Wegweiser ins Licht von Cognac ================================================================================ Prolog: Himmel und Hölle ------------------------ Detektiv Conan: Wegweiser ins Licht »Jetzt NEU, meine Fanfiktion auch als Hörbuch: Prolog: Himmel und Hölle Prolog: Himmel und Hölle Das Gekreische der Möwen am Morgen, riss das rotblonde Mädchen aus ihrem Schlaf. Noch ganz verträumt blinzelte sie mit ihren türkisblauen Augen, aus dem Fenster, dem glitzernd blauen Meer entgegen. Ihre Haare waren ganz zerzaust und mehrere Strähnen lagen kreuz und quer über ihre Augenpartie. Haibara plusterte ihre Wangen auf, um ihr chaotisches Haar aus dem Gesicht zu pusten, nur damit es kurz darauf wieder in ihr Antlitz zurückfiel. Nun sah sie sich doch dazu gezwungen ihre Hand unter der Bettdecke hervorzuziehen und sich damit die rotblonden Spitzen endlich zur Seite zu streichen. Sie wollte schließlich ungehindert den Ausblick aus ihrem Hotelzimmer genießen. Der Himmel war klar und ebenso blau, wie das Meer unter ihm, welches sich bis zum Horizont erstreckte. Vereinzelte Schiffe waren in größerer Entfernung zu sehen, unterwegs entlang der Schifffahrtsrouten und die Sonne verkündete, dass es ein herrlich heißer Tag, mitten in den Herbstferien werden sollte. Ai lächelte zuckersüß und schnupperte mit ihrem feinen Näschen an der frischen Bettwäsche. Das Bett an sich war super weich und es fühlte sich jedes Mal aufs Neue so an, als würde man auf Wolken schlafen. Naja, sie war ja auch auf Wolke sieben, wenn man zugeben wollte und das schon seit vier Monaten. Grund dafür, niemand geringeres, als die Person, die mit einem leichten Schnarchen neben ihr, ihre Anwesenheit kundtat. Conan war noch tief im Reich der Träume abgetaucht und hatte auch gewiss nicht vor, so schnell da wieder herauszukommen. Zumindest konnte man das seinen Geräuschen entnehmen, an welche sich das Mädchen mit der Zeit erstaunlich schnell gewöhnt hatte. Ai wandte ihre Augen vom Fenster mit dem tollen Meerblick ab und grinste über ihre Schulter hinweg, welche aus der Decke, die sich die zwei teilten, hervorlugte, zu ihrem schlafenden Liebsten. Selbst nach all der Zeit, die inzwischen vergangen war, konnte es das Fräulein Haibara immer noch nicht fassen, dass sie nicht mehr träumte. Dass er wirklich sich damals dazu entschieden hat, mit ihr gemeinsam wieder ihre kindlichen Gestalten anzunehmen. Ai legte sich auf den Rücken und stupste verspielt mit ihrer Fingerspitze Conan auf die Nase. Dieser murrte leise vor sich hin und drehte sich nuschelnd auf seiner Betthälfte. Haibara kicherte leise und schob anschließend die Decke beiseite. Sie sprang munter und gut gelaunt aus den Federn und schlenderte gemächlich Richtung Badezimmer. Das Schlafzimmer von Conan und ihr, besaß einen weichen beigen Teppich, welchen sie unter ihren nackten Füßen spüren konnte. Die Wände waren in einem schlichten, aber warmen Terrakottafarbton tapeziert. Die Außenwand mit der großzügig gestalteten Fensterverglasung wurde hingegen mit einer rotbräunlichen Holzverkleidung furniert, welche sich von der Farbigkeit her hervorragend mit dem Rest der Wand abstimmte. Mächtig wirkende Vorhänge an beiden Raumecken konnten das Zimmer, bei Bedarf, vollständig abdunkeln, doch Haibara bevorzugte es, durch den Morgen eines jeden neuen Tages geweckt zu werden. Ai trottete durch den schmalen Eingangsflur, wischte sich dabei den Rest Schlaf aus den Augen und versuchte verzweifelt, ihr abtrünniges Haar am Kopf festzudrücken, damit es nicht in alle Richtungen abstand, doch erwies sich das schnell als vergebens. Zu allererst müsste sie wohl dringend duschen, um wieder Frau der Lage zu werden. Sie zupfte am unteren Ende von Conans Shirt herum, welches bewusst etwas größer gewählt war, damit Ai es stets als Nachthemd benutzen konnte. Inzwischen trug sie es andauernd, als wäre es ein Teil von ihr. Bevor sie jedoch ins Bad huschte, schob sie die hellbraunen Shoji zum Esszimmer zur Seite und lugte mit ihrem Kopf hinein. Auch hier war der Boden überzogen mit einem beigen Teppich, die Wände waren allerdings etwas heller gehalten. In mitten des Raumes stand ein tiefer schwarzer Tisch und vier bequemlich wirkende Sitzgelegenheiten drum herum. Gegenüber der Schiebetür befand sich eine halbhohe Zwischenwand, die das Esszimmer mit einer kleinen Küchennische verband. Hinter der thekenhohen Abtrennung stand eine Frau mit haselnussbraunen Haaren und schien etwas zu Essen zuzubereiten, während sie vergnügt vor sich hin summte. Als sie sich umdrehte, um zu überprüfen was alles auf den Tisch kommen sollte, erblickte sie das rotblonde Mädchen im Shirt ihres kleingeratenen Sohnes und lächelte fröhlich. „Guten Morgen Ai-chan.“, begrüßte sie Yukiko mit ihrer positiven Aura. „Bist du so lieb und hilfst mir beim Frühstück machen. Shinichi und sein Vater scheinen den gesamten Urlaub über schon einen recht gesunden Schlaf zu haben.“, lachte die ehemalige Schauspielerin. „Sehr gerne Yukiko.“, erwiderte Ai, welche nach langer Bettelei ihrer Gesprächspartnerin, vor noch nicht allzu langer Zeit, eingewilligt hatte, sie bitte nicht mehr mit Shinichis Mutter anzusprechen. Yukiko hatte ihr sogar schon angeboten einfach nur das Shinichi wegzulassen, aber das war Ai dann doch etwas verfrüht gewesen und sie hatte mit knallrotem Kopf abgelehnt. Shinichis Eltern wussten schließlich erst seit einigen Wochen von der Beziehung ihres Sohnes mit der ehemaligen Angehörigen einer Verbrecherbande und dennoch, haben die Kudos sie ziemlich schnell in den Kreis ihrer Familie aufgenommen, wofür Haibara sehr dankbar war. Anfangs hatte sie unglaubliche Angst vor der Bekanntmachung gehabt, obwohl sie Yukiko schon vorher einmal begegnet war. Ai hatte sich vor einer ablehnenden Reaktion gefürchtet, da sie davon überzeugt gewesen war, dass Shinichis Eltern immer Ran, als seine zukünftige Freundin gesehen haben. Erstaunt waren sie alle Male, als es ganz anders kam, aber sie akzeptierten es, da sie schnell merkten, wie glücklich Conan und Ai zusammen waren und das war das einzige was letzten Endes zählte. Haibara wollte nun den Weg zur Küche einschlagen, bis ihr ihre Haare wieder einfielen, welche immer noch auf ihrem Kopf wie wild auf und ab wippten. „Ähm, wenn es dir nichts ausmacht, würde ich aber vorher noch schnell unter die Dusche springen.“, erklärte das Mädchen ein klein wenig verlegen. Yukiko nickte als Einverständnis und so machte Ai wieder kehrt und verschwand im Badezimmer. Sie schloss die Tür ab und entledigte sich ihrem Nachthemd und ihrem Slip, ehe sie sich unter die Duschhaube stellte und den Hahn aufdrehte. Sie schloss die Augen, als die angenehmen Wasserstrahlen auf ihr Gesicht niederprasselten und ihren ganzen Körper kurzerhand in einer Wolke aus warmen Wasserdampf einhüllten. Drei Monate zuvor… Ein schwarzer Camero stand am Waldrand nahe der alten Scheune, über die Shinichi und seine Freunde nur knapp aus der Basis der Organisation entkommen konnten, ehe diese in sich zusammengestürzt war. Die Insassen des Wagens verfolgten das Geschehen auf der Wiese vor dem heruntergekommenen Holzbau, wo sich etliche Polizeiwagen mit Blaulicht versammelt hatten und Feuerwehrleute nach besten Kräften versuchten das Feuer des Wracks vom abgestürzten Helikopter zu löschen. Sie beeilten sich so schnell sie konnten, obwohl von vornherein klar war, dass niemand die Explosion überlebt haben konnte. Sie beobachteten das Treiben noch eine Weile mit einem hämischen Grinsen, bevor sich eine rauchige Stimme über Funk bei ihnen meldete. „Wie sieht es aus, lief alles nach Plan? Haben sie den Köder geschluckt?