Das Beta-Guard Projekt von Yomiuri (Die Vorgeschichte der Alphas) ================================================================================ Kapitel 7: Risiken ------------------ Eben stand ich noch im Speisesaal des Instituts und im nächsten Augenblick mit all meinen Freunden vor dem Lauf eines Gewehres. Die beiden Tage danach waren geprägt von entsetzen und Fassungslosigkeit. Mein Vater und seine Doktoren versuchten uns davon zu überzeugen, dass der Schütze nur im äußersten Notfall geschossen hätte, aber ich glaube ihm kein Wort. Nicht nach dem, was ich selbst gesehen und was mir einer der Brock-Zwillinge gesagt hat. Steve hatte mir die Kugel gezeigt, von der er getroffen worden ist. Mittlerweile trägt er sie als Anhänger an einer Kette. „Jeder, der überlebt hat, hat inzwischen eine Fähigkeit entwickelt… abgesehen von mir“, sagt Nicky gerade zu Jonathan. Wir sitzen in der Lobby des Instituts. Fynn schweigt seit einiger Zeit und scheint in seinen eigenen Gedanken im Kreis zu fahren. Das geht seit Sams Anruf so, von dem er nur mir erzählt hat. Was genau sie besprochen haben, wollte er mir nicht sagen, aber ich schätze so wie er sich seither benimmt, war es alles andere als ein gutes Gespräch. Ob sie sich von ihm trennen will? Jonathan sieht erst Fynn und dann mich an. Er scheint zu ahnen, dass ich mehr weiß als er. Wie üblich wartet er allerdings bis einer von uns selbst etwas sagt. Die Stimmung im Institut ist wieder einmal merkwürdig. Einerseits scheinen alle zu glauben es wäre alles gut, aber dann gibt es auch dieses beklommene Geflüster darüber, wie schnell Dr. Peter Wellington, mein Vater, bereit ist einen von uns zu erschießen. „Baby, mach dir keine Sorgen, wahrscheinlich bist du nur ein Spätzünder“, versucht Jonathan Nicky zu beruhigen. Ich höre sie seufzen. Nachdem, was wir bei Hank gesehen haben sollte sie froh sein nicht auch eine solche Fähigkeit zu entwickeln. Erneut sehe ich zu Fynn. Nicky liegt mit ihrer Behauptung nicht ganz richtig als einzige keine Fähigkeit entwickelt zu haben, denn wir haben auch noch nichts von Fynns Fähigkeit erfahren. Jonathan hat festgestellt, dass er in der Lage ist Leute zu beeinflussen. Zumindest behauptet er das. Selbst gesehen hat es nur Nathalie, die auch bei uns sitzt und Nebelschwaden aus ihren Händen absondert. Ich setzte mich frustriert neben Jonathan und Nicky. „Erzähl es mir noch einmal“, bitte ich ihn. Jonathan dreht sich halb zu mir um und grinst kurz verschmitzt. „Ich bin in den Speisesaal gegangen und wollte einen Extrapudding von der Alten grimmigen haben. Sie hat sich geweigert und ist ausgerutscht. Zum Glück konnte ich sie noch am Arm erwischen und auffangen“, erzählt er mir, mittlerweile zum tausendsten Mal, von der Entdeckung seiner Fähigkeit. „Und voila, ich hatte meinen Extrapudding“, beendet er seine Erzählung. Allen schüttelt den Kopf. „Das kann auch nur Dankbarkeit von ihr gewesen sein, weil du sie vor dem Aufprall bewahrt hast… das heißt nicht gleich, dass du sie durch eine Fähigkeit dazu gebracht hast“, widerspricht er Jonathan. Daraufhin erntet er einen grimmigen Blick von Jonathan. Zugegeben, sollte das wirklich seine Fähigkeit gewesen sein, wäre sie ziemlich cool. Er könnte Leute dazu bringen Kriege zu beenden bevor sie entstehen und Verbrecher