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Fate/Royale

von

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Beschwörung

Das hier. Das war einer dieser ganz besonderen Momente, in denen ich nicht wusste, was ich lieber täte: Meinen Kopf gegen die Tastatur knallen oder zum drölfzigsten Mal den Stecker dieses verdammten Routers ziehen. Nicht, dass eines davon irgendetwas ändern würde. Mein Internet lag lahm. Meine geliebte 100.000er Leitung hatte mich verlassen, war in die ewigen Jagdgründe des Datenverkehrs eingegangen und mit ihr auch meine Geduld. Ächzend wog ich für einen Moment lang ab, ob es die Mühe wert wäre, unter den Schreibtisch zu klettern, um auch die Stromleitungen alle nochmal neu zu verbinden, befand dann aber, dass ich mir das auch sparen konnte. War ja nicht so, als hätte ich das nicht alles schon probiert. Mehrfach.

Wäre dieser Router eine Person, ich hätte ihn kräftig geschüttelt und womöglich angeschrien, er möge bitte endlich zur Vernunft kommen und aufhören, sich so anzustellen, das sei albern. Jetzt aber stand das unscheinbare, schwarze Gerät nur mit blinkenden Lichtern da, die mir verkündeten, dass es keine Verbindung zum DNS-Server aufbauen konnte. Zumindest glaubte die Windows-Fehlersuche das. Schöner Mist.
 

„Maaaaau“, machte sich Jui neben mir bemerkbar. „Mraaaaa!“ Schon klar. Wenn der Router eh nicht wollte wie ich, was verschwendete ich auch meine Zeit mit dem Ding, wenn ich doch meinen Prinzen verwöhnen könnte. Da hatte der kleine Teufel natürlich völlig Recht. Mit einem Schmunzeln hob ich den Kater hoch, der sofort seinen Platz auf meiner Schulter suchte, um sich dann über meinen Nacken zu legen. Sein Lieblingsplatz könnte man sagen. Nach mehrmaligem Drehen war es ihm dann zum Glück auch bequem genug und dem unsteten Getrampel folgte ein zufriedenes Schnurren. „Du süßer kleiner Schatz, du“, säuselte ihm ihm entgegen und wurde sofort damit belohnt, dass er sich an meiner erhobenen rechten Hand rieb, mit der ich ihn eigentlich hatte unter dem Kinn kraulen wollen. So lästig mir der Router nun auch schon seit einigen Tagen – Pardon: Wochen! - war, so schnell machte Jui alles besser. Zwar wusste ich schon jetzt, dass diese Liebesbekundungen sehr bald ein jähes Ende finden würden und er es vorzöge, auf mir herum zu kauen statt zu kuscheln, doch für den Augenblick genoss ich es.
 

Den Kater noch auf den Schultern steuerte ich das Sofa an. Zeit für ein bisschen Oldschool-Schreiben. Hier irgendwo flog doch bestimmt noch eine meiner bunt beklebten Kladden herum und ein Kugelschreiber fände sich garantiert auch. Schrieb ich eben mal per Hand. Das würde mich ablenken und meine ganzen wirren Ideen zugleich ein wenig ordnen. Im Nu hatte ich beides gefunden und es mir in der Sofaecke bequem gemacht.

Wie sich Jui schließlich davonschlich, um in seine Höhle zu krabbeln, bekam ich nicht mehr mit. Die Worte flossen wie von selbst, so ungewohnt das Gefühl eines Kugelschreibers in der Hand auch war. Einfach alles herauszuschreiben, was sich so angesammelt hatte, tat einfach gut und die Zeit verflog nur so. Hätte man mich gefragt, ich hätte nicht sagen können, ob erst einige Minuten oder doch schon eine Stunde vergangen war. Der einzig sichere Hinweis darauf, dass ich doch schon ein geraumes Weilchen hier hockte, war das Gefühl verkrampfter Finger begleitet von einer markanten roten Erhebung am rechten Mittelfinger. Nichts davon allerdings hätte mich schon innehalten lassen. Was mich aufblicken ließ, war das flackernde Licht der Wohnzimmerlampe.

Ich warf einen missmutigen Blick nach oben. Dass die ausfiel, hatte mir jetzt noch gefehlt. Eine Ersatzbirne hatte ich nämlich nicht im Haus und im Fragefall hieße das, dass ich hier auf dem Sofa im Dunkeln saß oder aber die Leiter aus dem Keller hochholen müsste, um einen der kleinen Lampenschirme in meine Richtung zu drehen. So richtig Enthusiasmus konnte ich dafür nicht aufbringen, wenn ich ehrlich war. Da müsste eben die Schreibtischlampe herhalten.
 

Kurzentschlossen krabbelte ich vom Sofa, da fiel mein Blick auch auf den Bildschirm meines Computers, der ein rotes sternförmiges Zeichen zeigte, mit jeweils einer Kurve darüber und darunter zeigte, rot auf schwarz. Das Symbol, von dem ich schwören könnte, es noch nie zuvor gesehen zu haben, glühte förmlich. Mehr, als es meiner Meinung nach ein Bildschirmschoner gedurft hätte. Was zur Hölle…?

Der Bildschirm flackerte. Dann wurde alles dunkel. Die Lampen waren verloschen, der Schein des Bildschirms verschwunden. Finsternis umhüllte mich, die viel tiefer war, als sie es in meinem Wohnzimmer jemals hätte sein können. Eiskalt lief es mir den Rücken herunter. Ich hatte zu viele Horrorfilme gesehen, um mich noch sicher zu fühlen. Panik stieg in mir auf. Kam jetzt gleich irgendein Geist oder Monster um die Ecke, um mich um die Ecke zu bringen? Doch dann, gerade, als ich das Gefühl hatte, die Dunkelheit würde mich gänzlich verschlingen wie ein waberndes Meer der Schwärze, strahlte ein goldenes Licht auf. Verdammt, war das etwa das berühmte Licht am Ende des Tunnels? War ich gestorben, ohne es zu merken? Woran zur Hölle? Ich war viel zu jung, um einfach tot umzufallen! Obwohl es ja bekanntlich jeden treffen konnte.
 

"Trete hervor aus dem Kreis der Herrschaft, Beschützer der heiligen Balance!", ertönte eine Stimme aus dem Licht, das mich im nächsten Moment auch schon umhüllte, golden und gleißend, sodass es mich blendete. So schnell wie es mich eingehüllt hatte, schwand das Licht wieder und vor meinen Augen klärte sich das Bild. Anstatt meines Wohnzimmers mit Sofa, Computer und angebrochener Saftflasche umgab mich auf einmal ein Wald. Einfach so. Wald. Und als wäre das nicht genug, um mich kräftig aus der Fassung zu bringen, sah ich vor mir einen Mann, der mich mit Grinsen bedachte. Wow. Gar nicht creepy. Dieser komische Kerl allein hätte schon genügt, dass mir ganz flau in der Magengegend würde. Den Tapetenwechsel hatte es da nicht mehr gebraucht.

Meine Finger kribbelten und mein Körper fühlte sich leicht an. So müsste sich wohl ein Geist fühlen. Irgendwie aufgelöst, instabil. Ein Eindruck, den ein Blick an mir hinab unangenehm bestätigte. Ich sah wirklich aus wie ein Geist! Der Mann sah jedoch nicht unbedingt aus wie jemand, der gerade einen Geist sah. So zufrieden, wie der Typ grinste, könnte ich ebenso gut ein Playboymodel aus einer Late Night-Show sein - und das war ich ganz sicher nicht. Also kein Grund für spontane Freudenausbrüche. Lange hielten die allerdings nicht, denn noch ehe ich irgendetwas fragen konnte, weiteten sich seine Augen und er rang um Luft, hustete und spuckte Blut.

Mir standen die Nackenhaare zu Berge. Hier lief irgendwas schief und zwar ganz gewaltig. Nicht nur, dass ich nicht den blassesten Schimmer hatte, wo ich war und wer dieser Typ war, brauchte dieser im Moment auf jeden Fall dringend einen Arzt wegen was auch immer ihn erwischt hatte. Das konnte ich nämlich nicht mehr sehen. Im gleichen Moment, in dem ihm das Blut über die Lippen kam, schien es mich zurück in die Dunkelheit zu ziehen. Wieder erfasste mich der befremdliche Sog, der mich bereits aus meinen heimischen vier Wänden entführt hatte und undurchdringliche Finsternis umhüllte mich.
 

Die Dunkelheit währte nur kurz, wurde von einem Stimmengewirr durchdrungen, das ich nicht entwirren konnte. Alles klang wie das planlose Gemurmel einer großen Gruppe Menschen, die auf einer Cocktailparty zusammen standen, zu der von Anfang an keiner hatte gehen wollte und deren Besucher nun notgedrungen Smalltalk hielten. Nach einigen Momenten jedoch wurde das Gemurmel leiser und eine klare, helle Stimme drang an mein Ohr und dieses Mal verstand ich die Worte deutlich.
 

Lass Silber und Stahl die Essenz sein.

Lass Stein und den Erzherzog der Verträge das Fundament sein.

Ich zahl den Tribut.

Lass sich eine Mauer gegen den Wind erheben, der aufkommt.

Lass die vier Tore der Kardinäle geschlossen.

Lass die dreiwegige Straße der Krone rotieren.

Füll es, füll es, füll es, füll es, füll es,

sag es fünf mal,

brich es entzwei, sobald es gefüllt ist.

Lass es jetzt verkündet sein:

Dein Fleisch wird mir dienen

und mein Schicksal wird von deinem Schwert besiegelt.

Erhöre den Ruf des heiligen Grals.

Antworte, wenn du dich diesem Willen und dieser Wahrheit unterwirfst.

Ein Schwur soll geleistet werden.

Ich werde die Tugenden des Himmels erlangen.

Ich werde die Herrschaft über alles Böse der Hölle erringen.

Dennoch sollst du mir dienen mit deinem unerschütterlichen Willen,

von den sieben Himmeln gesandt,

gebunden von den drei großen Worten der Macht.

Trete hervor aus dem Kreis der Herrschaft:

Beschützer der heiligen Balance!
 

Das ungute Gefühl, diese Worte schon mal irgendwo gehört zu haben, befiel mich, doch lange Zeit, darüber zu grübeln, hatte ich nicht, denn der goldene Schimmer holte mich sogleich wieder ein wie schon zuvor. Dieses Mal allerdings formte sich meine Gestalt nicht in einem Wald, sondern in einer Art kleinem Wohnzimmer. Hell und gemütlich, fiel mein Urteil schnell aus, dann fiel mein Blick auf das Mädchen, das mir gegenüber saß. Ich hatte nicht den blassesten Schimmer, wer sie war und so überrascht wie sie dreinsah, hatte sie auch keine Ahnung, wer ich war. Aber vielleicht wusste sie ja wenigstens, wo ich hier war. Für mich wäre das im Moment schon ein Fortschritt, denn nach meinem Ermessen könnte ich ebenso gut im Himmel oder in der Hölle gelandet sein. Oder ich lag im Koma. Nein, das wollte ich lieber ausschließen. Die Ausrede hatte im MSP schon immer herhalten müssen. Das hier wirkte doch eher wie ein echt schräger Drogentrip.
 

Eingehend musterte ich also das Mädchen vor mir. Sie musste so zwischen 10 und 15 Jahren sein. Genauer kriegte ich das nicht geschätzt. Mein Blick wanderte umher. Von ihren Eltern war nichts zu sehen. Himmel, wenn die mich hier antrafen, mussten die mich ja praktisch zwangsläufig für eine Perverse halten, die sich an ihre Kleine ranmacht. Ich mochte gar nicht daran denken. Dann allerdings fiel mir auch meine eher ungewöhnliche Kleidung auf. So wäre ich glatt als Charakter der Tales-Serie durchgegangen. Aus meinem Schrank kam das jedenfalls nicht. Zumindest war es bequem und so wanderte mein Blick zurück zu dem braunhaarigen Mädchen. Wer war sie?

Die Frage, mit der ich schließlich unser Schweigen durchbrach, war jedoch eine andere und woher sie kam, konnte ich nicht sagen, denn sie war es sicher nicht, die ich hatte aussprechen wollen. “Deinem Ruf folgend bin ich dein Caster. Mein Schicksal liegt in deiner Hand und meine Waffe soll die deine sein. Deswegen frage ich dich: Bist du mein Master?”
 

Meine Gedanken rasten. Was plapperte ich da? Caster? Master? Das machte überhaupt gar keinen Sinn! Das war völlig absurd und... Scheiße. Caster, Servant und Master. Das klang mehr als nur irgendwie zufällig nach Fate. Auf uns bezogen würde das heißen, dass ich ein Servant der Caster-Klasse war und dieses kleine Mädchen mein Master. Nur, dass das absolut unmöglich war, weil es weder die Gralskriege, noch Heldengeister oder überhaupt so etwas wie Magie gab. Dennoch hockte ich hier, hatte diese befremdlich anmutenden Worte gesprochen und nicht den geringsten Schimmer, wie ich hier überhaupt gelandet war.

Magie und Krieg, ein Wünsche erfüllender goldener Pott. Womit hatte ich das verdient? Selbst wenn es all das gäbe - und dieses wenn gehörte fett geschrieben und mit Ausrufezeichen versehen - dann würde das noch immer nicht erklären, wie ich ein Servant sein könnte. Zum einen war ich nie ein Held gewesen und zum anderen lebte ich, verdammt nochmal, noch! Ein eisiger Schauer durchlief mich. Stimmte das denn? Lebte ich wirklich noch? Vielleicht war ich ja draufgegangen und hatte in der Zeit von meinem Tod bis jetzt einfach nicht existiert? Ich war mir nicht sicher, ob mir diese Erklärung besser schmeckte als die scherzhafte Überlegung, dass aus einem harmlosen MSP bitterer Ernst geworden war, denn dann konnte ich nur auf eine generöse Gottheit hoffen.
 

Meine Finger verkrallten sich in den Stoff meines Capes. Ich musste Ruhe bewahren und erst einmal Informationen sammeln. Wenn ich ein Servant war und dieses Mädchen mein Master konnte ich daraus Schlüsse ziehen. Zum einen erklärte das meine ungewöhnliche Kleidung - ein Caster-Servant in Jeans und Schlabberpulli voller Katzenhaare wäre wohl nicht so der Knaller - und zum anderen musste es zwangsläufig andere Servants geben. Mindestens einen jeder Servant Class. Yay. Spätestens bei dem Gedanken daran wurde mir schlecht.

Archer, Lancer, Rider, Assassin, Saber und natürlich Berserker - und jeder von denen wäre irgendein bekannter Held der Geschichte. Gegen keinen von denen hätte ich in einer Auseinandersetzung eine reale Chance - zumindest nicht, solange mein Kontrahent nicht gerade komatös schlief, sich hoffnungslos betrunken hatte oder suizidal war. Oder alles auf einmal. Und als wäre das nicht genug, hätte jeder von ihnen obendrein einen Master, einen potentiell mächtigen Magier, der meinen Master loswerden wollen würde und mein Master… Mein Master war ein Kind. Wenn ich das alles wirklich glaubte, dann war ich mächtig am Arsch.

Master

Während mich meine eigenen Worte eher verunsichert hatten, schienen sie bei dem Mädchen auf offene Ohren zu stoßen, denn sie lächelte überglücklich und ihre Stimme überschlug sich beinahe, als sie mir nickend kundtat: “Ja, genau. Ich bin dein Master. Willkommen, Caster!” Etwas unbeholfen hob ich eine Hand zum Gruß. “Hi.” Zum Glück brauchte ich nicht mehr sagen, denn das Mädchen schien völlig aus dem Häuschen. Sie strahlte über das ganze Gesicht. Mein Master. Ich konnte es noch immer nicht so richtig glauben. Nichts, was ich je erlebt oder gewusst hatte, hatte mich auf so etwas vorbereitet. Vielmehr kam es mir immer noch so vor, als müsste das hier ein Traum sein.

Auf jeden Fall jedoch war mein Master eindeutig auf meine Ankunft vorbereitet gewesen, stellte ich fest, denn im nächsten Augenblick hatte sie mir schon eine Tasse Tee und einen Teller mit Sandwiches vor die Nase gestellt. “Du hast bestimmt Hunger! Als Geist hattest du doch lange nichts mehr zu essen, richtig?” Ich nickte und schüttelte den Kopf zugleich. Was sollte ich da auch antworten? Nach meinem Ermessen war ich ja eben erst zum Geist erklärt worden. Überhaupt stellten sich da ein paar Fragen. Wie viele Jahre waren seit meiner Zeit vergangen? In was für einer Epoche steckte ich? Wie hatte sich die Zukunft entwickelt? War das hier überhaupt die Zukunft? Zumindest das Wohnzimmer sah aus, wie ich es kannte. Gab der Gral da nicht normalerweise nötige Infos mit? Wo waren meine, bitteschön?

Allerdings würden selbst die Antworten auf all diese Fragen die eine nicht beantworten, die mir schwer im Magen lag. Seit wann gab es überhaupt Magie und den heiligen Gral? Mich beschlich das ungute Gefühl, dass dieser Gral nicht aus anderen Zeiten, sondern auch anderen Welten Leute hierher schleppte, denn nichts anderes würde mein Hiersein erklären. Hieß das, der Erfinder der Fate-Serie hatte so etwas auch erlebt? Zufall wären das alles wohl kaum. Dann musste es auch einen Weg zurück geben!
 

Was den Krieg selbst betraf, konnte ich echt nicht behaupten, dass mir dabei irgendwie wohl war. In einem Krieg hatte ich in etwa so viel zu suchen wie mein Master. Von Kriegsführung und Taktik verstand ich nichts, kämpfen konnte ich auch nicht und obendrein musste ich ja jeden Master und Servant erst einmal als Feind einstufen. Vielleicht sollte ich hoffen, dass dieser Krieg nach Apocrypha-Regeln lief. Verbündete könnten wir gut gebrauchen. Klar, die würden sich später auch gegen uns wenden, doch bis dahin wüsste ich dann hoffentlich mehr über meine Fähigkeiten und könnte mir etwas ausdenken, um meinen Master und mich zu beschützen. Allerdings bestünde wohl auch dann das Risiko, dass man uns - zurecht - als schwächstes Glied ansähe und zuerst loswerden wollte. Kämpften “nur” sieben Master und Servants in diesem Krieg würde sich daran allerdings nichts ändern. Man könnte uns immer als potentiell leichte Beute einordnen, weil Master so jung war. Dass man mir nicht ansah, was ich konnte, war vielleicht noch unser einziger Schutz, wenn auch einer, der nur so lange hielt, bis der erste Servant den Kampf mit uns suchte. Ich starrte meinen Master an. Ihr Leben lag in meinen Händen. Ich musste ihr ein guter Servant sein, sie beraten und beschützen. Magier oder nicht, sie war nur ein Kind und hatte ihr ganzes Leben noch vor sich. Dass ich generell mit Kindern nicht gut konnte, änderte daran nichts. Einfach wegsehen kam auf keinen Fall in Frage.
 

Geistesabwesend griff ich nach einem Sandwich und nagte an diesem herum. Lecker, aber das wusste ich angesichts meines Gedankenchaos im Moment nicht wirklich zu würdigen.

Hunger hatte ich sowieso keinen, allerdings war das als Servant wohl auch ganz normal. Ein Geist musste halt nicht essen. Ich brauchte bloß meines Masters Mana um zu kämpfen und mich zu manifestieren. Nahrung war also purer Luxus. Ob das alles im Umkehrschluss hieß, dass ich mich mit Schokolade vollstopfen könnte ohne zuzunehmen? Nahmen Tote noch ab oder zu? Alterten sie? Bestimmt nicht! Schokolade, ich war ganz dein! Das wäre mit Abstand das Beste an diesem Job! Wenn ich so darüber nachdachte, vielleicht aber auch das einzig Gute. Immerhin riskierte man im Gralskrieg sein Leben. Kein geringer Einsatz. Zumal ja nur einer gewinnen konnte und dafür eine Menge anderer sterben müssten. An den Händen des Gewinners klebte immer Blut.

Hätte man mich gefragt, ob ich teilnehmen wollte, hätte ich direkt abgelehnt, ohne ein zweites Mal darüber nachzudenken. Okay… nein. Ich hätte nochmal darüber nachgedacht und dann abgelehnt, denn es gab da schon einen Wunsch. Da ich jedoch wusste, wie der Gral die Wünsche zu erfüllen pflegte, konnte ich mir meinen sparen. Selbst, wenn die Umstände anders wären und der Gral das supertolle heilige Relikt, das wahre Wunder vollbrachte, die niemand begreifen konnte, hätte ich diesen Wunsch wohl nicht zu äußern gewagt.
 

“Ich freue mich so, dass du hergekommen bist. Wir werden uns bestimmt prima verstehen!”, ereiferte sich mein kleiner Master euphorisch und vor lauter Aufregung im Wohnzimmer herum laufend, während ich nur wie bedröppelt auf dem Sofa saß und ihr hinterher sah. So ganz konnte ich ihre Freude über diese Situation nicht teilen und das war nicht mal ihre Schuld. Ich hatte einfach viel zu viele ganz elementare Fragen. Wo waren wir, was war hier los und welcher Depp hatte entschieden, ich wäre eines Heldengeist-Titels würdig? Wusste sie vielleicht mehr darüber als ich? Ich hoffte es inständig, denn ich hatte keinen Plan.

Unangenehm prickelte ein Gedanke in meinem Hinterkopf. In gewisser Weise hatte es in meinem Leben eine Chance gegeben, ein Leben zu retten und damit - wenn auch nur für mich - ein Held zu sein, doch ich hatte versagt. Ich war nicht stark genug gewesen, nicht aufmerksam genug, hatte nicht gesehen, was folgen würde. Ich war nicht da gewesen, um zu verhindern. Ich schob diesen Gedanken vehement beiseite. Daran wollte ich jetzt nicht denken. Was immer hier auch los war, es hing garantiert nicht damit zusammen. Denn selbst wenn alles gut ausgegangen wäre, wäre ich damit noch lange kein Held gewesen, der irgendwo irgendeine Erwähnung gefunden hätte. Und gab es nicht in Fate auch fiktive Charaktere als Helden? Nein, das alles hier, da war ich mir ziemlich sicher, war ein riesengroßer Fehler. Irgendein Defekt am Gral.
 

“Es ist so aufregend, dich hier zu haben! Ich freue mich darauf, wenn wir zusammen kämpfen. Zusammen haben wir bestimmt eine Chance, den Gral zu gewinnen und dann dürfen wir uns was wünschen!” Vor Schreck verschluckte ich mich beinahe an meinem Sandwich, doch das merkte mein Master nicht einmal. Sie war völlig in ihrer eigenen kleinen Welt gefangen und hüpfte nun sogar in wilder Vorfreude hin und her wie ein losgelassener Flummi. “Master”, begann ich vorsichtig, sie in ihrer Euphorie zu bremsen, um zumindest ein paar Dinge herauszufinden. “Würdet Ihr mir Euren Namen verraten?” Das Mädchen hielt inne und flitzte an meine Seite, wo sie sich auf das weiche Sofapolster fallen ließ. Auch jetzt noch funkelten ihre Augen vor lauter Begeisterung. “Mein Name ist Elisabeth Müller.” Ich nickte und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln. “Und wie alt seid Ihr… bist du?” “Ich bin schon 13”, erklärte sie nicht ohne Stolz, eindeutig nicht ahnend, dass mir diese Aussage genügte, um mir innerlich kräftig an den Kopf zu fassen. Da war ich nicht nur ein Servant geworden und damit indirekt bereits verdonnert, zu kämpfen, nein, mein Master war obendrein ein Kind kurz vor den Freuden der Pubertät! Das konnte einfach nicht gutgehen. Allerdings wurden Magier, das wusste ich, früh für den Krieg herangebildet, damit sie den Gral für ihre Familien gewinnen konnten. War Elisabeth solch ein Master? Sie wirkte so naiv, so unschuldig.

“Wo sind denn deine Eltern? Sind sie auch Magier?”, erkundigte ich mich weiter und konnte sofort sehen, dass ich in einen Fettnapf getreten war, als sich Elisabeths Blick trübte. “Mama und Papa sind im Himmel. Sie waren keine Magier. Aber ein lieber Magieronkel hat mich aufgenommen und mir ganz viel beigebracht”, ereiferte sie sich, schon wieder über das ganze Gesicht strahlend, als wäre nie etwas gewesen. Ich beließ es dabei. Wie schmerzhaft es war, Eltern zu verlieren, wusste ich ja selbst, da musste ich nicht in der Wunde bohren. Allerdings klang das mit dem Onkel irgendwie falsch. Zumindest bei mir klingelten da alle Alarmglocken. Diesen Onkel würde ich genau im Auge behalten.

“Er hat mich auch in Deutschland abgeholt und hierher mitgenommen, als der Krieg begann.” Deutschland! Phew, dann hatten wir ja schon mal was gemeinsam. Blieb nur die Frage: Wo waren wir denn hier überhaupt? Offenbar stand mir die Frage ins Gesicht geschrieben, denn Elisabeth beantwortete sie sogleich. “Nach Chronos. Hier sind überall Magier.” Ich nickte nur, obwohl ich im Grunde gar nichts verstand. Ein Ort, an dem es viele Magier gab? Und da sollte ausgerechnet ein so junges Mädchen am Gralskrieg teilnehmen? Ihrem ‘Onkel’ würde ich was husten, ein Kind in den Kampf zu schicken!
 

Gerade als ich mich dem Tee zuwandte, erst dagegen pustete und schließlich vorsichtige Schlückchen nahm, ergriff mein Master erneut das Wort. “Erzähl mir was über dich!” Mit großen Augen sah mich Elisabeth an. Ihr war die Aufregung wirklich anzumerken, so hibbelig wie sie war. Mir ging es genau anders herum. Aufgeregt und nervös war ich auch - aber mir war davon eher flau im Magen. Beinahe hätte ich die Tasse fallen lassen. Für einen Moment konnte ich Master nur verdattert ansehen. Ich schätzte mit ‘Mein Name ist Daelis, ich mag Katzen und habe amtlich einen an der Klatsche’ würde ich hier nicht weit kommen.

Was sie wissen wollte, konnte ich ihr ja gar nicht sagen - das wusste ich ja selbst nicht! Was für Fähigkeiten hatte ich? Wie funktionierte mein Noble Phantasm? Wie war ich zum Helden geworden? Ich suchte in meinen Erinnerungen, doch wie erwartet herrschte da totale Flaute, was diese Fragen anging. Sollte der Gral mir nicht zumindest das Wissen über meine Fähigkeiten und das Noble Phantasm mitgegeben haben? Wieso wusste ich dann darüber nichts? Das war ja mal superpeinlich. Lauter erfahrene Krieger, große Helden und ich, die nicht mal ihr Noble Phantasm kannte. Top. Da konnte ich mich von meiner Würde und meinem Leben gleichzeitig verabschieden.
 

Am besten, ich fing einfach mit den Dingen an, die ich wusste. “Mein Name ist Daelis. Freut mich sehr, Master.” Sofort schwand die Begeisterung aus Elisabeths Blick und sie schaute mich betreten an. Hatte ich etwas Falsches gesagt? War sie enttäuscht? Ich nähme es ihr nicht übel. Aber für mein Ego war das wirklich ein Tritt in den Allerwertesten. Sie hatte bestimmt gehofft, ich wäre jemand sehr bekanntes. Jemand wie Medea oder Hohenheim, vielleicht auch Cassandra von Troja oder Gilgamesh. Kleinlaut sah sie zu mir auf. “I-ich kenne mich nicht so gut aus. Bitte sei nicht böse, weil ich nicht weiß, wer du mal warst.” Himmel, wer könnte ihr bei dem Blick überhaupt irgendwie böse sein? Beschwichtigend strich ich ihr über den Kopf. “Ich bin nicht böse. Du bist doch noch so jung und lernst bestimmt noch. Da ist nichts dabei. Und auch die größten Magier wissen nicht alles”, erklärte ich ihr und betete zugleich, das Thema damit wechseln zu können. Was ich denn angeblich so heldenhaftes getan haben sollte, um ein Heldengeist zu werden, war mir nämlich ebenso ein Rätsel wie ihr.

“Die meisten wären sicher nicht so aufmerksam gewesen wie du. Danke für die Sandwiches und den Tee”, beeilte ich mich hinzuzufügen, während ich die Tasse auf dem Glastisch abstellte, der vor uns stand. “Auch wenn ich als Servant natürlich kein Essen brauche, war das eine sehr liebe Geste, die ich sehr zu schätzen weiß.” Das schien ihre Laune direkt wieder zu bessern, denn das muntere Strahlen kehrte in Elisabeths Augen zurück. “Es war wirklich sehr lecker”, lobte ich sie.
 

Leider hatte mein Ablenkungsmanöver nicht so gut funktioniert, wie ich es mir erhofft hatte, denn mein Master sah mich weiterhin erwartungsvoll an und griff das Thema Herkunft schnell wieder auf. Klar war sie neugierig. An ihrer Stelle wäre ich es auch gewesen. “Wann hast du gelebt? Bist du eine Königin gewesen? Oder eine Ritterin?” Wenn mein Lächeln nur halb so unecht aussah, wie es sich anfühlte, dann würde ihr jetzt dämmern, dass eindeutig etwas bei ihrer Beschwörung schief gelaufen war. Ich, ein Ritter? Pfft. Nicht rechtschaffen genug. Obendrein hatte ich von Kampf und Waffen etwa so viel Ahnung wie von Quantenphysik. Ich wusste, dass es sie gab. Ende. Und eine Königin? Na, das wär’s noch gewesen. Im Sinne aller war es wohl gut, dass man mir nie solche Macht gegeben hatte.

Mir blieb also nichts anderes übrig, als zu schauspielern, denn wenn ich ihr die Wahrheit sagte, hätte die arme Elisabeth sicher panische Angst. Als Master in einem Gralskrieg mit einem Servant, der vielleicht gar nichts konnte, war sie förmlich schutzlos. Außerdem war ich auch auf sie angewiesen. Ich musste herausfinden, was hier los war und wie ich nach Hause konnte. Ein weinender, verängstigter Teenager wäre mir dabei kaum eine Hilfe.

“Ich… Ich bin nicht sicher”, gab ich vor, mich nicht erinnern zu können und nachzudenken. Letzteres tat ich zwar auch, doch vor allem auf der Suche nach einer Ausrede. “Alles ist… so verschwommen. Vielleicht noch eine Folge der Beschwörung. Bitte verzeih, Master”, bat ich kleinlaut und erntete bedrückte Blicke. Oh je, jetzt dachte sie glatt noch, das läge an ihr. Das hatte ich nicht gewollt. Die arme Kleine konnte dafür ja nun wirklich nichts. “Sicher fügt es sich bald und dann erzähle ich dir alles, was du wissen möchtest”, beeilte ich mich, zu versprechen. Eine Zusage, die ich wohl eher nicht halten würde. Sofern wir überhaupt lange genug überlebten, um uns noch einmal darüber unterhalten zu können, natürlich.
 

“Dieses Chronos”, wechselte ich das Thema, “ist also ein Ort für Magier?” Elisabeth nickte. “Ja, hier leben alle Magier während des Krieges”, erklärte sie mir. Verdammt, wieso wusste ich das nicht? War der Gral, über den ich gerufen worden war, defekt? Tolle Nummer. Dieses Ding hätte mir wirklich ein paar Infos mitgeben können. Allerdings hatte ich mein Fate-Wissen. Wenn ich mit meiner Vermutung richtig lag und das hier die Fate-Welt war, dann könnte ich dieses Wissen nutzen. Schon allein, weil ich einige Servants und ihre Fähigkeiten kannte - und sogar einiges über ihre Vergangenheit wusste. Da half es ihnen auch nicht, ihre Namen geheim zu halten. Meiner sonstigen Ahnungslosigkeit zum Trotz könnte sich dieser Umstand als echter Vorteil für Elisabeth erweisen. Als so junge Magierin und obendrein erster Generation, wenn ihre Eltern wirklich keine Magier gewesen waren, standen ihre Chancen ja sonst denkbar schlecht.

“Weißt du, wie viele Servants schon beschworen worden sind?”, erkundigte ich mich bei Elisabeth, die den Kopf schüttelte. “Nein, aber ein paar sind es bestimmt und die Magier sind angeblich schon alle hier. Einige sagen sogar, es könnte der letzte Große Gralskrieg sein, weil es danach keine Magier mehr gibt. Aber Onkel glaubt das nicht. Er meint, einige werden ihre Befehlszauber abgeben und ausscheiden.” Ich horchte auf. Ein Großer Gralskrieg? Nargh, das Schicksal meinte es echt nicht gut mit mir. Aber was meinte sie damit, dass es danach keine Magier mehr gäbe? Waren die neuerdings vom Aussterben bedroht? Magier waren doch keine Dodos und obendrein wussten sie doch in den Familien, wie wichtig es war, Nachfolger zu haben. Die waren ja immer alle ganz erpicht darauf, an den Gral zu kommen. Normalerweise schickten sie allerdings Erwachsene in den Kampf, gut ausgebildete Magier. Wie kam es dann, dass Elisabeth, die so jung und unerfahren war, hineingezogen worden war? Herrschte etwa Master-Mangel?

“Master, gibt es wirklich nur noch so wenig Magier?” Sie nickte. “Ja. Ich… Ich habe auch ein bisschen Angst”, gestand sie mir. “Aber du passt auf mich auf, richtig, Caster?” “Natürlich, Master.” Beschwichtigend legte ich meine Hand auf ihre Schulter. Waren ja bloß mindestens sechs weitere Servants hier, die uns umbringen wollten. Ich sah uns bereits die Radieschen von unten bewundern, aber das konnte ich ihr ja schlecht sagen. Sie wirkte jetzt sowieso schon verunsichert und ich wollte Elisabeth nicht vollends verschrecken.

Mein Master war noch so jung und musste schon so eine Bürde tragen. Das war einfach nicht richtig. Jeder bei klarem Verstand konnte doch wohl erkennen, dass sie nicht nur zu jung für einen Krieg war, sondern auch für die Macht, die vom Gral ausging. Was würde sie sich wohl wünschen, wenn sie gewann? Und würde sie ihren Wunsch nicht vermutlich schnell bereuen, spätestens wenn sie älter und reifer war? Allerdings war es irgendwie auch in meinem Interesse, dass wir den Gral gewannen. Der könnte mich bestimmt nach Hause bringen, oder? Allerdings wusste ich schon jetzt, dass ich ganz sicher nicht bereit war, jemanden zu töten, um heimzukommen. Um mich oder Elisabeth zu verteidigen vielleicht, aber nicht um von hier weg zu kommen. Das brächte ich nicht über mich.
 

“Komm, ich zeig dir unsere Wohnung! Als Teilnehmer am Gralskrieg muss man nicht mal bezahlen!”, ergriff mein Master wieder das Wort und sprang auf. Ich folgte ihrem Beispiel, als sie mich an die Hand nahm. “Es ist alles umsonst?”, wollte ich verdattert wissen und Elisabeth nickte eifrig. “Ja, auch wenn ich nicht weiß, wie das funktioniert.” Überhaupt nicht verdächtig. Für mich klang das fast, als würde sich hier ein reicher Perverser einen Spaß daraus machen, zuzusehen, wie die Magier einander abschlachteten. Da ließ man schon mal was springen. Survival Game just for fun. Aus reiner Nächstenliebe würde das doch wohl kaum jemand finanzieren. Vielleicht hatte ich auch einfach nur zu viele Horrorfilme gesehen und war deshalb zu skeptisch, doch ich entschied, das ganze doch lieber im Hinterkopf zu behalten.

Elisabeths Aufmerksamkeit war jedoch schon ganz woanders. Ihr Blick ruhte auf einem hochgewachsenen Mann mit weißem Haar, der im Türrahmen stand und wohl soeben erst eingetroffen war. Ich wusste sofort, dass es sich bei ihm um einen Servant handelte. Woher, konnte ich nicht sagen. Einfach so ein Gefühl, an dem ich nicht einen winzigen Moment lang zweifelte. Ich musterte ihn. Keine Ahnung, wer er war. Mist. Instinktiv schob ich mich etwas vor Elisabeth. Zwar wirkte er nicht so, als wolle er jeden Moment angreifen - eher, als schliefe er ein - aber ich wollte lieber kein Risiko eingehen. “Wer bist du?”, fragte ich ihn ohne Umschweife. “Diogenes”, fiel seine Antwort knapp aus, als er sich erhob. “Master hat mich geschickt, um zu sehen, ob die Beschwörung gelungen ist.” Nur kurz wanderte sein Blick über mich, dann wandte er sich ab. Für ihn war das Thema damit offenbar erledigt. “Master? Wieso interessiert ihn das?”, begann ich weiter zu fragen, doch Diogenes ließ mich einfach stehen. Verdattert starrte ich ihm nach. Was zur…?
 

“Wer war der Kerl?”, wandte ich mich an meinen Master, doch Elisabeth schien Diogenes schon wieder vergessen zu haben. “Ich bin so froh, dass die Beschwörung funktioniert hat und du jetzt hier bist, Caster!”, ereiferte sie sich stattdessen. “Am Anfang hatte ich ein bisschen Angst, dass es nicht klappen könnte, doch dann warst du auf einmal da! Alles ist so aufregend!” Wo nahm sie nur all diese Begeisterung her? Man sollte meinen, ein so junges Mädchen würde zittern und weinen, wenn man sie in einen Krieg stürzte, zumal sie ja selbst wusste, dass sie noch eine unerfahrene Magierin war. Doch ihre Angst schien immer nur für einen Moment lang anzuhalten. Setzte sie wirklich so viel Vertrauen in mich? Überhaupt kein Druck, der da auf mir lastete. Elisabeth schien sich über Diogenes keine Gedanken zu machen und ihn auch nicht zu fürchten, doch so ganz wohl war mir dabei nicht. Ihr ominöser Onkel war immerhin auch ein potentieller Feind und damit auch dessen Servant Diogenes.

“Komm, Caster, ich zeige dir noch die Küche und das Badezimmer - und das Schlafzimmer! Du kannst auch mit bei mir im Bett schlafen”, ereiferte sie sich und griff erneut meine Hand, um mich hinter sich her zu ziehen. Die Wohnung erwies sich als klein, aber gemütlich und mit allem ausgestattet, was man so brauchte. Elisabeth erzählte mir sogar stolz, dass sie für mich ein Handtuch über die Heizung gehängt hatte, damit es schön warm wäre und ich nicht frieren müsste, wenn ich aus der Dusche kam. Dass ich als Servant praktisch selbstreinigend war - und wie seltsam das schon in meinen Gedanken klang - schien ihr dabei ebenso entgangen zu sein, wie die Sache mit dem Essen. Sie war wirklich süß, die kleine Elisabeth. Obwohl sie gar nicht so klein war. Ich überragte sie nur um etwa einen halben Kopf, was mir immerhin klar verriet, dass ich als Geist jedenfalls nicht gewachsen war.
 

Wenig später saßen wir wieder gemeinsam auf dem Sofa und Elisabeth aß das übrig gebliebene Sandwich, während ich sie vorsichtig weiter ausfragte. Viel sagen brauchte ich meistens nicht. Sie erzählte wie von selbst. Ich konnte ihr noch entlocken, dass Chronos eine Stadt war, die eigens für Magier geschaffen worden war und dass es hier fast keine anderen Menschen gab. Da alle Magier - und ich erschrak, als sie mir das erzählte - am Krieg teilnehmen mussten, lag es also nur nahe, dass sie sich hier versammelten. Außerdem sei das hier der zweite große Gralskrieg, nachdem der Gewinner aller vorherigen kleinen Kriege wieder einen großen Gral geschaffen hatte. Er hatte auch bestimmt, dass alle Magier ab dem elften Lebensjahr teilnehmen mussten, weshalb der letzte Krieg die Reihen der Magier stark ausgedünnt hatte.

Mir wurde vom Zuhören schon ganz übel. Was für ein kranker Mistkerl zwingt Kinder in einen Krieg? Das war ja gewissermaßen Hunger Games on Magic Mushrooms. Dieser Magier musste sehr mächtig gewesen sein, wenn er gleich mehrere kleinere Gralskriege für sich hatte entscheiden können. Mächtig und skrupellos, denn diese Siege kosteten Leben. An seinen Händen musste viel Blut kleben. Mit einem unguten Gefühl in der Magengrube kaute ich auf meiner Unterlippe. War dieser Magier auch dieses Mal ein Teilnehmer? Hatte er vielleicht den letzten Großen Gralskrieg gewonnen? Ich traute mich gar nicht, zu fragen.
 

“Onkel hat mich mit nach Chronos genommen und mir ganz viel beigebracht”, erklärte Elisabeth gähnend, “und mir auch gezeigt, wie man einen Servant beschwört.” Sie rieb sich müde die Augen. Mein Blick wanderte hoch zu der Wanduhr, die ich zwar schon eher bemerkt hatte, doch nicht auf die Uhrzeit geachtet hatte. Anders als mein Master war ich hellwach, doch die Zeiger verrieten, dass es weit nach Mitternacht war. Kein Wunder, dass Elisabeth so müde war. Für sie war es höchste Zeit, ins Bett zu gehen und zu schlafen. Ich als Servant brauchte Schlaf vermutlich so wenig wie Nahrung und Wasser, aber für meinen Master galt das nun einmal nicht.

“Ich denke, es wird Zeit, schlafen zu gehen, Master”, wandte ich ein, als Elisabeth gerade wieder herzhaft gähnte. “Es ist schon spät und du bist gewiss erschöpft. Entschuldige bitte.” Darauf hätte ich wirklich eher kommen können, aber ich stand so unter Strom, dass mir gar nicht in den Sinn gekommen war, dass es mitten in der Nacht sein könnte. Dabei hätte mir das auch ein Blick durch die halb verhangenen Fenster verraten. Jetzt fiel mir nämlich auch auf, dass draußen die Mondsichel am Firmament zu sehen war.
 

“Bleibst du bei mir bis ich eingeschlafen bin, Caster?”, fragte mich Master, als sie aufstand. Ich lächelte. “Natürlich, Master.” Dass sie mir so sehr vertraute, schon jetzt, obwohl wir uns kaum ein paar Stunden kannten, wärmte mir das Herz, aber zugleich bereitete es mir auch Sorgen. Sie war jung. Man würde sie täuschen. Ihre Verbündeten würden ihre Naivität gegen sie verwenden. Es war an mir, genau das zu verhindern. Still blieb ich im Flur stehen, den Blick gen Wohnzimmer gewandt, durch dessen Fenster ich auch von hier nach draußen sehen konnte. Konnten wir überhaupt gewinnen? Vielleicht sollten wir besser untertauchen? Stumm verfluchte ich den Gral in meinen Gedanken, dass er mir nichts über meine Fähigkeiten, sofern ich denn welche hatte, mitgegeben hatte. Erst, als Elisabeth umgezogen und bettfertig aus dem Bad kam und mich an der Hand mit sich ins Schlafzimmer zog, löste ich den Blick vom Nachthimmel und drückte gerade so noch schnell genug den Lichtschalter, damit das Licht im Flur hinter uns erlosch.

Elisabeth kletterte gähnend ins Bett, während ich es mir einfach auf der Bettkante bequem machte und die Decke über sie zog, damit sie es schön warm hatte. “Gute Nacht, Caster”, hörte ich sie noch murmeln, offenbar schon halb in Schlaf gesunken. “Gute Nacht, Master, träum was Schönes.” Ich wusste nicht, ob sie meine Worte überhaupt noch hörte oder ob die Müdigkeit zu schnell ihren Tribut forderte und sie ins Land der Träume mitnahm.

Von Caster zu Caster

Es war noch dunkel, als ich die Augen aufschlug. Dass ich als Servant überhaupt schlafen konnte, war mir gar nicht klar gewesen, doch irgendwann war ich wohl eingedämmert, ohne es selbst zu merken. Verhalten gähnte ich hinter vorgehaltener Hand. Anscheinend war ich im Schlaf vom Bett gerutscht und hatte nun die Nacht auf dem Boden daneben verbracht, den Kopf jedoch auf der Bettkante. Kein Wunder, dass mein Nacken sich anfühlte, als wäre ein 14-Tonner mehrfach darüber gerollt. Eine Frühaufsteherin war ich zwar schon immer gewesen, doch mir steckte der Schreck des gestrigen Tages noch gehörig in den Knochen und so fühlte sich dieser Morgen - war es überhaupt Morgen? - an, als wollte ich ihn lieber verschlafen. Wäre ich nicht neben Elisabeth aufgewacht, ich hätte wohl geglaubt, dass alles nur ein Traum gewesen war.

Heute jedoch war es nicht meine innere Uhr, die mich in Unruhe versetzte. Der Funkwecker auf dem Nachttisch zeigte gerade mal 4:00 Uhr morgens. Irgendetwas stimmte nicht. Ein Kribbeln, das unter die Haut ging, wie ein eisiger Hauch im Winter, wenn der Schal nicht richtig saß. Alles in mir schien mich warnen zu wollen, dass jemand hier war. Jemand wie… ich. Ein Servant. Nahe. Stark. Gefährlich. Eine potentielle Gefahr für meinen Master. Dieser Gedanke vertrieb erfolgreich jede Müdigkeit und im Nu war ich hellwach, wenngleich mir das Herz in die Hose rutschte. Wenn ein Servant hier war, würde das womöglich bedeuten, dass es zum Kampf käme. Gar nicht gut, denn ich wusste ja immer noch nicht mit meinen Kräften umzugehen. Stumm betete ich, dass es doch einfach nur Diogenes wäre. Der wirkte letztes Mal auch so entspannt und würde sicher nicht kämpfen wollen.

Meine Hoffnung wurde nicht erfüllt. Leise war ich aus dem Schlafzimmer geschlichen, um mich umzusehen. Dem Gefühl folgend traf ich im Wohnzimmer dann tatsächlich jemanden an, doch Diogenes war es nicht. Dass ich dennoch sofort wusste, wen ich da vor mir hatte, schien mir jedoch in diesem Moment nicht wirklich beruhigend. Caster Cú Chulainn. Diese flauschige Kapuze, es konnte kein Zweifel bestehen.
 

Vorsichtig trat ich näher, ihn nicht einen Moment lang aus den Augen lassend. Nervös war er jedenfalls nicht, so entspannt, wie er sich da aufs Sofa gefläzt hatte. Die Botschaft war klar: Ich bin stärker als du, also habe ich nichts zu befürchten. Nicht angenehm, sich das in Erinnerung zu rufen, aber es stimmte leider. Hätte er Master und mich jedoch um jeden Preis loswerden wollen, hätte er das längst gekonnt. Also war er zum Reden hier. Gut. Das hieß immerhin, dass wir vielleicht einander - halt, nein - dass er mich nicht töten würde.

“Ich hatte keinen Besuch erwartet”, ergriff ich das Wort als Erste und betete still, dass man mir nicht ansah, wie nervös ich wirklich war, als ich das Sofa ihm gegenüber ansteuerte und dort Platz nahm. Jetzt bereute ich, Grand Order noch nicht so weit gespielt zu haben, sonst wüsste ich bestimmt mehr über ihn, aber im Spiel hatte ich ihn gerade erst kennengelernt. “Was verschafft uns die Freude?” Wirklich eine Freude war es zwar nicht, doch das wusste Cú sicher selbst. Allerdings machte er nicht den Eindruck, als störe ihn das in irgendeiner Weise. Trotz der tief ins Gesicht gezogenen Kapuze, die seinen roten Augen und die blauen Haare erfolgreich zu verbergen wusste, konnte ich doch ein Grinsen auf seinem Gesicht erkennen.

Einen Moment lang erwog ich, ihn einfach direkt mit seinem Namen anzusprechen und ihn damit vermutlich gehörig zu erschrecken, immerhin dürfte ich den eigentlich nicht kennen. Dann aber entschied ich mich dagegen. Dass ich ihn kannte und vielleicht auch andere Kriegsteilnehmer war mein einziger Vorteil. Ganz so schnell wollte ich ihn den nicht verspielen.
 

Unverwandt und abwartend starrte ich ihn an, auf eine Antwort wartend, mit der sich Caster Cú ordentlich Zeit ließ. “Ich bin hergekommen”, begann er schließlich, gerade als ich drauf und dran war, ihn anzublaffen, ob er bloß hier war, um herumzulümmeln und mir den Schlaf zu vergällen. “Um dir zu raten, dich aus diesem Krieg zurückzuziehen.” Auch ohne seine Augen zu sehen, wusste ich, dass er mich anstarrte, wohl um meine Reaktion zu beobachten. Starrt blickte ich zurück.

Was hatte ich auch erwartet? Er war wohl kaum hier, um Smalltalk zu halten und Tee zu trinken. Was er riet, war naheliegend. Den gleichen Rat hätte ich mir und vor allem Elisabeth wohl auch erteilt. Sie war zu jung und unerfahren, um echte Chancen zu haben. Der Krieg würde nur ihr schnelles Ende bedeuten. Ähnliches galt leider für mich. Zwar war ich nicht jung, aber dafür völlig überfordert mit der Situation, hatte keine Ahnung, was ich zu tun vermochte und sah mich übermächtigen Helden gegenüber. Jeder bei gesundem Menschenverstand hätte diesen Rat erteilt. Stellte sich mir nur eine Frage: Wieso interessierte das Cú Chulainns Master genug, dass er seinen Servant herschickte?

“Das wäre für euch beide besser. Dein Master ist noch sehr jung und unerfahren.” Ich konnte förmlich hören, wie er grinste. “Ebenso wie du. Du scheinst dir noch nicht im Klaren darüber, was für Fähigkeiten du hast. In einem Krieg wie diesem kann das schnell das Ende für einen Servant und seinen Master bedeuten.” Argwöhnisch musterte ich ihn, während er sprach. Ich sagte nichts, lauschte einfach nur. Kein Hinweis auf seinen Master oder dessen Beweggründe.

Am liebsten hätte ich dem anderen Caster eine gelangt. Nicht, weil er log oder es schlicht unhöflich gewesen war, hier einzudringen, sondern weil er Recht hatte und ich das eigentlich nicht hören wollte. Was Cú sagte, hatte Hand und Fuß, doch aufzugeben hieße zugleich auch, mich damit abzufinden, niemals in mein normales Leben zurückzukehren, sondern einfach nur ein unfähiger Heldengeist zu sein, der vielleicht irgendwann wieder in einem Krieg beschworen wurde. Auf gar keinen Fall würde ich dieses Schicksal einfach schlucken! Außerdem stimmte hier doch etwas nicht, flüsterte eine leise Stimme in meinem Hinterkopf. Wollte Cús Master Elisabeth oder mich loswerden? Auf den ersten Blick waren wir beide keine Gefahr, so viel war klar. Ging es womöglich nicht um uns, sondern um Elisabeths Sensei? Das würde zumindest sehr viel mehr Sinn machen. Vermutlich dachte Cús Master, dass Elisabeths Servant im Grunde auch der ihres Senseis wäre. Auch ein schwacher zweiter Servant war ein Vorteil, schon allein strategisch.
 

“Danke für den Rat, aber wir werden uns nicht zurückziehen”, ließ ich ihn kurzerhand wissen. Klar, nicht die feine Art, hier auch einfach für meinen Master mitzuentscheiden, doch solange mir Elisabeth nichts Gegenteiliges sagte, ging ich davon aus, dass es auch ihr Wunsch wäre, den Gral zu erringen. Immerhin hatte jeder irgendetwas, das er unbedingt wollte.

Was mein kleiner Master sich wünschen würde, war ja nicht schwer zu erraten. Sie, die so jung und eine Waise war. Natürlich ihre Eltern, ihre Familie und wusste der Himmel, ich konnte es so gut nachfühlen. Wie gerne würde ich vor dem Gral stehen und ihn bitten, mir meine Mutter zurückzugeben, ungeschehen zu machen, was passiert war und wenn auch nur, um sie noch ein einziges Mal sehen zu dürfen? Nein. Sie durfte ich nicht zurückbringen. Und was würde es auch bringen? Würde sie nicht wieder den letzten Schritt gehen und stünde ich dann nicht wieder vor vollendeten Tatsachen? Das würde ich weder ihr, noch meiner Schwester oder mir antun. Niemals. Dieser Entschluss stand für mich fest. Mein Wunsch musste es sein, in mein Leben zurückzukehren, auch wenn es egoistisch war.

Aber Elisabeths Lage war vermutlich eine andere und sie war ein Kind. Sie brauchte ihre Eltern, ihre Familie. Vielleicht war auch das falsch, weil die Toten eben nicht zurückgeholt werden sollten und vielleicht war so ein Wunsch ein Frevel gegen die Gesetze der Natur, doch im Vergleich erschien es mir harmlos. Allerdings wusste ich auch, wie der Gral Wünsche erfüllte und ganz wohl war mir nicht dabei, dass sich überhaupt jemand irgendetwas wünschte. Eine wirkliche Wahl hatte ich allerdings nicht und bei Elisabeth konnte ich immerhin sicher sein, dass sie auf meinen Rat hören würde und obendrein keinen Wunsch äußern würde, der blinder Machtgier oder Habsucht entsprang.
 

“Du hast den Weg hierher umsonst auf dich genommen. Sicher verstehst du, dass ich unmöglich darauf verzichten kann, dem Gral meinen Wunsch zu nennen. Dir selbst wird es wohl nicht anders gehen.” Er musste auch einen Wunsch haben, selbst wenn ich den nicht kannte. “Ich kann nicht und um ehrlich zu sein, tut mir das auch nicht Leid. Der Gral ist eine Chance und auf die kann ich nicht verzichten. Ich brauche den Gral. Für mich gibt es keinen anderen Weg.” Immerhin war ich durch den Gral und den Krieg um ihn hierher beschworen worden. Sollte das Drecksding mich gefälligst auch wieder heim schicken. Entschieden sah ich den anderen Caster an. Jetzt wünschte ich wirklich, ich hätte seine Augen sehen können, um heraus zu lesen, was er über meine Worte dachte, doch dann schmunzelte er. “Ist dir dein Wunsch wirklich so wichtig?” Ich nickte ohne zu zögern. “Ja.”

Ohne diesen Wunsch hätte ich alles verloren, was mein Leben ausmachte. Meine Familie, meinen plüschigen Mitbewohner, alle Menschen, die mir lieb und teuer waren, einfach alles. Was hatte ich also zu verlieren, wenn ich am Krieg teilnahm? Nichts. Schlimmstenfalls starb ich, doch das täte ich auch, wenn ich aufgab. Immerhin war ich nur noch ein Geist. Elisabeth hingegen stand auf einem anderen Blatt. Sie in Gefahr zu bringen, schnürte mir vor Schuldgefühlen die Kehle zu, doch das ließ ich Cú besser nicht wissen. Er war ein potentieller Feind und ich wollte meinen jungen Master keiner unnötigen Gefahr aussetzen.
 

Ich konnte förmlich spüren, dass Caster mich mit Blicken aufspießte. “Ich rücke davon auf gar keinen Fall ab und rate dir, Master und mich nicht zu sehr zu unterschätzen”, fügte ich mutiger hinzu, als ich mich fühlte. “Ich weiß nicht, was dich auf die Idee bringt, du könntest mich davon abbringen, den Gral anzustreben, aber”, wollte ich schon weiter auffahren, da hob er eine Hand, wie um mir zu verstehen zu geben, dass er verstanden hatte. Ich verstummte in der Erwartung, dass er etwas zu sagen hätte, doch anstatt meine eher fadenscheinige Argumentation zu zerpflücken, stand Cú auf, umrundete den Tisch und ließ sich dann neben mir auf das kleine Sofa fallen. Instinktiv rutschte ich etwas beiseite, während er völlig ungehemmt einen Arm über meine Schultern legte und sich verschwörerisch zu mir neigte.

“Na, wenn du so entschlossen bist…”, konnte ich ihn eindeutig zu nah an meinem Ohr raunen hören und wollte direkt weiter von ihm abrutschen, stieß dabei aber gegen seine Hand an meiner Schulter. “Als Caster-Kollege kann ich dir ja ausnahmsweise ein wenig aushelfen.” Ich hatte gerade entschieden, demonstrativ aufzustehen und zu dem Platz zu wandern, auf dem er eben noch gesessen hatte, doch jetzt erstarrte ich förmlich. Wollte er mir etwa wirklich Tipps geben, was das Caster-Dasein anging? Verdammt. Abwartend starrte ich ihn an, konnte nur das Grinsen auf seinen Lippen erkennen, das verriet, wie gut er meine Reaktion zu deuten wusste. Ich brauchte seine Hilfe und ihm war das ebenso klar wie mir.

“Aha?”, brachte ich schließlich gepresst heraus. Ich traute ihm kein Stück. In diesem Krieg waren wir keine Verbündeten, sondern Feinde und so ungern ich gegen Cú kämpfen wollte, ich würde mich garantiert nicht von ihm für blöd verkaufen lassen. Von meinem skeptischen Tonfall unbeeindruckt, lehnte sich der blauhaarige Caster jedoch ungeniert in meine Richtung, sodass sein Atem meine Wange streifte, während ich ihn aus den Augenwinkeln anstarrte. Hätte ich den Kopf in seine Richtung gewandt, hätte er mir glatt in die Nase beißen können.
 

“Du hast da ein interessantes Buch”, meinte er in entspanntem Plauderton und vielleicht hätte ich mich davon einlullen lassen, wäre er nicht zum einen so verdammt nahe und zum anderen am flüstern, als vertraue er mir ein pikantes Geheimnis an. Wie von selbst fand meine Hand ihre Weg zu dem Buch, das an einem Gurt um meine Hüfte hing. Bemerkt hatte ich das bisher nicht oder zumindest nicht bewusst. Viel zu sehr hatte mich alles andere eingenommen und all die Fragen, die ich gehabt hatte und die mich auch jetzt noch beschäftigten.

“Darf ich mal reinsehen?” Jetzt lehnte ich mich wirklich von ihm weg. Jedoch weniger ob seiner Worte als vielmehr, weil seine Nase meine Ohrmuschel gestreift hatte. Dass mein Gesicht hochrot in schönstem Kontrast zu seiner blauen Kleidung leuchtete, versuchte ich zwar eilig zu überspielen, doch angesichts des selbstgefälligen Zuges um seine Mundwinkel könnte ich schwören, dass mir das so überhaupt nicht gelang. “Nein, das ist privat.” Zumindest ging ich davon aus. Es fühlte sich privat an. Bei meinem Pech fänden sich darin noch glatt meine Fanfiktions und dann wollte ich auf gar keinen Fall, dass irgendjemand dieses Buch las, während ich mich im selben Gebäude befand.

Ganz gleich, was jedoch darin stand, es spielte ohne Frage eine Rolle. Sonst hätte Cú Chulainn es nicht erwähnt. Vielleicht mein Noble Phantasm? Ich betete stumm zum Gral, dass es nicht meine Fähigkeit wäre, kitschigen Fluff in die Welt hinaus zu schreiben, denn in dem Fall war dieser Krieg entweder für mich gelaufen oder er würde zu einer totalen Katastrophe ausarten, denn Happy Ends waren so überhaupt nicht mein Ding. “In dir steckt womöglich wirklich mehr, als der erste Blick ahnen lässt. Mein Instinkt sagt mir, dass dein Noble Phantasm sehr mächtig sein könnte und damit eine Menge Mana kosten muss”, sinnierte der Caster an meiner Seite weiter, während meine Gedanken noch panisch darum kreisten, was ich in diesem Buch finden würde. Ich müsste unbedingt reinschauen, sobald ich Cú losgeworden war. “Dein jetziger Master kann dir diese Menge Mana wohl kaum bereit stellen”, fuhr Cú fort und es fühlte sich an, als habe jemand einen Kübel Eiswasser über mir ausgegossen. “Es gibt viele andere, sehr viel mächtigere Master, glaub mir. Mit diesem Master kannst du den Krieg unmöglich gewinnen.”
 

Daran, dass es viele mächtigere Magier gab, zweifelte ich nicht eine Sekunde. Natürlich. Elisabeth war Anfängerin, jung und Magierin der ersten Generation. Doch die Geheimwaffe eines Servants, sein Noble Phantasm, konnte einen entscheidenden Unterschied machen und diesen Nachteil ausgleichen. Wenn es allerdings stimmte, was er sagte und meines zu viel Mana benötigte, dann saßen Elisabeth und ich echt tief in der Tinte. Dass ich nicht wusste, was mein Noble Phantasm war und sie wiederum nur eine Magierin erster Generation war, war natürlich nicht unsere Schuld, aber das änderte nichts daran, dass es unsere Siegeschancen erheblich schmälerte. Besonders, wenn Leute wie Cú teilnahmen. Vielleicht sollte ich noch dankbar sein, dass er als Caster hier war und nicht als Lancer, sonst hätte ich vielleicht schon als erster toter Servant des Krieges Karriere gemacht.

Natürlich bestand die Gefahr, dass er sich über mich lustig machte oder einfach nur Unfug plauderte, um herauszufinden, was ich wusste - nämlich nichts - aber ein Teil von mir wollte ihm gerne glauben und diese Ratschläge annehmen. Es war ja nicht so, als könnte ich irgendjemanden um Hilfe bitten, ohne dabei direkt preiszugeben, wie wehrlos und damit angreifbar die arme Elisabeth und ich waren.
 

Unangenehm piekste mich mein schlechtes Gewissen in die Seite. Elisabeth. Sie war einfach viel zu jung für all das hier. Für den Krieg und die Gefahr. Daran konnte kein noch so nachvollziehbarer Wunsch etwas ändern. Selbst wenn ich ein mächtiger Servant gewesen wäre, stünden ihre Chancen denkbar schlecht, weil sie kaum Mana weitergeben konnte. Ganz abgesehen natürlich von all den anderen Faktoren. Wenn man die Jagd auf uns eröffnete, würden noch ganz andere Probleme auf uns zukommen, sah man mal von der psychischen Belastung ab. Die Ängste, die sie durchstehen müsste, der Überlebenskampf, die Entbehrungen und der ziemlich naheliegende Umstand, dass zu siegen auch töten bedeutete. Wie könnte ich zulassen, dass ihr diese Bürde auferlegt wurde?

Das war selbst für Erwachsene kaum ertragbar. Sie war aber gerade mal 13 Jahre alt. Unzumutbar. Da würde mir wohl jeder zustimmen. Dass selbst ausgebildete Soldaten nach einem Einsatz oft lange mit schwerwiegenden Problemen zu kämpfen hatten, wusste sogar ich. Wie würde es da erst einem unschuldigen Kind ergehen? Konnte ich das überhaupt verantworten? Als ihr Servant war es meine Pflicht, sie zu beschützen. In einem Kampf könnte ich das nicht. Sie zu beschützen, würde bedeuten, ihr den Krieg auszureden und sie in Sicherheit zu bringen. Gleichzeitig hieße das aber auch, dass ich einen anderen Master erhielte. Kein Gedanke, der mir wirklich behagte. Wem Elisabeth ihre Befehlszauber geben würde, wenn sie freiwillig aus dem Kampf ausstiege, war mir klar. Ihrem Sensei natürlich. Wem auch sonst, wenn nicht ihm? Zu meinem Wohlbefinden trug dieser Gedanke leider überhaupt nicht bei.

Mir war zum Heulen zumute. Wie ich es auch drehte und wendete, es ging sich einfach nicht aus. Solange ich Elisabeths Servant war, war sie in Lebensgefahr und jeder Realist musste erkennen, dass das Mädchen in diesem Krieg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Tod fände, wenn sie nicht einen Rückzieher machte. Auf der anderen Seite würde es sein, als hätte ich sie verraten, wenn ich ihr davon abriet, mitzukämpfen. Dabei hatte ich ihr meine Treue zugesichert und ich wollte sie auch ganz bestimmt nicht im Stich lassen. Es war zum Haareraufen. Dass ich meine eigenen Fähigkeiten nicht einmal kannte, auch mein Noble Phantasm nicht und dieser Krieg auch mein Ende bedeuten könnte und vermutlich würde, schien mir in diesem Moment nur noch halb so wichtig. Elisabeth konnte mich nicht retten, das konnte vermutlich niemand, aber ich konnte sie retten. Das zumindest könnte ich für sie tun.

So sehr meine Gedanken auch haderten, im Grunde hatte ich mich längst entschlossen, Elisabeth aus diesem Krieg raus zu halten. Ich wollte auf keinen Fall zusehen müssen, wie ein unschuldiges Kind getötet wurde, wenn ich es doch hätte verhindern können. Auf gar keinen Fall. Mit Schmerz und Angst könnte ich irgendwie umgehen, aber diese Schuld wollte ich nicht auf mich laden.
 

In meine Überlegungen vertieft, hatte ich glatt vergessen, dass Caster Cú noch immer neben mir saß, auch jetzt noch einen Arm um mich gelegt hatte, bis er mit den Fingern wie beiläufig meinen Hals entlang strich. Die Berührung ließ mich aufschrecken und ihr instinktiv ausweichen, was dazu führte, dass meine Wange mit Cús Nase Bekanntschaft machte. “Hörst du mir jetzt wieder zu?”, konnte ich ihn amüsiert flüstern hören. Shit. Was hatte ich verpasst? Hatte ich etwas verpasst?

Mich von seinem warmen Atem weg lehnend, stieß ich direkt wieder auf die andere Grenze meiner Wohlfühlzone, die seine Hand markierte. Für meinen Geschmack rückte mir dieser Kerl eindeutig viel zu sehr auf die Pelle. Hatte er noch nie etwas von persönlichem Freiraum gehört? Aus den Augenwinkeln starrte ich zu ihm herüber, mich wieder fassend. Seine Einwände, wieso Elisabeth und ich aus dem Krieg ausscheiden sollten, hätte ich alle selbst gefunden. Halt. Falsch. Er hatte mir geraten, auszuscheiden und Elisabeth als Grund angeführt. Es hätte andersherum sein sollen. Er hätte Elisabeth aus dem Krieg lotsen sollen und mich als Grund anführen. Am liebsten hätte ich mir vor den Kopf geschlagen. Cú war nicht hier, um einen Konkurrenten loszuwerden - sein Master sah Elisabeth gar nicht als solchen - sondern, um einen weiteren Servant für seinen Master zu gewinnen. Mich. Und ich Idiotin hatte mir in die Karten schauen lassen.

Diese Erkenntnis traf mich wie der Schlag. Alle Abwägungen darüber, ob Elisabeth überhaupt diesen Krieg ertragen könnte, hatte ich selbst in seinen Rat hinein interpretiert. Alles, was Cú hatte wissen wollen, war gewesen, ob ich wirklich bereit war, zum Äußersten zu gehen, um den Gral zu gewinnen. Eine Frage, auf die ich im Grunde ja nicht einmal selbst eine Antwort kannte, doch anscheinend hatte ich ihn davon überzeugen können, dass sie ‘Ja’ lautete. Mein liebenswerter junger Master war lediglich ein Argument gewesen, um diesen zu verlassen.

Allerdings änderte das alles auch nichts an meinem Entschluss. Elisabeth durfte nicht am Krieg teilnehmen, aber ich, ich würde dennoch versuchen, den Gral zu erringen. Anders als die Kleine hatte ich schließlich nichts zu verlieren. Alles, was ich dafür brauchte, war ein anderer Master. Einer, dem ich trauen konnte. Das war auch nur in der Theorie einfach.
 

“Du hast meine Antwort”, presste ich hervor. Meine Sorgen und Abwägungen wollte ich sicher nicht mit ihm teilen. Er hatte mich genug ausgespielt. “Was willst du noch?” Wieder war sein Grinsen alles, was ich unter der Kapuze sehen konnte, doch das machte nichts. Den Rest konnte ich mir bildlich vorstellen. Für ihn war diese Unterhaltung sicher erfolgreich gelaufen. Er hatte einen potentiellen Gegner stark verunsichert, das Band zwischen Master und Servant belastet und das alles, ohne auch nur die geringste Anstrengung. Mistkerl. Das würde ich ihm nicht vergessen.