“, rauschte es über den CB-Kanal. Der Mann am Steuer griff sich das Kommunikationsgerät und drückte den Knopf an der Seite, um zu Antworten. Seine Hand war, wegen einer Schussverletzung, notdürftig bandagiert worden. „Es sieht ganz danach aus.“, sprach eine unverkennbare tiefe und autoritäre Stimme. „Bereite alles Nötige vor mein alter Freund, wir brechen sofort zu euch auf. Zeit das die Organisation endlich von allem Unreinen gesäubert wird, damit sie neu auferstehen kann.“ Einen kurzen Augenblick rauschte es, bis die Rückmeldung kam. „Wie ihr befehlt Boss.“ Der Fahrer legte das Funkgerät wieder beiseite und startete den Motor des Wagens. Unauffällig, mit ausgeschalteten Scheinwerfern, setzten sie sich in Bewegung und entfernten sich vom Ort des Geschehens. Der Wagen fuhr eine Zeit lang, über einen holprigen Waldweg, bis sie auf eine Landstraße einbogen und den Verkehrsschildern folgend in Richtung der Präfektur Saitama fuhren. Nach etwa einer halben Stunde Fahrzeit erreichte der Camero das Gelände eines stillgelegten Sägewerks in der Nähe des Berges Izugatake. Sie steuerten auf einen kleinen Parkplatz zu, auf denen hauptsächlich tiefschwarz lackierte Wägen standen, wie unter anderem mehrere Mercedeslimousinen und SUV’s der Marke Chevrolet. Der Mann am Steuer des Cameros parkte das Auto in einer freien Parknische, direkt vor dem Eingang des ehemaligen Holzbetriebes. Der Camero hob sich deutlich von den anderen Fahrzeugen auf dem Parkplatz ab. Einzig und allein ein Oldtimer stahl ihm jedoch die komplette Show. Es handelte sich hierbei um einen silbernen Jaguar Mark 2, neben dem sie gehalten hatten. Der Fahrer des teuren Sportwagens musste grinsen, da er anscheinend den Besitzer des Klassikers gut zu kennen schien. Er verließ sein Fahrzeug, nachdem der Motor wieder abgestellt wurde, in einer zügig fließenden Bewegung. Sein Beifahrer folgte ihm, wenn auch nicht ganz so grazil, sondern nur humpelnd, da eine fiese Verletzung an seinem Bein, ebenfalls hervorgerufen durch das Projektil einer Waffe, seine Fähigkeit zu laufen beeinträchtigte. „Verdammt nochmal, wenn ich diese rotblonde Göre das nächste Mal sehe, dann Gnade ihr Gott.“, fluchte er ungezügelt, als bei einem unvorsichtigen Auftreten, erneut der Schmerz seine Glieder durchzog. Der andere Mann ließ dies unkommentiert an sich vorbeiziehen und prüfte kurz seine Umgebung etwas genauer. Es war bereits tiefste Nacht und die Temperaturen hatten ihren Tagestiefwert erreicht. Trotzdem war es noch sehr mild und auch das Ausbleiben eines möglichen Windes, machte den Aufenthalt draußen, zu dieser späten Stunde, mehr als erträglich. Das Sägewerk lag tief im Wald und weit abseits einer befahrenen Straße wodurch einzig und allein die Geräuschkulisse des Waldes, diesen unheilvoll wirkenden Ort akustisch untermalte. Verschiedene Tierlaute, vor allem das Zirpen der Grillen, aber auch das vereinzelte krähen einer Schar Raben waren zu hören. Die schwarzgefederten Kreaturen hockten nebeneinander auf einem alten Silo, unweit vom Hauptgebäude entfernt und schauten neugierig, mit ihren großen kohlefarbenen Knopfaugen, auf die dunklen Gestalten hinab. Ansonsten herrschte eine erdrückende Stille und das Sägewerk vor ihnen machte einen mehr als verlassenen Eindruck. Niemand würde von außen her vermuten, dass sich innerhalb dieser Wände irgendjemand aufhielte, was aber wiederum genau diesen Gedanken an mögliche Unerwünschte vermitteln sollte. Die beiden -eben erst eingetroffenen- Herrschaften gingen auf den Eingang des leerstehenden Betriebes zu. Drei Männer in Schwarz, gut ausgerüstet mit Schutzwesten und Sturmgewehren im Anschlag standen in der Nähe des Hauptzugangs und rauchten entspannt einige Zigaretten. In einem abwechselnden Zyklus blitzten die Glimmstängel in der Dunkelheit auf. Das spärliche Licht einiger Laternen am Wegesrand, welche den Ort nicht lebendiger machten, aber ihn zumindest nicht für vollkommen ausgestorben erklärten, spendeten dabei nur wenig von ihrer bescheidenen Leuchtkraft und hielten die drei Wachen weitestgehend verborgen. Als sich die Männer aus dem Camero näherten, warfen sie ihre Kippen schnell zu Boden und drückten diese, mit ihren auf Hochglanz polierten Schuhen, auf dem kalten brüchigen Betonboden aus. Sie nahmen eine gerade Haltung ein und wagten es nicht einmal zu atmen, nicht ehe die beiden Gestalten an ihnen vorbei waren. Zweifellos ein Verhalten, wie es nur den mächtigsten Trägern von Spirituosen innerhalb der Organisation entgegen gebracht wurde. Die Türen zum Sägewerk öffneten sich knarrend, als sie sich dem Eingang weiter näherten. Ein Schwall aus hellem Licht strömte ins Freie und vertrieb weitestgehend die Schatten der Nacht. Ein alter rüstiger Mann, Ende Siebzig, mit einem teuer wirkenden grauen Anzug und einem elegant geschwungenen Gehstock, trat in Erscheinung und kam den beiden Neuankömmlingen mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck entgegen. „Da bist du ja endlich, wir haben dich schon ganz ungeduldig erwartet.“, ertönte die raue Stimme des alten Mannes. Sein Lächeln, welches er an den Tag legte, hatte schon fast etwas Großväterliches an sich. Er besaß dünnes silbriges Haar, ähnlich wie die Farbe des Jaguars und hatte diese mit reichlich Pomade nach hinten gekämmt. Jede Strähne saß an ihrem vorbestimmten Platz. Sein faltiges Gesicht wurde obendrein durch einen buschigen Schnurrbart ergänzt. Leicht gekrümmt und das Gewicht auf den Gehstock verlagert, blieb der alte Mann vor dem Fahrer des Cameros stehen. Sein Beifahrer hielt sich eher bedeckt im Hintergrund. „Das du dich überhaupt noch traust hier aufzukreuzen.“ Eine Weile sahen sich die beiden einfach nur an. Die Miene des Rüstigen hatte sich schlagartig verfinstert. Mit rümpfender Nase und Argwohn in den Augen musterte er sein Gegenüber, bis seine Mundwinkel anfingen aufzuzucken und beide plötzlich in schallendes Gelächter ausbrachen. Der Greis streckte in einer willkommenen Geste die Arme aus und umarmte den deutlich jüngeren Mann vor ihm. Dabei nahm er sehr viel Rücksicht darauf, keinesfalls die zweite Schussverletzung in der Schulter des so herzlich Empfangenen zu berühren. „Es ist schön dich nach all der Zeit wiederzusehen mein Freund. Ist es dir gut ergangen?“, begrüßte ihn auch der großgewachsene Fahrer des Cameros und deutete dabei mit seinem Kopf leicht in Richtung des Oldtimers. Der Alte brabbelte kurz etwas mit einem verschmitzten Grinsen und strich sich die Falten aus dem Anzug. „Ach naja, du weißt doch, ich habe noch nie viel gebraucht, um mich durchzuschlagen. Ich mache stets das Beste aus meiner jeweiligen Situation, genau wie ich es dir immer gelehrt habe.