STAR TREK - AFTERMATH - 01 von ulimann644 (Eiskalt erwischt) ================================================================================ Kapitel 7: Nachbeben -------------------- Als Henrike Xi Manski wieder zu sich kam dröhnte ihr Kopf, als hätte ein Riese ihn als Trommel benutzt. Sie wippte für einen Moment mit dem rechten Fuß in dem imaginären Takt und schlug dann die Augen auf. Erst jetzt fühlte sie, dass sie auf dem Rücken lag. Außerdem lag sie weich, was bedeutete, dass sie nicht mehr auf der Straße lag. Doch wo war sie? Und vielleicht noch wichtiger: Wer hatte sie hierher gebracht? Eins war Henrike Xi Manski klar: Der Attentäter war es keinesfalls, denn der, oder die, hätte sich wohl kaum so einen Umstand mit ihr gemacht. Immer noch reichlich verwirrt sah sie nach oben – direkt auf den sich langsam drehenden Propeller eines Deckenventilators. Als die Umgebung wieder vor ihren Augen verschwamm stöhnte sie auf und fragte kratzig: „Was, zur Hölle, mache ich in einem Hubschrauber?“ An ihrer linken Seite klang ein leises, amüsiertes Lachen auf. „Kein Hubschrauber, Miss Xi Manski. Das nannte man früher Air-Condition. Sie befinden sich nicht mehr in Duisburg. Ich hielt es für sicherer, Ihren Kollegen und Sie in ein Krankenhaus zu schaffen, dass ganz in der Nähe des Sicherheitsdienst-Hauptquartiers liegt.“ „Der Andorianer ist mein Freund“, ächzte die Frau und drehte sich ahnungsvoll auf die Seite. Wie erwartet sah sie dort die Gestalt eines schwarzhaarigen Mannes. Etwas gereizt erkundigte sie sich: „Sie schon wieder, Gardner. Werde ich Sie denn gar nicht mehr los?“ „Ich kann auch nichts dafür, dass Sie sich permanent in Dinge einmischen, die sie in Teufels Küche bringen“, erwiderte der Commander gutmütig. „Zum Glück hatte ich einen kleinen Peilsender an den Rand Ihrer Seidenschleife eingehakt, bevor ich Sie Ihnen auf der COLUMBIA zurückgab. Sonst hätte mein Team und ich Sie beiden nämlich nicht rechtzeitig erreichen und retten können. Das soll natürlich in keinster Weise eine Erinnerung an Ihre selbstverständliche Dankespflicht sein.“ Henrike funkelte den Mann unwillig an, ob seiner ironischen Bemerkung, ging aber nicht weiter darauf ein. Stattdessen kam sie auf das Naheliegende zu sprechen, indem sie sich bei Gardner erkundigte: „Wie geht es Kri´Styan? Ist er…“ „Er lebt“, beeilte sich der Commander ihr zu versichern. „Seine Verletzungen werden ihn zwar für einige Wochen ans Krankenbett binden, doch er wird wieder gesund werden. Sie können sich beruhigen. Sie selbst haben lediglich eine große Beule und eine leichte Gehirnerschütterung davongetragen. Sie werden schnell wieder auf Deck sein, Ma´am.“ „Sie wissen aber schon, dass das gleich klingende Mhäm bei Tellariten ein ziemlich übles Schimpfwort ist, Commander Gardner?“ Der Mann nickte. „Ja, aber zum Glück sind Sie ja keine Tellaritin und es ist außer uns beiden sonst niemand hier.“ „Ein Punkt für Sie“, grummelte die Frau und erkundigte sich dann unvermittelt: „Darf ich aufstehen, oder bin ich auch ans Bett gefesselt?“ Der Commander lächelte fein. „Oh, es spricht nichts dagegen, dass sie aufstehen, meinte der Arzt. Allerdings sollen Sie es, für einige Tage ruhig angehen lassen. Da sich Ihre Sachen noch bei der Forensik befinden müssen Sie allerdings mit der Uniform, die dort auf dem Nachttisch liegt, Vorlieb nehmen. Und aus einem weiteren Grund, den ich Ihnen mitzuteilen habe wenn Sie sich angezogen haben. Ich werde vor der Tür warten.