“Vorerst nichts”, antwortete Cú schließlich und zog zu meiner Erleichterung den Arm hinter mir weg. Wie gerne wäre ich sofort auf Abstand gegangen, doch ich beherrschte mich. Nicht, weil es unhöflich gewesen wäre, sondern weil ich auf gar keinen Fall wollte, dass ihm klar war, wie unangenehm mir die ganze Situation gewesen war. Den Triumph gönnte ich ihm einfach nicht. “Es war mir ein Vergnügen und ich freue mich auf ein Wiedersehen”, meinte Caster für meinen Geschmack zu gut gelaunt, als er sich erhob und ich es ihm gleichtat. Ich sagte nichts dazu, sondern starrte ihn nur finster an. Ein Vergnügen war das eindeutig nicht gewesen. Unbeirrt kramte der Blaugewandete in seinem Umhang und zog schließlich ein kleines Stück Pappe heraus. Eine Visitenkarte, die er mir entgegen hielt, sich wieder zu meinem Ohr beugend. “Falls du es dir überlegst und deinen Master wechseln möchtest.” Kurz zögerte ich, war unschlüssig, ob ich die Karte annehmen sollte, entschied mich dann aber dafür. Informationen waren zu wertvoll in diesem Krieg, als dass man einfach darauf verzichten durfte - auch dann, wenn sie einem auf dem Silbertablett serviert wurden. “Bis bald, Caster”, war das letzte, was ich von ihm hörte, ehe er sich auflöste, wie es nur ein Servant vermochte und mich einfach stehen ließ. Mit ihm verschwand auch dieses befremdliche Gefühl, dass mich erst über seine Ankunft in Kenntnis gesetzt hatte.
 

Ich seufzte tief. Ein wenig ratlos, wie es nun weitergehen sollte, blieb ich am Ende doch zurück. Begeistert würde mein Master sicher nicht reagieren, wenn ich ihr vorschlug, sich zurück zu ziehen, doch es half nichts. Da mussten wir beide durch. Mein Blick wanderte zu der Visitenkarte, die ich ihr wohl besser nicht vorenthielt. Geheimnisse würden nur zu Streit führen und je mehr ich sie wie eine Erwachsene behandelte, so hoffte ich, würde sie sich auch wie eine benehmen.

Nachdenklich drehte ich die kleine Pappkarte, die ich von Cú erhalten hatte, zwischen den Fingern. Wie viele Servants sein Master wohl abzuwerben versuchte? Sicher gab es einige Magier, die ihre zu gerne aufgaben, um aus dem Krieg auszuscheiden und ihr Leben zu retten. Verübeln konnte ich das keinem. Ein wenig amüsierte mich jedoch die Vorstellung von Cú als Vertreter, der von Tür zu Tür ging, um Servants für seinen Master anzuwerben. Wie ein Vertreter, der Staubsauger verkaufte. Ob ich eine Waschmaschine oben drauf bekäme, wenn ich zusagte?

Als mein Blick jedoch auf den Namen fiel, der in eleganten Lettern auf der Visitenkarte prangte, traf mich glatt der Schlag. Simon El Melloi. El-Melloi wie in Lord El-Melloi, wie Diarmuids Master in Fate/Zero und später dann Waver, der diesen Titel und Namen trug? Angesichts dieser Verbindungen hoffte ich irgendwie, dass dieser Simon ein Abkomme von Waver war, denn den hatte ich eindeutig sympathischer gefunden. Auf jeden Fall aber ließ das den Schluss zu, dass Cús Master vermutlich ein recht mächtiger Magier war und es sich erlauben konnte, wenn er seinen Namen und seine Position so offen preisgab. Vermutlich war er sowieso recht bekannt. El-Melloi. Wo waren Elisabeth und ich da bloß reingeraten? Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass dieser Schlag zwar auf unsere Kosten aber in seiner Essenz gegen Masters Sensei ging.
 

Mein Schädel brummte. Jetzt weiter darüber zu grübeln hätte wohl wenig Sinn. Ein wenig Ruhe würde gut tun und dann könnte ich mit klarem Kopf nochmal alles überdenken. Vielleicht wusste ja auch Master schon mehr über diesen Simon El Melloi? Vorenthalten wollte ich ihr unseren nächtlichen Besucher auf jeden Fall nicht. Ungeniert steuerte ich wieder das Schlafzimmer an, jedoch nicht, ehe ich die Visitenkarte zwischen die Seiten des Buches an meiner Hüfte geklemmt hatte. Apropos Buch. Das müsste ich mir dann später auch mal in Ruhe ansehen. Vielleicht kam ich dann hinter das Geheimnis meiner Fähigkeiten und meines Noble Phantasms.

Nach meinem bisherigen Ermessen konnte das ja noch immer alles mögliche sein und im Grunde war es mehr als peinlich, dass mich Cú Chulainn erst hatte auf das Buch hinweisen müssen. Auf diese Idee hätte ich echt selbst kommen können. Ich gähnte und machte es mir neben Elisabeth bequem, die noch immer tief und fest schlief. Von unserem ungeladenen Besucher und meinem Umhergewander hatte sie offenbar überhaupt nichts mitbekommen. Besser so, fand ich. Die Beschwörung hatte sie bestimmt einiges an Kraft gekostet. Da war es besser, wenn sie sich erholte, solange es noch ging. Schließlich konnte niemand sagen, ob uns nicht doch irgendein vorschneller Master hinterrücks überfiel. Dieser Gralskrieg hatte für meinen Geschmack einfach viel zu viele Gefahrenfaktoren. Alle Magier nahmen teil. Das hieß, es gab viele Servants und vermutlich einige Bündnisse, die schon vor Jahren geschlossen worden waren in der Erwartung dieses Krieges. Obendrein waren sie alle an diesem Ort und praktisch niemand sonst. Keine Menschenmassen, in denen sich ein Master hätte verbergen können. Sie waren hier gewissermaßen alle auf dem Silbertablett serviert. Mir war schleierhaft, wieso sich dieser Spinner damals solch einen Krieg gewünscht hatte. Die letzte Runde war doch garantiert ein totales Gemetzel gewesen und es würde mich doch sehr wundern, würde diese etwas anderes. Mein Blick ruhte auf Elisabeth. Das arme Mädchen. Inmitten dieses Wahnsinns. Sie freute sich sogar noch, fand es aufregend, war sich der gefährlichen Lage scheinbar gar nicht so richtig bewusst, während sie mir nur Leid tat.
 

Beinahe grenzte es an ein Wunder, dass ich überhaupt wieder einschlief. Doch tatsächlich sank ich recht schnell in einen kurzen, traumlosen Schlaf, der ein jähes Ende fand, als sich neben mit Elisabeth herumdrehte und mir dabei die Hand versehentlich gegen die Nase schlug. “Mh…”, konnte ich sie leise murren hören. Ich fühlte mit ihr. So richtig verlockend fand ich die Vorstellung auch nicht, aufzustehen, doch der Wecker verriet mir schnell, dass es dafür eigentlich Zeit war. Uneigentlich klang liegen bleiben und schlafen unendlich gut. Als Servant müsste das doch drin sein, oder? Zur Arbeit musste ich ja nicht mehr.

Elisabeth schien für heute jedoch andere Pläne zu haben, denn sie erhob sich unverhohlen gähnend und so folgte ich ihrem Beispiel. “Guten Morgen, Caster.” “Guten Morgen, Master”, erwiderte ich den Gruß und musste dabei an mich halten, um nicht zu gähnen. Sie rieb sich den Schlaf aus den Augen. Eine Haarsträhne stand von ihrem Kopf ab, beinahe wie eine Antenne. Man sah ihr an, dass sie noch nicht so ganz wach war. Das hielt das junge Mädchen allerdings nicht davon ab, aus dem Bett zu klettern und die Küche anzusteuern, in die ich ihr folgte. “Magst du auch Cornflakes zum Frühstück?”, erkundigte sie sich mit einer kindlichen Naivität, dass ich mich richtig schlecht dafür fühlte, zu nicken. Eigentlich brauchte ich ja nichts essen. “Lass mich dir helfen”, erbot ich mich und so teilten wir beide uns die Frühstücksvorbereitungen. Die unangenehmen Themen Krieg und Cú Chulainn konnten bis nach dem Frühstück warten.

Während wir beide unsere Schale mit Schokocornflakes leer löffelten, schwiegen wir uns an. Gefräßige Stille, wenn man so wollte, die nur von dem Knuspergeräuschen der Cornflakes durchbrochen wurde. Hungrig war ich zwar nicht gewesen, aber verdammt waren diese Cornflakes lecker. Es war Elisabeth, die die Stille schließlich durchbrach. “Wir besuchen heute Sensei”, erklärte sie nun munterer als eben noch. “Und natürlich auch Diogenes. Bestimmt könnt ihr beide auch Freunde werden! Vielleicht wird er ja sogar dein Sensei, wäre das nicht lustig?”

Am liebsten hätte ich meine Cornflakes direkt wieder ausgespuckt. Lustig? Irgendwie nicht. Ich traute immerhin weder ihrem Sensei noch Diogenes und hatte doch erhebliche Zweifel daran, dass ich mit diesen beiden jemals warm werden würde. Nicht, solange Elisabeth Teilnehmerin in diesem Gralskrieg war und ich für ihre Sicherheit verantwortlich. “Bestimmt werdet ihr euch toll verstehen.” Erwartungsvoll sah sie mich an. Oh shit. Ich merkte, wie ich nickte und sogar lächelte, um sie zu beschwichtigen, aber eigentlich wollte ich viel lieber den Kopf schütteln und dementieren, dass so eine Freundschaft überhaupt existieren könnte. Zumindest mein Master schien unberührt von diesen Sorgen und bester Dinge. Mich jedoch beschlich das Gefühl, dass dieses Treffen nur in die Hose gehen konnte.

Inkognito

Es wäre eine Lüge gewesen, zu behaupten, dass mein irgendwie ungutes Gefühl sich bei dem Spaziergang durch Chronos legte. Die Stadt mochte von außen nicht anders aussehen als irgendeine andere Stadt und für die Bewohner galt gleiches, doch ich hatte die Worte Elisabeths noch zu gut im Hinterkopf. Alle Magier kamen für den Krieg hierher. Und sie alle mussten am Krieg teilnehmen. Wollte ich da überhaupt wissen, wie viele Leute hier mit Befehlszaubern auf der Hand herumliefen, vielleicht schon ihren Servant beschworen hatten und nur darauf warteten, dass der Startschuss fiel? Mir wurde schon vom daran denken ganz übel.

Elisabeth hatte meine Hand gegriffen und führte mich, was in mehr als einer Hinsicht gut war. So konnte ich mich ein wenig umsehen und zugleich würde es vermeiden, dass ich mich hoffnungslos verlief. Das war nämlich leider gewissermaßen mein geheimes Talent. Nach den ersten Metern raste mein Herz bereits vor lauter Nervosität und ich schalt mich stumm eine Idiotin. Wenn jemand angreifen wollte, würde ich doch sicher einen anderen Servant in der Nähe spüren, oder? Sie nähmen mich ja auch wahr. Allein Assassins konnten ihre Anwesenheit verschleiern und daran würde auch meine Paranoia nichts ändern. Vielleicht könnte ich ja entdecken, ob ein potentieller Feind in der Nähe war?

So gut ich in meiner Aufregung eben konnte, versuchte ich, mich zu konzentrieren. Die Erinnerung daran, wie sich Cú Chulainns Nähe angefühlt hatte, war noch frisch, doch hier und jetzt nahm ich nichts Vergleichbares war. Kein Schauer, der mich durchfuhr, kein vages Gefühl von Gefahr. Nur das sichere Wissen, dass mehrere Master nahe waren, was auch nicht unbedingt dazu beitrug, dass ich mich entspannte, obwohl das kaum eine Überraschung war. Natürlich waren hier Master. Vermutlich Dutzende! Wenn das so weiterginge, wäre ich ein nervliches Wrack ehe ich überhaupt wusste, wie viele Leute hier überhaupt mitmischten. Wie viele Magier wohl letztendlich am Krieg teilnehmen wollten? Ich betete stumm, dass es nicht zu viele wären, sondern sich möglichst viele Magier dafür entscheiden würden, freiwillig auszuscheiden. Warum die kleine Elisabeth das nicht bereits von sich aus getan hatte, war mir sowieso schleierhaft. Hoffentlich riet ihr Sensei ihr dazu.
 

Mein Master schien meine Nervosität allerdings überhaupt nicht zu teilen. Munter und gut hörbar für alle um uns herum plauderte sie vor sich hin, erzählte mir, wo sich welche Geschäfte befanden und dass sie sich ganz doll freute, mich ganz ohne Hilfe beschworen zu haben. Jedes Mal, wenn sie etwas erwähnte, das auch nur im Entferntesten mit dem Gralskrieg zusammenhing, zuckte ich zusammen, doch niemand schien davon Notiz zu nehmen - oder von Eli generell, obwohl sie so laut sprach, dass jeder, an dem wir vorbei kamen, sofort wissen musste, um was es gerade ging. Beinahe kam es mir vor, als wäre mein Master der Geist und nicht ich, so wie die Leute sie ignorierten. Vielleicht war das die Art der Leute hier damit umzugehen, dass auch Kinder am Krieg teilnehmen mussten. Sie ignorierten es, weil die Vorstellung, ein Kind töten zu müssen, um an den Gral zu kommen, einfach nur abstoßend war. Oder aber sie gingen davon aus, dass Elisabeth ihre Befehlszauber sowieso weitergäbe. So richtig überzeugten mich zwar diese Erklärungen nicht, doch eine bessere hatte ich nicht zur Hand. Vielleicht waren die Magier hier auch einfach nur seltsam.

Zielsicher führte mich Elisabeth die Straßen entlang zu einem Betonklotz von Gebäude, über dessen Glastüren der Schriftzug “CR-Laboratoriums” prangte. Ich war verwirrt. Arbeitete ihr Sensei hier? Ohje, das konnte ja heiter werden. Vor meinem inneren Auge entfaltete sich bereits das klischeehafte Bild eines wahnsinnigen Wissenschaftlers, der die Weltherrschaft an sich reißen wollte. Ein bisschen wie Pinky and the Brain. Blieb die Frage, ob Diogenes als Pinky durchginge, so lustlos wie er gewirkt hatte. Vielleicht war das aber auch nur der Punkt, an dem ich mir Sorgen darüber machen sollte, was mein Hirn so ausspuckte. Möglicherweise war ja alles ganz harmlos und die eigentliche Gefahr war eben Cú Chulainn nebst Master. Den hatte ich noch nicht vergessen und auch nicht mein Buch, in das ich jedoch nicht zwischen Tür und Angel oder gar in der Öffentlichkeit hineinsehen wollte. Am besten nicht einmal vor Elisabeth, damit sie nicht merkte, wie wenig Peilung ich hatte.
 

Das Foyer empfing uns in dunklen, kühlen Tönen, die gleich den Eindruck von Sterilität vermittelten, wie ich fand. Alles andere als gemütlich jedenfalls. Allerdings klärte sich jetzt, wieso ich mehrere Master wahrgenommen hatte. Die standen hier nämlich für irgendetwas Schlange, fast wie im Supermarkt. Doch noch ehe ich meinen Master danach fragen konnte, was einen Haufen Magier während des Krieges dazu veranlasste, ihre Zeit mit Herumstehen und Warten zu verschwenden, zog mich Elisabeth auch schon einfach an der Schlange vorbei, was zu meiner Verwunderung nicht nur niemanden zu stören sondern auch keinen zu verwundern schien.

Am Empfang erwartete uns eine junge Frau mit strahlendem Lächeln, die Elisabeth einfach durchwinkte und obendrein mit “Willkommen Lady Elisabeth” begrüßte. Verdattert folgte ich Eli zu den Fahrstühlen. “Du kommst oft her, oder?”, erkundigte ich mich. “Ja, Onkel Marlin arbeitet hier und darum kennt mich hier auch jeder”, erklärte sie stolz, wohl nicht ahnend, dass mich das nur weiter verunsicherte. Ich schaute eindeutig zu viele Horrorfilme, wenn die erste Assoziation von Kindern in Laboren der Film The Ring war und die Szene, in der die kleine Samara Morgan in diesem weißen Raum hockt. Danke, liebes Hirn, für diese wenig hilfreichen Einblicke. Elisabeth war zum Glück nicht so schräg drauf wie das Ring-Mädchen, sondern sprühte vor Leben.
 

Mit einem leichten Ruck setzte sich der Fahrstuhl in Bewegung. Abwärts. Und nicht nur ein paar Etagen. Ich wagte einen kurzen Blick auf die Anzeige und bereute es sofort. Elf Etagen unter die Erde? Elf?! Wollte ich wissen, was da unten war? Dass wir gleich neun Stockwerke davon in die Tiefe fuhren, behagte mir nicht unbedingt. Wozu baute jemand ein Labor so tief unter der Erde? Zumindest ging es nicht ganz nach unten. Ein Teil von mir musste dennoch unwillkürlich an diesen Horror-Action-Streifen mit den Zombies in einem unterirdischen Labor denken. Musste ich so etwas überhaupt fürchten? Immerhin war ich ein Geist und damit bereits tot. Konnten Geister verzombifiziert werden?

Ich schüttelte den Gedanken ab und lächelte in Elisabeths Richtung, die dies als Chance sah, meine Hand zu fest zu drücken. Eine Geste, die ich instinktiv erwiderte. “Onkel Marlin freut sich bestimmt, dich kennenzulernen, keine Sorge, Caster”, beruhigte sie mich. Wirkte ich so unsicher? Es stimmte zwar, dass ich mir Marlin betreffend einige Sorgen machte, doch die Frage, ob er mich mögen würde, gehörte eindeutig nicht dazu. Angesichts der Umstände war mir das sogar herzlich egal. Allein um Elisabeths Willen musste ich vorsichtig sein, damit ihr Sensei nicht auf die Idee kam, seine kleine Schülerin loszuwerden. Unwillkürlich fand meine Hand ihren Weg zu dem Buch, das an meiner Hüfte hing und sich so vertraut anfühlte. Bitte sei nützlich. Bitte sei richtig, richtig nützlich und enthalte auf keinen Fall Fanfictions.
 

Als die Türen der silbernen Fahrstuhlkabine schließlich aufglitten und den Blick auf einen von Neonröhren erleuchteten Flur preisgaben, verstärkte sich der Eindruck eines Labors. Die Wände waren schneeweiß gestrichen und ein leichter Geruch von Desinfektionsmittel hing in der Luft, fast wie in einem Krankenhaus.

Der kleine Vorraum gab den Blick auf ein Labor preis, in das man durch verglaste Fronten schauen konnte. Neugierig ließ ich den Blick dorthin schweifen, doch nur kurz, denn zum Einen bemerkte ich nichts ungewöhnlicheres als Reagenzgläser, diverse Glaskolben sowie eine Zentrifuge und zum Anderen trat bereits jemand aus dem Labor direkt auf uns zu, der mir sofort bekannt vorkam. Am liebsten hätte ich mir die Augen gerieben, denn ich konnte kaum glauben, wer sich da die Ehre gab. Diesen weißen Schopf kannte ich eindeutig aus dem Fate-Fandom. Sollte das hier ein Witz sein? Wenn ja, konnte ich darüber nicht wirklich lachen.
 

“Elisabeth, Caster. Schön, dass ihr hier seid. Kommt doch herein. Möchtet ihr einen Tee?”, begrüßte er uns. Auf den Zügen des Mannes lag ein wohlwollendes Lächeln, das fast schon zu arglos schien und doch unwillkürlich dafür sorgte, dass ich meine Anspannung ein wenig nachließ. Mit einer einladenden Geste winkte er uns, ihm in eine Art Behandlungszimmer zu folgen. Für mich sah das beinahe aus, als wäre er Arzt und wir in einer Praxis, nicht in einem Laborgebäude. Noch während ich mich umsah, sprach Elisabeths Sensei weiter, eindeutig an mich gewandt. “Ich bin übrigens Prof. Marlin und der Master von Diogenes.”

Marlin. Jetzt, wo ich ihn gesehen hatte, konnte ich darüber wirklich nur den Kopf schütteln. Ich kannte ihn, diesen “Marlin”. Dieser Name war ein schlechter Scherz. War das wirklich sein Ernst? Das war unter diesen Umständen halt mal der absolut beknackteste und schlechteste Deckname, der ihm hätte einfallen können! Im nächsten Leben dann vielleicht Murlin oder Morlin? Wenn er die gleiche Kreativität früher in Camelot an den Tag gelegt hatte, hatte ich prompt eine vage Idee, wieso seine Pläne nie so richtig gut gegangen waren. Dennoch hatte es für einen Heldengeist wohl gereicht, auch wenn er sich hier und jetzt nicht anfühlte wie ein Geist, sondern wie ein Master. Ich beäugte ihn von Kopf bis Fuß. So lebendig wie er hier vor mir stand, hieß das dann wohl aber, dass er im letzten Krieg gewonnen hatte und sich für ein zweites Leben entschieden hatte. Schon ironisch, dass er diesmal als Master und nicht als Servant teilnahm. Da wusste ich nicht, ob ich lachen oder heulen sollte. Sicher war ihm diese Ironie auch nicht entgangen.

Diogenes wäre dann wohl auch nicht weit, wenn Merlin oder halt meinetwegen auch Marlin hier arbeitete. Was der wohl von seinem Master hielt und ob er wusste, wer dieser Kerl wirklich war? Ich nahm es an. Elisabeth hingegen ahnte es vermutlich nicht. Wie könnte sie auch? Es war ja nicht so, als gäbe es reihenweise Poster und Fernsehnachrichten aus den ersten Lebzeiten des Magiers.
 

“Bitte nehmt doch Platz.” Elisabeths Beispiel folgend setzte ich mich ihm gegenüber neben Elisabeth. Auf dem Schreibtisch standen bereits vier Tassen dampfenden Tees, ganz so, als hätte der Magier ganz genau gewusst, wann wir eintreffen würden. Mein Blick jedoch hatte Diogenes erspäht, der auf der Patientenliege lag und zu schlafen schien. Zumindest zeigte er kein Anzeichen, dass er überhaupt bemerkt hatte, dass wir hier waren. Vielleicht besser so. Zwar hatte er noch nicht viel gesagt, aber so richtig vertrauenserweckend war er bei unserer ersten knappen Begegnung auch nicht gewesen. Elisabeth hingegen wirkte total entspannt und schien sich darüber überhaupt keine Gedanken zu machen.

Als ich zurück zu Merlin-Marlin blickte, genoss der bereits ungeniert seinen Tee. Vorsichtig griff ich nach einer Tasse und nippte am Tee. Die Sorte konnte ich nicht zuordnen, doch er war süß und damit prinzipiell erstmal gut. Vielleicht würden sich meine Nerven jetzt auch ein wenig beruhigen. Zwar traute ich Merlin nicht unbedingt und Diogenes entsprechend auch nicht, doch zumindest für den Moment schienen beide friedlich zu sein. Zweifellos hatten die eh gefährlichere Gegner als ausgerechnet Elisabeth und mich. Wir waren ja eher von der Sorte ‘harmlos und leicht loszuwerden’, so ungern ich das zugab.

Das beste Beispiel jedoch für einen sehr gefährlichen Gegner hatte ich ja schon getroffen: Cú Chulainn. Ihn und auch seinen Master, diesen Lord El Melloi, zu unterschätzen, wäre ein riesiger Fehler, den ich sicher nicht machen wollte. Allerdings blieb die Frage, wieso die beiden versucht hatten, mich abzuwerben. Es war ja nicht so, als könnte ich das einfach alleine entscheiden. Oder steckte doch noch mehr dahinter, als ich auf den ersten Blick erkennen konnte?
 

“Nun”, ergriff Marlin als Erster wieder das Wort und ließ mich glatt staunend zurück, wie ihm das überhaupt gelang, denn vorhin hatte mein Master ja noch munter geplaudert wie ein Wasserfall. Jetzt aber nippte auch Elisabeth an ihrem Tee, immer wieder gegen diesen pustend, weil er ihr wohl noch zu heiß war. “Woher hattest du überhaupt den Katalysator für Caster, Elisabeth?” Ich stockte. Hieß das etwa, nicht er hatte den besorgt? Das war nämlich mein Verdacht gewesen. Woher sonst sollte Elisabeth einen Katalysator haben? So gesellte sich zu Marlins fragendem Blick mein eigener.

Mein Master lugte hinter ihrer Tasse hervor. “Mir hat ein Servant geholfen und daher habe ich auch den Katalysator!”, verteidigte sie sich. “Er hat gesagt, dass ich mich beeilen muss. Also konnte ich nicht warten und es war doch auch so aufregend! Mein ganz eigener Katalysator!”, ereiferte sich Elisabeth mit strahlenden Augen. An der Wahrheit ihrer Worte zweifelte ich nicht, dennoch stellten mich diese Antworten vor nur noch mehr Fragen.
 

Ein Servant hat ihr meinen Katalysator gegeben? Warum? Und wer? Etwa Cú Chulainn? Das würde immerhin erklären, woher er wusste, wo er Elisabeth und mich finden würde. Womöglich wüsste er sogar mehr über mich als ich selbst und hatte darum den Katalysator herausgegeben. War das der Plan hinter meiner Beschwörung? Dafür zu sorgen, dass Elisabeth keinen starken Servant mit einem Katalysator beschwor, den ihr Merlin - oder halt auch Marlin - gab? Wenn ja, dann ging hier jemand sehr strategisch vor. Einem Lord El Melloi traute ich das durchaus zu. Das hieß zugleich aber auch, dass Cú Chulainn und sein Master ziemlich sicher auch den jungen Mann getötet hatten, der mich zuerst beschworen hatte. Dessen Anblick, wie er Blut spuckte und zusammenbrach, hatte ich noch vor Augen. Kaltblütig ermordet, noch während der Beschwörung. Als habe man sicher gehen wollen, wen der Katalysator rufen würde. Jemanden, der keine Gefahr wäre.

So überzeugend ich diese Theorie fand, sie passte nicht zu meiner anderen, nämlich der, dass man mich hatte abwerben wollen, um Marlins Position zu schwächen. Dann nämlich hätte man sich für mich nicht weiter interessiert. Stattdessen aber hatte sich der blauhaarige Caster persönlich bequemt, um mir ein Angebot zu unterbreiten. Nur Show? Ich hatte keine Ahnung, wenn ich ehrlich war. Hatte Cú Chulainn den Mann getötet, der mich beschwor? Nicht, dass ich ihm das nicht zutraute, aber hätte man bei einem Caster nicht mit etwas mehr Magie rechnen müssen? Feuer oder so? Ich erinnerte mich an nichts derart Auffälliges. Steckte doch jemand anderes dahinter oder vielleicht ein anderer Verbündeter von Lord El Melloi?

Natürlich bestand noch immer die Chance, dass es eine ganz andere Partei gewesen sein könnte, deren Gründe mir absolut schleierhaft waren. Ich musste wissen, wer meinem Master den Katalysator gegeben hat und wieso diese Person es so eilig damit hatte, dass ich beschworen wurde, wenngleich nahe lag, dass meine Beschwörung bedeutete, dass Marlins Vorbereitungen ad absurdum geführt wurden. Was wohl überhaupt der Katalysator gewesen war? Danach fragte ich Elisabeth wohl besser später. Meine Liste wurde wirklich immer länger, immerhin wollte ich auch noch immer unbeobachtet einen Blick in mein Buch werfen. Sollte einem der Gral nicht eigentlich zumindest irgendein Wissen mitgeben? Wo war meines bitte? Am liebsten hätte ich mich einfach zusammengekauert und ein wenig geheult, so hilflos fühlte ich mich.
 

Eigentlich hatte ich gehofft, dass Merlin-Marlin fragen würde, was für ein Servant Eli den Katalysator gegeben hatte, doch Fehlanzeige. Beinahe, als hätten beide Magier das Thema damit schon abgehakt, wandte sich Marlin dem nächsten Punkt zu. “Du hättest mir wirklich sagen sollen, dass du schon eine Beschwörung durchführen willst.” Trotz des Tadels sah Elisabeths nur ein klein bisschen schuldbewusst drein. Vielmehr kam es mir vor, als wäre sie insgeheim stolz, es ganz ohne Hilfe geschafft zu haben. Ein wenig konnte ich das sogar verstehen. “Das war sehr unbedacht und gefährlich. Du hättest besser mit mir reden sollen. Wir hatten doch vorher darüber gesprochen.” Leise seufzte Marlin-Merlin in seinen Tee, den Blick nun zu mir wendend. “Eigentlich hatte ich eine Manabatterie für die Beschwörung vorbereitet, an die Elisabeths Servant gebunden hätte werden sollen, Caster. Das hätte Elisabeth erheblich entlastet, doch nun ist es dafür zu spät.” Elisabeths Servant. Wer immer das nach seinen Plänen auch gewesen wäre. Dem ganzen Vorhaben hatte ich wohl gehörig einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zumindest war es nicht meine Schuld und meiner Meinung nach auch nicht die Elisabeths. “Es ist doch alles gut gegangen und Elisabeth ist auch nichts passiert”, mischte ich mich ein, um meinen Master in Schutz zu nehmen, denn ob der tadelnden Worte war die ein wenig in sich zusammengesunken und hatte den Blick fest auf ihren Tee gerichtet.

“Das mag ja sein”, lenkte Merlin-Marlin ein, weiterhin den Blick streng, aber auch voller Wärme auf Elisabeth gerichtet, wie den eines Vaters, der sein kleines Mädchen schalt, dem er trotz ihres Fehlers nicht wirklich böse sein konnte. Dass er nicht Unrecht hatte, stimmt wohl aber leider. Hatte nicht auch Cú Chulainn mich gewarnt, dass mein Noble Phantasm zu viel Mana kostete, als dass mein jetziger Master es stemmen könnte? Dass ausgerechnet Eli mich beschworen hatte, hatte uns beide gleichermaßen ausgeschaltet. Sie konnte keinen mächtigen Servant rufen, ich meine mächtigste Fähigkeit nicht benutzen. Volltreffer versenkt. Ich hatte keine Ahnung, ob Marlin diesen Fakt ahnte und wie ich ihn wiederum Elisabeth beibringen sollte.
 

Marlin schien mit Schimpfen jedoch noch nicht fertig zu sein, auch wenn er nicht wirklich wütend wirkte.“Dennoch wa-” “Ach, sei ruhig, Marlin”, mischte sich unerwartet eine weitere Stimme in das Gespräch ein. Diogenes. Der Servant hatte wohl doch nicht geschlafen, denn obgleich er gesprochen hatte, klang er nicht verschlagen. Er lag er noch immer auf der Patientenliege, ebenso wie zuvor und hatte sich nicht geregt. Erst jetzt, wo alle Blicke auf ihm ruhten, zog er die Arme unter dem Kopf weg und stemmte sich in eine sitzende Haltung. “So nervig war zuletzt Alexander, als er mir in der Sonne stand. Die Kleine hat Caster beschworen. Find dich damit ab.” Beinahe hätte ich erwartet, dass Diogenes noch gähnte, so desinteressiert wie er klang, doch der Servant blickte nur von Elisabeth, die ihn dankbar anlächelte, über mich zu seinem Master, dessen Lächeln schon im gleichen Moment zurückgekehrt war. Ob der Alexander, von dem er erzählte, der gleiche war, an den ich denken musste? Ihn zu treffen, wäre schon ziemlich interessant.

Ich konnte nicht wirklich behaupten, aus Diogenes wirklich schlau zu werden, noch wusste ich sicher, welcher Servantklasse er angehörte, doch es tat gut zu sehen, dass er Merlin nicht blind folgte, sondern offenbar seine eigenen Ansichten vertrat. Zugleich mahnte ich mich aber auch, nicht gleich zutraulich zu werden. Immerhin würde er sich für den Gral fraglos noch immer gegen Elisabeth und mich stellen. Was das wiederum für meinen kleinen Master und mich bedeuten würde, konnte ich mir ziemlich gut ausmalen.

Merlins Räuspern war zugleich das Ende seines Tadels als auch der Thematik, was denn nun alles schief gelaufen war, indem mich Elisabeth ohne jede Hilfe beschwor, einen Katalysator nutzend, von dem für mich unverständlicherweise niemanden zu interessieren schien, woher der eigentlich kam. Was stimmte eigentlich mit den Leuten hier nicht? Waren die Magier hier in Chronos einfach alle nicht mehr ganz knusper? Erst ignorierten sie wahllos ein kleines Mädchen, standen aus unerfindlichen Gründen während eines Gralskriegs vor einem Labor Schlange und nun interessierte keinen, dass ein Servant mit Katalysatoren dealte? Vor allem letzteres interessierte mich zumindest brennend und wären Marlin-Merlin und Diogenes nicht hier, hätte ich Elisabeth wohl sofort gebeten, den ominösen Katalysatoren-Verschenker zu beschreiben.
 

“Nun… Lasst uns nicht streiten”, befand Marlin schließlich, wieder ein strahlendes Lächeln auf den Zügen. “Es ist ja wirklich alles geglückt und ihr seid beide wohlauf. Herzlich willkommen in Chronos auch von mir, Caster.” Etwas verunsichert nickte ich nur und murmelte ein leises “Danke”. “Elisabeth, erinnerst du dich an die Aufgaben, die du das letzte Mal gemacht hast? Wie wäre es, wenn du heute weitermachst?”, fuhr der weißhaarige Magier in einem lockeren Plauderton fort und erhob sich. Elisabeth tat es ihm gleich, sodass ich dem Beispiel der beiden folgte. Diogenes jedoch ließ sich einfach wieder auf die Patientenliege fallen und drehte uns kurzerhand den Rücken zu, wohl nicht weiter daran interessiert, am Gespräch teilzunehmen.

Stumm folgte ich Elisabeth und Marlin, bis letzterer mir eine Hand auf die Schulter legte und mir mit einem Nicken gestikulierte, ihm zu folgen, obgleich mein Master durch eine Tür verschwand. Wirklich wohl fühlte ich mich dabei nicht, doch die Neugier siegte und ich folgte Marlin in den Raum nebenan, der sich als kleine Kammer mit drei Stühlen herausstellte, von der aus man den Nebenraum durch eine Fensterscheibe beobachten konnte. Müsste ich raten, würde ich wohl darauf tippen, dass dieses Glas nur einseitig durchsichtig war. Sofort war ich wieder bei meinen The Ring-Assoziationen, in denen Elisabeth, die an einem kleinen Tisch saß und verschiedene bunte Zettel ausfüllte, die Rolle von Samara übernahm. Misstrauisch sah ich zu Marlin, doch dessen Blick ruhte auf Elisabeth, sodass er wohl nicht einmal bemerkte, wie wenig mir gefiel, was ich hier sah. Die Kleine war doch kein seltenes Versuchstier, sondern ein liebenswertes kleines Mädchen!
 

“Was sind das für Aufgaben, die sie erledigen soll?”, fragte ich ohne Umschweife. Von hier aus konnte ich nichts Näheres erkennen, sodass Elisabeth da ebensogut einen psychologischen Test wie eine Bachelorarbeit zum Thema Hydraulik schreiben könnte. “Nur ein paar kleine Tests. Nichts, was ihr schaden würde”, versicherte mir Marlin, anstatt meine Frage einfach zu beantworten, was mein Misstrauen nur noch schürte. Dass er meiner Frage ausgewichen war, ließ mich meine eigenen Schlüsse ziehen. Entweder er hielt Elisabeth für hochbegabt - wonach dieses Labor irgendwie nicht aussah - oder mein Master war besonders magiebegabt - was sich dann nicht in ihrem Manapool äußerte - oder aber er glaubte, mit ihr stimme psychisch etwas nicht und danach sah es für mich aus, auch wenn das hier kaum die geeignete Umgebung war, um so etwas festzustellen. Wir waren doch nicht mehr in den 70ern.

“Als ihr Erziehungsberechtigter, wie können Sie da zulassen, dass Elisabeth in diesen furchtbaren Krieg hineingezogen wird?”, wechselte ich das Thema. Als Marlin nicht antwortete, sondern mich nur mit seinem scheinbar arglosen Lächeln ansah, fuhr ich ungehalten fort: “Sie ist noch viel zu jung für Kämpfe auf Leben und Tod! Ein Kind sollte nicht in solche Kämpfe gezwungen werden. Noch dazu ist sie so unerfahren! Ihnen muss doch klar sein, wie groß die Gefahr ist…” Ich brachte es nicht über mich, den Satz zu vollenden. Wie groß die Gefahr war, dass man Elisabeth einfach abschlachtete, weil sie im Grunde gar keine Chance hatte, war sie doch gleichermaßen jung wie ohne nennenswerte Macht im Rücken wie eine große, alte Magierfamilie. Sie hatte nur mich und ich hatte keine Ahnung, ob ich überhaupt irgendetwas konnte und noch weniger, wie ich es einsetzen sollte. Außerdem schien mein Noble Phantasm im Moment ohnehin ausgeknipst. Ich schluckte.
 

Selbst jetzt schwand Merlins Lächeln nicht. “Du machst dir zu große Sorgen, Caster. Es wird schon alles gut gehen. Es wäre doch langweilig, würde immer alles so sein, wie man es sich wünscht. Man braucht Herausforderungen, um daran zu wachsen.” Fassungslos starrte ich ihn an. Herausforderungen?! War der noch ganz dicht?! Mit einer ‘Herausforderung’ hatte das hier doch nun wirklich nichts mehr zu tun! Im Gralskrieg ging es um verdammt nochmal alles und lauter erwachsene, mächtige Magier würden einander töten, während lauter Helden für sie kämpften. Eine wehrlose Magieranfängerin im Kindesalter mit einem unnützen Caster da rein zu schubsen, war schlicht Mord.

“Warum tun sie ihr das an?”, verlangte ich tonlos zu wissen, unfähig zu glauben, mit welcher Naivität oder Gnadenlosigkeit - da war ich mir noch nicht schlüssig - dieser gottverdammte Idiot diesen Krieg anging und zuließ, dass Elisabeth ihr Leben darin riskierte. Kein Wunder, dass mein Master so sorglos dachte. Sie hatte ja nicht unbedingt das besonnenste Vorbild.

“Was haben Sie vor? Glauben Sie, dass Sie Elisabeth als Untermaster missbrauchen können, um einen Vorteil in diesem Krieg zu haben?”, giftete ich ungeniert los, meinen inneren Frust heraus lassend. “Was soll all das hier? Sind wir vielleicht nur der Köder für irgendeinen persönlichen Disput, den Sie mit El Melloi haben?” Grimmig starrte ich den Weißhaarigen an, der meinen Blick so gelassen erwiderte, dass ich nicht übel Lust hatte, ihm kräftig eine zu langen. Für einen Moment jedoch, als ich den Namen El Melloi erwähnte, glaubte ich, so etwas wie einen Funken der Neugier in seinen Augen aufblitzen gesehen zu haben. Hatte ich ihm etwas Neues verraten oder nur bestätigt, was er längst angenommen hatte?

Missgelaunt ranzte ich ihn einfach weiter an. “Wenn Sie glauben, Elisabeth und mich benutzen zu können, schminken Sie sich das gleich wieder ab! Das können Sie total knicken. Ich bin Elisabeths Servant und ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um sie vor Schaden zu bewahren.”
 

Bis hierhin hatte Marlin mit nur schweigend, ein heiteres Lächeln auf den Zügen, zugehört. Kein einziger Kommentar, kein Versuch, mich zu beruhigen oder sich selbst zu verteidigen. “Es freut mich, dass du das sagst”, meinte er schließlich, scheinbar bester Laune, als wäre mein unverhohlener Ärger total an ihm vorbei gegangen. “Ich wollte dich nämlich ohnehin darum bitten, ein Auge für mich auf Elisabeth zu haben. Allerdings solltest du auch vorsichtig sein, wenn es um sie geht. Lass dich nicht vom ersten Eindruck täuschen.” Er seufzte theatralisch und wieder hätte ich ihm zu gerne eine Schelle verpasst. Konnte der sich nicht einfach klar ausdrücken? Finster starrte ich ihn an, doch unbeirrt und mit einem sanften Lächeln auf den Lippen fuhr Marlin fort: “In ihrem Herzen ruht ein Schatten, doch ich bin guter Hoffnung, dass der Gralskrieg die kleine Elisabeth näher zum Licht bringen wird.”

Das war zu viel. Ich handelte, ehe ich überhaupt nachdachte. Das klatschende Geräusch und ein leicht roter Abdruck auf Merlins Wange zeugten von meiner Wut, die mir unverkennbar ins Gesicht geschrieben stand. Für einen Augenblick lang wirkte Marlin überrascht, doch dann kehrte ein Lächeln auf seine Züge zurück. “Oh. Für einen Caster schlägst du wirklich entschlossen zu.” Sollte das vielleicht ein Lob sein? “Keine Ahnung, was bei Ihnen schief gelaufen ist”, fauchte ich ihn wütend an, “aber ganz sicher wird ein verdammter Krieg einem unschuldigen Kind wohl kaum helfen, irgendwie glücklicher zu werden! Wenn Sie so davon überzeugt sind, sollten Sie vielleicht ihre Befehlszauber an Elisabeth abtreten und Platz für sich machen!”

Schweigend starrten wir einander an. Marlin stetig lächelnd trotz der Ohrfeige und meiner Worte und ich ihm gegenüber, vor Wut brodelnd und bereit, ihm gleich noch eine zu verpassen, um ihm ein klein wenig gesunden Menschenverstand einzuprügeln, auch wenn ich daran zweifelte, dass das funktionieren würde. Meine Hand brannte und ich hoffte einfach nur, dass ihm das genauso weh tat wie mir.
 

Vermutlich hätte ich irgendwann angefangen, den weißhaarigen Magier anzuschreien, wäre nicht das Geräusch der sich öffnenden Tür in meinem Rücken gewesen, das Elisabeths Ankunft ankündigte. “Ich bin fertig!”, flötete sie fröhlich. “Ah, dankeschön, Elisabeth”, antwortete ihr Merlin strahlend. “Du warst heute wirklich fleißig. Wieso schnappst du dir nicht einen der Lollis und zeigst Caster den Park? Der ist um diese Jahreszeit besonders schön. Der wird ihr bestimmt gefallen.” Ich war sprachlos. Wie konnte er einfach so tun, als wäre nichts vorgefallen? Klar, das war für Elisabeth sicher besser, aber wie gelassen er die Ohrfeige überspielte, ließ mich dennoch verdattert zurück. “Au ja, das mach ich. Kommst du, Caster?” Ich nickte etwas steif, war Marlin einen letzten, bitterbösen Blick zu, ehe ich mich, nun ebenfalls lächelnd, Elisabeth zuwandte. Sie konnte schließlich für all das nichts. “Das klingt super, Master.” Im nächsten Moment hatte das Mädchen auch schon meine Hand ergriffen und zog mich hinter sich her.

Ruler

Vielleicht war es gut, dass mich Eli so eilig aus dem Labor lotste und an den noch immer wartenden Mastern vorbei, deren Schlange schon fast bis zur Eingangstür reichte. War ja schlimmer als im Supermarkt, ging es mir noch durch den Kopf, als wir an ihnen vorbei huschten. Beachtung schenkte uns keiner der Master. Worauf auch immer die hier warteten, es musste ganz heißer Scheiß sein, wenn es wichtig genug war, dass sie alle trotz des Krieges hier herumstanden. Gerade wollte ich Elisabeth darauf ansprechen, als diese von sich aus das Wort ergriff. “Ich war heute wirklich gut in den Tests, Caster! Zuerst habe ich einen Ball erhärtet. Das hat viel besser geklappt als beim letzten Mal. Ich werde immer besser”, ereiferte sie sich. “Das ist super”, lobte ich sie lächelnd, da fuhr sie auch schon fort, ganz aufgeregt und erpicht darauf, von ihren Aufgaben zu berichten.

“Danach habe ich ein Element befehligen sollen, das war total schwer. Onkel Marlin traut es mir aber schon zu”, erzählte sie mit hörbarem Stolz. “Am besten komme ich mit Wind zurecht. Das nächste Mal zeige ich es dir, Caster. Du wirst staunen!” Das würde ich vermutlich wirklich, denn immerhin war ich nach meiner Kenntnis selbst magisch so begabt wie Toast. Pure Ironie bedachte man, dass ich der Caster-Klasse angehörte. Irgendetwas musste ich können. Ich wusste nur noch nicht, was. “Ich freue mich darauf. Es ist wirklich beeindruckend, dass du in so jungen Jahren und schon so hart an dir arbeitest.” Meine Worte brachten mit einen strahlenden Blick von ihr ein. “Bestimmt genau wie du, Caster!”, meinte sie aufgeregt. “Wann hast du zum ersten Mal deine magischen Kreisläufe sichtbar machen können? Ich habe es heute ganz kurz schon geschafft!” “Das nächste Mal klappt es dann noch besser”, feuerte ich sie an und betete stumm, sie würde nicht weiter nachhaken, wie ich solche Dinge machte. Die Antwort wäre grausam ernüchternd: Gar nicht. In Sachen Magie war mein Master mir um Längen voraus. Kreisläufe sichtbar machen? Elemente beherrschen? Fehlanzeige. Meine ganzen Hoffnungen ruhten auf meinem Buch.

Wie von selbst kam mir Cús Angebot wieder in den Sinn. Er war ein Caster und einer, der nicht unbedingt harmlos war. Von ihm könnte ich zweifellos etwas lernen. Aber würde er mir auch helfen, wenn ich nicht bereit war, meinen Master zu verlassen? Kaum. Eine bessere Möglichkeit hatte ich allerdings auch nicht, denn Elisabeth könnte ich unmöglich wissen lassen, dass sie an meiner Seite nicht sicher war, sondern Freiwild. Dass niemand um mein peinliches Geheimnis wusste außer Cú Chulainn, war im Moment Elis einziger Schild. Im Umkehrschluss hieß das allerdings auch, dass kein Weg um den blauhaarigen Iren herumführte.
 

Elisabeth zog mich eine enge Gasse entlang, dann lief sie los, sich von meiner Hand lösend. “Warte, Master!”, rief ich ihr nach, dann folge ich ihr eilig, damit ich sie nicht versehentlich verlöre. Bei meiner Orientierung wäre ich hier hoffnungslos verloren. Brachte die Polizei hier auch verirrte Servants nach Hause? Zum Glück verlor ich meinen Master nicht, denn kaum, dass ich um die Ecke bog, eröffnete sich mir, was Marlin mit dem Garten - offiziell Stadtgarten - gemeint hatte.

Ein wahrer Wall aus Bäumen und Geäst bildete ein Eingangstor, durch das ich meinem Master staunend folgte. Überall blühte es und der Duft von Gräsern und Blumen lag in der Luft. Es erinnerte mich ein wenig an den botanischen Garten in meiner Heimat - nur größer und imposanter. Gelogen hatte der britische Zauberer nicht. Der Garten waren wirklich schön. Hier ließ es sich aushalten. Eine Meinung, die unter anderem auch einige Paare und Rentner zu teilen schienen, denn schon auf der ersten Bank, die wir passierten hockte ein Teenagerpäärchen, das die Finger nicht voneinander lassen konnte.
 

Schweigend folgte ich meinem Master einen schmalen Pfad entlang, der sich zwischen Büschen und Sträuchern entlang wand, als uns jemand ansprach. “Ah, also kommen doch Master und Servants hierher”, wandte sich ein ein junger Mann an uns, bei dessen Anblick bei mir zwar sofort etwas klingelte. Einordnen konnte ich ihn allerdings nicht sofort. Woher kannte ich den? Wer war der Kerl?. Dass ich es mit einem Servant zu tun hatte, brauchte mir niemand sagen. Zumindest in diesem Punkt war meine Intuition also nicht völlig im Eimer, sah man mal davon ab, dass seine ungewöhnliche Kleidung ihn wohl eh verraten hätte. Davon konnte ich selbst ja auch ein Lied singen. “Hallo”, begrüßte Elisabeth den fremden Servant mit einem breiten Lächeln, der dieses direkt erwiderte, offenbar entzückt ob solcher Freundlichkeit. Sein Gesprächspartner war bedeutend weniger auffällig und eher modern gekleidet und trug eine kühle Miene zur Schau. “In der Tat”, gab er ruhig kund, erst Elisabeth und dann mich musternd. Sein britischer Akzent wäre nicht mehr nötig gewesen, damit ich bei ihm zumindest sicher wusste, wen ich vor mir hatte. Ich hatte ihn, Fandom sei Dank, auf zahlreichen Bildern gesehen. Sherlock Holmes, der wohl berühmteste Detektiv aller Zeiten!

Ruler oder nicht, so ganz wohl war mir bei diesem Treffen nicht. Zwar glaubte ich nicht, dass einer der beiden meinem Master schaden würde, doch angesichts der mir unbekannten Ausmaße dieses Krieges hätten die Zwei doch sicher einiges zu tun, oder nicht? Eli verschwendete an solche Überlegungen keine Zeit. Sie strahlte die beiden Männer fröhlich an. “Mein Name ist Elisabeth und das ist Caster!”, erklärte sie stolz zu mir aufblickend. Eilig zwang ich ein Lächeln auf meine Züge. “Freut mich sehr. Ich fungiere in diesem Gralskrieg als Ruler”, stellte sich der der junge Mann vor, der auch jetzt noch unbefangen lächelte. “Ebenso”, hielt sein Begleiter die Vorstellung eher knapp. Er schien Dinge generell eher gerne auf den Punkt zu bringen.
 

“Lasst es uns wissen, wenn euch etwas auffällt, das den Regeln des Gralskriegs widerspricht.” Für einen kurzen Moment huschte sogar ein Lächeln über Holmes’ Züge, während er zu Elisabeth sah. Bei mir machte es im gleichen Moment endlich Klick. Natürlich kannte ich den anderen Ruler auch! Das war Karl der Große! Gute alte Online-Wiki! Was gäbe ich drum, das Ding hier zur Hand zu haben, dann wüsste ich bestimmt noch mehr über Karl den Großen. Nur… dass er im Moment nicht so besonders groß war, sondern nur ein kleines Stückchen größer als ich. Eher so Karl der Mittelgroße. An einem anderen Ort und ohne einen Krieg im Nacken hätte ich das sicher lustiger gefunden.

“Dieses Mal sind wirklich viele junge Gesichter dabei”, stellte Karl beinahe etwas besorgt fest, lächelte Elisabeth jedoch aufmunternd zu. “Ich wünsche dir viel Erfolg, Elisabeth.” “Unnötig”, kommentierte sein Gesprächspartner. “Als Ruler sind wir daran gebunden, neutral zu sein und keiner Partei den Vorzug zu gewähren, unabhängig von persönlichen Präferenzen und Neigungen. Ein Krieg dieses Ausmaßes wird zweifelsfrei von Strategie entschieden und in diesem Punkt sind die Teams im Vorteil, die einen erfahrenen Strategen in ihren Reihen haben.” Autsch, das schloss dann wohl eindeutig Elisabeth und mich aus. So wie Sherlock dreinsah, dachte er zumindest das gleiche, wobei sein abschätzender Blick eher mir als Elisabeth galt. Klar. Von einem so jungen Mädchen könnte man kaum taktisches Denken erwarten, das einem Krieg angemessen wäre. Das wäre mein Job als ihr Servant. Wie gerne hätte ich Sherlock auf meiner Seite gewusst, doch ich ahnte, dass er dafür seine Pflichten als Ruler um der Gerechtigkeit willen viel zu genau nähme. Sherlocks Rulerkollege lächelte etwas holprig. “Das ist wohl wahr, dennoch gibt es keinen Grund, Unmut zu verbreiten. Manchmal erblüht unerwartet eine Kraft, die zuvor nicht zu erahnen war.” An dem war wirklich ein ziemlicher Optimist verloren gegangen. Aber ihm war schon klar, dass es hier um Leben und Tod ging für die Teilnehmer, ja?
 

Mir wurde bei diesen Themen schon ein wenig mulmig. Mein kleiner Master hingegen ließ sich davon nicht im geringsten beirren. Vielmehr platzte sie vor Neugier und starrte beide Ruler gleichermaßen aufgeregt an, als sie Fragen auf die zwei Männer niederprasseln ließ. “Wird ein Ruler genauso beschworen wie alle anderen Servants? Könnt ihr dann auch über eure Gedanken mit dem Gral sprechen? Und hören die Master denn auch alle auf euch? Wieso nehmt ihr den Gral dann nicht selbst?” Sie hielt nur inne, um Luft zu holen, was Karl der Große nutzte, um zumindest einen kleinen Teil ihrer Fragen zu beantworten. “Ganz ruhig, junge Dame. Wir werden vom Gral beschworen und nicht immer hören die kämpfenden Master auf uns”, erklärte er ruhig und mit einem Lächeln auf dem Gesicht. “Aber die Servants, oder? Sie müssen doch!”, ereiferte sich Elisabeth ungehemmt weiter, während ich nur dumm daneben stand. Scheu kannte sie jedenfalls keine.

“Wo sind denn überhaupt eure Befehlszauber?” Karl der Große lachte nur wohlwollend, während Sherlock Elisabeths Fragen beantwortete: “Ich trage meine auf den Oberarmen und wenn es sein muss, dann benutze ich sie natürlich, damit sich alle an die Regeln halten”, erklärte er, während sein Kollege nur beipflichtend nickte. “Müsst ihr denn auch hin und wieder kämpfen?” Elisabeths Augen waren groß geworden, als sie das fragte und ihre Stimme zu einem Flüstern gesenkt, als fürchte sie, das könne nun doch jemand hören. “Es kommt vor”, gab Sherlock zu und seufzte verhalten. Ernst sah er Elisabeth an. “Wir hoffen jedoch, dass ein Eingreifen in diesem Krieg nicht nötig sein wird. Mach dir keine Sorgen.” Elisabeth nickte langsam, sah jedoch drein, als habe sie noch mindestens drei Dutzend weiterer Fragen, mit denen sie die beiden Ruler bombardieren könnte.
 

“Master, sicher haben die beiden Ruler viel zu tun”, mischte ich mich eilig in das Gespräch. “Karl der Große und Sherlock Holmes, nicht wahr? Es war uns wirklich eine Freude, euch zu treffen, doch wir wollen euch wirklich nicht unnötig aufhalten.” Kurz konnte ich Überraschung über die Züge beider Ruler huschen sehen, doch bei Sherlock nur so kurz, dass ich es mir ebenso gut nur eingebildet haben konnte. Karl allerdings lächelte so schnell wieder, als habe er ganz vergessen, dass sich er und Sherlock nicht vorgestellt hatten. “Nennt mich doch Charles, das tun die meisten”, meinte der einstige Herrscher unbeirrt lächelnd.

Eli, der ich die Hände auf die Schultern gelegt hatte, blies die Wangen auf. “Aber Caster…”, murrte sie. “Vielleicht sind sie ja zu einem Rulertreffen unterwegs?”, versuchte ich Elisabeths Schmollen zu besänftigen und erntete doch nur ein warmherziges Lachen Charles’. “Es gibt zwar einen weiteren Ruler, doch bedauerlicherweise können wir wohl leider nicht auf eine Kooperation bauen.” Sherlock runzelte die Stirn, nickte jedoch und wirkte einen Moment lang nachdenklich. “Dann kommt doch uns besuchen!” Elisabeth strahlte sofort wieder über das ganze Gesicht. “Wir backen Kekse und es gibt lecker Milch dazu.”

So wie Sherlock dreinsah, hatte er das nicht kommen sehen. Ihm stand ins Gesicht geschrieben, dass er mit seinen Gedanken eigentlich ganz woanders war und weniger bei Tee und Keksen als vielmehr dem dritten Ruler, von dem Charles gesprochen hatte. Als Ruler fand ich Holmes wirklich passend, wenngleich ich doch hoffte, dass dieser Krieg keine Rätsel involvieren würde, an denen sich der clevere Mann festbeißen könnte. Solche Rätsel bedeuteten nämlich zwangsläufig Probleme. “Diese großzügige Einladung nehmen wir von Herzen gerne an”, erklärte Charles, ehe Sherlock überhaupt eine Chance hatte, etwas zu sagen. “Wäre euch morgen genehm?” Eli nickte bereits heftig. “Wir freuen uns bereits, nicht wahr, Holmes?” Sherlock riss sich aus seinen Gedanken und schenkte Elisabeth ein höfliches Lächeln, während er eine Verneigung andeutete. “Selbstverständlich. Auch wenn ich eine Tasse Earl Grey der Milch vorziehe. Herzlichen Dank für die Einladung.” Das überraschte mich so überhaupt nicht. Er war eben ein Brite unter den Briten und erfüllte da wohl wirklich jedes Klischee. Das hieße dann wohl, dass Eli und ich auf jeden Fall noch Tee einkaufen müssten, denn Earl Grey hatte mein Master bestimmt nicht im Haus. Kinder mochten doch meist eher nur die süßen Sorten.
 

Charles lächelte zufrieden. “Es ist schön, so angenehme Bekanntschaften im Gralskrieg zu machen.” Diesen Satz hätte ich direkt unterschrieben. Meine Bekanntschaften liefen bisher eindeutig eher unter der Kategorie “Seltsam”. “Habt ihr denn schon alte Bekannte getroffen? Vielleicht Astolfo?”, erkundigte ich mich im Plauderton, nun etwas auftauend. Charles strahlte eine solche Entspanntheit aus, dass es schwer war, misstrauisch zu bleiben und als Ruler würde er mir kaum in den Rücken fallen, richtig? Er war immerhin zur Neutralität berufen und Sherlock würde darauf zweifellos auch ein Auge haben. Jetzt allerdings huschte ein Rotschimmer über das Gesicht des Rulers, wie ich überrascht feststellte. So war das also, mh? Gut zu wissen. Irgendwie süß. Jetzt hoffte ich richtig, dass uns Astolfo über den Weg liefe. Die Zwei würde ich einmal durch den Krieg shippen als wäre ich der FedEx-Mitarbeiter des Monats. “Bisher nicht, doch in den Kriegen um den Heiligen Gral ist alles möglich”, erklärte Charles mit einem etwas verlegenen Grinsen. “Vielleicht triffst auch du alte Freunde, Caster.” Ich nickte und zwang mich zu einem Lächeln.

Wenn ich ganz ehrlich war, hoffte ich inständig, dass meine Freunde nicht hier abhingen. Nicht nur, dass ich keinen von ihnen töten wollte, ich wüsste auch echt nicht, womit sich einer von uns den Titel als Held hätte gewinnen können. Oder halt als Antiheld. Wir waren schräg, aber im Grunde harmlos. Dass ich hier war, stellte mich ohnehin schon vor ein Rätsel. Apropos Rätsel…

Mein Blick wanderte zur Sherlock, der mich unverwandt anstarrte, als hätte er fest damit gerechnet, dass ich nun zu ihm sähe. Irgendwie unangenehm und als wäre ich ein Rätsel, das er zu lösen versuchte. Dabei hatte ich selbst so viele Fragen! Es ließ sich nicht leugnen, dass dieser Kerl mir zu Antworten verhelfen könnte. Selbst wenn er noch keine hatte, er könnte das Rätsel knacken, sofern er es interessant genug fand. Fraglich blieb also nur, ob er mir die Lösung dann auch offenbaren würde oder das seiner Ruler-Neutralität widersprach.
 

“Wir sollten nun wirklich weiter”, ergriff Holmes das Wort, den Blick unverwandt auf mich gerichtet, obwohl er eigentlich mit Charles sprach. “Oh, ist es wirklich schon so spät? Tatsächlich.” Der Ruler deutete eine Verbeugung in meine Richtung an. “Es war mir ein Vergnügen, Caster. Bitte richte dies auch deinem Master aus.” “Natürlich. Die Freude war ganz meinerseits”, gab ich lächelnd zurück und stutzte schon im nächsten Moment. Meinem Master ausrichten? Oh nein. Panisch sah ich mich um. Keine Spur von Elisabeth. Es durchlief mich eiskalt. Wo war sie? Es dauerte einen Augenblick, in dem ich schon nicht mehr hörte, wie sich Holmes verabschiedete, bis ich mich darauf besann, dass ich Eli als meinen Master ja spüren konnte. Ich müsste also nur dem Gefühl folgen. Krampfhaft konzentrierte ich mich. “Master, wo bist du?”, versuchte ich, ihr meine Frage mental zu übermitteln, doch erhielt keine Antwort. Dann eben auf dem herkömmlichen Weg!

Wie groß die Gärten waren, wurde mir erst jetzt klar. Wohin ich auch sah und lief, nirgends konnte ich eine Spur von Elisabeth entdecken. Mehrmals hielt ich an, um Passanten nach ihr zu fragen, doch helfen konnte mir niemand. Zwar schickte mich ein freundliches Paar auf die Fersen eines Mädchens im passenden Alter, doch leider handelte es sich dabei nicht um meinen Master, sodass meine Suche von neuem begann. Mit jeder Minute, die verstrich wurde ich panischer. Wie konnte es sein, dass sie einfach verschwunden war? Was, wenn ihr etwas zustieß oder ein anderer Master sie angriff, um sie aus dem Krieg zu entfernen? Mir wurde ganz übel, wenn ich daran dachte. Da half es auch nicht, dass ich mich damit beruhigte, dass Eli auf jeden Fall noch lebte, sonst wäre ich schließlich nicht mehr da, richtig?
 

Planlos und von Grauen erfüllt konnte ich nichts produktiveres tun, als herumzulaufen ohne auch nur eine Spur von meinem Master zu finden. Stattdessen traf ich allerlei andere Master und Servants, wenngleich ich keinen ansprach. Zweimal jedoch hielt ich inne, um ein wenig zu lauschen, zumal Namen fielen, die mir etwas sagten. Bedivere, Lord El Melloi und irgendwo meinte ich den Namen Einzbern gehört zu haben. Die alten Familien waren also weiterhin mit dabei. War ja klar. Mehr Aufmerksamkeit schenkte ich den Unterhaltungen um mich herum jedoch nicht, immerhin musste ich meinen Master suchen.

Als ich Elis Stimme endlich vernahm, durchflutete mich Erleichterung. Suchend wanderte mein Blick über die Büsche zu meiner linken, die undurchdringlich schienen. Sie musste dahinter sein. Gerade wollte ich nach ihr rufen, damit sie nicht wieder wegliefe, als mein Master etwas sagte, das es mir eisig den Rücken herunter lief. “Danke, dass du mir Casters Katalysator gegeben hast. Ich habe die Beschwörung ganz allein durchgeführt!” Sie klang ganz aufgeregt und freudig, ganz so, als unterhalte sie sich mit jemandem, den sie gut kannte. “Du hättest es sehen sollen! Es war super!”

Ich rannte so schnell ich konnte. Das war meine Chance, herauszufinden, von wem mein kleiner Master meinen Katalysator erhalten hatte und damit vielleicht auch schon, was sich dieser Jemand dabei gedacht hatte. Ich lauschte angestrengt, doch offenbar erhielt mein Master keine Antwort, sodass ich nichtmal wusste, ob es ein weiblicher oder ein männlicher Servant war, der da mitmischte. Mein Atem ging schnell, als ich die Hecke umrundete und Elis Rücken entdeckte, nur wenige Meter vor mir. Zu spät. Die Person, mit der sie gesprochen hatte, war weg. Verdammt! Das war doch zum Haareraufen!

“Caster! Jetzt hast du mich ja doch gefunden.” Beinahe klang Elisabeth enttäuscht, als habe ich ihr eine gute Runde Versteckenspielen ruiniert. “Ich habe mir Sorgen gemacht!”, verteidigte ich mich, während mein Blick doch noch suchend umher wanderte in der vagen Hoffnung, doch noch irgendwo jemanden zu entdecken, der als Elisabeths Gesprächspartner in Frage kam. “Du warst so plötzlich weg, Master.” “Doch nur ganz kurz!”, protestierte die kleine Elisabeth in quengelndem Tonfall ob meines versteckten Tadels. “Gehen wir zurück zu Onkel Marlin. Bestimmt wartet er schon mit dem Essen auf uns.” Ehe ich auch nur daran hätte denken können, zu protestieren, ergriff Eli meine Hand, um mich mit sich zu ziehen.

Ich warf noch mehrmals Blicke zurück, doch konnte nie jemanden entdecken. “Master, mit wem hast du dich denn gerade unterhalten?” “Mit einem ganz lieben Onkel”, flötete sie gut gelaunt zur Antwort. “Und… wie sieht der aus?”, hakte ich nach, doch erntete nur einen unverständigen Blick. “Ganz normal. Du stellst aber komische Fragen, Caster.” Am liebsten hätte ich geseufzt. So sehr ich mir auch das Hirn zermarterte, mir fiel einfach kein guter Grund dafür ein, wieso dieser Servant mich mied, außer dem, dass er genau wusste, wie sein Handeln für mich aussah. Er hatte Elisabeth und mich zugleich nutzlos machen können. Wenn ich den erwischte, würde ich ihm was husten, schwor ich mir selbst stumm.
 

Zum Glück war Elis Orientierung bedeutend besser als meine, denn ich hätte wohl selbst für den Gral nicht zurück zu Marlins Labor gefunden. Elisabeth jedoch führte mich zielsicher und wie schon auf dem Weg zu den Gärten, ignorierten die Leute sie schlicht. Beinahe, als wäre sie überhaupt nicht da. Die Schlange vor dem Gebäude war geschrumpft, aber noch nicht ganz verschwunden, doch niemand sah auch nur in unsere Richtung, als sich Elisabeth einfach an den Wartenden vorbei schob und mich mit sich zog.

Nicht nur ihre Orientierung, sondern auch ihr Zeitgefühl war eindeutig besser als meines, denn sie hatte völlig Recht gehabt mit ihrer Vermutung, Marlin würde bereits mit dem Essen auf uns warten. Wir kamen gewissermaßen genau richtig, denn gerade, als Eli ein lautes “Wir sind wieder da!”, fröhlich in den Flur rief, trat Merlin aus einer Tür heraus, um uns mit einem Lächeln zu begrüßen. “Ah, wie schön. Essen ist gleich fertig. Macht es euch doch schon einmal bequem.” Elisabeth nickte über das ganze Gesicht strahlend und ging voran. Dieses Mal ging es nicht in den Besprechungsraum vom letzten Mal, sondern durch eine Tür am Ende des Flures, die in einer kleine Wohnung führte. Also wohnte Merlin wirklich hier. Neugierig sah ich mich um, während es sich Eli schon im Wohnzimmer an einem großen Tisch bequem machte. Diogenes lag auf dem Sofa, wie ich nur erkennen konnte, weil seine Füße über die Armlehne ragten.

Erst, als Merlin mit einer großen Auflaufform, aus der es herrlich duftente, in den mit Kochhandschuhen bewährten Händen gen Tisch balancierte, folgte ich auch. Etwas Spannendes hatte ich sowieso nicht gefunden. Die Wohnung war hell, freundlich und total langweilig. Es gab ein paar gemeinsame Fotos von Eli und Merlin, das war auch schon alles. Der Rest war unpersönlich und könnte ebensogut bei Ikea als Deko in einem Regal stehen.
 

