Schwarzrot - Dunkelheit kann man nicht färben von ginakai ================================================================================ Kapitel 22: Eifersucht ---------------------- Am Ende des Tages war Gin über die Stille froh, die im Schlafzimmer einkehrte, sobald sich die Tür hinter seinem Geliebten schloss. Obwohl sich Jodie wieder über das Schlafarrangement beschwert hatte, teilte er sich das Zimmer (und Bett) doch mit Shuichi. Außer ihnen befand sich niemand hier. Was aber nicht bedeutete, dass sie unbeobachtet waren. Genau wie im Wohnzimmer waren hier überall Kameras angebracht. Gin legte sich auf das Bett und versuchte die Tatsache auszublenden, dass gerade irgendwelche Personen jede seiner Bewegungen beobachtete, ohne dass er sie beobachten konnte. Mit geschlossenen Augen ließ er den Tag noch einmal kurz Revue passieren. Nach wenigen Minuten öffnete er jedoch die Augen und sah erstaunt zu seinem Geliebten, welcher noch an der Tür stand. "Was ist los mit ihm? Er ist schon die ganze Zeit so seltsam... Jetzt sag nicht, er will, dass ich ihn ins Bett einlade...", dachte Gin, wobei er bewusst auf einen neutralen Gesichtsausdruck achtete. Er würde hier bestimmt keine Show für die Kollegen seines Geliebten abhalten. "Wenn es das ist, was er will, kann er ruhig die ganze Nacht da stehen!", beschloss Gin. Aber gleichzeitig sagte ihm sein Instinkt, dass das nicht das Problem war. Als sich Shuichi auch nach weiteren 10 Minuten nicht vom Fleck bewegte, beschloss der Silberhaarige ihn doch anzusprechen. "Hey, Shuichi…" Der Angesprochene zuckte kurz zusammen, bevor er sich mit einem aufgesetzten Lächeln umdrehte und erneut anfing zu reden: "Entschuldige, Jodie ist manchmal echt anstrengend. Sie steigert sich schnell in Dinge rein." Misstrauisch beobachtete Gin, wie Shuichi um das Bett herum ging und dabei seinem Blick auswich. Vorsichtig seine Worte abwägend und die Reaktion seines Geliebten genau beobachtend, antwortete Gin ruhig: "Das Problem ist nicht, dass sie sich ganz offensichtlich auf mich stürzen und auseinanderreißen will. Sondern dass sie sich benimmt, als wäre sie mit dir zusammen." Das störte Gin bereits seit dem Moment, in dem er die schier unendlichen Nachrichten und verpassten Anrufe auf Shuichis Handy gesehen hatte, als er dieses angeschaltet hatte, um das FBI zu informieren. Mit jeder Nachricht war seine Wut und Eifersucht, wie er sich hatte eingestehen müssen, gewachsen. Die beiden schienen sehr vertraut miteinander. Shuichis Antwort schockierte den Silberhaarigen dann auch mehr, als er erwartet hatte. "Naja, das waren wir auch mal.", meinte der Schwarzhaarige schulterzuckend und setzte sich auf die Bettkante. "Was?!" Gin gelang es nicht, den Schock aus seiner Stimme zu verbannen. Endlich drehte sich sein Geliebter zu ihm um und legte sich neben ihn. "Das ist schon lange her.", erklärte er, ohne ihn direkt anzusehen. "Was ist los Shuichi? Was bedrückt dich so?" Gin war kurz davor diese Fragen auszusprechen, hielt sich aber im letzten Moment davon ab. "Das ist nicht der richtige Zeitpunkt...", versuchte er sich zu überzeugen. Shuichi bekam von seiner Sorge hingegen nichts mit und redete einfach weiter: "Ich habe mit ihr Schluss gemacht, bevor ich bei euch - der Organisation - Undercover gegangen bin." "Sie hat nie aufgehört dich zu lieben.", stellte Gin verbittert fest. "Nein...", gab Shuichi zu. "Aber warum stört dich das so? Ich hatte danach nie wieder etwas mit ihr. Auch als Akemi..." Er stockte. Gin bemerkte, wie sich Shuichi anspannte. "Du meinst: Nachdem ich Akemi umgebracht habe.", sprach er die Wahrheit aus. Endlich richtete sich das grüne Auge auf ihn. "Du konntest nicht anders…" Gin verdrehte die Augen. "Ja, es war ein Auftrag vom Boss.", gab er zu. "Aber ich hätte sie nicht erschießen müssen." "Was?", geschockt weitete sich das Auge seines Geliebten. Gin sah ihn unentwegt an. "Ich hätte es auch Wodka erledigen lassen können." "Du…" Gin ließ seinen Geliebten nicht ausreden. "Aber das wollte ich nicht. Ich wollte es tun. Ich wollte sie sterben sehen." Akai starrte