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A Cats' Fishing Ground

von
Koautor:  Caracola

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11. Kapitel

Obwohl er immer noch vor dem Bett auf dem Bauch lag, sich die Flusen darunter ansah und sich überlegte, wie er mit Flockes Hilfe wieder aufstehen konnte, damit sie beide von Viola keinen Mordsärger bekamen, hüpfte Zins Herz doch bestimmt nicht vor Schreck, sondern vor Freude, als er das Motorengeräusch ihres heißen Untersatzes erkannte, der sich ziemlich schnell näherte.

„Flöckchen ... entweder jetzt oder nie.“

Leicht ächzend, aber mit einem breiten freudigen Lächeln, drückte Zin sich mit beiden Händen vom Boden ab, machte einen halben Liegestütz und versuchte dann – nicht zum ersten Mal an diesem Abend – sein Knie anzuziehen und sich anschließend am Bettgestell festzuhalten. Zu seinem größten Erstaunen funktionierte es sogar und seine Finger konnten sich in der weichen Decke festkrallen, bevor er schwer atmend seinen Kopf auf die Matratze fallen ließ.

Viola war schon an der Tür. Er konnte hören, wie sie aufschloss.

„Okay. Nur noch ... ein Stück.“

Es war Flocke, die ihn irritiert und auf der Hut aufsehen ließ.

Die weiße Katze, die bis jetzt geduldig auf dem Bett gesessen und Zin zugesehen hatte, spitzte auf einmal die Ohren, legte sie nach hinten und war dann wie der Blitz auf den Gang verschwunden. Und so wie Zin sehen konnte, allerdings nicht in Richtung ihres heißersehnten Frauchens.

Keine halbe Minute später wusste er, was das Problem war.

Es hieß Cid, war männlich und der Stimmlage nach gerade in der Brunft.

„Scheiße.“

Zin stieß noch mehr Flüche aus und das sogar lautstark. Aber dank der hohen Frequenz, in der seine Signale gegen die Wände knallten, sollte das nicht des knutschenden Pärchens Sorge sein.

Gott, wie er diese Schmatzgeräusche doch zum ...

Sein Herz krampfte sich unerklärlicherweise bei einem Seufzen zusammen, das eindeutig von Viola kam und nichts Anderes als ... Zustimmung bedeuten konnte. Diesmal tat sein Fluch sogar seinen eigenen Ohren weh.

Allerdings brachte es ihn auch auf beide Knie und auf die Handflächen, als er wieder halb vom Bett rutschte und sich robbend dahinter außer Sichtweite brachte. Er musste sich verstecken.

Es war anzunehmen, dass die Turteltäubchen nicht ins Gästezimmer sehen würden, aber wenn es dumm lief ... eben doch. Und wenn das passierte, war Zin geliefert.

Mit diesmal vor Anspannung klopfendem Herzen sah er sich gehetzt im Raum um.

Ein Versteck. Er brauchte ein Versteck!

Die einfachste Möglichkeit wäre das Bett gewesen, aber schon der Einblick von vorhin hatte Zin gezeigt, dass er neben dem halben Surfboard, einem Koffer, ziemlich vielen Paar Schuhen und unzähligem anderen Krempel bestimmt nicht genug Platz hatte. Mal davon abgesehen, dass er verdächtig schnell an Erstickungsgefahr durch Staub hatte denken müssen.

Da es sonst nur größere Möbelstücke in der Nähe der Tür gab und diese zu allem Überfluss offen und vom Eingang nicht wirklich weit entfernt waren ... blieb nur eines. Zin robbte zur Wand, direkt unter das Fenster, aus dem er schon des Öfteren vom Bett aus gesehen hatte. Hinter dem Haus ging es ein kleines Stück bergauf. Nicht viel – man konnte es schwerlich eine Steigung nennen. Der Abstand zwischen Fenster und Boden war also hoffentlich nicht zu hoch.

Der Stuhl schabte verdächtig über den Boden, als Zin ihn nutzte, um sich hochzuziehen, den Fensterrahmen zu erreichen und sich mit zusammengebissenen Zähnen nach draußen in die warme Nachtluft zu ziehen.

Der dumpfe Schlag, mit dem er draußen landete, ging ihm durch Mark und Bein, ließ weißes Feuer vor seinen Augen tanzen und seinen Rücken explodieren. Aber er war ... draußen. Schon fast außer Sichtweite. Wenn er jetzt noch ...