“ Der Jüngere nickte wohlwollend, als kurz darauf sich zwei weitere Männer in schwarzen Anzügen näherten, in Begleitung eines weißen Kittelträgers mit Stethoskop um den Hals. Zweifellos konnte jeder Laie erkennen, dass es sich bei dem Dritten, um einen Arzt handelte. Er trat an die zwei sich Unterhaltenden heran, willig die Wunden des Eingetroffenen zu untersuchen, doch dieser hob nur ablehnend die Hand. „Das kann noch warten.“, äußerte er sich kurz und deutete auf seinen Partner, mit dem er hergefahren war. „Auch wenn sie mein Leibarzt sind, flicken sie mir zuerst unseren Kollegen hier zusammen und sobald sie damit fertig sind, entsorgen sie diese elendige FBI-Montur, die er trägt und geben ihm etwas Vernünftiges zum Anziehen. Ich komme später bei ihnen vorbei und lasse mich dann versorgen.“ „Sehr wohl der Herr.“, antwortete der Arzt unterwürfig und deutete den Männern an, die mit ihm gekommen waren, dem verletzten Beifahrer beim Laufen ihre Hilfe anzubieten. Während sie sich wieder zurückzogen, beäugte der Alte das Ausmaß der Verletzungen seines Gegenübers. „Es scheint wohl doch nicht so reibungslos gelaufen zu sein, wie du es dir anfangs erhofft hast, mein ehemaliger Schützling.“ Unbekümmert über die, in seinen Augen, kleinen Kratzer, klopfte sich der Jüngere den restlichen Staub von den Schultern, welcher sich, seit dem Einsturz der Basis und des gesamten Pharmagebäudes, dort niedergelassen hatte. „Was macht das schon. Das Ergebnis bleibt dadurch unverändert. Dieser neunmalkluge Oberschülerdetektiv hat den von Chablis verkleideten Handlanger gesehen und wie er den Helikopter betreten hat. Sie werden mich alle für tot halten und das FBI wird die von mir zugespielten Informationen benutzen, um für mich den Müll aus der Organisation zu tragen. Wir brauchen uns in der Zwischenzeit nur zurückzulehnen und abzuwarten.“ Der Alte schaute sich um, als wolle er nicht, dass das nun folgende von jemand nahestehenden eventuell mitgehört werden könnte. „Und was ist mit dem einstigen Schoßhündchen von Anokata?“, wollte dieser wissen. „Mach dir mal darüber keine Sorgen. Chablis hat mir auf dem Weg hierher versichert, dass er sich um sie gekümmert hat. Sie hat ihren Zweck erfüllt und wurde demnach, wie es sich für Verräter gehört, entsorgt. Das was von ihr noch übrig ist, ist unter meterweise Schutt und Erde begraben.“, erwiderte der Jüngere in einem gelassenen Ton. „Wenn du gerade von Verrätern sprichst…“, der Mann mit dem Gehstock runzelte die faltige Stirn und zwirbelte nachdenklich seinen grauen Bart. „Sherry ist es erneut gelungen zu fliehen. Das macht nicht gerade einen guten Eindruck, wenn sie weiterhin unter den noch Lebenden weilt.“ Die eben noch so entspannte Miene des Jüngeren verzog sich zu einem unbefriedigten Ausdruck. „Es ist mir ein Rätsel wie viel Glück eine einzelne Person haben kann. Zweimal hatte ich sie genau da wo ich wollte, mein Plan bis dahin, jedes Mal perfekt und dennoch gab es immer EIN einziges Kriterium, was ihren sichergeglaubten Tod verhinderte.“ Der Alte klopfte ihm auf die Schulter und zusammen wandten sie sich dem, immer noch geöffneten Eingang zu. „Das ist wie mit Ratten, sie überleben die unwirklichsten Situationen, doch mit dem richtigen Gift an den richtigen Stellen, bekommt man sie aus ihren Löchern gescheucht. Dann ist es ein leichtes sie zu erledigen.“, predigte der Alte. Sie gingen einige Schritte vorwärts. „Du sprichst mir aus der Seele Genever.“, lobte er den alten Herren für seinen makabren Rat. „Ich habe meine Pläne diesbezüglich sorgfältig überarbeitet. Ich werde sie nicht noch einmal zu mir locken, so wie bisher. Nein, sobald die Zeit reif ist, werde ich zu ihnen gehen und dann werden sie mich auf ihren Knien empfangen und um den erlösenden Gnadenstoß betteln. Alles nur, um das bevorstehende Leid ihrer Liebsten zu beenden.“ Er ließ seine Worte eine Weile im Raum stehen, bis er weitersprach. „Sag, hast du immer noch so gute Verbindungen zu deinen Freunden bei der Yakuza?“ Genever machte auf diese Frage, ein fast schon beleidigt wirkendes Gesicht. „Selbstverständlich. Vergiss nicht, dass immer noch ich, für die Mittelsbeschaffung in der Organisation zuständig bin, egal von welchem Anbieter.“ „Und das wird auch unter meiner Leitung so bleiben.“, versicherte ihm sein Kollege. „Ich werde einen deiner Leute für die kommende Umsetzung meiner Pläne benötigen und zwar den Besten auf diesem Fachgebiet. Baileys.“ Genever schien bei dem eben geäußerten Namen ein Licht aufzugehen. Er nickte zufrieden lächelnd. „Eine gute Wahl. Betrachte ihn als abkommandiert. Wie ich sehe, scheine ich ein wirklich guter Mentor gewesen zu sein, Cognac.“ Der Schwarze Schatten schmunzelte, jedoch auf eine finstere Art und Weise. Er legte einen Arm auf den Rücken seines alten und engen Vertrauten. „Der einzig Wahre. Zusammen werden wir die Organisation besser machen, als jemals zuvor. Sobald alle versammelt und auch die letzten Vorbereitungen im Ausland getätigt sind, kann uns nichts mehr aufhalten. Rum wird uns auf dem Laufenden halten, wann die Razzien weltweit starten werden und vorher gebe ich auch noch Gin Bescheid, dass er sich hier einfinden soll. Ich will das er dabei ist, wenn es losgeht.“ Die Türen des Eingangs schwangen langsam zu und das Gebäude schien die zwei Organisationsmitglieder regelrecht zu verschlingen. An ihrer Stelle trat erneut die finsterste Dunkelheit und die unendliche Stille der Nacht. Kapitel 1: Alles hat sich verändert ----------------------------------- Kapitel 1: Alles hat sich verändert Hörbuch zur Fanfiktion: Kapitel 1: Alles hat sich verändert Die kitzelnden Sonnenstrahlen auf Shinichis Haut entließen ihn aus seinem festen Schlaf. Während seine Augen sich noch an die Helligkeit gewöhnten, nahm er eine weibliche Silhouette war, welche vor seinem Bett hin und her huschte. Er erkannte makellose glatte Haut und noch feuchte rotblonde Haare, welche mit einem Handtuch trocken gerieben wurden. Als der Junge wieder gänzlich klar sehen konnte, war das Fräulein vor ihm, in einen samtig weichen Bademantel gehüllt und kroch vom Bettende aus, langsam und anmutig auf ihn zu. Shinichi grinste seine Freundin an, bevor sie auf Höhe seines Gesichts angelangt war und ihn mit einem weichen lieblichen Kuss, einen guten Morgen wünschte. Er streichelte Ais Wange und fuhr mit seiner Nase durch ihr frisch gewaschenes Haar. Sie rochen, genau wie ihr restlicher Körper, herrlich nach Erdbeeren. Shinichi liebte dieses Shampoo von ihr und Ai wusste dies nur zu gut. Sie legte ihren Kopf auf seine Brust, um seinen Herzschlag zu hören, während er ihr sanft mit der Hand den Nacken entlangstrich. „Weißt du…“, begann Shinichi, ein wenig in Gedanken vertieft, nach einem Moment der angenehmen Stille, anzusetzen. „…hin und wieder, bei Augenblicken wie diesen, vermisse ich doch noch ein wenig unsere alten Körper.“ Ai kicherte leise und schaute ihn von unten her, mit ihren großen leuchtenden Augen an, während sie ihr Kinn auf seine Brust legte. „Ich kann mir auch den Grund dahinter denken.“ „Ach wirklich?