Sana von abgemeldet (tortured souls) ================================================================================ Kapitel 7: Meerenge ------------------- Um die Mittagszeit sind alle Vorbereitungen abgeschlossen. Der Kapitän bläst zur Abfahrt. Ich stehe an der Reling und schaue auf die sanften Wogen des Wassers, die sich bis zum Horizont erstrecken. Dort liegt mein Ziel. Das Land, in dem die Engel leben. Euphorie durchrauscht mich! Ich komme der Erfüllung meiner Rache näher! Der Ton auf dem Schiff ist rau. Ich bin eine der wenigen Frauen an Bord. Doch die Tatsache, dass ich ein Teufel bin, sorgt dafür, dass mich Niemand hier gegen meinen Willen auch nur anspricht. Viele der Anderen meiden mich. Als mir das klar wird muss ich grinsen. Als ob ich jeden, der mir zu nahe kommt direkt in Stücke reiße - nicht, dass ich das nicht gekonnt hätte. Das Schiff schwankt in den Wellen, nicht sehr beruhigend. Das Meer ist hier sehr viel aufgewühlter, als nahe des Hafens, es ist wild und ungestüm. Mir wird ein wenig flau im Magen. Einer Eingebung folgend, lasse ich meinen Blick über den Horizont ziehen, ganz am Rand sieht man eine Fontäne in den Himmel steigen. Der Kapitän meinte zwar, dass wir erst morgen Mittag ankommen werden, doch ich glaube bereits Land zu sehen. Nach ein paar Augenblicken ist die Insel wieder hinter hohen wellen verschwunden. Oder bilde ich mir nur ein etwas gesehen zu haben? Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Der Wind wispert durch die Segel. Der Himmel zieht sich zu, und Nebel streicht mir um die Knöchel. Mir wird plötzlich speiübel. Ich hänge mich über die Reling und füttere die Fische mit meinem Mittagessen. Während ich mein Inneres nach außen kehre, beschleicht mich das Gefühl beobachtet zu werden doch, als ich mich wieder aufrichten kann, bin ich allein auf dieser Seite des Schiffs. Ich gehe Unterdeck, meine Lust nach frischer Luft ist verflogen und ich kann den Anblick des Wassers nicht mehr ertragen. Mein Bett ist eine der Hängematten in einem großen Raum. Sobald ich mich hinein lege hört das schaukeln auf. Ich schließe die Augen. Und wieder merke ich, dass sich mir jemand nähert. Ein und aus, mein Atem wird ruhiger, meine Sinne schärfen sich. Die Person schleicht um mich herum, kommt auf mich zu. Ich warte noch einen Augenblick, dann stürze ich mich auf sie. Erschrocken schreit das Ding unter mir auf. Der Statur nach, würde ich sagen, ein Elf. „Warum schleichst du mir nach, das mag ich nicht besonders!“ Meine Aussage untermale ich, in dem ich seine Arme schmerzhaft auf den Boden presse. Ein kleines wimmern entkommt ihm - „das war... ich habe nicht...“ Ich knurre leise. Seine Augen weiten sich, verfolgen meinen Schweif, welcher bedrohlich hin und her schwingt. Er schluckt schwer. „Mein Herr wollte mit Euch sprechen, und schickt mich Euch zu bitten, in seine Kajüte zu kommen.“ Ich ziehe skeptisch eine Augenbraue hoch, lockere jedoch meinen Griff ein wenig. Erleichtert seufzt er auf. „Und wieso kommt dein Herr nicht selbst, sondern zitiert mich zu sich?“, in einem Schwung stehe ich auf und wende mich zum gehen. „Wenn er was von mir will soll er mich selbst fragen.“ Der Junge rappelt sich auf, hastet mir hinterher - „Bitte!“ Ich bleibe stehen. „Nur ganz kurz, er wird ungehalten sein, wenn ich alleine wieder komme.“ Genervt drehe ich mich wieder zu ihm, er sieht eindeutig verzweifelt aus. Ach du Scheiße, man ist das nervig. Unter meinem Blick schrumpft der Elf noch ein Stück und ich frage mich unwillkürlich, was dieser Herr wohl für einer sein muss, ein so zerbrechliches Geschöpf, wie diesen Jungen zu schicken, um mit mir zu sprechen. Mein Gegenüber ist den Tränen nahe. Und auch etwas, was ich noch nicht benennen kann. Ich verdrehe die Augen - „Na gut, los, gehen wir.“ Der Kleine wischt sich übers Gesicht. Pure Erleichterung ist darauf zu erkennen. „Dann folgt mir bitte. Ich bringe Euch.