Sana von abgemeldet (tortured souls) ================================================================================ Kapitel 6: Mein Weg zu mir -------------------------- Mir Platz der Schädel! Ich habe schon lange keine Schmerzen mehr gespürt, irgendwie erfrischend. Heute Morgen war mein Großvater wieder zu mir gekommenen, um mich, zum keine Ahnung wievielten Mal, dazu zu überreden meine Höhle zu verlassen. Er hat mich gebeten, mit einem der älteren Krieger zu kämpfen, um den Frischlingen ein wenig Anschauungsmaterial zu bieten. Irgendwie, war mir heute danach. Und genau bei diesem Kampf hat mir mein Gegenüber, gerade seinen Fuß volles Brett gegen den Kopf gezimmert. Ich schüttele ihn kurz um mich wieder zu fokussieren und meine Gedanken zu ordnen. Der Krieger wartet bis ich mich wieder gefangen habe, dann beginnen wir erneut damit uns zu umrunden. Ich kassiere einen weiteren Treffer, dieses Mal einen Schlag gegen den Oberarm. Das gibt morgen richtig schöne blaue Flecken! Ich bringe so viel Platz zwischen uns wie nur irgend möglich. Meine Konzentration und Reflexe sind offensichtlich nicht ganz richtig auf der Höhe. Ich atme zweimal kräftig ein und aus. Wieder wartet mein Gegenüber, bis ich wieder bei der Sache bin. Mein Puls verlangsamt sich, und alles um mich herum verschwindet, nur der Mann mir gegenüber ist jetzt wichtig. Ich nicke, und nun kann der Kampf richtig losgehen. Ich taxiere den großen Mann mit dem dunkelbraunen Fell. Dann mache ich einen Satz nach vorne, versuche ihn zum straucheln zu bringen in dem ich seine Füße attackiere. Er weicht aus, versucht seinerseits meinen Schritt aus dem Takt zu bringen. So geht es dann eine Weile, erst greift der Eine an, dann der Andere. Ab und an, landet einer von uns einen Treffer. Doch auf einmal reicht es mir nicht mehr nur so zu tun, als würden wir kämpfen, wutentbrannt stürme ich auf ihn zu. Ein kurzer Laut der Überraschung, zu mehr kommt mein Gegner nicht, bevor ich ihn zu Boden reiße. Gerade balle ich meine Hände zu Fäusten, um ihm mit voller Kraft das Leben aus zu prügeln. Da packt jemand meine erhobene Faust. „Das reicht! Sana!“ Ich hebe den Kopf, es kommt mir vor als würde ich aus einem langen Traum aufwachen. Das strenge Gesicht meines Großvaters blickt mir entgegen. „Danke für deine Unterstützung, du kannst jetzt gehen.“ Ich zucke die Schultern, drehe mich auf dem Absatz um und will gerade gehen, als - „Sana, komm heute Abend zu mir, essen, wir müssen etwas besprechen.“ Respektvoll senke ich kurz den Kopf. Der Weg zurück in meine Höhle führt mich durchs Dorf und am belebten Dorfplatz vorbei. Ich sehe die anderen meines Stammes und fühle mich eigenartig fremd in meiner Haut, und wundere mich über mein Desinteresse. Ich überlege kurz, ob ich meinen Vater und Antres besuchen soll, aber entscheide mich dann doch dagegen. Ich nehme den kleinen Patt zu meiner Höhle. Sobald ich sie betrete, merke ich wie kalt und einsam es hier ist. Wenigstens etwas kann ich spüren. Ich liege auf dem Fell, ganz hinten in der Höhle, starre an die Decke und merke, dass mich hier nichts mehr hält. Nicht nur nicht in dieser Höhle, nicht in diesem Dorf, nicht in diesem Tal, nicht in diesem Stamm. - Meine Höhlenzeit, ist definitiv zu Ende! Ich sehe der Sonne dabei zu wie sie hinter den Bergen verschwindet, packe meine Sachen, was bedeutet, hänge mir den Schmuck meines Bruders um, greife meinen Bogen und kurz bevor ihre letzten Strahlen erlöschen, mache ich mich auf, zu meinem Großvater. Mein Großvater erwartet mich bereits. Der Tisch ist akkurat gedeckt, er ist einer der wenigen im Dorf, der Wert auf solche Dinge legt. Ich setze mich. Ein paar Sekunden schweigen wir uns einfach nur an, ich sehe dass er sieht dass ich gehe. „Du hast deine Entscheidung also schon getroffen.