“ Noch während der Commander sich erhob, schlug Henrike die leichte Bettdecke zur Seite und schwang ihre langen Beine aus dem Bett. Dabei meinte sie spöttisch: „So ein Blödsinn. Sie haben mich doch schon splitternackt gesehen. Es reicht, wenn Sie sich umdrehen, falls es Ihnen damit besser geht.“ Gardner legte wortlos die Hände auf den Rücken und wandte sich, mit einem leisen Räuspern, zum Fenster des Krankenzimmers um. Erst, als sich Henrike ihrerseits ziemlich laut vernehmlich räusperte, drehte sich Gardner wieder zu der Frau um. Er grinste jungenhaft, als er sagte: „Die Uniform scheint wie für Sie gemacht, Miss Xi Manski.“ „Der Schein trügt“, konterte die Frau trocken und sah den Commander fragend an. „Jetzt würde ich gerne meinen Freund besuchen, Commander.“ Gardner, der dem Klang ihrer Stimme nach horchte, erlaubte sich ein Schmunzeln und gab friedfertig zurück: „Natürlich dürfen Sie zu ihrem… Freund.“ Dabei dachte der Mann, dass der Schein vielleicht gar nicht so sehr trog, wie es diese Frau ihm einreden wollte. Er schritt voraus, öffnete galant das Schott für Henrike und ließ ihr den Vortritt, beim Verlassen des Krankenzimmers. Solche Kavalier-Verhaltensregeln wirkten im 22. Jahrhundert mitunter verstaubt. Doch seine Großmutter mütterlicherseits hatte große Stücke auf Gentleman-Manieren gehalten – und auf Männer, denen sie zu eigen waren. Jeffrey Gardner, der seine Großmutter, zu ihren Lebzeiten, sehr gern gehabt hatte, hatte sich schon allein deshalb solche geschliffenen Manieren zugelegt. In späteren Jahren war er dann zu der Überzeugung gelangt, dass dies auch ansonsten nicht verkehrt war. Als sie in den Gang einbogen, der zum Krankenzimmer des Andorianers führte, wie Gardner ihr erklärt hatte, bemerkte Henrike Xi Manski ein halbes Dutzend Sicherheits-Leute, die auf dem Gang Wache hielten. Erstaunt blickte sie zu Gardner, der ihren Blick auffing und bemerkte: „Wir wollen jegliches Risiko ausschließen. Vielleicht versucht es der Attentäter noch einmal. Sie müssen an irgendeiner wichtigen Sache gerührt haben.“ „Wir haben die normale Ermittlung aufgenommen, Commander. Vielleicht haben wir bei der Kontrolle der Finanzen von THARAN-INDUSTRIES etwas Wichtiges gesehen, aber bisher nicht die richtigen Schlüsse daraus gezogen.“ Gardner nickte nur und Henrike überkam das unbestimmte Gefühl, dass er etwas zurückhielt. Doch im Moment war keine Zeit nachzuhaken, da sie vor dem Schott zum Krankenzimmer des Andorianers anhielten. Da das Schott zur Hälfte aus transparenten Elementen bestand sah Henrike ihren Freund und Kollegen bereits von hier draußen. An einige Medizinische Scanner angeschlossen lag er in einem weiß bezogenen Bett. Gardner gab den Sicherheitscode für das Schott ein und die beiden Hälften glitten zischend zur Seite. Wieder ließ er der Frau den Vortritt. Henrike Xi Manski schritt langsam zum Fußende des Bettes, in dem ihr andorianischer Freund, mit geschlossenen Augen ruhte. Seine Antennen bewegten sich im Schlaf träge in verschiedene Richtungen und der Frau wurde in diesem Moment bewusst, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen schlafenden Andorianer sah. Nachdem es eine ganze Weile still geblieben war in dem Krankenzimmer, sagte Henrike mit leiser Stimme: „Es sieht gar nicht so schlimm aus.