Diogenes hatte sich tatsächlich erhoben und ebenfalls an den Tisch gesetzt, als Merlin das Essen servierte und zuerst Elisabeths Teller füllte. “Ich hoffe, ihr hattet einen schönen Ausflug”, plauderte der britische Magier gut gelaunt. “Habt ihr ein paar nette Leute getroffen?” Ich für meinen Teil hätte ihm lieber nichts von unserer Begegnung mit den beiden Rulern erzählt, doch Eli kannt solche Hemmungen nicht. “Wir haben zwei Ruler getroffen. Die waren beide wirklich sehr nett und kommen uns besuchen.” Merlins Lächeln schien arglos, doch dem traute ich nicht. “Oh, haben sie sich auch vorgestellt?” Elisabeth überlegte kurz. “Ähm… Einer hieß Karl der Große und der andere Homle? Homer? Holmes! Genau, Holmes! Und Karl wird Charles genannt!” Sie strahlte über das ganze Gesicht. Dass sie keine Ahnung hatte, wer diese zwei waren, hätte nicht klarer sein können. Irgendwie war das schon richtig süß. Merlins Schmunzeln jedoch weniger. “Welch Ironie, wo doch einer der Archer sich Moriarty nennt. Das ist der Gegenspieler von Sherlock Holmes”, fügte er erklärend gen Elisabeth hinzu. Mir drehte sich bei dieser Information bereits der Magen um und plötzlich roch der Auflauf gar nicht mehr so lecker. Holmes war eine gute Nachricht, Moriarty jedoch weniger, auch wenn Merlin so gelassen klang, als glaube er selbst nicht, dass dieser ebenfalls an diesem Krieg teilnahm. Vielleicht erlaubte sich auch nur jemand einen Scherz, um Ruler aus der Reserve zu locken. Darauf bauen würde ich jedenfalls lieber nicht.

“Ruler wird sicher seine wahre Freude an diesem Krieg finden, wenn er erst erfährt, dass auch Arsene Lupin dieses Mal mit von der Partie ist”, fuhr Merlin so gut gelaunt fort, als hielte er hier nur ein lockeres Pläuschchen und führe nicht eine Liste potentieller Feinde. Wäre Eli nicht anwesend, hätte ich ihm wohl ein ‘Ist ja schön für Ruler’ gedrückt, so aber schluckte ich meinen Sarkasmus herunter und als wüsste Marlin das ganz genau, plauderte er einfach weiter. “Sindbad und Lorelei sind heute Mittag schon vor dem Labor aneinander geraten”, seufzte der Magier, ehe er sich dem Essen zuwandte und damit dem Beispiel seines Servants folgte. Der jedoch ging nicht unbedingt mit gutem Beispiel an die Sache heran. Fassungslos konnte ich nur zusehen, wie Diogenes das Besteck einfach liegen ließ und stattdessen mit den bloßen Fingern nach den Nudeln griff. Und als wäre das nicht genug, war er damit nicht allein. Eli ahmte Diogenes nach, hatte ihre Gabel beiseite gelegt und griff auch mit den Fingern in den Auflauf. Alarmiert langte ich über den Tisch nach Elisabeths Gabel, um ihr diese in die Hand zu drücken. “Lass das lieber, Master. Du wirst dir noch die Finger verbrennen”, mahnte ich sie und warf einen vielsagenden Blick in Diogenes’ Richtung, der das entweder nicht bemerkte oder den es schlichtweg nicht interessierte.
 

Lustlos kaute ich auf meinem Essen herum, das vielleicht wirklich lecker war, aber im Moment einfach keine Würdigung von mir erfahren würde. Zu sehr hing ich in meinen Gedanken anderswo. Die beiden Ruler könnten mir vielleicht mehr verraten, wenn ich ihnen sagte, was geschehen war, aber würden sie das tun? Sie waren immerhin unparteiisch und dass ein Servant einen Master tötete, war nicht gegen die Regeln. Einen Katalysator weitergeben vermutlich auch nicht. Wieso auch? Normalerweise tat das ja niemand, der nicht einem Verbündeten half und Bündnisse hatte es immer wieder mal gegeben. Es war zum Haareraufen!

Wie Merlin schließlich abräumte, bekam ich nur am Rande mit. Meine Gedanken kreisten um die drei Dinge, die ich dringend klären musste. Erstens: Das Buch. Zweitens: Der Katalysatoren-Dealer. Drittens: Cú Chulainn. Meine größten Hoffnungen lagen auf dem Buch und das größte Rätsel war eindeutig der Servant, der Eli meinen Katalysator gegeben hatte. Zumindest diese beiden Rätsel allerdings konnte ich hoffen noch heute zu lösen. Ein kleiner Lichtblick in diesem ganzen Chaos.

Mit meinen ganzen Fragen saß ich auf glühenden Kohlen, während die Minuten nur so dahin krochen. Beinahe, als habe selbst die Zeit entschieden, dass es doch lustig wäre, mich ein wenig auf die Folter zu spannen. Es fiel mir richtig schwer, mir meine Erleichterung nicht anmerken zu lassen, als Eli endlich zum Aufbruch rief und wir uns auf den Heimweg machten. Inzwischen konnte man am Himmel schon den Mond erkennen, obgleich die Wolken noch orangerot gefärbt waren. Den ganzen Weg über plapperte Eli völlig entspannt über den Tag und freute sich auf das Treffen mit den beiden Rulern. Oder zumindest auf die Kekse, denn sie plante bereits, welche wir morgen früh backen würden und ob wir dafür noch einkaufen müssten. “Was für Kekse magst du denn am liebsten, Caster?”, wollte sie wissen. “Äh… Kokosmakronen?” “Dann backen wir die auch!”
 

Die Skeptikerin in mir verlangte, die Wohnung erst einmal auf Eindringlinge zu überprüfen, auch wenn ich nichts Ungewöhnliches spüren konnte. Natürlich war niemand da. Die Fenster waren geschlossen und die Wohnung war so still, dass man eine Stecknadel hätte hören können, hätte man eine fallen lassen. “Möchtest du auch baden, Caster?”, riss mich Elisabeth aus meiner Inspektion. “Mh? Nein, nicht nötig. Geh nur, Master. Ich werde hier warten.” Eilig schenkte ich dem Mädchen ein Lächeln, das sie strahlend erwiderte, ehe sie im Bad verschwand.

Zeit für mich, um endlich einen Blick in mein ominöses Zauberbuch zu werfen. Ob ich darin vielleicht Zauberformeln fände, die mir helfen würden, meinen Master und mich in diesem Krieg zu beschützen? Oder vielleicht Runenzauber wie die, die auch Cú benutzte? Wirklich cool wären auch Transformationen. Jemanden in eine Maus oder einen Schmetterling verwandeln zu können, wäre doch mal echt lässig und eine interessante Art, einen Kampf zu gewinnen. Meine Hoffnung wurden jedoch gnadenlos enttäuscht, als ich mich auf das Sofa fallen ließ und enthusiastisch die erste Seite des Buches aufschlug, auf der es hieß:
 

"Geschrieben steht: "Im Anfang war das Wort!"

Hier stock ich schon! Wer hilft mir weiter fort?

Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen,

ich muss es anders übersetzen,

wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.

Geschrieben steht: Im Anfang war der Sinn.

Bedenke wohl die erste Zeile,

dass deine Feder sich nicht übereile!

Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft?

Es sollte stehen: Im Anfang war die Kraft!

Doch, auch indem ich dieses niederschreibe,

schon warnt mich was, dass ich dabei nicht bleibe.

Mir hilft der Geist! Auf einmal seh ich Rat

und schreibe getrost: Im Anfang war die Tat!"
 

Ich überflog die Zeilen ein zweites Mal. Dann noch ein drittes Mal. So richtig schlau wurde ich aber dennoch nicht daraus. War das so ein ‘Die Feder ist mächtiger als das Schwert’-Ding? Klar, kein Ding. Super. War ich voll für, aber so brachte mich das alles nicht wirklich weiter. Und sollte das ein Rätsel sein? Bedenke die erste Zeile… Am Anfang war das Wort. Sollte ich einfach auf das erste Wort achten? Irgendwie half mir jedoch auch das nicht weiter. Ich runzelte die Stirn. Also, wenn ich das Rätsel richtig zerlegte, dann wies das Buch mir, dass am Anfang die Tat war und ich das erste Wort bedenken soll. Hieß das, ich sollte etwas in das Buch schrieben? Wurde das hier Harry Potter Band 2.1? Wenn mir mein Zauberbuch den Kontakt zu Voldemort ermöglichte, dann hätte ich den Gipfel der Verwirrung erklommen, denn von dem Kerl könnte ich nur lernen, ein Arsch ohne Nase zu sein. Darauf legte ich nun wirklich keinen Wert.

Ratlos blätterte ich weiter, um… Nichts zu finden. Lauter leere Seiten. Weiße Blätter, kein Text mehr. Das sprach wohl für meine Theorie mit dem Reinschreiben. Entschlossen holte ich mir aus der Küche einen Kugelschreiber und überlegte kurz, ehe ich ein saloppes “Hi” auf die erste freie Seite schrieb - oder vielmehr schreiben wollte, denn der Kugelschreiber hinterließ keine Spuren. Auch der Wechsel auf einen Bleistift änderte nichts. Die Seite blieb weiß. Meine Worte waren nicht sichtbar und eine Antwort erhielt ich auch nicht. Soviel also dazu. Seufzend durchblätterte ich das Buch, war sogar kurz versucht, eine Seite herauszureißen, entschied mich dann aber dagegen. Falls dieses Ding mein Noble Phantasm war, war es unklug, es kaputt zu machen. Vielleicht, amüsierte sich eine finstere Stimme in meinem Hinterkopf, war das auch kein Buch im herkömmlichen Sinne, sondern ein Death Note. Dann müsste ich einen Namen hineinschreiben. So richtig euphorisch, das zu erproben, war ich dann aber doch nicht.
 

Als ich hörte, wie Elisabeth das Bad verließ, gab ich meine Hoffnungen auf, heute noch etwas aus diesem Buch herauszukriegen und schloss es einfach wieder. Immerhin keine meiner Fanfiktions. Damit war zumindest meine Ehre für’s Erste irgendwie gerettet, auch wenn das Buch mir nicht im geringsten weiter half. Elisabeth begrüßte mich förmlich mit einem Gähnen. “Komm, ich bringe dich ins Bett, Master.” “Aber ich bin noch gar nicht müde”; protestierte Eli halbherzig, sträubte sich jedoch nicht, als ich sie mit sanfter Gewalt in Richtung Schlafzimmer lotste. “Wir müssen doch morgen früh aufstehen, um Kekse für unsere Gäste zu backen”, erinnerte ich sie sanft und hielt dann doch noch einmal inne, während Elisabeth ins Bett kletterte. “Sag mal, Master… Wie genau sieht eigentlich der Servant aus, der dir meinen Katalysator gab?” Fragend sah sie mich an. “Wie ein Mann, ein ganz normaler Servant”, meinte sie, als würde das alles erklären. “Es war wirklich lieb von ihm, mir deinen Katalysator zu geben. Dank ihm haben wir uns kennengelernt!” So wie Elisabeth grinste, vergaß ich fast, dass der gleiche Kerl, der sie und mich zusammengebracht hatte, zugleich der Mörder meines ersten Masters war. An dem hing ich zwar emotional so sehr wie an Schimmel, aber nichtsdestotrotz gab es mir zu denken, dass jemand, der kaltherzig jemanden hinterrücks tötete, der kleinen Elisabeth so nahe kam. “Stimmt. Schlaf gut, Master.” “Caster? Erzählst du mir noch eine Gutenachtgeschichte?” Ich grinste. “Natürlich.” Sie musste ja nicht wissen, dass ‘Aristocats’ nicht mein geistiges Eigentum war. Danke Disney!

Noble Phantasm

Die Nacht über hatte ich einfach keine Ruhe finden können. Meine Gedanken waren unerbittlich um das Buch gekreist, von dem ich nun eindeutig sagen konnte, dass ich wirklich keinen Plan hatte, was ich damit anstellen sollte. Man konnte nicht darin schreiben und zu lesen gab es auch nicht allzu viel. Mir kam es vor, als habe der Gral sich einen boshaften Scherz auf meine Kosten erlaubt. In gewisser Weise hatte er das ja auf jeden Fall. Immerhin war ich per Definition wirklich überhaupt nicht als Servant geeignet und doch war ich hier, ein Caster wider Willen. Wenn mein Noble Phantasm ein Buch war, dann entweder, weil ich gerne las oder weil ich schrieb. Und damit war ich wieder bei dem Punkt, dass in diesem speziellen Buch beides nur bedingt oder gar nicht möglich war. Da beneidete ich Caster wie Cú mit seinem Wicker Man. Das Riesending kam halt einfach um die Ecke gebrezt und verbrannte alles auf seinem Weg - wahlweise auch Servants. Das war ein wirklich eindrucksvolles Noble Phantasm. Meines hingegen stellte mich nur vor ein Rätsel. Was sollte ich damit tun? Das seltsame Gedicht vorlesen und hoffen, es würde schon etwas passieren? Sollte das den Geist anderer Servants verwirren? Dann klappte das sicher nur bei hohlen Nüssen - mit Ausnahme der Berserker, denn die würden wohl nicht einmal bis zum Ende zuhören.

All das hatte mich jedoch nicht davon abgehalten, die ganze Nacht in den leeren Seiten zu blättern, über die sorgsam in schöner, geschwungener Schrift verfassten Buchstaben zu streichen und mich zu fragen, was mir diese Zeilen sagen wollten und wie ich sie benutzen könnte, um Elisabeth und mich zu beschützen. Vergeblich. Als der Morgen dämmerte, war ich keinen Deut schlauer, sondern lediglich frustriert, weil auch meine Versuche, nochmal in dem Buch zu schreiben oder zu malen, zu rein gar nichts führten. Wie die Morgensonne durchs Fenster fiel und den neuen Tag ankündigten, bemerkte ich nicht einmal.
 

Ob der Erkenntnis, dass ich alleine so nicht weiterkam, wog ich die zwei Personen ab, die ich um Hilfe bitten könnte und die mir vielleicht - und nur vielleicht - helfen könnten. Merlin und Cú Chulainn. Keine der beiden Optionen gefiel mir so richtig.

Merlin mochte im Moment ein Verbündeter sein, doch ich traute ihm einfach nicht. Mr. Magical Dick konnte hundertmal der größte Zauberer aller Zeiten (außer Gandalf) sein. Solange er seine Identität, zugegeben hundsmiserabel, verschleierte, gab das wenig Anlass für Vertrauen. Allerdings war er weit herumgekommen und kannte sich vermutlich sehr gut mit Magie aus, sodass er vielleicht wirklich wüsste, was es mit meinem Noble Phantasm auf sich hatte.

Die andere Option war Cú Chulainn, der jedoch selbst lieber ein Lancer war und außerhalb der Runenmagie vermutlich auch wenig versiert. Ihm allerdings traute ich irgendwie eher zu, mir zu helfen ohne dabei nur noch mehr Rätsel auf den Tisch zu legen. Denn genau das nahm ich in Merlins Fall an. Der Magier der Blumen würde mir doch noch ins Gesicht lächeln, wenn er mir ein Rätsel an die Hand gab, dessen Lösung mir bei meinem Problem helfen könnte.
 

Als ich aus den Augenwinkeln Elisabeth bemerkte, die trotz der frühen Stunde durch die Wohnung wanderte, schlug ich mein Buch kurzentschlossen zu und musterte meinen Master verwirrt. Sie wirkte so anders! Völlig verändert und das über Nacht. Beinahe, als wäre sie eine völlig andere Person. Die Art, wie sie sich bewegte und mich schließlich ansah, passten so gar nicht zu der fröhlichen Dreizehnjährigen, die ich kennen gelernt hatte. Jetzt wirkte sie eher düster und erhaben, beinahe wie eine Königin, die ihren Thronsaal entlang schritt, während sie einen besonders lästigen Bittsteller anhörte. “Master?”, sprach ich sie vorsichtig an und erntete ein finsteres Lächeln, wenn man die boshaft anmutende Fratze, die sie zog, so nennen wollte. Mir lief es eiskalt den Rücken herunter. Wer auch immer das war, es war eindeutig nicht die kleine Elisabeth. Daran konnte kein Zweifel bestehen. War sie von einem Geist besessen und ging das im Fate-Universum überhaupt? Vielleicht war dieser Zustand Folge eines Noble Phantasms eines anderen Casters?

“Guten Morgen”, versuchte ich mein Unwohlsein zu überspielen. “Möchtest du frühstücken?” Elisabeth oder vielmehr die Person, die ihren Körper bewegte, machte nur eine abwertende Geste, die so gar nicht zu der Mädchengestalt passen wollte. “Benutz dein Buch, Caster”, wies sie mich mit kalter Stimme an. So hatte Elisabeth nie mit mir gesprochen. Sie war immer herzlich und freundlich gewesen, auch wenn manchmal etwas neben der Spur. Dieser Befehlston allerdings war klar nicht typisch für die echte Elisabeth. Ich presste die Lippen fest aufeinander und zögerte. Wer immer sie war, ich war nicht besonders motiviert, ihren Anweisungen Folge zu leisten, zumal ich das Buch ja sowieso nicht benutzen konnte, weil ich schlicht nicht wusste, wie. Das wusste die Fremde wohl nicht, die durch Elisabeths Mund sprach.
 

Starr fixierte mich ihr Blick und ein verärgertes, dunkles Funkeln blitzte in den sonst so freundlichen, braunen Augen. “Worauf wartest du, Caster?” Ihre Frage klang nicht, als erwarte sie wirklich eine Antwort, sondern eher als drohe sie mir mit Konsequenzen, wenn ich nicht täte, was sie verlangte. Ich schluckte schwer. Solange ich nicht wusste, wie ich Elisabeth befreien und damit beschützen konnte, sollte ich diese fremde Person lieber nicht zu sehr provozieren. Also griff ich nach dem Buchband an meiner Hüfte und schlug ihn auf, ganz so, als wolle ich tun, was sie verlangte und mein Noble Phantasm entfesseln.

Eigentlich hatte ich damit gerechnet, nur wieder auf weiße Seiten zu blicken, wie schon die gesamte vergangene Nacht, doch zu meiner Verwunderung fiel mein Blick einen ordentlich geschrieben Text. Überraschung lag unübersehbar auf meinen Zügen. Damit hatte ich so gar nicht gerechnet. Was hatte sich verändert? Hatte ich etwas getan, um das Buch zu aktivieren? Nein. Und Elisabeth auch nicht, schloss ich sofort. Es musste an der Person liegen, die Elisabeth steuerte und daran, dass sie mir sehr viel mehr Mana zur Verfügung stellte, als es die kleine Eli gekonnt hätte. Wer immer hier die Fäden zog, war deutlich mächtiger als Elisabeth oder ich. Merlin hatte ich ausnahmsweise nicht in Verdacht. Dieser kalte Tonfall passte zu ihm ebensowenig wie zu meinem Master und auch Cú Chulainn schloss ich aus. Seine Art war so ein Vorgehen nun wirklich nicht. Es musste ein neuer Spieler in diesem Gralskrieg sein. Einer, den ich auf jeden Fall ernst nehmen müsste.

Allerdings könnte ich von ihr wohl auch etwas über mein Noble Phantasm lernen, so wenig mir das auch gefiel. Seit ich beschworen worden war, trieben andere Heldengeister ihr Spiel mit mir. Erst der Kerl, der meinen Master tötete und meinen Katalysator an Elisabeth weitergab, dann Merlin, dessen Pläne mir noch gänzlich rätselhaft waren, außerdem Cú, der vielleicht noch am ehesten mit offenen Karten spielte und schließlich die Person, die Elisabeth steuerte und hoffentlich unbehelligt wieder frei gäbe.
 

Mein Blick wanderte über die elegant geschwungenen Buchstaben, die nun die einst leeren Seiten zierten und von einem Kampf zeugten. “Ein Lächeln auf den Lippen warf die schöne Lorelei den Kopf zurück, erneut ihre Stimme zu erheben und damit einen Zauber über den Ritter zu legen, der bereits jetzt auf den harten Betonplatten kniete. Die Wirkung des letzten Spruchs der zauberhaften Caster hatten Tristan sowie seinen Master überrumpelt. Letzterer hatte obendrein die Macht von Loreleis Master zu spüren bekommen, zeugte von dessen letztem Angriff doch eine verbrannte Wunde an der Schulter der jungen Frau, deren Blick immer wieder zu ihrem Servant Tristan wanderte, dessen Zustand ebenfalls preisgab, dass sich der Kampf nicht zu ihren Gunsten entwickelte.” Dass die Worte laut über meine Lippen kamen, bemerkte ich erst, als ich die ersten Zeilen bereits vorgelesen hatte und deren Inhalt damit auch der fremden Seele in Elisabeth preisgab, was mir mein Buch offenbarte.

Wäre mir nicht sowieso schon flau gewesen, dann hätte sich spätestens jetzt mein Magen umgedreht. Wäre ich nicht ein Servant und dieses Buch mein Noble Phantasm, ich hätte diese Zeilen einfach als eine Geschichte abgetan oder als etwas, das vielleicht im letzten Gralskrieg passiert war. So aber war ich mir sicher, dass mir das Buch nichts verriet, was irgendwann mal passiert war, sondern was genau jetzt geschah. Und hatte ich nicht gestern schon gehört, dass Lorelei in diesem Krieg beschworen worden war? Vage erinnerte ich mich an die Gesprächsfetzen, die ich aufgeschnappt hatte. Also hatte sie nicht nur mit Sinbad den Kampf gesucht, sondern jetzt auch mit Tristan. Ob der bereits Bedivere oder sogar Merlin getroffen hatte? Vielleicht war ja sogar Arthuria hier und könnte ihre Tafelrunde um sich versammeln. Ob die überhaupt willens wären, gegen ihren König zu kämpfen?
 

“Überaus ärgerlich”, riss mich Elisabeths Stimme aus meinen Überlegungen. Mein Master - oder zumindest die Person, die sie derzeit beherrschte - hatte die Arme verschränkt und wirkte mehr als nur ein wenig angepisst. Warum, erschloss sich mir jedoch nicht. Der Kampf ging im Moment weder sie noch mich etwas an und damit vermutlich auch ihren Master nicht. Es sei denn natürlich, der hatte ein Bündnis mit der jungen Frau, die Tristans Master war oder sie kannte entweder Lorelei oder Tristan aus ihrem vergangenen Leben. Auszuschließen war das nicht.

Eilig durchkämmte ich meine Erinnerungen. Besonders viel fand ich dort jedoch weder zu Tristan, noch zu Lorelei. Letztere, das wusste ich aber wenigstens, war eine künstliche und sehr junge Mythengeschichte um eine Rheinbiegung. Sie würde also vermutlich keinen anderen Servant aus ihren Lebzeiten kennen. Der Mann, der ihr das Herz gebrochen hatte und sie zur Unheil bringenden Nymphe gemacht hatte, hatte immerhin schon in ihrer kleinen Sage keine Rolle gespielt.

War es vielleicht Isolde, Tristans Liebste, die durch Eli sprach? Möglich wäre das wohl, auch wenn sie immer als warmherzig und freundlich beschrieben wurde und dieses Verhalten, das sie hier zeigte, indem sie ein Kind besetzte, so gar nicht dazu passen wollte.
 

“Wie geht es weiter, Caster?”, verlangte sie zu wissen, den Blick eisig auf mich gerichtet. Einen Moment lang wollte ich einfach nichts sagen, doch meine Neugier siegte und so fand mein Blick von selbst zurück zu den Zeilen in meinem Buch, die verrieten, dass der Kampf weiter gegangen war und zwar nicht unbedingt zum Besten für Tristan. Der war inzwischen schwer verletzt, hielt sich eine blutende Wunde am Arm und taumelte, betäubt durch den Liebeszauber, den Lorelei um ihn zu weben suchte, um ihn damit dazu zu bringen, sich selbst zu vernichten. Wieder hatte ich die Worte, die ich las, laut ausgesprochen und damit auch der Fremden verraten, wie es um den Ritter Camelots und seinen Master stand.

Ich schluckte schwer. War mein Noble Phantasm so etwas wie eine Universalkamera, die mich an jedem Kampf teilhaben lassen konnte? Dann wäre ich auf jeden Fall ziemlich gut darin, Informationen zu beschaffen. Besonders, weil die Namen der Servants in meinem Buch verzeichnet waren. Oder waren sie das nur, weil ich diese Servants bereits namentlich kannte? Tristan hätte ich ja immerhin auch erkannt, wenn ich ihn getroffen hätte. Wenn meine Vermutung stimmte, wäre ich vielleicht sogar als Assassin qualifiziert gewesen, was nicht unbedingt dazu beitrug, dass ich mich wohler fühlte. Sollte meine besondere Fähigkeit wirklich eine Art Super-Voyeurismus sein? Bei dem Bild, das das auf mich warf, behielt ich das lieber für mich.

“Inakzeptabel”, befand die kühle Stimme meines temporären Masters knapp und ließ mich aufhorchen. Mir gefiel auch nicht unbedingt, was da geschah, aber für einen Gralskrieg war es nicht ungewöhnlich und da ich weder Lorelei noch Tristan oder deren Master persönlich kannte, hatte ich auch nicht wirklich eine Meinung dazu, wen ich lieber als Sieger sähe. Aus meiner Sicht war es prinzipiell erst einmal gut, wenn einer der beiden aus dem Krieg ausschied und damit keine Gefahr mehr für Eli und mich wäre. Die Person, die Elisabeth beherrschte, hatte aber eindeutig andere Pläne, wie mir klar wurde, als sie sich mit befehlsgewohnten Tonfall erneut an mich wandte. “Benutze dein Noble Phantasm und sorge dafür, dass Tristan und sein Master aus diesem Kampf siegreich hervorgehen.”
 

Ich sollte in den Kampf eingreifen? Wie stellte sich diese Person das vor? Einen Moment lang starrte ich mein Buch nur fragend an, als würde es mir spontan die Lösung auf diese Frage ausspucken. Dass es das jedoch wirklich tat, überraschte mich dann aber doch. Aus bläulichem Schimmer, der sich aus den Seiten erhob, formte sich eine Schreibfeder, nach der ich ohne zu zögern griff. Die Details zu meinem Noble Phantasm, die der Gral mir bei meiner Beschwörung verwehrt hatte, flossen jetzt wie von alleine durch meine Gedanken. Meine erste Annahme war falsch. Es diente nicht der Beobachtung, auch wenn es dies durchaus erlaubte. Der Clou war sehr viel aufregender und bedeutend mächtiger.

Authors Change hieß mein Noble Phantasm und es erlaubte mir, das Geschehen im wahrsten Sinne des Wortes umzuschreiben. Ich hielt den Atem an, als ich die Feder ansetzte. Tristan zu retten, lag in meiner Macht, solange mich diese fremde Person mit Mana versorgte, die sich an Eli vergriff. Aber war ich willens, ihr diesen Gefallen zu tun, obwohl ich nichts über sie wusste? Hatte ich überhaupt eine Wahl? Wenn ich mich offen gegen sie stellte, wer vermochte zu sagen, was sie dann mit meinem Master tat? Ganz abgesehen davon, war ich mehr als nur ein wenig neugierig, wie weit meine Kräfte reichen würden. Waren sie genug, um von hier aus im Verborgenen die Geschichte umzuschreiben? Falls ja, stellte das auch alle meine Überlegungen darüber auf den Kopf, wieso mein erster Master getötet, ich aber so schnell zu einem neuen gekommen war und auch, wieso sich Cú Chulainns Master für mich interessierte. Taktisch eingesetzt war dieses Noble Phantasm ein mächtiges Werkzeug in einem Krieg, in dem Informationen eine so große Rolle spielten.
 

Noch etwas unschlüssig schrieb ich die ersten Zeilen, ließ Tristan seine Kräfte sammeln und sich erheben, des Zaubers zum Trotz, der seine Glieder bleiern sein ließ, als trüge er unsichtbare Fesseln, die ihn herab zogen. Die Worte flossen nur so aus meiner Hand, während sich vor meinem inneren Auge das Bild entfaltete. Tristan, am Ende seiner Kräfte, der sich ein letztes Mal gegen die schier übermächtige Magie der schönen Lorelei stemmte, die unversehens einen Schritt zurück trat, als der Ritter seinen Bogen hob. Der jedoch spannte nicht sofort einen Pfeil auf die Sehne, sondern zupfte vielmehr mit schlanken Fingern über die gespannten Saiten der Waffe, die ihm zugleich als Instrument diente. Sanfte Töne erklangen, zogen den Zuhörer in ihren Bann und ließen die Wunden schwinden, die Tristan und sein Master davongetragen hatten, wenn auch nicht zur Gänze. Der jungen Frau in Tristans Rücken war anzusehen, dass auch sie diesen Wandel des Kampfgeschickes nicht erwartet hatte, war ihr Mana doch beinahe aufgebraucht, sodass der noble Ritter kaum davon für seine Fähigkeiten zehren konnte.

Kaum weniger erschrocken war Lorelei, die die volle Lockenpracht in den Nacken warf und den Mund öffnete, als wolle sie ihre Stimme gegen den Klang der Harfe schicken, die in Tristans Armen ruhte. Doch der rothaarige Mann hatte diese nun erhoben und auch wenn er keinen Pfeil anzulegen schien, so stand außer Frage, dass sein Angriff in dem Moment, in dem er eine Saite losließ, begann. Unsichtbar trafen die Schallwellen Lorelei, noch ehe sie die Stimme erheben konnte. Tristans Miene blieb ernst, als er erneut angriff, sich selbst zwischen den beiden Mastern positionierend, damit Loreleis Master für die junge Frau, die ihn begleitete, keine Gefahr mehr darstellte. Nur eine weitere, kleine Geste, mit der seine Finger über die Saiten tanzten, mehr brauchte es nicht, um Caster wie ihren Master von den Füßen zu fegen.

So machtvoll waren die ersten Angriffe des Heldengeists nicht gewesen, bemerkte Lorelei, nunmehr willens, selbst alles auf ihre Trumpfkarte, ihr Noble Phantasm zu setzen. Ein letztes Lied nur, das dem Ritter den Untergang bringen sollte. Eines, das niemand mehr hören sollte. Mit dem Mut der Verzweiflung, denn anders konnte sich Tristan nicht erklären, woher die Kräfte kamen, die er zu mobilisieren vermochte, griff er erneut an, die Sängerin der Rheinufer fest im Blick, die mit einem stummen Schrei auf den Lippen in goldenem Schimmer verschwand. Ihr Master mit seinem vom Kampf beschädigten Anzug starrte nur fassungslos auf die Stelle, an der die Schöne verschwunden war. Für ihn hatte dieser Krieg sein Ende gefunden.
 

“Es ist getan”, flüsterte ich leise, noch immer fassungslos, was ich da eben überhaupt vollbracht hatte. Tristan und Lorelei wussten nicht einmal, dass es mich gab und doch hatte ich ihren Kampf gerade entschieden, ohne, dass Tristan es jemals erfahren würde. Ahnte Merlin, dass ich das vermochte? Ahnte es überhaupt jemand? Wusste es vielleicht jemand? Womöglich genau die Person, die Eli meinen Katalysator gegeben hatte? Fragen über Fragen, auf die ich keine Antwort wusste. Zu meiner eigenen Überraschung hielt ich Merlin sowie auch Cú in diesem Fall für unschuldig. Dafür kam mir ein ganz anderer Gedanke: War vielleicht die Person, die Elisabeths Körper besetzte zugleich die Person, die ihr meinen Katalysator gegeben hatte?

Nur mit Mühe konnte ich mich von meinem Buch losreißen, auf dessen Seite nun langsam die Worte versickerten, als wären sie nie da gewesen. “Ma-”, begann ich meine Frage, da sah ich nur noch, wie Elisabeth ohnmächtig zusammen sackte. “Eli!” Vor Schreck war das Buch sofort vergessen. Wie sich die Feder auflöste, sah ich schon nicht mehr, so eilig war ich an die Seite meines kleinen Masters geeilt. Hektisch tastete ich nach ihrem Puls und lauschte schließlich auf ihre Atmung. Sie lebte. Erleichtert atmete ich tief ein und aus. Hieß das, die fremde Präsenz hatte sie nun wieder frei gegeben? In jedem Falle musste ich verhindern, dass sie sich noch einmal an Elisabeth vergriff und ihr womöglich schadete. Dabei könnte mir Marlin-Merlin hoffentlich helfen. Immerhin war er doch ein großer Magier. Bestimmt kannte er sich mit Besessenheit und Zaubern, die ähnlich funktionierten, aus. Allerdings kam mir jetzt auch Merlins Bemerkung über eine dunkle Seite in Elisabeth wieder in den Sinn. Irrte ich vielleicht und diese Person, die durch Elisabeth gesprochen hatte, war kein anderer Servant sondern vielmehr eine Person, die in Eli selbst ruhte? Danach musste ich Merlin dringend fragen und dieses Mal würde ich mich nicht mit irgendwelchen mysteriösen Bemerkungen oder Ausreden abspeisen lassen!
 

Fürs Erste allerdings wäre es wohl am besten, wenn sich Elisabeth ausruhte und schlief. Sie sollte lieber nicht erfahren, was passiert war. Es würde ihr nur unnötig Angst machen und das wollte ich vermeiden, zumal es mir selbst auch Angst machte. Wie sollte ich Eli vor etwas beschützen, das in ihr war, in ihrem Geist? Diese ganze Sache wurde immer komplizierter. Behutsam trug ich meinen Master ins Schlafzimmer, um sie dort ins Bett zu legen und zuzudecken. Leise seufzte ich, während ich beobachtete, wie sich Elisabeths Brustkorb hob und senkte. Wo waren sie und ich hier nun hinein geraten?

Einen Moment lang erwog ich ernsthaft, mich mit meinem Buch wieder auf das Sofa zu lümmeln und herauszufinden, ob der Kampf, in den ich eingegriffen hatte, für mich auch jetzt noch lesbar wäre. Dann allerdings fiel mir der Besuch ein, den Eli und ich für heute Nachmittag erwarteten. Ich musste backen! Sonst würden mein kleiner Master und ich uns vor den Rulern kräftig blamieren, hatten wir ihnen doch Kekse versprochen. Also war es nun wohl an mir, dafür zu sorgen, dass essbare Naschereien auf den Tisch kamen, ob ich nun wollte oder nicht. Weder backte ich gut, noch gerne, aber Eli hängen zu lassen, kam auf keinen Fall in Frage.

In der Küche überprüfte ich erst einmal die Vorräte. Sah soweit ganz gut aus. Für ein paar einfache Plätzchen würde es reichen, befand ich schließlich und versuchte mich an die Mengenangaben zu erinnern, die ich für die Weihnachtsplätzchen benutzt hatte. Pi mal Daumen würde doch genügen, oder? Ich hoffte es inständig, während ich den Teig kräftig durchknetete und schließlich kleine Röllchen formte. Die erste Scheibe, die ich abschnitt, probierte ich zur Sicherheit selbst. Immerhin wollte ich die beiden Ruler nicht vergiften. Zu meiner Freude war der Teig sogar ganz lecker. Dann könnte ich später noch Schokoraspeln und bunte Zuckerstreusel darüber verteilen und sie würden auch noch hübsch aussehen. Blieb zu hoffen, dass Sherlock und Charles etwas für Süßes übrig hatten. Dick werden konnten sie als Geister ja nicht mehr, oder?
 

Ich hasste backen. Hinterher sah ich aus wie durch den Betonmischer gedreht und das Ergebnis war aller Mühen zum Trotz kaum mittelmäßig im Geschmack aber garantiert nicht hübsch anzusehen. Dabei sollte man meinen, bei runden Keksen könne man nicht so viel falsch machen. Theoretisch. Zumindest ein bisschen erfüllte es mich mit Zufriedenheit, als ich die Plätzchen in den Backofen schob und die Eieruhr stellte. Dieses Gefühl hielt jedoch nur sehr kurz an und verschwand abrupt, als ich ins Wohnzimmer schlenderte, um dort die Zeit zu vertrödeln bis die Plätzchen soweit wären. Dort nämlich erwartete mich die zweite weniger angenehme Überraschung des Tages. Dieses Mal in Form von Diogenes und Cú Chulainn. Letzterer trug dieses mal keine Kapuze, sodass ich sein Gesicht sehen konnte. Hatten die sich hier verabredet oder schauten die Zwei wie sieben Tage Regenwetter, weil sie einander hier getroffen hatten?

“Hallo”, begrüßte ich Cú und Diogenes so neutral, wie ich konnte. Zwar freute ich mich nicht unbedingt, die Zwei zu sehen, doch zumindest hatten die beiden dabei augenscheinlich genauso wenig Spaß wie ich, sodass es wenigstens zu hoffen gab, dass die Unterhaltung kurz ausfiel und nicht nur ich zum Deppen gemacht wurde. “Welch unerwarteter Besuch. Was verschafft uns die Ehre?” Und schon war Schluss mit nett. Meine Stimme klang so unfreundlich, dass kein Zweifel daran bestehen konnte, dass ich so überhaupt keine Lust hatte, mich mit den beiden auseinander zu setzen. Für heute war ich reichlich bedient. Wenn die Zwei also nicht gleich irgendwie hilfreiche Infos rüberwachsen ließen, die mir mit Eli weiter halfen, dann konnten die beiden auch gerne gleich wieder gehen.
 

Diogenes, den ich bisher immer als absolut tiefenentspannt, ein wenig weltfremd und desinteressiert wahrgenommen hatte, sah mich durchdringend an, doch es war Cú, der zuerst das Wort ergriff. “Mitten in der Stadt kam es zu einem Kampf zwischen zwei Servants.” Es kostete mich alle Mühe, nicht patzig zu reagieren. Von dem Kampf wusste ich schon und jetzt weiter im Text. Ohnehin war ein Kampf in einem Gralskrieg ja nicht wirklich etwas Ungewöhnliches und würde kaum dazu führen, dass gleich zwei Servants nichts Besseres zu tun hatten, als ausgerechnet bei mir aufzulaufen. Wo war also der Punkt? Ob Tristan oder Lorelei gewannen, könnte Cú und Diogenes doch erstmal ziemlich egal sein, solange sie kein Bündnis mit Lorelei gehabt hatten und irgendwie glaubte ich nicht, dass sie beide im gleichen Team spielten. “Schön. Und weiter? Ich nehme an, in einem Krieg kommt das schonmal vor”, brummte ich missmutig. “Wurde ein Ruler angegriffen oder wieso steht ihr beide hier auf der Matte?”

Hah, gut geschauspielert! Kurz huschte so etwas wie Überraschung über Diogenes’ gelangweilte Miene, doch der Moment währte nur in etwa so lange wie meine Freude über die Kekse. “Wir sollten uns unter vier Augen darüber unterhalten, Caster”, ließ Merlins Servant ruhig vernehmen, wobei sein finsterer Blick zu Cú Chulainn wanderte, der nicht weniger entgeistert zurück starrte. Meine Güte! “Woah, Jungs, nehmt euch ein Zimmer oder kommt zum Punkt oder nehmt euch ein Zimmer!”, rutschte es mir heraus, ehe ich nachdenken konnte. Meine Laune war bereits ziemlich tief am Boden und ich hatte ganz sicher keine Lust, hier noch Rätselraten zu spielen, weil sich Cú und Diogenes nicht riechen konnten. “Das können wir später, Caster”, summte mir der blauhaarige Cú entgegen, ein wölfisches Grinsen auf den Lippen. Bei ihm war ich mir sicher, dass mein Ausbruch ihn eher amüsierte, denn ärgerte, aber bei Diogenes konnte ich nicht einmal raten, was er darüber dachte. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper!
 

“Der Punkt ist, dass es zu einem Bruch im Machtgefüge kam, weil der Kampf so nicht hätte ausgehen dürfen”, erklärte Diogenes nun zu meiner Verwunderung. “Hätte er nicht? Wieso nicht?”, mimte ich einfach weiter die Dumme, auch wenn mir schwante, dass mir das weder Dio noch Cú abkauften. “Der Kampf war im Grunde schon zu ende”, schaltete sich Cú Chulainn unvermittelt ein. “Doch dann hat der Unterlegene ganz plötzlich gewonnen, obwohl ihm das Mana ausgegangen war. Diese Kräfte hätte er schlicht nicht mobilisieren können.” Sein Blick lag streng auf mir und ich schluckte nervös. Ahnte Cú, dass ich meine Finger im Spiel hatte, obwohl er selbst angemerkt hatte, dass mein Master zu wenig Mana hatte, damit ich mein Noble Phantasm benutzen konnte?

“Was hat das mit mir zu tun? Ich habe keinen Bündnispartner gewonnen oder verloren und war mit meinem Master den ganzen Tag hier.” Mein Master. Ob es ihr gut ginge, wenn sie erwachte und ob sie sich an irgendetwas von heute morgen erinnern würde? Irgendwie hoffte ich, sie würde es nicht und müsste sich nicht vor etwas fürchten, dass weder sie noch ich abschätzen konnten. Wer immer da mitgemischt hatte... “verfügte über außerordentliche magische Kräfte”, beendete Diogenes meinen gedanklichen Satz und ließ mich damit aufschrecken. Den ersten Teil seiner Erklärung hatte ich verpasst. Cú nickte mit ernster Miene. “Zweifellos ein Caster-Servant.” Zugleich hob er schon die Hände. “Ich war es nicht. Über solche Fähigkeiten verfüge ich nicht.” Diogenes musterte ihn nur für einen Augenblick, dann zuckte er mit den Schultern, als wolle er den Blauhaarigen wissen lassen, dass er ihm solche Macht sowieso nicht zugetraut hatte.
 

Mir jedoch schlug die ganze Zeit über das Herz bis zum Hals. Ich wollte auf keinen Fall, dass die beiden meine Lüge aufdeckten und herausfanden, was wirklich passiert war, obwohl ich das ja selbst nicht so ganz genau wusste. Meine Finger um die Eieruhr zitterten und waren völlig verkrampft, sodass sich die obere Hälfte nicht weiterdrehen konnte und nun hörbar stockte. Diogenes schien das einfach zu ignorieren oder zumindest zeigte er nicht, dass ihm etwas aufgefallen war, Cús Miene allerdings zierte ein wölfisches Grinsen. Er sagte jedoch nichts, sondern stellte sich nun auf meine Seite - und nicht nur metaphorisch. Mit ihm im Rücken war ich nicht sicher, ob ich mich sicherer oder unsicherer fühlen sollte. “Na ja, es gibt in diesem Krieg schließlich einige Caster, die durchaus in Frage kommen könnten, nicht wahr?” Ich wusste nicht, ob Diogenes diese Ausflucht glauben würde, aber ich tat es nicht, nickte aber dennoch. “Vielleicht ist es auch das Werk eines Masters?”, schlug ich vor, weiter die Unwissende spielend.

Diogenes hingegen sah mich nur unverwandt an. “Wie denkst du, soll das möglich gewesen sein, Caster?” Die Frage implizierte längst, dass er mich für die Schuldige hielt. Ganz toll. “Ich weiß es nicht”, seufzte ich leise. “Mein Master verfügt über wenig Mana, wie du weißt und ich halte mich mit der Nutzung aller Fähigkeiten zurück, sodass mir heute Vormittag nichts aufgefallen ist. Also weiß ich auch nichts von einem Kampf oder was dabei passiert sein könnte”, log ich mit fester Stimme, die beim letzten Wort jedoch in die Höhe ging, weil mich Cús Hand an meinem Rücken erschreckte. Verdammt, dieser Kerl wäre noch mein sicherer Tod auch ohne Kampf. Konnten Servants durch eine Herzattacke sterben? Vor Schreck hätte ich beinahe die Eieruhr fallen lassen, die ich eilig wieder fest griff.

Diogenes’ Blick war der tickenden Eieruhr gefolgt, ehe er wieder meinen suchte. Er sah nicht mehr so verärgert aus wie bei meiner Ankunft im Wohnzimmer, doch auch nicht so gelangweilt wie bei unserem ersten Treffen und dem Essen bei Merlin. Das allein verriet mir schon, dass etwas im Busch war. Etwas, das mir vermutlich nicht gefallen würde. “Dann gebe ich das so auch an meinen Master weiter”, meinte Diogenes schließlich tonlos, sah mich noch einmal eindringlich an, ehe er einen missbilligenden Blick zu Cú Chulainn warf. Beinahe hätte ich mit einem Tadel gerechnet, der in etwa besagte, ich solle mich nicht mit feindlichen Servants herumtreiben, doch Diogenes blieb still und löste sich nur kommentarlos in goldenem Schimmer auf, Cú und mich zurück lassend.
 

“Jetzt haben wir ein wenig Zeit nur für uns, Caster”, raunte Cú an mein Ohr und sorgte damit nicht nur dafür, dass ich einen halben Schritt von ihm weg tat, sondern obendrein etwas rot um die Nasenspitze wurde. Musste er das eigentlich immer tun? Fand er das irgendwie lustig? Irgendwann würde er sich für diesen Kuschelkurs noch eine Ohrfeige einfangen und zwar völlig verdient! Hatte er noch nie etwas von Wohlfühlzone gehört? Er stand hier eindeutig in meiner.

“Da du ja offensichtlich nicht über deine Fähigkeiten sprechen möchtest, könnten wir uns die Zeit auch anders vertreiben. Wir brauchen nur einen guten Met, etwas Obst...” Diesen süffisanten Unterton bildete ich mir nicht nur ein, oder? Darauf zu hoffen, er würde Brettspiele vorschlagen, wäre wohl ziemlich naiv und für ein gemeinsames Besäufnis war ich viel zu nüchtern. Da ich nie Alkohol trank, absolut niemals, wäre es sowieso ein kurzes Vergnügen, weil keiner sagen konnte, ob ich nicht schon nach dem ersten kleinen Glas lallend in der Ecke hockte. Nicht auszudenken, was ich dabei alles ausplaudern könnte! Oder noch viel schlimmer: Was ich alles tun könnte! Nein danke.

Noch während ich krampfhaft überlegte, was ich nun sagen könnte, um Cú schnell wieder loszuwerden, klingelte die Eieruhr in meiner Hand und gab mir damit gleichermaßen die Chance, mich aus Casters Umarmung zu flüchten als auch den perfekten Hinweis auf eine Ausrede. “Die Kekse!”, entfuhr es mir. “Wie du siehst: Ich habe wirklich keine Zeit”, plapperte ich eilig drauf los. “Master und ich erwarten Besuch.” Auf eine Antwort wartete ich nicht, sondern huschte direkt in die Küche. Cú folgte mir nicht und als ich samt Keksen ins Wohnzimmer zurückkehrte, war von dem blauhaarigen Caster keine Spur mehr zu sehen.

Tee, Kekse und ein Geheimnis

Ich wischte gerade den Tisch ab, als Elisabeth aus dem Schlafzimmer geschlurft kam. Sie wirkte noch ein wenig neben sich, so wie sie sich die Augen rieb. “Master”, grüßte ich sie mit einem Lächeln. “Hast du ausschlafen können?” Ob sie wohl ahnte, was mit ihr geschehen war? Vermutlich nicht und wenn ich ehrlich war, wollte ich es ihr auch nicht direkt auf die Nase binden. Damit würde ich ihr nur Angst machen. Es genügte, wenn ich Angst hatte. “Nicht so richtig. Und du, Caster?”, murmelte sie noch etwas schlaftrunken zurück. Sie klang wieder völlig wie sie selbst. Kein dunkler Unterton, kein Gefühl von Kälte in ihrer Ausstrahlung. Eli war wieder die süße Teenagerin, die mich in diese Welt beschworen hatte. Mir fiel ein Stein vom Herzen. “Als Servant brauche ich keinen Schlaf”, erlaubte ich mir, sie mit einem Lachen zu erinnern, während ihr Blick durch den Raum wanderte, fast als ahne sie, dass jemand hier gewesen war.

Skeptisch folgte ich ihrem Blick, der schließlich an einem Teller Keksen hängen blieb. “Du hast ja schon ohne mich gebacken!” Beleidigt verschränkte Eli die Arme und blickte zu mir auf. “Ich dachte, wir machen das zusammen.” “Entschuldige Master”, beeilte ich mich zu sagen. “Ich wollte dich nicht wecken. Darum habe ich mich alleine darum gekümmert.” Elisabeth blies die Wangen auf. Sie wirkte alles andere als beschwichtigt, griff aber nach einem Keks und schob sich diesen in den Mund. “Wie wäre es, wenn du dafür den Tee vorbereitest?”, schlug ich ihr vor. Das schien sie aufzumuntern, denn sofort verwandelte sich ihre missmutige Miene in ein strahlendes Lächeln. “Au ja, das mache ich! Bestimmt kommen die beiden Ruler auch bald.” Ich nickte ihr noch nach, als sie in die Küche flitzte, wo ich sie rumoren hören konnte. Nachdem ich den Tisch ordentlich abgewischt hatte, folgte ich ihr. Sie hatte bereits den Wasserkocher befüllt und sortierte gerade eine Auswahl an Teebeuteln. “Welche Sorte soll ich machen?”, wandte sich Eli an mich, nur kurz über die Schulter blickend, als ich eintrat. “Welche Sorte magst du denn?”, gab ich die Frage zurück und erntete ein Grinsen seitens meines Masters. Elisabeth zögerte nicht mehr und griff nach einer Pappbox mit der Aufschrift “Rote Früchte”. Keine große Überraschung, wenn man mich fragte. Die meisten Kinder mochten nur süßen Tee und wenn ich ehrlich war, hatte sich das bei mir auch nicht verändert. Zwischen Sorten wie Kirsche, Applepie Caramel und Blueberry Muffin brauchte man mir sicher nicht mit einer Sorte wie Ingwer oder Brennnessel kommen. Blieb abzuwarten, ob die beiden Ruler Elisabeths und meine Neigung zu Süßem teilten.
 

Lange mussten wir auf die beiden Servants nicht warten, die in diesem ungewöhnlichen Gralskrieg für Ordnung sorgen sollten. Zwar fragte ich mich noch immer, wer der dritte Ruler sein mochte, dass er nicht mit Holmes und Charles zusammenarbeiten wollte, doch im Grunde machte ich mir diesbezüglich wenig Sorgen. Zumindest solange sich nicht ausgerechnet herausstellte, dass es Shirou Amakusa war, der hier quer schoss. Wohin das führte, hatte man ja in Apocrypha bereits gesehen. Ich schob den Gedanken beiseite, als ich hörte, wie Elisabeth die zwei Ruler aufgeregt plappernd herein bat. Sie war sofort zur Tür gestürzt, als die Türklingel erschollen war, während ich die Zuckerwürfel suchte, von denen ich absolut sicher war, sie gestern noch hier irgendwo gesehen zu haben. Anscheinend ein Irrtum, denn ich fand sie partout nicht. Also steuerte ich auch die Haustür an, um unsere Gäste zu begrüßen. “Ich hole schnell Caster!”, konnte ich Elisabeth hören, da kam sie mir auch schon entgegen geflitzt, die Augen geweitet vor Aufregung und ein strahlendes Lächeln auf den Zügen. “Sie sind da!”, quietsche sie mir aufgeregt entgegen, ehe sie sich wieder zu den beiden Rulern umdrehte, die ich mit einem Nicken und erhobener Hand begrüßte, während Elisabeth die Zwei schon wieder mit Fragen bestürmte. Woher sie denn wüsste, wo welcher Master wohnte und ob sie auch andere Master besuchten? Wie fühlte es sich an, keinen Master zu haben? Waren sie deshalb manchmal traurig? Durften sie über ihre Noble Phantasms sprechen? Nur schwer konnte ich mir ein Schmunzeln verkneifen. Charles schien ein wenig überfordert mit Elisabeths Enthusiasmus und dem Umstand, dass sie nie mehr als den Bruchteil einer Sekunde Zeit gab, um ihre Fragen zu beantworten. Holmes hingegen blieb absolut gelassen, während sein Kollege mit jeder Sekunde unsicherer wirkte. Elisabeth schien das nicht zu bemerken. Sie redete ohne Punkt und Komma weiter. Dass sie die beiden Ruler zur Begrüßung nicht umarmt hatte, war auch alles. Das hatte sie doch nicht, oder? Prüfend musterte ich die Ruler, doch zerknautscht sahen die eigentlich nicht aus.

“In welcher Klasse wirst du denn sonst beschworen?”, bestürmte Elisabeth Charles bereits wieder, als ich entschied, dass es wohl besser wäre, einzugreifen, ehe der arme Ruler überhaupt nicht mehr wusste, was ihn dazu getrieben hatte, diese Einladung anzunehmen. “Möchtest du schon den Tee eingießen, Master?”, lenkte ich Eli ab, die unbeirrt über das ganze Gesicht strahlte und nickte. “Mach ich! Kommt doch rein, Ruler!” Damit gab sie nun auch endlich die Tür frei sodass Sherlock und Charles ihr ins Wohnzimmer folgen konnten, während ich die Tür hinter ihnen schloss.
 

Minutenlang bestürmte Elisabeth die beiden Ruler noch mit Fragen. Die meisten davon konnten die beiden Servants nicht einmal beantworten, weil Eli ihnen schlicht keine Zeit dafür ließ, sondern schon weiterfragte. Einige Fragen, so schien es mir, ignorierten die Zwei auch geflissentlich. Vermutlich, weil sie nicht zu viel preisgeben wollten, auch wenn ihnen sicher klar war, dass Elisabeth ihre Fragen nicht unbedingt mit Hintergedanken stellte, sondern schlicht neugierig war. Dennoch fiel mir auf, dass gerade Charles, wann immer die Frage nach seinem Leben aufkam, auffallend oft nach seiner Teetasse griff. Vielleicht bildete ich mir das auch nur ein.

“Die Kekse sind wirklich köstlich”, lobte Charles schließlich und biss in seinen zweiten Keks. Neben ihm knusperte auch Holmes an einem, sagte jedoch nichts, während Elisabeth ungeniert gleich zwei Kekse griff. “Die hat Caster heute morgen frisch gebacken!”, erklärte Elisabeth strahlend und schob sich einen Keks komplett in den Mund. Charles schenkte mir ein wohlwollendes Lächeln, ehe er seinen Keks aufaß und betonte: “Sehr gelungen. Zu anderen Zeiten hätte ich wohl das Rezept erbeten”, schmunzelte er, nippte dann am Tee und griff bereits den nächsten Keks. Schien ihm wohl wirklich zu schmecken. “Wenn Ihr möchtet, packen wir Euch gerne ein paar für unterwegs ein”, bot ich mit Blick gen Elisabeth an, die sofort nickte.

Nichts anderes hatte ich erwartet. Mein kleiner Master war freundlich und großzügig. Sollte sie noch mehr Kekse wollen, könnten wir beide ja immer noch neue backen. Ich hingegen sah es als Chance, uns gut mit den beiden Rulern zu stellen, auch wenn Elisabeth darüber sicherlich nicht nachdachte. Sie war arglos und wollte nur nett sein. Ich wusste nicht, wie Charles das Ganze sah, doch bei Sherlock war ich mir ziemlich sicher, dass er mich durchschaute und genau wusste, dass ich mir ein klein wenig erhoffte, dass die beiden uns im Fragefall nachsichtiger mit uns wären. Wenn schon nicht mit mir, dann zumindest mit meinem Master. Wenn ich fiel, dann wäre es schön zu wissen, dass jemand verhinderte, dass ein Kind wie Eli sinnlos abgeschlachtet wurde.
 

Charles hatte bereits den nächsten Keks verspeist und öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Sherlock sprach zuerst. “An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank für die freundliche Einladung. Wir haben nicht oft das Vergnügen.” Ein wenig wunderte mich das. Irgendwie hätte ich erwartet, dass die beiden Ruler überall eher gern gesehene Gäste wären. Immerhin waren sie potentielle Verbündete, sobald ein anderer Master gegen Regeln verstieß und konnten als Belohnung für Unterstützung Befehlszauber gewähren. “Die Freude liegt ganz bei uns”, gab ich zurück und nippte an meinem Tee. Einige kostbare Sekunden blieb es still, während Eli mit ihrem Keks rang. Den in einem Happs essen zu wollen, erwies sich als nicht so einfach, wie sie sich das vorgestellt hatte und nun kaute sie energisch darauf herum.

“Es gibt da allerdings noch eine Sache, über die wir reden sollten”, begann Sherlock unvermittelt und nippte an seinem Tee. Über die Sorte hatte er bisher kein Wort verloren, obwohl diese sicher nicht unbedingt seine erste Wahl gewesen wäre. Fragend starrten Elisabeth und ich ihn an, während Charles nur leise seufzte. Worum auch immer es ging, Sherlocks Kollege hatte das Thema wohl erwartet. “Worum geht es denn?”, hakte ich schließlich nach, als Holmes nur bedeutungsschwer in meine Richtung starrte. Unsicher sah ich über meine Schulter, ob dort etwas wäre, das seine Aufmerksamkeit auf sich zog, doch mir fiel nichts auf. “Vergangene Nacht gab es einen Kampf”, begann Sherlock, den Blick auf mich fixiert, dass ich mich direkt unwohl fühlte. Ich ahnte, dass er den Kampf von Lorelei und Tristan meinte und dass Sherlock ganz genau wusste, dass ich mich eingemischt hatte.

Ganz anders Elisabeth, deren Augen sich weiteten. “Wer hat denn gekämpft?” Sie hatte offensichtlich nicht den blassessten Schimmer, dass sie und ich in dieser Sache auch mitgemischt hatten. “Archer und Caster”, erklärte Holmes und stellte seine Teetasse auf der Untertasse ab. “Archer gewann, doch die Umstände sind überaus mysteriös. Eigentlich sah es aus, als wäre er bereits unterlegen, als sich das Blatt wendete.” Während Sherlock sprach, ruhte sein Blick immer wieder auf mir. Nicht auffällig, doch jedes Mal lange genug, dass ich am liebsten unruhig herumgerutscht wäre. “Meine Caster hätte ganz bestimmt gewonnen!”, ereiferte sich mein kleiner Master unvermittelt und griff sich unbekümmert den nächsten Keks. Elisabeth schien das Interesse an der Unterhaltung schon fast wieder verloren zu haben. Besonders spannend klang es halt wirklich nicht, was Sherlock hier preisgab - es sei denn natürlich, man wusste ziemlich genau, was so Ungewöhnliches passiert war.
 

“Es ist wirklich ein Wunder, dass Archer noch gewann”, befand Charles ganz ohne jeglichen Argwohn, während sein Kollege nur vielsagend eine Braue hob. “Ich halte es weniger für ein Wunder als für das Eingreifen eines anderen Masters, auch wenn uns dessen Motive nicht bekannt sind.” Charles runzelte die Stirn, doch ehe er etwas einwenden konnte, fuhr Sherlock fort. “Bündnisse sind in Gralskriegen nicht ungewöhnlich. Dennoch war auffällig, dass Archer und sein Master selbst überrascht zu sein schienen. Wer immer sich einmischte, hat womöglich eigene Motive.” Zumindest bei dieser Bemerkung konnte ich aufrichtig die Unwissende spielen. Wieso genau die dunkle Seite in Elisabeth Tristan hatte helfen wollen, wusste ich ja wirklich nicht.

“Vielleicht hatte sich Caster schon anderweitig Feinde gemacht”, tat ich überlegend und betete, dass man mir abkaufte, dass ich gerade eben zum ersten Mal von diesem Vorfall gehört hatte. Ich zuckte mit den Schultern. “Gab es denn schon viele Kämpfe?”, versuchte ich das Thema auf etwas anderes zu lenken. Leider vergeblich, denn Sherlock ließ nicht locker. “Nicht viele, aber dieser war in jeder Hinsicht speziell.” Charles nickte nachdenklich. “Dennoch: Es war kein weiterer Master oder Servant vor Ort”, gab er zu bedenken, doch sein Rulerkollege Holmes ließ sich nicht beirren. “Das heißt noch lange nicht, dass kein Master eingegriffen hat”, befand Sherlock knapp. “Archer hätte nicht gewinnen können. Sein Sieg war mehr als ungewöhnlich”, erklärte Holmes sachlich und griff nun wieder nach seiner Teetasse, in die er kurz hinein sah, ehe auch mir auffiel, dass sie leer war. Eilig goss ich ihm nach, während sein Blick auf mir ruhte. Konnte er bitte aufhören, mich so anzusehen, als könnte er in mir lesen wie in einem offenen Buch? Das Blöde war, dass er das vermutlich wirklich konnte. “Genau wie du, Caster.”

Sherlocks Bemerkung hatte mich völlig unerwartet getroffen und so starrte ich den Ruler nur verdattert an. Elis fragender Blick ähnelte dem meinen. “Wie ich?”, brachte ich schließlich heraus, wobei meine Stimme etwas höher als gewöhnlich klang und verriet, wie unwohl ich mich ob Holmes’ Bemerkung fühlte. Wusste er etwa, dass mit mir etwas als Servant nicht stimmte? Ahnten Ruler so etwas? Konnte er vielleicht sehen, dass ich überhaupt kein Held gewesen war und auch nicht aus einer Welt kam, in der es Magie gab? Wie sollte ich ihm all das erklären? Und selbst wenn man mir glaubte, was für einen Unterschied machte es?
 

Eiskalt lief es über über den Rücken, als Sherlock nun einen Schluck von seinem Tee nahm und mir sogar ein Lächeln schenkte. “Ich finde diesen ganzen Krieg ziemlich seltsam”, startete ich nervös einen zweiten Versuch, das Thema auf etwas anderes zu lenken. “So viele Magier und sie alle müssen teilnehmen…” Elisabeth griff sich einen Keks und erklärte mit vollem Mund: “Und wir werden gewinnen!” Was gäbe ich für ihren Optimismus. Realistisch gesehen standen unsere Chancen leider überhaupt nicht so gut. Ganz abgesehen von der Dunklen Elisabeth, wie ich entschied, den Geist zu nennen, der Eli übernommen hatte. Wer wusste schon, welche Pläne sie verfolgte und was sie tun würde, wenn ich mich ihren Wünschen widersetzte.

“Nun, was diesen Krieg ungewöhnlich macht, ist eigentlich etwas gänzlich anderes.” Holmes’ Miene blieb weiterhin ungerührt, doch wieder ruhte sein Blick auf mir. Mein Blick jedoch wanderte fast hilfesuchend zu Charles, der die Lippen zu einem schmalen Strich gepresst hatte und Sherlock einen fast mahnenden Blick zuwarf. Hatte ich etwas verpasst? Spielte Sherlock hier etwa auf etwas an, dass nur Ruler wussten? Jetzt war ich auch neugierig. “Und das wäre?”, hakte ich nach. Mit einer Antwort hatte ich beinahe nicht gewartet oder zumindest nicht mit einer so aufschlussreichen. “Du, werte Caster.” Sherlock schmunzelte ob meiner irritierten Miene. “Ich?” Aus den Augenwinkeln sah ich kurz zu Charles, der die Stirn in nachdenkliche Falten gezogen hatte, doch wieder war es Sherlock, der mir antwortete. “Du. Als Ruler haben wir die Fähigkeit, einen Heldengeist zu identifizieren. Das heißt, uns sind Name und Geschichte bekannt.”

Da fiel bei mir der Groschen und sogar mir war klar, dass man mir das vermutlich auch genau ansehen konnte. Die beiden Ruler hatten keine Ahnung, wer ich war, weil es mich hier eigentlich gar nicht gab. Irgendwie hatte Elis Beschwörung eine andere Realität erreicht und mich aus meinem Leben hierher gerissen. “Bei dir hingegen…” Sherlock sah über seine Tasse hinweg zu mir. Instinktiv versteifte ich mich unter seinem Blick. “Bei dir hingegen, Caster, können wir das nicht. Ein wirklich faszinierendes Rätsel.” Ich fand das weniger faszinierend als beunruhigend, zumal Sherlock auf eine Weise dreinsah, bei der ich mir direkt die Frage stellte, ob er dieses Rätsel wirklich nur interessant fand oder nicht eher erpicht darauf war, es zu lösen.
 

Nervös lächelte ich die beiden Ruler an. “Ah… ist das so? Ich hatte keine Ahnung. Dann hätte ich mich wohl vorstellen sollen. Ich wollte wirklich nicht unhöflich sein”, plapperte ich eilig drauf los. “Mein Name ist Daelis, sehr erfreut.” Zumindest Charles schien mir mein Laienschauspiel abzukaufen, denn er lächelte mich wohlwollend an und nickte kaum merklich. “Die Freude ist ganz bei uns. Vielleicht erzählst du uns ja etwas über dich?”, schlug er versöhnlich vor und sah dabei kurz zu Holmes, der lediglich wissend schmunzelte. Ich hatte keine Ahnung, was Sherlock wusste, aber ganz sicher hielt er weder den Ausgang des Kampfes zwischen Lorelei und Tristan, noch meine seltsam verschleierte Identität für einen Zufall so wie Charles.

“Über mich? Ähm… Ehrlich gesagt kann ich mich nur sehr schwammig erinnern”, murmelte ich kleinlaut und betete inständig, dass diese Ausrede auch dieses Mal ziehen würde. Hilfesuchend warf ich einen Blick zu Elisabeth, die bedrückt auf ihre Knie schaute. Sie glaubte ja, dass es ihre fehlerhafte Beschwörung war, die dafür gesorgt hatte, dass ich nichts zu erzählen wusste. Sacht drückte ich ihre Hand. Gerne hätte ich sie entlastet und einfach alles erzählt, doch dann wäre meine Rolle als Heldengeist nur noch ein Witz und womöglich würden die Ruler entscheiden, dass ich nicht hier sein sollte. Damit wäre fraglich, ob Elisabeth noch eine Chance auf den Gral hätte, von meinem Verbleib ganz zu schweigen. Ich wollte gar bestimmt nicht sterben.

Also musste ich mir wohl oder übel irgendetwas aus den Rippen leiern, das heldenhaft genug klang, um ein Servant zu werden und gleichzeitig nicht so pompös, dass man sich wundern musste, wieso kein Schwein meinen Namen kannte. Da hatte ich mir ja etwas eingebrockt. Halt, nein: Da hatte mir der Gral ja etwas eingebrockt!
 

“Ich erinnere mich an einen Raum mit vielen Büchern”, erklärte ich schließlich und rieb mir demonstrativ die Schläfe, darauf bedacht, nicht dauernd zu Sherlock zu blicken. Der war es schließlich, den ich wirklich überzeugen müsste. Daran, dass mir Eli und Charles glaubten, zweifelte ich nämlich nicht weiter. Mit der freien Hand strich ich dann über mein eigenes Buch. “Ich weiß auch noch, dass man mich manchmal um Hilfe gebeten hat, wenn jemand mit seinem Schicksal nicht zufrieden war. Doch was ich riet oder auf welcher Grundlage…” Hilflos zuckte ich mit den Schultern und mimte die Ratlose. “Irgendwie habe ich das Gefühl, ich wäre eine Art Wächter gewesen. Allerdings passt das wohl nicht wirklich zu meinen anderen Erinnerungen, oder?”

Insgeheim hatte ich mir natürlich etwas zurecht gesponnen, das zu meinem Noble Phantasm passte und irgendwie auch erklärte, wieso mein Name nicht gerade bekannt war. Wenn ich behauptete, dass ich eine eher einsiedlerische Hexe gewesen war, die über magische Bücher wachte und dabei gelegentlich in das Geschehen der Welt eingriff, um zu einem Happy End zu führen, dann wüsste das kaum jemand und niemand würde hinterfragen, wieso mein Name unbekannt war, während ich mir damit die Rolle als Heldengeist bestimmt hätte verdienen können. Mit Sicherheit nicht optimal diese Geschichte, doch das Beste, das mir auf die Schnell einfiel. Blieb zu hoffen, dass meine scheinbar unzusammenhängenden Andeutungen dazu führten, dass die zwei Ruler die Puzzleteile zusammensetzten und das Bild erkannten, das ich ihnen zu vermitteln versuchte. Wenn sie es für ihre Erkenntnis hielten, war ich aus dem Schneider. Es machte mich glaubwürdiger.
 

“Tut mir Leid. Das ist wohl leider nicht sehr hilfreich”, wandte ich mich zerknirscht an die Runde und ganz wie ich gehofft hatte, reagierte Charles sofort hilfsbereit. “Ah, aber nicht doch. Es ist ja nicht deine Schuld und wir sind dankbar, dass du so offen mit uns bist. Sicherlich legt sich diese Amnesie bald.” Eifrig nickte ich und drückte noch einmal sacht Elisabeths Hand, die diese Geste erwiderte und ebenfalls nickte. “Ich bin gespannt, was du dann für aufregende Geschichten erzählen kannst, Caster”, mischte sich Sherlock ein und hätte ich noch einen Beweis dafür gebraucht, dass er kein Wort von meiner Geschichte gekauft hatte, dann hätte mir dieses fucking scheinheilige Lächeln das ziemlich klar verraten. Sah denn nur ich das?

