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"Eikskild"

"Eichenschild" Die Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe (modernes Setting)
von

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am seidenen Faden...

Die ersten beiden Tage ging es Eikskild noch verhältnismäßig gut...er konnte wenigstens Zeitweise aufstehen und dem Notwendigsten seiner normalen Grundbedürfnisse, wie essen und mit meiner Hilfe auch kurz raus auf die Toilette nachgehen. Ich versorgte ihn so gut ich konnte, half ihm, verband seine Wunden neu und leistete ihm Gesellschaft, wenn ich mich nicht gerade um die Hunde oder den kleinen Haushalt in dieser Hütte kümmern musste.
 

Ich hörte ihn mir dann immer entsprechend Trapper mäßig kurz angebunden entgegen Brummen.
 

„Es gehen mir doch gut, warum du mich nur ständig bemuttern wollen Lyria?“
 

Aber das blieb leider nicht lange so...
 

Denn dann kam das Fieber, so wie ich es beinahe befürchtet hatte...er begann zu fiebern. Erst war es nur leicht erhöhte Temperatur und er klagte dabei vermehrt über heftige Schmerzen in seinem Bein an der verwundete Stelle. Es war auch der Tag an dem er kaum noch Appetit verspürte, was an sich ungewöhnlich für ihn war, der sonst ganz ordentliche Portionen vertilgen konnte, wenn ihm danach war. Aber nein er wollte weder essen noch trinken, sondern nur noch schlafen und in der dritten Nacht kam es dann mit voller Wucht, denn ab dort stieg es stetig an.
 

Ganz gleich was ich auch versuchte um es auf ein erträgliches Maß herunter zu drücken stieg es dennoch kontinuierlich immer und immer höher...auf fast 40 Grad an und nichts half mehr, obwohl ich es mit Schmerztabletten sowie Großmutters alten Hausmittelchen, wie kalten Wadenwickeln versuchte, die ich ihm in regelmäßigen Abständen um seine Beine legte.
 

Es war als würde sein Körper in Flammen stehen denn Eikskild begann regelrecht von innen heraus zu glühen.
 

Es ging ihm schrecklich elend und ich sah hilflos dabei zu wie das Fieber in ihm wütete. Er schwitzte so heftig, dass ich gezwungen war ihm mehrfach die dicken Decken weg zu nehmen, um ihm wenigstens etwas an Linderung zu verschaffen. Es waren eben jene Decken in die ich ihn in der am Morgen doch empfindlich kalten Hütte gepackt hatte, damit sich seine Körpertemperatur wenigstens im Ansatz von alleine regeln konnte.
 

Doch als das Fieber am Abend des dritten Tages so hoch stieg, dass er fast auf gar nichts mehr reagierte, da bekam ich es wirklich mit der Angst zu tun. Ich wusste, dass es an der üblen Beinwunde liegen musste, denn ich hatte sie gesehen, als ich sie ihm neu verbunden hatte.
 

Sie hatte begonnen von innen heraus zu eitern und ich sah auch die Rötungen, die sich mit einem feinen Strich unter seiner Haut an der verwundeten Stelle abzuzeichnen begannen. Ich befürchtete eine beginnende Blutvergiftung und wenn ich ihn nicht schleunigst in ein Krankenhaus brachte, dann würde ihm vermutlich bald gar nichts mehr helfen können. Sein Immunsystem war dem Ansturm der Bakterien im Wolfsspeichel nicht mehr gewachsen, die mangels von wirksamen Antibiotika um sie zu bekämpfen und trotz der Desinfektion massenhaft in seinen Blutkreislauf gelangt waren.
 

Die Zeit wurde knapp und mir war nichts bewusster als das...allerdings tobte seit annähernd drei Tagen und Nächten ohne Unterlass ein Blizzard, der es mächtig in sich hatte. Die Flocken fielen so dicht, dass man die Hand vor Augen nicht mehr sah und ich selbst kaum noch in der Lage war den Schuppen zu finden, in dem die Hunde untergebracht waren, die ich ja auch noch zu versorgen hatte. Denn der Sturm blies gefühlt mindestens mit Windstärke elf, das fast schon Orkanstärke war und in heftigen Böen zusätzlich an der schäbigen Hütte rüttelte und damit alles, was nicht niet und nagelfest war schepperte und wackelte, dass es einem wirklich Himmelangst werden konnte.
 

In diesen einsamen Nächten an denen ich aus Angst ihn auch nur für kurze Zeit aus den Augen zu lassen fast gänzlich ohne Schlaf oder wenn dann nur mit sehr wenig davon auskommen musste, war ich innerlich wie in Trance schon allein aus Furcht davor, ich wäre im Notfall nicht zur Stelle.
 

In jenen Nächten spürte ich es zum ersten Mal in meinem Leben wie es war, einer Naturgewalt hilflos ausgeliefert zu sein.
 