“ Gardner, der einen halben Schritt hinter der Frau, zu ihrer Rechten, stehengeblieben war, erwiderte ebenso leise: „Die Ärzte haben seine Abschürfungen und Blutergüsse sehr rasch behandelt. Mit neuester Technik. Gefährlicher waren die Brüche der verschiedenen Knochenplatten. Dabei hat ihr Freund das Glück gehabt, Andorianer zu sein. Ein Mensch hätte den Anprall des Gleiters vermutlich nicht überlebt. Die andorianische Statur ist jedoch, besonders was das Skelett betrifft, wesentlich robuster. Die Ärzte halten derzeit ihn in einem künstlichen Koma, um den Heilungsprozess zu beschleunigen. Er wird wieder.“ Henrike wandte sich bei diesen Worten des Commanders zu ihm um. Tränen rannen über ihre Wangen. Sie wollte etwas sagen, doch die Stimme versagte ihr. Gardner, der ahnte, was in Henrike Xi Manski vorgehen musste, trat zu ihr heran und sagte leise: „Kommen Sie.“ Damit nahm der Schwarzhaarige sie in die Arme und Henrike klammerte sich an ihn, wie eine Ertrinkende. All das, was sie in den letzten Tagen in sich hineingefressen hatte, brach sich nun Bahn. Zuerst der Tod eines Mannes, mit dem sie geschlafen hatte. Dann das Attentat auf ihren besten Freund. Diese Ereignisse hatte ihre Spuren hinterlassen und nun musste sie irgendwo hin, mit ihren überbordenden Emotionen. Genau das schien dieser Commander Gardner instinktiv gespürt zu haben. Er war wohl etwas sensibler, als es zunächst den Anschein gehabt hatte. Sie brauchte im Moment eine Schulter zum Anlehnen und er bot sie ihr. Ohne Hintergedanken, dessen war sie sich ganz sicher. Als sie sich beruhigte, ließ sie den Commander los und Gardner trat einen halben Schritt zurück. Ihr dabei sein Taschentuch reichend. Henrike nahm es dankbar, wischte sich die Tränen ab und schnäuzte sich danach vernehmlich, so dass Gardner sich dazu berufen sah zu sagen: „Behalten Sie es.“ Mit einem gezwungenen Lächeln stopfte Henrike sich das Tuch in die Uniformtasche. Erst jetzt fiel ihr Blick dabei auf die drei Rang-Balken auf der rechten Schulterseite und mit leicht hochgezogenen Augenbrauen fragte sie Gardner: „Was ist denn das? Die Rangabzeichen eines Commanders? Nur weil ich mit diesem Rang entlassen wurde?“ Der Commander setzte ein entschlossenes Gesicht auf. „Nein, das gehört zu dem, worüber ich Sie in Kenntnis zu setzen habe. Bevor Sie erwachten habe ich ein längeres Gespräch mit ihrem Vorgesetzten geführt. Dezernatsleiter Kronenberg versicherte mir seine volle Kooperation. Und Ihre ebenfalls, Commander Xi Manski. Sie wurden uns von Ihrem Vorgesetzten sozusagen überstellt. Ihr Offizierspatent ist, und zwar mit sofortiger Wirkung, wieder in Kraft gesetzt.“ Es dauerte volle drei Sekunden, bis Henrike Xi Manski die Sprache wiederfand. Sie, die sonst nie um ein Wort verlegen war. „Das können Sie nicht!“ „Oh doch. Ich kann und ich habe, Commander Xi Manski. Sie werden mir bei der Aufklärung der Ereignisse, rund um die mysteriöse Auftragsvergabe von Seiten der Föderation an THARAN-INDUSTRIES, zur Seite stehen. Das sollte auch in Ihrem eigenen Interesse sein, da sich Ihr Fall und meiner überlappen. Außerdem schlafe ich ruhiger, wenn ich Sie in meiner Nähe habe. Denn irgendwie glaube ich nicht, dass Sie aufhören werden in dieser Angelegenheit herumzustochern. Wenn Sie also ohnehin ermitteln, dann lieber mit mir zusammen, haben Sie mich verstanden?“ Ein Glitzern lag in den dunklen Augen der Frau, als sie heftig entgegnete: „Aber ich wollte weg von der Sternenflotte!