“ „So ist es Großvater, und du wirst nichts daran ändern können.“ „Da missverstehst du mich meine Liebe, ich freue mich darüber, dass du selbst darauf gekommen bist. Denn ich denke, dass du hier, zu dieser Zeit, keinen Frieden finden wirst. Hast du denn schon eine Idee, wo es für dich hingeht?“ „Ja, mein Ziel steht bereits fest.“ Wir sehen uns tief in die Augen, meine Smaragdgrünen treffen auf seine Moosfarbenen, in seinem Blick stehen Erkenntnis und Verständnis geschrieben. Ich stehe auf, er ebenfalls. Er nimmt die zweite Keule vom Feuer, und ohne ein Wort reicht er sie mir. Das ist etwas, dass ich schon immer an der Kommunikation mit meinem Großvater mochte, wir brauchen keine Worte, die Dinge sind klar, wie immer. Wir treten vor seine Höhle, die Nacht ist eisig. „Ich werde den anderen sagen, dass du eine Reise machst, um wieder zu dir selbst zu finden.“  Meine Beine fühlen sich an wie Blei, jeder Schritt auf den Eingang des Tals zu fällt mir schwerer. Ich spüre Großvaters Blick in meinem Nacken. Nach einer halben Stunde schnellen Laufs merke ich, wie mein Körper sich anfängt zu entspannen. Der Druck auf meinen Schultern wird weniger, meine Bewegungen werden geschmeidiger. Die Zweifel, die mich die letzten Kilometer begleitet haben, verfliegen. Meine Reise hat begonnen!  Ich stehe auf einem Hügel, das Gebirge meiner Kindheit liegt hinter mir. Am Horizont geht die Sonne auf und färbt den Himmel orange-blau. Eine flache, weite Ebene erstreckt sich vor mir, dessen Ende kaum zu sehen ist. Obwohl ich die gesamte Nacht durchgelaufen bin, fühle ich mich voller Energie. Ich laufe noch bis zum Mittag, bevor ich die erste Pause mache. Im Schatten einer der großen Bäume, die auf der Graslandschaft stehen, esse ich die Keule, welche mein Großvater mir mitgegeben hatte. Eine warme Brise zerzaust mir das Haar. Nach einem kurzen Nickerchen, mache ich mich wieder auf den Weg. Ich komme gut voran. Das Wetter hält sich. Bis es dunkel wird mache ich noch einmal halt, an einem kleinen See, um mich zu waschen und ein wenig was zu trinken. Ich weiß, dass nun bald der Wald kommen wird. Der Wald, der unseren Ritualplatz umhüllt. Der Wald, in dem Nartos gestorben ist. Gegen Mitternacht, habe ich die nördliche Kante von ihm erreicht. Ich lasse die Bäume, im Dunkel der Nacht, an mir vorbeiziehen. Als die Sonne aufgeht liegt er weit hinter mir, und ich bin froh darum. Nach einem weiteren Tag, begegne ich zum ersten Mal wieder Artgenossen, welche mich freundlich und warmherzig begrüßen. Je weiter ich Richtung Süden komme, desto mehr verändert sich meine Umgebung. Und ich sehe Pflanzen die ich noch nie zuvor gesehen habe! Viele von ihnen sind behängt mit diesen großen prallen Früchten, welche ich von den Festen auf der großen Lichtung kenne. Auf einer der Straßen, die diese Hälfte unseres Landes durchziehen, begegnet mir ein Bauer, welcher viele dieser Früchte auf seinem Karren hinter sich herzieht. Als ich näher heran trete, streckt ein Kind seinen Kopf zwischen den Früchten hervor. Es wirft mir freudestrahlend eine pralle Frucht zu. Ich grinse ein bisschen. Nicht nur die Umgebung, sondern auch