“ Ich greife den Beutel in dem ich mein gesamtes Hab und Gut habe. Wir gehen den Flur entlang, vorbei an den kleinen Kajüten, auf eine Tür am Ende des Ganges zu, vor welcher zwei bewaffnete Soldaten stehen. Sie betrachten mich argwöhnisch, während ich an ihnen vorbei den Raum betrete. Dieser ist geräumig und hell, ganz anders als die herkömmlichen Unterbringungen auf diesem Schiff. Ein leichter Duft von Essen steigt mir in die Nase. Bei dem Geruch muss ich an die lauen Sommerabende auf unserem Dorfplatz denken, und ein Hauch von Wehmut erfasst mich. Meine Augen fallen auf einen groß gewachsenen Mann, der sich vom Schreibtisch erhebt und sich in einer eleganten Drehung zu uns wendet. Seine Äußere Erscheinung bringt mich einen kurzen Moment aus der Fassung. Durch seine edlen Gewänder kann ich den muskulösen Körper erahnen, er wirkt nicht älter als Anfang dreißig. Ich hatte erwartet das er alt, fett und irgend wie... also auf jeden fall nicht, dass er so aussieht. Er schaut mir interessiert ins Gesicht, seine lila funkelnden Augen blitzen schelmisch auf. Ich wende den Blick ab, fühle mich ein wenig fehl am Platz. „Ah... endlich! Jaspur du hast lange gebraucht, wen hast du mir mitgebracht?“ „Ähem, ja also..“ - unbeholfen macht er eine Geste, als wolle er mich vorstellen. Ich schmunzele in mich hinein. Mein Gastgeber beginnt zu grinsen. „Du hast die Dame also noch nicht nach ihrem Namen gefragt?“ Der Junge wird rot und bedeckt sein Gesicht und piepst ein kleines - „nein. Das ist mir entgangen.“ „Ah, also hast du ihr meinen Namen wohl auch noch nicht genannt.“ Der Kleine sagt nichts mehr und senkt nur demütig seinen Kopf. Leicht theatralisch atmet der Größere der beiden aus und wendet sich mir zu. „Nun denn, dann möchte ich mich Euch selbst vorstellen - ich bin 6. Kronprinz des vereinigten Reichs Dematus, Dariell Agnisis von Demayutus.“ Bescheiden senkt er kurz sein Haupt, und ich hätte meinen am liebsten gegen den nächstbesten Pfosten gehauen. „Darf ich nun endlich erfahren wie Ihr heißt?“, er schaut mich herausfordernd an. „Sana.“, halte ich meine Antwort so kurz es nur irgend geht. Ich kann das schwanken des Schiffes wieder deutlich in meiner Magengegend spüren, und ich sehne mich nach meiner Hängematte, die ich den Rest dieser Überfahrt eigentlich nicht verlassen wollte. Ungeachtet meines genervten Blicks fängt der Kronprinz nun seinerseits wieder strahlend an zu reden. „Ich habe Euch herrufen lassen, um Euch ein Angebot zu machen.“ Ich verlagere mein Gewicht und verschränke abwehrend die Arme. Er hebt beschwichtigend die Hände - „hört Euch meinen Vorschlag erst einmal an, bevor Ihr ablehnt. Ich lade Euch zum essen ein und wir können dabei über die näheren Details Eures möglichen Auftrags reden.“ Ich zögere unsicher, doch in diesem Moment knurrt mein Magen beschämend laut, und mein Gegenüber grinst mich siegessicher an. „Von mir aus“, gebe ich mich zähneknirschend geschlagen. Seine Augen blitzen wieder schelmisch auf, und mit einer einladenden Geste, führt er mich an den reich gedeckten Tisch im Rauminneren. Wie schon erwartet ist ein saftiges gut durchgebratenes Schwein die Hauptattraktion der festlichen Tafel, gesäumt wird es von Brotkörben, Obsttellern und gedünstetem Gemüse. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen, gepaart mit meiner Übelkeit ist das eine delikate Angelegenheit. Überhaupt, das Ganze hier, was will dieser Kerl eigentlich von mir? Ich setze mich auf den Stuhl, den er mir höflich zurecht schiebt, bevor er sich selber auf einem imposanten Stuhl, mir gegenüber, nieder lässt. Eindeutig mir zu liebe, beginnen wir mit dem Essen. Es schmeckt besser, als alles was ich je gegessen habe, naja fast alles. Das versöhnt mich ein bisschen mit dieser merkwürdigen Situationen. Aber trotz des guten Essens, habe ich nicht vor, seinen Vorschlag, egal was es für einer sein sollte, anzunehmen. Und sollte es sich dabei um irgendetwas verwerfliches oder anzügliches handeln, werde ich ihm eigenhändig den Kopf abreißen! Ich werde durch ein lautes Lachen aus meinen Gedanken gerissen. Zugegebenermaßen, ein schönes Lachen, und ich höre wie er sagt, ich hoffe das Schwein hat dir persönlich nichts angetan, so wie du es gerade aufspießt. Ich gucke auf meinen Teller, und ich fühle mich ein wenig ertappt, sage aber nichts weiter dazu. Er räuspert sich noch mal und meint dann - „wie dem auch sei, wir sind ja eigentlich aus geschäftlichen Gründen hier.