“ „Die Sternenflotte will Sie auch gar nicht wiederhaben“, konterte Gardner trocken. „Um aufrichtig zu sein, mein Vorgesetzter war gar nicht begeistert, als ich ihn von meiner Entscheidung in Kenntnis gesetzt habe.“ „Warum hat er es dann nicht verhindert?“ „Weil Konteradmiral Vincent Kuehn meinem Instinkt vertraut“, antwortete Gardner, ohne dass es überheblich klang. „Ich bin sicher, dass wir uns in dieser Angelegenheit positiv ergänzen werden, was unsere Fähigkeiten und Anlagen betrifft. Ich war so frei, Einblick in ihre Dienstakte zu nehmen, Commander.“ „Aber… Die sind doch für Gewöhnlich verschlossen, wenn man den Dienst quittiert hat.“, gab die Frau fassungslos zurück und stemmte ihre Fäuste in die Hüften. „Sicherheitsüberprüfung bei Wiederindienstnahme“, beschied ihr der Schwarzhaarige mit entschuldigender Miene. „Sie haben doch nicht ernsthaft erwartet, dass ich mit ihnen zusammenarbeite, ohne zu wissen, worauf ich mich dabei einlasse?“ „Misstrauischer Haufen“, knurrte die Frau, ohne jedoch ernsthaft böse zu sein. Im Grunde freute sie sich, dass sie den Fall nun ganz offiziell weiter verfolgen durfte. Nur Taner hätte sie zu gerne mit dabei gehabt. Auf eine entsprechende Frage der Frau gab Gardner Auskunft, dass Taner, sollten die Ermittlungen seinerseits länger andauern, als gedacht, als ziviler Sonderermittler des Sicherheitsdienstes daran teilnehmen würde. Das stellte Henrike Xi Manski zufrieden. „Kommen Sie, Commander Xi Manski. Lassen wir Ihrem Freund seine Ruhe. Vorerst können wir nichts weiter für ihn tun.“ Commander Jeffrey Gardner grinste unmerklich, bevor er hinzufügte: „Außerdem wundern sich die Leute, dass wir immer noch hier herumstehen.“ Befremdet sah die Frau den Commander an. „Von welchen Leuten reden Sie da?“ „Von den Lesern dieser Geschichte.“ Der Schwarzhaarige nickte bedeutungsvoll, bis das verblüffte Gesicht der Frau ihn zum Lachen reizte. Schnell erklärte er: „Entschuldigen Sie den kleinen Scherz, aber ich lese gerade ein Buch von Edgar Allan Poe. Im Vorwort äußert er die Vermutung, das Leben könnte vielleicht nur ein Traum sein – innerhalb eines Traumes. Wenn er damit Recht gehabt haben sollte, so wäre es doch denkbar, dass wir nur Charaktere in einer Geschichte sind, die sich irgendein abgedrehter Hobby-Autor ausgedacht hat. Was halten Sie von dieser Idee?“ Henrike Xi Manski legte wie zufällig ihren rechten Zeigefinger gegen ihre Schläfe und meinte kopfschüttelnd: „Das wäre wirklich zu verrückt, oder Commander?“ Gardner nickte zustimmend. „Zweifellos. Kommen Sie.“ Sie verließen das Krankenzimmer. Draußen auf dem Gang fragte Henrike, nun wieder vollkommen ernst: „Wo werde ich wohnen, solange ich unter Ihrer Sternenflotten-Fuchtel stehe, Commander Gardner?“ „An meiner Seite“, verbesserte der Mann in nachsichtigem Tonfall. „Sehen Sie, das ist der positive Aspekt dieses Arrangements mit der Sternenflotte. Sie bekommen ein großzügig dimensioniertes Appartement. Hier in Presidio. Mit einem tollen Ausblick auf die Bucht von San Francisco. Wir werden quasi so etwas wie Nachbarn. Was sagen Sie dazu?“ Henrike grinste schief. „Ich bin ganz weg.“ Gardner runzelte die Stirn und die Frau gab sich einen Ruck. „Ich danke Ihnen, dass Sie sich für mich eingesetzt haben und an mich glauben, Commander Gardner.