dazu bringen gesetzestreu zu leben. Ich male mir kurz eine Welt aus, in der es nichts als Frieden gibt. Kein Krieg mehr, keine Brüder die bei Feuerwehreinsätzen elendig ums Leben kommen, nur weil ein paar Terroristen entschieden haben ein Flugzeug in ein Gebäude krachen zu lassen. Der Gedanke an meinen großen Bruder macht mich traurig und wütend zugleich. Ich vermisse ihn und seine Grübchen, die er beim Lächeln hatte. Aus meiner Tasche ziehe ich mein Handy und klappe es auf. Nach kurzer Suche in der Fotogalerie finde ich das Foto von meinem Bruder, als er seinen Sohn A.J das erste Mal im Arm hält. Mittlerweile ist er neun Jahre alt. A.J und Aiden hatten nur ein Jahr gemeinsame Zeit miteinander und A.J würde seinen Dad nie kennenlernen. Nicht wirklich zumindest. Ich sehe das nächste Foto an, es zeigt A.J in seinem jetzigen Alter und Evelyn, die ihren Arm um ihn gelegt hat. Beide lächeln auf dem Bild und das gibt mir ein Gefühl der Hoffnung. Ich mache es mir zur Aufgabe dafür zu sorgen, dass dieser kleine neunjährige Junge so viele Geschichten wie möglich über seinen Dad erfährt. „William?!“, ich schrecke hoch. Ich hatte nicht bemerkt, dass Jonathan mich angesprochen hat. „Sorry, was hast du gesagt?“, frage ich, während ich mein Klapptelefon wieder in die Jeanstasche stopfe. „Wo warst du gerade?“, fragt er und hat die Stirn in Falten gelegt. „Ist doch egal, wir waren gerade dabei das auszudiskutieren“, antwortet Allen ungehalten und sieht mich auffordernd an. „Worum geht’s hier gerade?“, ich bin verwirrt. Allen seufzt ungehalten und setzt sich endlich neben mich, was ihn davon abhält weiterhin vor meiner Nase auf und ab zu gehen. „Ich sagte ich versuche zurück in die Vergangenheit zu kommen und dann könnte ich versuchen Hanks Freunde dazu zu bringen sich nicht an seinen Tisch zu setzen. Oder ich warne Dr. Sasson oder so vor das sowas passieren wird“. Ich denke darüber nach. Allen konnte bisher nur wenige Minuten durch die Zeit reisen, was total abgefahren ist, aber ich habe genug Zeitreisefilme gesehen um zu erahnen, was alles schief gehen könnte, oder vielleicht sogar komplett gefährlich ist. „Kleiner…“, fängt Jonathan erneut an. „Viel zu gefährlich… du hast diese Fähigkeit noch nicht einmal unter Kontrolle und wenn wir Pech haben machst du es nur noch schlimmer und es sterben noch mehr, wenn du etwas veränderst. Wenn ich könnte, würde ich sie auch retten, aber das ist zu riskant. Für dich und für uns alle“, ich finde Jonathans Argument ziemlich gut und sehe es genauso. Nicky und Fynn nicken beipflichtend, nur Nathalie sitzt beunruhigend still auf ihrem Platz. Ich sehe zu ihr und sie meidet meinen Blick. Was ist hier los? Sie würde sich nicht so verhalten, wenn sie nicht ein Geheimnis hätte, das sie vor uns allen verbergen will. „Nat? Was ist los? Dein Schweigen ist ja ohrenbetäubend“, spricht Bianca meine Gedanken aus. Wenn ich nicht wüsste, das sie bereits eine Fähigkeit hat, hätte ich vermutet das sie Gedanken lesen kann. Ist es möglich, dass jemand zwei unterschiedliche Fähigkeiten entwickelt? Ich denke kurz darüber nach. „Nichts… ich meine nur… vielleicht sollte er es einfach versuchen?“, ungläubig starre ich Nathalie an. „Ist das dein ernst?