefen, aber sie ignorierte das leichte Kribbeln in ihren Beinen. "Ach, so wirke ich auf dich?" "Ja, willst du dann mir deinen Eindruck von mir sagen. ich kann mir schon ziemlich gut vorstellen, was du denkst." "Ein egozentrisches Mädchen, dass ihren Willen unbedingt bekommen muss? Tatsächlich dachte ich eher an eine starke Persönlichkeit, die den anderen Leuten lieber ihre harte Seite zeigt, als zu zeigen, wie sehr sie verletzt ist." Das brachte Ino zu schlucken und runzelte die Stirn. "W-Was redest du da? Bist du ein Seelenklempner, oder was?"Kiba legte ihr die Hand auf die Schulter, während er sich vom Boden erhob. "Nein, aber ich habe eine ganz gute Menschenkenntnis. Danke fürs zusammenpacken." Er ergriff die Kiste und trug sie ins Bad, während Ino immer noch geschockt, wie durchschaut sie sich fühlte, reglos auf dem Boden saß. "Was tust du denn hier auf dem Boden?", fragte Tsume verwundert, als sie die Treppen hoch kam und Ino vor sich sitzen sah. Alleine sah das schon lächerlich aus. Schnell richtete sie sich auf und rümpfte die Nase. "Ist mein Haus. Ich kann sitzen, wo ich will oder willst du mir diese Freiheit auch noch nehmen?" Damit drehte sie sich um und wollte ins Badezimmer gehen. "Ich will dich weder einschränken, noch dir irgendetwas nehmen. Ich will nur mit deinem Vater glücklich sein. Und ich will dich neben wir wissen, als eine ganze Familie", hörte sie Tsume mit ruhiger Stimme sagen. "Du willst nichts nehmen und doch tust du´s! Und ich weiß nicht, wie oft ich es noch sagen muss, bis es in euer minimal existierendes Gehirn gelangt, ich will dich, deinen Sohn und eure Familienplanung nicht in meinem Leben!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)