“, gab Shinichi sich erstaunt. Haibara musste nur noch mehr vor sich hin kichern. „Gib es doch ruhig zu, du vermisst es einzig und allein mit mir zu schlafen.“ Sie verzog ihre Lippen zu einem schmalen Grinsen. Der junge Detektiv stand jedoch -wie üblich- wieder einmal auf dem Schlauch. „Aber wir schlafen doch fast jede Nacht zusammen.“, äußerte er seine Verwirrtheit. Ai verdrehte daraufhin die Augen und rollte sich von seinem Bauch hinunter, auf die andere Bettseite. „Meine Güte Shinichi, ich rede natürlich von Sex.“, sprach Haibara frei heraus und verwuschelte ihm dabei sein ohnehin schon chaotisches Haar. Als sie ihre Hand beiseite nahm, konnte sie seinen, vor Scharm knallrot angelaufenen Kopf sehen. Nun schien der Groschen bei ihm endlich gefallen zu sein, stellte sie zufrieden fest. Sie selbst schürte sich keineswegs solche Themen anzusprechen, aber für ihren Freund und das war ihr klar, waren solche Dinge, selbst nach vier Monaten Beziehung, immer noch schwer über die Lippen zu bringen, auch wenn die Beiden ungestört waren. Shinichi fing leicht an zu schmollen, als er erkannte, welche Karte Ai mal wieder gegen ihn eingesetzt hatte und schaute verlegen zur Decke. „Ach…Achso, d-das meinst du also. So…so ein Blödsinn, als ob das der einzige Grund wäre.“ Er räusperte sich ein wenig bedripst. Ai hingegen biss sich verspielt auf die Unterlippe und musterte ihn ausgiebig. Sie fand es süß, wenn er so schüchtern wurde. Immer dann, wenn er knallrot anlief vor Verlegenheit, war sie ganz und gar in ihrem Element. „Shin-chan, Ai-chan, kommt das Frühstück ist fertig!“, rief sie Yukikos engelsgleiche Stimme von nebenan. Ai rückte an Conan heran, sodass sie an seinem Ohr lag. „Na komm schon mein Lieber, lassen wir deine Mutter nicht warten.“, flüsterte sie und gab ihm einen zweiten Kuss auf die Wange, ehe sie voran ging und mit eleganten Schritten das Zimmer verließ. Dabei verweilte sie noch einige Sekunden im Türrahmen und sah mit ihrem Schlafzimmerblick zu ihm zurück, ehe sie vollends verschwand. Diese Frau, dachte sich Shinichi, dessen Körpertemperatur langsam wieder auf einen normalen Wert zurückging. Selbst im Körper eines Mädchens wusste sie noch ganz genau wie damals, wie sie ihre Waffen einsetzen musste, um ihn um seinen Verstand zu bringen. Endlich rappelte er sich nun auch aus dem Bett und sah zu, seiner Freundin ins Wohnzimmer zu folgen. Zwei Stunden später, hatte die kleine Gruppe, bestehend aus dem Ehepaar Kudo, sowie Conan und Ai, ihre Unterkunft das Mariott, an der Küste von Shirahama, verlassen und entspannten nun an dem gleichnamigen legendären perlweißen Sandstrand. Es war der vorletzte Tag ihres kleinen gemeinsamen Urlaubes, bevor die Herbstferien ein baldiges Ende finden würden und die Kudos zurück nach Amerika müssten. Shinichis Eltern waren extra für diese Zeit nach Japan zurückgekommen, um ein wenig Abstand von der Arbeit zu erhalten, ihre Heimat wiederzusehen, als auch Zeit mit ihrem Sohn und seiner neuen festen Freundin zu verbringen. Auch wenn Shinichi bereits schon einmal hier gewesen war, während eines Wochenendtrips mit Ran und seinem Onkelchen, so hatte er sich dennoch wahnsinnig darauf gefreut, dass alles gemeinsam noch einmal mit Ai zu erleben. Sie hatten bereits viele Punkte auf ihrer To-Do-Liste abgehakt. Als sie vor einer Woche mit dem Flugzeug, am nahegelegenen Nanki-Shirahama Airport angereist waren, hatten sie von da aus bereits ihren ersten Abstecher an die Klippen von Sandanbeki gehabt. In den darauffolgenden Tagen besuchten sie so gut wie alles, was die Region an Attraktionen zu bieten hatte. Vater und Sohn spielten eine Partie Golf auf dem Shirahama Golfplatz, während die beiden Frauen das Kishu Museum besichtigten. Ein großer Tagesausflug, war selbstredend der Besuch der Adventure World und dem dazugehörigen Themenpark. Besonders mit der Vorstellung im Big Ocean konnte Shinichi seine Freundin Ai begeistern und auch im Animal Land und dem Zoo, innerhalb der Anlage, fühlte sich Haibara ganz wie zuhause und bestaunte die zahlreichen Tierarten. Selbst wenn der Geschrumpfte das meiste bereits kannte, war es dennoch ein ganz anderes Erlebnis, dies zusammen mit seiner großen Liebe zu erleben. Man konnte Ai deutlich jeden Tag aufs Neue ansehen, wie viel Spaß sie an diesem Urlaub mit seinen Eltern hatte. Es war erstaunlich wie schnell sich doch eine Person, welche zuerst kühl und abweisend war, durch die Liebe und Geborgenheit eines anderen, in kürzester Zeit wandeln konnte. Sie war so glücklich wie seit langem nicht und allein das reichte schon aus, damit es Shinichi genauso ging. Während der zweiten Hälfte ihres Aufenthalts führte auch kein Weg an dem bekannten Fischmarkt und dem Tokuro, Kanki und Kumanosansho Schrein vorbei. Yukiko knipste, wo sie auch waren, ununterbrochen Fotos mit ihrer Kamera und an fast jeder Ecke, mussten Conan und Ai für ein Bild herhalten. Vor allem Shinichis Mutter konnte man ansehen, dass sie Ai bereits längst als festen Bestandteil ihrer Familie ansah und wollte so viele gemeinsame Momente wie möglich festhalten. Dem jungen Detektiv ging dieses ständige Fotoposieren zwar mit der Zeit ziemlich auf den Zeiger, vor allem wenn er Ai etwas alleine zeigen wollte, aber seine rotblonde Freundin überzeugte ihn jedes Mal davon, es einfach gelassen zu nehmen, während sie seine Hand fest drückte und ihn mit sich zog. Auf den heutigen Tag, vor ihrer Abreise, freute sich Shinichi jedoch am meisten, denn heute hätte jeder am Nachmittag, nach ihrem entspannten Strandaufenthalt, Zeit für sich und konnte diese frei nutzen. Während Yukiko bereits angekündigt hatte, sich bei einem Fußbad und anschließenden Onsenbesuch noch einmal sich so richtig zu erholen, grübelte Yusaku noch, ob er den abgelegenen Shirahamakinkaku Tempel aufsuchen sollte, um heimlich und ohne das seine Frau es mitbekam, Inspiration für sein nächstes Werk von Baron der Nacht zu sammeln. Shinichi wusste genau, dass seine Mutter nicht wollte, dass sein Vater vorzeitig wieder an seine Arbeit denkt, doch hatte er versprochen Stillschweigen zu bewahren, denn auch er hatte ein ganz besonderes Ziel erkoren, wohin er mit Ai gehen wollte. Es war seine Absicht ihr den Midsea Observation Tower zu zeigen, von wo man die gesamte Unterwasserwelt der Namariyama Bucht bestaunen konnte. Danach würden sie ein wenig zu zweit durch die Stadt bummeln und noch ein, zwei Souvenirs besorgen. Den Rest des Nachmittags würde er dann ganz einfach auf sich zukommen lassen. Die Hauptsache war doch, dass er in dieser Zeit mit Ai ungestört sein konnte. Erst später wollten sie sich dann wieder alle gemeinsam treffen, um in einem exquisiten Fischrestaurant an der Küste zu speisen, wo der Ruf des Koches in der gesamten Präfektur bekannt war und als krönenden Abschluss, sollte der Sonnenuntergang bei Senjojiki bestaunt werden. Es sollte also ein perfekter Tag werden und Conan konnte es gar nicht erwarten, bis nach dem Mittag. Vorerst galt es aber noch ein paar Stunden tot zu schlagen und so lag der Schwarzhaarige auf seinem großen Handtuch am Strand, mit einer Sonnenbrille auf seinem Haupt und einen dicken Wälzer in den Händen. Er kam nicht häufig dazu, einen seiner Lieblingsromane von Arthur Conan Doyle, noch einmal durchzulesen und die Zeit am Strand war dafür einfach ideal, wie er festgestellt hat. Als er jedoch, ganz routinemäßig, auf die nächste Seite blättern wollte, merkte er, wie ihm der Krimi aus den Händen gezogen wurde. „Hey was soll das?