Mosaik von Alaiya (Urban Fantasy Thriller) ================================================================================ [24.03.2011 – R01 – Pizza] -------------------------- Pakhet konnte es sich nicht verkneifen, leise aufzustöhnen, als der große Held auf dem Bildschirm – in bester Actionfilmmanier – rückwärts durch ein Fenster sprang, das prompt zerbrach, während er gleich zwei Pistolen abfeuerte. Robert verdrehte die Augen. „Denk nicht zu viel darüber nach.“ Sie warf ihm einen übertrieben gereizten Blick zu. „Ach bitte, du regst dich auch über jedes unrealistische Beschleunigungsmanöver auf.“ Mit einer Hand nahm er ein Stück Pizza aus dem Karton, zuckte dabei mit den Schultern. „Ich habe einen Pet Peeve. Ich rege mich nicht über alles auf.“ „Wir könnten auch eine Doku schauen“, bot sie sarkastisch an. Daraufhin war er es, der stöhnte. „Bloß nicht.“ Sie lächelte. „Dann wirst du meine Genervtheit über dich ergehen lassen müssen.“ „Na großartig“, murmelte Robert und ließ sich auf ihrem Sofa zurücksinken. Während er begann, das Stück Pizza zu verschlingen, wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Film zu. Auch Pakhet nahm ein Stück Pizza. Es war eine Pepperoni-Pizza, die zusätzlich mit Pilzen belegt war. Ihre einzige Schwäche, wenn es um Fastfood ging. Ab und an konnte sie es sich erlauben, solange sie nicht übertrieb. Es war Mittwoch und damit Filmabend. Wie jeden oder eher fast jeden Mittwoch hieß das schlechte Actionfilme, blöde Kommentare und Pizza – selbst wenn sich die Kommentare beinahe wöchentlich wiederholten. Sie war nicht einer jener Leute im Internet, die genug Zeit hatten, um lustige Kommentare zu allen möglichen Filmen zu machen. Mehr noch: Sie besaß nicht die nötige Kreativität. Wozu brauchte sie das auch? Die Kommentare gehörten genau so zur Tradition, wie die fettige Pizza. „Na endlich“, seufzte sie, als schließlich die Credits über den Bildschirm liefen. Robert lachte. „Jetzt übertreib' mal nicht. So schlimm war es nun auch nicht!“ „Nein, viel schlimmer“, erwiderte sie trocken und stand auf, um in die Küche zu gehen und sich einen Kaffee zu machen. „Jedes Mal dasselbe mit dir“, beschwerte sich Robert, der auf dem Sofa sitzen blieb und den Karton zuklappte. „Ja ja.“ Die Küche war, wie alles im Haus, nur mit dem nötigsten versehen und sah nahezu genau so aus, wie an dem Tag, da sie in das bereits zuvor möbilierte Haus eingezogen war. Weiß. Sauber. Modern. Sie nahm die Kaffeedose von der Anrichte neben dem Fenster, holte einen Filter aus dem Schrank hervor und machte sich an die Vorbereitung. Robert schwieg, hatte seine Aufmerksamkeit wahrscheinlich auf sein Handy oder die Filmcredits gerichtet. Er redete ungern mit ihr, wenn sie nicht im selben Zimmer war. Als sie schließlich mit der Tasse Kaffee zurückkam, schenkte er ihr einen entgeisterten Blick, den sie sehr wohl kannte. Er sagte: „Wie kannst du um diese Zeit noch Kaffee trinken?“ Wie immer beantwortete sie den Blick mit einem knappen Lächeln und setzte sich wieder neben ihn auf das weiße Kunstledersofa. Robert war ein Jahr jünger als sie, 32, hatte rotbraunes, kurzes Haar, war kräftig gebaut und besaß ein ungewöhnlich gewinnendes Lächeln, wenn er nicht – wie im Moment – einen übertriebenen Schmollmund zog. Auch zierten Sommersprossen seine Nase. „Du erzählst mir ja auch nicht“, kommentierte er gespielt beleidigt. „Ich bin mir relativ sicher, dass du nichts von den fünf Leuten wissen willst, die ich letzte Woche getötet habe.