Sein Körper rollte von selbst die leichte Schräge hinunter, keilte sich neben einer Regentonne ein und blieb dann schlaff liegen, nachdem Zin seine letzten Kräfte aufgebraucht hatte, um sich zu ein paar Spinnen hinter die dunkle Tonne außer Sicht zu ziehen.
 

Viola ließ es zu, dass Cid sie an den Türstock presste. Zumindest für einen Moment, in dem ihre Libido die Funktion ihres Gehirns übernahm. Doch als wäre das ein Zeichen, fuhr plötzlich ganz kurz aber sehr intensiv, ein stechender Schmerz in ihre Schläfen und rief sie zur Ordnung.

Sie brauchte einen Augenblick, bis sie sich von Cid loseisen konnte, doch schließlich zog sie sich vor ihm zurück und stemmte die Hände gegen seine Brust.

„Cid. Stopp. Du kannst nicht einfach mitten in der Nacht hier aufkreuzen und mich so überfallen. Ich komme gerade von einem harten Arbeitstag, bin verschwitzt und müde. Das Einzige, was ich in meinem Bett jetzt noch tun will, ist zu schlafen, okay?“ Zumindest laut ihrer offiziellen Version. Eigentlich wollte sie jetzt einfach nur nach Zin sehen, und dass sie sich von Cid davon hatte abbringen lassen, wenn auch nur für einen Augenblick, machte sie rasend.

War sie denn wirklich schon so schlimm wie ihre Mutter?

„Ach, komm schon, Vy. Ich würde dich gerne ins Bett bringen. Mein Angebot-“

„Nein“, bestimmte Viola entschieden, während sie Cid mit ihrem Finger die Lippen verschloss und dann zur Seite auswich, weil er keinen Schritt zurücktreten wollte. „Kein Schaumbad. Keine Massage und auch keine ... Gutenachtgeschichten. Wir sehen uns ein andermal, okay?“

Bitte geh einfach. Komm schon. Einen Tag oder zwei wirst du es doch noch aushalten!

Kurz schien es in Cids Surferhirn zu rattern, während er Viola unverhohlen enttäuscht ansah. Dann jedoch lächelte er auf seine fast schon charmante Art, wenn er dabei nicht so verwegen aussehen würde.

„Okay. Ein andermal. Rufst du mich an?“

„Ja, mach ich“, versprach Viola erleichtert. "Und tut mir echt leid.“

„Ach. Ich versteh das“, winkte Cid ab.

Ach, wirklich? Cid verstand es hart zu arbeiten? Bei seinen reichen Eltern? Wohl kaum. „Dann, gute Nacht.“

Sie drückte ihm noch einen Abschiedskuss auf die Lippen, während sie kaum ihre Ungeduld verbergen konnte, doch Cid schien es zu schlucken.

Noch einmal sah er sie schweigend an, als würde sie es sich noch einmal anders überlegen, wenn sie das Angebot nur lange genug betrachtete. Das tat sie jedoch nicht.

„Gute Nacht, Vy.“

Endlich ging er.

Trotzdem warte Viola, bis die Rücklichter von Cids Wagen in der Ferne verschwunden waren, erst dann drehte sie sich um und stürmte ins Haus.

Ihr erster Weg führte zum Gästezimmer, wo sie das Licht anmachte, obwohl Zin schon schlafen könnte, nur dass er nicht einmal hier war.

„Zin?“, fragte Viola verwundert, während ihr Herz ein paar Gänge höher schaltete.

Er war nicht da. Aber wie -?

Sofort lief sie um das Bett herum, um zu sehen, ob er vielleicht gestürzt war, doch er war nirgends. Auch nicht unter dem Bett, wo auch kaum Platz für ihn gewesen wäre. Hinter der Tür war er auch nicht, genauso wenig wie im Badezimmer.

Panik machte sich in Viola breit.

„Zin?“, fragte sie erneut, schon lauter und ihre Sorge nicht verbergend, doch es kam keine Antwort. Nur Flocke kam bei ihrer Frage die Treppe herunter gestiefelt und sah sie mit unverhohlener Verachtung an.

„Ja, ja, Süße. Ich weiß, dass du den Kerl nicht leiden kannst. Aber jetzt mal ernsthaft, wo steckt Zin?“

Schweigen war die einzige Antwort, der sie offenbar würdig war.

Scheiße.