“, protestierte Shinichi wie ein Kleinkind. Haibara stand über ihm mit dem Rücken zur Sonne, sodass ihr Schatten auf Conan hinunterfiel und wedelte mit dem Buch in ihrer Hand. Sie trug einem dunkelblauen Einteiler, welcher den Rücken größtenteils unbedeckt ließ und grinste ihn frech an. „Jetzt hab dich mal nicht so Shinichi.“, lachte das rotblonde Mädchen. „Kommt dir diese Situation nicht irgendwoher bekannt vor?“, versuchte sie seine Erinnerungen ein Wenig aufzufrischen. Conan verzog das Gesicht und sah sie mit einem ungläubigen Blick an. „Sag bloß nicht, dass du die Sache damals, mit deinem Laptop am Strand, mir immer noch übel nimmst.“, entgegnete er trocken. „Wer weiß.“, gab Ai sich mysteriös und legte dabei ihren Kopf schräg, wobei sie das Buch nur noch mehr vor seinen Augen hin und her schwenken ließ. Als er, in einem vermeintlich günstigen Moment, es sich zurückholen wollte, zog es Ai aus der Reichweite seiner Arme, wodurch der kleine Detektiv ins Leere griff. Allerdings hatte er mit so viel Schwung danach gegriffen, dass er den Halt verlor und nach vorne überfiel, wodurch Ai unausweichlich mit ihm gerissen wurde. Letzten Endes fanden sich beide im Sand wieder, der sie komplett von Kopf bis Fuß überzog, wie eine dünne Schicht Zuckerguss. „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Geschieht euch recht ihr beiden.“, schmunzelte Yukiko, welche leichtbekleidet in einer Strandliege neben ihnen lag und sich von der Sonne verwöhnen ließ. Sie zog die große getönte Designersonnenbrille herunter und zwinkerte den Eingesandeten schelmisch zu. Wenn es zwei Dinge gab, die sie und Ai gemeinsam hatten, dann war es die Liebe zur Mode und die Schadenfreude. „Na toll, jetzt habe ich überall Sand wo keiner sein sollte.“, murrte Conan und erhob sich zeitgleich mit Ai. „Tja ich schätze da bleibt uns nur eins zu tun.“, erwiderte Haibara lächelnd. Conan sah sie erst mit einer strengen Miene an, musste aber nach kurzer Zeit ebenfalls lächeln und nickte zustimmend. Ohne dass eine weitere Form der Verständigung nötig war, liefen sie los. Wieder war es Ai, welche zuerst auf das Wasser zu rannte, dicht gefolgt von Conan. Sie stapften ins kühle Nass, gefolgt von einem lachenden Aufschrei des rotblonden Mädchens, als Shinichi sie eingeholt und an der Hüfte gepackt hatte. Er hob sie leicht hoch, während Ai sich an seinem Hals festhielt und ein weiteres Mal aufschrie, bevor der Schwarzhaarige sie mit sich zog und beide mit einem lauten Platscher und einer großen Fontäne, in die salzigen Fluten abtauchten. „Hach, die junge ungezügelte Liebe.“, schwärmte Yukiko, bevor sie ihre Sonnenbrille wieder an ihren ordnungsgemäßen Platz schob und sich erneut der Sonne zuwandte. 3 Monate zuvor… Es war dunkel in dem Hotelzimmer. Die Vorhänge waren zugezogen, sodass nur ein schwacher schmaler Lichtstrahl in den Raum gelangte. Ein Schleier aus Zigarettenqualm lag in der Luft. Das Leuchten eines Glimmstängels erhellte eine der Ecken des Zimmers. Ein großgewachsener Mann mit langen blonden Haaren und freiem Oberkörper, was den Blick auf seine durchtrainierten Muskeln ermöglichte, saß in einem schweren Sessel in besagter Ecke und blies genüsslich den Rauch zwischen seinen Zähnen hindurch. Seine kalten grünen Augen wanderten zu dem Bett, was vor ihm stand. Auf diesem liegend, das Ebenbild einer jungen nackten Frau, welche tief und fest schlief. Mit seinem Blick fuhr Gin ihre weiblichen Kurven entlang, wobei seine Augen aufblitzten. Man konnte nicht viel von ihr erkennen, nur das sie kurze wellige Haare besaß. Das schwache Sonnenlicht, ließ ihr Haupt rötlich erscheinen, doch sie hatte keine roten Haare und auch keine rotblonden Haare. Sie war nicht Sherry, sie war nicht Shiho und das wusste Gin. Es war derselbe Ort, doch nicht die gleiche Frau. Sie sah ihr nur sehr ähnlich, aber es war nicht dasselbe. Es sorgte zwar für eine kurzzeitige Befriedigung seines Verlangens nach ihr, konnte dadurch aber niemals vollends gestillt werden. „Sherry“, flüsterte das Organisationsmitglied nachdenklich. „Drei elendige Wochen lang, hat mich Cognac von dir ferngehalten, doch nun hat unser achso perfekter Schatten ordentlich Mist gebaut und Anokata wird ihm, als Folge dessen, wieder seine Leine anhängen und ihn zurück in seinen Zwinger stecken, wo er hingehört.“ Er drückte seine Zigarette in dem -auf der Sessellehne stehenden- Aschenbecher aus und erhob sich. „Cognac hat es gewagt deinen wahren Verbleib und deinen jetzigen Zustand vor mir geheim zu halten, doch genau das wird ihm schon recht bald teuer zu stehen kommen. Ich werde mit ihm abrechnen und im Anschluss bist du an der Reihe, meine kleine süße Verräterin.“ Das Klingeln seines Handys riss ihn aus seinen Vergeltungsgedanken. Die schlafende Frau rekelte sich genüsslich, als sie durch den Lärm erwachte und Gin sich das Telefon vom Nachtisch griff und den Anruf entgegennahm. „Was gibt es Wodka?“, sprach er kühl. Die Frau im Bett richtete sich auf und bedeckte dabei ihre Oberweite. Sie sah Gin dabei zu, wie er einige Schritte auf und ab ging und dabei seinem Partner am anderen Ende der Leitung zuhörte. „Wieso zum Teufel will er, dass sich alle in unserem Versteck in Saitama treffen?“, sprach der blonde Mann schließlich nach einem Moment des Schweigens. „Ihm sollte eigentlich klar sein, dass wir wichtigere Dinge zu tun haben, als an einem seiner Clubtreffen teilzunehmen.“, spottete Gin. Wieder folgte eine kurze Pause. „Nein vergiss es, wir lassen ihn machen. Er will meine Anwesenheit, er soll sie bekommen, doch er wird sich wünschen, dass ich fern geblieben wäre.“ Kurz darauf legte Gin auf und begann sich anzuziehen. Er warf sich den langen schwarzen Mantel um und setzte seinen Hut auf, welchen er sich tief ins Gesicht zog. Zum Abschluss wandte er sich noch einmal an die Frau, mit der Gin die Nacht verbracht hatte. „Entschuldige Kleines, aber meine Arbeit ruft.“ Er kramte einige Geldscheine aus seiner Tasche und warf sie auf das Bett, bevor er ohne weitere Worte das Hotelzimmer verließ und die Tür hinter sich zuwarf. Gin begab sich hinunter in die Lobby und ging an der Rezeption vorbei, hinaus auf die Straße, wo sein über alles geliebter Porsche bereits auf ihn wartete. Nur wenige Minuten später fuhr er mit Vollgas aus der Innenstadt hinaus, in Richtung Saitama. Früh abends hatte er sein Ziel erreicht und bog auf den Parkplatz des alten Sägewerks. Als er seinen Wagen abstellte und ausstieg, kam ihm bereits Wodka entgegen, welcher auf seine Ankunft gewartet hatte. Gin beachtete ihn nicht sonderlich oder seinen nervösen Gesichtsausdruck, sondern ließ seinen wachsamen Blick über das Gelände schweifen. Er erspähte vereinzelte bewaffnete Einheiten, rund um das verwahrloste Gebäude, einzelne Schützen auf der Pirsch liegend, in den umliegenden Wäldern und zwei maskierte Scharfschützen auf dem Dach des Silos. Nicht jeder hätte dieses Aufgebot an „Mitarbeitern“ der Organisation bemerkt, doch Gins Augen entging so schnell nichts. Vor allem dann nicht, wenn es um seinen verhassten Rivalen in den Reihen der Männer in Schwarz ging. War doch klar, dass Cognac mal wieder einen Riesenaufwand um seine Wenigkeit machte und ihm damit, als Leiter der Operationen in Japan, nur unnötig das Leben erschwerte, dachte sich der blonde, finster dreinschauende Mann. „Ich hoffe er hat eine gute Erklärung für all das hier.