“Wenn dir noch etwas einfällt, wirst du es uns doch sicher mitteilen.” Eilig nickte ich Sherlock zu, der seine Tasse nun wieder abstellte. “Selbstverständlich Ruler.” “Dann können wir uns wieder zum Kekseessen treffen”, fügte Elisabeth gut gelaunt hinzu, die in ihrer Arglosigkeit vermutlich nicht einmal ahnte, welche Anspannung zwischen Sherlock und mir in der Luft hing. Für einen Moment lang hatte ich das Gefühl, Holmes wäre belustigt, doch seine Miene war unglaublich schwer zu lesen. Charles war im Vergleich ein offenes Buch. Er lächelte gut gelaunt und kusperte an einem Keks, ganz so als sorge er sich nicht im geringsten ob dieser kleinen Anomalie, die ich in diesem Krieg darstellte. Noch sorgloser sah nur Elisabeth drein, die lediglich grinste und eher der Ansicht schien, dass mich das zu einem besonderen Servant machte, was doch nichts Schlechtes sei.

Mir allerdings ging der Arsch gehörig auf Grundeis. Nicht nur, dass Sherlock Holmes sicher ein Auge auf alles hätte und ihm ganz bestimmt auffiele, wenn ich mein Noble Phantasm noch einmal benutzte, ich wusste auch noch immer nicht, wer die Dunkle Elisabeth war oder wie ich hierher hatte gelangen können. Wieso gab es in dieser Welt überhaupt einen Katalysator für mich? Oder war es vielleicht mein Ich aus dieser Realität? Vielleicht war die Daelis hier ja eine Heldin gewesen, wog ich ab. Doch dann würde man die wohl kennen. Möglich war auch, dass ich ähnlich einem Counter Guardian funktionieren sollte. Die waren ja auch nicht unbedingt große Helden der Geschichte. Aber falls dem so war, gegen was hatte der Gral mich hergerufen? Fragen über Fragen, auf die ich bisher nur eine sehr vage Antwort hatte: Merlin. Denn der war immerhin selbst ein Master und kein Servant. Sehr wahrscheinlich hing das alles also mit ihm zusammen. Na toll. Selbst, wenn er nicht das Problem war, wüsste er wahrscheinlich mehr, zumindest über die Dunkle Elisabeth.
 

“Leider müssen wir uns langsam auf den Weg machen”, riss mich Charles aus meinen Gedanken. Neben mir zog Elisabeth direkt eine Schnute. “Jetzt schon? Ihr seid doch noch gar nicht lange da”, jammerte sie und warf einen fragenden Blick zu Sherlock, wohl in der Hoffnung, dieser würden seinem Ruler-Kollegen widersprechen. Stattdessen jedoch nickte der Detektiv nur zustimmend. “In der Tat. Wir haben noch etwas Wichtiges zu erledigen.” Elisabeth beschwichtigte das nicht. “Und was?”, hakte sie neugierig nach, noch immer mit beleidigtem Unterton in der Stimme. Charles’ Lächeln war so schief wie Pisas berühmter Turm, als er recht ausweichend erklärte, dass es sich um Ruler-Angelegenheiten handele und er wirklich nicht mehr sagen könne. Dass das für meinen Master nach einer Ausrede klang, konnte ich Eli an der Nasenspitze ansehen.

Erst als Sherlock sich erhob, brach die angespannte Stimmung und auf Elis Miene siegte Enttäuschung über Ärger. “Ihr kommt doch wieder zu Besuch, oder?” Jetzt kehrte ein warmes Lächeln auf Sherlocks Züge zurück und er nickte Elisabeth zu. “Sehr gerne, junge Dame. Es wäre uns eine Freude.” Diese Worte wirkten wie ein Zauberspruch und ließen Elisabeths Miene direkt aufhellen. “Dann ist ja gut!”, freute sie sich. Als Holmes’ Blick dann aber kurz zu mir wanderte, konnte ich das vage Gefühl nicht abschütteln, dass sein Versprechend zugleich bedeutete, dass er auch nachforschen würde, was es mit mir auf sich hatte. Da wusste ich wirklich nicht, ob ich hoffen sollte, dass er nichts fand oder aber, dass er etwas fand und damit auch mir half, dieses ganze Rätsel um mein Hiersein zu lösen.

Ich war so damit beschäftigt, Angst vor Sherlocks Verstand zu haben, dass mir erst an der Tür siedend heiß mein Versprechen an Charles wieder einfiel. “Oh, wir wollten euch doch noch Kekse einpacken. Einen Augenblick!” Auf eine Reaktion wartete ich nicht mehr, sondern sprintete direkt los, um eine Gefriertüte mit Keksen zu füllen. Für Elisabeth und mich zu zweit waren es eh zu viele, selbst wenn man davon absah, dass ich ja eh nicht essen musste. Als ich mit den Kekstüte bewaffnet wieder in den Flur trat, erklärte Sherlock Elisabeth gerade, dass nicht alle Ruler auch in anderen Rollen beschworen werden konnten. Mein kleiner Master lauschte mit unverkennbarer Neugier, bis ich das Gespräch durch meine Anwesenheit unterbrach und Charles die Tüte übergab, der mich begeistert anlächelte. Dass er Kekse mochte, war wohl keine Untertreibung gewesen.

“Lass es euch schmecken!”, ließ Eli die beiden Ruler wissen, kaum, dass Charles die Kekse an sich genommen hatte. “Das werden wir. Bis bald, Elisabeth, Caster. Passt auf euch auf”, hob Charles zum Abschied die Hand und grinst wie ein kleiner Junge, dem man gerade Süßigkeiten gegeben hatte. Da vergaß man wirklich fast, dass er als Karl der Große in die Geschichte eingegangen war. “Machts gut”, verabschiedeten Eli und ich uns fast unisono. “Bis bald.” Sherlock deutete eine Verneigung an, ehe er sich ebenfalls abwandte.
 

Elisabeth und ich kehrten ins Wohnzimmer zurück, wo ich mich dieses Mal meinem Master gegenüber setzte. “Die beiden sind wirklich nett”, plauderte Eli gelassen drauf los. “Ich hoffe, sie kommen bald wieder vorbei. Vielleicht kommt dann ja auch der dritte Ruler mit.” Das glaubte ich irgendwie nicht. Wenn der dritte Ruler nicht gemeinsam mit Holmes und Charles arbeiten wollte, musste das ein ziemlich schräger Vogel sein, denn als Ruler waren diese Zwei eindeutig eine hervorragende Wahl des Grals. Ich betete stumm zu einem Gott, an den ich nicht glaubte, es möge nicht Shirou Amakusa sein. Bitte, nicht Shirou. Denn, wenn der hier mitmischte, musste ich wirklich tierisch aufpassen. Als wäre Merlin nicht schon besorgniserregend genug!

Apropos Merlin… “Du hast heute wirklich lange geschlafen, Master”, wechselte ich in tadelndem Tonfall die Stimme. “Das sollte besser nicht zur Gewohnheit werden, sonst kannst du abends nicht einschlafen.” Eli zog nur kurz eine Schnute, dann lachten wir beide. “Ist gut, Caster. Aber nur, wenn du mir abends immer etwas erzählst oder vorliest.” “Einverstanden”, stimmte ich sofort zu, hakte aber dann direkt weiter nach. “Wovon hast du denn heute morgen so lange geträumt?” Ob sie sich unterbewusst an irgendetwas erinnerte? Immerhin war sie physisch voll dabei gewesen. Mein Master zog eine nachdenkliche Miene, dann zuckte sie mit den Schultern. “Weiß ich nicht mehr. Glaube, irgendetwas mit Sensei und Diogenes.”

Sollte ich nun erleichtert sein oder mir Sorgen machen, weil sie die beiden so selbstverständlich als Teil ihres Lebens sah, dass es schwer würde, ihr klar zu machen, dass hinter Marlin eigentlich ein Typ namens Merlin steckte, der ganz sicher nicht nur der harmlose Onkel von nebenan war? Blöd nur, dass ausgerechnet Marlin-Merlin vielleicht der einzige war, der mir in Sachen Dunkle Elisabeth weiterhelfen könnte. Er kannte meinen Schützling ziemlich gut und war obendrein immerhin ein wahnsinnig mächtiger Magier. Welche Wahl hatte ich also?

“Was hälst du davon, wenn wir heute Nachmittag deinen Sensei und Diogenes besuchen und ihnen die restlichen Kekse mitbringen?”, schlug ich vor und traf dabei wie erwartet einen nerv. Eli strahlte sofort über das ganze Gesicht und nickte energisch. “Au ja, die freuen sich bestimmt!” “Das wird sicher lustig”, stimmte ich zu. Oh ja und wie lustig das Ganze erst würde, wenn Merlin und ich uns noch einmal unter vier Augen unterhielten. Beim letzten Mal hatte ich ihm immerhin eine gelangt. Irgendwie beschlich mich schon jetzt das Gefühl, dass es nicht unwahrscheinlich war, dass das wieder passierte.

Alle Spuren führen zu Merlin

Ich wünschte wirklich, ich wüsste, woher Elisabeth nur ihre gute Laune immer her nahm. Nichts schien ihr Gemüt trüben zu können. Eben noch hatte sie geschmollt, weil die beiden Ruler hatten gehen müssen, jetzt strahlte sie über das ganze Gesicht und lief bester Laune die Straße entlang in Richtung von Marlins Labor. Sie schien den Magier der Blumen wirklich gern zu haben. Kamen ihr seine komischen Tests denn überhaupt nicht seltsam vor? Hatte meine kleine Eli keine Freunde in ihrem Alter? Bisher hatte sie von niemandem erzählt. Ein bisschen traurig war das schon, doch vermutlich gab es auch nicht so viele Kinder hier in der Gegend. Welcher Magier würde schon wollen, dass sein Kind dem Risiko eines Gralskrieges ausgesetzt wurde?

„“Beeil dich, Caster, sonst gehst du noch verloren!“, riss mich Elis Stimme aus meinen Gedanken. Zwischen uns lagen bereits einige Meter und so legte ich einen Zahn zu, damit ich meinen Master nicht aus den Augen verlöre. Mich hier ohne Eli zu verlaufen, hätte mir noch gefehlt. Wie schon zuvor, schien niemand der Menschen um uns herum, Elisabeth auch nur zu bemerken. Nicht einer drehte sich zu Eli um, obwohl sie laut nach mir rief, winkte und mehrmals beinahe in Leute hineinlief. Selbst als Eli eine Frau streifte, die dabei fast ihre Einkaufstüte fallen ließ, sah diese sich nicht nach meinem Master um. Wie kam das? Beinahe kam es mir vor, als wären sie alle blind für Elisabeth.

Konnte das des Rätsels Lösung sein? Hatte Merlin meinen Master mit einem seiner Zauber belegt, damit andere Menschen sie nicht wahrnahmen, wenn Eli sie nicht direkt ansprach? Das würde zumindest erklären, wieso man sie nur im Labor bemerkt hatte. Mächtig genug dürfte Merlin allemal sein, grübelte ich, da stieß Elisabeth nun doch gegen jemanden. Unter anderen Umständen hätte ich mir vermutlich nichts dabei gedacht, jetzt aber erstarrte ich fast.
 

Ich kannte diesen blonden Schopf! Die grünen Augen des Mannes, in den mein kleiner Master gestolpert war, wanderten zu Eli und streiften mich nur kurz. Arthur Pendragon, ganz ohne Zweifel. Wenn das ein Zufall war, fraß ich einen Besen. Hier liefen eindeutig zu viele Mitglieder der Tafelrunde herum! Ich wusste immerhin sicher, dass Bedivere und Tristan sich auch hier herumtrieben, ganz zu schweigen von Merlin. Was brütete dieser Magier hier aus? Vielleicht war Arthur ja auch auf dem Weg zu Merlin? Danach sah er zwar in seinem Anzug nicht gerade aus, sondern eher, als wolle er zu einer Hochzeit, vielleicht sogar seiner eigenen, doch ich war nicht willens, ein Risiko einzugehen. Anders als Arthur traute ich Merlin nämlich nicht.

Nervös schob ich mich in Elisabeths Rücken, für den Fall, dass Arthur vielleicht ein Zeichen des Erkennens merken ließ. Davon jedoch war ihm nichts anzumerken. Mit einem verlegenen Lächeln auf den Lippen deutete er eine kleine Verbeugung an, als er sich entschuldigte. „Verzeihung, ich habe wohl nicht aufgepasst. Bitte seht es mir nach, junge Dame.“ Dann wandte er sich um und ging weiter, als wäre nichts geschehen. Das hieß dann wohl, dass er nicht wusste, in welcher Verbindung Elisabeth zu Merlin stand.

Arthur war prinzipiell ein gutmütiges Naturell, so viel wusste ich zu sagen. Ein aufrichtiger Mensch, ein Ritter durch und durch und ein bisschen sehr vertrauensselig. Wenn ich ihn mit Merlin konfrontierte, würde er sehr wahrscheinlich nicht lügen und falls er noch nicht wusste, dass sein Lieblingsmagier hier herumlungerte, sähe man ihm das garantiert an. Nachdenklich sah ich ihm nach und hatte gerade entschieden, ihn einfach direkt zu fragen, als mir eisiger Schauer über den Rücken lief, begleitet von einem Gefühl, das mir unangenehm bekannt vorkam. Wie erstarrt blieb ich an Ort und Stelle stehen, mich Elisabeth zuwendend, deren Anblick meine Ahnung bestätigte. Die Kälte, die mich befallen hatte, war die gleiche, die ich auch gespürt hatte, als Eli das letzte Mal von einer dunklen Aura umgeben gewesen war.
 

Finsterer als die Aura, die Eli umhüllte, war nur ihr Blick. Welches Wesen auch immer von meinem kleinen Master Macht ergriffen hatte, schien Arthur ziemlich zu verabscheuen. Verbissen starrte Eli dem König hinterher, bis dieser in der Menge verschwunden war. Kaum jedoch, dass Arthur außer Sicht war, lächelte Eli mich genauso arglos und liebenswert an, wie ich es von ihr kannte, dass es schien, als wäre die dunkle Präsenz nie da gewesen. „War das Pause genug, Caster? Wollen wir weiter?“, wollte sie ungeduldig wissen und erntete verwirrte Blicke meinerseits. Pause? Wovon sprach sie bitte? Offenbar hatte sie wirklich keine Erinnerungen daran, was geschah, während diese dunkle Seite in ihr die Überhand hatte, nicht einmal, wenn es nur wenige Augenblicke waren.

„Ist bei dir alles in Ordnung, Master? Kanntest du den Mann? Du hast ihn so seltsam angeschaut“, hakte ich vorsichtig nach, ihre Fragen übergehend, die für mich überhaupt keinen Sinn ergaben. So verwirrt, wie ich sie eben angesehen hatte, sah mich jetzt Eli an. „Wen meinst du, Caster?“ Sie runzelte die Stirn, dann kehrte ein Grinsen auf ihr Gesicht zurück. „Beeilen wir uns. Onkel Marlin wird sich freuen, wenn wir ihn besuchen!“ Bester Laune griff sie nach meiner Hand, um mich hinter sich her zu ziehen. Ich leistete keine Gegenwehr, sondern folgte Eli einfach.

Wer oder was auch immer von ihr Besitz ergriff, schien das nicht unbedingt zu timen, ging es mir durch den Sinn. Nur um Proto-Arthur mit Blicken aufzuspießen, würde wohl kaum jemand so einen Aufwand betreiben. Hieß das vielleicht, diese Person in Eli wurde irgendwie getriggert? Falls ich mit dieser Theorie richtig lag, hing das eindeutig mit der Tafelrunde und damit auch mit meinem guten Freund Marlin-Merlin zusammen. Wieso wunderte mich das eigentlich nicht? Diese komischen Tests, die er mit Eli gemacht hatte, hingen vermutlich auch irgendwie damit zusammen. Der Verdacht, dass Merlin mehr über diese dunkle Präsenz wusste, wuchs in mir mit jedem Schritt, den wir näher an das Labor des Magiers der Blumen kamen. Dieses Mal würde er mir nicht ohne Antworten entkommen.
 

Etwas anderes allerdings musste ich von Eli in Erfahrung bringen. Ahnte sie, dass Tristans Rettung mein Werk gewesen war, nachdem die beiden Ruler davon gesprochen hatten? Zwar hatte sie zum Glück Cú und Diogenes verpasst, doch ich wollte lieber auf Nummer Sicher gehen. Wenn Eli nichts ahnte, würde ich mir auf jeden Fall überlegen müssen, wie ich mit der Dunklen Elisabeth umging und ob ich deren Anweisungen nicht besser ignorieren sollte. Mein Master war immerhin die süße, liebe Eli und kein seltsamer Geist.

„Sag mal Master, wegen dem was die Ruler gesagt haben…“, begann ich wie beiläufig und erntete einen fragenden Blick. „Mh?“ „Hast du verstanden, was da nun eigentlich passiert ist?“, stellte ich meine Frage ganz direkt und suchte Elisabeths Blick. Kurz huschte Verwirrung über ihre Miene, dann strahlte sie mich einfach an und meinte: „Ich freue mich schon darauf, zu sehen, was für ein Noble Phantasm du hast, Caster.“ Hätte sie mir ein Nudelholz vor die Nase geschlagen, hätte der Effekt nicht heftiger sein können. Was von außen wirkte, als habe sie das Thema abrupt gewechselt, ließ mich schaudern. Bei dem Bericht der beiden Ruler über die Anomalie ging es immerhin letztlich um nichts anderes als mein Noble Phantasm, an welches sich Elisabeth offenbar nicht erinnern konnte. Zumindest nicht bewusst. Wie sonst sollte ich mir diese Aussage erklären, die so aus dem Nichts gekommen war?
 

„Ich wette“, ereiferte sich Eli unbeirrt weiter und machte vor Vorfreude einen kleinen Satz, „es ist total cool! Die anderen Master und Servants werden staunen!“ Oh, das hatten sie bereits und die Reaktionen waren bisher nicht unbedingt positiv gewesen, wenn ich so daran zurückdachte. Weder Cú, noch Dio, noch die Ruler hatten als gut befunden, was ich getan hatte. Eher hatten sie geklungen, als wäre es etwas Schlimmes. Allerdings war Eli das merklich nicht bewusst. Sie hatte also wirklich nicht die kleinste Erinnerung daran, dass ich mein Noble Phantasm bereits benutzt hatte und auch nicht, wofür ich es benutzt hatte. Hoffentlich würden ihr Diogenes und Merlin das nicht verraten, sonst wäre Eli sicher sauer auf mich und das nicht einmal zu Unrecht, wenn man ganz ehrlich war.

Ein bisschen hatte ich schon ein schlechtes Gewissen. Ich hätte meine Kräfte nicht für jemand Fremdes benutzen dürfen, auch wenn ich nicht behaupten konnte, dass es mir leidtat, Tristan gerettet zu haben. Letztlich jedoch, wäre es einfach klüger gewesen, uns aus den Kämpfen anderer Master herauszuhalten. Wieso also hatte diese dunkle Seite in Eli Tristan helfen wollen, aber verabscheute Arthur so unverkennbar? Lag das vielleicht daran, dass Arthur nicht Arthuria war? Immerhin waren die meisten Inkarnationen dieses Königs weiblich und Proto-Arthur die Ausnahme in der Regel.

„Wenn sie dann erst sehen, wie cool dein Noble Phantasm ist, wird auch keiner etwas Böses sagen, weil du nicht so bekannt bist.“ Wie um mich zu trösten, drückte Eli meine Hand. Das war wirklich süß von ihr. Sie dachte wohl wirklich, dass mir das etwas ausmachen könnte. Dabei fand ich eher, dass es ein Segen war, dass niemand wusste, wer ich war. Andernfalls hätten nämlich alle mehr gewusst als ich und das wäre wirklich verstörend gewesen. „Danke, Master. Solange du an mich glaubst, spielt es aber überhaupt keine Rolle, ob jemand anderes mich anerkennt.“ Ob meiner Worte glitzerten Elis Augen voller Stolz. Es war wirklich herzerwärmend, wie wichtig ihr auch meine Gefühle waren. Wenn ich so an die Fate-Serien zurückdachte, hatte es genug Master gegeben, denen nicht gleichgültiger hätte sein können, was für Menschen die Servants waren, die an ihrer Seite kämpften. Eli war zum Glück ganz anders.
 

Wie schon zuvor, ließ man Elisabeth und mich nach kurzer Anmeldung direkt durch zum Fahrstuhl, mit dem wir hinab ins Labor fahren konnten. Dieses Mal kam uns Merlin jedoch nicht entgegen und so folgte ich Elisabeth einfach, die gezielt eine der Türen ansteuerte. Der Raum dahinter sah tatsächlich genau so aus, wie man sich ein Labor vorstellt. Geflieste Tische, Regale, überall Glasbehältnisse, eine Zentrifuge und ein gutes Dutzend Gerätschaften, von denen ich nur raten konnte, wozu sie dienten.

Mittendrin fanden wir Marlin und Diogenes. Ersterer rührte gerade in irgendeiner Flüssigkeit, während sein Servant wohl als Assistent herhalten sollte, denn er hielt eine Pipette und ein Reagenzglas. Allerdings wirkte Diogenes eher so, als wäre er nur körperlich anwesend und geistig ganz weit weg - vorzugsweise auf einem Sofa. Ich war mir schon bei Merlin wirklich nicht sicher, was ich von ihm halten sollte, aber Diogenes war mir ein totales Rätsel. Was wusste er und was nicht? Welche Gründe er wohl hatte, um nach dem Gral zu streben? Bisher hatte ich immer nur den Eindruck, er wolle seine Zeit lieber verdösen und mit all dem Drumherum nichts zu tun haben, auch wenn er Merlins Anweisungen zu befolgen schien.

In seinem weißen Kittel wirkte Marlin-Merlin beinahe seriös, aber auch eben nur beinahe und als er sich überrascht zu uns umwandte, war der Eindruck auch direkt wieder verflogen. „Oh, Elisabeth, Caster. Euch hatte ich gar nicht erwartet.“ Überraschung, Darling. Wir haben Fragen und du wirst sie uns beantworten - und wenn ich die Antworten aus dir herausschütteln muss. Geohrfeigt hatte ich ihn ja schon einmal und wenn nötig, würde das wieder tun. Eindringlich starrte ich den Magier der Blumen an. Dieses Mal hatte er einiges mehr zu erklären und ich würde ganz sicher nicht gehen, ehe ich nicht zumindest ein paar Antworten hatte. Er und ich wussten beide, dass er nur so arglos tat. War Arthur vielleicht gerade hier gewesen? Wussten Bedivere und Tristan schon, dass der Magier in diesem Krieg auch sein Unwesen trieb? Müsste ich wetten, würde die Antwort wohl lauten: Ja und außerdem plante der Magier irgendetwas Schräges. Ob ich wirklich wissen wollte, was genau, da war ich mir schon nicht mehr so sicher. Vielleicht besser nicht.
 

„Wir haben eben Besuch gehabt!“, ergriff Eli als Erste das Wort und ignorierte völlig, dass Merlin beschäftigt schien. „Die Ruler waren da und beide mögen Casters Kekse wirklich gerne. Sie haben sogar noch welche mitgenommen. Und wir haben darüber gesprochen, dass es noch einen Ruler gibt“, plauderte sie direkt ohne Punkt und Komma drauf los. Was sie nun berichtete, war allerdings nicht der Grund, wieso wir hier waren. Zumindest nicht für mich. Viel interessanter fand ich, dass so viele Leute bemerkt hatten, dass ich mein Noble Phantasm benutzt hatte und dass sie obendrein alle die richtigen Schlüsse gezogen und bei uns aufgelaufen waren. Hatte ich ein Schild auf der Stirn kleben, auf dem stand „Benutzt komisches Noble Phantasm und stört das Gleichgewicht“?

Mein Master jedoch war noch völlig bei den beiden Rulern. „Sie waren wirklich sehr lieb und haben mir erklärt, dass der Gral sie mit Mana versorgt. Einer von ihnen heißt Karl der Große, aber der ist überhaupt nicht groß, sondern eher so klein wie Caster.“ Autsch, Eli. Ich wusste ja, dass ich nicht unbedingt groß war, aber eigentlich auch nicht klein. „Und der andere heißt Sherlock und sah aus wie einer der Männer aus den alten Filmen.“ Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. „Wie ein richtiger Jentel…Jentle…“ Eli klang unsicher. „Gentleman“, half ich ihr weiter und sie nickte enthusiastisch. „Ja, genau! Total schick!“

Merlin schien allerdings überhaupt nicht zuzuhören, sondern starrte mich nur ein wenig abwesend an, ehe er eine Hand hob, um meinen Master zu unterbrechen. „Lasst uns später darüber sprechen, ja? Ich habe viel zu tun und überhaupt keine Zeit.“ Keine Zeit am Arsch! Der wusste doch nur genau, dass ich Fragen hatte und ihn nicht mit irgendeiner fadenscheinigen Ausrede davonkommen ließe. Oder er hatte tatsächlich Angst davor, sich noch eine Ohrfeige zu fangen, was nicht unwahrscheinlich war, wenn ich das Gefühl hatte, er verkaufe mich für blöd. Glaubte er vielleicht, ich merkte nicht, dass er mich anstarrte anstatt zu Eli zu gucken, die mit ihm sprach? Angespannt starrte ich zurück. Sollte er ruhig merken, dass er sich nicht nochmal rauswinden könnte.

„Bitte geht jetzt, ja? Wir sprechen dann beim nächsten Mal über alles.“ Oh nein, das kam gar nicht in Frage. Energisch schüttelte ich den Kopf. „Es gibt da ein paar Kleinigkeiten, die nicht warten können“, warf ich entschieden ein, als ich sah, dass mein Master zwar schmollte, aber nicht widersprach. „Die beiden Ruler haben eine auffällige Beobachtung gemacht“, bemerkte ich scharf, den Blick nur kurz gen Diogenes wendend. Merlin wusste doch genau, wovon ich sprach. Hatte er gedacht, wenn es Cú und ihm auffiel, würde es den Rulern entgehen? „Sicherlich, werter Marlin, könnt Ihr einige Fragen beantworten“, betonte ich seinen falschen Namen mit Nachdruck. „Jetzt.“
 

Kaum hatte ich das letzte Wort ausgesprochen, schob sich die Tür in meinem Rücken auch schon wieder auf, sodass die Türklinke mir in den Rücken stieß. Eilig machte ich einen Schritt voran, Eli dabei sanft ein Stück mit nach vorne schob. Die Frau, die eintrat, kannte ich nicht oder zumindest erkannte ich sie nicht sofort. Dafür jedoch den rothaarigen Servant, der ihr folgte. Tristan. Meine Miene gefror und ich wünschte mich weit, weit weg. Von allen Zufällen, die hätten passieren können, war das hier eindeutig einer, der bei mir ein Gefühl von „schlimmer kanns nicht mehr werden“ hinterließ. Was wollte ausgerechnet Tristan hier? War der etwa mit Merlin verbündet? Möglich war das allemal und in dem Fall wüsste vielleicht auch Tristan, was mit der dunklen Eli Sache war.

Mein Blick wanderte zu Tristans Master, die Elisabeth und mich keines Blickes würdigte, sondern direkt an Merlin herantrat, doch dann versperrte auch schon der Archer meine Sicht. Schützend hatte er sich zwischen die Frau und mich geschoben, seinen Bogen unversehens spannend und auf mich richtend, sodass ich mich nun auch eilig vor meinen Master schob. War der noch ganz sauber? Was zur Hölle war sein Problem? Wenn er auf die Idee kam, meiner kleinen Eli irgendetwas zu tun, dann würde ich ihn in genau das Grab befördern, vor dem ich ihn gerade erst bewahrt hatte! Wie von selbst hatte meine Hand ihren Weg zu meinem Buch gefunden, als wäre es ein Schutz gegen einen Angriff des Archers, auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte, wie. Irgendwie jedoch fühlte sich der kühle Buchumschlag mit den filigranen Verzierungen ungemein beruhigend unter meinen Fingern an.

Die Verwirrung auf dem Gesicht der Fremden nahm ich nur aus den Augenwinkeln wahr. Meine Aufmerksamkeit galt Tristan. Am liebsten hätte ich ihm an den Kopf geworfen, dass er diesen Dreck lassen sollte. War das etwa der Dank dafür, dass ich am frühen Morgen seinen Arsch gerettet hatte? Gern geschehen! Vielleicht sollte ich ihm wahlweise mein Buch oder seinen Bogen mal kräftig über die Rübe ziehen, um ihm etwas Vernunft einzuprügeln? Ging man so etwa mit Leuten um, die einem das Leben gerettet hatten?
 

Gerade, als ich glaubte, Tristan würde den Pfeil von der Sehne schnellen lassen, schob sich Merlin zwischen uns. „Na, na, na, das ist doch wirklich nicht nötig. Mir scheint, ihr beide habt einiges zu besprechen.“ Nur langsam ließ der rothaarige Ritter seinen Bogen sinken. Wie gerne hätte ich ihm das Ding übergezogen. „Ahh“, seufzte Merlin theatralisch. „Und dabei wollte ich noch so viel erledigen.“ Er schüttelte den Kopf, als wäre er hier der Leidtragende. Tristans Master jedoch wirkte jetzt auch misstrauisch und funkelte mich über Tristans Schulter hinweg finster an. Eli hingegen konnte ich an meinem Umhang zuppeln spüren. Sie verstand zweifellos nicht, was hier überhaupt los war.

„Nun schaut doch nicht so grimmig. Wir können uns in Ruhe nebenan besprechen, meint ihr nicht auch?“ Ob es nun Glück war oder Pech, dass Merlin einfach weiterredete, als wären wir anderen nur Statisten, vermochte ich nicht zu sagen. Zumindest jedoch schien Tristan auch auf ihn zu hören, denn schließlich senkte er die Waffe gänzlich, sodass auch ich die Hand von meinem Buch nahm. Wenn er und sein Master hierher gekommen waren, dann zweifellos, weil sie glaubten, er habe ihnen geholfen. Irgendwie jedoch musste Tristan bemerkt haben, dass ich es war. Also hinterließ mein Noble Phantasm irgendwelche Spuren.

Verkniffen legte ich eine Hand auf Elisabeths Schulter, die sich an mir vorbei schob. An diese wandte sich Merlin nun. „Das ist für dich bestimmt langweilig. Aber in der Mensa, hab ich gehört, gibt es heute Nudelauflauf. Wieso schaust ihr nicht, ob ihr noch etwas ergattern könnt?“, grinste er Eli an, ehe er einen vielsagenden Blick in Diogenes’ Richtung warf, der die stumme Botschaft wohl verstand, denn er nickte kaum merklich und trat an Elisabeth heran, die über das ganze Gesicht strahlte, als habe sie schon vergessen, wie angespannt die Stimmung hier gerade gewesen war. „Au ja! Lecker Nudelauflauf!“, freute sie sich. „Sollen wir dir auch was mitbringen, Onkel Marlin?“ Der Magus lachte nur leise und schüttelte den Kopf. „Das ist wirklich lieb, aber nein, danke. Lasst euch nicht aufhalten und pass mir gut auf ihn auf, ja?“, warf er erneut einen Blick zu Diogenes. Dass er wohl eher meinte, dieser solle auf Eli achten, verstand wohl jeder. Elisabeth ließ sich davon jedoch nicht beeinflussen, sondern zog den im Vergleich zu ihr hünenhaft großen Diogenes enthusiastisch hinter sich her, kaum, dass sie seine Hand zu fassen bekommen hatte.

Als die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, hatte ich das Gefühl, als kehre die Anspannung direkt zurück. Feindseligkeit lag in der Luft. Um das zu wissen, hätte ich nicht sehen müssen, wie sich Tristans Hand so fest um seinen Bogen legte, dass seine Knöchel weiß vorstanden. Wieder war es Merlin, der die Situation zu entschärfen wusste. „Gehen wir doch nach nebenan und reden in Ruhe, meint ihr nicht auch? Ich habe noch köstlichen Tee da“, plauderte er munter. Woher Eli ihre sorglose Art hatte, dämmerte mir mit jeder Minute mehr. Bei so einem Vorbild wie Merlin.
 

Entschieden schob uns Merlin in die Wohnung, in der Eli und ich bereits gewesen waren, um gemeinsam mit dem Magier der Blumen und seinem Servant zu essen. Tristans Master hielt auch jetzt Abstand zu mir und als wir uns setzten, war es Tristan, der sich mir gegenüber setzte, während Merlin neben mir saß und über das gesamte Gesicht strahlte, als könnte er kein Wässerchen trüben. Die fremde Frau hingegen schien den Ernst der Lage besser zu erfassen. Beschwichtigend warf sie einen Blick zur Seite, zu Tristan, ehe sie in meine Richtung sah. „Ich entschuldige mich für Archers Ausbruch. Selbstverständlich achten wir das Labor als kampffreie Zone.“ Ihre Worte galten zweifellos weniger mir als Merlin, dennoch nickte ich wohlwollend. Es war ja nichts weiter passiert.

„Ich hatte gute Gründe. Seid dessen versichert, Milady“, warf Tristan mit ernster Miene ein. „Ich hätte mir nicht vergeben können, wäre ich unachtsam gewesen angesichts meiner Erkenntnisse.“ Ah, was immer er also bemerkt hatte, seinem Master war es nicht aufgefallen. Konnte er damit nun bitte herausrücken? Ich war auch neugierig, woran er mich erkannt hatte, wo ich doch nicht einmal in der Nähe des Kampfplatzes gewesen war. Fragend hob ich eine Augenbraue. Es war jedoch die Frau neben Archer, die ihre dunklen Locken zurückwarf und nachhakte: „Ich bin ganz Ohr. Caster hat keine Anstalten gemacht, sich feindselig zu verhalten.“ Am liebsten hätte ich ihr laut zugestimmt. Das Gegenteil war immerhin der Fall. Ich hatte beiden einen Dienst erwiesen und ihnen geholfen. Ohne mich, mein Freund, wäre dein Arsch jetzt wieder beim Thron der Helden. Wie wär’s also mit einem kleinen „Danke, Caster“?

Tristans Miene blieb ernst und tatsächlich öffnete er erst jetzt wirklich die gelben Augen, deren Blick sich auf mich richteten. „Ich habe die Manasignatur wiedererkannt. Ohne jeden Zweifel.“ In seiner Stimme lag Misstrauen. Ich konnte nicht verhindern, dass mir meine Züge entgleisten. Whoa, konnte er die Augen bitte wieder zu machen? Man fühlte sich direkt unwohl, wenn er einen so anstarrte. Dabei hatte ich dazu doch eigentlich überhaupt keinen Grund. Merlin wusste eh längst, dass ich an Tristans Sieg beteiligt war, sonst wäre Diogenes wohl kaum bei Eli und mir aufgelaufen. „Wiedererkannt? Was meinst du, Archer?“, wollte Tristans Master wissen. Ihr fragender Blick schwankte zwischen ihrem Servant und mir, während sich Merlin fein aus dem Gespräch heraushielt.
 

Tristans Blick ruhte nur kurz auf seinem Master, dann starrte er wieder mich an. „Caster, Ihr seid die Puppenspielerin, die uns diesen unwürdigen Sieg gegen Loreley beschert hat.“ Das war keine Frage, sondern vielmehr eine Feststellung. Gerne hätte ich hilfesuchend zu Merlin gesehen, doch diese Blöße wollte ich mir nicht geben. Schließlich war ich hergekommen, um von dem Magus Antworten zu erhalten und nicht, um mich hinter ihm zu verstecken. Also versuchte ich, mich möglichst gerade zu halten, um groß zu wirken, ehe ich nickte. „Das ist wahr“, entgegnete ich knapp, konnte mir dann aber doch nicht verkneifen, bissig zu werden. „Und gern geschehen.“

Tristans Blick war finster, doch zumindest sein Master schien deswegen nicht verärgert zu sein. „Dann hast du uns gerettet, Caster“, stellte sie leise fest. Dieses Mal nickte ich nur und ein kleines Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Ich bin übrigens Mary. Und ich meine es ernst: Danke. Ich hatte wirklich Angst, dass Archer…“ Sie verstummte, doch ich verstand auch so, was sie hatte sagen wollen. Sie hatte befürchtet, Archer würde sterben. War ich ehrlich, sah ich das genauso und war damit ja offenkundig nicht alleine, wenn auch Cú und Merlin nebst Diogenes fanden, dass Tristans Sieg seltsam war. Abwartend starrte ich zu dem rothaarigen Ritter, der einen langen Moment nur schwieg, dann schwer seufzte und schließlich die Augen schloss. „Wahrlich, kann ich nicht sagen, das ein solcher Sieg mich mit Stolz erfüllt, doch ich erkenne an, dass Ihr, werte Caster, mir und damit meinem Master einen Dienst erwiesen habt“, erklärte er hochtrabend. Na bitte, ging doch. Mir hätte auch ein einfaches „Danke“ gereicht, doch angesichts des Umstandes, mit wem ich hier zusammensaß, war das wohl, womit ich hatte rechnen müssen. „Ich nehme dann wohl zurecht an, dass du uns mit deinem Noble Phantasm geholfen hast“, schlussfolgerte Tristans Master. „Richtig“, stimmte ich ihr zu. Das zu leugnen, hätte wohl ohnehin wenig Sinn.

Mit etwas Mühe schluckte ich den Kloß herunter, der sich in meinem Hals bilden wollte. „Ehrlich gesagt, habe ich bezüglich dieser Sache auch noch ein paar Fragen“, erklärte ich, den Blick gen Merlin wendend. Der schien nur darauf gewartet zu haben, dass ich mich ihm zuwandte und lächelte. „Tatsächlich?“, fragte er scheinbar arglos. Komm mir nicht so, Kumpel! „Tatsächlich“, bestätigte ich mit einem nicht weniger scheinheiligen Lächeln. „Offenbar fiel einigen Leuten auf, dass ich mich in den Kampf einmischte.“ Merlins Miene verriet nichts. Er lächelte einfach nur weiter, als wäre er total deppert und wüsste von überhaupt nichts. In gewisser Weise hatte er damit fast den gleichen Effekt wie Gilgamesh in Fate/Zero. Man wollte ihn packen und kräftig schütteln, in der Hoffnung, das könnte irgendetwas ändern. Würde es nicht. Aber es würde sich bestimmt unfassbar gut anfühlen, doch nochmal nachzuschütteln.
 

„Offenbar haben gewisse Magiebegabte bemerkt, dass ich mein Noble Phantasm benutzte, um Tristan zu retten. Vielleicht war es auch Loreley bewusst, das kann ich nicht sicher sagen.“ Ich runzelte die Stirn, Merlin fixierend. „Eigentlich hat mein Master jedoch gar nicht genug Mana, um mir überhaupt zu ermöglichen, mein Noble Phantasm einzusetzen. Obendrein sind die Umstände, unter denen sie zu meinem Katalysator kam, recht seltsam. Es würde mich nicht wundern, wenn es einen Zusammenhang zwischen beiden Aspekten gibt.“ Unverhohlen starrte ich Merlin an, der nun tatsächlich überrascht aussah und eine Hand hob, um abzuwinken. „Ich war nicht weniger überrascht, dass du beschworen wurdest. Andernfalls hätte ich adäquate Vorbereitungen getroffen.“ Ich gab es ungern zu, aber das glaubte ich ihm sogar irgendwie, wenn es auch nicht die dunkle Elisabeth erklärte.

„Wenn dein Master nicht über genug Mana verfügt, wie hast du es dann einsetzen können?“, wunderte sich auch Mary. Der Ritter neben der jungen Frau hatte die Stirn in sorgenvolle Falten gelegt. Wusste er vielleicht bereits, welches Geheimnis sich dahinter verbarg? Mein Blick wanderte von Tristan zu Merlin zurück. „Nun, ich nehme an, das kann uns Merlin verraten“, bemerkte ich spitz, woran sich der Magier nicht zu stören schien. Er lächelte unbeirrt weiter.

„Das kann ich womöglich wirklich. Aber vielleicht sollten wir dieses Gespräch unter vier Ohren führen, Caster“, flötete er in meine Richtung und warf einen Blick in Elisabeths Richtung, die das Gespräch eher zu langweilen schien. Merlin hingegen sorgte effektiv dafür, dass ich schon wieder Lust bekam, ihn einmal durchzuschütteln. Mir war schleierhaft, wie die Ritter der Tafelrunde diesem Drang immer hatten widerstehen können. Dieser Kerl trieb einen mit seiner Art einfach in den Wahnsinn - oder zumindest bis zu einem gewissen Grad Brutalität. Ein ziemlich fragwürdiges Talent, wenn man mich fragte. Ich seufzte schwer, nickte dann aber. „Das sollten wir wohl.“ Schon, damit ich ihn notfalls nochmal ohrfeigen konnte, falls er versuchte, mich für dumm zu verkaufen oder sich um Antworten zu drücken.

Unerwartete Bündnisse

„Aber nicht jetzt“, flötete Merlin einfach gut gelaunt in die Runde, völlig ignorant gegenüber der Anspannung, die über uns allen lag, obwohl man sie förmlich in Scheiben hätte schneiden können. Dieser Kerl hatte wirklich überhaupt kein Feingefühl. Man hätte meinen sollen, bei Hofe hätte er das gelernt, aber offenbar war da so einiges an ihm vorbeigezogen. Ich ächzte verhalten, da ergriff Mary das Wort, die den weißhaarigen Magier nun selbst etwas skeptisch ansah. „Ich habe natürlich Verständnis dafür, dass ihr so etwas Wichtiges nicht vor einem fremden Master und einem fremden Servant besprechen wollt.“ Sie lächelte entschuldigend in meine Richtung. Also hatte nicht nur ich meine Vorbehalte gegen diese Knalltüte. Irgendwie beruhigend. Je länger ich Merlin kannte, desto weniger verstand ich, wieso damals irgendjemand auf die hirnrissige Idee gekommen war, auf ihn zu hören. Waren die Leute im Mittelalter einfach alle permanent high oder besoffen gewesen? Auf mich hatte nicht die Hälfte, von dem was er palaberte, nach einer guten Idee geklungen.

„Diese Angelegenheiten, denke ich, gehen dich nichts an, Caster“, bemerkte Tristan unfreundlich. Grimmig funkelte ich ihn an. War das sein Ernst? „Nichts an?“, fragte ich nach, ohne eine Antwort zu erwarten. „Es betrifft meinen Master. Natürlich geht es mich etwas an.“ Tristans halb geöffnete Augen lagen auf mir, doch Freundlichkeit suchte ich in seinem Blick vergeblich. Er wurde mir mit jeder Minute unsympathischer. Mary hingegen konnte ich eigentlich ganz gut leiden. „Das sehe ich wie Caster“, stellte sie sich sogar auf meine Seite. „Und ich würde mich freuen, wenn wir“, meinte die junge Frau bestimmt mit einem mahnenden Seitenblick in Tristans Richtung, „Ein Bündnis schließen würden. Immerhin hast du uns ja bereits geholfen und damit sehr wahrscheinlich unser beider Leben gerettet.“ Sie lächelte strahlend, ganz im Gegensatz zu ihrem Servant, der dreinsah, als müsse er einen Liter Zitronensaft pur trinken. „Dann lasse ich euch das doch in Ruhe aushandeln“, mischte sich Merlin unvermittelt ein. „Betrachtet mich als neutralen Beobachter.“

Seufzend wandte ich mich Mary zu, Archer an ihrer Seite einfach ignorierend. Er wollte nichts mit mir zu tun haben? Bitteschön. Ich war auch nicht gerade scharf drauf, mir blöde Bemerkungen als Dank für die Rettung seines Lebens anzuhören. Wäre mir Mary nicht so sympathisch, hätte ich ein Bündnis kategorisch ausgeschlossen. Dazu kam noch, dass Tristan Merlin kannte und vielleicht mehr wusste, als er bisher bereit war, preiszugeben, was die ganze Sache mit Elisabeth anging, auf die ich mir noch immer keinen rechten Reim machen konnte. Allerdings blieb die Frage, ob sich Tristan einem Bündnis überhaupt fügen würde. Misstrauisch warf ich einen Blick in seine Richtung, dann wandte ich mich wieder Mary zu, die erfreut dreinsah.
 

„Wunderbar. Dann sollten wir die wichtigsten Punkte auf jeden Fall festhalten. Selbstverständlich kämpfen wir nicht gegeneinander solange das Bündnis währt und sollten einander beistehen, wenn es zu einem Kampf kommt“, begann sie mit immer ernster werdender Miene. Ich nickte ob dieser Bedingungen, die wohl die Grundlage für jedes Bündnis wären, mir aber doch Bauchschmerzen bereiteten. In einem direkten Kampf wäre ich Tristan keine Hilfe. „Außerdem sollten wir Informationen austauschen“, wog Mary nun ab. Eilig schaltete ich mich ein. „Auf jeden Fall. Was wir in Kämpfen oder Gesprächen erfahren, sollten wir teilen“, stimmte ich zu und ließ damit doch bewusst etwas außen vor, nämlich das Wissen, dass ich bereits hatte. Diesen Trumpf wollte ich so einfach nicht teilen. Tristans Master jedoch nickte nur sichtlich erleichtert. „Ja, genau. So können wir einander auch besser beschützen und unterstützen!“, ereiferte sie sich und warf einen begeisterten Blick in Tristans Richtung, der eher aussah, als hätte man ihn gezwungen, in eine Zitrone zu beißen.

„Nun, ich finde, wir sollten auch unsere Namen alle offen legen“, fügte Tristan mit bissiger Miene hinzu. Klar, dass er das fand. Ich kannte seinen Namen ja auch schon. Gönnerisch lächelte ich ihn an. „Aber selbstverständlich.“ Dass ihn diese Antwort überraschte, zeigte seine Haltung nur kurz, doch ich wusste ja längst, dass ihm mein Name exakt überhaupt nichts sagen würde. Sollte er ihn halt wissen. Back dir ein Eis, Archer.

„Außerdem sollten wir zumindest Telefonnummern austauschen“, merkte ich an, Archer wieder ignorierend, der mich ansah, als habe ich ihm gerade vorgeschlagen, Babyrobben niederzuknüppeln. „Oh, stimmt. Wir sollten einander erreichen können“, stimmte mir zumindest Mary zu, die ihr Handy aus der Tasche zog, um mir dann auf einen Zettel, den ihr Merlin mit einem Lächeln reichte, ihre Nummer zu kritzeln. Könnten Blicke töten, hätte Tristan jetzt den Magier der Blumen auf dem Gewissen, der wieder seine Beobachterposition einnahm. Mary schien das nicht einmal zu bemerken, sondern fixierte wieder mich. „Dein Noble Phantasm, das, mit dem du Archer und mich gerettet hast…“ Sie zögerte, also schüttelte ich den Kopf. „Ich kann es nicht allzu oft einsetzen. Wir sollten keine Strategie darauf aufbauen, wenn wir uns nicht absolut sicher sind, dass es sich lohnt.“ Nur kurz wirkte sie nachdenklich, dann nickte sie. „So etwas in der Art hatte ich mir gedacht. Was immer du jedoch getan hast, war sehr beeindruckend. Dein Noble Phantasm muss sehr mächtig sein“, lächelte sie mich an und war damit wieder alleine, denn ihr Servant hatte die Augen wieder geöffnet und starrte mich voller Misstrauen an.
 

Während Tristan schon aus Prinzip gegen alles, was Mary und ich besprachen, zu sein schien, erwies sich nicht nur Merlin als stiller Zuhörer, sondern auch Diogenes und Elisabeth, die nach einer Weile zurückkehrten. Anstatt mich, wie es sonst ihre Art war, mit den Erzählungen vom Spielen gegen Diogenes zu bestürmen, setzte sich mein Master still neben mich und griff einfach nur wortlos meine Hand und drückte diese leicht. Eine Geste, die ich sanft erwiderte. Erst als Mary und ich uns einig waren, dass wir auch Adressen austauschen sollten und außerdem jeden Kontakt zu anderen Servants, der über eine flüchtige Begegnung hinaus ging, an die andere Partei weitergaben, reichten wir einander die Hände.

„Ich freue mich wirklich sehr über unser Bündnis“, ließ ich sie wissen und erntete ein strahlendes Lächeln. „Mir geht es nicht anders.“ Mary schmunzelte, als sie meine Hand losließ und stattdessen Elisabeths ergriff. „Wie ihr bereits wisst, heißt Archer Tristan und mein Name ist Mary Isolde Brown. Freut mich sehr.“ Elisabeth ergriff die dargebotene Hand und schüttelte sie energisch. „Ich heiße Elisabeth Müller und Casters Name ist Daelis“, stellte uns Eli stolz vor. Damit war unser Bündnis besiegelt. Mein kleiner Master wollte allerdings auch Tristan die Hand schütteln, der sich nicht regte, bis sein Master ihm einen Ellenbogen in die Rippen schob. Ein bisschen gehässig grinste ich ihn an. Ein anderes Thema waren Merlin und Diogenes, die beide ebenfalls im Raum waren. Bisher hatte ich sie weitestgehend ausgeblendet, doch jetzt musterte ich Merlin aus den Augenwinkeln. Damit, dass Mary auch Tristans Namen preisgab, verriet sie mir, dass sie mit Marlin-Merlin längst eng in Kontakt stand. Das hieß dann wohl, sie wusste auch, wer Marlin wirklich war.

Gerade hatte sich Mary entspannt zurückgelehnt, als Tristan sich unvermittelt mit einem ganz anderen Thema zu Wort meldete. „Fraglich, ob dieses Bündnis uns wirklich zum Vorteil gereicht, Milady“, wandte er den Blick geschlossener Augen in Elisabeths Richtung. Die sah ihn nur fragend an. „Ihr seid eine Magierin der ersten Generation, nicht wahr?“, fragte er sie höflich und Eli nickte nur. Ich ahnte, worauf er hinauswollte. Sie besaß sie keine großen Fähigkeiten und nicht viel Mana. Dadurch könnte sich als eher hinderlich denn hilfreich erweisen. Grimmig funkelte ich den rothaarigen Ritter an, der jedoch unbeeindruckt fortfuhr: „Genügt Euer Mana überhaupt, damit Caster ihr Noble Phantasm benutzen kann?“ Allein für diese unverschämte Frage hätte ich ihm zu gerne eine gelangt, auch wenn er mit seinem Verdacht natürlich Recht hatte. Elisabeths Mana genügte nicht. Das so direkt zu fragen, war aber schon ziemlich fies. Die arme Eli! Aber er wusste schon noch, dass wir seinen verdammten Arsch gerettet hatte, ja?

Eli wollte gerade antworten, als sich Merlin einschaltete. „Na, na. Das ist aber eine wirklich unhöfliche Frage, Archer“, tadelte er mit einem Lächeln, das einen beinahe glauben lassen konnte, es ginge hier wirklich nur um Höflichkeit. „Und immerhin hat Casters Noble Phantasm dir doch zum Sieg verholfen, nicht wahr?“ Normalerweise sorgte genau das Lächeln, das Merlin nun zur Schau stellte, dafür, dass ich den intensiven Wunsch verspürte, ihn zu packen und zu schütteln, aber in diesem Moment war ich ihm fast dankbar, dass er sich schützend vor Elisabeth stellte. „Dann gibt es doch gewiss auch eine Erklärung, wie das möglich war“, setzte Tristan nach und erntete einen tadelnden Blick seines Masters, deren Hand er vorsichtig ergriff, als wolle er sie beschwichtigen. Merlins Lächeln wurde eine Spur breiter. „Natürlich. Wie fühlte sich denn das Mana an?“, entgegnete der Magier der Blumen. Ich konnte sehen, wie Tristan die Stirn runzelte und stutzte, als Merlin meinte: „Nach Caster oder womöglich einer anderen, alten Bekannten?“ Ich verstand kein Wort, doch dass Tristan nun schwieg und die Marys Hand fester drückte, gab mir zu denken. Was wurde hier gespielt?
 

Wie erwartet, erzählte Tristan mir überhaupt nichts und als ich versuchte, nachzuhaken, blockte der rothaarige Archer direkt ab und sah mich dabei so finster an, als habe ich ihn gebeten, etwas höchst Anstößiges preiszugeben. Genervt ließ ich es gut sein. Es würde wohl wenig bringen, unser Bündnis schon so früh zu strapazieren, zumal es ohnehin nicht unter dem besten Stern zu stehen schien. Vielleicht hätte ich doch lieber eines mit Cú Chulainn und El-Melloi aushandeln sollen. Zumindest war ich mir bei Cú sicher, dass er nicht scharf drauf war, mich hinterrücks zu erschießen. Bei Tristan hingegen war ich mir da nicht so sicher. Beinahe war ich froh, als Mary meinte, sie müssten langsam los. „Machs gut, kleine Elisabeth. Bis dann, Caster“, verabschiedete sich Mary von uns, ehe sie auch Merlin und Diogenes noch einen schönen Tag wünschte. Auch jetzt stand Tristan nur neben ihr, die Miene verkniffen und den Blick unentwegt auf Merlin gerichtet, der entweder absolut ignorant war und es nicht bemerkte, oder aber das sehr gut vorspielen konnte.

Das Geräusch der Tür, die ins Schloss fiel, änderte mit einem Schlag die ganze Atmosphäre. „Caster“, wandte sich Merlin an mich und blickte so ernst drein, dass ich erst gar nicht wusste, wie ich reagieren sollte. Bisher war er immer so döspaddelig daher gekommen. Das konnte doch bestimmt nichts Gutes bedeuten. „Es gibt da etwas, über das wir beide unter vier Augen sprechen sollten“, erklärte er ruhig und winkte mir zu folgen, doch Elisabeth klammerte sich an meine Hand. „Ich will auch mitkommen“, protestierte sie, doch Merlin schüttelte mit sanftem Lächeln den Kopf. „Dieses Mal nicht. Sei artig und pass für mich auf Diogenes auf, ja? Sonst überwässert er mir wieder alle Pflanzen, die doch so hübsch geblüht sind, nachdem du dich um sie gekümmert hast.“ Merlins Schmeicheleien taten ihren Dienst, denn auch wenn Eli erst zögerte und etwas schmollte, weil man sie ausschloss, nickte sie dann doch und wandte sich unversehens Diogenes zu, dem wieder die Aufgabe als Babysitter zufiel, während ich Merlin nach nebenan in die Küche folgte.

Zumindest wusste ich Elisabeth bei Diogenes gut aufgehoben, während Merlin was auch immer mit mir klärte. Müsste ich raten, ging es um die Bemerkung, die er Archer gegenüber gemacht hatte. Gut so, denn das interessierte mich auch brennend. Wessen Mana hatte Archer gespürt, dass er diese Person kannte und obendrein so reagierte? Hatte etwa Merlin auch hier seine Finger im Spiel? Ausschließen konnte ich es nicht. Ähnelte sich das Mana von Verwandten? Ich schob diesen Gedanken erst einmal beiseite, denn was immer mir der Magier der Blumen zu sagen hatte, wollte er vor Elisabeth geheim halten. Noch ein Punkt, der mich stutzig machte. Welches Geheimnis, glaubte er, müsse ich kennen, während Eli es nicht wissen durfte?
 

„Es geht um Elisabeth“, begann Merlin unvermittelt. Ach nee. Das hatte ich mir auch schon gedacht. Ich verschränkte die Arme und nickte ihm zu, damit er fortfuhr. Da war ich ja mal gespannt, was Merlin nun ausspuckte. Dennoch gab es mir sehr zu Denken, dass er so ernst guckte und sprach. So hatte ich ihn bisher noch nie erlebt. „Deine Entscheidungen haben großen Einfluss auf Elisabeth, darum ist es wichtig, dass du weißt, dass sie die Nachfahrin zwei sehr mächtiger Magier ist und keine Magierin erster Generation“, erklärte er betont ruhig, meinen Blick suchend. „Aber ihre Manakreisläufe“, wollte ich widersprechen, doch Merlin hob eine Hand, um ich zu unterbrechen. „Diverse Kreisläufe sind bei ihr blockiert. Deshalb kann sie dir nicht ihr volles Mana zur Verfügung stellen. Allerdings werden diese Kreisläufe genutzt, wenn sich eines ihrer anderen beiden Gesichter zeigt.“

Entgeistert starrte ich ihn an. Gut, das auch mal zu erfahren. Ein paar mehr Details wären aber wohl schon zu viel verlangt gewesen, mh? Er hatte weder ein Wort über Elis Eltern verloren, noch darüber was er mit den „Gesichtern“ meinte. Wie sollte mir diese Erklärung bitte in irgendeiner Form helfen? Er seufzte melodramatisch. „Darum musst du gut aufpassen, was du sagst und tust. Jede Handlung hat Konse- he!“ Mir reichte es. Immerhin dieses Herumgerede und diese Rätsel. Konnte dieser Kerl nicht einfach mal zum Punkt kommen und klar sagen, was Sache war? Energisch hatte ich ihn an den Schultern gepackt und starrte ihn eindringlich an, als ich fragte: „Was für Gesichter? Eine Art dissoziative Persönlichkeitsstörung? Sind es andere Seelen, die sich in ihrem Körper eingenistet haben? Sprich Klartext!“

„Ich kann dir wirklich ni-“, begann Merlin mit einem Lächeln, das im nächsten Moment auch schon erstarb. Ich hatte die Nase gestrichen voll und schüttelte den Magier der Blumen ein paarmal kräftig. „Beantworte einfach meine Fragen, Merlin!“, verlangte ich zischend im Versuch, nicht zu laut zu sprechen, sodass Elisabeth uns nicht hören würde. Schweigend starrte er mich an. Wie gerne hätte ich ihn einfach nochmal geschüttelt. Dieser Typ trieb mich in den Wahnsinn, sehr viel mehr, als es Cú Chulainn tat. Bei dem wusste man wenigstens irgendwie, woran man war und er machte nicht immer nur irgendwelche Andeutungen. Eindeutig eher ein Mann der Tat, wenn auch manchmal ein wenig zu sehr. „Aber sei versichert, sie ist gesund und wohlauf“, lächelte Merlin mir entgegen. Aller Ernst war aus seiner Miene verschwunden. Wie gerne hätte ich ihn geschlagen. Er hatte mir zwar etwas Neues offenbart, doch dafür mindestens genauso viele Fragen eröffnet. War er vielleicht selbst Elisabeths Vater? Verdammter Incubus. Ich traute es ihm zu. Dann käme als Mutter wohl durchaus sein früherer Master in Frage. Ob die beiden ihren Krieg gewonnen hatten und Merlin deshalb hier war und als Master teilnahm? Um seine Tochter zu beschützen? Whoa, so langsam glitt ich ab. Zu viele Theorien, zu wenig Fakten und auf Letztere sollte ich mich konzentrieren. Ganz egal, wer Elis Eltern waren, sie war mein Master und brauchte mich, also würde ich mich anstrengen, damit sie in mir eine zuverlässige Erziehungsberechtigte hätte.
 

„Die Blumen haben jetzt alle genug zu trinken, Onkel Marlin!“, ertönte Elisabeths muntere Stimme von der anderen Seite der Tür. Sie war so arglos, dass es mir gleich doppelt leidtat, das Opfer von Merlins komischen Plänen zu sein. „Caster?“ Grimmig sah ich zu Merlin hoch und verschränkte die Arme, als er nun die Hände auf meine Schultern legte. „Ich vertraue darauf, dass du dich gut um Elisabeth kümmerst und auf sie aufpasst“, ließ mich Merlin wissen. So richtig wohl fühlte ich mich unter seinem Blick nicht, also nickte ich nur und wandte mich dann um. „Natürlich. Sie ist mein Master.“ Und obendrein ein unschuldiges Kind. So oft ich auch betonte, Kinder nicht zu mögen, hieß das noch lange nicht, dass ich Wehrlose einfach im Stich ließe.

Auf eine Erwiderung des Magus wartete ich nicht mehr, sondern öffnete einfach die Tür vor Elisabeth und widmete ihr mein bestes Lächeln. „Es ist wirklich lieb von dir, dass du dich so um Onkel Marlins Blumen kümmerst, Master“, lobte ich sie und tätschelte ihr sacht den Kopf. „Was hältst du davon, wenn wir für unser Zuhause auch eine hübsche Blume kaufen und sie zusammen großziehen?“ Das würde zwar in erster Linie ihre Aufgabe, denn ein grüner Daumen war an mir mal so gar nicht verloren gegangen, doch sicherlich lenkte es Elisabeth ein wenig von der Vorstellung ab, dass ich nicht ewig an ihrer Seite wäre. So hätte sie später eine kleine Erinnerung, ganz egal, wie diese Sache für mich ausginge. Schlimm genug, dass sie überhaupt in diesen Krieg gezwungen wurde. Welcher Spast sich das auch gewünscht hatte, dem würde ich ja auch zu gerne mal kräftig die Meinung geigen. „Au ja! Ich möchte eine blaue!“, ereiferte sich Elisabeth prompt und war dann so Feuer und Flamme, dass sie mich förmlich aus dem Labor zerrte, sich nur im Gehen verabschiedend.

Im Blumenladen brauchten wir zu meiner Überraschung jedoch gar nicht lange. Schon am Eingang hatte Elisabeth ihre Entscheidung praktisch sofort getroffen. Eine exotisch wirkende, rosafarbene Blüte hatte es geschafft, Masters Aufmerksamkeit direkt auf sich zu ziehen. Vom Verkäufer erfuhren wir, dass es sich um eine Medinilla handele. Davon hatte ich noch nie gehört, doch soweit die Anleitung es hergab, war das Pflänzchen recht pflegeleicht und da Elisabeth sowieso schon total verliebt in die Blume war und sogar mit ihr sprach, gab es wohl ohnehin nicht viel zu diskutieren. Vielleicht sollte ich froh sein, dass sich Eli bei ihrer Namenswahl auf Conny beschränkt hatte und ihre Wahl nicht auf Audrey II gefallen war, sonst hätte ich wohl direkt den Flammenwerfer gezückt, ehe wir in einen kleinen Horrorladen lebten.

„Meinst du, es wird ihr im Schlafzimmer gefallen?“, wollte Elisabeth von mir wissen. „Bestimmt. Am besten wäre wohl auf der Fensterbank, dann kann sie die Sonne genießen“, gab ich lächelnd zurück. Es war wirklich süß, wie leicht Elisabeth sich begeistern konnte, doch Merlins Worte spukten mir noch im Kopf herum und so sehr ich mir das Hirn auch zermarterte, ich wurde nicht so richtig schlau daraus. Eines von Elis anderen Gesichtern hatte ich wohl schon kennengelernt. Die Dunkle, wie ich sie Gedanken nannte. Sie war viel erwachsener als Elisabeth, sehr viel entschlossener und offenbar mit Tristan bekannt. Warum sonst hätte sie ihn retten sollen? Außerdem passte die Bemerkung von Merlin viel zu gut dazu. Blieb nur die Frage: Wer war diese Person, dass sie beide diese Persönlichkeit in Elisabeth kannten - und wollte ich das überhaupt wissen?
 

„Da hatten wir richtig Glück!“, freute sich Elisabeth, als sie vor mir durch die Haustür huschte. Ich nickte ihr zu und warf einen Blick zurück. Draußen ging jetzt ein wahrer Sturzbach nieder. Schwein gehabt. Nur eine Minute später und wir wären wohl beide bis auf die Haut durchnässt. „Ich zeige Conny erstmal ihr neues Zuhause.“ Dass Conny das alles wohl ziemlich egal wäre, sparte ich mir einfach. Besser, mein kleiner Master war glücklich und umsorgte diese Pflanze, als dass sie aus Angst vor dem Gralskrieg in einer Ecke kauerte und weinte. Mit einem Schmunzeln folgte ich Eli ins Wohnzimmer. Dort jedoch erstarb das Lächeln auf meinen Lippen sofort.

„Da ist ja mein Schatz“, begrüßte uns eine Stimme, die ich sofort erkannt hätte, auch ohne das dazugehörige Gesicht zu sehen. Gilgamesh. Als hätte das Schicksal ausgeprägten Galgenhumor, war der König der Helden auch noch ausgerechnet in seiner Archer-Manifestation hier aufgelaufen - und nicht gerade in der entzückenden Version in etwa Elisabeths Alter. Entgeistert starrte ich den golden gerüsteten Servant an, der es sich auf dem Sofa für meinen Geschmack etwas zu bequem gemacht hatte. Was wollte der denn bitteschön hier? Wenn ich bisher gedacht hatte, vor einem schier unüberwindbaren Berg an Problemen zu stehen, lag ich damit nicht falsch, doch dieser Berg kam mir auf einmal erstaunlich überschaubar vor. Instinktiv schob ich mich vor Eli. Was immer dieser arrogante Pisser hier wollte, er sollte sich gefälligst von meinem Schützling fernhalten. Wenn ich auch nicht glaubte, dass er ein unschuldiges Kind einfach tötete, hielt ich ihn doch definitiv nicht für guten Einfluss. Von dem sollte sich Elisabeth besser nichts abschauen. Offenbar wurde es hier wirklich Gewohnheit, dass Leute einfach so reinkamen und es sich bei uns bequem machten.

„Kennt ihr euch?“, riss mich die Stimme meines Masters aus meiner Schockstarre. „Nein“, platzte ich sofort heraus, vielleicht ein bisschen zu schnell. „Nicht persönlich.“ Unsicher starrte ich zu Gilgamesh herüber, der nicht den Anschein machte, als würde er sich einfach wie eine Fata Morgana in Luft auflösen. Hoffentlich wollte er nichts Wichtiges, denn dann sollte er es halt kriegen und sich dann bitteschön gleich wieder verpissen. Neugierig lugte Elisabeth an mir vorbei, um einen besseren Blick auf Gilgamesh zu erhaschen, dessen amüsierter Blick auf mir lag. „Mir scheint, es liegt ein Missverständnis vor“, erklärte ich nervös. Von seinen Schätzen wusste ich wenig und ganz sicher hatte ich keinen. Gleiches galt für Eli. Ich betete stumm, dass sich das schnell klären würde, denn in einem Kampf hätte ich nicht den kleinsten Hauch einer Chance gegen ihn. Besser also, ich stellte mich vorerst gut mit ihm. Vielleicht würde es ja gar nicht so übel? Okay, damit konnte ich mich selbst nicht belügen, aber welche Wahl hatte ich?
 

„Wieso bringst du Conny nicht schonmal an ihren Platz, Master?“, forderte ich Elisabeth auf, die einen kurzen Moment zögerte, weil sie neugierig war, wer Gilgamesh war - oh, wenn sie wüsste - und schließlich nickte. Zumindest hatte ich meinen Schützling damit erst einmal in Sicherheit gebracht, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Was immer der König der Helden wollte, ich mochte wetten, dass ich das besser klären könnte als Elisabeth. Ich wusste nicht, ob ich hoffen oder fürchten sollte, dass es mit Merlin zusammenhing. Der Magier der Blumen wirkte auf mich durchaus wie der Typ Mensch, der auch nicht davor Halt machte, Leuten auf den Sack zu gehen, denen man eben besser nicht auf den Sack ging. Zum Beispiel Gilgamesh. „Was immer Marlin getan ha-“, begann ich, doch unterbrach mich selbst, als der König der Helden sich mit abschätzender Miene dazu herabließ, mich mit einer Hand heranzuwinken. Aber sonst ging es ihm gut, ja? Grimmig schluckte ich meinen Ärger herunter, bewegte mich aber keinen Schritt auf ihn zu.