„ZIN!?“

Noch einmal lief Viola durch das ganze Haus, sah sogar im oberen Stockwerk nach, so unwahrscheinlich das auch war. Doch Zin war nirgends und raus hätte er gar nicht gekonnt, da alle Türen abgeschlossen gewesen waren. Aber wo war er dann nur?

Wieder in Zins Zimmer angekommen, versuchte sie seine Witterung aufzunehmen, was nicht viel brachte, da es im ganzen Raum nach ihm roch. Noch relativ frisch zwar, aber der Geruch schwand allmählich in der kühlen Abendluft.

„Verdammt noch mal, Zin!?“

Sie schnupperte noch einmal, ging über den Flur, versuchte wieder seine Witterung aufzunehmen, aber ihr Geruchssinn war nicht perfekt. Besser, als der jedes anderen Menschen, aber lange nicht so gut, wie in ihrer -

Viola dachte kaum den Gedanken zu Ende, als sie sich auch schon das Oberteil über den Kopf riss, ihre Hose runter strampelte und den BH mit ihren Krallen zerfetzte.

Ihr Slip und die Socken gingen flöten, als die Form ihres neuen Körpers die Maße sprengte.

Plötzlich war alles viel klarer zu erkennen, was die Gerüche anging, weshalb sie sofort noch einmal über den Flur tapste.

Zin war im Bad gewesen. Hatte offensichtlich eine längere Pause auf dem Teppich im Flur gemacht und war dann wieder ins Zimmer zurückgegangen. Denn sonst waren hier nirgends Gerüche von ihm im Haus, außer ...

Viola sprang auf das Bett und dann zum Fenster.

Ja, da! Sie witterte etwas.

Es kostete sie keine Mühe direkt über das Fensterbrett hinweg nach draußen zu springen und danach fand sie Zin noch sehr viel schneller, da ihre Augen selbst in der Dunkelheit alles scharf erkennen konnten und den Rest erledigte ihre Nase.

Zin lag bei ihrer vollen Regentonne im Dreck. So versteckt, dass sie ihn auf normalem Wege nie gefunden hätte. Zumindest nicht so schnell wie jetzt.

Zin?

Aus ihrem Mund kam nur ein Fiepen, als sie ihn mit ihrer Schnauze anstupste und ihm übers Gesicht leckte.

Gott, er war dreckig, und wenn sie sich nicht irrte, was seinen Geruch und die dunklen Flecken auf den Verbänden anging, blutete er schon wieder. Oder hatte es zumindest getan. Sie konnte das jetzt auf die Schnelle nur schwer sagen.

Was zum Teufel hatte er sich nur dabei gedacht?

Viola verwandelte sich zurück, damit sie ihm ordentlich die Leviten lesen konnte, sobald er auch nur ein Auge öffnete.

„Zin? Was zum Teufel machst du hier draußen?“, fragte sie ziemlich besorgt, da sie vor Angst zitterte und dieses Gefühl noch ihre Wut überdeckte.

Für einen Moment hatte sie tatsächlich geglaubt, er hätte sie verlassen!
 

Irgendwo sehr weit hinten in seinem müden Bewusstsein, hörte er jemanden seinen Namen rufen. Einmal ... zweimal? Zin war sich nicht sicher, ob er antworten sollte. Sein Instinkt sagte ja, aber sein Hirn sagte nein. Er lag zwar hier im Dreck, blutete und war nah daran, sein Bewusstsein einmal wieder zu verlieren ... Aber er würde jetzt nicht auf sich aufmerksam machen. Dann wäre die ganze Aktion umsonst gewesen. Man würde ihn finden und dann ...

Etwas kitzelte ihn am Knöchel, als wäre es nicht schon schwierig genug zu ignorieren, dass ihm jemand mit aller Gewalt die Kiemen aus dem Leibe reißen wollte.

Zins Hinterkopf sank gegen die Hauswand und seine Wange landete sogar noch tiefer im Dreck, als bisher. Er fühlte das angestrengte Zittern, das das Innere seiner Muskeln füllte und ihm sagen wollte, dass er es diesmal wirklich übertrieben hatte. Aber ... solange man ihn nicht fand, war es das alles wert gewesen. Besser, als dass der Hormonhaufen ihn sah und die Behörden holte. Sie würden Zin zu Fischstäbchen verarbeiten.

Er lächelte schwach, als er daran dachte und schaffte es noch gerade so, sich über diese Reaktion Sorgen zu machen, bevor sein Kopf beschloss einen Gang herunter zu schalten, und ihn schlafen zu lassen.