“, begrüßte er Wodka, alles andere als freundlich, als dieser bei ihm ankam. Gin war nicht entgangen, dass neben vielen schwarz lackierten Fahrzeugen der Organisation, auch ein silberner Jaguar Mark 2, sowie die blauweiße Dodge Viper von Chianti, vor dem Gebäude parkten. Seine Augen wurden zunehmend schmaler und seine, in der Manteltasche, verborgene Hand umklammerte seine neue Beretta. Wieso zog der Kerl bloß all ihre Leute von ihren derzeitigen Einsätzen ab und brachte damit den Zeitplan vom Boss durcheinander, überlegte Gin konzentriert. Aber was noch viel wichtiger war, wieso zum Teufel war Genever hier. Dieser sollte eigentlich, laut Anokatas letzten Anweisungen in China einen wichtigen Waffendeal für sie überwachen. Gin wurde zunehmend misstrauischer, da er wusste, dass Genever einst der Mentor Cognacs war. Außerdem war dieser ebenfalls nicht gut auf ihn zu sprechen, wegen dieser kleinen Sache mit seinem ehemals besten Freund Pisco, den Gin für den Boss zur Strecke gebracht hatte. Genever hatte damals getobt vor Wut und hatte seine Exekution gefordert, doch Anokata wollte davon selbstverständlich nichts wissen. „Wieso bist du seniler Greis hier in Japan und nicht da, wo man deinen knöchrigen Hintern hin verfrachtet hat.“, grübelte Gin laut. „Ähm Aniki?“ Wodka konnte alles mit anhören und reagierte dementsprechend ein wenig irritiert. Der Blonde schwenkte sein Augenpaar auf seinen Partner, dessen Anwesenheit ihm erst jetzt wieder bewusst wurde. Er schloss kurz seine Lieder und marschierte anschließend wortlos an Wodka vorbei, welcher ihm, ohne weitere Fragen zu stellen, hinterher marschierte. „Es hat den Anschein, als wäre dieses Treffen von größerer Bedeutung, als du vielleicht vermutet hast.“, gab Wodka seine unaufgeforderte Meinung zur Kenntnis. Gin zuckte mit den Mundwickeln. „Da mag durchaus was dran sein.“, stimmte er ihm gleichgültig, aber dennoch mit einem Hauch von geweckter Neugier zu. „Glaubst du, er hat etwas von unserem nichtautorisierten Unternehmen gegenüber der Verräterin Sherry mitbekommen?“ „Tze“, war alles, was Wodka darauf als Antwort erhielt. „Als wüsste er nicht schon längst, dass ich gegen seine Anweisungen gehandelt habe. Doch das ist mir vollkommen egal und ihm sicherlich auch. Nein, es muss sich hierbei um etwas ganz anderes handeln.“, war Gins persönliche Einschätzung. Sie erreichten den Haupteingang, welcher von weiteren Organisationsmitgliedern bewacht und sogleich geöffnet wurde, damit sie ohne anzuhalten weitergehen konnten. Sobald sie innerhalb des Gebäudes waren, sah sich Gin erneut ganz genau um. Er konnte Verräter riechen sobald sie in seiner Nähe waren und in der gesamten Basis stank es förmlich nach Verrat und Intrigen. Er spürte die Augen, die sich auf ihn richteten und wusste sofort, dass alle nur auf seine Wenigkeit gewartet hatten. Gin entsicherte unauffällig die Pistole in seinem Mantel. Was auch immer gleich folgen sollte, er schien ein Teil davon zu sein und das gefiel dem blonden Killer überhaupt nicht. Kapitel 2: Tödlicher Artgenosse ------------------------------- Kapitel 2: Tödlicher Artgenosse Hörbuch zur Fanfiktion: Kapitel 2: Tödlicher Artgenosse Der Nachmittag kam, nach ihrem gemeinsamen Badespaß, dann doch schneller als erwartet. Gleich nach dem Mittagessen, bevor sie sich, wie zuvor abgesprochen, aufteilen und eigenen Plänen nachgehen wollten, galt es noch einmal zu klären, wann und wo sie sich heute Abend wieder treffen würden. Keinesfalls wollte Yukiko, dass sie zu spät zu ihrem reservierten Tisch in der „Goldenen Makrele“, dem bereits erwähnten Fischrestaurant, erscheinen. Da das Etablissement gerade unter den Touristen und auch Einheimischen sehr gefragt war, war es nicht leicht dort einen Tisch zu bekommen und wegen dem hohen Andrang, war absolute Pünktlichkeit gefordert. Die beiden Geschrumpften nickten zustimmend, nachdem Yukiko das organisatorisch Wichtigste sich von der Seele geredet hatte. Insgeheim konnte es Conan einfach nur nicht abwarten, endlich mit Ai vor seinen Eltern reisauszunehmen, wenigstens für diesen einen Nachmittag. „Na dann ist ja alles klar.“, gab sich, neben seiner Frau, auch Yusaku zufrieden, welcher es ebenfalls nicht abwarten konnte, sich endlich wieder an seinen Roman zu setzen. „Wir wünschen euch einen schönen Tag zu zweit. Stell nur in der Zeit bloß keinen Unsinn an und pass gut auf dein Mädchen auf Shinichi. Da können wir uns doch auf dich verlassen, oder?“, zwinkerte ihm sein Vater zu. Sein Sohn warf ihm einen entnervten und warnenden Blick zu, es lieber nicht zu weit zu treiben mit seiner offensichtlichen Neckerei auf seine Kosten. Yusaku lächelte aber nur stumm über seine Gebärden, welche er dabei machte. Natürlich brauchte er so etwas nicht zu erwähnen, da die beiden schließlich erwachsen waren. Man sollte aber nicht vergessen, dass sie nach außen hin, trotz alldem, wie Grundschüler aussahen. Shinichi wusste das ebenfalls und so entspannten sich seine Gesichtszüge allmählich wieder. „Sie können sich darauf verlassen, dass zumindest ich auf ihren verbrechenanziehenden Sohn Acht geben werde.“, versprach Ai grinsend und hakte sich sogleich bei ihrem Freund ein. Auch wenn sie sich bereits fantastisch mit Yukiko verstand, so hatte sich das rotblonde Fräulein jedoch bisher noch nicht getraut, auch Yusaku das „du“ anzubieten. Es fiel ihr deutlich leichter sich mit Shinichis Mutter auf einer Ebene zu befinden, als mit dem vermeintlichen Oberhaupt der Familie Kudo. An seinem breiter werdenden Lächeln konnte Ai aber ablesen, dass er davon überzeugt war, dass wenigstens sie alles im Griff hätte. Yusaku konnte Ai gut leiden, auch wenn er es nicht immer so offensichtlich vermittelte, wie seine werte Gattin. Vor allem der Intellekt, aber auch die britischen Wurzeln der ehemaligen Wissenschaftlerin, beeindruckten den Schriftsteller sehr. Zweifellos war sie ein völlig anderer Charakter als Ran, doch tat dies nichts zur Sache. Das rotblonde Mädchen hatte ihre ganz eigenen Qualitäten. Kurz darauf verabschiedeten sich alle Parteien voneinander und Conan zog, schon fast ungeduldig, seine Freundin mit sich, zu ihrem ersten Abstecher, dem Observation Tower. Die Verliebten liefen über eine schmale Brücke mit einem weiß gestrichenen Geländer an beiden Seiten, welche sie hinaus in die Bucht, zu dem auf dem Meer liegenden Tower, führte. Ai ließ ihre Handfläche über den leicht korrodierten Stahl gleiten und beobachtete dabei, wie die Wellen und ihre aufbauschende Gischt über das Riff der Küste hinweg zogen und das bemooste Gestein umspülten. Die Luft roch angenehm frisch und salzig und die Möwen über ihren Köpfen kreischten, in Erwartung, einem unachtsamen Touristen den Imbiss aus der Hand zu schnappen. Der Tower besaß einen außenliegenden Rundumgang und eine aus Glas bestehende Kuppel in der Mitte, von der man aus, in die Tiefen des Meeres eintauchen konnte. Viele Besucher standen an der Abgrenzung und genossen die 360° Aussicht. Haibara stellte sich zwischen die schießwütigen Fotoknipser, stützte sich über die Brüstung und schaute hinaus auf den weiten blauen Pazifik. Die Meeresbriese umspielte dabei ihr Gesicht und ihr rotblondes Haar. Conan stellte sich neben ihr und legte eine Hand auf ihre, während er sie anlächelte und näher an Ai heranrückte, um ihren Blick auf den Ozean zu teilen. „Eine schöne Aussicht, nicht wahr?