„Dieser Marlin interessiert mich nicht“, verkündete Gilgamesh nach einigen Augenblicken, in denen er mich einfach nur angestarrt und damit dafür gesorgt hatte, dass ich mich reichlich unwohl fühlte. „Ich bin wegen dir hier.“ Scheiße. Mehr wollte ich wirklich nicht hören. Wenn sich der König der Helden meinetwegen hierher bewegte, dann konnte es dafür schlicht und ergreifend keinen Grund geben, der mir gefiel. Absolut ausgeschlossen. „Wegen… mir?“, fragte ich heiser nach. Dass meine Hoffnungen, es läge wirklich nur ein blöder Irrtum vor, bald zerstört würden, ahnte ich schon jetzt. „In der Tat, Caster“, betonte er meine Klasse ungewöhnlich und lachte dabei, dass es mir eisig den Rücken herunterlief. Hatte ich den Witz verpasst?

Gerade als ich weiter nachhaken wollte, lehnte sich der König der Helden entspannt zurück. Ein süffisantes Schmunzeln zierte seine Züge, während er mich noch einmal musterte. „Du gehörst nun mir.“ Von dieser Aussage war ich so dermaßen unterwältigt, dass mir nicht einmal eine spitzfindige Bemerkung einfallen wollte. Fassungslos starrte ich ihn an. Bitte was? Ich gehörte ihm? Was hatte er bitte genommen, um zu so einer völlig bescheuerten und absurden Schlussfolgerung zu kommen? Er sollte wirklich weniger Wein trinken. Der bekam ihm offenbar nicht. Oder nahm er neuerdings Drogen, um der harschen Wirklichkeit zu entfliehen, in der eben keiner mehr vor ihm buckelte, seit Tokiomi Tohsaka das Zeitliche gesegnet hatte? Es dauerte einige Momente, bis ich mich etwas gefangen hatte. Das Ganze war so absurd, ich wusste wirklich nicht mehr, ob ich lachen oder weinen sollte. „Also eigentlich“, widersprach ich und lächelte eben das künstliche Lächeln, das ich für meinen ehemaligen Chef reserviert hatte, „gehöre ich wohl am ehesten meinem Master.“ Und selbst das war Blödsinn. Ich war doch kein Ding, das man herumreichen konnte. Im Stillen mahnte ich mich dazu, höflich zu bleiben. Ihn zu provozieren könnte immerhin meinen Tod bedeuten und darauf war ich nicht so wirklich scharf.
 

Dass meine Bemerkung den König der Helden nicht wirklich interessierte, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Gelassen winkte er mit einer Hand ab, ehe er mich erneut heranwinkte. „Es scheint, du bist nicht gut informiert, Caster“, meinte er hörbar amüsiert. Himmel, wie gerne hätte ich ihm eine gelangt. In gewisser Weise hatte er da die gleiche Wirkung wie Merlin, wenngleich den zu schlagen wenigstens nicht gleich Selbstmord glich. Misstrauisch trat ich näher. „Inwiefern?“, fragte ich skeptisch und erntete genau das wissende Grinsen, das ich nicht hatte sehen wollen. Hier gab es einen Haken. Ich kannte ihn nur noch nicht. Unsicher verschränkte ich die Arme, Gilgamesh abwartend anblickend. Beinahe hatte ich befürchtet, er würde mir nicht antworten, doch tatsächlich erklärte er sich sogar ziemlich ausführlich. Vielleicht hörte er sich aber auch nur gerne selbst reden.

„Das Buch, das du bei dir trägst, ist mein Eigentum“, verriet Gilgamesh ohne Umschweife, mich nicht eine Sekunde aus dem Blick lassend. „Die erste Person, der ich es überließ, war ungewöhnlich überzeugend, darum habe ich dereinst einem Handel zugestimmt.“ Oh, wollte ich das überhaupt wissen? Vermutlich nicht, doch Gilgamesh sprach unbeirrt weiter. „Wer immer das Buch trägt, wird mein Diener, sofern ich dies wünsche.“ Nein, das hatte ich wirklich nicht wissen wollen. „Warum sonst hätte ich einen solch wertvollen und mächtigen magischen Schatz herausgeben sollen, wenn nicht für eine angemessene, unterhaltsame Gegenleistung?“, schmunzelte Archer gelassen, während er zugleich mit einer Hand eines seiner Tore von Babylon öffnete, um einen Kelch und eine Karaffe herauszuziehen.

Ich fühlte mich wie mit Eiswasser übergossen. War das sein verfickter Ernst? Mein erster Gedanke war, ihm das Buch an den Kopf zu pfeffern und ihm zu verklickern, dass er sich damit gerne vom Acker machen könnte. Doch ich brauchte das Buch. Ohne es wäre ich absolut nutzlos für meinen Master. Ein Servant ohne jegliche Fähigkeiten, ohne Kräfte, ohne Magie, ohne Noble Phantasm. Auf meine einzige und so mächtige Waffe konnte ich nicht verzichten, wenn ich hoffen wollte, Elisabeth zu beschützen. Das wiederum hieß, dass ich mich irgendwie mit dem Gilgamesh arrangieren musste, damit er das Buch nicht zurückforderte. Das musste ein Alptraum sein. Seine Dienerin. Das war für ihn doch garantiert gleichbedeutend mit Spielzeug. War ich jetzt die neue Tokiomi und würde auf Knien vor ihm herumrutschen und ihm eine Weinflasche nach der anderen anschleppen? Das konnte er sich auf jeden Fall gepflegt abschminken.

„Als dein König“, sinnierte er völlig entspannt, als ich nichts sagte, „verlange ich selbstverständlich, dass du mich mit gebührendem Respekt behandelst.“ Ich verzog vielsagend die Miene. Mein König? Konnte mich nicht erinnern, ihn gewählt zu haben. „Ein König?!“, erklang in diesem Moment Elisabeths aufgeregte Stimme neben mir. Ich hatte gar nicht gehört, wie sie zurückgekommen war. „Oooh, so richtig mit Krone?“, wollte sie wissen und entlockte Gilgamesh damit ein leises Lachen. „Manchmal auch das“, gab er schließlich zurück, während ihn mein Master nur mit großen, leuchtenden Augen anstarrte. Klasse. Da hatte sie sich ja ein Idol gesucht. Konnte statt ihm nicht doch bitte wieder einfach Caster Cú hier herumlungern? Das schien mir jetzt doch etwas weniger verfänglich.

Ich hatte diesen Gedanken gerade zu ende gedacht, als Elisabeth einen Knicks machte. „Ich freue mich, dich kennenzulernen, Eure Hoheit.“ Gilgamesh lachte leise. „Wie lautet dein Name, kleines Mädchen?“, wollte er wissen, ehe sein Blick zu mir wanderte. „Und auf welchen Namen hört meine Dienerin?“ „Mein Name ist Elisabeth“, stellte sich mein Master unversehens vor und strahlte noch immer über das ganze Gesicht, dann sah sie mich abwartend an. Missmutig starrte ich den König der Helden an. „Caster genügt“, erklärte ich kurz angebunden und erntete einen empörten Blick Elisabeths. „Das ist aber nicht höflich! Du solltest dem König deinen Namen sagen“, befand sie in dem gleichen tadelnden Tonfall, indem sie selbst wohl schon so manches Mal zurechtgewiesen worden war. Das war‘s. Ich war raus. Ich hatte keine Ahnung, wie ich aus dieser Nummer wieder herauskommen sollte.

Königlicher Besuch

„Nun, Caster?“ Gilgamesh blickte mich abwartend an. „Auch wenn es letztlich keine Rolle spielt, solange du mich zu unterhalten vermagst, Dienerin.“ Betont gelassen winkte er ab. Schon klar, du Arsch. Für ihn war das hier alles nichts weiter, als seine persönliche Live-Reality-Show. „Mein Name ist Daelis“, würgte ich so höflich heraus, wie ich konnte. Das Wissen um meinen Namen half ihm letzten Endes ja sowieso nicht weiter und dass er sowieso niemanden für würdig hielt, sich mit ihm zu messen, hatte er ja schon mehrfach demonstriert. Leider sprachen so einige Fakten für ihn, beispielsweise seine zahlreichen Noble Phantasms. Er war mächtig, und zwar ohne jeden Zweifel. Verdammt mächtig sogar. Allerdings hatte er auch immer wieder kräftig aufs Maul bekommen. Solange ich allerdings keinen Shirou Emiya aus dem Ärmel zaubern konnte, der Gilgameshs Schädel spaltete, sollte ich wohl besser versuchen, den König der Helden nicht zu sehr zu provozieren. Besonders, wenn mein Nutzen als Servant davon abhing, dass ich sein Buch behalten durfte. Hatte er überhaupt eine Ahnung, wie mächtig dieses Ding wirklich war? Hatte er es jemals selbst benutzt? Vermutlich nicht, wenn ich raten müsste. Schätze, er glaubte, das nicht nötig zu haben. Kam ja eh nicht oft vor, dass ihm jemand „Nein“ ins Gesicht sagte.

Wie von selbst hatte meine Hand Elisabeths gefunden. Auch wenn sie offenkundig keine Angst vor Gilgamesh hatte, obwohl ihr klar sein musste, dass er ein Servant war, wollte ich, dass sie wusste, dass ich an ihrer Seite war und sie beschützen würde. „Angesichts der späten Stunde wäre es wohl nur angemessen, wenn ihr eurem König ein adäquates Mahl kredenzt.“ Gilgameshs Schmunzeln verriet, dass er hier bloß seine Grenzen austestete, immerhin brauchte er als Servant keine Nahrung und seine hohen Standards, das musste ihm klar sein, könnten wir hier sowieso nicht erfüllen. Wir waren hier doch keine Vier-Sterne-Küche. Wie gerne würde ich ihn einfach vor die Tür setzen. Wäre es doch nur so einfach. Vermutlich konnte ich von Glück sprechen, dass mich Elisabeth noch einmal rettete. „Das machen wir, Hoheit!“, ereiferte sie sich und wirbelte auch schon herum, um mich mit sich gen Küche zu ziehen. „Wir kochen was eeeexra Leckeres für König Archer, komm Caster!“ König Archer. Das war schon fast wieder süß, würde sie hier nicht von Gilgamesh sprechen. Ich warf noch einen letzten Blick über die Schulter in Archers Richtung, der es sich tatsächlich gemütlich gemacht hatte, soweit es seine Rüstung erlaubte.
 

„Was gibt man denn einem König zu essen?“ Mit besorgter Miene riss Elisabeth unsere Küchenschränke einen nach dem anderen auf. Nach meinem Ermessen war die richtige Antwort auf ihre Frage „Was immer wir ihm vor die Nase stellen“, doch das würde meinen Master wohl nicht unbedingt beruhigen. Also legte ich ihr beschwichtigend die Hände auf die Schultern. „Wir machen eine leckere Lasagne, was hältst du davon? Die mag doch wirklich jeder.“ Sofort hellte sich Elis Miene auf und sie nickte eilig. „Das ist eine gute Idee!“ Ich mochte wetten, dass ich so ziemlich alles hätte vorschlagen können und sie damit überzeugt hätte. Sie vertraute meinem Urteil so blind, dass es mich schon fast schmerzte. Wenn sie herausfand, was für einen nutzlosen Servant man ihr angedreht hatte, wäre Eli bestimmt bitterlich enttäuscht. Das wollte ich auf jeden Fall vermeiden. Was wiederum hieß, dass ich Gilgameshs Wohlwollen brauchte, damit ich sein Buch behalten konnte.

Im Wohnzimmer blieb es still, während Elisabeth und ich uns daran machten, alles vorzubereiten. Damit es ihr nicht langweilig wurde, versuchte ich, sie in jede noch so kleine Aufgabe einzubinden. Nicht, dass sie noch auf die Idee käme, es wäre besser, bei Gilgamesh abzuhängen. Zwar hielt ich ihn nicht für den Typ Mensch oder meinetwegen auch Halbgott, der einfach ein kleines Kind niedermachte, aber er war definitiv manipulativ genug, dass ich ihm zutraute, sie dazu zu überreden, ihre Befehlszauber wusste der Himmel wem zu geben. Nein, ich fühlte mich eindeutig wohler, wenn sie nicht mit dem König der Helden allein wäre. Elisabeth war zu leicht beeinflussbar, wie der Umstand, dass sie mir so blind vertraute, ziemlich klar zeigte.
 

„Oh, das sieht wirklich lecker aus“, schwärmte Eli, den Blick auf die Lasagne gerichtet, die ich kurzerhand in den Ofen schob. „Ich bin sicher, sie wird auch superlecker sein, Master. Du hast wirklich toll geholfen“, lobte ich sie. Mit ihr hier zu kochen, hatte mir die nötige Zeit gegeben, mich ein wenig von dem Schrecken zu erholen, Gilgamesh im Wohnzimmer anzutreffen. Dass hier Leute einfach ein- und ausgingen, wie es ihnen passte, schmeckte mir zwar nicht, aber wie sollte ich es verhindern? Weder verfügte ich über die Mittel, Caster Cú und Gilgamesh auszusperren, noch über solche, die beiden rauszuschmeißen, egal, wie sehr mich dieser Umstand ärgerte. Krampfhaft versuchte ich, das Ganze einfach positiv zu sehen. Zwar wusste ich nicht, welcher Servant Eli meinen Katalysator gegeben hatte, aber dafür hatte ich ein mächtiges Noble Phantasm, vielleicht ein Bündnis mit Cú Chulainn sowie dessen Master, dem aktuellen Lord El-Melloi, und obendrein einen Pakt wider Willen mit Gilgamesh. Objektiv gesehen hatten Eli und ich damit ziemlich mächtige Verbündete, sollte sich Merlin als Feind erweisen. Was den anging, war ich mir da nämlich noch nicht ganz so sicher.

„Dauert es denn nun noch lange?“, riss mit Elisabeths Frage aus meinen Grübeleien. „Mh? Nein, nur etwa eine halbe Stunde. Dann können wir essen.“ Sofort blickte sie mich mit strahlenden Augen an. „Sehen wir nach, ob seine Hoheit noch da ist“, fügte ich hinzu und verkniff es mir, demonstrativ zu seufzen. Wie sollte ich Eli, die so absolut begeistert von Gilgamesh war, auch erklären, was ich über den Kerl dachte? Sie war schlicht zu jung, um die Tragweite seiner Entscheidungen und Taten abzuwägen, und im Grunde war das auch gut so. Sie hatte genug zu schultern, auch ohne sich den Kopf darüber zermartern zu müssen, was irgendein Geist eines längst toten Halbgottes sich überlegen könnte, um den Gralskrieg für ihn unterhaltsamer zu machen. Ein Teil von mir hoffte wohl einfach, ihm würde es hier so schnell langweilig, dass er wieder Leine zog und jemand anderes auf die Eier ging.
 

Meine Hoffnung erfüllte sich nicht. Als ich Elisabeth ins Wohnzimmer folgte, saß Gilgamesh noch immer auf dem Sofa. Wäre ja auch zu schön gewesen, hätte er sich verflüchtigt. Dafür jedoch wirkte er viel zu entspannt und das trotz der protzigen Rüstung. Ob er die wohl nur trug, um Eindruck zu schinden? Bei Eli hatte es ja eindeutig funktioniert. Innerlich seufzte ich leise, bevor ich mich an ihn wandte. „Möchtest du etwas trinken, König der Helden?“ Dass ich genau wusste, wer er war, würde ihn vermutlich eh nicht stören. Eher im Gegenteil. So wie ich ihn einschätzte, empfand er das noch als selbstverständlich. Wie erwartet blickte er mich hochzufrieden an. „Rotwein. Selbstverständlich von bester Qualität.“ Selbstverständlich. Was glaubte er, wo er hier war? Ich war mehr als versucht, ihm ziemlich unmissverständlich mitzuteilen, dass wir in einem Haushalt, in dem vor allem ein Kind lebte, keinen Alkohol hatten und er sich gefälligst sein Gesöff aus den eigenen Vorräten beschaffen sollte, wenn er meinte, hier den Alki raushängen lassen zu müssen. Wieder rettete mich mein argloser Master. „Wir haben keinen da“, gab Elisabeth mit hängenden Schultern zu. „Ich darf noch keinen trinken und Onkel Marlin sagt, dass Alkohol ungesund ist.“ Gutes Kind. Stolz nickte ich zustimmend in ihre Richtung.

Gilgameshs rote Augen verengten sich nur kaum merklich, doch genug, dass bei mir alle Alarmglocken schrillten. „Aber womöglich teilst du ja dein Wissen mit mir“, blickte ich ihn direkt an in der Hoffnung, seine Aufmerksamkeit damit gänzlich auf mich zu lenken. Ich wollte nicht, dass er seinen Ärger an Eli ausließ. „Dann könnte ich bestimmt einen angemessenen Wein herzaubern, zumal ich zu bezweifeln wage, dass es im hiesigen Supermarkt etwas gibt, das dir mundet.“ Einen Moment lang hielt ich den Atem an. Ob ihn das überzeugte? Erleichterung durchflutete mich, als sich ein Lächeln auf Gilgameshs Zügen zeigte. Ich hoffte nur, man sah mir nicht zu sehr an, wie sehr ich gerade mental aufatmete. „Dann solltest du mich besser nicht enttäuschen, Caster. Elisabeth, sei so gut und bring mir eine Karaffe Wasser.“ Mit einer gelassenen Geste winkte er mich heran. Wollte er mir wirklich helfen, hier eine Wasser zu Wein-Nummer abzuziehen?
 

Die Frage beantwortete sich, als ich kaum eine Minute später neben ihm auf der Couch saß, die Karaffe mit Wasser vor uns auf dem Tisch und das Zauberbuch auf meinen Knien. „Fokussiere dich auf die Substanz vor deinen Augen und auf das, was du aus ihr machen willst. Wenn du die Magie aus den Seiten des Buches nutzt, sollte es dir ein Leichtes sein, eine solche Kleinigkeit zu vollbringen. Es ist an dir, der Magie die richtigen Anweisungen zu geben.“ Es klang so einfach, doch er hatte dabei den Knackpunkt übersehen. Wie gab ich die richtigen Anweisungen? Woher wollte er das überhaupt wissen? Er war ein Archer und konnte nur ein Caster sein, weil seine Schatzkammer voller magischer Schätze war. Der König der Helden war eine Menge, aber kein Zauberer. Argwöhnisch musterte ich ihn aus den Augenwinkeln, nur um zu bemerken, dass er gar nicht auf die leeren Seiten des Buches sah, sondern sowieso zu mir. Was für ein Creep. Entgeistert verzog ich die Lippen, verkniff mir jedoch einen Kommentar.

„Nun?“ Auffordernd starrte er mich an, dass ich mich direkt unwohl fühlte. So sehr, dass ich glatt ein Stück von ihm wegrutschte. Erst dann wandte ich meinen Blick auf die Karaffe. Mir gegenüber sah ich Elisabeth, die mich mit strahlenden Augen und erwartungsvollem Blick ansah. Meine Hände lagen auf den rauen Seiten des Buches. Es fühlte sich warm unter meinen Fingern an, angenehm. Doch würde es auch helfen, dieses kleine Wunder zu vollbringen, auf das Eli und Gil warteten? Ich zweifelte noch dran, wenn ich ehrlich war. Dennoch versuchte ich, Gilgameshs Rat zu folgen und konzentrierte mich auf Rotwein. Weniger auf den Geschmack, den ich eh nicht mochte, als das Aussehen. Gerade, als ich geschlagen aufgeben wollte, um doch zum Supermarkt zu gehen und dort eine Flasche für den König der Helden zu besorgen - oder besser fünf bei seinem Konsum - änderte die Flüssigkeit in der Flasche ihre Farbe. Begeistert klatsche Elisabeth in die Hände. “Caster, du hast es geschafft!”, jubelte sie. Fassungslos starrte ich die Karaffe an, nach der Gilgamesh nun die Hand ausstreckte, um am Inhalt zu riechen. Ohne ein Wort schenkte er sich etwas in ein Weinglas, das Elisabeth während meiner Zauberei geholt haben musste. Woher es kam, konnte ich mir sonst nicht erklären. Als Gilgamesh kostete, sah er dabei genauso skeptisch aus, wie ich mich fühlte. Dann jedoch lächelte er. „Gut gemacht, Caster.“ Bam Baby! Ich war Jesus!
 

Als der goldene König jedoch unvermittelt ein Portal öffnete und hineingriff, verflog mein Hochgefühl sofort wieder. Eigentlich hätte ich erwartet, er würde nun doch seinen eigenen Wein hervorholen, weil mein kleines Zauberwerk ihm nicht gut genug war und innerlich giftete ich ihn dafür auch schon an, doch ich irrte. Anstatt einer goldenen Weinkaraffe zog Gilgamesh eine kleine Schale mit Bonbons heraus, die er vor Elisabeth abstellte. Die wiederum sah ihn mit großen Augen an, eindeutig unsicher, ob sie sich wirklich einfach bedienen durfte. Zu meinem Erstaunen jedoch lächelte Gilgamesh nur wohlwollend und nickte in ihre Richtung. „Du hast deinem König heute einen Dienst erwiesen und ich bin großzügiger Laune.“ Ich betete stumm, dass das noch ein Weilchen so blieb. „Dankeschön!“, bedankte sich Eli artig, ehe sie das erste Bonbon nahm, auswickelte und dann doch kurz zögerte. Was immer ihr auch durch den Kopf ging, es schien nicht so überzeugend zu sein, denn schließlich steckte sie sich die Süßigkeit in den Mund und machte genießerisch „Mhmmm“.

Gilgamesh hatte sich indessen gänzlich dem Wein gewidmet. Bei seinem Tempo wäre die Karaffe leer, ehe die Lasagne fertig war. Hoffentlich nahm sich Eli daran kein Vorbild. Der Kerl soff immerhin wie ein Loch ohne Boden. Wenn es einen Beweis für seine göttliche Abstammung gab, dann war es seine Leber. „Es ist wirklich bedauerlich, dass du meinen Schatz nicht einzusetzen weißt“, sinnierte Gilgamesh ohne jede Vorwarnung, das Weinglas etwas schwenkend. Ein bisschen kam mir der Verdacht, dass ich bei meinem Zauber wohl doch mehr Wert auf einen hohen Alkoholgehalt hätte legen sollen. Besoffen wäre der König der Helden bestimmt unterhaltsam. Angesäuert lächelte ich ihn an. „Nun, nicht ich habe es mir dereinst von dir geliehen und bedauerlicherweise lag keine Anleitung bei“, flüsterte ich leise zurück. Musste er mich vor Eli so bloßstellen? Arschloch. „Dabei hat dieses Buch wirklich viel bewegt im Laufe der Jahrtausende“, ignorierte Gilgamesh meinen Einwand einfach, als hätte ich ihn gar nicht erst unterbrochen. Scheinbar war er in Erzähllaune. Bitte. Dann sollte er erzählen.
 

Binnen Minuten hing ich so gebannt an den Lippen des Königs der Helden, dass ich die Lasagne fast vergaß. Wenn man all meine Vorbehalte gegen ihn als Person beiseiteließ, war er einfach ein sprudelnder Quell von historischen Kenntnissen. Die Epoche, in der er gelebt hatte, interessierte mich sowieso schon und nun erfuhr ich aus erster Hand, wenn man so wollte, was damals mit einem mächtigen magischen Relikt getan worden war, das nun in meinen Händen ruhte. Allein das ließ mein Herz höher schlagen. Für jemanden mit einem kleinen Fimmel für die frühen Hochkulturen war das alles einfach ein gefundenes Fressen. Ich war so gefesselt von Gilgameshs Geschichten, dass ich auch nicht bemerkte, dass sich mein Master eher zu langweilen schien. Mit einem selbstzufriedenen Schmunzeln hatte Gil ausgeschmückt berichtet, dass mithilfe dieses Buches ein Vulkanausbruch verhindert worden war, der sonst mehrere Dörfer unter einer Schicht Lava begraben hätte und dass der Besitzer des Buches wohl auch das berühmte Pompeji hätte retten können. Geheime magische Kammern waren, laut Gilgamesh, mithilfe des Zauberbuches in die ägyptische Sphinx eingelassen, welche man nur als großer Magier finden und betreten konnte. Oder mithilfe des Buches.

„Caster, ich glaube, unser Essen ist fertig“, mischte sich Elisabeth ein, als Gilgamesh gerade mit einer Geschichte endete. Verdutzt warf ich einen Blick auf die Wanduhr. Huch! Mir war nicht aufgefallen, wie die Zeit verflogen war. „Hilfst du mir, den Tisch zu denken?“, bat ich Eli, die mich sofort anstrahlte und nickte. Während Elisabeth die Teller trug, übernahm ich die heiße Auflaufform. „Ich habe Caster ganz doll geholfen“, erklärte Elisabeth stolz. Dass ihr das wichtig war, stand ihr Gesicht geschrieben, als ich erst Gilgamesh, dann ihr und schließlich mir eine Portion auftat. So richtig überzeugt sah der König der Helden zwar nicht aus, doch solange er die Klappe hielt, war das in meinen Augen sein Problem. Eli hatte sich große Mühe gegeben und ich fand, die Lasagne roch und schmeckte fantastisch. Ganz ungeniert hatte ich nämlich als Erste zur Gabel gegriffen, um zu probieren. Lächelnd nickte ich Eli zu, als Zeichen, dass sie ruhig zugreifen konnte. Ihr Blick glitt jedoch kurz zu Gilgamesh und erst als auch dieser sich seiner Portion Lasagne zuwandte, begann Eli ebenfalls zu essen. Entgegen meiner Erwartung verließ kein einziges abfälliges Wort Gilgameshs Mund. Vielmehr aß er schweigend und wirkte fast zufrieden.
 

Kaum, dass das Geschirr weggeräumt war, bedeutete Gilgamesh uns auch schon wieder mit einer kleinen Geste, uns zu setzen. In seinen Augen musste es eine große Ehre sein, die er uns gewährte, indem er uns zugestand, seinen Erzählungen zu lauschen. Das sah ich zwar anders, aber neugierig war ich dennoch. Es hätte mich selbst dann interessiert, wenn das Buch, über das wer sprach, nicht in meinen Besitz übergegangen wäre. Dass es sich bei dem Einband um ein sehr mächtiges magisches Artefakt handelte, davon war ich ohnehin längst überzeugt. Immerhin hatte ich damit Tristan retten können und gleichzeitig den Untergang seiner Gegnerin besiegelt, ohne auch nur in der Nähe sein zu müssen.

„So manch mächtiger Herrscher hat sich nur einen Namen machen können, weil das Buch in seinem Besitz war oder der Besitzer ihm geneigt“, gab Gilgamesh unverhohlen an und noch ehe ich auch nur versuchen konnte, diese Angabe anzuzweifeln, erzählte Gilgamesh weiter. Wie der König der Hethiter einst Streit mit dem Besitzer des Buches suchte und dadurch seine Kultur dem Untergang weihte, weil die Rache auf dem Fuße folgte. Die Assyrer folgten dem Magier willentlich und im Laufe weniger Jahrzehnte war vom Reich der Hethiter kaum mehr etwas übrig, weil es vom assyrischen Reich geschluckt worden war. Mit jeder Geschichte wurde klarer, dass jeder, der das Buch besessen hatte, große Macht gehabt hatte, großen Einfluss auf die Menschen um sich herum. Sterbende waren geheilt worden, andere getötet, Flüche gesprochen oder gebrochen, Katastrophen abgewendet oder herbeigeführt.

Während Gilgamesh sprach, schwiegen Elisabeth und ich. Zumindest bis mein Master eine Frage stellte, die ihr schon eine Weile auf der Zunge zu brennen schien. „Wer hatte das Buch denn als erstes?“ Für einen Moment war es still und Gilgamesh sah Eli nur unverwandt an, die sich davon überhaupt nicht stören ließ und direkt weiterfragte. „Wem hast du das Buch gegeben, meine Hoheit?“ An der korrekten Anrede mochte es noch etwas hapern, doch Gilgamesh schien ihr das nicht übel zu nehmen, denn er lächelte nur versonnen, nahm noch einen Schluck von seinem Rotwein und lehnte sich schließlich zurück ans Sofa.
 

Der goldene Archer war kaum zu bremsen, als er von der Frau erzählte, die einen weiten Weg auf sich genommen hatte, um ihn in Uruk aufzusuchen. Natürlich hatte er sie zunächst nicht empfangen wollen. Bittsteller hätten sich andauernd am Palast gesammelt und natürlich habe er nicht genug Zeit gehabt, sich mit jedem einzelnen zu befassen. Doch diese Frau, die weder aus gutem Hause, noch wohlhabend oder besonders schön gewesen war, hatte sich mithilfe ihrer Magie bis in seine Gemächer geschlichen. Anstatt sie hinzurichten, war er beeindruckt gewesen von so viel Dummheit und Wagemut. Also hatte Gilgamesh die Magierin angehört, die berichtete, dass sie ihn um Unterstützung oder eine Waffe bitte, mit der sie ihren Stamm beschützen könnte. Der König des Reiches Mittani habe sich gegen ihre Leute gewandt und sie fürchtete, der kleine Stamm könnte restlos ausgelöscht werden, wenn die Krieger Mittanis wiederkämen.

Selbst jetzt machte Gilgamesh keinen Hehl daraus, dass ihn das Schicksal des Stammes der Fremden nicht interessiert hatte. Nachdem er ihre Bitte abgelehnt hatte, habe sie ihn sogar bedroht, erzählte der goldene Archer lachend. Elisabeth lauschte sichtlich aufgeregt, wie es weitergehen würde. „Und dann hast du ihr das Buch geschenkt?“, wollte sie wissen. „Nicht ganz“, erwiderte Gilgamesh schmunzelnd. „Sie hat mich ganze vier Tage und Nächte behelligt, ist meinen Wachen entkommen und hat mir ihr eigenes Leben als Pfand angeboten.“ Seine Miene wurde nun fast ernst und sein Blick ruhte auf dem Weinglas in seiner Hand, das kaum mehr als einen Schluck der roten Flüssigkeit enthielt. „Also habe ich sie aufgefordert, sich hier und jetzt das Leben zu nehmen.“ Fassungslos sah ich ihn an. Warum zur Hölle überraschte mich das überhaupt? Vermutlich war er dauernd von Leuten behelligt worden, die etwas von ihm wollten und großspurig behaupteten, sogar ihr Leben dafür geben zu wollen, auch wenn sie es gar nicht so meinten. Aber dass er einfach so davon sprach, ein Leben zu nehmen, ließ mich schaudern. Eli guckte auch ganz erschrocken.
 

„A-aber du hast ihr doch das Buch gegeben, oder nicht, meine Hoheit?“, wollte mein kleiner Master wissen. Ich warf Gilgamesh einen finsteren Blick zu. Wehe, er sagte jetzt etwas Falsches. Elisabeth war zu jung für Geschichten davon, wie er Leute hinrichtete, weil er sie langweilig fand. Einen kurzen Moment starrte er mich an, dann schmunzelte er wieder entspannt, als wäre nichts gewesen. „Sie ist mit ihrem Dolch auf mich losgegangen und hat mich dabei wüst beschimpft. Sie war mir unterlegen. Ich hatte sie im Nu überwältigt.“ Ein Hauch von Hohn schwang in seiner Stimme mit. „Da habe ich ihr angeboten, dass ich ihr einen mächtigen Schatz aus meinen Besitztümern überlasse, mit dem sie die Mittani verjagen und ihren Stamm retten kann. Dafür jedoch sollte sie mir gehören, ihr Leben, ihre Loyalität, ihre Dienste. Was immer ich verlangte, würde sie tun.“ Gilgamesh machte eine dramatische Pause, obwohl wir ja alle längst wussten, was folgte. „Sie ging den Handel ein und erhielt von mir dafür dieses Buch“, fuhr der König der Helden schließlich fort, wobei sein Blick zu dem Buch wanderte, das an meinem Gürtel hing. Instinktiv legte ich eine Hand darauf, als fürchte ich, er könne es mir wegnehmen wollen. Diese Geste entging Gilgamesh offensichtlich nicht, wie mir sein selbstgefälliges Grinsen verriet. Er wusste genau, wie sehr ich auf dieses Buch und damit auch auf sein Wohlwollen angewiesen war. In dieser Hinsicht ging es mir wie der Magierin damals. Mit einem Zug trank er den letzten Rest aus seinem Glas und stellte dieses dann vor sich auf dem Wohnzimmertisch ab, ehe er mir einen auffordernden Blick zuwarf. Was er von mir wollte, war klar. Er musste das Gefühl, Macht über mich zu haben, wirklich genießen. Wütend griff ich nach der Karaffe und füllte sein Glas nach. Viel lieber hätte ich den Inhalt einfach über seinem Kopf ausgegossen.
 

Erst als er den ersten Schluss aus dem nun gefüllten Glas genommen hatte, fuhr Gilgamesh mit seiner Erzählung fort. „Mit dem Buch ist sie in ihre Heimat zurückgereist und hat dort die Mittani vernichtend geschlagen. Schließlich hat sie die getöteten Krieger als Mahnmale auf dem Weg von ihrem Dorf bis zur Grenze des Königreiches der Mittani an Pfähle binden lassen.“ Meine Finger verkrampften sich. „Zurück in den jugendfreien Bereich“, mahnte ich ihn flüsternd, was ihm nur ein leises Lachen abnötigte. Zumindest ging er nicht weiter auf brutale Details ein, sondern erzählte stattdessen, dass der Liebste der Magierin, erschrocken ob ihrer neuen Macht, wissen wollte, welchen Preis Gilgamesh dafür verlangt habe. Und als sie dies preisgab, schickte ihr Stamm, den sie unter großen Mühen gerettet hatte, sie fort, denn die eigene Freiheit zu verkaufen, galt in ihrem Stamm als größte Schande, die ein Mensch über sich bringen konnte. Für sie war es gleichbedeutend damit, die eigene Seele zu verkaufen, welche man dem Glauben des Stammes nach der Person schenkte, die man liebt, um mit dieser Person im Jenseits für immer vereint sein zu können. Dass Gilgamesh diese Vorstellung recht albern fand, war ihm anzuhören und insgeheim war ich da bei ihm. Wann war die Realität je so kitschig und romantisch gewesen?

„Und so wurde sie dann deine Dienerin?“, konnte ich es mir nicht verkneifen, schon etwas angefressen zu klingen. Für ihn war das ja alles ganz toll gelaufen. Mir tat die Frau etwas Leid. Sie hatte alles gegeben, was sie geben konnte, um ihre Lieben zu beschützen, und Gil hatte das schamlos ausgenutzt. Einen Moment lang fragte ich mich, ob sie vielleicht nicht zurück nach Uruk gegangen war, um den König Babylons zu dienen, doch dann nickte Gilgamesh. „Für eine kurze Zeit. Sie nahm sich nach nicht mal einem Jahr das Leben in dem Glauben, sie könne ihre Seele so von unserem Pakt befreien und im Jenseits ihren Geliebten suchen.“ Wieder klang er spöttisch und auch wenn ich verstehen konnte, wieso, ärgerte es mich dennoch. Die Zauberin mochte absurd anmutende Vorstellungen über das Jenseits gehabt haben, aber er sprach hier immerhin davon, dass sie sich umgebracht hatte. Daran konnte ich wenig Spottenswertes finden. „Das ist aber traurig. Vermisst du sie sehr?“, wollte Elisabeth leise wissen, den Blick auf Gilgamesh gehaftet. Oh sweet summerchild. Der vermisste die Magierin nicht, er machte sich über sie lustig. Ihre Naivität hatte Elisabeth diesen Umstand wohl übersehen lassen. Vielleicht war das auch ganz gut so. „Bestimmt tut er das. Aber das fragt man nicht, Master. Du machst den König der Helden noch traurig“, versuchte ich Eli abzulenken und zugleich Gilgamesh die Antwort vorwegzunehmen. Ich wollte nicht, dass er die arme kleine Elisabeth völlig desillusionierte.
 

„Wo war das Buch denn in der Zwischenzeit? Sicherlich gab es doch noch andere Besitzer?“, wechselte ich das Thema und hoffte, der König der Helden blieb weiterhin in Plauderlaune. Je mehr ich über mein Noble Phantasm erfuhr, desto besser. Im Fragefall spuckte er mit etwas Glück sogar Namen von Servants als vorherige Besitzer aus, die ich dann selbst suchen und danach fragen könnte. Auch wenn das vielleicht ein wenig sehr naiv gedacht war. Doch wenigstens mit Gilgamesh war mir das Glück hold. Der funkelte mich zwar kurz belustigt an, zögerte jedoch nicht, großspurig davon zu erzählen, welch mächtige Personen das Zauberbuch bereits genutzt hatten. Wie beiläufig nannte er mehrere Namen, die mir nichts sagten und die vielleicht auch einfach wirklich im Laufe der Jahrhunderte verloren gegangen waren, doch als er meinte, dass angeblich sogar Solomon einst das Buch besessen hatte, horchte ich auf. Immerhin sprachen wir hier wirklich von einem großen Magier.

„Ich selbst habe das Buch nicht genauer studiert, doch ich nehme an, dass es sehr wahrscheinlich sogar schon in den Händen des ägyptischen Gottes Thoth war. Es gibt irgendwo da drin Aufzeichnungen, die darauf hinweisen“, erklärte Gilgamesh mit einer beiläufigen Geste, als interessiere ihn das überhaupt nicht weiter. Schon klar, war nicht sein Pantheon, interessierte ihn nicht. Dabei war er ja selbst nur zu zwei Dritteln ein Gott. Eine Feinheit, die ich ihm jetzt besser nicht auf die Nase band. Zu meinem Ärger fuhr der König der Helden unbeirrt fort, bevor ich überhaupt weiter nach diesen Seiten fragen konnte, die ich nämlich noch nicht gesehen hatte. War das Buch nicht leer gewesen? „Es ist noch gar nicht so lange her, da waren auch Merlin und Morgaine Besitzer des Buches“, erklärte Gilgamesh hörbar gelangweilt. Dabei hatte er doch Morgaines Schwester Arthuria heiraten wollen oder hatte sich das schon wieder erledigt, weil Prototype-Arthur hier herumlief? Nah, dieses Fass machte ich lieber nicht auf. Dass jedoch Merlin das Buch auch mal besessen hatte, ließ meine Gedanken direkt wieder kreiseln. Er hatte zwar behauptet, meine Beschwörung wäre nicht seine Idee gewesen, doch wenn er das Buch kannte und damit auch ahnte, welche Macht darin lag, könnte das auch nichts weiter sein als eine inszenierte Lüge. Schon darüber nachzudenken, vermieste mir die Laune. Ausgerechnet Merlin! Den wollte ich ganz sicher nicht fragen, wie ich das Buch richtig benutzte. Eher fragte ich Gilgamesh!
 

Überrascht zuckte ich zusammen, als sich der König der Helden unvermittelt und ohne jede Vorwarnung erhob. Das mittlerweile leere Weinglas hatte er neben der ebenfalls geleerten Karaffe auf dem Tisch abgestellt. Himmel, man müsste meinen, er wäre sternhagelvoll! Der hatte doch jetzt knapp einen Liter Rotwein ganz allein gekippt. Hätte ich das versucht, ich könnte vermutlich nicht mehr annähernd gerade denken, geschweige denn laufen! Der König der Helden machte jedoch nicht den Eindruck, als sei er auch nur beschwipst. Da zeigte sich der Gewohnheitstrinker, alle Achtung! So langsam fragte ich mich wirklich, ob er in Fate/Zero nicht doch nonstop hackedicht gewesen war. Genug gesoffen hatte er dafür allemal. Vielleicht war dieses arrogante Gehabe einfach seine Art zu zeigen, dass er gerade zwei Promille innehatte?

„Es freut mich, eine so verantwortungsbewusste Dienerin zu haben. Behalte dies bei und du wirst in der Gunst deines Königs stehen und Glorie erleben.“ Gilgamesh sah mich einen Augenblick intensiv an, als erwarte er eine Bestätigung von mir. Doch die konnte er sich in die Haare schmieren. Ich starrte nur zurück, bis er sich abwandte und mit einer Geste des Abschieds in funkelnde goldene Staubkörner zerfiel. Diese Nummer sollte ich beizeiten vielleicht auch mal lernen. Sich einfach auflösen zu können, war definitiv ein großer Vorteil des Servant-Daseins. So nützlich Gilgameshs Besuch nun letztlich auch gewesen war, blieb der König der Helden auf lange Sicht eindeutig ein Problem, mit dem ich mich auseinandersetzen musste. Später. Im Moment hatte ich genug anderes zum Nachdenken. Wenn dieses Buch so mächtig war, erklärte das noch immer überhaupt nicht, wieso es ausgerechnet mich als Lebende ausgesucht hatte, um als Träger zu fungieren. Womöglich doch nur Zufall? Oder hatte da auch Merlin seine Finger im Spiel? Die Geschichte mit dem Servant, der Eli unbedingt meinen Katalysator - nein, halt - den Katalysator des Buches hatte andrehen wollen, erschien mir immer unwahrscheinlicher.

Ich rieb mir über die Augen. Was für ein Tag. So langsam fragte ich mich wirklich, ob das das berühmte Karma war und wenn ja, was ich bitte getan hatte, um es zu verdienen, in diesem Chaos zu landen. Am besten war es wohl, wenn ich mich zuerst um die Bündnisfrage kümmerte. Eines hatten wir ja schon, doch auf Tristan wollte ich mich lieber nicht verlassen. Außerdem wäre Gilgamesh schlicht stärker, sah man davon ab, dass ich ihn nicht loswerden konnte. Damit musste ich mich also arrangieren. Blieb die Frage, ob ich mit Cú Chulainns Hilfe noch ein bisschen dran drehen könnte. Wenn ich dieses Bündnis für Eli und mich ausschlug, war immerhin anzunehmen, dass der blauhaarige Caster bald unser Feind würde. Kein angenehmer Gedanke, aber im Fragefall überlebbar, wenn man Gilgamesh an Bord hatte. So langsam dachte ich von dem wirklich wie von einer Waffe. Beinahe als könnte ich mir den König der Helden einfach unter den Arm klemmen und drauflosfeuern. Wäre es doch nur so einfach. Ich seufzte leise.
 

„Caster?“, lenkte Elisabeths Stimme meine Aufmerksamkeit wieder zurück ins Hier und Jetzt. „Mh?“, wandte ich mich ihr fragenden Blickes zu. Mein kleiner Master sah mich mit großen Augen auf eine Weise an, dass ich glatt glaubte, sie bemitleide mich. Nicht, dass ich nicht glaubte, ein bisschen Mitleid verdient zu haben, doch das konnte Eli ja gar nicht wissen. Entsprechend verwirrt blinzelte ich zurück. Elisabeth fragte: „Wie kommt es, dass du den König kennst? Du… Du kennst den König doch schon länger, oder?“ Ich nickte, ohne darüber nachzudenken. „Ich wusste es!“, strahlte sie von einem Moment auf den anderen und faltete die Hände vor der Brust. In mir hingegen stieg das unangenehme Gefühl auf, etwas sehr Wichtiges verpasst zu haben. „Bestimmt ist der König darum hierher gekommen! Er wollte dich endlich wiedersehen und mit dir zusammen sein!“, ereiferte Eli sich, während meine Miene immer mehr meine Verwirrung preisgab. Wovon sprach sie? „Master, ich verstehe nicht ganz“, entgegnete ich zögerlich und runzelte die Stirn. „König Gilgamesh war hier, um mich zu seiner Dienerin zu machen, das ist alles.“

Eli schüttelte heftig den Kopf. „Doch nur, weil er dich so vermisst hat. Oh, bitte, bitte, gib ihm eine Chance. In diesem Leben bist du doch nicht in einen Anderen verliebt. Er hat so lange auf dich gewartet“, meinte Eli, als sie näher an mich heranrutschte. Jetzt fiel auch bei mir der Groschen. „Oh, nein, Master. Das ist ein Missverständnis“, beeilte ich mich zu sagen, doch Elisabeth hörte mir schon gar nicht mehr richtig zu. „Er muss dich unglaublich lieben, wenn er soooo viele Jahre darauf gewartet hat, dich endlich für sich haben zu können“, schwärmte sie Nonsens. „“So ist es wirklich nicht, Master. Wir haben keine solche Bindung und uns heute zum ersten Mal gesprochen“, versuchte ich noch einmal, Eli von ihren komischen Ideen abzubringen, doch die war unbeirrbar. „Das glaubst du nur, weil du dich nicht erinnern kannst, wer du mal warst. Aber er kann es und mit seiner Liebe wird er dir deine Erinnerungen zurückbringen.“ Klar, flüsterte eine sarkastische Stimme in meinem Inneren. Und als Nächstes spendete er den gesamten Inhalt seiner Schatzkammer der Wohltätigkeit, lebte bescheiden und rührte nie mehr einen Tropfen Alkohol an. Innerlich schlug ich mir gegen die Stirn. Elisabeth könnte nicht weiter von der Realität entfernt sein. Hatte sie nicht zugehört? Gil hatte für die Magierin damals nur Spott und Hohn übrig gehabt, weil sie sich das Leben nahm. Verliebt? Definitiv nicht.

„Es ist schon sehr spät. Vielleicht solltest du lieber ins Bett gehen, Master“, seufzte ich ergeben und richtete mich auf, um sie selbst zu Bett zu bringen. „Möchtest du, dass ich dir noch etwas vorlese?“ Eli zögerte nicht einen Augenblick. „Nein, heute nicht. Erzähl mir lieber etwas über König Gilgamesh!“ Ugh, lieber nicht. „Mal sehen“, lächelte ich schief. Auf keinen Fall.

Eines Ritters Ehre und Pflichten

Wie seltsam es war, überhaupt nicht mehr müde zu werden. Zumindest nicht wirklich. Zwar kannte ich noch das Gefühl, etwas dösig und schläfrig zu sein, wie es einen überkam, wenn man sich schrecklich langweilte, doch dieses Gefühl verschwand genauso schnell wieder, wie es kam. Also hatte ich die ganze Nacht, um mir zu überlegen, was ich nun wegen Gilgamesh tun sollte. So richtig motivierend waren die Ergebnisse meiner stundenlangen Grübelei allerdings nicht. Nicht nur, dass ich Stunden damit verplempert hatte, über den König der Helden und dessen Motivation nachzudenken, ich hatte auch keinen Plan, wie ich ihn loswerden konnte. Wenn ich mich offen gegen ihn stellte und er Elisabeth und mich tatsächlich in Ruhe ließ, stünden wir uns dennoch eines Tages als Feinde gegenüber und diesen Kampf konnte ich nicht gewinnen, nicht einmal mit meinem Noble Phantasm. Zum Schreiben käme ich nicht einmal mehr, wenn Gil die Gegend mit einem Flächenbombardement überzog und dazu war er mehr als er in der Lage, wie ich wusste. Nein, es war tatsächlich am erfolgversprechendsten, wenn ich die brave Dienerin mimte und mit ihm zusammenarbeitete. Dass er den Gral nur aus Prinzip wollte, glaubte ich ihm. Wäre es anders, er hätte gar nicht erst angeboten, Elisabeth den Wunsch zu überlassen, Großmut hin oder her. Nötig hatte er unsere Hilfe sicherlich nicht. Letzten Endes spielte es sowieso keine Rolle, ob es mir nun passte oder nicht: An Gilgamesh führte kein Weg vorbei. Das Bündnis war also im Grunde schon beschlossene Sache.

Gegenüber Tristan und Mary jedoch sollte ich dieses Zwangsbündnis wohl besser verschweigen, denn auch diese beiden würden früher oder später unsere Gegner und dann konnte es nicht schaden, einen so mächtigen Servant wie Gilgamesh als überraschende Rückendeckung aus dem Hut zu zaubern. Klug wäre es vielleicht sogar - und bei dem Gedanken allein lief mir bereits ein eisiger Schauer über den Rücken - wenn ich dafür sorgte, dass der König der Helden mich auch weiterhin als sein überaus unterhaltsames Eigentum ansah, denn dann konnte ich ziemlich sicher sein, dass er verstimmt wäre, wenn jemand versuchte, ihm diese Quelle des Vergnügens wegzunehmen. Ich müsste also sein Hofnarr werden, wenn man so wollte. Um Elisabeth machte ich mir bei der ganzen Sache gar nicht mal mehr so große Sorgen. Einem wehrlosen Kind würde Gilgamesh nichts tun, das war weit unter seiner Würde. Es war wahrscheinlicher, dass er mir das Buch nahm, ich starb und Eli dann aus dem Krieg ausschied, als dass der König der Helden zusah, wie ihr etwas geschah. Oder wenigstens hoffte ich das.
 

Frustriert rieb ich mir die Stirn und drehte mich auf die andere Seite. Ich lag auf genau dem Sofa, auf dem Gilgamesh vorher gesessen hatte und grübelte über ihn nach. So hatte ich mir das alles wirklich nicht vorgestellt. Wenn mir Merlin und Cú Chulainn schon Kopfzerbrechen bereitet hatten, dann spaltete der König der Helden mein Hirn. Tatsache war: Ich brauchte sie alle irgendwie. Verzichten konnte ich, und hierin lag die Ironie, eigentlich nur auf Tristan, der tatsächlich unser offizieller Bündnispartner war. Nicht, dass ich ihn für unfähig hielt, aber ich glaubte nicht, dass er Merlin oder Gilgamesh gewachsen war und auch bei Cú Chulainn wäre ich mir nicht sicher. Auch wenn der Ire nicht als Lancer, sondern als Caster hier war, war er nicht zu unterschätzen. Immerhin war er das Kind des Lichts, einer der größten Helden, den Irland je gekannt hatte. Außerdem konnte er mir, anders als Tristan, noch nützlich sein, wenn er mir etwas Magie beibrachte. Nötigenfalls könnte ich zwar auf Merlin zurückgreifen, doch solange ich nicht wusste, wie viel oder wenig der wusste, wollte ich ihm lieber nicht offenbaren, wie wenig Ahnung ich vom Herumzaubern hatte. Ich seufzte und rieb mir über die Augen. Okay. Soweit klar. Tristan und Mary waren unsere Bündnispartner. Cú Chulainn würde es vielleicht. Zumindest sollte ich noch ein bisschen Wissens aus ihm herauskitzeln. Merlin spielte den Onkel, den musste ich also irgendwie überstehen und später ausstechen. Memo an mich: Diogenes googeln. Hoffentlich gab es hier Google. Ich meinte, mich zu erinnern, dass Diogenes ein Philosoph gewesen war, doch mehr bekam ich spontan nicht auf die Platte. Keine Ahnung, wovon der damals geschwafelt hatte.

Ein ganz anderes Thema war da schon der König der Helden. Über den wusste ich so einiges, kannte sogar seine Noble Phantasms, doch das half mir auch nicht weiter. Gilgamesh würde so lange mein Problem sein, wie ich lebte oder dieser Krieg andauerte - je nachdem, was länger währte. Wenn ich den König der Helden eh nicht loswurde, konnte ich mich auch damit arrangieren, dass er nun zum Team gehörte. Nur sollte ich ihm von den anderen Beteiligten erzählen? Würde ihn das überhaupt interessieren? Bei Gil war ich mir da einfach überhaupt nicht sicher, wie er reagieren würde. Als ernste Gefahr sähe er wohl keinen meiner Mehr-oder-weniger-Verbündeten. Noch einmal seufzte ich und drehte mich herum. Ich hatte das Gefühl, mit meinen Überlegungen keinen Meter voranzukommen, sondern mich immer nur im Kreis zu drehen. Ätzend. Vielleicht sollte ich einfach drauf scheißen und auf mich zukommen lassen, was die Zukunft brachte. Ginge es nicht um Elisabeths und mein Leben, hätte ich das vermutlich auch. Doch für uns beide ging es um alles, für mich auf jeden Fall. Für Eli gab es die Möglichkeit, lebendig aus dem Krieg auszuscheiden und ein normales Leben führen zu können. Wenn ich jedoch ausschied, bedeutete das, dass ich starb. Anders als die anderen teilnehmenden Servants hatte ich mein Leben aber noch nicht ausgehaucht und ich wollte verdammt nochmal, dass das auch so blieb! Frustriert brummte ich in ein Sofakissen. Ob ich wohl zum Thron der Helden käme, wenn ich draufging? Vermutlich nicht. Nur das Buch an meiner Seite konnte darauf hoffen. Scheiße. Vielleicht sollte ich mir einfach mal ein Bild davon machen, wer hier noch alles so herumlief und mir dann einen passenden Bündnispartner suchen, dem ich a) vertraute und den ich b) nicht schlagen wollte. Im Moment galt das noch für keinen meiner Verbündeten. Genau genommen vertraute ich keinem und ein bisschen schlagen wollte ich sie auch irgendwie alle, Mary ausgenommen. Nicht gerade optimal.
 

Als Elisabeth am späten Morgen aufstand, war ich bereits in der Küche am Werkeln. Wie viel Zeit man auf einmal hatte, wenn man keinen Schlaf mehr brauchte! Selbst die gefühlten hundert Stunden - es waren wohl eher sechs oder sieben gewesen - hatten daran nichts geändert. Letzten Endes könnte sich der König der Helden als sehr mächtige Waffe erweisen. Ich wünschte nur, er wäre auch so pflegeleicht wie eine, aber dass ich ihn mir wohl nicht einfach unter den Arm klemmen und dann befehlen konnte, wann er aus allen Rohren zu feuern hatte, war leider ziemlich klar. Irgendwann hatte ich die Nase voll davon gehabt, mir Möglichkeiten und Wege zu überlegen, wie ich Gilgamesh auf meine Seite ziehen könnte. Am Ende musste ich für ihn eh den Hampelmann machen. Dann war es so. Ändern konnte ich das sowieso nicht. Also hatte ich entschieden, einfach das Beste draus zu machen. Wenn es Eli half, dabei an ihren naiven Träumen über eine verflossene Liebschaft aus einem vergangenen Leben festzuhalten, dann sollte sie das meinetwegen tun. Wichtig war nur, dass Gilgamesh den Wunsch am Ende des Krieges abtrat. Was er dann mit dem goldenen Kelch anstellte, war mir herzlich egal. Meinetwegen konnte er daraus eine Vogeltränke bauen und sie sich in den Vorgarten stellen.

„Caster, machst du schon Frühstück?“, begrüßte mein kleiner Master mich gähnend. „Mhmh“, gab ich bejahend zurück. „Pancakes.“ Wenig geschickt, aber dafür mit viel gutem Willen brauchte ich vier Anläufe, um die Minipfannkuchen zu wenden, während im Radio irgendein ziemlich nerviger Pop-Song dudelte, von dem ich schwören könnte, ihn alleine heute Morgen schon dreimal gehört zu haben. „Oooh, kann ich die mit Nutella haben?“, ereiferte sich Elisabeth und klang direkt etwas wacher. Ich schmunzelte in mich hinein. „Aber klar doch.“ Großzügig lud ich ihr die ersten drei Pancakes auf einen Teller, den ich ihr gemeinsam mit Besteck und dem Glas braunen Goldes zuschob. Während ich weiteren Teig in die Pfanne klatschte, wechselte das Radioprogramm zu Nachrichten. Wenigstens war dieses nervige Lied vorbei. Allerdings war das, was der Nachrichtensprecher verkündete, auch nicht gerade angenehm. „Nach offiziellen Meldungen heißt es, dass nunmehr etwa 85 % aller Magier von Chronos ihren Heldengeist beschworen haben oder bereits freiwillig aus dem Krieg um den Heiligen Gral ausgeschieden sind. Um den Frieden bis zum endgültigen Startschuss zu wahren, gilt ab heute eine Ausgangssperre ab 22:00 Uhr sowohl für Magier als auch Servants. Ein postalischer Hinweis auf die Regelung wird Sie in den nächsten Tagen ebenfalls erreichen. Eine Polizeieinheit bestehend aus ausgeschiedenen Magiern wird durch die Straßen patrouillieren und unsere Arbeit als Ruler unterstützen. Jeden Bruch dieser Ausgangssperre werden wir persönlich streng ahnden.“
 

Ich erstarrte in der Bewegung und lauschte angespannt. Beinahe wäre mir sogar ein Pancake deswegen angekokelt. Die zählten die Master in Prozent? Wie viele Magier nahmen denn nur an diesem Krieg teil?! Und wieso zur Hölle gab es keine gesetzliche Klausel, die dafür sorgte, dass alle Kinder das Recht und die Pflicht hatten, sofort auszuscheiden. Hatte hier eigentlich noch nie einer was von Jugendschutz gehört? Diese Ausgangssperre kam mir zwar in gewisser Weise recht, weil sie auch bedeutete, dass Gilgamesh und Cú Chulainn nicht mehr einfach so spät abends oder nachts uneingeladen im Wohnzimmer auflaufen würden, doch sie bereitete mir auch Sorge. Wenn es diese Sperre gab, hieß das automatisch auch, dass es bereits zu Vorfällen gekommen sein musste. Hatten schon die ersten Master versucht, ihre Konkurrenten des Nachts auszustechen, die noch keinen Servant hatten, der sie verteidigen konnte? Mir wurde schon flau, wenn ich nur daran dachte. Dass es schon erste Kämpfe gab, wusste ich ja, immerhin hatte ich selbst schon in einen eingegriffen, indem ich Tristan zum Sieg über Lorelei verholfen und damit sein Leben gerettet und ihres indirekt genommen hatte.

Ich starrte einfach nur die Pancakes in der Pfanne an, während ich diesen Überlegungen nachhing, sodass ich beinahe verpasst hätte, wie der Radiosprecher ankündigte, dass der Ruler Karl der Große, den er Charlemagne nannte, ein Interview gegeben haben, auf dem die Ausgangssperre beruhe. Sofort galt meine ganze Aufmerksamkeit wieder dem Radio. „Deshalb haben wir entschieden, dass es nötig ist, diese Ausgangssperre festzusetzen, um die Teilnehmerzahl nicht noch weiter zu minimieren und denjenigen, die ihren Servant noch nicht beschworen haben, die Möglichkeit zu geben, dies in Sicherheit zu tun“, erklärte Charlemagne mit ruhiger Stimme, doch mir fiel dabei etwas ganz anderes auf. Wieso war er allein? Wo war Holmes? Versuchte der womöglich, noch einmal mit dem dritten Ruler Kontakt aufzunehmen, um diesen doch noch von einer Zusammenarbeit zu überzeugen? Leider verlor Karl der Große kein einziges Wort über die anderen beiden Ruler, sodass ich nur raten konnte, was mit ihnen war. Generell war mir der dritte Ruler ein Rätsel. Egal, wie sehr ich darüber nachgrübelte, mir fiel kein mir bekannter Ruler ein, der einen vernünftigen Grund hätte, sich nicht mit Charlemagne und Sherlock Holmes gemeinsam um die Einhaltung der Regeln zu bemühen. Auf der anderen Seite musste das halt noch gar nichts heißen. Lorelei hatte ich auch nicht gekannt, also war es gut möglich, dass das auch für den dritten Ruler galt. Ich hoffte nur, es wäre nicht Shirou Tokisada Amakusa, denn der hätte garantiert (wieder mal) ganz eigene Pläne, die alles im Nu auf den Kopf stellen könnten.

„Caster? Kann ich noch einen Pancake haben?“, holte mich Elisabeth aus meinen Grübeleien. Ich zuckte zusammen, dann nickte ich eilig. „Sicher. Es ist noch genug da.“ Teig genug hatte ich allemal angerührt. Außerdem war mir der Appetit gerade gründlich vergangen. Wenn schon so viele Magier ihre Servants hatten, würde es nicht mehr lange dauern, bis der Gralskrieg offiziell losging und damit - zumindest aus meiner Perspektive - Fate/Hunger Games. Ich schaufelte gerade die nächste Ladung Pancakes auf Elisabeths Teller, als es an der Tür klingelte. „Ich gehe schon. Iss ruhig auf, Master“, meinte ich noch, dann verließ ich die Küche.
 

Angesichts der Tatsache, dass weder Gilgamesh noch Cú Chulainn sich bisher dazu bequemt hatten, einfach zu klingeln, war ich mir fast sicher, dass unser Besucher Merlin sein musste. Entsprechend verdattert starrte ich den blonden Ritter an, der an Stelle des Zauberers vor der Tür stand. Ihm schien die Situation ebenfalls unangenehm, denn er rieb sich verlegen den Nacken. „Guten Morgen. Bitte verzeiht, meinen unangekündigten Besuch“, grüßte er höflich und, noch ehe ich etwas sagen konnte, hatte Arthur auch schon meine Hand ergriffen und sich vorgebeugt, um einen Kuss auf meinen Handrücken zu hauchen. Eine Geste, die er auch Elisabeth zukommen ließ, die mir in den Flur gefolgt war. Die Neugier war wohl größer gewesen als ihr Hunger. „Guten Morgen, Saber“, brachte ich schließlich doch noch heraus. Was wollte der König der Ritter denn hier? Der steckte doch wohl nicht auch mit Merlin und Tristan unter einer Decke? Wie viele von den ehemaligen Bewohnern Camelots trieben sich hier überhaupt herum? Allein darüber nachzudenken, bereitete mir Kopfschmerzen. Wenn Merlin dabei seine Finger nicht im Spiel hatte, fraß ich einen Besen. Wenigstens war ich mir bei Arthur sicher, dass er der kleinen Elisabeth nichts tun wollte. Das widerspräche dem Ritterkodex und für den war er immerhin bekannt. Nur deshalb trat ich beiseite - und vielleicht auch, weil es mir ein klein wenig peinlich war, dass er mich wie eine Lady seiner Epoche behandelte. „Ich hoffe, Ihr erlaubt mir, auch im Namen meines Masters ein paar Worte an euch zu richten?“ Arthurs Frage schien sich gleichermaßen an Eli wie mich zu richten. Ich warf einen Blick zu Elisabeth, welche ohne zu zögern nickte, sodass ich schließlich eine einladende Geste machte und beiseitetrat, damit Arthur eintreten konnte. „Was immer du besprechen möchtest, bespricht sich bestimmt besser im Wohnzimmer.“ Ein dankbares Lächeln huschte über Arthurs Züge. „In der Tat. Habt vielen Dank für die Gastfreundschaft.“

Anstatt jedoch Elisabeth ins Wohnzimmer zu folgen, hielt Arthur vor mir noch einmal inne und schloss mich ohne jede Vorwarnung in seine Arme. Das war so ziemlich das allerletzte, mit dem ich gerechnet hätte. Etwas unbeholfen tätschelte ich dem König der Ritter den Rücken. Was sollte das denn werden? Der erste Gedanke, der mir dazu in den Sinn kam, war, dass er mir vielleicht heimlich etwas zuflüstern wollte, dass Elisabeth besser nicht hören sollte. Vielleicht etwas über die dunkle Präsenz oder Merlin? Doch der König der Ritter sprach erst, als er mich aus der Umarmung entließ, von der ich mich im Stillen fragte, ob sie für ihn genauso seltsam gewesen war wie für mich. „Worte vermögen meine tiefe Dankbarkeit für die Rettung Archers nicht auszudrücken“, erklärte Arthur so aufrichtig, dass ich unwillkürlich an Tristan denken musste, der davon so gar nicht begeistert gewesen war. Sein König hatte da offenbar andere Ansichten. Da hatte ich mir wohl den falschen Verbündeten gesucht. „Ah, schon gut“, winkte ich ab und trat einen Schritt zurück und gestikulierte noch einmal einladend in Richtung Wohnzimmer. „Bitte, nimm doch Platz.“ „Danke.“ Wieder hielt der junge König inne, dieses Mal, um Eli eine Tüte mit Bonbons zu reichen. „Bitte nimm dies als Zeichen unseres Wohlwollens. Ich hoffe, sie schmecken dir.“ Kurzum: Sein Master schleimte. Allerdings musste ich ihm lassen, dass es wunderbar klappte, denn Elis Augen glitzerten sofort vor Begeisterung, als sie die Tüte annahm. „Dankeschön!“ Ohne zu zögern, öffnete Elisabeth die Tüte und hielt sie dann nacheinander Arthur und mir hin, sodass wir schließlich alle drei Bonbons lutschend auf dem Sofa saßen.

Bei Eli hatte der König der Ritter damit zweifellos einen Stein im Brett, doch ich war weiterhin misstrauisch. Wenn nicht Merlin ihn hergeschickt hatte, dann vielleicht Tristan. Woher sonst sollte er diese Adresse kennen? Dass Tristan und er Verbündete waren, dürfte mich wohl kaum wundern. Allerdings schwebte auch über all dem wieder Merlins Schatten. „Du bist also im Auftrag deines Masters hier?“, erkundigte ich mich daher wie beiläufig. Dass der nicht hier war, durfte mich wohl nicht mehr wundern. Das kannte ich ja von Cú Chulainn und Gilgamesh, wobei Letzterer zugegebenermaßen wohl einfach nur tat, wonach ihm gerade der Sinn stand. Das zählte also nicht. Arthur nickte pflichtschuldig. „In der Tat“, bestätigte er. „Wer ist denn dein Master, Saber?“, wollte Elisabeth mit argloser Miene wissen und stellte damit genau die Frage, die auch mir auf der Zunge gelegen hatte. Zwar würde mir ein Name vermutlich nichts sagen, aber vielleicht plauderte Arthur ja auch ein bisschen aus dem Nähkästchen. Intuitiv spannte ich mich an, als der junge Ritter den Mund öffnete. „Nun, das… das weiß ich bedauerlicherweise nicht.“
 

Elisabeth und ich guckten wohl gleichermaßen sparsam ob dieser Antwort. „Das weißt du nicht?“, hakte ich als Erste nach. Entschuldigend lächelte Arthur, der mit dieser Reaktion wohl gerechnet hatte. „Ich fürchte nein. Bisher hatte ich nicht das Vergnügen, meinem Master zu begegnen“, gab er ohne Umschweife zu. Geheimhaltung in allen Ehren, aber traute dieser Master nicht einmal seinem eigenen Servant? Das war schon bitter. Verdient hatte Arthur das allemal nicht. „Meine Anweisungen erhalte ich in schriftlicher Form“, erklärte der junge König nun, wobei ein Hauch Bitterkeit in seiner Stimme zu hören war. Allerdings war ich nicht ganz sicher, ob ich mir das nicht nur eingebildet hatte, denn schon im nächsten Moment zierte ein herzliches Lächeln Arthurs Züge. „Ich bin sicher, mein Master hat gute Gründe für die Geheimhaltung seiner Identität.“ Mh mh. Klar. Vor allem vor der einzigen Person, an deren Loyalität es eigentlich keinen Zweifel geben konnte. Ein bisschen naiv ging der König der Ritter schon an diese Sache heran. „Und wie lauten die Anweisungen, die du im Moment befolgst?“, hakte ich stattdessen misstrauisch nach. Wenn Arthurs Master ein Bündnis wollte, war diese Geheimnistuerei jedenfalls nicht gerade der beste Grundstein für ein vertrauensvolles Miteinander. „Eine meiner Aufgaben lautet, Euch kennenzulernen, Caster. Seid versichert“, beeilte er sich hinzuzufügen, „dass mir diese Aufgabe mehr Freude denn Pflicht ist.“ Das glaubte ich ihm sogar. Sein Lächeln war so aufrichtig, dass ich nur irritiert nickte. Aus den Augenwinkeln heraus konnte ich jedoch sehen, wie Eli nun merklich aufhorchte. Ob sie beleidigt war, weil Arthur nur mich unter die Lupe nehmen sollte? Dass dessen Master Eli dann wohl nicht für allzu voll nahm, war ziemlich offensichtlich. Verstehen konnte ich das sogar, aber unhöflich blieb es trotzdem.