das Gemüt der Leute, scheint hier weicher und wärmer zu sein. Die nächsten Tage, laufe ich fokussiert meinem ersten Etappenziel, der legendären Seestadt, entgegen. Sobald ich müde werde, lege ich mich unter einem Baum und schlafe ein bisschen. Wenn ich Hunger habe, esse ich was von den Früchten, die überall am Straßenrand wachsen. Zu Beginn des vierten Tages, begegnen mir zum ersten Mal Wesen, von denen ich zuvor nur gehört hatte. Neugierig begutachte ich sie, sie wirken auf mich klein und schwächlich. Sie sind für mich die Vorboten der unbekannten Stadt. Ich lege an Tempo zu, und erreiche die Tore am Morgen des nächsten Tages. Sobald ich durch den Eingang bin, erschlägt mich beinahe das emsige Gewusel, was mich in den Straßen erwartet. Ich tauche ein in dieses mir unbekannte Getümmel, und bahne mir meinen Weg Richtung Hafen. Dort bin ich auf der Suche nach einem Schiff, welches mich über die Meerenge nach Südland bringt. Schnell habe ich einen Kapitän gefunden, der bereit ist mich mitzunehmen, doch ich muss bis zum nächsten Tag warten. Ich sehe mich an den Ständen um, welche überall die Straßen säumen. Hier und da, kaufe ich Kleidung. Denn mir fiel auf, dass ich in meinem Aufzug mehr Aufmerksamkeit auf mich ziehe, als mir lieb ist. Meine Wahl fällt auf einen langen dunklen Wollumhang, eine gute Lederhose, einen leichten langen Rock, für eine eventuelle Tarnung und ein schlichtes kurzärmliges Oberteil. Der Tag neigt sich dem Ende zu, weshalb ich nach etwas Essbarem und einem Schlafplatz Ausschau halte. Schnell wird mir klar, dass es in dieser Stadt, ohne Geld keines von beidem zu finden gibt. Mir kommt ein Gespräch in den Sinn, was ich letztes Jahr zufällig auf der Lichtung mitgehört hatte. Es wollte einer von uns, ein entfernter Verwandter, in den Süden gehen und am Hafen ein Wirtshaus aufmachen. Ich gehe an der Hafenpromenade entlang, schaue mir die verschiedenen Schilder an. Eines der Schilder zieht meine besondere Aufmerksamkeit auf sich, und ich bin mir sicher, dass ich dort richtig bin. Die Sonne ist fast verschwunden, also gehe ich schnell rein. Drinnen ist ein reges Treiben. Ich gehe an die Bar, bestelle mir etwas zu essen und etwas zu trinken. Danach setze ich mich an einen Tisch, in der Nähe des über und über mit leckerem Obst bedeckten Buffets. Nach einigen Minuten tritt ein kräftiger groß gewachsener Kerl, mit einem Tablett aus der Küche. Er lässt seinen Blick kurz schweifen, und kommt dann zielstrebig auf meinen Tisch zu. Er stellt zwei Bier und einen großen Teller mit Fleisch und gedünstetem Gemüse vor mir ab, dann lässt er sich, ohne mich zu fragen, strahlend auf den Stuhl mir gegenüber plumpsen. „Hallo meine Schöne! Dich kenne ich doch irgendwo her. Haben wir nicht dieses Jahr deine Volljährigkeit gefeiert? Wie ist es dir so ergangen nach diesem... Desaster?“ Abwesend blicke ich aus dem Fenster. „Ja stimmt, das ist der Grund, warum ich hier bin. Meine Brüder und meine Mutter wurden an dem Tag ermordet, und Ich brauche ein bisschen Abstand.“ „Ach mein Herzelein, das tut mir ja leid! Und hast du ein Ziel vor Augen, wo es hingeht?“ Ich zucke mit den Achseln. „Hmm, weiß ich noch nicht genau, mir die Welt angucken.