„- machst du hier draußen?“

Überrascht riss er das Auge auf, das nicht nur Erdboden sehen konnte.

Viola?

Was machte sie denn hier? Und noch dazu -

Zin schloss das Auge wieder und atmete einmal geräuschvoll durch den Mund ein und aus.

„Ich spiele Verstecken. ... Jetzt bist du ... mit Verstecken dran.“
 

„Verstecken? Verstecken!? Hast du sie nicht mehr alle?!“

Viola fuhr sofort ihre Lautstärke wieder herunter, nachdem sie beinahe in einem Kreischen ihren Höhepunkt gefunden hatte. Allerdings musste sie sich üble Betitelungen wie: Verdammter Vollidiot und lebensmüder Irrer doch sehr schwer verkneifen, während sie nach Zins Kopf griff, um zumindest diesen aus dem Dreck zu holen.

Gott, sie war so ...

Hätte sie noch Pelz an, sie hätte Zin so derart angefaucht, dass es ihm jedes noch so winzige Härchen aufgestellt hätte.

„Wenn du dich umbringen willst, dann hättest du mich doch nur zu fragen brauchen“, fuhr sie bitterböse fort und grabschte auch nach Zins Arm, um ihn weiter aufzusetzen. „Ich wäre dir dabei mit Freuden behilflich gewesen. Dann müsste ich mir wenigstens nicht mehr ständig Sorgen um dich machen, du verdammter ... du verdammter MEERMANN!“

Violas Unterlippe bebte und ihre Augen brannten schrecklich, doch sie gab ihrer Schwäche nicht nach, sondern legte sich Zins Arm um den Nacken und zog ihn in die Höhe. Es war ihr momentan egal, ob sie ihm dadurch noch mehr wehtat. Noch mehr Schaden konnte sie nicht mehr bei ihm anrichten, als er womöglich es schon selbst getan hatte.

„Und wenn du dich hier jetzt auch noch verabschiedest, dann warte nur, bis du wieder aufwachst. Dann kannst du was erleben, Freundchen!“, knurrte sie weiter, obwohl es etwas atemlos klang.

Gott, er war genauso schwer, wie er groß war. Als hätte sie nicht noch frisch in Erinnerung, wie es gewesen war, ihn vom Strand ins Haus zu schleppen.

...

Na toll. Sie würde ihn wieder baden können, so wie er aussah.

„Komm schon. Ich bring dich ins Haus zurück.“

Als Viola ihn weit genug auf die Beine gezogen hatte, schlang sie ihren Arm um Zins Rücken, um so irgendwie das Gleichgewicht und zusätzlich seinen Körper halten zu können.

Ihre müden Muskeln wollten dabei nicht so recht mitmachen, aber ihre Wut, ihre Sorge und ihre Entschlossenheit halfen da aus, wo ihre rein körperliche Kraft fehlte. Sie würde ihn verdammt noch mal ins Haus bringen, koste es, was es wolle!
 

Er wurde von Viola in die Höhe gezerrt, auf die Füße gestellt und bereits ein Stück vorwärts gezogen, bevor Zin überhaupt richtig verstand, was los war. Die Beschimpfungen hatte er mitbekommen, auch wenn er den Inhalt noch nicht so ganz hatte schlucken können. Aber jetzt wollte sie ihn ins Haus -?

„Warte!“

Zins Hand griff nach dem Fensterrahmen. So unerwartet und scheinbar doch so eisern, dass es Viola in ihrem Vorhaben stoppte und sie beide fast von den Füßen riss.

Mit zu Schlitzen verengten Augen und einem Ausdruck darin, den man nur als schneidend skeptisch bezeichnen konnte, sah Zin Viola an. Sie keuchte so sehr, wie er es tat, wenn sie auch nicht so blass war, wie Zin sich fühlte. Er hätte gern das Blut ausgespuckt, das er zwar nicht auf der Zunge, aber an seinen Kiemen schmecken konnte.

„Ist er weg?“, wollte Zin mit düsterer Stimme wissen.

Er traute Viola nicht zu, dass ihr Lover noch gemütlich auf der Couch saß, während sie den Fisch draußen aus dem Dreck zog. Aber was wusste er schon davon? Vielleicht hatte sie ihm gesagt, er solle warten.
 

Viola hätte Zin beinahe fallen gelassen, als er sich an dem Fensterbrett festklammerte.