Dass ich mich irrte, stellte mein kleiner Master jedoch schon im nächsten Augenblick eindrucksvoll unter Beweis. „So ist das also!“ Verwirrt sah Arthur zu mir, dann zu Eli, genau wie ich auch. Die strahlte über das ganze Gesicht. Warum, war mir völlig schleierhaft. „Dann hat der König also Konkurrenz!“, ereiferte sie sich aufgeregt und blinzelte mir dabei verschwörerisch zu. Am liebsten hätte ich mir die Hand vors Gesicht geschlagen, doch ich war so überrumpelt von Elisabeths völlig abwegigen Ideen, dass ich einfach nur erstarrt da saß. Schließlich wandte ich mich steif wieder dem König der Ritter zu, dessen Miene verriet, dass er überhaupt nicht verstand, was Eli meinte. Kaum merklich schüttelte ich den Kopf, was Arthur ein leises Lachen entlockte. Die Mühe, Eli darauf hinzuweisen, dass der Gralskrieg keine Seifenoper war, sparte ich mir nach dem Fauxpas mit Gilgamesh. „Master, hast du Conny heute schon gegossen?“, wechselte ich das Thema unvermittelt mit dem gewünschten Erfolg. Elisabeth schüttelte den Kopf. „Das mache ich sofort! Und dann erzähle ich ihr auch vom König und Saber.“ „Tu das. Aber vergiss das Gießen nicht, ja?“, erinnerte ich Eli noch, da war sie bereits aufgesprungen. Schmunzelnd sah ich ihr nach, ehe ich mich Arthur mit ernster Miene zuwandte. Bevor ich jedoch etwas sagen konnte, machte der König der Ritter eine Bemerkung, die mich stutzen ließ. „Ihr erinnert mich in mehr als einer Hinsicht an meine geliebte Schwester. Eure Aura ähnelt ihrer sehr“, meinte er mit einem warmen Lächeln. Ein bisschen ironisch, wenn man bedachte, dass Morgaine sicher weniger freundlich über ihn gesprochen hätte.

Man musste kein Kenner der Artus-Sage sein, um zu wissen, dass die Geschwister nicht unbedingt im Guten auseinandergegangen waren und der Grund dafür zu einem guten Teil in der Frage der Religion lag. Ich musste gestehen, dass ich zumindest in diesem Punkt Morgaine immer besser verstanden hatte als König Artus. Sie hatte in ihrer Kultur festgehalten, an dem, was Teil des Landes war, anstatt sich den neuen Bräuchen zu fügen - und damit dem Christentum. Natürlich spielte es dabei eine wichtige Rolle, zu welcher Religion sich der König bekannte. Artus hatte seine Wahl getroffen und auch wenn ich Morgaines Handeln längst nicht immer befürwortete, fand ich ihre Motive doch nachfühlbar. Allerdings hatte das Fate-Universum an dieser Sage wahrscheinlich nicht zu knapp herumgepfuscht und so sehr es mich auch interessierte, was damals passiert war, für den Moment war etwas anderes viel wichtiger: Wenn meine Aura Arthur an Morgaine erinnerte, dann lag das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an dem Buch, war dies doch auch in Morgaines Besitz gewesen. Wie von selbst wanderten meine Finger zu dem dicken Einband, strichen über den Buchrücken und verweilten schließlich dort.
 

Einen Moment lang zögerte ich. Vielleicht war es unklug, das Buch zu erwähnen. Allerdings war Arthur eine Chance, mehr darüber zu erfahren. Vorausgesetzt natürlich, der König der Ritter wusste überhaupt etwas über das Buch. Ich entschied, das Risiko einzugehen. Dass ich ein Caster war, wusste er eh und vielleicht sorgte der Umstand, dass sich das Buch in meinem Besitz befand ja sogar dafür, dass er mich für mächtiger hielt, als ich tatsächlich war. „Nun“, begann ich gedehnt, „das liegt womöglich daran, dass Morgaine eine Zeit lang etwas bei sich trug, das nun mir gehört.“ Demonstrativ zog ich das Zauberbuch auf meine Knie. Arthurs Blick folgte meiner Geste aufmerksam und ich bildete mir ein, Erkennen in seinen Augen zu sehen. Er erkannte das Buch wieder, dessen war ich mir sicher. „Allerdings kann ich nicht behaupten, deine Schwester je getroffen zu haben, König der Ritter“, fuhr ich fort. Arthurs Miene war nun ernst, sein Lächeln verblasst. Vielmehr wirkte er fast etwas bedrückt, als erinnere er sich an etwas, das ihm zu Schaffen machte. „Sie war eine überaus kluge und selbstbewusste Frau“, meinte er schließlich. „In diesem Punkt scheint Ihr ihr in Nichts nachzustehen, Caster.“ Er lenkte ab. Das hieß dann wohl, dass er nicht über Morgaine sprechen wollte. Nun gut, damit konnte ich leben, aber dennoch musste ich wissen, was er über das Buch wusste. „Hast du jemals selbst einen Blick in dieses Buch geworfen?“, fragte ich deshalb geradeheraus. Arthur stutzte, dann schüttelte er den Kopf. „Nein. Jegliches magische Talent meiner Blutlinie ging an meine Schwester.“ Mist. So viel dann dazu. Ich seufzte leise. „Verstehe. Dann will ich dich damit nicht weiter belästigen.“ „Ah, aber nicht doch. Ich fühle mich nicht im geringsten belästigt“, wehrte der junge König eilig ab. „Bitte… belästigt mich.“

Arthurs Lächeln war wirklich ansteckend. „Weil du mich kennenlernen sollst, mh? Gut, wie du willst.“ Grinsend lehnte ich mich zurück, wobei ich mich nicht halb so entspannt fühlte, wie ich dem König der Ritter vorzuspielen versuchte. „Und was willst du wissen?“ „Was immer Ihr preiszugeben wünscht, Milady“, entgegnete Arthur ohne zu zögern. Durch und durch ein Ritter und Gentleman, das musste ich ihm lassen. Seltsam war es dennoch. Diese Art der Behandlung war ich nun wirklich nicht gewohnt. „Duz mich doch bitte. Für Förmlichkeiten gibt es wirklich keinen Grund“, bat ich. „Ich duze dich ja auch.“ Kurz wirkte er überrascht, dann nickte der blonde Saber. „Mit welchem Namen darf ich Euch… dich ansprechen?“ „Daelis“, gab ich leichtfertig zurück. Es war ja nicht so, als müsse ich meinen Namen geheim halten. Der würde sowieso niemandem etwas sagen, also konnte Arthur ihn ruhig wissen. „Es ist mir eine Freude und Ehre, Lady Daelis.“ Selbst im Sitzen deutete er noch eine Verbeugung an. „Ganz meinerseits. Also… Mh“, legte ich den Kopf nachdenklich schief. Was könnte ich Arthur Unverfängliches erzählen? Oder sollte ich vielleicht besser gar nichts erzählen? Immerhin war unklar, mit welcher Intention sein Master ihn hergeschickt hatte, um mich unter die Lupe zu nehmen. Welches Urteil sich Arthur über mich bilden würde, war mir letztlich jedoch fast egal. Um zu tun, was ich für richtig hielt, brauchte ich seinen Segen nicht. Ich glaubte ohnehin, dass wir früher oder später anecken würden, denn ritterliche Tugenden in allen Ehren, ich war mir nicht zu fein für Gemeinheiten, wenn sie mir den Sieg brachten.
 

Geduldig ließ mich Arthur nachdenken. Dass ich nicht willens war, all meine Geheimnisse auszuplaudern, und lieber vorsichtig wäre, durfte ihn kaum wundern, immerhin waren wir immer noch mögliche Feinde im Krieg um den Gral. Sein Master hatte ihn vermutlich hergeschickt, um meine Schwächen auszuspähen, falls Elisabeth und ich uns nicht als nützliche Verbündete erweisen sollten. Also sollte ich versuchen, möglichst subtil Stärke vorzuspielen. Da konnte ich eigentlich die Gelegenheit beim Schopfe packen und ein bisschen aus dem Fundus meiner jüngsten Begegnungen schöpfen und von diesen berichten. Zum Beispiel von Cú Chulainn, dem sexuellen Belästigungs-Caster oder the mighty King of Bling, seiner Hoheit Gilgamesh höchstpersönlich, dessen Ego so viel Raum einnahm, dass es ein schwarzes Loch füllen könnte. Wie der es wohl fände, wenn ich mich mit Arthur verbündete, der männlichen Version seiner Wunsch-Waifu? Der Gedanke ließ mich grinsen. „Vielleicht erzähle ich dir einfach mal von meinen...mhm… ich würde nicht sagen Freunden, aber sowas in der Art“, schlug ich gespielt arglos vor. „Das würde mich sehr freuen. Der Gralskrieg erlaubt es uns, viele große Helden kennenzulernen. Gewiss hast du faszinierende Persönlichkeiten getroffen.“ „Kann man so sagen“, antwortete ich ausweichend. Der König der Ritter sah tatsächlich aufgeregt aus, genau wie Elisabeth, wenn sie sich auf etwas freute. Das war schon fast süß. Oder wäre es vielleicht wirklich, wären da nicht die „faszinierenden Persönlichkeiten“, von denen ich berichten könnte.

„Der erste andere Servant, den ich kennenlernte, war ein Caster. Er hielt es nicht für nötig, zu klopfen, sondern tauchte einfach hier in der Wohnung auf“, begann ich zu erzählen. „Ein ziemlicher Flirt, der seine Finger nicht bei sich behalten kann, aber im Grunde ein guter Kerl würde ich sagen. Sein Master ist wohl eine ziemlich beeindruckende Persönlichkeit, aber getroffen habe ich ihn nicht.“ „Ich hoffe, er vergisst über seine Avancen nicht die Grundregeln der Höflichkeit. Es wäre frevelhaft, eine Lady zu belästigen“, entgegnete Arthur amüsiert. „Na, wie gut, dass ich keine Lady bin. So läuft Caster in keine Gefahr“, gab ich trocken zurück und grinste dabei ebenfalls. „Einen zweiten Besucher haben wir erst kürzlich hier gehabt. Ein ziemlich selbstverliebter und selbstsicherer Geselle“, beschrieb ich Gilgamesh, wie ich fand, noch recht wohlwollend. „Archer scheint vor allem zu seiner Unterhaltung hierher gekommen zu sein, denn ihn und mich verbindet… mh… Sagen wir, ein Relikt der Vergangenheit.“

Arthurs Miene blieb ruhig, doch er wirkte nicht mehr so erheitert wie eben noch. „Selbstsicherheit kann einen tief stürzen, wenn man nicht acht gibt. Es wäre fatal, diesen Gralskrieg nicht ernst zu nehmen“, meinte er schließlich. Insgeheim stimmte ich ihm völlig zu, doch Gilgamesh würde das niemals genauso sehen. Für ihn ging es beim Sieg nur ums Prinzip, weil er den Gral als sein Eigentum und jeden, der darum kämpfte, als Dieb ansah.

„Du scheinst über dieses Bündnis nicht sehr erfreut zu sein“, fuhr Arthur unvermittelt fort. Missmutig seufzte ich. „Nicht so richtig, um ehrlich zu sein. Es ist kein sehr ausgeglichenes Bündnis, wenn man es denn so nennen möchte.“ Passender fände ich eher „Leibeigentum“, denn nahm man es genau, hatte Gilgamesh mich schlichtweg in der Hand und zwang mich in die Rolle seiner Dienerin.
 

Mein Blick traf den besorgten des Königs Britanniens. „Ich bedaure sehr, das zu hören. Gerade als Caster ist es wichtig, dass du kampftüchtige Verbündete hast, die dich in diesem Krieg an der Front beschützen, damit du deine Magie wirken kannst“, sinnierte er mit ernster Stimme. Sein Lächeln war verflogen. „Generell ist es in einem so großen Krieg immens wichtig, Verbündete zu haben. Keiner könnte hoffen, alleine zu bestehen, wenn die Hauptphase des Krieges beginnt.“ Nachdenklich nickte ich. Dieser Gedanke war mir auch schon gekommen. Es nahmen so viele Helden an diesem Krieg teil, dass jeder, der allein stand, im Grunde gleich aufgeben könnte, weil sich alte Freunde wiedertrafen und alte Feindschaften wieder auflebten. Irgendwie musste ich Gilgamesh überzeugen, mit Cú Chulainn, Merlin und Tristan gemeinsame Sache zu machen und am besten noch weitere Verbündete dazugewinnen. Das konnte ja heiter werden. Gilgamesh war nicht unbedingt jemand, den man gut als „hilfreichen Verbündeten“ verkaufen konnte. Er tat, wonach ihm der Sinn stand und meistens interessierte er sich einen Scheiß dafür, was mit den Leuten um ihn herum geschah. Dass er ein immens mächtiger Servant war, nutzte da auch keinem.

„Womöglich ist man gut damit beraten, sich nicht nur seine Freunde nahe zu halten, sondern seine Feinde noch näher“, seufzte Arthur leise, doch seine Worte ließen mich aufhorchen. Bezog er sich damit auf Gil und mich oder nahm nicht vielmehr ich in seinen Worten die Rolle des Feindes ein, den er sich nahe halten wollte? Für mich klang das nach Tristans Einschätzung der Lage. Ich biss mir auf die Unterlippe. „Vielleicht zieht ihr ja ein Bündnis mit meinem Master und mir in Betracht“, schlug Arthur so freundlich vor, als wäre ihm der Gedanke erst jetzt gekommen, doch zumindest das kaufte ich ihm nicht ab. „Es wäre mir eine Ehre, dein Ritter zu sein“, betonte der junge König und legte dabei eine Hand über sein Herz. Schmeichelhaft, aber nicht schmeichelhaft genug, um meine Paranoia zu beschwichtigen, die leise flüsterte, dass Arthurs Master womöglich absichtlich seinen Servant im Dunkeln ließ, um diesen besser benutzen zu können. Arthurs Redlichkeit zweifelte ich nicht an, die seines Masters dafür umso mehr. „Ich werde das mit meinem Master besprechen“, antwortete ich. Entscheiden wollte ich das nicht jetzt sofort, auch wenn ich mir fast sicher war, dass Eli sich für das Bündnis aussprechen würde. „Selbstverständlich. Vielleicht sollten wir uns einfach in ein paar Tagen noch einmal treffen, Caster“, bot Arthur sofort an und zog irgendwo aus den Falten seines blauen Umhangs eine kleine Karte mit einer Telefonnummer. „Bitte, zögere nicht, mich zu kontaktieren.“ Nickend nahm ich die Pappkarte entgegen. „Danke. Wir werden uns auf jeden Fall zeitnah melden“, versprach ich. Je eher das geklärt war, desto besser.

Eine Weile plauderten wir noch über die Ausgangssperre, die die Ruler verhängt hatten, ehe sich Arthur höflich verabschiedete. Elisabeth hatte sich zwischendurch zu uns gesellt, doch eher mäßig interessiert zugehört, sodass ich nichts gesagt hatte, als sie sich das Tablet gegriffen hatte, um sich mit irgendeinem Minispiel zu beschäftigen. Erst, als Arthur sich verabschiedete, legte Eli das Tablet beiseite. „Auf ein baldiges Wiedersehen. Lady Elisabeth, Lady Daelis“, verbeugte Arthur sich zum Abschied. „Bis bald, Arthur“, winkte ich ihm nach und schloss die Tür. Dabei konnte ich gerade noch sehen, wie er sich mit verwunderten Blick umdrehte. Ich hatte ihn gerade das erste Mal beim Namen genannt, auch wenn es ein Versehen gewesen war. Shit happens. Das war nun auch egal. „Du kannst nicht mit ihm ausgehen“, statierte Elisabeth ohne jede Vorwarnung. Verdattert sah ich sie an. „Was?“ „Du kannst nicht mit ihm ausgehen, Caster. Das kannst du dem König nicht antun!“, plädierte sie mit strenger Miene. Ich blinzelte einmal, zweimal. Bitte, was? „Master, ich habe nicht vor, mit ihm… auszugehen. Aber ich finde, wir sollten ein Bündnis in Erwägung ziehen“, meinte ich zögerlich. Was brachte sie bitte auf die Idee, Arthur und ich würden ein Date planen? Und selbst wenn, ging das Gil einen feuchten Kehricht an und würde ihn vermutlich eh nur dann kratzen, wenn er deshalb keine Bedienung hatte, die ihm Wein zauberte. „Aber nur ein Bündnis“, befand Eli energisch. „Nur ein Bündnis“, bestätigte ich. „Vertraust du Saber?“, wollte sie nun wissen. Ich nickte. „Ja. Er ist ein ehrlicher Mensch. Freiwillig wird er seine Verbündeten niemals hintergehen. Außerdem ist er mit Archer befreundet, mit dem wir ein Bündnis haben“, erklärte ich ihr. Eli zog eine Schnute, überlegte einige Sekunden und nickte schließlich. „Dann bin ich einverstanden.“ Erleichtert seufzte ich auf. „Ich rufe ihn morgen an und gebe ihm Bescheid. Lassen wir ihn noch etwas schmoren“, beendete ich das Thema und entlockte Elisabeth damit ein leises Kichern.

Der wahre Caster

„Caster, mir ist langweilig“, jammerte Elisabeth und schaltete zum zweiten Mal in binnen einer Minute einen Kanal weiter. Insgeheim stimmte ich ihr zwar zu, was die nicht vorhandene Qualität des Fernsehprogramms anging, doch langweilig war mir deshalb noch lange nicht. Vielmehr hatte ich das Gefühl, als würde mein Hirn jeden Moment platzen. Unsere Bündnisse waren ziemlich kompliziert geworden, wenngleich im Moment nur eines davon offiziell war, nämlich das mit Tristan und Mary. Merlin würde ich sowieso nicht los, solange Eli ihn für ihren Onkel Marlin hielt. Ob dieses Namens allein wollte ich den Magier der Blumen am liebsten direkt wieder kräftig schütteln. Was der in seinem Labor während dieser Ausgangssperre trieb, wollte ich mir lieber nicht ausmalen. Aber vielleicht sorgten die Umstände dafür, dass er nicht erwartete, dass Eli jeden Tag zu ihm kam. „Wir könnten ein Spiel spielen“, schlug ich meinem kleinen Master vor und nickte in Richtung des Wohnzimmerschranks, von dem ich inzwischen wusste, dass er mehrere Brettspiele beinhaltete. Elisabeth sah mich entgeistert an. „Das ist öde!“, statierte sie und zog eine Schnute.

„Wieso dürfen wir nicht mehr raus?“, wollte sie dann wissen. „Aber so ist es doch gar nicht, Master“, widersprach ich betont ruhig. „Die Ausgangssperre gilt erst ab 22 Uhr. Da solltest du ohnehin besser im Bett sein“, fügte ich noch hinzu, doch Eli war eindeutig nicht überzeugt. „Das ist total doof. Und langweilig. Bestimmt bleiben jetzt alle Zuhause, weil sie Angst haben, dass die Ruler sie bestrafen, wenn sie draußen sind“, quengelte sie entgegen jeder Vernunft weiter. Mühsam verkniff ich mir ein Seufzen. Für sie änderte sich ja eigentlich überhaupt nichts. Zu den Zeiten, in denen die Ausgangssperre aktiv war, schlief sie sowieso. Anders als ich brauchte Eli ihren Schlaf und mir gab es etwas Zeit, für mich zu resümieren, was ich bisher herausgefunden hatte und wie ich dieses Wissen am besten nutzen konnte, um diesen Gralskrieg nicht nur zu überleben, sondern bestenfalls zu gewinnen.

Entsprechend hoffte ich, dass die Ausgangssperre mir ruhige Nächte bescheren würde, sofern Cú Chulainn und Gilgamesh nicht mehr hier aufkreuzten, um sich bespaßen zu lassen. Blieb zu hoffen, dass keiner der beiden entschied, dass es sicher war, ihren Master die ganze Nacht über allein zu lassen und stattdessen Elis Wohnzimmer zu belagern. So bliebe mir nämlich endlich Zeit, mir einen Plan bezüglich Merlin zurechtzulegen. Der hatte noch immer nicht alles erzählt, was er wusste, da war ich mir absolut sicher. Er wusste etwas über die dunkle Elisabeth und ich wollte wissen, was, bevor sie sich wieder zeigte und mir erneut einen Befehl gab, womöglich sogar noch bereit war, dafür Befehlszauber zu verwenden. Keine Erfahrung, auf die ich besonders scharf war.
 

„Laaaangweilig!“, riss mich Elisabeths Genörgel aus meinen Gedanken. Huff, das konnte ja heiter werden. „Können wir nicht lieber etwas Lustiges machen? Zaubere mir etwas vor!“ Sofort strahlten die Augen meines Masters, als ihr Blick von mir zu meinem Zauberbuch und zurück wanderte. Oh nein. Nein, nein, nein. Das war überhaupt keine gute Idee. Heißkalt lief mir der Schweiß den Nacken herunter. Es war ja nicht einmal so, dass ich Elisabeths Wunsch nicht nachkommen wollte, sondern eher, dass ich es nicht konnte. Hätte ich doch nur Cú mehr ausgequetscht, dann könnte ich Eli jetzt irgendwelche Feuerrunen zeigen. Das würde sie bestimmt beeindrucken. Aber so stand ich jetzt mit leeren Händen da. Scheiße. Wo sollte ich denn jetzt bitte einen Zauberspruch herbekommen, der im besten Fall auch noch funktionierte?

„Zaubere mir was aus deinem Buch, ja?“, drang Elis ungeduldige Stimme an mein Ohr. Noch immer sah sie mich voller Erwartung an. Oh je, das konnte ja heiter werden. Nervös nickte ich. Am besten, ich schlug einfach wahllos eine Seite auf und plapperte dann einen Schüttelreim. Passieren würde dabei natürlich nichts, aber ich konnte dann ja einfach mysteriös spielen und beten, dass das genügte, um Eli zu täuschen. Schon jetzt hatte ich das ungute Gefühl, dass das hier nur schief gehen konnte. Dennoch schob ich das Zauberbuch auf meine Knie und öffnete es auf einer zufälligen Seite etwa in der Mitte. Natürlich waren die Seiten leer. Wie immer. Am liebsten hätte ich einfach geseufzt und dann behauptet, aufs Klo zu müssen, um mich Fragen zu entziehen, doch als Servant lief das leider nicht. „Was wirst du machen, Caster?“, wollte Elisabeth neugierig wissen und rutschte dabei auf die Sofakante, um auch in das Buch spähen zu können, welches ich eilig etwas schief hielt, sodass Eli keinen Blick auf die leeren Seiten erhaschen konnte. „Das verrate ich dir noch nicht, Master“, bemühte ich mich um einen scherzhaften Tonfall, ehe ich meinen Blick demonstrativ auf das Buch richtete.

Mein Herz machte einen Satz vor Schreck. Die Seiten vor mir waren nicht länger weiß, sondern wiesen einen Zweizeiler auf, der eben noch ganz bestimmt nicht da gewesen war. Am liebsten hätte ich das Buch einfach an mich gedrückt. Was immer dieser Zauber bewirken würde, war hoffentlich meine Rettung. Dass er Eli schaden würde, glaubte ich nicht einen Moment. Das wäre weder im Sinne des Buches, noch in meinem. Immerhin waren wir an Elisabeths Mana gebunden und ohne sie endete auch unsere Zeit hier. Erleichtert überflog ich die Worte, dann blickte ich über den Rand des Buches hinweg zu meinem Master, der mich noch immer mit neugierigen Augen ansah. „Lehn dich bitte etwas zurück, Master“, forderte ich sie mit einem selbstbewussten Lächeln auf. „Wir möchten doch nicht, dass mein Zauber dich versehentlich auch trifft.“ Elis Augen weiteten sich, dann rutschte sie eilig auf dem Sofa zurück und zog sogar die Beine an. Ihr Blick blieb dabei in stummer Erwartung auf mich gerichtet. Stumm schickte ich ein Stoßgebet zum Himmel, dass ich jetzt nicht hoffnungslos übertrieben hatte und mich zum Deppen machte.
 

Ein bisschen blöd kam ich mir schon dabei vor, hier so eine Show abzuziehen, doch an Elisabeths Mimik erkannte ich, dass ich alles richtig machte. Sie war absolut begeistert, als ich wild mit einer Hand herumwedelte, während ich den Zauberspruch aus dem Buch ablas, von dem ich keine Ahnung hatte, was er bewirken würde. Ich hoffte nur, der Zauber nahm es mit korrekter Betonung nicht so genau, denn in welcher Sprache er auch verfasst war, ich beherrschte sie nicht nur nicht, ich war auch absolut sicher, sie noch nie irgendwo gehört zu haben. Nach meinem Ermessen konnte der Text vor mir ein vom Google Übersetzer ausgespuckter Schüttelreim sein, der vom Aramäischen ins Altpersische und schließlich ins Irische übersetzt worden war.

Dennoch: Der Zauber wirkte. Blauweißes Funkeln löst sich von meinen Fingerspitzen, wirbelte einmal im Kreis über den Tisch und verdichtete sich dann. Elisabeth und mir wurde im gleichen Moment klar, was der Zauber bewirkte. Ein hübsch hergerichteter Eisbecher mit karamellisierten Nussstückchen auf einer Sahnehaube war auf dem Tisch erschienen. Offenbar war Nahrungsmittelzauberei so ein Ding mit diesem Buch, immerhin hatte ich ja auch schon für Gilgamesh Wasser zu Wein verwandelt. Beklagen würde ich mich bestimmt nicht. Das Eis sah wirklich gut aus. „Wooooow!“, staunte mein kleiner Master. „Ist der für mich?“, fragte sie, streckte jedoch in Erwartung meiner Zustimmung bereits eine Hand nach dem Löffel aus, der aus der Sahne ragte. „Natürlich, Master“, nickte ich ohne, zu zögern. Da kannte Eli auch schon kein Halten mehr und probierte von der kalten Köstlichkeit. „Mh! Superlecker! Danke, Caster!“, freute sie sich.

Sie ahnte ja nicht, wie erleichtert ich war. Das Buch hatte mir hier wirklich aus der Patsche geholfen. Ganz so, als hätte es wirklich ein Eigenleben. Stumm bedankte ich mich bei dem Einband, der noch immer auf meinen Knien lag und über den ich nun gedankenverloren strich. Wenn dieses Buch der wahre Servant war, dann war nicht ausgeschlossen, dass es wirklich ein Relikt mit einer eigenen Persönlichkeit war. Falls dem so war, sollte ich unbedingt versuchen, mit ihm in Kontakt zu treten. Wenn ich auch nicht wusste, wieso ausgerechnet ich zur Trägerin geworden war, so saßen das Buch und ich doch in gewisser Weise im gleichen Boot. Dass es Eli nichts Böses wollte, interpretierte ich zumindest schonmal in den Zauber herein, den es mir eben offenbart hatte. Wenn wir uns einig werden könnten, Elisabeth zu beschützen, um diesen Gralskrieg für sie und uns zu entscheiden, könnte ich über das Buch vielleicht auch lernen, ein richtiger Caster zu werden und zu zaubern. Mir erschien das eine bessere Alternative als Cú Chulainn zu meinem Lehrer zu machen.

Zu meiner Erleichterung ließ sich Eli für den Rest des Nachmittags auch ohne Zaubertricks bespaßen. Auch wenn sie meinen Vorschlag zunächst abgelehnt hatte, war sie nach Verzehr des Eisbechers doch deutlich besser gelaunt und holte von sich aus den ersten bunten Spielekarton aus dem Schrank. Zwei Stunden lang spielten wir das Spiel des Lebens, wobei sich mein gefühlter Fluch zeigte, der dafür sorgte, dass ich bei diesem Spiel einfach immer verlor. Doch wenigstens war Elisabeth glücklich. Die Ausgangssperre schien sie längst wieder vergessen zu haben und mir ging es kaum anders.
 

Gähnend streckte sich Elisabeth auf dem Sofa aus. Inzwischen dämmerte es draußen und zu meiner Erleichterung waren weder Cú noch Gil oder Merlin hier aufgelaufen, was dann wohl bedeutete, dass meine Hoffnungen wahr wurden und mich eine ruhige Nacht erwartete, in der ich mich gänzlich meinem Zauberbuch widmen konnte, ohne dabei fürchten zu müssen, gestört zu werden. „Besuchen wir morgen wieder Onkel Marlin, Caster? Ich möchte den leckeren Nudelauflauf aus der Kantine essen“, murmelte Eli unvermittelt in meine Richtung. So richtig schien sie schon eine ganze Weile nicht mehr mitzubekommen, worum es in der Comedyserie ging, die wir gerade schauten. Eli hatte sich dafür entschieden und ich einfach auf Durchzug gestellt. Meinen Humor traf es einfach nicht, doch zumindest mein Master hatte sich anfangs prächtig amüsiert. Inzwischen allerdings sah sie eher so aus, als schlafe sie jeden Moment ein. Wie von selbst glitt mein Blick zur Uhr. Es war wirklich spät geworden. So viel herumgegammelt hatte ich selbst während meines letzten Urlaubs nicht.

„Vielleicht solltest du ins Bett gehen, Master“, wandte ich mich an Eli, die sofort eine Schippe zog. „Aber es ist noch gar nicht zehn Uhr“, jammerte sie, als käme es darauf an. Dass sie bei diesen Worten wieder gähnen musste, untermalte jedoch meinen Standpunkt. Höchste Zeit für sie, sich schlafen zu legen. „Aber du bist doch müde“, versuchte ich, Elisabeth zu überzeugen, die nur weiter eine Schnute zog. „Gar nicht. Ich muss erst um zehn ins Bett, so war es abgemacht!“, beschwerte sie sich und entlockte mir damit ein Kopfschütteln. „Wie wäre es dann, wenn du dich jetzt fertig machst und ich dir dann noch eine besonders lange Geschichte vorlese?“, schlug ich vor. Elis Antwort war ein Gähnen. „Na komm. Bevor du noch hier einschläfst.“ Elisabeths Blick verriet, dass sie noch nicht so richtig überzeugt war, also legte ich nach: „Dann kann ich dir etwas von König Gilgamesh erzählen.“ Bei diesen Worten horchte Eli auf. So schnell, wie sie losflitzte, um sich umzuziehen und die Zähne zu putzen, konnte ich gar nicht gucken. Gilgamesh war damit wohl das neue Zauberwort. Allerdings würde ich mich tunlichst hüten, ihr von Enkidu zu erzählen. Ich wusste nicht, wie empfindlich Gil darauf reagieren würde, und wollte nicht riskieren, dass mein kleiner Master ahnungslos in einen Fettnapf trat und den König der Helden damit provozierten.

Als ich mich auf die Bettkante setzte, hatte Elisabeth sich die Decke bereits bis zur Nasenspitze hochgezogen und blinzelte mich erwartungsvoll an. „Also“, begann ich, „dann werde ich dir heute davon erzählen, wie König Gilgamesh die Göttin Ishtar kennenlernte.“ Zu meiner Verwunderung schüttelte den Kopf. „Erzähl mir lieber was von dir, Caster. Erzähl mir eine Geschichte aus deinem Leben, ja?“, bat sie. Leise seufzte ich. Was sollte ich ihr denn da bitte erzählen? Wie ich hierher beschworen und mein erster Master getötet wurde? Oder vielleicht, wie faul ich in der Schule gewesen war? Beides war eher deprimierend und nicht gerade Stoff für eine spannende Gutenachtgeschichte. Mir blieb wohl nichts anderes übrig, als mir irgendetwas aus den Rippen zu leiern, damit Eli zufrieden war. Den Großteil der Geschichten hörte sie meistens ohnehin nicht mehr, weil sie vorher einschlief.
 

„Nun gut. Dann werde ich dir erzählen“, meinte ich langsam und ging in Gedanken durch, was ich Eli vorlügen könnte. Himmel, sonst war ich kreativ, doch jetzt fiel mir natürlich gar nichts ein! „Erzähl mir von dir und dem König“, murmelte Elisabeth. „Von Gilgamesh?“, hakte ich nach und bereute meine Frage sofort, denn mein Master nickte gähnend. Vermutlich wüsste sie morgen nichts mehr von meiner Geschichte, ganz egal, was ich erzählte. Ich konnte Eli ansehen, wie schwer es ihr fiel, die Augen überhaupt offenzuhalten. „Mh, einverstanden“, lenkte ich mit leisem Seufzen ein. „Dann lass mich dir erzählen, wie ich damals Uruk besuchte.“ „Was ist Uruk, Caster?“, wollte Elisabeth wissen. „Uruk ist die Stadt gewesen, in der Gilgamesh damals lebte“, erklärte ich schmunzelnd und schob die Decke um meinen kleinen Master etwas zurecht, damit sie es auch schön warm und gemütlich hatte. „Als ich die Stadt zum ersten Mal betrat, war ich wirklich überrascht. Natürlich hatte man sich überall erzählt, wie wunderschön die Stadt sei, doch sie war noch so unendlich viel schöner, als ich es mir ausgemalt hatte, dass ich zuerst glaubte, ich müsse träumen“, malte ich es etwas aus, um mir Zeit zu verschaffen. „Es gab gigantische Tempel mit hellen Säulen und überall blühten Blumen. Noch beeindruckender war der Palast. Er erhob sich über alle anderen Gebäude.“ „Und da hat dann der König gewohnt?“, wollte Eli wissen und blinzelte mich dabei müde an. Ich nickte. „Genau.“

„Und wann hast du dann den König getroffen?“, fragte Elisabeth schlaftrunken weiter. „Ich wusste natürlich, dass er der König von Uruk war. Überall erzählte man sich Geschichten über seine großen Heldentaten. Also habe ich die Wachen gebeten, mich einzulassen“, erzählte ich ihr. „Was haben sie gelacht. Man hat mich direkt wieder weggeschickt. Immerhin war König Gilgamesh immer sehr beschäftigt, da konnte man ja nicht einfach jeden zu ihm lassen.“ Elisabeth kicherte leise. „Das war aber nicht besonders klug von dir, Caster“, kommentierte sie leise. Ich grinste. „Nein, wirklich nicht. Aber aufgehalten hat es mich nicht. Ich habe mich verkleidet und dann als Dienerin getarnt in den Palast geschlichen“, berichtete ich weiter. „So gelang es mir dann auch, mich bis in seine privaten Gemächer zu stehlen, wo ich hoffte, ihn abpassen zu können. Allerdings hatte ich auch dabei wenig Glück. Den ganzen Tag habe ich gewartet und die halbe Nacht.“ Wieder konnte ich Eli leise kichern hören. Ihre Augen hielt sie geschlossen und ich ahnte, sie war schon so gut wie im Reich der Träume angekommen.

„Erst mitten in der Nacht kam der König in sein Schlafzimmer. So lange hatte er gearbeitet, damit alle wichtigen Dinge geregelt waren in seinem Reich. Denn nur so konnte es gedeihen und alle Bewohner Uruks auf ein friedliches und gutes Leben hoffen. Gil war so übermüdet und erschöpft, dass er mich erst überhaupt nicht bemerkt hat. Er hat sich einfach auf seine Kissen geworfen und war im nächsten Moment auch schon eingeschlafen, denn als ich ihn ansprach, hat er nicht reagiert.“ Aufmerksam beobachtete ich Eli, die nicht reagierte, sondern gleichmäßig atmete. Zum Glück, denn ich hätte beim besten Willen nicht gewusst, wie ich diese dumme Geschichte hätte weiterspinnen sollen, außer damit, dass ich versuchte, den König der Helden im Schlaf zu erwürgen. Nicht gerade eine kindgerechte Version einer „Mein erster Besuch in Uruk“-Erzählung.
 

Lautlos schlich ich mich aus Elisabeths Schlafzimmer, die Tür hinter mir schließend, damit sie nicht wach würde, wenn ich herumtigerte. Mein kleiner Master brauchte ihren Schlaf. Ganz anders als ich. Während ein Teil von mir noch immer erwartete, dass mich auch irgendwann die Müdigkeit übermannte, geschah dies eben nie. Egal, wie lange ich wach blieb, ich war munter und wach, als wäre es mitten am Tage. Ein bisschen Sorgen machte ich mir eher darum, welche Folgen das für meine Psyche hätte. Gesund konnte das doch wirklich nicht sein. Kein Wunder, dass die meisten Servants irgendwie ein bisschen verschroben waren. Bräuchte ich diese Zeit nicht so dringend, vielleicht würde ich, meinem neuen Dasein zum trotz, versuchen, ein wenig Schlaf zu finden. Angesichts der drohenden Gefahr für Elis und mein Leben allerdings, fand ich es wichtiger, mich mit den mir gegebenen Möglichkeiten zu befassen, diesen verrückten Krieg zu überleben.

„Ich hoffe wirklich, wir beide kommen auf einen Nenner“, seufzte ich leise, als ich mich auf dem Sofa niederließ und das Zauberbuch auf meinem Schoß ablegte. Behutsam strich ich über den dicken Einband. Das Leder fühlte sich glatt und warm unter meinen Fingern an. Nach kurzem Zögern schlug ich das Buch auf und blätterte die weißen Seiten auf der Suche nach dem Zauber um, den ich am Nachmittag benutzt hatte, um meinem Eli diesen köstlichen Eisbecher herzuzaubern. Seite um Seite schlug ich um und suchte schließlich sogar da ganze Buch danach ab, doch ohne Erfolg. Die Zeilen, die mir zuvor den Arsch gerettet hatten, waren jetzt verschwunden, als wären sie nie da gewesen. Wäre ja auch zu einfach gewesen. So langsam fragte ich mich, wer dieses Buch erschaffen hatte – und wie. Es schien ja durchaus ein sehr eigenwilliges Eigenleben zu haben. Alt war es obendrein auch, wenn Gilgamesh es zu Lebzeiten bereits besaß. Ob es vielleicht von einem Gott geschaffen worden war?

Seufzend klappte ich das Buch wieder zu. „Also... du und ich“, wandte ich mich an meinen unfreiwilligen Begleiter. „Wir beide können nicht ohne einander, so wie ich das sehe. Und wir beide brauchen Elisabeth. Hilf mir, sie zu beschützen und diesen Krieg für sie zu gewinnen. Ohne dich“, seufzte ich, „schaffe ich das nicht. Und ohne mich wirst du es nicht können. Schlimm genug, dass dein vorheriger Besitzer hier den Dicken markiert. Beweis mir, dass du es wert bist, diesen Preis zu zahlen!“ Mein Ton war immer fordernder geworden, dann schlug ich das Buch auf und blätterte durch die Seiten in der Hoffnung, dort eine Antwort auf meine Worte zu finden. Fehlanzeige. Frustriert drückte ich meinen Kopf in die aufgeschlagenen Seiten. „Komm schon! Wie soll ich Eli beschützen, wenn ich nicht einen winzigen Funken Magie wirken kann? Andere Servants haben mich – nein uns! – schneller aus dem Weg geräumt, als Eli ihren Namen buchstabieren kann.“ Dabei dachte ich vor allem an den ominösen Servant, der Elisabeth überhaupt erst den Katalysator gegeben hatte, der, wie ich inzwischen wusste, nicht zu mir, sondern zu dem Buch gehörte. Dass ich mitbeschworen worden war, und zwar gleich zweimal, musste Zufall sein.
 

„Sei doch nicht so!“, jammerte ich, inzwischen am Ende mit meinen Nerven. Ich hatte alles versucht: Nachrichten an das Buch auf die Seiten zu schreiben, wo die Worte jedoch nicht sichtbar wurden, dann hatte ich versucht, das Papier direkt anzuflüstern und dabei vermutlich ziemlich dämlich ausgesehen, und schließlich war ich sogar auf die Idee gekommen, in Reimen mit dem Buch zu sprechen, in der Hoffnung, damit mehr Erfolg zu haben. Das Ergebnis war niederschmetternd. Es war absolut nichts passiert. So langsam hatte ich nicht übel Lust, diesen zickigen Schinken einfach mal mit unter die Dusche zu nehmen. Mal sehen, wie es das fand. Wenn das Buch ein Eigenleben hatte und auch nur halbwegs intelligent war, musste doch auch ihm klar sein, dass es mich brauchte, um weiterzukommen. Ohne mich hätte es niemanden, der die Zauber ausführte. Ich war nur hier, weil das Buch einen Benutzer benötigte. Wir waren voneinander abhängig, ob es uns beiden nun schmeckte oder nicht.

„Weißt du was, dann halt nicht. Sterben wir halt einfach und dann hat sich das hier auch erledigt. Vielleicht komme ich dann auch nach Hause“, brummte ich schließlich beleidigt und legte das Buch auf dem Wohnzimmertisch ab, die ersten Seiten noch aufgeschlagen, die ich eben mit Reimen zugetextet hatte.

Hätte ich es vielleicht doch eher wie ein Haustier behandeln sollen? Vor meinem inneren Auge sah ich mich, wie ich das Buch liebevoll streichelte und ihm Kosenamen zuflüsterte, wie ich es sonst mit meinem Kater getan hatte. Ein bisschen albern kam mir die Vorstellung schon vor, aber vielleicht war es einen Versuch wert? Was hatte ich schon zu verlieren? Bereit, einen letzten Versuch zu unternehmen, rutschte ich auf die Sofakante, um nach dem Buch zu greifen. Zu meiner Überraschung zeigten dessen Seiten nun mehrere Zeilen Text. Mein Herz machte einen Satz. Ich hatte das Buch erreicht! Es hatte funktioniert! Aufgeregt überflog ich die Worte, die meinen Enthusiasmus direkt wieder bremsten. „Ich diene meinem Master, nicht dir. Du bist mein Werkzeug sie zu retten“, stand da. Okay, klar. Aber wie wollte das Buch Eli dienen, wenn ich mich querstellte. Das Buch war wirklich eine Zicke. So schlecht klang die Idee, doch mal ein gemeinsames Bad zu nehmen, nun wirklich nicht mehr.

Direkt etwas weniger motiviert, las ich die folgenden Worte. „Erwarte nicht, dass meine ganze Macht dir offenbart wird, wenn es nur deiner Belustigung dient.“ Meiner Belustigung am Arsch. Ich wollte überleben! Belustigung würde ich das nicht nennen! Verärgert funkelte ich die Buchseiten an, als könnten sie es sehen, denn die letzten Zeilen setzten dem Ganzen meiner Meinung nach nur noch die Krone auf. „Ich teile schon mein Mana mit dir, sei dankbar dafür“, stand da. An Ego mangelte es dem Buch wirklich nicht. Irgendwie klangen die Worte für mich, als antworte mir das Zauberbuch nur aus Mitleid und nicht, weil es das nötig hatte. Pfft! Da vergaß wohl jemand, dass wir voneinander abhängig waren und damit auch das Buch von mir. Was würde es tun, wenn ich mich querstellte? „Dadurch wird ein Magieloser zum Caster“, eröffneten mir die ordentlich geschriebenen Zeilen. Als ob ich das nicht wüsste! „Ein Caster, der nicht zaubern kann“, murrte ich leise, auch wenn das Buch einen Punkt hatte. Nur dank ihm war ich nun ein Servant. Allerdings konnte ich mich wirklich nicht erinnern, darum gebeten zu haben. Mein altes, normales Leben war eindeutig viel sicherer und ruhiger gewesen, als das hier. Seufzend fuhr ich mir durchs Haar.
 

Dann fiel mein Blick auf die letzte Zeile, die in geschwungenen Buchstaben auf dem Papier erschienen war. „Willst du Magie wirken, besorg dir eine magische Feder und schreibe deine eigenen Zauber.“ Wenigstens einen nützlichen Tipp hatte mir das Buch mitgegeben. „Eine magische Feder, mh? Das werd ich versuchen. Danke“, meinte leise und strich kurz dankbar über die Seiten, ehe ich den Einband schloss. Auch wenn ich mich ziemlich über das Buch geärgert hatte, wollte ich nicht zu undankbar sein, wenn dieser Hinweis mir doch womöglich half, wirklich ein Caster zu werden, der in der Lage war, auch ohne das Zauberbuch meinem kleinen Master zu beschützen. Was jedoch die Feder anging, war ich ratlos. Wo sollte ich so eine herbekommen? Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich gar nicht erst versuchen brauchte, das Buch zu fragen. Darum sollte ich mich besser selbst kümmern. Ein paar mögliche Anlaufstellen hatte ich ja auch in meiner Umgebung.

Mental ging ich meine Optionen durch. Da war natürlich Gilgamesh, von dem ich mir fast sicher war, dass es irgendwo in seiner Schatzkammer eine ganz besonders tolle magische Feder geben musste und wenn auch nur, weil sie irgendein Unikat war. Er sammelte immerhin ziemlich vorbehaltlos alle Formen von Schätzen, ganz egal, woher sie kamen und was sie konnten. Dass darunter auch viele magische Relikte waren, bedingte sich von selbst und dass Gil auch als Caster beschworen werden konnte, untermalte diesen Umstand ja sogar noch. Allerdings war mir nicht unbedingt besonders wohl bei dem Gedanken, ausgerechnet den König der Helden um etwas zu bitten. Er hielt mich ohnehin schon für seine kleine Bitch, weil ich sein Zauberbuch besaß. Ob das mit ihm auch so respektlos sprechen würde? Sah es sich überhaupt als sein Eigentum an? Ich sollte die beiden mal miteinander bekannt machen, das wäre sicher lustig, half mir aber im Moment nicht weiter.

Cú Chulainn hingegen wirkte auf mich nicht wie der Typ, der loszog und Zauber mit einer Feder schrieb. Seine Runenmagie hatte er, soweit ich es wusste, immer gewirkt, indem er die Zeichen einfach mit dem Finger in die Luft schrieb. War sein Zeigefinger vielleicht eine magische Feder? Den würde ich nämlich wohl kaum bekommen und danach fragen wollte ich auf keinen Fall. Schon in meinem Kopf klang die Frage „Kann ich deinen magischen Zeigefinger haben?“ nach etwas, das Cú einfach missverstehen musste, mal abgesehen davon, dass er es missverstehen wollen würde. Nein, das war eindeutig nicht die allerbeste Wahl. Dazu kam noch, dass wir offiziell keine Verbündeten waren und meine Schwäche in puncto Zauberei so weit zu offenbaren, ein Risiko für Eli und mich darstellte, sollte Cús Master Lord El-Melloi entscheiden, dass es einfacher wäre, uns schnell aus dem Krieg zu kegeln.

Die letzte Option, die ich hatte, war Merlin. Eigentlich auch keine richtige Option, fand ich. Er verschleierte – zugegebenerweise ziemlich schlecht – seine Identität und spielte hier irgendein komisches Spiel, in dessen Zentrum eindeutig mein unschuldiger kleiner Master stand. Diese seltsamen Aufgaben, die er sie erledigen ließ in diesem noch viel seltsameren Labor. Nichts davon war mir geheuer. Obendrein druckste er immer nur herum, wenn ich versuchte, Infos aus ihm herauszuquetschen. Dieser verdammte Incubus wusste mehr, als er mir verraten hatte, und zwar über alles: Elisabeths Herkunft, die dunkle Persönlichkeit, die in ihr lebte, und darüber, wieso Tristan diese auch zu kennen schien. Das war eindeutig ein Problem, mit dem ich mich später auch noch beschäftigen müsste. Tristan würde mir sicher nichts verraten und fragen wollte ich ihn sowieso auch nicht. Er misstraute mir genauso wie ich ihm. Was jedoch Merlin anging, wüsste der ziemlich sicher, wie ich an so eine magische Feder herankäme. Was ich auch von ihm halten mochte, der Magier der Blumen war schon zu Lebzeiten ein überaus mächtiger Zauberer gewesen und konnte so eine Feder womöglich sogar selbst herstellen.
 

Es war zum Haareraufen. Ächzend lehnte ich mich an die weiche Sofalehne. Natürlich blieb mir die Option, einfach irgendeinen Caster zu suchen und den nach einer magischen Feder zu fragen, doch das wäre wohl das absolut Dümmste, das ich tun könnte. Damit würde ich Eli und mich direkt zur einfachen Beute erklären. Also kam diese Möglichkeit nicht in Frage. Blöderweise galt das gleiche Problem auch für jeden anderen Master da draußen, der wissen könnte, wo man eine magische Feder herbekam. Den Ausgeschiedenen konnte ich auch nicht trauen. Sie hatten womöglich Familie oder Freunde unter den Teilnehmern, denen sie verraten könnten, dass ein unfähiger Caster herumlief, der seinen Master nicht verteidigen konnte. Auch die Ruler brauchte ich gar nicht erst zu fragen. Sie waren unparteiisch und dürften mir nicht helfen, egal, ob sie es wollten. Dass sie diese eiserne Regel brachen, konnte ich mir bei Charles und Sherlock nicht vorstellen. Den dritten Ruler kannte ich zwar noch nicht, aber vermutlich galt für den Gleiches. Fiel also auch flach, womit ich wieder bei meinen ursprünglichen drei Optionen war.

Am Ende wäre es vermutlich doch am sichersten, wenn ich entweder Merlin oder Gil fragte. Kaum zu glauben, aber da wäre mir Gilgamesh tatsächlich lieber. Der hielt immerhin nichts vor mir geheim so wie Merlin. Zwar war der Grund dafür vermutlich vor allem, weil der König der Helden der Meinung war, es nicht nötig zu haben, irgendetwas zu verheimlichen, aber das spielte letztlich auch keine Rolle. Er war bisher erstaunlich aufrichtig gewesen und hatte sogar ganz offen verraten, wie er das Buch aus der Hand gegeben hatte – und all das, ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Obendrein hatte er Eli und mich gewissermaßen in ein Bündnis gezwungen, sodass es auch in seinem Sinn sein musste, wenn ich mithilfe einer magischen Feder zaubern lernte. Trotzdem würde er sicher etwas dafür verlangen, mir eine solche Feder zu geben. Die Frage war vielleicht sogar eher, was ich ihm dafür geben konnte. Er hatte mich ja ohnehin längst in der Hand.

Nachdenklich musterte ich das Buch, an das mein Schicksal nun gebunden war. Wieso war auch ausgerechnet ich hier gelandet? Da gab es doch wirklich bessere Kandidaten, die mit einem so mächtigen Relikt wie diesem Zauberbuch sehr viel mehr hätten anfangen können. Lag es am Katalysator? Wenn ja, wüsste ich nur zu gerne, was der gewesen war, doch aus Eli bekam man solche Informationen ja einfach nicht heraus. Ich fuhr mir mit den Fingern übers Nasenbein hoch zur Stirn, um den aufkommenden Kopfschmerz zu vertreiben. Auf jeden Fall sollte ich versuchen, möglichst schnell herauszufinden, wer meinem Master den Katalysator gegeben hatte. Dieser Servant hatte dafür sicher einen ziemlich guten Grund gehabt und ich war mir fast sicher, dass der mir nicht gefallen würde. Ob er wusste, wir harmlos ich war? Dann würde ich ihm zeigen, dass er mich unterschätzte. Zwar mochte der König der Helden mich in der Hand haben, doch ich wusste einiges über ihn und sein ausgeprägtes Ego, sodass ich zumindest versuchen könnte, bei ihm die richtigen Knöpfe zu drücken, damit er mir eine Hilfe wäre. Bestimmt gefiele dem König der Helden auch nicht, wenn sein Spielzeug noch der Spielball eines anderen war. Uff, es fühlte sich wirklich nicht gut an, darüber nachzudenken, doch für den Moment war das die beste Strategie, die ich aufbringen konnte.

Magische Feder

„Mist“, fluchte ich unterdrückt, als mir ein Stückchen Eierschale in das Rührei fiel. Eilig fischte ich die ungeplante Beilage aus der Pfanne. Elisabeth konnte ich bereits in ihrem Zimmer rumoren hören, also würde sie wohl jeden Moment in der Küche auflaufen und sicher über ein leckeres Frühstück bestimmt freuen. Ein bisschen seltsam war es schon, wie sehr der Alltag uns beide, meinen Master und mich, in diesem Gralskrieg eingeholt hatte. Es fühlte sich irgendwie überhaupt nicht nach Krieg an und beinahe könnte man vergessen, welche Gefahren in einem Gralskrieg drohten. Selbst unterwegs hatte immer alles ganz normal gewirkt und wüsste ich nicht um die Heldengeister, hätte ich womöglich gar nicht geahnt, was sich anbahnte. Allein der Kampf Tristans hatte mich daran erinnert, dass die ganze Stadt Schauplatz eines gigantischen Krieges sein würde, in dem viele Leute sterben würden, Heldengeister und Menschen. Zeuge eines Kampfes war ich allerdings bisher nicht direkt geworden. Man könnte glatt meinen, es gäbe gar keine Auseinandersetzungen, doch wer konnte schon sagen, wie schnell sich das ändern würde? Vermutlich konnte ich von Glück sagen, dass alle Servants, auf die ich bisher getroffen war, mir freundlich begegnet waren.

Merlin sah ich zwar zwiegespalten, aber ich glaubte nicht, dass er ohne Vorwarnung mit dem Schwert auf mich losginge. Diogenes schien eher desinteressiert. Tristan mochte mich zwar offenkundig nicht, jedoch waren wir Verbündete und solange wir umzingelt waren von Feinden und er nicht wusste, wie machtlos ich in Wahrheit war, stünde ich nicht oben auf seiner Abschussliste. Bei Cú Chulainn war ich mir nicht ganz so sicher. Zwar hatte Caster versucht, uns als Verbündete zu gewinnen, aber ich traute ihm zu, mich gnadenlos wegzuputzen, wenn wir uns als Gegner gegenüberstünden. Gleiches galt für Gilgamesh. Wobei all diese Gegner wohl nur mich auslöschen und Elisabeth verschonen würden. Während dieser Gedanke etwas Tröstliches hatte, machte er mir zugleich auch Angst. Ich wollte nicht sterben! Einen Kampf gegen einen dieser Helden konnte ich jedoch nicht gewinnen. Außerdem gab es ja noch den ominösen Heldengeist, der Elisabeth den Katalysator gegeben hatte, der zu meiner Beschwörung führte. Wer immer es war, er hatte meinen ersten Master getötet und dann aus mir unerklärlichen Gründen entschieden, dass ich dennoch an diesem Gralskrieg teilnehmen sollte. Kannte er vielleicht die Person, die das Buch früher besessen hatte? Vielleicht war er ja sogar der Liebste der Zauberin, der Gilgamesh das Buch überlassen hatte und die dafür ihre Heimat hatte verlassen müssen?

Angestrengt rieb ich mir die Schläfen. Auch wenn ich keine Kopfschmerzen hatte, fühlte es sich an, als müsste ich sie haben. Wenn Elisabeth gefrühstückt hatte, könnte ich sie ja noch einmal nach dem Servant fragen. Ihre letzte Beschreibung war zwar absolut nicht hilfreich gewesen, doch vielleicht war mir ja das Glück hold und mein kleiner Master wurde dieses Mal etwas konkreter in ihren Angaben. Wenn ich auch nicht davon ausging, den Servant mit Namen zu kennen, wäre es doch nicht schlecht, wenigstens Ausschau nach ihm halten zu können, während wir unterwegs waren. Das letzte Mal hatten wir uns ja leider verpasst, aber vielleicht wollte er ja auch mit mir sprechen? Wenn ich mit meiner Vermutung richtig lag, könnte ich viel über die Zauberin von einst lernen und vielleicht auch darüber, wie sie das Buch benutzt hatte. Natürlich könnte ich auch das Buch fragen, aber ich war mir fast sicher, dass es mir darüber nichts erzählen würde. Bisher hatten wir irgendwie keinen so guten Draht zueinander gefunden und dann ausgerechnet nach jemandem zu fragen, der für es gestorben war, erschien mir unpassend.
 

„Morgen, Caster“, murmelte Elisabeth mit einem unterdrückten Gähnen. „Guten Morgen, Master“, erwiderte ich den Gruß und schmunzelte etwas ob des Anblicks, der sich mir bot. Eli war offenbar wirklich gerade erst aufgewacht, denn sie war noch nicht umgezogen und ihr ungekämmtes Haar stand in alle Richtungen ab. „Was gibt es zum Frühstück?“, nuschelte Elisabeth leise und rieb sich dabei müde über die Augen. „Rührei und Toast. Möchtest du ein paar Schinkenwürfel in deinem Ei?“ Elisabeths Antwort auf meine Frage war ein träges Kopfschütteln. „Hast du nicht gut geschlafen, Master?“, hakte ich vorsichtig nach, als ich ihr den Teller mit zwei Scheiben Toast und dem Rührei vor die Nase schob. Wieder schüttelte Eli den Kopf. „Ich glaube“, meinte sie und griff nach ihrer Gabel, „dass ich schlimme Träume hatte, aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wovon ich geträumt habe.“ Nachsichtig strich ich ihr über den Rücken. „Es waren nur Träume. Bestimmt kommt das von den Süßigkeiten vorm Zubettgehen“, feixte ich und erntete sofort einen empörten Blick. „Gar nicht wahr! Das denkst du dir doch nur aus, Caster“, beschwerte sich mein kleiner Master wie auf Knopfdruck, wirkte nun aber schon ein gutes Stückchen wacher als zuvor. „Ich habe dich gewarnt“, merkte ich scherzend an. Mit einer ähnlichen Lüge hatten meine Eltern meine Schwester und mich damals auch davon abhalten wollen, spät am Abend noch zu naschen. Elisabeth zog eine Schnute und wandte sich ihrem Frühstück zu.

„Besuchen wir heute deinen Onkel Marlin?“, fragte ich nach einer Weile betont beiläufig. Elisabeth musste ja nicht erfahren, dass ich ausnahmsweise ganz scharf darauf war, ein paar Worte mit ihrem Onkel zu wechseln. Auch wenn sie die Streitigkeiten zwischen den Magier der Blumen und mir bisher nie aktiv mitbekommen hatte, war ich mir doch ziemlich sicher, dass Eli sehr genau wusste, dass Merlin und ich uns nicht grün waren. Elisabeth war einfach zu alt, als dass man das noch vor ihr geheim halten könnte. „Au ja! Dann gibt es bestimmt auch wieder superleckeren Nudelauflauf“, begeisterte Elisabeth sich sofort mit strahlenden Augen. Das verbuchte ich als „Ja“. „Was hältst du davon, wenn du ihm ein Foto von Conny machst, damit er sieht, wie schön sie hier blüht?“, schlug ihr Eli vor, die sofort nickte. „Das mache ich!“, freute sie sich. „Connys Blume ist schon richtig groß geworden. Da wird Onkel Marlin bestimmt stolz sein.“ Das hoffte ich doch für ihn. Nicht, dass ich an Elisabeths Fähigkeiten zweifelte, aber bei mir starben Pflanzen für gewöhnlich und Conny hielt sich wacker.

„Aber erst nach dem Frühstück“, bremste ich Elisabeth, die vor lauter Enthusiasmus schon von ihrem Stuhl gesprungen war, um ihren Worten Taten folgen zu lassen. Bestimmt nickte ich zu ihrem Teller. „So lange wird Onkel Marlin bestimmt noch warten können.“ Betont gelassen setzte ich mich Eli gegenüber, doch insgeheim ging es mir wie ihr. Am liebsten wäre ich direkt losgerannt, um Merlin mit Fragen bezüglich magischer Federn zu bombardieren. Wenn irgendjemand wusste, wo man eine herbekam oder sogar selbst eine besaß, dann doch wohl er, immerhin gehörte der Magier der Blumen zu den drei Grand Castern des Fate-Universums. Mit etwas Glück könnte ich Merlin überzeugen, mir eine seiner magischen Federn auszuleihen, immerhin ging es dabei vor allem um Elisabeths Wohl. Wenn ihn das nicht überzeugte, müsste ich meinen eigenen Schlüsse daraus ziehen, insbesondere im Hinblick auf Merlins Beziehung zu meinem Master. Dass längst irgendetwas lief, in das Merlin verwickelt war, war ja ohnehin offensichtlich. Erst hatte ich Tristan bei ihm getroffen, dann Arthur ganz in der Nähe. Wer da noch an Zufälle glaubte, war naiv. Und irgendwie war auch Elisabeth Teil der Pläne des Incubus, wenn ich auch noch nicht wusste wie. Sollte er die kleine Eli wirklich nur benutzen wollen, für welchen irren Plan auch immer, würde ich ihm einen gewaltigen Strich durch die Rechnung machen!
 

„Schach matt!“, freute sich Elisabeth ungeniert über ihren dritten Sieg in Folge, während ich nichts tun konnte, als wieder überrascht auf das Schachbrett zu starren. Anfangs hatte ich noch gedacht, ich müsse Rücksicht nehmen, weil Eli so jung war, aber wie sich schnell herausstellte, hatte sie sehr viel mehr Übung im Schachspiel als ich und schlug mich mühelos. Das letzte Mal, dass ich Schach gespielt hatte, war ich so alt gewesen wie Eli jetzt. So gut wie sie war ich allerdings nicht gewesen, da war ich mir sicher. Schon allein, weil mein einziger Gegner meine jüngere Schwester gewesen war. Das weckte Erinnerungen. Wie es meiner Schwester wohl ging? Bestimmt fragte sie sich, was mit mir passiert war. Einfach abzutauchen war so gar nicht meine Art und auch wenn es so ein Ding in unserer Familie war, sich nur alle paar Wochen überhaupt mal zu melden, müsste sich mein Verschwinden inzwischen herumgesprochen haben. Schon allein, weil ich nicht zur Arbeit gekommen war. Vorausgesetzt natürlich, irgendjemand hatte sich ins Büro bewegt. Sonst würde auch da tagelang keinem auffallen, dass ich fehlte. Irgendwie erschreckend, dass ich das für gar nicht so unwahrscheinlich hielt. Allerdings brachte es mir überhaupt nichts, mir das Hirn darüber zu zermartern, was bei mir zuhause passierte, solange ich hier festsaß und nichts daran ändern konnte. Ich brauchte den verdammten Gral und musste dann darauf bauen, dass der meine Vorstellung davon, wie ich nach Hause kam, auch umgesetzt bekam. Daran, was dabei alles schief gehen konnte, selbst wenn ich den Gral in die Finger bekam, wollte ich gar nicht denken. Einen Schritt nach dem anderen - und der Erste war, diesen Krieg zu gewinnen. Mit Gilgameshs Hilfe hatten wir jetzt sogar realistische Chancen, auch wenn ich dessen Master auf keinen Fall außer acht lassen durfte. Wie der darüber dachte, dass sein Servant so eigenwillig war und sehr wahrscheinlich wenig für ihn übrig hatte, wusste ich nicht, aber es würde mich nicht wundern, wenn Gilgameshs Master ziemlich genervt von seiner einzigen Verteidigung in diesem Krieg war. Wenigstens kannte zumindest ich den König der Helden gut genug, um zu wissen, dass er wenig darauf gab, was sein Master wollte oder nicht, und keine Hemmungen hatte, sich eines in seinen Augen langweiligen Masters zu entledigen. Er hatte es einmal getan und wäre ich Gilgameshs Master würde ich dafür Sorge tragen, interessant genug bleiben, um nicht mit einem Dolch im Rücken mein Ende zu finden, während mein Servant lächelnd danebensaß. Dass das Leben als Servant sicherer war, konnte ich jedoch auch nicht behaupten. Nicht nur, dass mir so ziemlich jeder andere Servant früher oder später an den Kragen wollte, musste ich auch an Elisabeth denken. Mein Leben war an ihres gebunden, in mehr als einer Hinsicht. Starb sie, verlor ich meine Manaquelle. Gleichzeitig sorgte meine Anwesenheit dafür, dass sie überhaupt erst in Gefahr geriet. Entledigte sie sich meiner, wäre sie als ausgeschiedene Magierin sicher.

„Du spielst wirklich nicht besonders gut, Caster“, riss mich Elisabeths Kichern aus meinen Gedanken. Ertappt starrte ich meinen Master einen Moment lang an, bevor ich mir verlegen den Hinterkopf rieb. „Ich fürchte nicht. Tut mir leid, Master“, murmelte ich halbherzig. „Ich bringe es dir bei! Dann wirst du richtig gut und kannst mit dem König spielen. Bestimmt würde ihm das gefallen“, ereiferte sich Elisabeth begeistert, ehe sie mich plötzlich bitterernst ansah. „Aber keine Erwachsenensachen machen, wenn ich da bin!“ Verdattert starrte ich sie an. Was in aller Welt ging nur in ihrem Kopf vor sich, dass sie allen Ernstes glauben konnte, zwischen Gilgamesh und mir würde irgendetwas laufen? Okay, ja, vielleicht hatte ich ein bisschen sehr an seinen Lippen gehangen, als er aus dem Nähkästchen geplaudert hatte, aber es kam ja auch nicht alle Tage vor, dass man einen Zeitzeugen seiner Epoche in die Finger bekam! „Versprochen, Caster?“, drängte Eli, wobei sie sich über das Schachspiel zu mir beugte. Ich nickte starr. „Versprochen“, antwortete ich platt. Zählte Alkohol auch zu Erwachsenendingen? Vermutlich sollte ich nicht versuchen, das mit dem König der Helden auszudiskutieren. Seufzend schob ich den Gedanken beiseite. „Komm, wir machen uns auf den Weg zum Onkel Marlin. Wir wollen doch nicht zu spät zum Mittagessen kommen, oder?“ Eli war so schnell aufgesprungen, dass sie das Schachbrett beinahe umgerissen hatte. „Ich hole nur schnell meine Jacke“, flötete sie mir entgegen und war auch schon gen Flur gerast. Schmunzelnd sah ich ihr nach.
 

Von der Wohnung aus konnte man den Park schon sehen, der auf etwa halber Strecke lag, und der für mich der einzige Wegpunkt war, an dem ich mich orientieren konnte. Wurde wirklich höchste Zeit, dass ich mir eine Karte der Stadt ansah, immerhin wusste ich bis jetzt immer noch nicht, wie groß Chronos eigentlich war. Generell wusste ich einfach noch viel zu wenig über die Gegebenheiten. Nicht, dass ich einen Plan hätte, wie irgendetwas davon mir weiterhelfen könnte, Elisabeths und mein Leben zu schützen, aber so hätte ich wenigstens das Gefühl, etwas versucht zu haben. Es war frustrierend, so machtlos zu sein, und ich wollte mich nicht darauf verlassen, dass das Buch mir zuverlässig aus der Patsche half, auch wenn es offenbar eine gewisse Loyalität Eli gegenüber empfand, sofern Bücher denn etwas empfinden konnten. Das warf in gewisser Weise nur noch mehr Fragen auf, die ich lieber auf später verschob, auch wenn es an mir nagte, nicht zu wissen, ob das Buch vielleicht selbst einen Wunsch an den Gral hatte und ich hingegen selbst im Falle eines Sieges überhaupt nichts zu melden hätte. Was würde dann aus mir werden? Kehrte ich in meine Welt zurück oder würde ich einfach sterben und… was auch immer dann folgte. Ich hatte es nicht eilig, das herauszufinden.

Eine frische Brise wehte uns entgegen, als Eli und ich die Straße an einem Zebrastreifen überquerten. Die hohen Bäume, die das Parkgelände umrahmten, konnte ich schon sehen, doch der Rest lag noch verborgen hinter einer Reihe Häusern, die den Rand des Stadtkerns bildeten. Außer Elisabeth und mir war jedoch kaum jemand unterwegs, sodass alles verlassen und recht kahl wirkte. Die Ausgangssperre galt zwar erst für abends, aber offenbar hatte sie bei vielen Leuten für Unwohlsein gesorgt. Verstehen konnte ich das allemal. Auch wenn Ruler nicht ins Detail gegangen war, was die Gründe für die Sperre anging, konnte sich doch jeder seinen Teil denken. Wäre ich ein Master, ich würde auch versuchen, mir zuhause eine sichere Festung zu schaffen, anstatt sorglos durch die Innenstadt zu bummeln. Selbst wenn man kein Teilnehmer war, musste das Ganze einen unangenehmen Beigeschmack haben. Wer immer servantlose Master attackierte, würde wohl nicht erst nett fragen, ob man bereits ausgeschieden war oder ausscheiden wollte. Die Stadt war gefährlich geworden. Nein. Sie war es schon die ganze Zeit, ich hatte das nur nicht wirklich erkannt. Niemand könnte sagen, wie viele Opfer dieser Krieg fordern würde. Wie viele Leute nahmen überhaupt teil? War ihnen denn nicht klar, dass das Ganze in ein Gemetzel ausarten und vielleicht hunderte Leben kosten würde? Wurden Morde im Gralskrieg eigentlich danach rechtlich verfolgt? Wenn ja, würde das hier wohl eher ein kalter Krieg mit einer Handvoll Wahnsinniger, die dennoch bereit wären, sich die Hände mit Blut zu beflecken.