ihn weiter an, bis ihm ein einziges Fragewort über die Lippen kam. "Warum?" "Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass sie mich aufgeregt hat." Zögernd meinte Shuichi: "Vielleicht warst du... neidisch?" "Neidisch?", wiederholte Gin überrascht. Ihm war der leicht hoffnungsvolle Ton in der Stimme seines Geliebten nicht entgangen. "Nein. Ich fand sie einfach nur dumm. So verzweifelt versuchte sie etwas zu erreichen, das doch erfolglos war. Und sie hat es dennoch getan. Ich habe sie nicht verstanden. Warum sie das getan hat. Nur wegen einer kleinen, falschen Hoffnung." "Sie war stark. Obwohl ich ihr gesagt habe, dass ich ihr helfen könnte, würde etwas sein. Aber sie hat mich bewusst erst informiert, als sie wusste, dass ich nichts mehr ändern könnte." Gin schnaubte. "Sich offenen Auges in den Tod zu stürzen empfindest du also als Stärke? Ist das der Grund, warum du bei Arrak..." Er brach ab. Bei der Erwähnung des Namens schlich sich ein Ausdruck auf das Gesicht seines Geliebten, der Gin Angst einjagte. "Es ist zu früh...", erkannte er. "Er ist noch nicht bereit, darüber zu reden." "Entschuldige. Das ging zu weit.", sagte er leise. "Schon gut...", meinte Shuichi, doch der leicht entrückte Ausdruck in dessen Augen erzählte Gin etwas anderes. Schweigend betrachteten sie sich. Mit der Stille schlich sich auch die Müdigkeit heran und kurz darauf fiel es Gin schwer, seine Augen noch offen zu halten. Da stellte Shuichi ihm eine Frage: "Was ist mit dir? Mit wem... warst du zusammen?" "Mit niemandem.", antwortete Gin wahrheitsgemäß und beobachtete, wie Shuichi die Stirn runzelte. "Was ist mit Sherry? Hast du sie…" Gin schüttelte den Kopf. "Nein." "Und das soll ich dir glauben?" "Ich..." Gin zögerte. "Vielleicht war ich etwas neidisch auf sie." "Warum?" "Sie wurde genau wie ich von der Organisation erzogen. Kannte kein anderes Leben. Keine anderen Regeln... Aber sie hatte eine Schwester. Eine richtige Schwester. Die sie geliebt hat. Die für sie gestorben ist... Sie durfte Dinge erfahren und erleben und fühlen, wie ich es nie konnte…" "Aber jetzt schon.", sagte Shuichi. "Ja..." "...dank dir." Den gedanklichen Anhang hielt Gin zurück. Er wusste nicht, wie Shuichi jetzt darauf reagieren würde. Schließlich streckte Shuichi eine Hand aus und legte sie ihm sanft auf die Wange. "Ich liebe dich." Gin legte seine eigene Hand darüber und sagte leise: "Ich weiß... Ich liebe dich auch." Vor einen Monat hatte er noch gefürchtet, diese Worte nie wieder hören zu können, umso mehr beruhigten sie ihn jetzt. Doch er konnte sich dem Moment einfach nicht hingeben und sich entspannen. Nicht mehr. Auch wenn Shuichi versuchte es zu verstecken, der Silberhaarige konnte dessen Fassade durchschauen und wusste, dass seinem Geliebten irgendetwas auf der Seele lag. Doch er traute sich nicht, ihn zu fragen. Denn Shuichi wirkte so anders als gewöhnlich und Gin hatte Angst, was er mit seinen Worten auslösen würde. “Ist ja auch kein Wunder, dass ihn scheinbar etwas bedrückt. Ich mach mir immerhin auch viele Gedanken....“, ging es ihm durch den Kopf und er drückte dabei die Hand seines Liebhabers fester. Dieser blickte ihm zwar noch in die Augen, doch erneut hatte der Silberhaarige ein seltsames Gefühl. Obwohl Shuichi ihn ansah, schien er durch Gin hindurch zu schauen und geistig längst nicht mehr anwesend zu sein. Das smaragdgrüne Auge, welches auf ihn gerichtet war, wirkte leer. „Shu-“ „Mor-“ Sprachen beide gleichzeitig und verstummten dann sofort. Sie starrten sich wieder schweigend an, als Shuichi die Stille mit einem leisen Lachen unterbrach, was Gin aus irgendeinem Grund erleichterte. „Tut mir leid, was ist denn?“, fragte sein Geliebter nachdem er sich entschuldigt hatte. Gin zögerte. „Vergiss es… war doch nicht so wichtig.“, meinte er dann. Dass Shuichi zuvor auf ihn beinahe unheimlich gewirkt hatte und er nur dessen Namen sagen wollte, um ihn zurück in die Realität zu holen, wollte er so nicht direkt aussprechen. „Was wolltest du sagen?“, lenkte er umgehend ab. Nach einem längeren Atemzug begann Shuichi: „Morgen wird dann wohl die Befragung stattfinden...