“, gebe ich ihm eine knappe Antwort. Er scheint zu verstehen, dass ich nicht darüber sprechen möchte, und nimmt einen kräftigen Schluck aus seinem Bierglas, während er durch den Schankraum schaut. Aus dem Augenwinkel sehe ich eine kleine Gestalt an mir vorbei huschen und unterm Buffettisch verschwinden. Der Mann mir gegenüber, trinkt seelenruhig sein Bier weiter. Ich bin irritiert. Hat er den kleinen Jungen nicht gesehen? Dann sehe ich eine Hand unter der Tischdecke hervorkommen, und zwei saftige runde Früchte finden ihren Weg in die Tasche des kleinen Diebs. Ich springe empört auf, und merke wie eine Hand mich wieder auf den Stuhl zurück zieht. Ich schaue meinen Tischpartner fragend an. Er strahlt mir nach wie vor entgegen, und meint - „lass gut sein, dass ist schon okay so. Andere Orte andere Sitten. Das war eins von den Straßenkindern dieser Stadt. Die sind weit ehrlicher, als die meisten hier im Schankraum.“ Ich richte mich kopfschüttelnd auf. Er gluckst als wir beide beobachten wie der Kleine wieder aus der Schänke entwischt. Das gibt mir erst mal zu denken und ich sinke in meinen Stuhl zurück und beiße in die saftige Fleischkeule. Mein Verwandter Gastwirt steht auf, als ein anderer Kunde mit dem Finger schnippt, um ihn zu sich zurufen. Er verabschiedet sich von mir mit den Worten - „Hat mich gefreut, vielleicht sieht man sich ja noch mal! Gute Reise dir!“ Kaum, dass er sich vom Tisch entfernte, wenden sich meine Gedanken wieder dem kleinen Jungen zu, der das Obst vom Tisch gestohlen hatte, und den Worten meines Verwandten. Wieso hat es ihn nicht gestört, dass er beklaut wurde? Bei uns im Dorf hätte selbst so ein kleiner Diebstahl eine harte Strafe nach sich gezogen. Beziehungsweise, es wäre nie dazu gekommen, dass der Junge geklaut hätte. Irgendwas hier ist grundlegend anders, aber ich weiß noch nicht genau was. Ich esse meinen Teller leer, trinke den letzten Schluck aus meinem Glas und verlasse den Schankraum, der sich immer mehr mit Gästen füllt. Die kalte Nachtluft weht mir durch die Haare und der Mond spiegelt sich schillernd im Hafenbecken. Ich strecke meine steifen Glieder, meine Wirbelsäule knackt leise. Mein Weg führt mich die Hafenpromenade entlang und auf einmal sehe ich den kleinen Jungen wieder, welcher in einer schmalen Gasse verschwindet. Schnell folge ich ihm. Er ist flink, und ich muss mich sputen, ihm hinterher zukommen. Als ich die Gasse erreiche, sehe ich nur noch seinen Schweif um die nächste Ecke huschen. Ich lege an Tempo zu und frage mich gleichzeitig was ich hier eigentlich treibe. Als ich um die nächste Biegung komme bleibe ich abrupt stehen und verstecke mich hinter der Hauskannte. Mit dem, was sich gerade vor mir abspielt habe ich in keiner Weise gerechnet. Der Junge holt seine Beute aus der Tasche und hält sie triumphierend hoch. Augenblicklich kommen zwei kleine mir völlig fremde Wesen, die eindeutig im Welpenalter sind, aus dem Schatten vieler Kartons, und springen ihn jubelnd an. Der Junge lässt sich seine Beute lachend aus den Händen reissen. Langsam dämmert es mir, wieso der Schankwirt ihn einfach so hat gehen lassen. Ich habe wohl noch viel über diese Welt zu lernen! Gemächlichen Schrittes, mache ich mich wieder auf den Weg, Richtung Hafenbecken. Auf einmal werde ich hundemüde. Mein Kopf surrt noch, doch dieser Tag war lang und, als ich das Gasthaus erreiche, bin ich froh, dass mich die nette Wirtsfrau ohne Umschweife zu meinem Zimmer bringt. Ich bin bereits eingeschlafen, als mein Kopf auf dem Kissen landet. Nach einer aufwühlenden Nacht, mit wirren Träumen, erwache ich bei den ersten Sonnenstrahlen. Heute ist der Tag! Heute verlasse ich unser Land! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)