Am liebsten hätte ich mir einfach alle Teilnehmer geschnappt und ihnen einen gesalzenen Vortrag darüber gehalten, warum es eine wirklich selten blöde Idee war, dem Gral seinen Wunsch mitzuteilen. Mal ehrlich: War ihnen nicht aufgefallen, dass dabei irgendwie nie etwas Gutes bei rumkam? Jedes Mal endete ein Wunsch in Leichen und Zerstörung. Man sollte meinen, inzwischen wäre jemand auf den Trichter gekommen, dass der Gral vielleicht doch nicht so die allerbeste Problemlösung darstellte. Obendrein wollten mit Sicherheit einige das Gleiche, sodass es Sinn machen würde, sich zusammenzutun. Ob schonmal jemandem die Idee gekommen war, demokratisch wählen zu lassen, welchen Wunsch der Gral erfüllen sollte? Dann könnten alle anderen Teilnehmer im Fragefall ausscheiden und das Problem Krieg hätte sich von ganz alleine gelöst. Aber nein! Nein, natürlich nicht! Lieber gab man sich kräftig aufs Maul, ungeachtet der Folgen für die Beteiligten und ihre Angehörigen. Für eine Spezies, die sich selbst als zivilisiert bezeichnete, war das schon ein ziemliches Armutszeugnis, aber letztlich war die Gier wohl in den meisten Menschen einfach zu stark, als dass die bereit wären, auf ein so mächtiges, magisches Relikt und den damit verbundenen Wunsch zu verzichten. Vermutlich sollte ich bei einigen meiner Verbündeten genauer hinterfragen, was sie sich überhaupt wünschen wollten. Gilgamesh glaubte ich, dass es ihm ums Prinzip ging, aber was war mit Cú Chulainn, Merlin, Diogenes oder auch Tristan und Mary? Zumindest bei Tristan würde ich wetten, dass er mit seiner liebsten Isolde wiedervereint werden wollte, aber besonders bei Merlin bereitete mir das Ganze Bauchschmerzen. Der Magier der Blumen erschien mir wie ein nicht lösbares Rätsel, dessen Fragestellung ich noch nicht einmal begriffen hatte. Ein bisschen wie Astrophysik.
 

„Pst, Caster.“ Elisabeth zuppelte an meinem Ärmel, doch ihr Blick war von mir abgewandt. „Mh?“, machte ich noch, dann entdeckte ich auch schon, worauf sie mich hatte aufmerksam machen wollen. Cú Chulainn. Wenn man an den Teufel dachte, war er nicht weit. Ob es zu spät war, um einfach umzudrehen und wegzugehen, bevor er uns erreichte? Vermutlich schon, denn er winkte uns bereits zu. Stumm seufzte ich in mich hinein, hob dann aber die Hand zum Gruß. Vielleicht könnte mir der Ire ja weiterhelfen, an eine magische Feder zu kommen. Zwar war er mit seiner Runenmagie sicher nicht der belesene Typ Caster, aber fragen kostete bekanntlich ja nichts. „Hey Caster“, begrüßte ich Cú Chulainn eher halbherzig, der sich davon nicht beirren ließ und über das ganze Gesicht strahlte, als habe ich ihm Kuchen angeboten. „Kleine Dame und Caster, wie schön euch zu sehen“, flötete der blauhaarige Mann uns entgegen. „Hallo Caster“, meinte Elisabeth fröhlich. Ihre Freude konnte ich nicht so richtig teilen. Ob Cú Chulainn unser Verbündeter wurde, war noch nicht endgültig geklärt, auch wenn ich zu einem „Ja“ tendierte, allein, um ihm nicht zeitnah als Feind gegenüberstehen zu müssen.„Macht ihr etwa einen Spaziergang?“, wollte er wissen, wartete aber keine Antwort ab, sondern fuhr direkt fort. „Ihr habt doch sicher nichts dagegen, wenn ich euch begleite.“

Ehe ich es mich versah, hatte sich Cú zwischen Eli und mich gedrängt, uns beiden je einen seiner Arme anbietend. Mein kleiner Master hakte sich sofort ein, sodass ich nach kurzem Zögern ihrem Beispiel folgte. „Ist dein Master nicht bei dir, Caster?“, wollte Eli neugierig wissen. Cú schüttelte nur den Kopf. „Heute nicht. Er hat viel zu tun“, erklärte er gelassen, doch in meinen Ohren klang das wie eine Ausrede, weil Cú eigentlich geschickt worden war, um irgendetwas zu tun. Was auch immer Lord El-Melloi III. dem Kind des Lichts auftragen mochte, es beinhaltete bestimmt nicht, gemütlich mit Eli und mir am Parkrand entlangzuschlendern. „Und wohin seid ihr zwei unterwegs?“, erkundigte sich Cú, der jedoch gar nicht zuzuhören schien, wie Elisabeth ihm erklärte, dass sie auf dem Weg zu ihrem Onkel war. Vielmehr fixierte der Caster mich mit seinem Blick, als erhoffe er sich von mir eine andere Antwort. Einige Sekundenbruchteile hielt ich seinem Blick stand, dann wandte ich mich ab. Es fühlte sich fast etwas gruselig an, wenn er einen so aus roten Augen anstarrte. Beinahe, als ahne er, dass ich einen ganz anderen Grund für diesen Ausflug hatte, dabei konnte er davon unmöglich wissen. Noch nicht zumindest. Ich musste einen günstigen Moment abpassen, um ihn nach einer magischen Feder zu fragen. Selbst wenn er selbst keine besaß, könnte Cú mir vielleicht sagen, wo ich eine fände.

„Ich möchte Onkel Marlin von Conny erzählen“, meinte Elisabeth gerade, als ein kleiner Hund ihre Aufmerksamkeit weckte. Das zottelige Tier, das mich an eine Mischung aus einem dieser potthässlichen Pelzkissen und einem Flummi erinnerte, hing am Ende einer roten Leine, deren genauer Zweck sich mir ein bisschen entzog. Solange der Hund sich nicht bewegte, sah er einem altmodischen Wischmopp zum Verwechseln ähnlich. „Oh, der ist aber niedlich!“, entfuhr es Elisabeth begeistert, was der Besitzerin, einer älteren Dame mit grauem Haar, ein Lachen entlockte. „Möchtest du ihn streicheln?“, bot sie an. Eli ließ sich nicht zweimal bitten und ging sofort vor dem kleinen Tier in die Hocke, bei dem ich nicht einmal sagen konnte, ob Eli nun seinen Kopf oder das Hinterteil tätschelte. „So ein lieber Hund!“, freute Elisabeth sich. Wenn es denn überhaupt ein Hund war. Soweit es mich betraf, könnte es sich ebenso gut um einen überaus hässlichen Chinchilla oder einen Badezimmervorleger handeln. Könnte ich tatsächlich zaubern, wäre ich vielleicht der Versuchung erlegen, der Flusenkugel ein paar Wackelaugen anzuzaubern. Vielleicht auch am falschen Ende, welches das auch immer sein mochte.

Elis ganze Aufmerksamkeit galt dem Vierbeiner. Meine jedoch gehörte ganz Cú Chulainn. Auch wenn ich ihm eben noch hatte ausweichen wollen, kam er im Grunde wie gerufen und das gleich aus zwei Gründen. „Mit dir wollte ich ohnehin sprechen“, begann ich ohne Umschweife, als Cú meinen bohrenden Blick auffing. Schnell warf ich einen prüfenden Blick zu Elisabeth, die sich inzwischen angeregt mit der Hundebesitzerin unterhielt. Beide machten einen ziemlich zufriedenen Eindruck und ein prüfender Blick verriet mir, dass auf der Hand der alten Lady keine Befehlszauber prangten. Sie war also kein Master. Gut. So konnte auch ich mich etwas entspannen und guten Gewissens Cú Chulainn zuwenden, der mich neugierig ansah. „Das klingt ja fast, als hättest du nach mir gesucht, Süße“, flötete der blauhaarige Mann mir entgegen. Demonstrativ rollte ich mit den Augen. „Nicht ganz, aber ich es trifft sich gut, dass wir uns treffen“, entgegnete ich trocken. „Ich komme direkt zum Punkt: Wir ziehen ein Bündnis in Betracht, doch dafür müssen natürlich gewisse Details geklärt werden, besonders, da wir auch andere Verbündete haben, denen gegenüber wir natürlich zur Loyalität verpflichtet sind.“ Und dann war da auch noch Gilgamesh, aber das würde Cú früh genug erfahren. Cú Chulainns Miene verhärtete sich kurz, bevor der Ire auch schon wieder ein breites Grinsen zur Schau trug. „Dann treffen wir zwei uns wohl am besten mal unter vier Augen, ganz privat, um alles in Ruhe zu besprechen. Zu dir oder zu mir?“, feixte der blauhaarige Caster. Ich verengte die Augen. Diese Zweideutigkeiten konnte er sich wirklich nicht kneifen, oder?

„Morgen Nacht bei uns. Wir brauchen etwas Zeit“, fasste ich mich kurz, um dann das Thema zu wechseln. „Bis dahin könntest du mir sagen, ob du zufällig eine magische Feder übrig hast.“ Erwartungsvoll sah ich den Iren an, der eine gefühlte Ewigkeit einfach zurückstarrte, um dann nur mit den Schultern zu zucken. „So etwas besitze ich nicht und wüsste auch nicht, was man damit anstellen soll.“ Ernüchtert seufzte ich. Wäre ja auch zu schön gewesen. Dann musste ich wohl doch Merlin und Diogenes fragen. „Was hast du denn mit dieser ominösen magischen Feder vor?“, erkundigte sich Cú Chulainn, wobei er sich zu mir herunterbeugte, sodass er auf Augenhöhe war. Seine roten Augen blitzten schelmisch. „Mir fielen da schon ein paar lustige Dinge ein, die man mit einer Feder machen könnte, magisch oder nicht.“ Nein, er konnte es wirklich nicht lassen. „Lass dich mal flachlegen“, entfuhr es mir genervt, obwohl ich die Worte eigentlich nur hatte denken wollen. Verschämt zuckte ich zusammen, doch bevor ich eine Entschuldigung stammeln konnte, war Cú Chulainn auch schon in heiteres Gelächter ausgebrochen. „Ich versuchs“, entgegnete er flüsternd und zwinkerte mir zu. „Bis heute Nacht, Caster.“ Ungläubig starrte ich dem Blauhaarigen nach, der mich mit diesen Worten einfach hatte stehen lassen. Wie gerne hätte ich ihm etwas schlagfertiges hinterhergerufen, aber mir wollte partout nichts einfallen. Im nächsten Augenblick zuppelte auch schon etwas an meinem Ärmel. „Caster, gehen wir jetzt weiter zu Onkel Marlin?“
 

„Onkel Marlin, Onkel Marlin!“ Elisabeths unbändige Freude teilte ich zwar absolut nicht, aber es war wirklich herzerwärmend zu sehen, wie fröhlich sie dem Magier der Blumen entgegeneilte, der sie in seinen Armen auffing und einmal im Kreis wirbelte, was Eli ein freudiges Jauchzen entlockte. „Hallo Elisabeth“, begrüßte der weißhaarige Zauberer meinen Master mit einem arglos anmutenden Lächeln. Mit keiner Geste ließ er ahnen, dass er mich überhaupt bemerkt hatte. Gleiches hatte aber auch für alle anderen Leute gegolten, seit wir im Labor angekommen waren. Jeder grüßte Elisabeth, doch niemand sah mich auch nur an. Es fühlte sich befremdlich an, so ignoriert zu werden, doch die Gründe waren offensichtlich. Der Gralskrieg war ein wiederkehrendes Event, ich nur ein Gast, der bald wieder verschwinden und an den sich danach niemand mehr erinnern würde. „Hattest du einen schönen Vormittag?“, erkundigte Merlin sich aufmerksam. Mein kleiner Master strahlte und nickte heftig. „Ja! Heute Morgen hat Caster mit mir Schach gespielt, aber sie ist ziemlich schlecht und eben haben wir einen total süßen Hund getroffen!“, ereiferte sie sich und entlockte Merlin damit ein Kichern. „Vielleicht möchtest du ja später gegen mich spielen? Aber jetzt geh erst einmal Mittagessen. Ich habe dafür gesorgt, dass man dir eine extragroße Portion Nudelauflauf reserviert“, behauptete der Magier der Blumen mit einem verschmitzten Schmunzeln. Ob seine Worte nun wahr waren oder nicht, sie genügten, um Elisabeth zu veranlassen, sofort weiterzusprinten. „Ich halte euch Plätze frei!“, konnte ich sie noch rufen hören, dann war sie auch schon um eine Ecke verschwunden. Sorgen machte ich mir keine. Inzwischen vertraute ich darauf, dass die Leute hier die kleine Eli nicht nur schon lange kannten, sondern sie auch entsprechend behandeln würden. Dass die beiden Damen am Schalter in der Eingangshalle sie immer direkt durchwinkten, war nur eines von vielen Zeichen, die dafür sprachen. Obendrein hatte ich so langsam das Gefühl, dass die Cafeteria auffallend oft Elisabeths Leibspeise auf dem Plan stehen hatte. Zu oft, als dass ich an einen Zufall glauben könnte.

„Haha, so ein aufgewecktes Mädchen“, amüsierte sich Marlin-Merlin leise. Wüsste ich nicht, wer er hinter der Maske des netten Onkels wirklich war, ich hätte ihm sein versonnen anmutendes Lächeln sicherlich abgekauft. „Das ist sie wirklich“, stimmte ich zu. „Und darum müssen wir beide sie beschützen.“ Ernst wandte ich mich nun gänzlich dem Magier der Blumen zu, der meinen Blick ruhig erwiderte und schließlich nickte. „Das müssen wir, Caster.“ Einen Moment lang wog ich ab, wie ich am besten auf das Thema magische Feder zu sprechen kommen sollte, dann entschied ich, einfach mit der Tür ins Haus zu fallen. „Sagt, Grand Caster Merlin, Ihr habt nicht zufällig noch eine magische Feder herumliegen, die Ihr mir leihen könntet, um die kleine Elisabeth vor den drohenden Gefahren des nahen Krieges zu beschützen?“, fragte ich direkt heraus und verhaspelte mich dabei beinahe, weil meine Worte so hochgestochen klangen. Vermutlich hatte ich einfach doch zu viel darüber nachgedacht, wie ich meine Bitte in Worte fassen sollte, ohne als total unfähig dazustehen, weil ich absolut keine Ahnung hatte, wo ich eine dieser Federn herbekam. Genau genommen wusste ich ja nicht einmal, wie man magische Federn genau benutzte, doch ein Problem nach dem anderen. Erst einmal musste ich so eine Feder auftreiben. Wie man sie anwandte, bekäme ich dann auch noch heraus. So schwer konnte das ja eigentlich nicht sein, oder?

„Eine magische Feder?“ Merlins Miene hellte sich auf, dann lachte er. „Ich habe eine hier“, erklärte der Magier entspannt und steuerte auf eine Vitrine zu, der ich bisher keine weitere Beachtung geschenkt hatte. Jetzt jedoch, wo Merlins Geste meinen Blick darauf lenkte, konnte ich hinter dem Glas eine purpurne Feder entdecken, deren Kiel in glänzendes Silber getaucht zu sein schien. Neugierig trat ich an Merlins Seite, um das magische Schreibutensil näher in Augenschein zu nehmen. Hübsch war es, doch hätte man mir erzählt, dass Merlin die Feder auf einem Fantasy-Mittelaltermarkt gekauft hatte, hätte ich das auch geglaubt. Auf der anderen Seite stellte man sich genau so wohl auch eine magische Feder vor, überlegte ich, die feinen Linien studierend, die sich durch das Silber zogen und ein verworrenes Muster bildeten, von dem ich nicht sicher sagen konnte, ob es allein der Optik geschuldet war oder nicht doch einen tieferen Zweck erfüllte. „Bedauerlicherweise wird dir diese Feder nichts nutzen. Andernfalls hätte ich sie dir natürlich gerne überlassen“, seufzte der Magier der Blumen neben mir theatralisch. Argwöhnisch sah ich ihn an. „Was meinst du damit, dass sie mir nichts nutzen würde?“ Konnte ich sie etwa nicht benutzen, weil ich eigentlich gar keine Magierin war? Prinzipiell wäre das eine Möglichkeit, aber dann hätte mir das Buch doch bestimmt nicht diesen Tipp gegeben. „Wo liegt das Problem?“, hakte ich nach und erntete ein unterdrücktes Glucksen. Als Merlin keine Anstalten machte, mir zu antworten, verzog ich das Gesicht. Glaubte er wirklich, ich ließe ihn jetzt einfach vom Haken? „Wieso kann ich sie nicht benutzen?“ Anstatt mir dieses Mal eine Antwort zu geben, wandte Merlin sich einfach ab und meinte gespielt verwundert: „So spät schon! Ich sollte mich um Elisabeths Tests kümmern!“ Von wegen! Missgelaunt wollte ich ihn gerade anraunzen, als mein kleiner Master wie aufs Stichwort hereingeplatzt kam. „Onkel Marlin, da bin ich wieder“, freute sie sich, nicht ahnend, dass sie dem weißhaarigen Magus gerade ein sehr unangenehmes Gespräch ersparte. „Ah, sehr schön. Wollen wir dann loslegen, Elisabeth?“, meinte Merlin, der dem nichtsahnenden Mädchen bei diesen Worten über den Kopf streichelte. „Macht Caster heute auch mit?“, wollte Eli wissen, doch Merlin schüttelte den Kopf. „Nein. Aber ich mache mit. Wie klingt das?“ Elisabeths strahlende Augen waren eigentlich Antwort genug. „Au ja! Dann probieren wir heute auch Windmagie, ja?“, sprang mein Master vor Freude förmlich in die Luft, während ich ihren Lehrmeister stumm verfluchte.
 

Mit verschränkten Armen blieb ich zurück, während Elisabeth und Merlin-Marlin fröhlich plaudernd den Raum verließen, um diese ominösen Tests zu machen, für die mein kleiner Master immer wieder hierherkam. Was die anging, fragte ich mich ohnehin immer mehr, was Merlin damit bezweckte. Einige verfolgten scheinbar das Ziel, Elisabeth darin zu unterstützen, ihre magischen Kräfte lenken zu lernen, doch da wäre meiner Meinung nach letzten Endes ordentlicher Unterricht die bessere Wahl gewesen. Das Ganze roch einfach förmlich danach, dass etwas nicht stimmte. Dass ich einfach keine Informationen aus Merlin herausbekam, ganz egal, worum es ging, war einfach nur frustrierend. Nicht nur, dass er mir überhaupt nichts über die magische Feder verraten hatte, er hatte sich auch über Tristan, die dunkle Elisabeth und Arthur ausgeschwiegen. Dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, dass all das zusammenhing und ich nur noch nicht wusste, wie. Auf jeden Fall sollte ich die Augen offenhalten, falls hier noch mehr Ritter der Tafelrunde herumliefen. Die würden sich bestimmt wieder zusammentun wollen. Im Moment kam mir das vielleicht sogar zugute. Dadurch, dass mein Master Merlins Mündel war und Tristan unser Verbündeter, lag es nahe, auch ein Bündnis mit Arthur zu schließen. Sollten Bedivere, Agravain, Lancelot und Gawain auch beschworen worden sein, würden sie sich dem Bündnis bestimmt nur zu gerne anschließen. Blieb die Frage, was es mit der dunklen Elisabeth auf sich hatte und wieso Merlin meinte, deren Mana müsse Tristan bekannt vorkommen. War das vielleicht ein Hinweis auf Isolde gewesen? Dann hätte Tristan vermutlich weniger angepisst ausgesehen, also schloss ich diese Möglichkeit aus. Vielleicht der Geist eines Druiden oder einer Priesterin der alten Religion, die durch die Ritter der Tafelrunde und Arthurs Beschlüsse ihr Leben hatte lassen müssen? Der Wechsel des Königs zum Christentum hatte so einige im Volk gegen ihn aufgebracht, die dem alten Glauben anhingen und die alten Traditionen beschützen wollten, allen voran seine Schwester Morgaine le Fay.

Angestrengt rieb ich mir über die Nasenwurzel. Wäre Merlin doch nur ein klein wenig gesprächiger, wenn es um die wichtigen Dinge ging! Vermutlich sollte ich mich für den Moment darauf konzentrieren, dieses Bündnischaos unter einen Hut zu kriegen. Gilgamesh war unabwendbar, Tristan beschlossene Sache, Merlin wurde ich auch nicht los. Neben den dreien waren Arthur und Cú Chulainn naheliegende Wahlen. Solange keiner von ihnen raffte, wie nutzlos ich eigentlich war, konnte ich mich in ihrem Schutz sicher fühlen. Der Einzige jedoch, der mir später nicht in den Rücken fiele, sofern ich ihn bei Laune hielt, war Gilgamesh. Alle anderen hatten selbst Master, die ihren Wunsch nicht aufgeben würden. Bei Gilgameshs Master würde ich zwar nicht dagegen wetten, doch ich traute dem König der Helden mehr als zu, dass er sich seines Masters entledigte, wenn er ihn nicht mehr brauchte. Arthur würde zumindest nicht versuchen, mich zu meucheln, aber bei Tristan und Cú war ich mir da wiederum nicht so sicher. Auf diese beiden müsste ich immer ein besonders aufmerksames Auge haben. Übrig blieb Merlin. Wollte Merlin den Gral? Falls ja, wusste ich nicht, wofür. Ich meinte mich zu erinnern, dass er laut Fate eigentlich auf Avalon gefangen war, doch auf mich wirkte er ziemlich frei und obendrein war er nicht als Servant, sondern als Mensch hier. Das führte mich zudem Schluss, dass er vielleicht schon einen Krieg gewonnen hatte und sich dabei ein neues Leben gewünscht hatte. Welche Ziele verfolgte er jetzt und welche Rolle spielte Elisabeth darin?

Am liebsten hätte ich meinen Kopf einfach gegen eine Wand gehauen. Meine Gedanken schienen sich immer mehr zu verheddern, anstatt einer Lösung näherzukommen. Genau genommen hatte ich ja sogar noch ein weiteres Problem, sah man von Diogenes ab, der mich aus den Augenwinkeln musterte, wie ich jetzt erst bemerkte. Ich wusste noch immer nichts über die Person, die Elisabeth meinen Katalysator gegeben und meinen ersten Master getötet hatte. Dass es sich um einen männlichen Servant handelte, half dabei nicht gerade weiter, den Kreis der Verdächtigen einzugrenzen. Die meisten Helden der Geschichte waren männlich, allein schon, weil fast überall auf der Welt patriarchische Gesellschaften vorgeherrscht hatten. Die wenigsten Frauen hatten auch nur eine Chance gehabt, sich als Helden hervorzutun. Ansonsten hatte mir Elisabeth nichts über diesen seltsamen Typen verraten, sodass mir auch seine Beweggründe ein totales Rätsel blieben. Wieso hatte er meine Beschwörung erst verhindert, um sie dann doch anzustoßen? Ging es dabei nicht eher um das Buch? Vielleicht hatte der Servant einfach meinen Master töten wollen und erst zu spät das Zauberbuch erkannt. Womöglich hatte er es selbst einmal besessen und wollte es wiederhaben? Dann könnte er sich direkt mit Gilgamesh darum streiten, denn der gäbe sein Eigentum bestimmt nicht so einfach her.

„Dein Master wird gleich zurückkommen.“ Erschrocken zuckte ich zusammen. Zwar war mein Blick nun schon geraume Weile auf Diogenes gerichtet gewesen, doch so richtig wahrgenommen hatte ich den griechischen Philosophen irgendwie nicht, sodass mich seine Worte gänzlich unerwartet aus meinen Gedanken rissen. Eilig nickte ich, zögerte kurz, entschied dann jedoch, dass ich diese Chance nicht verstreichen lassen durfte. Diogenes war immerhin auch ein Caster. Vielleicht könnte er mir mehr über magische Federn erzählen? „Sag, Diogenes, wieso meint dein Master, dass mir seine magische Feder nicht von Nutzen wäre? Sollte sie mir nicht helfen können, meinen Master besser zu beschützen?“ Ich hasste es, Diogenes damit im Grunde zu offenbaren, dass ich absolut nichts von Magie und Zaubern verstand, aber das war besser, als jemanden fragen zu müssen, der dieses Wissen direkt gegen mich verwandte. „Auf diese Frage kann dir niemand eine Antwort geben, ebenso wenig wie dir jemand eine magische Feder geben kann“, erwiderte der Philosoph kryptisch, bevor er ungeniert gähnte. Ich konnte mir ein tiefes Seufzen nicht verkneifen. „Und wieso nicht?“, hakte ich nach, doch Diogenes rollte zur Antwort nur mit den Augen, ehe er noch meinte: „Weil es eben so ist.“ Wow, danke! Das half mir wirklich total weiter! Verstimmt starrte ich Diogenes an, der das entweder nicht bemerkte oder sich nicht dafür interessierte, denn er schlurfte nun einfach zur Couch herüber, auf der er es sich bequem machte. „Erklär es mir“, verlangte ich von dem anderen Caster, da flog auch schon die Tür auf, durch die Merlin und Elisabeth zurückkehrten. „Caster, Caster! Ich habe heute richtig gut abgeschnitten!“, ereiferte sich mein Master überschwänglich und sauste dabei auf mich zu, um sich dann so heftig in meine Arme zu werfen, dass sie mich damit beinahe aus dem Gleichgewicht brachte. „Das ist super, Master“, lobte ich Eli, die über das ganze Gesicht strahlte. „Als Belohnung habe ich sogar etwas Nudelauflauf in der Cafeteria bekommen. Den können wir heute Abend essen!“
 

Mit einem leisen Klicken drehte ich den Schlüssel im Schloss herum, während Elisabeth neben mir noch immer voller Begeisterung davon erzählte, dass es ihr heute endlich gelungen war, das Rätsel mit den blauen Kreisen zu lösen, das ihr immer solche Probleme bereitet hatte. „Onkel Marlin hat gesagt, dass ich das wirklich gut gemacht habe, weil ganz viele kluge Menschen das Rätsel nicht gelöst bekommen“, erzählte sie voller Stolz bestimmt schon zum vierten Mal und wieder lächelte ich ihr ermutigend zu. „Eines Tages wirst du bestimmt eine große Magierin, Master.“ „So wie du, Caster?“ Oh, hoffentlich nicht, denn dann könntest du gar nichts, meine Kleine. Ich zwang mich zu einem Lächeln. „Noch viel besser.“ Das wäre zugegeben keine Kunst, doch ich glaubte an das Mädchen. Sie war mit so viel Energie bei der Sache, dass es schon irgendwie klappen würde, sofern ihr Lehrer Merlin seinen Job ordentlich machte und sein umfangreiches magisches Wissen an Elisabeth weitergab. „Meinst du, dann werde ich auch eines Tages ein Servant?“, wollte Eli wissen und wieder musste ich dem Drang widerstehen, einfach nur mit dem Kopf zu schütteln. „Vielleicht. Auch wenn ich mir für dich ein ruhiges, sicheres Leben wünsche, in der es nicht nötig ist, dass du dich als Heldin erprobst“, versuchte ich, meinen kleinen Master ein bisschen zu bremsen. So richtig überzeugt sah die jedoch nicht aus. Vielmehr zog sie eine beleidigte Schnute. „Aber auch dann kann ich doch eine Heldin werden“, protestierte sie, als ich ihr sanft über den Kopf strich. „Natürlich, doch die meisten Helden“, fuhr ich leise fort, „sterben einen frühen und schrecklichen Tod. Das wünsche ich dir einfach nicht, Master. Ich möchte, dass du ein langes, glückliches Leben führst.“ Jetzt zog Elisabeth die Stirn kraus, widersprach jedoch nicht mehr, sondern betrat vielmehr vor mir die Wohnung.

Irgendetwas stimmte nicht. Ich wusste es sofort, noch bevor die Tür hinter uns ins Schloss fiel. Natürlich hätte ich behaupten können, dass meine Sinne als Servant Alarm schlugen, aber das wäre gelogen. Vielmehr war mir aufgefallen, dass durch den Türspalt zum Wohnzimmer Licht drang. Ich war mir allerdings absolut sicher, dass kein Licht gebrannt hatte, als Eli und ich uns auf den Weg gemacht hatten. Vorsichtig tippte ich meinem Master auf die Schulter und bedeutete ihr mit dem Zeigefinger auf den Lippen, dass sie still sein sollte. Verwirrt sah Elisabeth mich an. „Bitte warte kurz hier. Jemand ist im Wohnzimmer. Ich werde nachsehen“, flüsterte ich meinem kleinen Master zu, deren Augen sich nun erschrocken weiteten. Offenbar machte ich ihr Angst, doch vielleicht zurecht. Mit Glück war es nur Gil oder Cú, doch ich war nicht bereit, Elisabeths Leben darauf zu verwetten. Also schlich ich so leise, wie ich konnte, zur Tür. Deren Griff gab keinen Laut, als ich ihn herunterdrückte, doch bemerkt wurde ich dennoch. „Da bist du ja endlich“, begrüßte mich Gilgameshs Stimme, noch bevor ich den König der Helden überhaupt sehen konnte. Mit einer Mischung aus Ärger und Erleichterung seufzte ich und stieß die Tür auf. „Mein König, welch unerwarteter Besuch“, kommentierte ich seine Anwesenheit trocken. Der gereizte Unterton meiner Stimme entging dem blonden Heldengeist sichtlich nicht, denn er hob vielsagend eine Braue, sagte jedoch nichts, sondern wandte sich vielmehr wieder seinem goldenen Weinkelch zu. „Ihr habt mich lange warten lassen“, galten seine Worte schließlich gleichermaßen Elisabeth, welche nun auch näher trat, wie mir. „Das tut uns schrecklich Leid“, beeilte sich Eli direkt um eine Entschuldigung, die meiner Meinung nach überhaupt nicht nötig war. Wir hatten Gil ja nicht gerade eingeladen. Wenn er meinte, hier herumhängen zu müssen, war das sein Bier. Er sollte lieber froh sein, dass wir nicht sauer waren, weil er schon wieder uneingeladen hier war.

„Möchtest du mit uns Nudelauflauf essen? Den habe ich aus Onkel Marlins Mensa mitnehmen dürfen“, bot mein Master an, als müsse sie Wiedergutmachung leisten. Gilgameshs Züge wurden sofort sanfter. Mit einer beiläufigen Geste winkte der König der Helden ab und hielt sich dabei vermutlich noch für großmütig. „Iss du nur, kleine Elisabeth, damit du zur Frau heranwächst. Der Wein meiner Dienerin wird genügen, um mich wohlwollend zu stimmen.“ Bei diesen Worten wanderte Gilgameshs Blick zu mir. Ein Teil von mir hatte nicht übel Lust, herauszufinden, ob Heldengeister ertrinken konnten. Gil wäre sicher der erste König, der an Wein ertrank, und könnte damit glatt noch einmal in die Geschichte eingehen. Ich zwang mich zu einem Lächeln. „Natürlich, Majestät“, presste ich hervor und sah dann zu Elisabeth. „Mach du dir ruhig den Auflauf heiß, wenn du Hunger hast, ja?“ Eli sah mich mit großen Augen an, blickte dann zu Gilgamesh, schließlich zurück zu mir und nickte dann, bevor sie in der Küche verschwand. Ich hingegen schnappte mir ohne Federlesens die Glaskaraffe aus der Vitrine und stiefelte damit demonstrativ ins Bad, um sie mit Wasser zu füllen. Zurück im Wohnzimmer stellte ich das Gefäß auf den Tisch und setzte mich direkt davor. Hoffentlich würde der Zauber mir heute erneut gelingen. Wenn nicht, müsste ich mir etwas überlegen. Nervös schluckte ich, den Blick auf die klare Flüssigkeit fixierend, während die Worte des Zaubers geflüstert über meine Lippen kamen. Im ersten Moment schien überhaupt nichts zu passieren, doch gerade, als ich erwog, die Formel noch einmal zu sprechen, verfärbte sich das Wasser dunkelrot. Auffordernd hielt mir Gilgamesh seinen Kelch hin, den ich wortlos füllte. Erstick dran, arroganter Fatzke, grollte ich im Stillen.

„Hervorragend. Nicht weniger habe ich erwartet“, sinnierte Gil, nachdem er gekostet hatte. „Du erweist dich durchaus als nützliche Dienerin, Daelis.“ Meine Augen verengten sich misstrauisch. Irrte ich mich, oder hatte Gilgamesh mich gerade zum ersten Mal beim Namen genannt? Den kannte er eigentlich schon eine ganze Weile, aber bisher war ich immer mit „Caster“ betitelt worden, soweit ich mich nicht täuschte. Was hatte ihn auf einmal zu diesem Wechsel bewogen? Nicht, dass ich mich beschweren wollte, aber es war zu auffällig, um es nicht zu bemerken. „Mach so weiter und du wirst auch zukünftig in der Gunst deines Königs stehen“, fuhr Gil fort, der offenbar sowieso keine Antwort erwartet hatte. „Und dann wird auch dein sehnlichster Wunsch in Erfüllung gehen und der deines kleinen Masters ebenfalls.“ Ein herablassendes Lächeln zog sich über Gilgameshs Lippen. Mein sehnlichster Wunsch. Was wusste er schon davon? Er hatte immer alles gehabt, was er wollte, und wenn nicht, hatte er die Macht besessen, es sich zu nehmen. Was ich wollte, lag jedoch in unerreichbarer Ferne. Verkniffen starrte ich ihn an und zwang mich, ruhig durchzuatmen. So einfach war es nicht, das wusste ich. Auch Gilgamesh wünschte sich bestimmt etwas, das genauso unmöglich war, wie mein Wunsch. Wir beide hatten jemanden verloren, hatten jemanden nicht retten können, der uns lieb und teuer war, und gäben alles dafür, diese Person wiederzusehen. Doch wir beide wussten auch, dass die Toten nicht ins Leben zurückkehren sollten, war es doch wider der Natur.

Vielleicht sollte ich die Gelegenheit lieber nutzen, dass der König der Helden bei guter Laune war. „Erlaubt mir eine Frage, mein König“, ergriff ich das Wort und hatte sofort die volle Aufmerksamkeit des Angesprochenen, der mich musterte und schließlich nickte, als brauche ich wirklich seine Zustimmung, um weiterzusprechen. „Gibt es unter all Euren Schätzen womöglich eine magische Feder?“, fragte ich direkt heraus. Darum, sie mir zu geben, wagte ich nicht, direkt zu bitten. Sonst könnte die Laune des Königs der Helden schneller kippen, als mir lieb sein konnte. „Tch, was für eine närrische Frage“, amüsierte sich Gilgamesh ungehemmt. „Die ungezählten Schätze in meiner Schatzkammer überragen selbst meine Kenntnis längst bei weitem. Ich weiß es also nicht, auch wenn ich bezweifele, dass ein solch nichtiges Kleinod es wert wäre, als Schatz zu gelten, der seinen Weg zu mir fände“, winkte er das Thema ab, als wäre es nichts. „Wenn dies dein Wunsch an den Gral sein sollte, enttäuschst du mich, Caster“, fuhr der König der Helden fort, mich nun mit seinen roten Augen fixierend. Ich schüttelte den Kopf. „Ist es nicht. Mein Wunsch ist unendlich viel größer, unendlich viel komplizierter und kein Zauberer der Welt könnte vollbringen, wonach ich verlange. Eine magische Feder ist daneben wie ein einziger Tropfen Wasser in der Wüste“, erklärte ich bestimmt, was mir ein zufriedenes Nicken des Archer-Servants einbrachte, der nun wieder von seinem Wein trank. „Sehr gut. Du wirst mir noch viel Freude bereiten“, lachte er leise in sein Getränk. Mir lief ein eisiger Schauer über den Rücken. Warum nur hatte ich das Gefühl, dass das nichts Gutes war?

Die Großzügigkeit des Königs der Helden

„Ich bin gespannt, welche Tiefen deiner Seele sich offenbaren werden, wenn du deinen Wunsch äußerst“, amüsierte sich Gilgamesh mit einem süffisanten Lächeln, für das ich ihm am liebsten ins Gesicht geschrien hätte. Wie konnte er nur so viel Spaß daran haben, mich zu erpressen? Machten wir uns nichts vor, er wusste ganz genau, dass er das tat und Reue fühlte er darüber ganz bestimmt nicht. Vermutlich fand er es ganz selbstverständlich, dass Eli und ich uns seinen Launen unterwarfen, weil er der Mächtigere und ein König war. Ohnehin glaubte er ja, die Welt sei sein Garten, über den selbstverständlich niemand außer ihm herrschen konnte. Wie konnte ein einzelnes Wesen nur so unglaublich von sich eingenommen sein? Hatte ihn als Kind jemand fallen lassen? Hatte Enkidu ihm vielleicht einmal zu oft auf den Kopf geschlagen? Oder hatte die Pubertät ihn ruiniert und aus dem einst süßen Jungen – halt nein. Ich wusste ja, dass das nicht stimmte. Kid Gil sah zwar niedlich aus und konnte ziemlich gut den zuckersüßen Unschuldsengel spielen, aber er war verdammt nochmal schon ein Gilgamesh und brachte die geballte Arroganz des Königs der Helden bereits mit. Wusste der Himmel, was bei Gil schiefgelaufen war. Vielleicht war er letzten Endes auch einfach nur viel zu lange mit diesem Verhalten durchgekommen, weil niemand die Stärke besessen hatte, sich ihm zu widersetzen und das zu überstehen. Im Grunde war es ja so auch der vorigen Besitzerin meines Zauberbuchs ergangen. Anstatt Gil um Hilfe anzuflehen, hatte sie die Sache selbst in die Hand nehmen wollen oder müssen. Ich glaubte nicht, dass der König der Helden ihr geholfen hätte, hätte sie nach Schutz für ihr Dorf verlangt. Nicht ohne, dass dieses sich seinem Reich eingliederte und unterwarf. In gewisser Weise war sie mit dem Preis – nämlich sich selbst – vielleicht noch günstig weggekommen. Gilgamesh musste sie wirklich unterhaltsam gefunden haben, wenn er sich damit hatte abspeisen lassen. Wäre das auch mein Schicksal? Würde ich den Hofnarren für den größten Egozentriker aller Epochen spielen, nur um zu überleben? Ich hasste es, das zuzugeben, aber die Antwort lautete vermutlich Ja.

„Ich fürchte“, antwortete ich ein wenig zu spät, „dass Euch die Tiefen meiner Seele nicht sehr spannend erscheinen werden.“ Und verdammt nochmal, ich hoffte das auch! Wenn ich irgendetwas wirklich nicht gebrauchen konnte, dann, dass Gil sich an dem ergötzte, was mir etwas bedeutete. Ich wollte nicht hören, wie er sich über alles lustig machte, das ich schätzte und ich glaubte auch nicht, dass ich mich dann noch beherrschen könnte. Wenn er auf die Idee käme, einen abfälligen Kommentar beispielsweise über das Ableben meiner Mutter oder meine finanziellen Sorgen zu machen, würde ich ihm vielleicht ungehemmt ins Gesicht springen und um mal so richtig den Marsch blasen. Täte ihm vielleicht sogar mal ganz gut, wenn ich so darüber nachdachte. Noch war ich jedoch nicht bereit, das Risiko einzugehen und die Folgen zu tragen. Ätzender als ein gut gelaunter König der Helden war ein schlecht gelaunter König der Helden. Eines Tages, tröstete ich mich, eines Tages würde ich diesem Kerl sagen, was ich von seinem Verhalten hielt und dass er mich mal kreuzweise konnte. „Erstaunlicherweise sind es meist die interessanten Leute, die dergleichen behaupten“, riss Gilgameshs Erwiderung mich aus meinen Gedanken. Seine Worte jagten mir einen unangenehmen, eiskalten Schauer über den Rücken. Wäre es nicht so gefährlich, ihm langweilig zu werden, hätte ich das vermutlich vorgezogen. „Nun, noch müsst Ihr Euch gedulden, mein König. Ihr erfahrt meinen Wunsch zur rechten Zeit.“ Nämlich dann, wenn ich den Gral in den Händen hielt. Bis dahin war es besser, wenn niemand wusste, dass ich aus einer anderen Welt oder etwas in der Art stammte und Wissen über viele Heldengeister mitgebracht hatte, dass ich unter normalen Umständen niemals hätte haben dürfen. Auch wenn mich dieser Fakt ganz bestimmt interessant für Gil gemacht hätte. Nicht, weil er sich Sorgen wegen der anderen Helden machte, sondern weil meine Anwesenheit bewies, dass es andere Realitäten gab.

„Bis dahin, Caster, schenk mir nach. Wir werden amüsante Zeiten miteinander verbringen“, hielt mit Gil seinen goldenen Kelch entgegen. Stumm folgte ich seiner Aufforderung, dem Drang widerstehend, ihm den Inhalt der Karaffe einfach ins Gesicht zu kippen. Wollte er wirklich die gesamte Karaffe leeren? Jeder normale Mensch wäre danach so dermaßen dicht, dass er nicht einmal mehr aufstehen könnte, geschweige denn gerade gehen. Aber Gil war ja Gewohnheitstrinker mit göttlichem Erbe, für ihn war das offenbar kein Problem. Zu gut erinnerte ich mich an die Szene aus Fate/Zero, in der ich zunächst zum Scherz die leeren Weinflaschen um ihn herum gezählt hatte. Ich war auf 18 gekommen. Für jemanden, der noch keine Woche dort herumgehangen hatte eine überaus bedenkliche Menge und dennoch hatte ich nie das Gefühl gehabt, Gil wäre besoffen gewesen. Vielleicht irrte die Serie da aber auch im Gesamten und Gil war einfach immer betrunken. Wie gut, dass er schon ein Geist war, sonst würde seine Leber bestimmt bald versagen und er an einer Zirrhose sterben. Ob das vielleicht sogar seine Todesursache gewesen war? Besser, ich kniff mir die Frage. Soweit ich wusste, war Gilgamesh sehr alt geworden und im hohen Alter gestorben. Welcher Held konnte das schon von sich behaupten? In gewisser Weise war allein dieser Fakt schon beeindruckend, auch wenn ich ihm das niemals auf die Nase binden würden.
 

„Setz dich zu mir, Daelis.“ Ich erstarrte, die Karaffe noch in der Hand, den König der Helden perplex anstarrend, der mich mit einem – es sollte wohl ein wohlwollendes – Lächeln ansah. Als ich nicht sofort reagierte, hob Gilgamesh eine Braue. „Worauf wartest du?“ Jetzt klang er ein wenig ungeduldig, sodass ich die Karaffe behutsam auf dem Wohnzimmertisch abstellte, ehe ich der Aufforderung Folge leistete. Ein gutes Gefühl hatte ich dabei allerdings nicht. Entspannt war ich wirklich nicht, als ich mich neben dem goldenen König auf dem Polster niederließ, was ihm offenkundig nicht entging. „Wovor fürchtest du dich?“, raunte Gil mir grinsend entgegen, bevor er aus seinem Kelch trank. „Du sitzt da wie ein ängstliches Tier unter den Augen seines Jägers, bereit jeden Moment aufzuspringen und davonzulaufen, nur um dann doch erlegt zu werden.“ Na, vielleicht weil ich mich genau so fühlte? Unsicher rutschte ich auf meinem Platz herum, die Hände im Schoß gefaltet. „Du kannst gerne versuchen, fortzulaufen. Weit wirst du nicht kommen“, fuhr Gilgamesh gelassen fort. Wie beruhigend. „Aber womöglich genießt du es ja, wenn dein König dich einfängt.“ Entgeistert starrte ich Gilgamesh an, dem diese Situation eindeutig zu viel Spaß machte. Sein Mundwinkel zuckte so verräterisch. Womöglich würde ich es genießen, meinem König ins Gesicht zu schreien. Stumm blickte ich Archer mit betont gleichgültiger Miene an oder versuchte das zumindest, denn nach Gilgameshs Blick zu urteilen, war mein Erfolg eher mäßig. Wahrscheinlich sah man mir genau an, was ich dachte. „Gibt es einen bestimmten Anlass für Euren Besuch?“, wechselte ich das Thema einfach, betend, dass Gil es dabei beließe und einfach zum Punkt kam, sofern es denn einen gab und er nicht wieder nur hier herumhing, weil sein eigener Master ihn ins Grab langweilte. „Betrachte es als Geste meines guten Willens, gewährt euch doch schon meine Anwesenheit hier auch außerhalb der Ausgangssperre Schutz.“ Arroganter Fatzke. Leider hatte er nicht Unrecht. Solange ich nutzlos war, war er der perfekte Schild und wir wären schön blöd, uns nicht hinter ihm zu verkriechen. Leider hatte dieser Schild innen Dornen und ich war noch nicht sicher, ob ich genug Korken zur Hand hatte, um die zu entschärfen.

„Verstehe“, seufzte ich mehr zu mir selbst als an Gilgamesh gewandt, der meine Worte ohnehin ignorierte und stattdessen meinte: „Auch wenn du einer Dienerin des Königs der Helden kaum würdig gekleidet bist.“ Mimimi. Nöl halt noch herum. Das war halt offenbar das Servantoutfit, das es gratis zum Buch dazugab. War ja nicht so, als hätt ich drum gebeten. Es kostete mich alle Selbstbeherrschung, nicht mit den Augen zu rollen. Wenn meine Robe sein einziges Problem war, musste ich mir wohl keine allzu großen Sorgen darüber machen, dass er in Betracht zog, Eli und mich loszuwerden. „Ich werde mich um etwas Anderes bemühen“, erklärte ich halbherzig und hatte absolut nicht vor, diese Zusage einzuhalten. Einen Scheiß würde ich tun. Die Sachen waren bequem und hielten, auch wenn das vermutlich nicht nötig war, warm. Wieso sollte ich Heckmeck betreiben, nur weil Gil es nicht hübsch genug fand? Sollte ich vielleicht so wie er in einer unpraktischen Goldrüstung herumhopsen? Da könnte ich mich auch gleich in Neonleuchtreklame kleiden, so auffällig wie die war. Auf gar keinen Fall! Selbst er wollte sein Blingblingoutfit ja nicht dauernd tragen und hing hier in Stoffhose und rotem Mantel ab. Wenn er Partnerlook tragen will, sollte er sich halt drum kümmern. Als hätten wir alle hier nichts Besseres zu tun, als uns um Mode zu scheren! Aber er wusste schon noch, dass hier ein Gralskrieg lief, oder?
 

„Ich werde bis zum Morgengrauen hier verweilen.“ Das hatte ich mir schon gedacht. „Ich bin gewiss, es wird eine unterhaltsame Nacht.“ Für ihn vielleicht. Aber für mich bedeutete das, dass ich die ganze Nacht den Hampelmann für Gil spielen musste, während der so eifrig becherte, dass selbst die hartgesottensten Alkoholiker nicht mithalten könnten. Dagegen half kein Entzug mehr. Gilgameshs Leber war schon wirklich hartgesotten, wenn sie dauernd literweise Wein zerlegen musste, weil der König der Helden eher der König der Trinker war. Wenn der wirklich vorhatte, die ganze Nacht so weiterzumachen, sollte ich vielleicht beten, dass sich Cú Chulainn heute auch hierher verirrte. Oder ich musste mittrinken, denn ich war wirklich nicht sicher, ob ich Gils Ego so lange nüchtern ertrug. Zum Glück konnte wenigstens Eli die Zeit verschlafen, sonst wäre Gilgamesh auch noch ein schlechtes Vorbild für das arme Kind. Sie musste ja nicht wissen, wie versoffen er war. Schlimm genug, dass Merlin als ihr Onkel auftrat und sie sich an seinem Verhalten orientierte. An mir war vielleicht auch nicht unbedingt ein Vorzeigeerwachsener verloren gegangen, aber neben den beiden war ich wirklich harmlos. Dass mein kleiner Master Gilgamesh tatsächlich wie einen König behandelte, mochte dem goldenen Archer gefallen, aber meiner Meinung nach puderte das sein Ego nur unnötig. Gleichzeitig war ich selbst auch nicht besser, schließlich fügte ich mit Gilgameshs Wünschen ebenfalls, wenn auch nicht ohne Hintergedanken, die mir vielleicht am Ende in den Hintern beißen würden, wenn Gil es sich überlegte und Eli und mich einfach hängen ließ. Wer sollte ihn daran hindern? Ich? Wohl eher nicht.

Ich hatte wohl geistesabwesend ins Nichts gestarrt, denn plötzlich tauchte ohne jeden Kommentar ein goldener Becher direkt vor meiner Nase auf. „Widme deine Aufmerksamkeit mir, kleine Caster. Ich schätze es nicht, wenn man mich ignoriert.“ Ein eiskalter Schauer lief mir über den Rücken und ich schluckte mühsam den Kloß herunter, den diese wenig verhohlene Drohung in mir ausgelöst hatte. Eilig griff ich wieder nach der inzwischen nur noch halb gefüllten Karaffe mit Wein und bemerkte auch erst jetzt, dass Eli ins Wohnzimmer schlich. Während ich König Egos Becher füllte, setzte sich mein kleiner Master uns gegenüber und breitete einen Stapel Papier vor sich aus, dessen weiße Oberfläche bläulich schimmerte. Es erinnerte mich ein wenig an die Bastelpappe, die ich eine Zeitlang mit größter Begeisterung auf die Rückseite jeder meiner KaKAO-Karten geklebt hatte. Neugierig sah ich zu Eli herüber, die in aller Seelenruhe ihre Federmappe öffnete und ein buntes Sammelsurium an Stiften herauskramte, die sie auf dem Tisch verteilte. Ich hatte gar nicht gewusst, dass an meinem Master eine kleine Künstlerin verloren gegangen war. Als sie dann jedoch begann, mit einem Stift nach dem anderen einen Strich auf dem Papier zu machen – oder das zumindest versuchte, denn auf dem Papier blieb die Farbe unsichtbar – verstand ich gar nichts mehr. War das irgendeine Art Trickpapier und die Farbe wie Zitronensaft, sodass man sie nur sah, wenn man sie mit einer Kerze erwärmte?
 

Offenbar hatte Elisabeths seltsames Malzeug nicht nur meine Aufmerksamkeit erregt. Auch Gilgamesh beobachtete neugierig, wie mein kleiner Master mit Stift und Stift die Prozedur wiederholte, obwohl das Papier keine Spur von Farbe zeigte. Konnte sich der König der Helden etwa einen Reim darauf machen oder war er genauso planlos wie ich? Sollte ich ihn einfach fragen? Nein. Auf gar keinen Fall. Ich war mir ohnehin fast sicher, dass Elis unsichtbare Zeichnungen etwas mit Merlin zu tun hatten und ganz bestimmt wollte ich den König der Helden darauf nicht ansetzen. Ohnehin wäre seine Antwort garantiert zu nichts zu gebrauchen, egal ob er nun wusste, warum Elis Stifte keine sichtbaren Linien hinterließen, oder nicht. So wie ich Gil einschätzte, würde er mich verhöhnen, wenn er Merlins komischen Test verstand, und dumme Sprüche reißen, wenn er genauso wenig wie ich wusste, was hier vor sich ging. Auf beides konnte ich getrost verzichten. Also wandte ich mich Eli zu, die völlig auf ihr Tun konzentriert war. „Ist das eine Aufgabe von Onkel Marlin?“, erkundigte ich mich bei meinem Master, die verwundert zu mir aufsah, dann zu Gilgamesh blickte und erst dann antwortete: „Ja, das sind meine Hausaufgaben. Wenn ich sie bis morgen erledigen kann, gibt er uns ein Eis aus“, strahlte das Mädchen mich mit großen Augen begeistert an. Ah, damit hatte Merlin sie also bestochen. Kinder waren manchmal wirklich einfach. Doch dieses Mal würde ich dem Magier der Blumen ausnahmsweise mal nicht in die Parade fahren.

„Das hast du dir dann ja auch redlich verdient, wenn du heute so fleißig bist“, lobte ich Eli mit einem Lächeln, Gilgameshs leises Lachen ignorierend. Wehe, er sagte jetzt etwas Falsches! Eli war noch ein Kind, darauf könnte er wirklich ein wenig Rücksicht nehmen. „Übe weiter, dann wird es dir gelingen“, tönte der König der Helden dann jedoch, bevor er sich wieder zurücklehnte und sich seinem Wein widmete. Er machte es einem wirklich nicht leicht, guten Gewissens zu lächeln. „Wenn sogar der König der Helden deinen Fleiß lobt, wird Onkel Marlin bestimmt nicht anders können, als auch sehr stolz auf dich zu sein“, ergänzte ich, Elisabeth aufmunternd zunickend, wobei ich meinen Blick nur schwer von dem Papier vor ihr lösen konnte. Darauf war noch immer nichts zu sehen, doch ich konnte das Gefühl nicht abstreifen, dass ein seltsames Kribbeln davon ausging. Obwohl ich nichts sah, war ich mir dennoch sicher, dass dort etwas war. Beinahe, als könnte ich es hören oder riechen, nur mit einem weiteren, neuen Sinn. Erst jetzt fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Natürlich! Die Aufgabe kam von Merlin und war selbstverständlich eine für angehende Magier! Ich sah nichts und natürlich nahmen auch meine anderen menschlichen Sinne nichts wahr, aber das war auch verständlich, denn was hier reagierte, waren meine übernatürlichen Sinne als Geist. Ich spürte Mana! Mit einem Mal sah ich Elisabeths Hausaufgaben mit ganz anderen Augen. Zeigte das Papier womöglich nur Farbe, wenn sie genug Mana in den Stift fließen ließ? Oder brauchte es eine bestimmte Technik, damit die Farbe auf dem Papier aktiv wurde? Irgendwo daran war auf jeden Fall ein Haken, ich wusste nur noch nicht wo. Wieder kam mit der Geheimtinte-Gedanke, doch dann würde Eli bestimmt nicht nur einzelne Linien mit jedem einzelnen Stift malen. Wieso also wechselte sie die Stifte? War vielleicht einer davon von Merlin verzaubert worden und sie suchte nun genau diesen?
 

Gespannt beobachtete ich Elisabeth, die nun nach einem pinkfarbenen Stift griff, auf dessen oberem Ende ein kleiner rosafarbener Teddy saß. Wow, das war mit Abstand das kitschigste Schreibwerkzeug, das mir je untergekommen war. Hässlich war ja gar kein Ausdruck. Natürlich behielt ich diese Meinung für mich. Eli war noch ein Kind und solange ihr das grausige Teil gefiel, war es in Ordnung. Resigniert wollte ich mich wieder zurücklehnen, um den König der Helden mit Fragen zu seinem Leben zu löchern, als sich genau dieser hässliche Stift direkt vor meinen Augen wie von Zauberhand in eine pinkfarbene Feder verwandelte, deren spitzes Ende mit filigranem Gold umwoben war und tatsächlich eine Schreibfeder bildete. Mein kleiner Master und ich fuhren gleichzeitig vor Überraschung zusammen, doch Eli fasst sich schneller als ich. „Ich hab es geschafft!“, freute sie sich ausgelassen und hielt die Feder stolz empor. Wie hatte sie das gemacht? Und warum? War das das, was ich glaubte? Mein Hirn raste nur so, während ich Elisabeth und ihre neue Schreibfeder anstarrte wie eine Kuh, wenns donnert. Hatte diese Lektion Merlins womöglich gar nicht ihr, sondern vielmehr mir gegolten? Wenn ja, hatte er das zumindest nach außen gut verpackt, das musste ich dem Magier der Blumen zugestehen. Immerhin hätte er auch einfach in die Welt hinausposaunen können, was für ein planloser und unfähiger Caster ich war, dass ich nichts von magischen Federn wusste. Stattdessen jedoch war ausgerechnet heute rein zufällig Elisabeth dazu gekommen, eine zu erschaffen. Zumindest war ich davon fest überzeugt, während mein Blick nun mehr an der Feder als an meinem Master heftete. Man musste sie also selbst erschaffen. Deshalb hatten mir Diogenes und Merlin keine geben können. Von Cú gar nicht erst zu sprechen, der ja selbst nichts darüber wusste. Ich bereute noch immer, ihn überhaupt gefragt zu haben.

„Guck, Caster, ist die nicht wunderschön?“, wollte Eli von mir wissen, die sich mit strahlenden Augen über den Tisch gebeugt hatte, um mir die magische Feder direkt vor die Nase zu halten, damit mir auch ja nicht das kleinste Detail entging. „Wunderschön.“ Furchtbar. Ein absoluter Alptraum. Warum nur Pink? Von allen Farben dieser Welt, wieso eine, die so grell war, dass man lieber in das Fernlicht eines LKWs schaute? Wenigstens war der Teddy verschwunden. „Bestimmt hat Onkel Marlin nicht gedacht, dass ich so schnell eine magische Feder erschaffen kann“, lobte sich Eli selbst, noch immer auf meine Antwort wartend, die wirklich ein wenig verzögert kam, weil ich zu sehr in meinem eigenen Gedankenkarussell festsaß. „Das hast du wirklich sehr, sehr gut hinbekommen, Master“, lobte ich Elisabeth spät, aber absolut aufrichtig. Sie hatte nicht nur eine für sie schwierige Aufgabe gelöst und etwas Tolles geschafft, sondern auch mir den Weg gewiesen. Zwar wusste ich noch nicht genau, wie die Bedingungen waren, damit aus einem potthässlichen Stift eine magische Feder wurde, die einen mit ihrer grellen Farbe schier blendete, aber immerhin hatte ich einen Ansatzpunkt. Man musste Mana in einen Stift leiten. Und irgendetwas war noch mit diesem Papier von Merlin. Bestimmt war es ein Indikator oder etwas in der Art. Davon sollte ich mir heute Nacht auf jeden Fall eines beiseitelegen, um daran zu arbeiten, mir auch eine magische Feder zu erschaffen. Morgen. Wenn Gilgamesh weg war. Ich wollte auf gar keinen Fall, dass der König der Helden mit dabei zusah und meine Bemühungen mit dummen Kommentaren salzte.
 

„Gelungen“, kommentierte nun auch Gilgamesh Elisabeths magische Feder und klang dabei genauso überheblich wie bei fast allem, ganz so, als wolle er mitteilen, dass er das selbstverständlich besser könne, aber die Leistungen für einen nutzlosen Fußabtreter wohl ganz annehmbar seien. Kein Wunder, dass er außer Enkidu keine Freunde gehabt hatte, und wussten die Götter, die ihn erschaffen hatten, wie er sich mit Gil hatte arrangieren können. Vielleicht musste man einfach in der Lage sein, mit einem Baum nach dem König der Helden zu schlagen, um ihn nicht nur als hochmütigen Egomanen kennenzulernen. Ob vielleicht auch ein Busch reichte? Den könnte ich bestimmt auch noch schwingen, aber bei einem ganzen Baum sah ich schwarz. Der Gedanke, Gil einen Geranienbusch um die Ohren zu hauen, war schon ziemlich verlockend. Allein das dumme Gesicht, dass er ob so einer Beleidigung zöge, wäre es fast wert. Allerdings wäre so ein Move mein Todesurteil und das wiederum brächte auch Elisabeth in Gefahr. Andersherum könnte es auch ihre Rettung sein. Wenn ich verschwand, könnte sie Master eines anderen Servants werden, dessen Master ins Gras gebissen hatte. Und dabei wäre es auch völlig egal, wer ihr Servant würde: Jeder wäre nützlicher als ich, einfach jeder. Daran änderte auch das Noble Phantasm, über das ich – na ja, das Buch – verfügte nichts, egal wie mächtig es war. Sobald es zu einem echten Kampf käme, wäre ich absolut nutzlos. Ich gab es ungern zu, aber diese Schwäche glich Gilgamesh problemlos wieder aus. Bei ihm war eher das Problem, ihn dazu zu bringen, das auch zu tun. Meistens stand er ja nur herum, spuckte große Töne und zerlegte das Ego jeden Heldens, der seinen Weg kreuzte. Die Male, die ich ihn wirklich ernsthaft hatte kämpfen sehen, konnte ich problemlos an einer Hand abzählen. Leider zeigte dieser Umstand aber auch, wie mächtig der König der Helden war.

„Jetzt sieht man auch mein Bild!“, riss Elisabeths fröhliche Stimme mich aus meinen eher finsteren Überlegungen und lenkte meine Aufmerksamkeit von Gilgamesh zu dem nunmehr bunt bemaltem Blatt Papier, welches mein kleiner Master mit beiden Händen hoch und uns Servants entgegenhielt. Verdattert starrte ich die beiden abgebildeten Figuren an. Gilgamesh lachte, während mein Hirn noch versuchte, zu verarbeiten, was ich da sah. „Mh, Casters Rundungen sind eigentlich ausgeprägter, doch man ihr Haar hast du hervorragend getroffen, kleine Elisabeth“, lobte der König der Helden amüsiert. Er lehnte sich vor, um das Kunstwerk genauer zu inspizieren. Wäre es kein Papier, sondern eine Torte, hätte ich ihn mit dem Gesicht voran reingedrückt, ungeachtet der möglichen Folgen. „Oh, aber ich habe mich ganz vergessen“, meinte Elisabeth plötzlich, während ich noch wie versteinert das Bild anstierte. „Wenn ihr heiratet, streue ich natürlich Blumen!“, ereiferte das Mädchen sich aufgeregt. „Natürlich“, kommentierte Gilgamesh gelassen. Sonst ging’s ihm gut, ja? War der etwa schon angeschickert vom Wein, dass er Eli in diesem Unfug auch noch bestärken musste? „Das Bild ist wirklich schön, Master“, rang ich mich zu einem Lob durch. „Allerdings bin ich sicher, dass du lange vor mir heiraten wirst.“ Oder vor König Ego. Früher hatten seine 200 Ehefrauen vielleicht keine Wahl gehabt, doch diese Zeiten waren vorbei. Mitleidig dachte ich an Saber, die so nachhaltig Ziel seiner fragwürdigen Avancen geworden war. Besonders der Speer im Bein am Ende der Serie war mir gut in Erinnerung geblieben. Sehr romantisch Gil, sehr romantisch. Komisch aber auch, dass sie da nicht schmachtend zugestimmt hatte, ihn zu heiraten. Nachsichtig lächelte ich Elisabeth an, die jedoch zog eine Schnute. „So lange wird der König dich bestimmt nicht warten lassen“, echauffierte sie sich und entlockte damit nun auch mir ein schlecht unterdrücktes Lachen. Süß, dass sie sich da um meine Ehre sorgte. „Mach dir darum keine Sorgen, Master“, winkte ich eilig ab, bemüht darum, nicht weiterzulachen. Die arme Eli ahnte ja nicht, wie absurd ihre Ideen zu Gil und mir waren. Sie scheiterten schlichtweg hoffnungslos an der Realität.
 

„Meine eigene, magische Feder!“, wirbelte mein kleiner Master aufgeregt durchs Wohnzimmer, die pinke Feder in den Händen, als wäre sie ihr Tanzpartner. Gil und mir schenkte sie schon gar keine Aufmerksamkeit mehr, so aus dem Häuschen war sie. Schmunzelnd beobachtete ich sie dabei und konnte nicht umhin, ausnahmsweise auch dem Magier der Blumen stumm für diesen Hinweis zu danken. Den hätte er mir zwar auch direkt geben können, aber das hier war besser als nichts. „Sie ist wirklich talentiert für ihr Alter“, drang Gilgameshs Stimme an mein Ohr. Der König der Helden saß so nah neben mir, dass er nur zu flüstern brauchte, damit ich jedes Wort verstand. Verwundert sah ich zu ihm. Er grinste mich an. „Mir gelang es erst spät, meine magische Feder zu erschaffen – trotz all der Schreibwerkzeuge, die ich zu jenen Zeiten bereits mein eigen nannte.“ Du bist ja auch kein Magier, sondern ein verdammter Halbgott! Wozu brauchte er überhaupt eine magische Feder? Normalerweise löste er seine Probleme doch einfach damit, den Inhalt seiner Schatzkammer wie durchgedrehtes Flak-Geschütz auf alles zu feuern, das ihm lang genug im Weg stand. Wie er damit ein Archer geworden war, war mir immer noch suspekt. Aber vermutlich hatte einfach keine andere Klasse besser gepasst und er so war er per Ausschlussverfahren als Archer geendet – und später dann als Caster, auch wenn ich den Teufel täte, um ihn das zu erzählen. Der Joke ging eh auf seine Kosten. Caster, weil er so viele magische Gegenstände besaß, und nicht, weil er ein Magier war. Ob da manch richtiger Caster wohl etwas angepisst war?

Ich schnaubte leise und wandte den Blick wieder zu Eli, die ihre Feder im Licht der Flurlampe begutachtete, wie wir durch die offenstehende Tür sehen konnten. Schlimm genug, dass Gil eine magische Feder hatte erschaffen können, während ich bis vor kurzem noch geglaubt hatte, ich müsste mir eine von ihm leihen. „Nun, nicht jedem gelingt es.“ Ja, danke. Bohr doch noch ein wenig in der Wunde. „Das passende Schreibwerkzeug muss schließlich mit dem eigenen Mana im Einklang stehen, und das rechte zu finden, kann eine Suche von Jahrzehnten sein. Dein Master hat also nicht nur Talent bewiesen, sondern auch Glück gehabt.“ Sobald er seinen Arsch hier wegbewegt hatte, würde ich auf jeden Fall auch versuchen, eine magische Feder zu erschaffen, damit ich endlich eigene Zauber schreiben konnte. Vielleicht würde der erste beinhalten, Cú einen Keuschheitsgürtel oder Gil einen Knebel anzulegen. Mir zumindest schien alles davon eine gute Idee. Vielleicht könnte ich auch Merlin an die Decke tapen. Dafür bräuchte ich nicht einmal Magie, sondern nur ein paar Rollen Panzertape. Auf jeden Fall erschien mir das praktikabler und einfacher, als eine magische Feder herzustellen. War ich überhaupt ein Magier? Wenn nicht, konnte ich mir die Mühe mit der Feder eigentlich auch gleich sparen. Bisher hatte ich auch nur die Kraft des Zauberbuchs leihen können, wenn es der geklebten Zettelwirtschaft gerade in den Kram passte. Vermutlich war es naiv zu hoffen, eine magische Feder könnte das ändern und mir erlauben, auch ohne das Buch zu agieren. Im Moment war ich ja nicht mehr als ein besserer Buchständer, ein laufendes Regal mit Sprachfunktion. Na ja und für Gilgamesh ein Weinspender. Toll, was für ein Traumjob.
 

Ohne jede Vorwarnung fiel etwas direkt neben mir aus einem goldenen Portal klappernd auf den Wohnzimmertisch. Es handelte sich um einen kleinen Holzkasten, etwa so lang und dick wie mein Unterarm, verziert mit verschlungenen Mustern in tiefem Rot. Irgendwie erinnerte er mich an die Stricknadelkiste meiner Oma, allerdings war ich ziemlich sicher, dass der König der Helden nicht erwartete, dass ich jetzt anfing, ihm einen Schal zu stricken. „Worauf wartest du, Caster? Tu es deinem Master gleich und erschaffe dir eine magische Feder“, forderte Gilgamesh mich auf, wobei er eine großmütige Geste in Richtung des Kästchens machte, welches ich nun zögerlich öffnete. Darin lagen unterschiedlichste Schreibfedern, einige aus Holz, wieder andere gänzlich aus Metall und einige schienen großen, bunten Vögeln ausgerissen worden zu sein. Dass die meisten davon entweder golden waren oder zumindest goldene Verzierungen aufwiesen, wenn nicht sogar noch kleine Edelsteine, sollte mich wohl nicht weiter wundern. Andernfalls hätten diese Schreibfedern ihren Weg wohl nie in Gils Schatzkammer gefunden. „Du darfst dich glücklich schätzen, dass ich dich dir in meiner Großzügigkeit diese Gefälligkeit erweise. Enttäusche mich nicht, sonst könnte mein Interesse an dir schnell verlöschen.“ Die roten Augen Archers schienen sich wie aufs Stichwort zu verengen, aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Es war selten angenehm, wenn er einen mit diesen schlangenähnlichen, schlitzförmigen Pupillen anstarrte, als habe er längst entschieden, dass man seiner nicht würdig war und jeder Atemzug der Letzte sein könnte. Wäre das Buch nicht, er hätte mich keines Blickes gewürdigt, daran hatte ich nicht den geringsten Zweifel. Wie von selbst glitten meine Finger über die raue Oberfläche des Einbandes, als müsste ich mich daran erinnern, dass es noch da war. Ich brauchte dieses Buch noch mehr, als ich Gilgamesh brauchte.