„Was?“, fragte sie ihn verwirrt, ehe ihr müdes und zugleich so aufgebrachtes Gehirn richtig schaltete.

Als die Frage bei ihr ankam, konnte sie sich ein Knurren nun wirklich nicht verkneifen. Nicht nur das. Allein für die Frage hätte sie ausrasten können.

Glaubte er denn wirklich sie würde -?

Mit nur schwer beherrschtem Gesichtsausdruck sah sie ihn an, während sie ihn dazu zwang, auch sie anzusehen, in dem sie ihm eine Hand unters Kinn legte.

„Glaubst du ernsthaft, ich würde dich an einen Menschen verraten, nachdem du sehr wohl weißt, was ich selbst bin? Oder glaubst du ernsthaft, ich würde hier zum Spaß nackt herumlaufen? Also, entweder du lässt diese verdammte Fensterbank sofort los und lässt mich dich endlich ins Haus bringen oder wir klären die Vertrauensfrage gleich hier und jetzt. Du kannst es dir gerne aussuchen, ich habe die ganze Nacht Zeit.“ Allerdings wusste Viola nicht, wie lange ihre Geduld mit ihm noch ausreichen würde. Wäre er nicht schon verletzt, sie würde ihn wesentlich härter rannehmen, allein für die Frechheit, dass er ihr so einen Verrat unterstellte.
 

Zin biss hart die Zähne aufeinander und starrte Viola ins Gesicht.

Natürlich hatte sie Recht. Allein, dass er ihr für eine Sekunde ansatzweise unterstellt hatte, sie würde ihn an diesen brunftigen Affen verraten, war eigentlich unverzeihlich. Aber was hätte er denken sollen? Zin versuchte die Ausflüchte einzudämmen, die sich in seinem Kopf breitmachten, und nahm stattdessen seine Hand von der Fensterbank, um sie flach auf die Hauswand zu legen und sich damit abzustützen.

„Tut mir leid, aber ...“ Er stoppte sich, bevor er ihr sagen konnte, dass der Typ ihn einfach angekotzt hatte. Dass es sich scheiße angefühlt hatte, ihnen beim Knutschen zuhören zu müssen und darauf zu warten, dass sie am Gästezimmer vorbei, kichernd nach oben gingen, während sie sich gegenseitig die Klamotten vom Leib rissen. Verdammt, selbst wenn er jetzt daran dachte, wäre er diesem Cid am liebsten an die Gurgel gegangen.

„Ich vertraue dir. Aber nicht dem Menschen.“ Diskret formuliert entsprach das der Wahrheit.
 

Viola seufzte und versuchte wieder von ihrem Trip herunter zu kommen. Wenn Zin sich entschuldigte, fiel es ihr ziemlich schwer, ihre Wut aufrechtzuerhalten, vor allem, da sie sehr wohl immer noch sein Blut wittern konnte.

„Glaub mir, der Mensch, dem ich vertraue, ist noch nicht geboren worden. Also komm' lassen wir die Homo sapiens Homo sapiens sein und ziehen unser eigenes Ding durch.“

Viola stützte Zin erneut, bis Haut auf Haut lag, Kühle an Hitze.

Würde es ihm nicht so dreckig gehen und sehe er nicht auch dementsprechend aus, Viola hätte dieses Kribbeln auf ihrer Haut irgendetwas gesagt, doch so ignorierte sie es und schob ihre wirren Gedanken und Gefühle auf die momentane Stresssituation. Zum Glück war es mit Zins Hilfe nicht mehr so schwer, ihn um das Haus herum, zur Vordertür zu bringen.

Einen Moment überlegte sie trotzdem, ob sie ihn nicht einfach auf dem Bett ablegen sollte, aber Wasser würde ihm jetzt wirklich nicht schaden, also schleppte Viola ihn ins Badezimmer und ließ ihn sich auf den Badewannenrand setzen.

„Halt still, okay? Ich nehm' dir den Verband ab und dann machen wir dich erst einmal sauber.“

Da Viola keine Schere in Griffweite hatte und sie Zin nicht ohne weiteres loslassen wollte, da er so mitgenommen aussah, dass sie seinen Kräften nicht mehr traute, benutzte sie ihre Krallen, um den Verband vorsichtig durchzutrennen, ohne Zins Haut dabei zu berühren.
 

Sie hatten es unfallfrei ins Haus und sogar ins Bad geschafft.