“, gab sich das Mädchen beeindruckt. „Wenn dir das schon gefällt, dann musst du das ganze erst einmal von unten betrachten. Es ist wie eine völlig andere Welt.“, grinste Conan, weiter auf das Meer schauend. Ai ließ sich das nicht zweimal sagen und so betraten sie den Observation Tower, indem eine schmale Wendeltreppe sie unter den Meeresspiegel brachte. Die Luft nahm augenscheinlich einen bläulichen Ton an, je tiefer sie hinabschritten. Durch mehrere Bullaugen, auf unterschiedlichen Höhen positioniert, konnte man einen Blick in die Unterwasserwelt vor der Küste Japans werfen. Als sie ganz unten ankamen, befanden sich neben den verglasten Aussichtspunkten mehrere Bilder aller dort sichtbaren regionalen Fischarten. Es war erstaunlich, wie viele verschiedene Meeresbewohner man bestaunen konnte. Kaul- und Riesenbarsche, Paradiesfische, Goldkarpfen, Blaukopfkaiserfische, Tintenfische, Oktopusse und auch Kugelfische, wie dem Komonfugu, so wie er in Japan genannt wurde, schwammen nur wenige Zentimeter entfernt, an ihren Gesichtern vorbei. Shinichi verfolgte einen der Kugelfische, welcher an seinem Bullauge vorbeischwamm und seinen Mund abwechselnd öffnete und wieder schloss, so als würde er nach Luft schnappen wollen. „Wow“, staunte der geschrumpfte Detektiv nicht schlecht. „Was ist? Hast du was Besonderes gesehen?“, erkundigte sich Ai, die unweit von ihm stand und ebenfalls hinaussah. Er winkte seine Freundin zu sich herüber und deutete auf den Fisch, welcher kehrt gemacht und erneut sein Bullauge passierte. „Das ist ein Takifugu poecilonotus, auch Komonfugu genannt. Das ist ein äußerst giftiger Kugelfisch, aber dennoch eine beliebte Delikatesse hier in Japan.“, informierte er sie über seinen Unterwasserfund. „Fugu häh?“, stellte Ai stirnrunzelnd fest. „Nicht gerade mein Leibgericht, soll ziemlich fade schmecken. Ich stehe aber generell nicht so auf Essen das giftig ist.“ Conan lachte leise und deutete auf die Informationstafel des Kugelfisches. „Deswegen wird auch nur das ungiftige Muskelfleisch für den Verzerr verwendet.“ „Dennoch soll er nicht gerade schmackhaft sein.“, behaarte Ai. „Tja, jedem das Seine. Die Geschmäcker sind ja bekanntlich unterschiedlich.“, erwiderte Conan und hatte bereits einen neuen Unterwasserbewohner ins Visier genommen. Ein Oktopus, ungefähr so groß wie die beiden Geschrumpften, begann sich mit seinen Saugnäpfen an einen der Bullaugen festzusaugen, zur großen Begeisterung der Touristen. Sofort bildete sich eine Gruppe aus Schaulustigen um das Fenster herum, welche allesamt versuchten ein Foto zu machen. „Vielleicht sagt dir das ja mehr zu, solange du keine Angst vor Tentakeln hast.“, grinste der kleine Detektiv und ging mit Ai hinüber zu der Menschentraube, die den Oktopus bestaunte. Eine Stunde später, nachdem sie sich an der Unterwasserwelt der Bucht satt gesehen hatten, schlenderte das Paar Händchen haltend, durch die verwinkelten Straßen der Kleinstadt. Sie verfolgten den wilden aufgeweckten Alltag der Einwohner und der vielen Ladenbesitzer, welche am Rande der Straße ihr vielfältiges Angebot den Vorbeilaufenden anboten. Einige Leute musterten teilweise etwas verwundert die beiden Kinder, wie sie anscheinend völlig allein und dann noch Hand in Hand an ihnen vorbei spazierten. Haibara ignorierte aber weitestgehend die fremden Blicke und ließ zusätzlich ihre und Conans Finger ineinander verschlingen, wie um zu demonstrieren: Ja ihr seht ganz richtig, wir gehen miteinander. Shinichi wurde ein wenig rot dabei, doch die Wärme ihrer Hand war zu angenehm, um ihren Körperkontakt zu unterbinden. Ai ging, in der Zeit ihres Urlaubes, erstaunlich offen mit ihrer Beziehung um. Sie versteckte nichts, sondern zeigte sie völlig offen, ganz anders als zuhause. Wahrscheinlich war dies auch der Grund, warum sie hier kein Interesse daran zeigte es geheim zu halten, schließlich kannte sie sowieso keiner, überlegte Shinichi. Sie taten es schon oft genug in ihrem alltäglichen Leben und dies wurde zunehmend von ihm als Last angesehen. Er fragte sich schon deslängeren, wie lange sie diese Scharade noch spielen sollten, immerhin wussten es eigentlich schon fast alle, selbst Ayumi. Nur ihre restlichen Mitschüler, darunter auch Genta und Mitsuhiko wussten nach wie vor nichts davon. Warum überhaupt? Klar, Mitsuhiko empfand etwas für Ai und sie wollte ihm nicht wehtun, aber das konnte doch nicht der einzige Grund sein. Schämte sie sich etwa? War es ihr peinlich? War ER ihr peinlich? Der Schwarzhaarige schüttelte nur den Kopf bei diesem Gedanken. In der Schule hatten sie jeden Tag mit den Kindern zu tun, vielleicht wollte sie einfach nur nicht, dass jede Kleinigkeit in ihrer Gestik und Mimik über das derzeitige Verhältnis zu ihm analysiert wurde. Es waren eben nur Kinder und sie wären das einzige Pärchen in ihrer Klassenstufe und somit ein ungewollter Blickfang für andere. Das alles würde schon weitaus mehr Sinn machen, so wie er seine Freundin kannte. Trotzdem war es immer mehr seine Intention geworden, ihre Beziehung die nächste Hürde nehmen zu lassen, ein vollständiges Coming-out. Shinichi schaute zu Ai, wie sie neugierig ihr Augenmerk durch die Gegend wandern ließ und streichelte ihr mit dem Daumen über den Handrücken. Automatisch richteten sich ihre türkisblauen Augen auf ihn. Sein Herz machte einen Hüpfer, so wie jedes Mal, wenn sie sich so durchdringend ansahen, wie in diesem Augenblick. Dieses Thema konnte wohl noch warten, bis sie wieder in Tokyo waren, stellte Conan schweigend fest und lächelte sie stattdessen einfach nur an. „Was ist? Habe ich etwa schon wieder etwas im Gesicht?“, scherzte das rotblonde Mädchen. Haha, dachte sich der Schwarzhaarige und zog eine Grimasse zur Belustigung seiner Freundin. Mittlerweile hat sich dieser Spruch schon zu einem richtigen Running-Geck entwickelt, seitdem er ihr davon erzählt hat, dass er einst diese Frage nur an sie gerichtet hatte, weil er es für unmöglich hielte, dass Ai in ihn verliebt sein könnte. Hätte er nur schon damals gewusst, wie daneben er damit lag, doch gehörte dies ja nun der Vergangenheit an. „Nein alles bestens.“, schmunzelte Conan und entdeckte einen Souvenirladen, der vielversprechend aussah. „Komm, lass uns dort drüben mal nachsehen, ob wir was Schönes als kleines Mitbringsel finden.“, sagte er und ging voraus. 