“ „Geht doch“, murmelte der Sicherheitsoffizier leise, aber mit Betonung. Als sie die Turbolifts erreichten, von denen sie einer zur Haupthalle des Krankenhauses bringen würde, meinte er, etwas lauter und mit verändertem Tonfall: „Commander, natürlich steht es mir, als dem Jüngeren, nicht zu das vorzuschlagen, doch es wäre mir lieb, wenn wir uns nicht ganz so förmlich anreden würden. Vielleicht kommt das Ihrer eigenen Art ja etwas entgegen.“ Henrike Xi Manski warf Gardner einen dankbaren Blick zu. „Vielen Dank. Das käme mir sogar sehr entgegen, Mister…“ „Nennen Sie mich bitte Jeffrey.“ Henrike nickte zustimmend und reichte dem Mann spontan die Hand. „Gerne, Jeffrey. Für Sie dann also Henrike.“ Während sie zum Erdgeschoss hinunter fuhren, fragte die Frau: „Sie selbst stammen hier aus der Gegend, Jeff?“ „Bitte nicht Jeff, Henrike. So wurde ich mal von jemand Anderem genannt.“ Henrike bemerkte den leicht melancholischen Ausdruck in den Augen des Mannes und sie hütete sich, weiter zu bohren, wer es gewesen war. Sie tippte auf einen Menschen, der Gardner sehr viel bedeutet hatte. „In Ordnung.“ Sie verließen das Krankenhaus über eine breite Freitreppe und nach einigen Schritten blieb Henrike stehen und genoss für einen Moment den Ausblick auf die Bucht, deren Wahrzeichen auch heute noch die Golden-Gate-Bridge war. Dann erinnerte sie sich wieder an ihre Frage und sie sah Jeffrey Gardner auffordernd an. Der Mann lächelte verlegen und sagte: „Ich wollte Ihnen die Antwort auf Ihre Frage nicht schuldig bleiben. Nein, ich bin kein gebürtiger Amerikaner, sondern Brite. Mein Vater hätte es noch mehr eingegrenzt und gesagt: Engländer.“ „Zwei Europäer in Amerika“, sinnierte die Frau. Was halten Sie davon?“ „Noch mehr halte ich von: Zwei Bürger der Föderation auf der Erde.“ „Ja, das klingt sehr gut.“ Wieder in die Ferne blickend fragte die Frau gedehnt: „Was werden wir also zuerst machen, Jeffrey?“ Die Augen, wegen der bereits tiefstehenden Sonne mit der Hand abschirmend entgegnete Jeffrey Gardner auf diese sprunghaft gestellte Frage: „Heute gar nichts mehr. Ich bringe Sie mit meinem Dienstgleiter zu Ihrem Appartement und danach fliege ich nach Hause. Sie und ich brauchen etwas Ruhe. Ab morgen werden wir dann voll einsteigen.“ Mit grimmiger Miene stimmte Henrike zu: „Diese Verbrecher werden sich bald wünschen, sie hätten sich nie mit mir angelegt.“ „Vermutlich“, stimmte Gardner mit schwer zu deutendem Tonfall zu, während sie nebeneinander zu seinem Dienstgleiter schritten. „Aber das wird keine persönliche Vendetta, haben Sie gehört? Im Krieg habe ich Kollegen verloren, die nicht der letzte Einsatz getötet hat, sondern der vorletzte Einsatz. Wir werden uns dabei schon diese Verbrecher schnappen, die Ihnen und Ihrem Freund an den Kragen wollen. Doch da ist noch etwas Anderes im Spiel. Das spüre ich in jedem Knochen. Etwas viel Größeres, als ein Wirtschaftsbetrug oder ein zwölffacher Mord, ein anschließender Einzelmord und ein doppelter Mordversuch. Nein, da ist etwas ganz Großes im Gange.“ „Was haben Sie an gesicherten Fakten?“ Gardner deutete auf seinen Gleiter, als sie ihn erreicht hatten. Dabei schüttelte er den Kopf. „Nur sehr wenig. Aber was uns fehlt, das werden wir in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten schon herausfinden.“ „Monaten?“, echote Henrike erschrocken. „So lange wollte ich diese Uniform eigentlich nicht tragen.