Jetzt, da Zin auf dem schmalen Rand der Badewanne saß, auf seine Füße starren und die kleine Spinne von dort verscheuchen konnte, die er von draußen mit hereingetragen hatte, wurde ihm etwas Anderes sehr deutlich bewusst, das nichts mit seiner Flucht aus dem Haus oder seinen Schmerzen zu tun hatte.

Immer schön auf den Boden sehen. Gerade runter auf deine eigenen Zehen. Nirgendwohin sonst. Zehen, Zehen, Zehen ...

Seine Eigenen, dann die kleinen hübschen, mit dem silbernen Nagellack, der allerdings ziemlich abgesplittert und zerrissen aussah. Was allerdings diesen süßen Zehen wenig Schönheit nahm und auch die schlanken Fesseln waren nicht zu verachten.

Als er tief Luft holte, hatte das zwei Dinge zur Folge. Zuerst einen kurzen Schmerz an seiner Seite und dann einen Fluch von Viola, der selbst Zin irritiert aufsehen ließ. Ja, sie hatte ihn wohl gekratzt, aber so schlimm war das nicht.

„Kein Grund zur -“

Zin blinzelte wild, glitt mit seinem Blick von dem flachen, glatten Bauch ab, schlitterte über die gefährlich sanften Schwünge der Hüften und die elegante Rundung eines knackigen Pos und stürzte getroffen wieder auf die Kacheln zu seinen Füßen. Seine Brauen waren hochgerissen, während er starr auf den Boden sah und seinen Mund so fest verschloss, als hätte man ihn zugenäht.

Ein Muttermal. Ein ganz Kleines ... perfekt rund, direkt unter -

Zehen! Deine Eigenen!
 

Verdammt. Als hätte er nicht schon genug Kratzer im Rücken, jetzt musste sie ihn auch noch zeichnen!

Still vor sich hinfluchend und dabei eine Entschuldigung murmelnd, säbelte sich Viola das letzte Stück durch die Bandagen, ehe sie Zin ganz davon befreite.

„So, jetzt setz dich rein.“

Sie half ihm in Wanne.

Nun, da das erledigt war, konnte sie sich schnell etwas überziehen.

Es war ihr zwar weder kalt, noch wirklich peinlich, aber der Sheriff hatte sie inzwischen oft genug wegen Nacktheit in der Öffentlichkeit verhaftet, dass dieses gewisse Unbehagen haften geblieben war.

„Ich komme gleich wieder.“

Schnell tapste sie aus dem Bad, um im Flur ihr Kellnerinnentop aufzuheben und es sich zusammen mit ihren Shorts anzuziehen.

Danach kniete sie sich zu Zin neben die Wanne und half ihm dabei, sich sauber zu machen. Wie immer war das Wasser nur lauwarm, aber das würde es schon tun. Nebenei konnte sie sich die Verletzungen ansehen.

„Zwei Fäden sind wieder aufgegangen, darum blutest du auch“, ließ sie ihn wissen. „Ich werde die zwei Stiche noch einmal machen müssen.“

Wieder seufzte sie, nur dieses Mal klang es wirklich erschöpft. Allerdings erschöpft von Sorge.

„Bitte mach so was nie wieder“, bat sie ihn leise, während sie vorsichtig die Wunden auswusch.

„Ich hätte ihn doch niemals ins Haus gelassen, weil ich wusste, dass du da bist.“

Wen sie mit 'ihn' meinte, musste sie wohl nicht erklären. Momentan hätte sie Cid am liebsten zum Teufel gejagt, da er auch zum Teil Schuld daran war, dass es Zin wieder schlechter ging. Aber er konnte im Grunde überhaupt nichts dafür, hatte er doch absolut keinen blassen Schimmer von Violas Gast.
 

Die zwei Fäden waren ihm eigentlich egal. Es fühlte sich nicht großartig anders an, als bisher. Es tat weh, es brannte und außerdem fühlte er sich so, als hätte ihn zusätzlich jemand windelweich geprügelt.

Deshalb ließ Zin sich auch schlapp in die Wanne gleiten, nachdem Viola seinen Rücken begutachtet hatte und er sie jetzt wieder ohne ein schlechtes Gewissen ansehen konnte. Dabei fiel ihm ihr ‚Arbeitsdress‘ auf. Den er allerdings nur als Solchen erkannte, weil quer über ihre Brust das Logo der Bar prangte, in der sie kellnerte. Wurden dort die Kurven gleich mit verkauft oder was sollte der Mist?