“ “Ist es das, was dich so bedrückt?“ „Ja.“, ließ Gin seine aufkommende Frage unausgesprochen und versuchte seine Sorgen in der festen Tonlage nicht zu zeigen. Dass man ihn morgen befragen würde, war sowieso absehbar. Eigentlich hätte er das heute bereits erwartet. „Darf ich...dich um was bitten?“, fragte sein Geliebter vorsichtig, was Gin verwunderte. „Alles, was du willst.“, erwiderte er. „Bitte zeige dich morgen etwas kooperativ und antworte ehrlich auf ihre Fragen, oder zumindest auf die Meisten, insofern das möglich ist.“ Gins Augen weiteten sich. Um ehrlich zu sein hatte er so genau darüber noch nicht nachgedacht. Aber Shuichi nutzte die Pause, um noch weiterzureden: „Ich möchte dich zu nichts zwingen, aber wenn du vorhast, dich stur zu stellen, hilft uns das nicht weiter.“, fuhr er fort und Gin bemerkte, dass er damit nicht etwa seine FBI-Kollegen meinte, sondern das ‚Uns‘ sich speziell nur auf ihre Zweisamkeit bezog. „Ich hab ja nichts außer dich zu verlieren, also vertrau mir einfach und mach dir keine Gedanken.“, antwortete er ruhig. Da spürte er, wie Shuichis Hand hinter seinen Kopf wanderte und er ihn weiter zu sich heran zog. „Das tu ich.“, lautete die leise Antwort seines Geliebten, während er Gin einen sanften Kuss auf den Haaransatz gab. Gin legte darauf seinerseits eine Hand an Shuichis Hinterkopf und fuhr ihm mit den Fingern leicht durch die Haare. Dabei erwiderte er den Blick seines Geliebten und fragte ihn zum wiederholten Male gedanklich: "Was ist los mit dir?" Er suchte das Gesicht seines Gegenübers ab, als würde er darin die Antwort finden. "Wie viel wissen sie denn bereits?", fragte er schließlich leise. Eine entscheidende Frage. Denn würden sich ihre Aussagen widersprechen, wäre es fatal. Sie würden beide ihre Glaubwürdigkeit und das instabile Vertrauen des FBIs verlieren. Shuichi schloss sein Auge und berichtete ebenso leise: "Als sie mich gefunden haben, haben meine Kollegen auch deine blutverschmierten Sachen in dem Hotelzimmer gefunden. Und sie konnten in Erfahrung bringen, dass du es gebucht hast. Darum glauben sie...dass du..." Er stockte. Gin verstand auch so, was er meinte. Die Aussage von James Black war mehr als eindeutig gewesen. "Ich weiß...", sagte er. Einen Moment herrschte Stille, bis Gin sie erneut mit einer Frage durchbrach: "Was noch?" Shuichi öffnete sein Auge wieder, sah ihn kurz an und senkte dann den Blick. "Ich habe ihnen erzählt, wie du mich entführt hast...und dass wir uns dadurch... näher gekommen sind." "Und…" Shuichi schüttelte den Kopf, noch bevor er seine Frage ausgesprochen hatte. "Ich wollte es dir überlassen, ihnen von Merlot zu erzählen." "Er hat ihnen also nichts von dem Gift erzählt...", erkannte Gin. "Shuichi." Sobald sich das grüne Auge wieder auf ihn richtete, sprach er endlich die Frage aus, die er seinem Geliebten bereits die ganze Zeit stellen wollte: "Was ist los?" Als er erkannte, dass dieser mit einem "Nichts" antworten wollte, unterbrach er ihn sofort: "Lüg mich nicht an. Du suchst schon die ganze Zeit meine Nähe." Shuichi versuchte nur den Blick zu senken, doch Gin legte seine Finger unter dessen Kinn und zwang ihn so dazu, ihn weiter anzusehen. Eine Antwort auf seine Frage erhielt er jedoch nicht, weshalb er sich gezwungen sah, weiter zu bohren: "Hast du Angst?" Statt einer Antwort spürte der Silberhaarige, wie sich Shuichis Hand, welche noch in seinem Nacken lag, kurz verkrampfte. Einen Moment später rollte eine einsame Träne aus dem Auge seines Geliebten. Erschrocken wischte Gin sie weg. "Ich bin hier." Shuichi zog ihn fester zu sich und flüsterte so leise, dass er ihn kaum verstehen konnte: "Verlass mich nicht…" Die Verzweiflung und Angst in diesen Worten erschreckte Gin, auch wenn er es sich nicht anmerken ließ. "Das werde ich nicht.", versprach er seinem Geliebten und küsste ihn sanft. Entgegen allen anderen Küssen, die sie zuvor ausgetauscht hatten, war dieser weder verlangend, noch lustvoll, sondern einfach nur beruhigend. 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