“ „Seien Sie froh, dass ich nicht Jahre gesagt habe“, erwiderte Gardner ungerührt. Mit einem Schuljungen-Grinsen gab er per Stimmenkommando den Befehl, dass sich die Gleitertüren öffnen sollten. Nachdem sie eingestiegen waren und sich die Türen automatisch schlossen fragte Henrike: „Sagen Sie mal, Jeffrey, rauchen Sie?“ Das strafende Gesicht des Mannes sagte Henrike alles, noch bevor er sagte: „Nein, und damit Sie gleich Bescheid wissen: Hier, in meinem Gleiter…“ „Ja, schon gut! Sie haben bestimmt andorianische Vorfahren und Sie mögen kein Gemache, kein Getue und kein Rauchen, stimmt´s?“ „Bis auf die andorianischen Vorfahren korrekt. Gibt es dazu eine Geschichte?“ Henrike, die sich an Taners Worte erinnerte, als sie vor einigen Tagen ihren letzten Zigarillo geraucht hatte, nickte lebhaft. „Aber Hallo! Doch die erfahren Sie heute Abend nicht mehr. Vielleicht morgen.“ „Okay.“ Gardner startete den Antrieb des Gleiters und ließ ihn rasch auf Höhe steigen. Es dauerte keine zwei Minuten, bis die Maschine bereits wieder zur Landung ansetzte. Als sie gelandet waren, meinte die Frau: „Gut, dass das Krankenhaus nicht so weit weg ist. Dann bin ich nach Dienstschluss rasch da.“ „Welcher Dienstschluss?“, wunderte sich Gardner augenzwinkernd. „Sie sind nicht mehr Erster Offizier auf einem Kreuzer, sondern bei der Sternenflotten-Sicherheit. Werfen Sie mal einen Blick auf die roten Schulterbesätze. Bei der Sicherheit hört der Dienst nie auf. Da heißt es schuften, schuften und mehr schuften.“ „Wenn das der typisch britische Humor ist, dann verzichte ich.“ Gardner schmunzelte und setzte den Gleiter am Rande eines kleinen Parks auf. „Daran werden Sie sich gewöhnen, Henrike.“ Der Mann stieg mit der Frau aus und brachte sie bis direkt vor das Schott ihres Appartements. „Da wären wir. Die Verriegelungsmechanik des Schotts besitzt einen zusätzlichen Handscanner, der bereits auf ihren rechten Handabdruck geeicht ist. Das Schott öffnet sich nur zusammen mit ihm – ein einfaches Stimmenkommando reicht nicht. Sie können sich also ganz sicher fühlen.“ Henrike Xi Manski nahm die Hand, die er ihr zum Abschied reichte. Zur Überraschung des Mannes legte sie jedoch ihre andere Hand auf seine Schulter und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Danke. Für Alles, Jeffrey.“ „Keine Ursache“, wehrte der Mann ruhig ab. „Ich werde Sie morgen Früh um Punkt acht Uhr abholen. Gemeinsam fliegen wir dann zum Hauptquartier der Sicherheit und in einer ersten Lagebesprechung werde ich Sie dort mit allen Fakten vertraut machen, die meine Untergebenen und ich im letzten Jahr zusammengetragen haben.“ Henrike legte ihre Rechte auf den Handscanner und gab das Stimmenkommando zum Öffnen des Schotts. Das System funktionierte. „Also, bis morgen Früh. Gute Nacht, Jeffrey.“ „Gute Nacht, Henrike. Ihr Freund ist bei den Ärzten in den besten Händen und meine Leute stehen Tag und Nacht Wache.“ Damit wandte sich Gardner ab und ging. Mit etwas gemischten Gefühlen sah ihm Henrike nach, bevor sie ihr Appartement betrat. Schnell stellte sie fest, dass Gardner nicht übertrieben hatte. Es war großzügig dimensioniert und aus dem Panoramafenster des Wohnraumes, aus Panzer-Duralum, hatte man einen fantastischen Ausblick auf die Bucht von San Francisco. Für einen Moment stand sie am Fenster und sah auf die Landschaft, bevor sie sich abwandte um sich zur Ruhe zu begeben. Dabei spürte sie die Anstrengungen der letzten Tage. Morgen… dachte sie. Morgen wird für mich und Jeffrey die Jagd beginnen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)