Das kühle Material der Wanne war fast wohltuend für seinen Rücken, wäre es nicht gleichzeitig so hart gewesen. Mit einem Blick, der nicht viel zu sagen hatte, außer dass es ihm wirklich leidtat, sah Zin in Violas müdes Gesicht.

„Es ist dein Haus“, meinte er unzusammenhängend, bevor er seine Hand nach Viola ausstreckte.

Selbst darüber erschrocken, stoppte er sich in der Hälfte der Bewegung, ignorierte das hektische Klopfen in seinem Magen und legte seine Finger nur leicht auf Violas Handrücken, bevor er versuchte zu lächeln.

„Und ich verspreche, mich beim nächsten Mal nicht noch einmal aus dem Fenster zu stürzen.“

Auch wenn er hoffte, dass es so ein nächstes Mal nicht geben würde.
 

„Na, zum Glück liegt dein Zimmer nicht im ersten Stock“, meinte sie daraufhin nur, während sie Zins Lächeln erwiderte und ihm mit einem Waschlappen Dreck von der Wange wischte. Das Gleiche tat sie mit anderen Stellen, die er selbst nicht zu fassen bekam oder bei denen er nicht sah, dass sie dreckig waren.

Als nur noch klares Wasser den Abfluss hinunterlief, half sie Zin wieder aus der Wanne und hielt ihn sicher fest, damit er auf dem nassen Untergrund nicht ausrutschte. Wieder wickelte sie ihn in ein Badetuch, wie sie es schon einmal getan hatte, und führte ihn dann zurück in sein Zimmer.

Man sah Zin sofort an, wie erleichternd es für ihn sein musste, sich endlich hinlegen zu können. Wenn auch nur schon wieder auf dem Bauch oder höchstens die Seite. Schweigend kramte Viola wieder alles heraus, um ihn zu verarzten. Doch im Gegensatz zu anderen Gelegenheiten war es dieses Mal ein angenehmes Schweigen. Eines, das langsam Ruhe verbreitete und die damit einhergehende Müdigkeit.

Viola gähnte nicht nur einmal, während sie die beiden gerissenen Fäden mit einer Pinzette aus Zins Haut zog, sie durch frische ersetzte und dann alles großzügig in Mullbinden einpackte. Da sein Rücken ohnehin wie wild brennen musste, waren die zwei Stiche wohl auch nicht mehr schlimmer gewesen. Dennoch war sie äußerst vorsichtig beim Neuverbinden und umso zärtlicher, während sie dafür sorgte, dass es Zin so bequem wie möglich hatte und es ihm bald wieder besser ging.

Sie verabreichte ihm die Antibiotika, gab ihm noch eine halbe Schmerztablette aufgelöst in etwas Saft und deckte ihn leicht zu.

„Morgen sieht die Welt gleich wieder anders aus“, flüsterte Viola am Ende leise, als sie neben Zin auf dem Bett saß, eine Hand vorsichtig an seiner Seite.

„Das hat meine Omi immer zu mir gesagt, wenn ich etwas angestellt habe.“
 

Er schluckte brav seine Medizin, ließ sich zudecken und sah dann von unten mit einem merklichen Anteil von schlechtem Gewissen zu Viola auf. Es tat ihm inzwischen noch mehr leid, dass er sich so verhalten und Viola damit Angst eingejagt hatte. Denn selbst wenn sie vorhin mehr wie eine Furie reagiert und ihn angeblafft hatte, war doch klar gewesen, dass sie sich nur Sorgen machte. Wäre es nicht so, sie hätte sich wohl kaum als Raubkatze durch das Fenster gestürzt und ihn dann splitternackt um das halbe Haus herum geschleppt.

Mit einem inneren Seufzen nahm Zin hin, dass ihn diese Abhängigkeit von seiner Retterin allmählich wirklich fertigmachte. Normalerweise war er jemand, der sich zwar nicht ausgesprochen gern um andere kümmerte – weil er dafür einfach zu wenig fähig war, sein Mitgefühl nach außen zu spiegeln – aber doch für sie da war. Oder sich in die Schusslinie warf, wenn es nicht anders ging. Dass er jetzt so unfähig herumlag ... machte ihn ganz kirre im Kopf. Es ging sogar so weit, dass er Viola beinahe erzählt hätte, dass er selbst auf der Toilette gewesen war. Allein und aus eigener Kraft.