Und nicht nur das..auch die Tatsache zu wissen, dass du dem Menschen von dem du weißt, dass er das Wichtigste für dich ist und du den Mann, den du über alles liebst verlieren könntest, nur weil niemand kommen kann um ihn und dich aus dieser schrecklich ungewissen Situation befreien. Das ist etwas, das einem direkt unter die Haut geht und dich nahezu verzweifeln lässt, weil du nicht mehr weißt, was du tun kannst um es zu verhindern.
 

Ich saß mit wachsender Verzweiflung an seinem Bett und sah ihn leiden...hörte ihn im Schlaf immer wieder vor Schmerzen laut aufstöhnen...auch da er kaum noch zu sich kam. Es schnitt mir tief ins Herz, den Mann den ich mehr als alles jemals zuvor in meinem Leben liebte, wollte ich bei Gott nicht verlieren...schon gar nichts so auf diese Weise.
 

Doch diese Endgültigkeit die unausgesprochen in der Luft lag schnürte mir regelrecht den Atem ab. Ich war zutiefst niedergeschlagen und hilflos...was sollte ich nur tun? Hier war niemand mehr...ich war vollkommen mit mir allein und auf mich gestellt!
 

Eikskild war schon längst nicht mehr in der Lage mir zu helfen oder überhaupt noch irgend eine Entscheidung zu treffen. Ich konnte schon froh sein, wenn er wenigstens noch ansatzweise zu sich kam und in kurzen klaren Momenten ansprechbar war, was aber allerdings kaum noch der Fall war. Seine Pulsfrequenz hatte sich inzwischen ebenfalls stark erhöht...und auch seine Atmung ging mehr und mehr unregelmäßig. Noch ein untrügliches Anzeichen, dass es ihm gesundheitlich verdammt schlecht gehen musste.
 

Also war ich gezwungen etwas zu unternehmen oder wenigstens alles zu versuchen ihn zu retten, wenn nur irgend möglich...und das schnellstens...ich spürte instinktiv, dass jede Minute zählte.
 

In dem Augenblick hatte ich glücklicherweise die zündende Idee...die Notrufstation in Longyearbyen!
 

Ich musste versuchen Hilfe her zu bekommen um jeden Preis und das auch noch so rasch als irgend machbar, denn in seinem Zustand war Eikskild alles andere als über den Landweg transportfähig, selbst wenn ich es eigenhändig versucht hätte ihn mit mittels des Motorschlittens den Kili bei uns beiden zurück gelassen hatte über die zugefrorene Beringsee zu bringen. Er würde mir unterwegs vermutlich irgendwann vollständig kollabieren, denn dazu war es eindeutig zu kalt und zu weit, das war mir bewusst und damit keine Option.
 

Uns konnte damit jetzt eigentlich nur noch der schnellstmögliche Abtransport durch den Helikopter helfen. Was bedeutete, dass ich genau den noch einmal anfordern musste. Ich hatte es vor zwei Tagen schon einmal versucht, als es dem Trapper noch weitaus besser ging, war dabei aber von der Station mit der Nachricht, dass das Wetter zu schlecht zum fliegen sei erst einmal vertröstet worden.
 

Aber jetzt standen ganz eindeutig Leben auf dem Spiel...ich durfte nicht mehr länger warten, wenn ich ihn retten wollte. Hastig erhob ich mich von meinem Stuhl auf dem ich bis jetzt an seinem Bett gesessen hatte..ich spürte die eigene Erschöpfung die mich fast straucheln ließ, als ich aufstand. Ich war am Rande meiner körperlichen Kräfte angelangt. Der permanente Schlafmangel, die Angst um ihn und auch das, was ich dahingehend an eigenen Bedürfnissen an essen und trinken zurück gestellt hatte, machte sich jetzt gnadenlos bemerkbar und so dauerte es einen Moment lang, bis ich mich in so weit gefangen hatte, dass ich zum Funkgerät hin laufen konnte.
 

Innerlich dankte ich dem Trapper bei allen Göttern dafür, dass er mir einmal gezeigt hatte, wie man damit umgehen musste...nur für den Fall der Fälle, der nun unweigerlich eingetreten war.
 

Hastig riss ich das kleine Sprechmodul des amplitudenmodulierten Transceivers aus der Verankerung und bedankte mich abermals stumm, dass Eikskild zudem so schlau gewesen war, mir die Sendefrequenz auszuschreiben, auf der ich die Notrufstation in Longyearbyen anfunken konnte.
 

Ich drehte am Sendeknopf bis ich die entsprechende Frequenz von 117,975 bis 137 MHz eingestellt hatte, es knackte und rauschte kurz doch dann konnte ich die Station in Longyearbyen hören und drückte eilig den Knopf am Sprechmodul…
 

„MAYDAY..MAYDAY bitte kommen. Können Sie mich hören? Hier Bodenstation 221 auf Barentsøya!“
 

Meine Stimme überschlug sich fast als ich die Worte spürbar hysterisch in das Walkytalky brüllte…dann ließ ich den Knopf los und wartete darauf, dass ich hoffentlich gleich eine Antwort erhalten würde.



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