“, rutscht Fynn heraus. Mit hilfesuchendem Blick sieht er zu Nicky. Sie wird ihre Schwester hoffentlich zur Vernunft bringen können. „Ich meine nur, dass er ja nur darauf aufpassen muss, dass er selbst nicht durch Hanks Fähigkeit stirbt. Er könnte beliebig oft zurückreisen, bis er das bestmögliche Ergebnis erzielt hat“, erklärt Nathalie. Ich schüttle entschieden den Kopf. „Viel zu gefährlich. Das Risiko ist viel zu hoch. Wir sollten lieber aufpassen, dass kein weiterer von uns durch eine Fähigkeit eines anderen stirbt oder verletzt wird“, ich bin mir sicher, dass dies die beste Lösung ist. In der Zeit zurückreisen und Menschen retten, die einem wichtig sind. Wie oft habe ich mir das nach Aidens Tod gewünscht? Theoretisch wäre es jetzt möglich, sofern Allen diese Fähigkeit unter Kontrolle bekommt und gezielt steuern kann. Bis auf weiteres bleibt es ein Traum. Aber wie lange wird es wohl dauern, bis mein Vater auf die gleiche Idee kommt? Nicht lange, schätze ich. Man mag über ihn sagen was man will, aber mein Vater ist ein schlauer Mann. Vielleicht sogar schlauer als ihm guttut. Niemand sonst hätte es schaffen können, ein Serum zu entwickeln, das Menschen Kräfte und Fähigkeiten verleiht. Mein Handy klingelt in meiner Hosentasche und ich zucke zusammen. Wie es aussieht, haben wir in der Gruppe gemeinsam entschieden, dass Allen diese Zeitreise besser nicht wagen sollte, oder zumindest noch nicht. Ich ziehe das klingelnde Handy aus meiner Tasche und sehe auf dem Display, dass es Eve ist. Mist… seit unserem letzten Treffen habe ich nicht mehr mit ihr gesprochen, dabei hatte ich mir doch fest vorgenommen ihr eine SMS zu schreiben. Um nicht alle hier an meinem Privatleben teilhaben zu lassen stehe ich auf und gehe einige Schritte weit weg. „Hey Eve“, ich habe ein schlechtes Gewissen. „Hey William…“, antwortet sie zögernd. „Ist… ist bei uns noch alles okay?“, fragt sie leise und zurückhaltend. Klar, an ihrer Stelle würde ich mir die gleiche Frage stellen. Wie konnte ich nur vergessen mich bei ihr zu melden? Ich ärgere mich über mich selbst. „Natürlich. Bitte entschuldige, ich hatte hier so viel zu tun und es vergessen“, versuche ich zu erklären, ohne wirklich zu verraten was in der letzten Woche hier los war. „Ich… okay“, antwortet sie. Sie ist distanziert, was mir sagt, dass sie mir nicht glaubt oder zumindest an meinen Worten zweifelt. Verdammt… entweder ich denke mir irgendeine Ausrede aus und verliere sie damit womöglich, oder ich erzähle ihr alles und verliere sie, weil sie mir nicht glaubt. Ich versuche meine Möglichkeiten abzuwägen, doch es kommt immer auf dasselbe heraus. Es sei denn, ich zeige es ihr ganz einfach. Ich werfe einen Blick zu Nathalie und ihrem Nebel. Würde sie mir helfen? Oder sollte ich Eve einfach zeigen, wozu ich selbst in der Lage bin? Momentan weiß ich nur eines, ich will jetzt unbedingt bei ihr sein und als ich das nächste Mal blinzle, stehe ich vor Eve und sehe wie sich ihre Augen vor Schreck weiten. Das Telefon fällt ihr aus der Hand und ich lege auf, während ich sie selbst erschrocken ansehe. Meine Fähigkeit hat mir soeben die Entscheidung abgenommen. Eve schlägt die Hände vor dem Mund zusammen und taumelt ein paar Schritte zurück, bis sie gegen ihren Schreibtisch stößt. „Eve…. Ich muss dir da was erzählen“, fange ich an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)