“ Sie warf ihm einen Seitenblick zu. Er schluckte, wich ihrem Blick aus. „Wirklich?“ „Nein“, antwortete sie. „Aber du weißt genau so gut wie ich, dass du nichts über meine Arbeit wissen willst.“ Bestenfalls würde er sich Sorgen machen, schlimmstenfalls würde er wieder verschreckt sein. Er hatte in der Vergangenheit mehr als einmal zum Ausdruck gebracht, dass er ihren Job als unmoralisch empfand. Daher seufzte er, wechselte das Thema. „Bei mir gibt es wenig neues. Mehr Autos. Die üblichen Kunden.“ Er zögerte. „Der neue Chauffeur von Mr Thomson hat den Wagen mal wieder vorbei gebracht.“ „Aha?“ Pakhet musterte ihn über die Kaffeetasse hinweg.. Robert lächelte verträumt. „Ja. Netter Typ.“ „Nett nett?“, fragte Pakhet. Robert zuckte mit den Schultern und seufzte. „Ja. Aber nicht  …“ Er ließ den Satz ausklingen, doch Pakhet verstand. Sie nickte. „Du solltest mehr rausgehen.“ „Sagt die Richtige“, erwiderte Robert und verzog den Mund erneut zu einem Schmollen. Zur Antwort verdrehte sie die Augen und trank einen weiteren Schluck des schwarzen Kaffees. Als er nichts weiter sagte, meinte sie: „Anders als du, bin ich nicht auf der Suche. Und ich behaupte, dass ich häufiger rausgehe als du.“ Wenngleich mit einem anderen Ziel, als er. Robert schürzte die Lippen. „Flirten ist nicht meins.“ „Ja ja“, murmelte sie. „Warte darauf, dass Prinz Charming vor deiner Haustür steht.“ Sie nahm einen weiteren Schluck und zog ihre Beine aufs Sofa. Robert antwortete nicht. Vielleicht gab er ihr heimlich Recht, vielleicht schmollte er, vielleicht war es eine Mischung aus beidem, doch leerte sie ihren Kaffee fast komplett ehe er wieder sprach. „Davon abgesehen, kriege ich nächste Woche vielleicht einen F-Type rein. Vielleicht magst du vorbeischauen“, meinte er. „Klingt gut“, antwortete sie. Wieder herrschte Schweigen. Schließlich holte Pakhet Luft und erhob die Stimme. „Wann willst du mich das nächste Mal ins Kino entführen?“ „Hmm?“ Er schaute zu ihr. „Weiß noch nicht. Mal sehen. Nächsten Monat wollte ich mit Kollegen gehen. Vielleicht magst du mitkommen.“ Nächster Monat? Er sagte es, als würde er erwarten, dass sie wusste, wovon er redete. Doch sie musste überlegen. Dunkel erinnerte sie sich, das wieder einer dieser Superheldenfilme herauskommen würde. Sie seufzte. „Mal sehen.“ Bevor sie das Gespräch weiterführen – oder sich Roberts Gründe dafür, warum dieser Film ganz bestimmt toll werden würde, anhören konnte – klingelte ihr Handy. Eine Pushnachricht von einer ihrer abonnierten Newsseiten. Sie tapte drauf und zog im nächsten Augenblick die Augenbrauen zusammen, als sie sah, dass es Kapstadt betraf. „Was?“, fragte Robert besorgt. Sie zeigte ihm den kleinen Bildschirm. „Explosion. Hier. Im Hafen.“ Dann nahm sie das Handy, um den Artikel zu überfliegen. Ein Warenlager am Hafen war in die Luft geflogen. Chemische Fabrik. Aktuell war man sich nicht sicher, ob es sich um einen Unfall oder einen Anschlag handelte. Wahrscheinlich ersteres. Dennoch  … Sie hatte ein ungutes Gefühl. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)