„Danke“, nickte ich Gilgamesh zu, bevor meine ganze Aufmerksamkeit den unterschiedlichen Schreibwerkzeugen galt. Eine Schreibfeder hatte ich zwar schon benutzt, doch nicht unbedingt häufig. Nach einem Kugelschreiber bräuchte ich in der Schachtel wohl aber nicht suchen, also griff ich wahllos nach der erstbesten Feder, einem schlichten Werkzeug aus Holz mit goldener Feder, die ich behutsam über das bläuliche Papier meines Masters gleiten ließ, darauf konzentriert, Mana in das Schreibwerkzeug zu leiten. Keine einzige Linie zeichnete sich auf dem Papier ab, das ich nachdenklich musterte, ehe ich es beiseiteschob. Wenn ich sowieso testen musste, ob mir dieses magische Kunststück gelang, könnte mir dabei vielleicht das Zauberbuch helfen. Entschieden klappte ich wahllos eine Seite auf und versuchte dann erneut, mit der Feder einen Schnörkel zu malen. Wie jeder andere Schreibversuch auf diesen Seiten blieb auch dieser ohne sichtbares Ergebnis. Wortlos legte ich das Schreibwerkzeug beiseite und nahm das nächste zur Hand. Vor Gil wollte ich mir auf keinen Fall anmerken lassen, wie nervös mich diese Situation machte, nicht zuletzt, weil der König der Helden mich mit aufmerksamen Augen beobachtete. Auch die zweite und dritte Schreibfeder brachten keinen Erfolg. Machte ich das mit dem Mana vielleicht nicht richtig? Ich war sicher, einen bläulichen Schein gesehen zu haben, der durch den Griffel waberte und bisher hatte auch Gilgamesh noch nichts abfälliges gesagt, sodass ich davon ausging, zumindest diesen Schritt richtig zu machen. Aber wie hatte er gesagt? Es konnte Jahrzehnte dauern, bis man das passende Schreibutensil fand. So lange hatte ich nur nicht.

Entschieden tauschte ich erneut die Schreibfeder und dann noch einmal. Man konnte mir sicher nicht nachsagen, dass ich nicht behutsam mit den kleinen Schätzen umging, aber als ich die gefühlt zwanzigste zur Hand nahm, konnte ich mir ein leises Seufzen nicht verkneifen. Das hier würde nichts werden, oder? Wenig hoffnungsvoll zog ich eine Linie übers Papier und erstarrte, als sich plötzlich doch etwas auf den Seiten zeigte. Allerdings kamen die Worte, die sich dort bildeten, nicht von mir, sondern vom Buch selbst, welches sich ungeniert über mich lustig machte. „Willst du das noch lange so weitermachen? Diese schmerzhaften Versuche, in mich zu schreiben, sind ja kaum auszuhalten.“ Blödes Buch. Ich sollte es vielleicht doch einfach anzünden. Grimmig starrte ich auf die beiden Zeilen, die in geschwungener Schrift sichtbar geworden waren, ehe sie verblassten und weiteren Worten platz machten. „Deine Versuche sind so ungeschickt, du musst eine eiserne Jungfrau sein.“ Arschloch. Konnte man ein Buch überhaupt so betiteln? In diesem Moment war mir das herzlich egal. Dem ollen Schinken gab ich eiserne Jungfrau. Weder war ich verklemmt und sexuell frustriert, noch ein Folterwerkzeug, wenngleich ich ziemlich sicher war, dass das Buch nicht auf mittelalterliche Folter hatte anspielen wollen. Anstatt mir zu helfen, musste es selbst jetzt noch rumzicken. Wenn es mir gelänge, eine magische Feder herzustellen, würde ich als Erstes irgendeinen Schund auf diese Seiten klecksen. Entschlossen griff ich nach der nächsten Schreibfeder, einem filigranen Griff aus dunklem Holz mit roten Linien, die sich auch über die goldene Federspitze zogen.

Noble Phantasm 2.0

Am liebsten hätte ich meinen Kopf ein paar Mal kräftig auf den Tisch gehämmert. Da tat Gilgamesh, ausgerechnet er von allen Irren, mit denen ich mich hier mehr oder minder freiwillig umgab, mal etwas Selbstloses und es brachte nichts. Es war zum Haareraufen! Am Ende war die Sammlung des Königs der Helden wohl einfach zu edel für jemanden wie mich. Vermutlich war es naiv gewesen, zu hoffen, eine der Schreibfedern von Gil wäre genau die eine, die sich in meinen Händen in ein magisches Werkzeug verwandeln würde. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr glaubte ich, dass überhaupt kein Schreibwerkzeug dieser Welt in meinen Händen zu einer magischen Feder werden würde, immerhin war ich ja gar keine Magierin – weder jetzt noch zu Lebzeiten. Der echte Caster lag auf meinen Knien und beleidigte mich mit lauter lästernder Bemerkungen, die nach und nach auf den Seiten des Zauberbuchs auftauchten, als habe sie jemand mit geschwungener, eleganter Handschrift, dort hineingeschrieben. Blödes Buch, schimpfte ich gedanklich auf den eigensinnigen Servant. Warum hatte es auch ausgerechnet mich in diesen verfluchten Gralskrieg ziehen müssen? Ich hatte ja wirklich nicht darum gebeten. Und anstatt mir zu helfen, machte es sich meistens nur über mich lustig. Die Male, die es getan hatte, was ich wollte, konnte ich problemlos an einer Hand abzählen. „Nerv nicht“, zischte ich das Buch kaum hörbar an, als es mir an den Kopf warf, dass ich mich vielleicht lieber dem König der Helden widmen sollte, anstatt weiterhin seine und meine Zeit mit meinen erbärmlichen Versuchen, eine magische Feder zu erschaffen, zu verschwenden. Wer zur Hölle hatte dieses Buch erschaffen, dass es sich benahm wie der letzte Vollarsch? Memo an mich: Das Ding in die Toilette tunken, wenn absehbar ist, dass wir den Krieg verlieren oder Gil den Rest übernimmt. Eines von beidem würde eintreten, es gab quasi keine andere Option, und wenn ich ehrlich war, lag meine Hoffnung eher auf Gilgamesh als dem eigenwilligen Zauberbuch.

Entmutigt legte ich die nächste von Gils Schreibfedern beiseite. Ein paar waren noch übrig, doch meine Erwartungen waren nicht besonders hoch. Meine magische Feder würde ich darunter nicht finden. Diese Schreibwerkzeuge waren allesamt wirklich schön und ohne Frage unfassbar wertvoll, doch keines davon hätte ich unter normalen Umständen auch nur in den Händen gehalten, geschweige denn verwendet. Sie passten überhaupt nicht zu mir. Als habe er meine Gedanken gelesen, seufzte nun auch der König der Helden neben mir, dessen Blick auf den beiseitegelegten Schreibfedern lag. Wenigstens las er nicht mit, wie mich das Zauberbuch herunterputzte. Am Ende täten die zwei sich noch zusammen und ich wusste echt nicht, ob ich das ertragen könnte, ohne beide anzuzünden. Es war unübersehbar, dass Gilgamesh mich nicht weniger harsch für mein Scheitern verurteilte, wie das Buch, nur dass er dafür nicht einmal etwas sagen brauchte. Sein Blick genügte völlig. Ich hasste es, dass sich mir die Kehle deshalb zuschnürte. Das Letzte, was ich jetzt wollte, war aus lauter Frust zu weinen. Verdammtes Frustheulen! Im Moment war dafür wirklich kein guter Augenblick. Besonders vor Gil wollte und durfte ich keine Schwäche zeigen, sonst würde er Eli und mich schneller absägen, als ich ihn King Bling nennen konnte. Also presste ich nur die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und versuchte, mich auf die nächste Schreibfeder zu konzentrieren, auch wenn ich das für Zeitverschwendung hielt.

„Caster“, sprach Gilgamesh mich plötzlich an und riss mich damit aus meiner kleinen Hassgedankenblase. Finster sah ich aus den Augenwinkeln zu ihm. Archers rote Augen verengten sich, als er sich zurücklehnte und ganz ohne Umschweife zum Punkt kam: „Womit schreibst du üblicherweise?“ Nicht mit so fancy Schreibfedern, so viel konnte ich ihm sicher sagen. Seufzend legte ich die Feder beiseite, die ich noch gar nicht probiert hatte. „Ich bin eher ein Kind der Moderne, also vermutlich Kugelschreiber oder Bleistift? Schreibfedern sind nicht gerade alltagstauglich im Vergleich“, gab ich ohne Umschweife zu. Dass ich noch kein sehr alter Geist war, wusste er wahrscheinlich sowieso längst. Entweder mein Verhalten oder meine Sprechweise mussten mich schon bei unserem ersten Aufeinandertreffen verraten haben. „Darum ist es wohl kein Wunder, dass keine deiner Federn, egal wie wertvoll oder schön sie sein mögen, in meinen Händen zu einer magischen Feder wird“, fügte ich leise hinzu, während ich Gils Schreibutensilien behutsam zurück in ihre Box legte, die ich dann schloss. „Dennoch danke ich dir für diese Gelegenheit.“ Das meinte ich sogar aufrichtig, auch wenn ich mich über seine abschätzige Art ärgerte. Gilgamesh tat üblicherweise nie etwas für andere, aber er hatte mir diese Schätze ohne zu zögern gegeben, das Risiko eingehend, dass ich einen davon verwandeln würde und er ihn damit verlöre. Welchen Preis er dafür verlangt hätte, wollte ich mir lieber nicht ausmalen, aber da er mich sowieso längst in der Tasche hatte, kam es darauf vermutlich eh nicht mehr an.
 

Unter den wachsamen Augen des Königs der Helden richtete ich mich schließlich, das Buch wieder zugeklappt und an meiner Hüfte hängend, auf. Hier herumzusitzen und dieses verfluchte Zauberbuch anzustarren, brächte mich auch nicht weiter. Vielleicht fand ich hier ja irgendwo einen Kuli, der nicht herumkleckste oder gar nicht schrieb, was die gefühlten zwei Extreme des typischen Werbegeschenk-Kugelschreibers waren. Das käme meinem üblichen Schreibutensil auf jeden Fall deutlich näher als die hübschen Schreibfedern und Griffel, die Gilgamesh ausgepackt hatte. Ich war sicher, in der Küche einen Kugelschreiber gesehen zu haben, also suchte ich dort zuerst. Den Stift fand ich, aber nachdem er schon beim ersten Schreibversuch auf meiner eigenen Hand zwei klebrige Kleckse hinterließ, strich ich das Plastikding direkt von meiner Liste potentieller magischer Federn. Mit Werbung für irgendein Küchenstudio wäre das wohl eh ziemlich seltsam gewesen. Eli hätte sicher einige Stifte, aber da sie schlief, kam es nicht in Frage, da hineinzuspazieren und meinen Master zu wecken. Mein Weg führte mich also zurück ins Wohnzimmer, wo ich die Schränke nach und nach öffnete und durchsuchte. In einem befanden sich, wie ich gewusst hatte, zahlreiche Brettspiele, aber die anderen hatte ich bisher auch noch nicht durchsucht. Erstaunt stieß ich auf ein ziemlich kitschiges Kuchenteller-Set mit pinkfarbenen Rosen und ziselierten Ranken am Tellerrand und eine erstaunlich große Auswahl an Blumenvasen. Wieso hatte Eli das denn alles? Man könnte glatt meinen, ihre Oma hätte einen Teil ihres Hausrats hergeschafft und dann hier vergessen. Oder Merlin, was angesichts der Umstände näher lag. Wenn es sich ergab, sollte ich Eli irgendwann mal danach fragen.

Als ich wenige Minuten später die unteren Türen der Schrankwand im Flur öffnete, fielen mir direkt Servietten entgegen. Hier herrschte völliges Durcheinander. Links stapelten sich Kuchenplatten, darauf ein geflochtenes Körbchen, in dem ich mehrere Eierbecher fand. Die Funde auf der rechten Seite waren ganz anderer Natur. Zahlreiche Kabel unbekannten Zwecks – das war wohl die berühmte Kabel-die-man-vielleicht-noch-irgendwann-braucht-Schublade von Eli – und eine Tastatur, die einfach darauf gelegt worden war. Irritiert nahm ich die Computertastatur heraus. Bisher hatte ich noch keinen Rechner in der Wohnung gesehen. Wieso hatte Eli eine Tastatur und dann noch so eine seltsame? Oberhalb der Funktionstasten hatte diese Tastatur eine Rille, die mich unwillkürlich an einen Notenständer denken ließ. Wortlos ließ ich mich vor dem offenstehenden Schrank auf dem Boden nieder und zog die Tastatur heraus. Sie war ein wenig eingestaubt, wirkte jedoch nicht alt. Probeweise drückte ich einige Tasten, die lautlos einsanken. Verklebt war die Tastatur also nicht. „Keine Ahnung“, murmelte ich leise, das Buch in die Hand nehmend, „wie ich mit dir Eli beschützen soll. Mit Internetzugang wär ich vermutlich nützlicher.“ Google wusste bekanntlich alles und so könnte ich immerhin mit Kriegstaktiken aufwarten. So jedoch war ich auf das Wohlwollen eines zickigen Zauberbuchs angewiesen, welches ich nun aufgeschlagen in die Rille der Tastatur klemmte. Wir beide kamen wirklich aus unterschiedlichen Zeiten. Das Buch war so alt, dass nur wenige das Privileg hatten, lesen zu können, während meine Generation das als selbstverständlich wahrnahm und es nicht selten vorzog, einander Nachrichten zu schreiben, anstatt miteinander zu sprechen. Es machte einfach überhaupt keinen Sinn, dass ausgerechnet ich zum Werkzeug für das Buch geworden war.
 

Mit einem leisen Seufzen tippte ich auf der Tastatur herum. Fühlte sich viel normaler für mich an als jeder Stift und ohne Zweifel wäre ich so auch sehr viel schneller. Ob Gilgamesh mich dabei beobachtete oder was er darüber dachte, war mir in diesem Moment herzlich egal. Sollte er halt mäkeln. Ich konnte nun einmal nicht ändern, wer ich war und ich wollte es auch überhaupt nicht. Mich hatte niemand gefragt, ob ich bereit war, an diesem Krieg teilzunehmen. Ich hatte keinen Pakt mit der Welt geschlossen, um einen Wunsch vom Gral erfüllt zu bekommen. Nein, ich war einfach so ohne jede Vorwarnung aus dem Leben gerissen worden, um mich hier von einem arroganten König und einer Giftspritze von Buch herumschubsen und auslachen zu lassen. Missmutig bemerkte ich die Buchstaben, die sich auf den aufgeschlagenen Buchseiten bildeten. „Schmollen hilft dir auch nicht weiter. Vielleicht solltest du Archer fragen, ob er dich mal ein wenig entspannt, damit du nicht mehr so verkrampft versuchst, meine Seiten zu bemalen.“ Ich dich auch, Arschloch. Vielleicht sollte ich Archer das verschissene Ding einfach zurückgeben, dann wäre ich auf jeden Fall deutlich entspannter. Was sich das Buch unter „entspannen“ vorstellte, konnte ich mir leider ein wenig zu gut vorstellen angesichts des bisherigen Kontexts der blöden Bemerkungen, die ich mir schon den ganzen Abend ansehen durfte. Vermutlich sollte ich dankbar sein, dass das Buch nicht auch sprechen konnte, sonst hätte ich vielleicht gar keine Ruhe mehr. Wahrscheinlich hätte ich das Mistding dann bereits verbrannt oder einfach Seite für Seite ausgerissen.

Außerdem war es wirklich lästig genug, dass Elisabeth aus irgendeinem seltsamen Grund zu glauben schien, zwischen Gil und mir wäre mal irgendetwas gelaufen, da musste das Buch nicht auch noch Öl ins Feuer gießen. Wieso sprach Gilgamesh da nicht mal ein Machtwort, zumindest Eli gegenüber? Wir konnten uns zu seinen Lebzeiten schlichtweg nicht getroffen haben, weil ich da noch lange nicht geboren gewesen war. Zwischen dem König der Helden und mir lagen Jahrtausende, jede Bekanntschaft aus Lebzeiten ausgeschlossen. Was die Magierin von damals anging, war ich obendrein eh der Ansicht, dass Gil nicht in sie verliebt gewesen war und sie garantiert noch viel weniger in ihn, immerhin hatte er ihr alles genommen und sie sogar in den Selbstmord getrieben. Klang für mich nicht unbedingt nach etwas, das ich als Liebe bezeichnen würde. Mich wunderte jedoch nicht, dass Gilgamesh keine Gewissensbisse wegen dieser Sache hatte. Ihm bedeutete ein einzelnes Leben vermutlich schlichtweg gar nichts, erst recht nicht das einer unbedeutenden Dorfzauberin. Für ihn musste das alles damals nicht mehr als ein Spaß gewesen sein, ein wenig Unterhaltung in seinem eintönigen Alltag. Vielleicht hatte er auch geglaubt, die Magierin wäre bald von ihm verzaubert oder er amüsierte sich schlichtweg darüber, dass genau das nicht geschah, was sie für ihn zu einer interessanten Person machte. Wusste der Himmel, was in Gils Hirn vorging. Liebe jedenfalls nicht, da war ich sicher, zumindest wenn man Selbstliebe ausklammerte. Ich rieb mir das Nasenbein, ein leises Seufzen auf den Lippen. So oder so musste ich Eli klar machen, dass Gil und ich uns nicht von früher kannten und dass wir ganz bestimmt niemals so etwas wie ein Paar sein würden. Der Gedanke war so absurd. Mir erschloss sich wirklich nicht, wieso Gilgamesh diese Fantasien nicht sofort im Keim erstickt hatte, immerhin war ich seiner doch als normale Sterbliche eh nicht würdig. Sollte er Artoria oder meinetwegen auch Arthur suchen und es mal mit einem weniger brutalen Heiratsantrag versuchen. Weniger Speer im Schenkel und mehr Blumen könnten helfen, ging es mir sarkastisch durch den Sinn.
 

Für den Moment allerdings war mein größtes Problem, dass ich keine magische Feder besaß oder besitzen würde, so wie es aussah. Und dann war da noch das Zauberbuch, das keine Chance ausließ, um auf mir herumzuhacken. Gute Teamarbeit suchte man bei uns wirklich vergeblich. Verkniffen starrte ich auf die Seiten des Buches, wo die letzten Worte bereits wieder verblassten und den nächsten Zeilen Platz machten. „Du wirst noch als alte Jungfer enden, wenn du deine und meine Zeit so verplemperst. Anstatt auf Plastik herumzutatschen, fass doch lieber jemanden statt etwas an, um...“ Den Rest des Satzes konnte ich nicht mehr lesen, weil das Buch plötzlich begann, so stark zu leuchten, dass ich instinktiv einen Arm vor die Augen hob. Was sollte das denn nun schon wieder? Wollte das blöde Buch jetzt auch noch angeben, dass es ja ach so magisch war und ich nichts ohne seine Hilfe? Das konnte ich jetzt wirklich nicht gebrauchen. Ich hatte wirklich nicht übel Lust, das Mistding in Brand zu setzen. Dann wäre Schluss mit diesen blöden Bemerkungen. Wenn einer von uns untervögelt war, dann eindeutig das olle Buch, so besessen, wie es von dem Thema war. Womöglich wollte es sich wünschen, ein Mensch zu werden, um genau an diesem Problem zu arbeiten, aber dafür brauchte es im Moment meine Unterstützung, verflucht nochmal! Irgendwo zwischen den mich blendenden Seiten musste doch genug Verstand zu finden sein, das zu begreifen. Wenn wir uns zusammentaten und Eli mit Gils Hilfe zum Sieg verhalfen, bekamen wir alle, was wir wollten. Eli ihre Familie, ich käme heim und das Buch könnte sich dann meinetwegen so lange mit Gilgamesh vergnügen, bis beide nicht mehr laufen konnten. Täte ihnen vielleicht ganz gut, ging es mir sarkastisch durch den Sinn.

Langsam nahm ich den Arm wieder herunter, als das Licht abebbte. Ein bläulicher Schein blieb jedoch zurück, dessen Ursprung ein Tablet war, das vor mir auf dem Boden lag, wo eben noch Tastatur und Buch gestanden hatten, die jetzt verschwunden waren. Verwirrt nahm ich das Tablet an mich und musterte es kurzerhand von allen Seiten. Einen Markennamen fand ich nicht, aber dafür auch sonst nichts Auffälliges. Soweit ich es beurteilen konnte, war das einfach nur irgendein stinknormales Tablet und hätte ich es bei Eli liegen sehen, hätte ich mir auch nichts weiter gedacht. Angesichts der Umstände war ich jedoch absolut sicher, dass es irgendetwas mit dem Zauberbuch zu tun hatte. Das konnte sich ja nicht einfach in Luft aufgelöst haben. Durfte ich wirklich darauf hoffen, dass das zickige Buch den Sprung in die Moderne gewagt hatte und jetzt ein Tablet war? Das erschien mir irgendwie zu viel des Guten, also sollte ich wohl lieber nicht zu optimistisch sein. Diesem Gedanken zum trotz ließ ich meine Finger hoffnungsvoll über den Rand des Tablets gleiten, um den Power-Knopf zu ertasten, den ich kurz drückte. Sofort erhellte sich das Display des Tablets und gab den Blick auf einen organisierten Desktop preis, auf welchem aus einer Ecke heraus eine dunkelblaue, katzenähnliche Kreatur sich ins Bild schob. Ich erkannte sofort, dass sie aussah, wie die Mini-Sphinxen von Ozymandias‘ Noble Phantasm, doch für jeden, der das noch nie gesehen hatte, musste das kleine Wesen aussehen wie eine Katze mit einem Galaxiemuster statt Pelz und einer Art Pharao-Helm, unter dem keine Augen hervorleuchteten, was bei näherer Betrachtung vielleicht ein wenig seltsam war. Oh und da waren natürlich auch noch die kleinen goldenen Flügelchen. Unnötig zu erwähnen, dass ich die kleinen Sphinxen absolut hinreißend fand und Ozymandias‘ Noble Phantasm damit natürlich für das niedlichste von allen. Gehörte ihm das Tablet etwa? Hatte irgendjemand mit irgendeinem magischen Trick es gegen mein Zauberbuch ausgetauscht? Falls ja, hatte man mir damit womöglich einen Gefallen getan, ging es mir kurz durch den Sinn, dann verjagte ich den Gedanken. So ein Unfug. Nein, hier war etwas anderes passiert, auch wenn ich mir keinen Reim darauf machen konnte, wie Ozys Sphinxen da hineinspielten.
 

„Was hast du jetzt angestellt?!“, tönte es verärgert von der kleinen Sphinx, die mit ihren Pfötchen verärgert von ihnen gegen den Bildschirm zu drücken schien. Fassungslos starrte ich auf das Display. Als ich keine Anstalten machte, fuhr die kleine Sphinx ungerührt und merklich verärgert fort: „Geht es dir noch ganz gut oder hast du in zu heißer Milch gebadet? Was hast du mir mit gemacht? Ich habe dir doch gesagt, dass du aufhören sollst, Dinge anzugriffeln und lieber mal Leute anfassen solltest.“ Die Frage, ob mein Zauberbuch verschwunden war, hatte sich damit wohl eindeutig erledigt. Vielmehr hatte es einen auf Magical Girl gemacht und sich verwandelt, nur dass es, anders als die Mädchen mit Zauberkräften, kaum noch wiederzuerkennen war. „Sag mal, antwortest du mir auch noch?“, giftete die Katze weiter, die nun unruhig von einer Seite des Desktops zur anderen und zurück wanderte. Vermutlich sollte ich mich selbst ein wenig dafür verurteilen, aber jetzt, wo das Buch sich als süße kleine Sphinx zeigte, störte mich das Gezerge nur noch halb so sehr. Wie gerne hätte ich diese süßen kleinen Tapsi-Pfötchen angefasst, aber die waren am Ende nur digital. Sollte ich Ozy je treffen, musste ich ihn unbedingt nach diesen hinreißenden kleinen Sphinxen fragen. „Träum nicht!“, riss das Sphinx-Tablet-Buch mich aus meinen Gedanken. „Mh?“, entfuhr es mir fragend. „Ich habe gar nichts getan, wirklich. Wie du selbst weißt, vermag ich das auch überhaupt nicht“, statierte ich trocken, den Kopf schieflegend, bevor ich giftig hinzufügte: „Immerhin bist du der wahre Servant nicht ich oder hast du das etwa schon vergessen?“ Was immer hier passiert war, ich hatte das auf jeden Fall nicht ausgelöst. Das ließ ich mir nicht anhängen. Ich war keine Magierin und damit eindeutig unschuldig, obwohl ich zugeben musste, dass mir die Veränderung durchaus gefiel. Vor allem, weil ich auf dem Desktop Apps entdeckt hatte, von denen eine den wunderschönen Namen „Noble Phantasm“ trug. Wenn ich damit auf die Kräfte des Buches zugreifen konnte, war es als Tablet eindeutig nützlicher für mich als in der Zauberbuchgestalt, wo ich immer nur betteln konnte, damit der eigenwillige Caster Elisabeth und mir half.

„Du bist doch ein magisches Relikt und obendrein ein Servant. Vielleicht ist die Veränderung eingetreten, weil du dich gewissermaßen der Epoche angepasst hast. Menschen täten das ja auch, nur sieht man ihnen das nicht so an“, wog ich nachdenklich ab, woraufhin die Sphinx nur genervt mit der Zunge klickte. Das Zauberbuch – Pardon, das Zaubertablet – war von dieser Theorie offensichtlich nicht so überzeugt. Ich rollte mit den Augen. „Hör zu, ich weiß nicht, was passiert ist, aber es ist passiert, also machen wir doch einfach das Beste daraus.“ Auch wenn die kleine Sphinx keine Augen hatte, konnte ich den finsteren Blick förmlich spüren, den ich geflissentlich ignorierte. Stattdessen musterte ich den kleinen Stift, der an der Seite des Tablets angebracht war, tippte dann aber einfach auf das Display, um zu sehen, ob das Zauberbuch darin auch Touch reagierte. Tat es, und zwar prompt. „Und wieder tatscht du Plastik an!“ „Glas“, korrigierte ich halbherzig. „Willkommen in der Moderne, Caster.“ „Toll gemacht!“, fauchte die Katze. Traurig, dass wir uns so gut wie heute noch nie unterhalten hatten, befand ich schweigend, mir die Bemerkung verkneifend. „Mir gefällt es“, meinte ich stattdessen trocken. „Du hast ja auch keinen Geschmack! Anstatt hier auf mir herumzugriffeln, könntest du wirklich Sinnvolleres tun“, zergte das Zauber-Tablet direkt wieder in alter Manier los. Anders als zuvor war ich jetzt aber anderer Meinung. Bei dem Buch hatte ich wirklich meine Zeit verplempert, aber jetzt hatte ich ein Tablet mit Apps vor mir, die ich sehen und verwenden könnte, keine leeren Buchseiten!
 

Neugierig tippte ich zuerst auf eine App, die mit „Zauberbuch“ betitelt war. Sollte Caster halt rummosern, ich würde mich jetzt ganz bestimmt nicht davon abbringen lassen, mich mit dieser neuen Form des Servants vertraut zu machen. Wenn es mir in dieser Form nicht mehr alles Wissen vorenthalten konnte, musste ich diese Chance unbedingt nutzen und tatsächlich öffnete sich mit der App ein digitales Zauberbuch. Das war fast zu schön, um wahr zu sein! Begeistert tippte ich mich durch die Apps, einfach um mir einen Überblick zu verschaffen. Später musste ich mir auf jeden Fall alles ganz in Ruhe ansehen und im besten Fall auch direkt die ersten Zauber lernen. Damit hatte ich endlich eine sinnvollere Beschäftigung für die Nächte, als Gilgamesh abzufüllen. Vielleicht erhoffte ich mir zu viel, aber wenn es mir gelang, zaubern zu lernen, könnte ich womöglich wirklich eine Art Magierin werden, zumindest so lange, wie dieser Krieg andauerte und ich mit dem Tablet verbunden war. Jede Wette, sobald die Verbindung kappte und ich jede Möglichkeit verlor, auf ein Manareservoir zuzugreifen, hätte sich das direkt wieder erledigt, aber das störte mich nicht im mindesten. Wenn ich erst zurück in meinem normalen Leben war, brauchte ich keine magischen Kräfte. Mir ging es absolut nicht darum, eine Magierin und damit womöglich auch in den nächsten Gralskrieg hineingezogen zu werden. Ich wollte einfach nur überleben und dann in mein Leben zurückkehren, möglichst weit weg von jedweder Form von Magie, Magiern und Servants. Mit diesem Gedanken präsent glitt mein Blick kurz über den Inhalt der News-App, die scheinbar funktionierte, wie eine Nachrichten-Webseite. Viel Neues verriet mir ein erster Blick darüber nicht. Die größte Schlagzeile war die Ausgangssperre, die die Ruler verhängt hatten und von der ich aus dem Radio bereits wusste.

Ähnlich praktisch erschien mir das Kompendium, in dem scheinbar alle Informationen gesammelt wurden, die wir bisher über die Servants und Master in unserem Umkreis sowie den Gralskrieg generell hatten sammeln können. Erschreckend wenig, wie ich leider zugeben musste. Auffälligerweise war mein Wissen über Servants jedoch nicht dabei. Das Kompendium beschränkte sich also auf die Informationen, zu denen das Zauberbuch – jetzt Tablet – Zugang gehabt hatte. Das musste ich mir merken. Wenig anfangen konnte ich mit der „Vorhersagen“-App, die war nämlich im Moment leer, aber das wunderte mich nicht. Nicht einen Moment hatte ich geglaubt, hier eine Wettervorhersage zu finden. Das hier musste die Fähigkeit sein, mit der das Zauberbuch mir den Kampf zwischen Lorelei und Tristan gezeigt hatte, dessen Verlauf ich mithilfe des Noble Phantasms ein wenig umgeschrieben hatte. Apropos Noble Phantasm: Diese App wollte ich mir unbedingt näher ansehen, doch schon jetzt befürchtete ich, dass sie mir entweder auch nichts zeigen würde oder vielleicht ein Passwort verlangte, über das ich nicht verfügte. Die Realität war sogar noch ernüchternder, denn die App war schlichtweg ausgegraut und draufzutippen löste exakt gar nichts aus. Ein leises Seufzen entfuhr mir. Wäre auch zu schön gewesen. Aber dennoch war ich im Groben und Ganzen ziemlich zufrieden. So nützlich wie jetzt war das noch immer schimpfende Zaubertablet, dem ich längst nicht mehr zuhörte, bisher nicht gewesen. Endlich hatte ich auch etwas Kontrolle und war nicht nur ein Anhängsel, das sich immer anpassen musste, wenn dem echten Servant gerade einfiel, sich wahlweise mal nützlich zu machen oder ein Problem auszusitzen.

„Wie ich sehe, hast du deine magische Feder gefunden, Caster.“ Gilgameshs Stimme ließ mich erschrocken zusammenfahren. Den König der Helden hatte ich beinahe vergessen. Vermutlich war ihm im Wohnzimmer langweilig geworden, während das Tablet und ich uns hier angifteten. Instinktiv drückte ich das kleine Tablet an mich, damit Gil nicht auf den Desktop schmulen konnte. Wir mochten Verbündete sein, aber das hieß nicht, dass ich willens war, mehr als unbedingt notwendig preiszugeben. „Interessant“, sinnierte Archer mit einem süffisanten Schmunzeln auf den Lippen. Seine roten Augen fixierten erst das magische Tablet, das nun nur noch erstickte Proteste von sich gab, dann mich. „Du hast also nicht gelogen, als du sagtest, ein eher moderner Geist zu sein“, bemerkte der König der Helden und klang dabei nicht im mindesten überrascht. Ich presste die Lippen zusammen, ersparte mir jedoch eine Antwort. Dass Gil so zufrieden aussah, sorgte nicht unbedingt dafür, dass ich mich wohler fühlte. Was führte dieser Spinner im Schilde? Auch wenn ich darauf vertraute, dass er Eli und mich zum Sieg führen würde, hieß das noch lange nicht, dass der Weg dorthin mir gefallen würde. Das nämlich hatte Gilgamesh mit keinem Ton zugesagt. Wenigstens konnte ich mich damit trösten, dass er stets zu seinem Wort stand und darum sicher nicht gelogen hatte, als er Elisabeth und mir die Wünsche versprochen hatte, die mit dem Erringen des Grals einhergingen. Außerdem kannte ich ihn sowieso gut genug, um zu wissen, dass es ihm selbst beim Gral mehr um Prinzip als das schier endlose Manareservoir darin ging.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:

1. Das Mädchen antwortet mehr als euphorisch, dass sie dein Master ist. Und sie wird dir zugleich etwas zu Essen hinschieben und einen Tee. Sie ist wohl der Meinung du könntest hungrig sein, nachdem du als Heldengeist Ewigkeiten nicht auf der Welt verweiltest und nun beschworen wurdest. Finde so viel wie möglich über sie heraus. Folgende Fakten musst du herausfinden:
- Sie ist eine Magierin der ersten Generation
- Sie ist 13 Jahre alt
- Sie ist Vollwaise
- Ihr Name ist Elisabeth Müller
- Nationalität: Deutsch

2. Elisabeth hat natürlich auch Fragen an dich. Zum Beispiel, dein Name und was für ein Held du warst. Ups. Nun, du kannst dir ausdenken was du willst, du solltest nur nicht gerade versuchen dich als richtige Heldenfigur darzustellen, das könnte sonst später böse enden. Vielleicht macht sich etwas Amnesie gut, immerhin ist sie eine Magierin der ersten Generation. Da kann einiges schief gehen.

3. Nach eurer Vorstellung, wird Elisabeth dir ganz aufgeregt eure temporäre Wohnung in Chronos zeigen. Ebenfalls wird sie erklären, dass in Chronos alles für die Teilnehmer kostenlos ist. Sie selbst wundert sich wie das funktioniert, lässt sich aber schnell davon ablenken, dass ein anderer Servant in eurem Wohnzimmer sitzt.
Er stellt sich als Diogenes vor. Die junge Version. Sein Master, derjenige, der wohl Elisabeth in Magie unterweist, habe ihn geschickt um zu sehen, ob die Beschwörung erfolgreich war. Als er dich sieht, wird er ohne ein weiteres Wort verschwinden. Du kannst hier nun Elisabeth über den komischen Kauz fragen. Elisabeth wird aber nicht antworten. Stattdessen wird sie total begeistert darüber sein, wie aufregend das alles ist.

4. Elisabeth wird schnell an ihre Grenzen aufgrund ihres jungen Alters stoßen. Außerdem ist es weit nach Mitternacht. Beende das Kapitel, indem ihr schlafen geht. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:
Du hast nun deinen Master kennengelernt und wie es scheint, mögt ihr einander.
Klein Elisabeth schläft selig in ihrem Bett. Doch plötzlich macht sich bei dir ein seltsames Gefühl breit.

1. Schau nach was los ist. Sicher erinnerst du dich, dass Servants andere Servants spüren können, wenn diese ihre Aura nicht verbergen. Das Gefühl ist jedenfalls sehr stark.

2. Im Wohnzimmer wirst du einen Mann sehen. Er hat seine Kapuze tief ins Gesicht gezogen, sitzt aber sehr bequem auf seinem Platz, so als wüsste er, dass du im Moment nichts zu befürchten hast. Wenn du ihn deutlich bei seinem Namen nennst, wird er sich nicht wirklich überrascht zeigen und die Kapuze runternehmen.

3. Cu wird dir anraten aus dem Krieg zurück zu treten. Zum einen zum Wohle von Elisabeth und zum anderen, weil du dir scheinbar deiner Kräfte nicht bewusst bist. Sei mit deiner Entscheidung überzeugend, besonders wenn du entschlossen bist am Krieg teilzunehmen.
Überzeugst du Cu, was sich zeigen wird, indem er dir plötzlich sehr auf den Pelz rückt, wird er dir ein paar Tipps geben.

Tipp 1: Das Buch welches um deine Hüfte hängt ist sehr interessant.
Tipp 2: Dein Noble Phantasm scheint mächtig und braucht eine Menge Mana
Tipp 3: Mit diesem Master wirst du den Krieg niemals gewinnen, vor allem nicht in Anbetracht der Macht seines Masters und einiger anderen.

4. Cu wird dir schließlich mitteilen, dass egal was du am Ende machst, er sich auf ein Wiedersehen freut. Er wird dir noch eine Visitenkarte zustecken, wo du Ihn finden kannst, für den Fall, dass du vielleicht den Master wechseln willst. (Visitenkarte von Simon El Melloi)

5. Der neue Morgen bricht an und Elisabeth wird euch beiden ein Frühstück bereiten. Du kannst ihr bei der Zubereitung helfen. Elisabeth wird auf jeden Fall berichten, dass ihr heute ihren Sensei trefft. Eine Chance für dich vielleicht doch noch mit Diogenes warm zu werden. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:
Dein Master wird dich total happy zu ihrem Sensei führen. Dabei zeigt sie dir etwas die Stadt. Man scheint sie kaum bis gar nicht zu beachten, was doch irgendwie merkwürdig ist. Immerhin schwatzt Elisabeth sehr aufgeregt und nicht gerade leise.

1. Nutze deinen Spaziergang indem du versuchst zu erkennen wer die Master und die Servants sind. Um herauszufinden, ob du erfolg hast oder nicht, nimm 5 Würfel. Die guten w8. du darfst diese 5 Würfel insgesamt 2x werfen. sprich 10 Würfel kannst du auch benutzen. Als Erfolge gelten 1 und 6. Als Misserfolge gelten 2,4,7 und 8.
Du brauchst mehr Erfolge als Misserfolge um mindestens zwei schwache Servants erkennen zu können.
Das wären ein Assassin und ein Rider.
7 + 6 + 6 + 7 + 2 + 8 + 7 + 8 + 1 + 1 = Ich hab keine Ahnung.

2. Eli führt dich zu einem Labor. Obwohl die meisten Master dort anstehen und zu warten scheinen, geht sie ganz unbekümmert rein und wird schließlich von einer Mitarbeiterin als Lady Elisabeth begrüßt. Du kannst sie im Fahrstuhl gerne fragen was diese Begrüßung angeht.

3. Eli wird mit dir in einen tiefen Keller fahren. Dort begrüßt euch ein Mann, der dir von einigen Fanarts bekannt kommen sollte. Er sieht aus wie Merlin. Siehe Bild im Anhang.
Er wird sich allerdings als Professor Marlin und als Diogenes Master vorstellen. Auch Diogenes ist mit von der Party. Allerdings liegt er auf einer Patientenliege und scheint zu schlafen.

4. Marlin hat bereits Tee vorbereitet und serviert. Fast zu perfekt, denn der tee ist noch warm. Er wird Eli fragen woher sie den Katalysator zu deiner Beschwörung bekommen hatte und warum sie nichts gesagt hat, dass sie dich beschwören will.
Eli wird daraufhin sagen, dass sie Hilfe von einem Servant hatte und er zur Eile geraten hatte. Sie wollte deswegen so schnell wie möglich die Beschwörung machen. Außerdem war sie ganz aufgeregt, dass sie sich nicht zurückhalten konnte.
Du kannst daraufhin hören, wie Marlin sie liebevoll ausschimpft. Immerhin hatte er für die Beschwörung für sie eine Manabatterie fertig gemacht, an die du als Servant gebunden werden solltest. Nun ist es zu spät.
Entscheide hier ob du für Eli Partei ergreifst oder dich raus hältst.

5. Diogenes wird sich auf jeden Fall einmischen und Marlin sagen er solle ruhig sein. Zuletzt sei nur ein Alexander so nervig gewesen, als er ihm in der Sonne stand XP
Marlin wird auf jeden Fall Eli ein paar Aufgaben geben, die sie erledigen soll, in einer kleiner Kammer, die ihr beide von einer Fensterscheibe aus beobachten könnt.
Stelle so viele Fragen wie möglich an Marlin.
Dabei sein sollte:
"Warum er Eli das antut", "Was er vor hat" und vielleicht die Sache mit Caster und El Melloi?
Marlin wird sich nicht in die Karten sehen lassen. Er wird dich aber vor Eli warnen und bitten für ihn ein Auge auf sie zu haben, denn in ihrem Herzen würde ein Schatten ruhen und er hofft der Krieg würde Eli näher zum Licht bringen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben
Gratuliere du hast Marlin kennengelernt. Eli schleift dich in den Garten. Wie Marlin sagte, ist er wirklich schön.

1. Ihr seid nicht alleine. Doch wie zuvor wird Eli scheinbar von niemanden beachtet. Eli schwatzt fröhlich und erzählt dir von dem Test. Sie sollte ein paar Gegenstände erhärten (ein Poster z.B.), dann sollte sie mit Magie ein Element befehligen. (Sie glaubt sie ist Wind-affin.)
Sie hat außerdem versucht, ihren magischen Kreislauf sichtbar zu machen. (Sie meint, es hätte zwei Sekunden lang geklappt.) Reagiere angemessen, vielleicht auch ermutigend oder ehrlich, wenn sie dir von ihren kleinen Erfolgen erzählt hat.

2. Unterwegs werdet ihr plötzlich von zwei Personen angesprochen, die sich ganz angeregt unterhalten. Scheinbar sind sie gut vertraut. Und beide sind Servants. Beide Personen erklären, dass sie Ruler sind. Der eine, Sherlock Holmes. Er spricht mit britischen Akzent und wirkt eher etwas distanziert. Vielleicht sogar empathielos, weil er sehr kühl mit Logik an die Sache heran geht. Solltest du ihn darauf ansprechen, dass Kinder an diesem Krieg teilnehmen müssen, wird er nur erklären, dass dieser Krieg nicht durch Macht oder Magie entschieden wird, sondern durch Strategie. Das wird sein Ruler-Kollege zwar nicht verneinen, aber er sieht die Sache etwas empathischer. Er stellt sich als "Karl der Große" vor.

3. Elisabeth wird Feuer und Flamme sein und beide Ruler mit Fragen belagern. Zum Beispiel wo sie ihre Befehlszauber tragen, ob sie auch hin und wieder kämpfen müssen und ob sie nicht mal zu Milch und Keksen vorbei kommen würden, weil sie beide mehr kennenlernen will. Denn Scheinbar kennt Eli beide Heldengeister nicht. Du hingegen... kannst gerne mit deinem Wissen prahlen. Erwähnst du gegenüber Karl Astolfo, kannst du einen sanften roten Schimmer beobachten. Du kannst beide fragen wieviele Ruler beschworen werden. Egal ob du es tust, sie werden dir noch von einem dritten im Bunde berichten. Dieser scheint aber nicht daran interessiert mit Karl und Sherlock zusammen zu arbeiten.

4. Das Gespräch scheint Eli zu langweilig gewesen. Sie läuft weg. Als du das bemerkst, musst du sie suchen. Viel Spaß beim Versteckenspiel.
Du wirst bis zum späten Nachmittag beschäftigt sein sie zu finden. Und als du es tust, hörst du, wie sie sich angeregt mit jemanden unterhält. Sehr vertraut, sehr verspielt und froh. Sei dankt diesem jemand für den Katalysator. Gerade als du ihn aber sehen könntest, ist er verschwunden.

5. Ihr müsst zurück zu Marlin. Dieser hat Essen gemacht. Eli ist begeistert. Er wird Eli fragen, welche Servants sie getroffen hat, ob sie einen Helden erkannt hat. Marlin scheint zu wissen wer bisher an dem Gralskrieg teilnimmt.
Eli wird von den Rulern erzählen. Marlin wird daraufhin erklären, dass es schon ironisch ist, dass einer der Archer nach Sherlock Holmes Nemesis benannt ist. (Das so sorglos, als würde er nicht glauben dass es wirklich Moriarty ist.)
Diogenes wird mit euch am Tisch sitzen und schweigend essen. Allerdings ohne Besteck. Eli ist scheinbar davon begeistert und will es ihm nachtun.

Folgende Servants darfst du als namentliche Erwähnung einbauen:
Arsene Lupin (Assassin), Lorelei (Caster), Sinbad (Saber), Bedivere (Saber), Lilith (Berserker)
Ob du sie in Gesprächen anderer Servants oder Master hörst oder ob Sherlock und Karl sie erwähnen ist egal. Ebenso kann Eli oder Marlin von ihnen reden. (wobei Bedivere gerade für Marlin interessant wäre, ebenso wäre Arsene interessant für Sherlock)

6. Auf den ersten Seiten des Buches finden sich folgende Zeilen:
"Geschrieben steht: "Im Anfang war das Wort!"
Hier stock ich schon! Wer hilft mir weiter fort?
Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen,
ich muss es anders übersetzen,
Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin,
Geschrieben steht: Im Anfang war der Sinn.
Bedenke wohl die erste Zeile,
dass deine Feder sich nicht übereile!
Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft?
Es sollte stehen: Im Anfang war die Kraft!
Doch, auch indem ich dieses niederschreibe,
schon warnt mich was, dass ich dabei nicht bleibe.
Mir Hilft der Geist! Auf einmal seh ich Rat
Und schreibe getrost: Im Anfang war die Tat!"

Wie du das interpretierst... uhm... joa keine Ahnung. Versuch es Faustisch. Blätterst du nämlich weiter, ist das Buch vollkommen leer. Keine weitere Seite ist beschrieben. Es stehen keine Zaubersprüche da und es wirkt an sich sehr nutzlos. Kein Stift wird in dem Buch schreiben. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:
Aufgabe 1: Am nächsten Morgen siehst du Eli durch die Wohnung streifen. Alles an ihr scheint anders, Haltung, Aura und Ausstrahlung. Als sie dich sieht, verzieht sich ihr Gesicht zu einer bösartigen Fratze und sie wird dir befehlen, dein Buch zu benutzen.
Aufgabe 2: Du öffnest das Buch und findest tatsächlich einen großen Text. Er handelt von einem Master und dessen Servant Lorelei. Sie bekämpfen gerade Tristan und seinen Master. Tristan scheint zu erliegen. Da du wie von selbst alles laut vorliest, hört Eli alles mit an und scheint not amused zu sein.
Aufgabe 3: Eli befiehlt dir dein Noble Phantasm zu benutzen und dafür zu sorgen, dass Tristan und sein Master nicht verlieren. Wie du das umschreibst, überlässt sie dir. Du kannst aber fühlen, wie mächtig dein Noble Phantasm ist. Es trägt den Namen "Authors Change".
Aufgabe 4: Kaum, dass du fertig bist, bricht Eli zusammen. Keine Sorge, sie schläft nur. Trag sie ins Bett und fang an, Kekse zu backen. Ihr erwartet immerhin Besuch.
Aufgabe 5: Im Wohnzimmer erwarten dich Cu und Diogenes und scheinen eindeutig not amused. Übereinander und über den Bruch im Machtverhältnis, den es gab. Sie erzählen dir, dass es einen Kampf gab und der Ausgang überraschend unnatürlich war. Erkläre das irgendwie. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:
1. Eli schmollt etwas, weil du die Kekse alleine gebacken hast und sie nicht mitmachen konnte. Tröste sie, indem du ihr erlaubst, den Tee zu kochen.
2. Eure Gäste erscheinen und Eli ist sehr aufgeregt. Sie begrüßt die beiden Ruler förmlich stürmisch. Charles scheint ein wenig überfordert, wohingegen Holmes ganz ruhig ist. Beruhige Eli und rette die Ruler.
3. Es gibt Tee und der Kekse, die vor allem Charles loben wird, während Holmes sie eher ruhig essen wird. Jedenfalls während des Tees und der Kekse werden die Ruler auf die Ereignisse der vergangenen Nacht zu sprechen kommen. Dass ein Archer gegen einen Caster gewann und das auf mysteriöse Umstände. Charles spricht von einem Wunder, während olmes eher von dem Eingreifen eines anderen Masters ausgeht. Spiel am besten so unwissend wie möglich.
4. Auch wenn du unwissend spielst, wird Holmes immer wieder Anmerkungen machen, dass dieser Krieg genauso seltsam ist wie du. Als Ruler wisse man schließlich, wer alle Heldengeister sind. Deine Geschichte und dein Name aber sind ihnen unbekannt. Demnach wissen sie auch nichts über deine Fähigkeiten. Du solltest dir eine gute Geschichte für deinen Heldengeist-Charakter ausdenken. Die Autorin aus einer anderen Welt ist nicht “heldenhaft” genug.
5. Das Treffen wird nicht lange andauern, denn die Ruler müssen leider gehen. Wichtige Ruler-Angelegenheiten. Nun hast du Zeit, herauszufinden, was Eli weiß. Vielleicht solltest du sie aber auch zu einem Besuch bei Marlin überreden. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:
1. Begeistert geht Eli mit dir zu Marlins Labor. Wie schon beim ersten Mal, scheint niemand auf der Straße zu beachten, auch wenn sie alles andere als unauffällig ist. Sie scheint heute sogar euphorischer als sonst zu sein und rennt dadurch in jemanden hinein. Sie entschuldigt sich sofort bei dieser Person. Es ist ein Mann mit blonden Haar, grünen Augen und einen schneidigen Anzug. Statt jedoch auf Eli zu achten, sieht dieser Mann, den du selbst als Arthur Pendragon erkennst, dich an. Er lächelt verlegen und entschuldigt sich damit, dass er wohl nicht aufgepasst habe. Jedoch gibt es kein weiteres Wort, dass er mit einem von euch wechselt. Stattdessen geht er weiter. Du kannst gerne versuchen, ihn aufzuhalten, doch wenn du es versuchst, hindert dich eine finstere Aura daran.

1 a) Du siehst zu Eli, deren Aura wieder so finster ist. Sie starrt Arthur hasserfüllt an bis er in der Menge verschwindet und ihre Aura sich wieder aufklart- Sie wird dich anlächeln und fragen, ob du genug Pause hattest, als wäre das ein Thema gewesen. Frage sie, warum sie den Fremden eben so seltsam angesehen hat. Eli wird nicht wissen, was du meinst.

1 b) Unterhalte dich auf dem restlichen Weg mit Eli und versuche herauszufinden ob sie verstanden hat, was Charles und Sherlock euch zum Tee erzählt haben. Eli wird daraufhin nur berichten, dass sie total gespannt ist, zu erleben, was dein Noble Phantasm ist und das es sicher total cool ist.

2. Im Labor zeigt sich Marlin überrascht, weil ihr unangekündigt erscheint. Marlin trägt gerade einen Ärztekittel und scheint beschäftigt, wobei ihn Dio assistierend zur Seite steht. More or less. Eli wird aufgeregt von der Begegnung mit den Rulern erzählen. Marlin scheint aber nicht wirklich darauf einzugehen, sondern sieht nur dich an. Er bittet Eli schließlich, dass ihr beide geht und später darüber redet, er habe viel zu tun. Du darfst das gerne hinterfragen und deutlich machen, dass du JETZT Fragen hast.

3. Euer Gespräch wird unterbrochen von einer Frau und Tristan. Es braucht nur einen Blick und Tristan stellt sich schützend vor die Frau, seinen Master, als er dich bemerkt. Sofort spannt er seinen Bogen, bereit zu schießen. Nehme eine Schutzhaltung ein, oder viel mehr vertraue auf deine Reflexe, die sofort zu dem Buch greifen.

4. Marlin wird gerade rechtzeitig eingreifen und zumindest erklären, dass Du, Tristan und er wohl Redebedarf habt. Eli wird er hingegen mit Dio zur Mensa schicken. Unter dem Vorwand, dass es Nudelauflauf gibt, was Eli scheinbar sehr begeistert. Du wirst dich hingegen mit Tristan, dessen Master und Marlin zusammen setzen. Tristans Master wird sich entschuldigen für das Verhalten ihres Servants, zumal Marlins Labor eine kampffreie Zone ist. Tristan wird hingegen seinen Master erklären, warum er so reagierte, denn er hat dein Mana gespürt und sofort gewusst, dass du die Puppenspielerin bist, die an ihren unwürdigen Sieg beteiligt war. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:
1. Aufgabe: Das Gespräch mit Tristan und seinem Master ist unangenehm, was aber mehr an Tristan als an seinem Master liegt. Dieser schlägt sogar ein Bündnis vor. Handle Konditionen aus und versuche, Tristan zu überzeugen dieses Bündnis einzugehen.

2. Aufgabe: Marlin wird sich weiterhin in Schweigen hüllen, was Elisabeth angeht. Tristan ist aber nun auch interessiert. Marlin wird Tristan lediglich fragen, ob das Mana sich wie deines anfühlte oder wie das einer Person, die er kennt. Tristan wird darauf keine Antwort bekommen.

3. Aufgabe: Als Tristan und sein Master gehen, wird Marlin nun doch ernst und dir offenbaren, dass deine Entscheidungen Einfluss auf Elisabeth haben werden, weil sie die Nachfahrin zwei mächtiger Magier ist. Er wird dir erklären, dass diverse Manakreisläufe bei ihr blockiert sind, weswegen sie dir nicht so viel Mana geben kann, wie sie innehat. Diese Kreisläufe würden aber genutzt werden, wenn Elisabeth zwei andere Gesichter zeigt. Im Klartext: Elisabeth ist keine Magierin der ersten Generation.

4. Aufgabe: Als du mit Elisabeth nach Hause gehst, findest du jemanden, der ganz gechillt auf eurem Sofa sitzt. Archer Gilgamesh. Kaum, dass er dich erblickt, zeichnet sich ein Grinsen auf seinen Lippen ab und er wird dich mit "Da ist ja mein Schatz", begrüßen. Verwirrt wird Eli fragen, ob ihr euch kennt, sie kenne ihn nämlich nicht. Versuche, die Lage hier zu klären.

Aufgabe 5: Behandle Gilgamesh mit Respekt. Er wird dir erklären, dass das Buch, welches du besitzt, aus seiner Schatzkammer kommt und die Person, die es bekommen hat, einen Deal mit ihm einging. Dass, wenn er es wünscht, der Träger des Buches sein Diener wird. Und nun ist es soweit, du, Caster, sollst sein Diener werden und deinem König im Krieg helfen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:
1. Da Gilgamesh scheinbar sehr begeistert von Eli ist, wird er sich königlich von ihr bedienen lassen. Sie wird dich natürlich verpflichten, mit zu helfen. Benimm dich also, denn gerade hängt alles von Gils Laune ab, und die ist gut.

2. Gilgamesh wird Wein fordern, worauf Eli aber gesteht, dass ihr keinen habt. Entscheide ob du welchen besorgst, oder du dir von Gil helfen lässt, wie dein Buch welchen herbeizaubern kann. Als Belohnung wird Gil Eli Bonbons schenken.

3. Gil wird, sobald er Wein hat, in Plauderlaune kommen und dir von dem Buch aus seiner Schatzkammer erzählen. Er wird dabei sehr ausschweifend erzählen, wie dieses Buch viele Zeiten beeinflusst hat. Ausschweifender wird er nur von der Frau erzählen, die ihre Heimat mit dem Buch rettet, der aber am Ende ein tragisches Schicksal zuteilwird. Frage Gil, ob ihm weitere Besitzer bekannt sind.

4. Gil wird sich verabschieden, nachdem der Wein leer ist. Er wird sich verabschieden mit den Worten, dass er sich sehr freue, so eine verantwortungsbewusste Dienerin zu haben. Nachdem er weg ist, solltest du deinen Master vielleicht von Gil erzählen.

5. Eli wird dich fragen, wie es kommt, dass du Gil kennst. Durch seine Erzählung ist sie aber auf den Trichter gekommen, dass du diese tragische Magierin bist, die das Buch von ihm einst erhalten hat. Elis Phantasie wird da deutlich mit ihr durchgehen, und sie wird sein Gebaren dir gegenüber so auslegen, dass er dich wohl liebt und ob er sich wünschen wird wieder mit dir zusammen sein zu können. Versuche Eli davon abzubringen, sollten ihre Phantasien aus der Luft gegriffen sein. Da es auch schon spät ist, sollte die Kleine vielleicht langsam ins Bett.
Übrigens wird Gil ganz frivol auch erzählen, dass Merlin sein Buch mal besaß ebenso die Schwester von Arthuria. Er wird auch von Solomon reden, ist sich bei dem aber nicht 100% sicher. Des Weiteren mutmaßt er, anhand der Seiten, die er mal sah, dass wohl auch einige Götter das Buch in den Händen hielten, Thoth zum Beispiel. Er wird auch anmerken, dass das Buch machtvoll genug ist für Kopien, die es von sich selbst erstellt hat. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:
1. Aufgabe: Du hast den König der Helden überlebt, irgendwie, aber eines ist dir sicher, los wirst du den nicht mehr. Aber vielleicht kannst du ihn ja für dich nutzen? Mach dir Gedanken, während Eli schläft, wie du Gil nutzen kannst. Und da sind ja auch noch andere teilnehmende Heldengeister, die gute Bündnispartner sind.

2. Aufgabe: Am nächsten Morgen werdet ihr die Nachrichten hören. Dort ist die Rede davon das nun 85 % der Magier ihren Heldengeist erhalten, oder selbst freiwillig aus dem Krieg ausgestiegen sind. Deswegen wird es abends ab 22 Uhr eine Ausgangssperre geben, damit sich bisherige Teilnehmer nicht mehr minimieren und die restlichen Magier ihre Chance bekommen, einen Heldengeist zu beschwören. Für Heldengeister trifft diese Sperre ebenfalls zu und die Ruler werden Regelbrecher hart bestrafen. Das verkündet Charles sogar in einem Interview. Er alleine, was wohl mit den anderen Rulern ist, denk darüber nach.

3. Aufgabe: Es klingelt an eurer Tür und auch wenn die Nervigkeit in Person erwartest, irrst du dich. Es ist Arthur, ja, der Ritter, der dich angerempelt hat und er scheint doch etwas verlegen über diesen unangekündigten Besuch. Er ist allerdings ohne seinen Master da, will aber gerne in dessen Namen mit dir und Eli reden. Entscheide, ob du das willst, oder wimmel ihn ab.

4. Aufgabe: Lässt du Arthur eintreten, wird er dir erstmal mit einer Umarmung für die Rettung Tristans danken. Er erklärt, er habe es von Marlin erfahren. Ebenso überreicht er Eli ein paar Süßigkeiten, die er unterwegs besorgt hat und von denen er hofft, dass sie ihr schmecken.
Versuche, mehr über Arthur und seinen Master herauszufinden.
Lässt du ihn ziehen, wird nun Eli ein ernstes Wörtchen mit dir sprechen. Wie kannst du jemand so Höfliches einfach wegschicken. Eli ist dann beleidigt, beruhige sie.
Solltest du Arthur ausquetschen, wird er erwähnen, dass die Sache mit seinem Master kompliziert ist. Er hat diesen nämlich noch nicht gesehen, erhält aber über geheime Nachrichten seine Anweisungen. Eine davon lautet, dich kennenlernen. Arthur wird dabei erwähnen, dass du eine Aura hast, die ihn an seine geliebte Schwester Morgaine erinnert. Du kannst schlussfolgern, dass dies an dem Buch liegt. Vielleicht ist Arthur eine Möglichkeit, mehr über das Buch zu erfahren. Haben Merlin und Morgaine es nicht beide besessen?

5. Aufgabe: Arthur wird dir empfehlen, dir Verbündete zu suchen, denn für die Hauptphase dieses Krieges sollte man sich seine Feinde noch näher als seine Freunde halten. Ebenso ist man als Caster immer gut beraten, sich ein paar kampftüchtige Gefährten zu suchen. Er bietet sich sogar als dein Ritter an, gibt dir aber Zeit, das mit Eli abzuklären. Rede mit Eli darüber und erkläre ihr, warum oder warum eben nicht, dass k/eine Option für dich ist. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:
1. Aufgabe: Nachdem nun die Ausgangssperre aktiv wird, will dein kleiner Master dennoch bespaßt werden. Sie will unbedingt sehen, was du mit dem Buch alles machen kannst. Wenn du versuchst sie zu täuschen, indem du das Buch aufschlägst und irgendeinen Spruch aus Kindertagen aufsagen willst, wird dir das Buch einen Zauber offenbaren. Einen Zauber, der dafür sorgt, das Eli einen Becher Eiscreme bekommt.

2. Aufgabe: Bring Eli ins Bett, Eli wird darauf bestehen, dass du ihr eine Gutenachtgeschichte erzählst, die aus deinem Leben stammt. Erfinde was.

3. Aufgabe: Zeit sich das Buch anzusehen. Den Zauber für den Eisbecher findest du allerdings nicht wieder. Versuche, mit dem Buch zu kommunizieren, denn scheinbar hat das Ding ein Eigenleben.

4. Aufgabe: Nach etlichen Versuchen wird auf der ersten Seite des Buches etwas erscheinen. Eine Nachricht vom Buch an dich, scheinbar hat es Mitleid mit deinen lächerlichen Versuchen. Geschrieben wird stehen: "Ich diene meinem Master, nicht dir. Du bist mein Werkzeug sie zu retten. Erwarte nicht, dass meine ganze Macht dir offenbart wird, wenn es nur deiner Belustigung dient. Ich teile schon mein Mana mit dir, sei dankbar dafür, dadurch wird ein Magieloser zum Caster. Willst du Magie wirken, besorg dir eine magische Feder und schreibe deine eigenen Zauber."

5. Überlege, wo du die magische Feder herbekommen sollst. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:
1. Aufgabe: Elisabeth wacht am nächsten Tag auf. Auf dem Plan steht Nudelauflauf und magische Feder. Der Besuch bei Marlin ist also Pflicht. Bereit Eli dennoch ein ausreichendes Frühstück.

Aufgabe 2: Auf dem Weg zu Marlins Labor begegnet Cu. Er lädt Eli auf ein Eis ein, nutze die Chance und frage nach magischen Federn. Cu wird davon aber keine Ahnung haben

Aufgabe 3: Im Labor geht Eli gleich in die Mensa. Nudelauflauf, yay. Nutze die Chance mit Marlin über die magische Feder zu sprechen. Er wird dir eine zeigen, wird aber geheimnisvoll meinen, dass sie dir nichts bringt. Auf genaues Nachfragen antwortet er nicht.

Aufgabe 4: Marlin macht wieder tests mit Eli, Dio bleibt bei dir. Da er Caster ist, kannst du auch ihn nach einer Feder fragen. Er wird dir sagen, dass niemand dir eine Antwort darauf geben kann oder dir eine magische Feder geben kann.

Aufgabe 5: Abend wartet der König auf euch, Eli bietet ihm den Nudelauflauf an, den sie aus der Mensa mitgenommen hat, an. Er lehnt ab, verlangt aber deinen Wein. Frag ihn doch mal nach der Feder. Er wird auch keine geben können. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:
1. Aufgabe: Während du dem König der Egoperspektiven noch zu Diensten bist, kommt Elisabeth ins Wohnzimmer, mit einem Stapel Papier, dass normal wirkt, doch irgendwie erkennst du einen leichten Schimmer, etwas bläulich weiß. Ohne euch beide zu beachten, weil sie will eure Flirterei nicht stören, setzt sich Eli an einen Tisch mit einer Mappe in der viele Stifte sind. Sie fängt an diese auszupacken und mit jedem einzelnen auf dem Papier zu malen, dass aber keine Striche oder dergleichen sichtbar macht. Gilgamesh scheint nun seine Aufmerksamkeit von dir auf Eli zu verlagern.

2. Aufgabe: Du beobachtest Gilgamesh, der Eli interessiert beobachtet. Du darfst entscheiden wem du fragst was los ist. Fragst du Gilgamesh, wird er dich fragen ob du nicht siehst, was Elisabeth da versucht zu bewerkstelligen. Dabei wird er nicht sehr aussagekräftig bleiben. Fragst du Elisabeth, wird sie dir sagen, dass Onkel Marlin ihre eine hausaufgabe gegeben hat und sie diese machen will.

3. Aufgabe: Egal wen du fragst, du wirst merken, dass Immer dann wen Eli versucht zu schreiben oder zu malen, etwas Mana in den Schreibgegenstand fließt. Als sie einen pinken Stift mit teddy oben drauf in die Hand nimmt und es versucht, verändert dieser sich plötzlich und wird zu einer pinkfarbenen Feder. Eli ist total begeistert und verkündet stolz, dass sie eine magische Feder geschafft hat und zeigt stolz das Kunstwerk, welches auf dem magischen papier entstanden ist und in mehr schlechter als rechter Manier ein bild von dir und gilgamesh zeigt, wie ihr heiratet (was Gil sehr ergötzt).

Aufgabe 4: Während Eli stolz durch die Wohnung tänzelt mit ihrer Feder, wird Gilgamesh anerkennend mitteilen, dass Eli talentiert für ihr Alter ist und er seine magische Feder erst sehr spät erschaffen konnte. Er wird dir dabei erklären, dass man dafür nur ein Schreibgerät braucht, dass mit dem eigenen Mana in irgendeine Art und Weise im Einklang ist. Was sehr schwer ist, weil manche Leute Jahrzehnte nach so einem Schreibgerät suchen. Er wird daraufhin ein Mäppchen aus seinem Schatzkämmerchen beschwören und dir reichen. Darin sind einige Füllfederhalter, Schreibfedern und anderes Schreibwerkzeug von denen einige vergoldet sind. Er fordert dich nun auf es Eli nachzumachen und deine magische Feder zu erschaffen, als dein könig sei er so gütig und stellt dir sogar das Werkzeug.

Aufgabe 5: versuche soviel Schreibwerkzeug wie möglich zu nutzen um eine magische Feder zu erschaffen. Nutzt du das Buch zum üben, wird dieses irgendwann meckern und fragen ob du eine eiserne Jungfrau bist, dies schließt es nämlich aus den schmerzhaften Versuchen deiner etwas in es zu schreiben Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgaben:

1. Auch diese Feder ist es nicht. Gilgamesh beäugt dich, gefühlt abfällig. Er seufzt schließlich und fragt, womit du regulär schreibst.
2. Vielleicht ist Gilgamesh etwas auf der Spur. Suche im Haus andere Schreibgeräte, die DU benutzen würdest.
3. Du findest schließlich auch eine Computertastatur, aber keinen PC. Die Tastatur hat eine Rille, in die das Buch perfekt reinpasst. Steck das Buch rein.
4. Spaßeshalber versuchst du, auf der Tastatur zu tippen. Das Buch macht sich gerade heavy über dich lustig als... Buch und Tastatur anfangen zu leuchten.
5. Als das Leuchten verlischt, liegt vor dir ein Tablett, Buch und Tastatur sind verschwunden. Ups, was ist denn da schief gelaufen?
6. Das Display springt an und auf dem Display erscheint eine kleine Katze, die aussieht wie Ozymandias' Noble Phantasm, die speckert und sich echauffiert, was du da gemacht hast, ob es dir noch gut geht oder du in zu heisser Milch gebadet hast.
7. Eindeutig ist das Buch endlich in der Moderne angekommen. Du hast nun ein magisches Tablett. Mit Touch. Allerdings hängt an der Seite auch ein kleiner Stift. Teste dich mit dem Tablett aus. Vorsicht! Das Buch wird speckern, was nun auch Gilgamesh mitbekommt. So als Tipp folgende Apps findest du: Zauberbuch, Kompendium, News, Vorhersagen, Stats und eine App ausgegraut wo „Noble Phantasm“ steht. Komplett anzeigen

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