“ Er richtet sich ein wenig mehr in seinem Stuhl auf, bevor er weiter spricht - „Gerade heraus, Ihr seid mir gestern schon in der Schänke aufgefallen, eine so hübsche, starke junge Dame, so ganz ohne Begleitung.“ „Ich weiß nicht, was Ihr damit sagen wollt?!“, unterbreche ich ihn barsch. Wieder hebt er beschwichtigend die Hände, ob der frostigen Stimmung, die ihm entgegenschlägt. „Es war nicht meine Absicht Euch zu kränken oder anderweitig zu beleidigen. Ich habe mich offensichtlich in meiner Wortwahl vergriffen, und möchte mich dafür aufrichtig entschuldigen.“ Ich nicke knapp und lehne mich abwartend in meinem Stuhl zurück. „Nun denn, ich war überrascht und erfreut Euch hier auf dem Schiff wiederzusehen. Es kam mir vor, wie ein Wink der Götter. Nicht oft trifft man auf jemanden aus Ihrem Stamm, der die Meerenge überquert. Ich suche schon seit einigen Wochen einen fähigen Ersatz für meinen Leibwächter, der mir viele Jahre treue Dienste erwiesen und mich nun verlassen hat. Mir ist die Kraft und Schnelligkeit Ihrer Spezies wohl bekannt, und so kam mir der Gedanke, ob Ihr nicht seinen Platz einnehmen wollt.“ „Nein, das tut mir leid, aber da müsst Ihr Euch jemand anderen suchen. Ich habe bereits Pläne, die unabänderlich sind.“ „Darf ich fragen, wo Euch Eure Pläne hinführen?“ Ich seufze angestrengt. „Mein Ziel liegt weiter im Süden.“ „Oh, meines auch. Führt Euch Euer Weg dann ebenfalls durch die Wüsten der Hapienklippen im Niemandsland? Einer meiner Residenzen liegt dort, an einem Hang in einer Oase. Ich werde dort einige Monate verweilen. Möchtet Ihr mich bis dorthin begleiten? So haben wir beide gewonnen!“ Ich ziehe fragend eine Augenbraue hoch. „In wiefern?“ „Ich habe einen fähigen Kämpfer an meiner Seite, und Ihr müsst diese gefahrvollen Gebiete nicht allein durchqueren.“ „Ich bin gern allein, und wie sie schon sagten, ich bin eine fähige Kriegerin, also auf niemanden angewiesen.“ „Nun denn, wenn Ihr das so seht, kann ich Euch nicht aufhalten. Aber bedenkt, dass ich Euch für Eure Dienste auch fürstlich entlohnen würde - UND egal, wo nun Euer Ziel liegt, ich kann Euch in jeglicher Währung auszahlen.“ Das ist tatsächlich etwas, worüber ich noch nicht nachgedacht habe. In landesüblicher Währung zu zahlen ist immer etwas unauffälliger, als in Gold oder Edelsteinen. Und bei meinem Vorhaben, sollte alles so unauffällig wie möglich sein. Und ja, jetzt kommt mir der Gedanke, vielleicht ist es auch unauffälliger, in einer Karawane zu reisen, statt allein. Der Kronprinz nippt an seinem Weinglas und wartet sichtlich entspannt, mit einem leicht amüsierten Ausdruck, auf das Ende meines inneren Disputs. Ich ergreife das Wort, und halte mich kurz. „In Ordnung. Ich nehme ihr Angebot an. Ich begleite sie ab verlassen dieses Schiffes, bis zu ihrem Palast, und dann werde ich weiter ziehen.“ „Darauf lasst uns anstoßen, Sana! Ich bin hoch erfreut über Eure Entscheidung!“ Bei dem Klang meines Namens aus seinem Mund, läuft mir ein kleiner Schauer über den Rücken. Ich strecke mich und stehe auf, um nun das zu tun, was ich schon die ganze Zeit tun wollte. Mich in meine Hängematte verkrümeln und schlafen. „Das ist ein verlockendes Angebot, doch mein Tag war lang und das schaukeln dieses Schiffs raubt mir den letzten Nerv. Ich bedanke mich für das köstliche Essen.“ Er bringt mich zur Tür. Ich neige höflich den Kopf, bevor ich mir die Tür öffnen lasse. Es fühlt sich jetzt anders an, hier am Eingang, mit ihm zu stehen. Ich schaue ihm noch mal in seine funkelnden Augen, dann drehe ich mich um und gehe den langen Gang zurück. Als ich nun zum zweiten Mal an diesem Tag mit geschlossenen Augen in meiner Koje liege, bin ich ruhiger und nicht mehr so aufgewühlt. Das Essen füllt mir angenehm den Magen, und lässt mich schläfrig werden. Wie von selbst wandert meine Hand zu der Kette mit dem Stein, welcher warm ist, und ich habe kurz das Gefühl, als würde ich einen Herzschlag spüren. Ich falle in einen ruhigen, erholsamen Schlaf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)