Ja, das war bestimmt die richtige Taktik, um sie –

Zin wandte den Blick ab und schloss schließlich die Augen. So einen Blödsinn sollte er nicht denken. Schon gar nicht, wo sie doch den Brunftaffen hatte.

„Eine weise Frau, deine Omi“, meinte er leise und musste sich unheimlich zusammennehmen, um nicht nach Violas Hand zu fassen, die so warm auf seiner Seite ruhte.

„Vielen Dank, Viola. Und das alles nach einem anstrengenden Tag ...“ Sollte er sie fragen, ob er ihr die Füße massieren sollte? Bestimmt war sie viel gelaufen, in unbequemen Schuhen. Und so eine kleine Massage war noch dazu entspannend. Sie würde besser schlafen können.

Zin sah noch einmal hoch ... Und der Moment verstrich. Nicht zum ersten Mal hätte er sich selbst dafür in den Hintern beißen können, aber das änderte leider nichts.

„Du siehst ziemlich müde aus.“

Wie wäre es, wenn du hier bleibst und dich ausruhst? Ich könnte ... auf dich aufpassen.

Nein. Könnte er nicht.
 

„Ja ... Ja, das war sie ...“

Viola rieb sich mit ihrer freien Hand über die brennenden und müden Augen. Nun, da das ganze Adrenalin nachgelassen hatte, erschlug ihre Erschöpfung sie regelrecht. Sie schlief beinahe im Sitzen ein und konnte kaum Zins Worten folgen, die so zäh wie Honig in ihrem langsam erstarrenden Gehirnwindungen ankamen.

Noch einmal gähnte sie hinter hervorgehaltener Hand, als wolle sie Zins letzte Feststellung noch ausreichend untermauern.

Sie war auch ziemlich müde ...

„Ich ... werde dann mal ins Bett gehen“, prophezeite sie anschließend, ohne sich jedoch zu rühren. Stattdessen suchte ihr müder Blick den von Zin, und ein schwaches Lächeln erschien auf ihren Lippen.

Diese grauen Augen waren einfach so ...

Violas Hand glitt von seiner Seite zu Zins Brust, dort wo sie seinen Herzschlag fühlen konnte.

„Meine Omi hat mir noch etwas beigebracht.“ Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern.

Sie zog ihre Hand zurück und beugte sich vor, um die Stelle zu küssen, auf der ihre Hand gerade noch gelegen hatte.

„Damit es schneller heilt“, erklärte sie und stand auf. „Gute Nacht, Zin.“

Sie schlurfte aus dem Raum und ließ die Tür einen Spalt breit offen, damit Flocke ihm Gesellschaft leisten konnte, wenn sie wollte.

Viola selbst schlief schon halb mit der Zahnbürste im Mund und schaffte es daher nur noch, sich die wenigen Klamotten abzustreifen und unter den hauchdünnen Stoff ihrer Decke zu schlüpfen, ehe bei ihr ganz die Lichter ausgingen und das für viele Stunden.
 

„Gute Nacht ... Viola“, antwortete er leise und mit einem warmen Lächeln.

Zins Hand lag auf seiner Brust, seine Fingerspitzen genau auf dem Punkt, an dem er sich mit aller Macht das Gefühl erhalten wollte, das ihre Lippen hinterlassen hatten. Warm und weich ... und noch einiges mehr. Vielleicht würde es sogar in der Weise helfen, wie Viola es beabsichtigte.

Ohne sich weitere Gedanken über ihre Beweggründe zu machen, knipste Zin das Licht im Gästezimmer aus und schloss die Augen. Es wunderte ihn nicht einmal, dass er auch dann noch das Bild ihres Gesichts sehen konnte. Dieses Lächeln, die müden, aber trotzdem strahlenden Augen.

Zin schlief schmunzelnd ein, die Decke gegen seine Brust gedrückt. Auch wenn er gern etwas Anderes im Arm gehalten und daran gekuschelt eingeschlafen wäre. Jemand ... anderen.

...

Seine Lippen waren leicht geöffnet, seine Augen immer noch geschlossen. Man konnte seine Unruhe nur daran erkennen, dass er sich mit einem schweren Seufzen auf die Seite rollte. Die Finger in die weiche Decke gekrallt, streckten sich seine Zehen immer wieder ... zitterten seine Wimpern und Zin schluckte hart, bevor er ein leises wohliges Fiepen hören ließ, ehe er weiter in süßen Träumen badete.



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