3 Monate zuvor… In der geheimen Kommandozentrale unter dem Sägewerk in Saitama, wurden Gin und Wodka von Cognac empfangen. „Hervorragend, dann sind wir ja jetzt alle anwesend wie es scheint.“, begrüßte er die beiden letzten auf seiner Gästeliste. Der Schwarze Schatten trug neben seinem typischen Maßanzug, ein drahtloses Ohrtelefon, mit dem er auch über Funk Befehle erteilen konnte. Er wandelte mit einem selbstsicheren Gang zwischen mehreren Reihen von besetzten Schnittstellen hindurch, wo jeder Einzelne höchstkonzentriert seinen Aufgaben nachging. Der Anblick der gesamten Einrichtung war mit den Bildern aus Filmen von Militärbunkern und ihren Operationszentralen zu vergleichen. Überall waren Gerätschaften mit blinkenden Lichtern, Leute mit Headsets auf dem Kopf die alle wild durcheinander redeten, Radarschirme mit Echtzeitdarstellungen und ein computergeneriertes Tokyo inklusive dem Luftraum über der Hauptstadt, was auf einem großen Planungstisch im Zentrum des Raumes projiziert wurde. Die Wand vor ihnen war des Weiteren gesäumt mit großen Monitoren, welche verschiedene Umgebungen zeigten und stetig hin und her wechselten. Vermutlich alles Liveübertragungen die, von vor Ort installierten Kameras, direkt zu ihnen übertragen wurden. Die gesamte Ausrüstung Cognacs müsste höchstwahrscheinlich mehrere Millionen Dollar gekostet haben. Gin ignorierte die aufgeblasene Art Cognacs, während seiner Begrüßung und sah in die Runde der Versammelten. Er entdeckte Genever, auf seinem verzierten Stock gestützt, unweit von Cognac entfernt. Der alte Mann beäugte Gin mit einem hinterhältigen Lächeln. Der wird schon noch sehen, wohin ihn sein überhebliches Grinsen bringen wird, dachte sich der Blonde und ignorierte auch weitestgehend den alten Kautz an der Gehhilfe. Sein nächster Fokus lag auf Chianti und Korn. Auch sie wurden hierher beordert, obwohl sie zuvor andere Befehle von Gin erhalten hatten. Wenn sich der blonde großgewachsene Mann nicht täuschte, könnte er schwören, dass die beiden seinem Blick auswichen, mehr als üblich. Er rümpfte die Nase und sah hinüber zu den zahlreichen Bildschirmen und verfolgte die dort stattfindenden Geschehnisse. Einige dieser Orte kamen ihm bekannt vor. Es waren mehrere ihrer Stützpunkte in aller Welt, darunter auch ihr kostbares Hauptquartier in Übersee. Gin betrachtete die verschiedenen Kameraszenen genauer. Ein spezieller Ausschnitt, welchen er nun schon zum zweiten Mal erblickte, ließ ihn schließlich die Augen aufreißen. Es handelte sich hierbei um das Büro ihres Bosses. Der Raum war zwar zurzeit leer, doch war jegliche Form der Überwachung in den Räumlichkeiten Anokatas strikt verboten. Diese goldene Regel war jedem hohen Organisationsmitglied, mit Zugangsberechtigung zu diesem Büro, bekannt und wer sich nicht daran hielt müsste absolute Todessehnsucht haben. Fakt ist, es galt als absolutes Tabu und der Schwarze Schatten schien dagegen verstoßen zu haben. Gin stapfte zornig auf Cognac zu. Als dieser sich umdrehte, packte der Blonde ihn am Kragen. „Was glaubst du eigentlich was du hier gerade abziehst?“, fauchte Gin tödlich. Seine Stimme machte sofort klar, dass er mehr als gereizt und somit fuchsteufelswild war. Einige umstehende Wachen zückten reflexartig ihre Waffen, doch eine einfache Geste von Cognac sorgte dafür, dass sie sich fürs Erste wieder entspannten. Während ihn Gin immer noch fest anpackte, lächelte er hingegen überraschend freundlich und gut gelaunt. „Was tue ich denn, was so verwerflich ist?“, sprach der Schatten gelassen. Gins grüne Augen wurden zunehmend schmaler. „Du überwachst unseren Boss, obwohl du verdammt genau weißt, dass dies strengstens untersagt ist.“ Cognac schaute hinüber zu den grellen Monitoren, dann wieder zu dem Mann, welcher ihn weiterhin bedrohlich gegenüber stand. „Ach Gin, ich überwache jeden, der eine Gefahr für die Organisation sein könnte.“ Gin runzelte die Stirn und sein Griff wurde fester. „Was willst du damit andeuten?“, knurrte er. Sein Gesprächspartner wandte sich gekonnt aus dem Griff des Blonden und rückte sich den Kragen wieder zurecht, während er sich kurz räusperte. „Es ist in den letzten Jahren so einiges schief gelaufen musst du wissen. Fehler wurden begannen, falsche Entscheidungen getroffen und ich habe lange Zeit nach der Wurzel allen Übels gesucht, welche dafür die Verantwortung trägt.“ Cognac streckte seine rechte Hand aus und deutete auf den Bildschirm mit Anokatas Büro, wo soeben ein alter Mann eintrat und sich auf den Sessel des Chefs niederließ. „Und nun endlich, habe ich unsere größte Schwachstelle gefunden.“, gab sich Cognac triumphierend. Wodka, welche hinter Gin stand, war ganz blass geworden und schluckte schwer. Plötzlich war es in der gesamten Kommandozentrale unglaublich still geworden. Alle bis eben noch eifrigen und aufgeweckten Stimmen im Hintergrund waren verstummt und alle Augenpaare waren einzig und allein auf Gin und Cognac gerichtet. Gin zog langsam seine Beretta aus den Tiefen seiner Manteltasche hervor. Wieder griffen die Wachen, wie es von ihnen antrainiert war, ebenfalls nach ihren Waffen und erneut brachte Cognac, mit einer einzigen Geste, sie dazu, die selbigen wieder beiseite zu tun. „Habe ich mich da eben etwa verhört, oder hast du mir gerade gestanden, dass du eine miese kleine Ratte bist, die uns verraten will.“ Gin hob zur Verdeutlichung eine Hand an sein Ohr, danach begann er, ohne sich von den vielen Wachen beirren zu lassen, den Hahn seiner Waffe zu spannen. Cognac lachte trocken und trat zwei Schritte in den Raum. Die Augen aller Anwesenden schienen dabei förmlich an jede Bewegung, die er machte, zu kleben. „Ich gebe zu, dass hört sich jetzt vielleicht etwas komisch an, aber du sollst wissen, dass ICH nicht derjenige bin der Verrat an der Organisation begannen hat.“ Gin schnaubte verächtlich. „Ach wirklich nicht?“ Er hob seine Pistole und zielte nun auf Cognacs Haupt. Sofort waren dutzende Waffen verschiedener Kaliber auf den Blonden gerichtet und diesmal gab niemand den Befehl, diese wieder zu senken. Stattdessen zuckte Cognac nur gleichgültig mit den Mundwinkeln, während er in den Lauf von Gins Beretta starrte. Wodka hatte ebenfalls seine Pistole gezückt, hielt sie allerdings noch gen Boden gerichtet, da er sich unsicher war, auf wen er denn nun zielen sollte. Eins war ihm zumindest sonnenklar, Gin, sein langjähriger Partner, war hier eindeutig in der Unterzahl. Chianti und Korn standen eher teilnahmslos daneben und wussten ebenfalls nicht so recht, wie sie sich nun verhalten sollten, wodurch sie es vorzogen nichts zu unternehmen. „Du hast ein ziemliches Problem Cognac.“, zischte Gin bitter. „Du glaubst du hast kein Dreck am Stecken? Du irrst dich. Du hast zugelassen, dass unsere wichtigste Forschungseinrichtung zerstört wird und Anokata wird dich, ohne zu zögern exekutieren lassen, wenn er erfährt welchen Verschwörungen du hier nebenbei nachgehst.“ Cognac verzog keine Miene und zeigte sich unbeeindruckt von den Drohungen seines aggressiven Gesprächspartners. „Nicht solange ich die Unterstützung seiner Nummer Zwei genieße.“ Der Schatten lächelte erst zufrieden, zeigte sich aber dann irritiert, als Gin seiner Aussage mit einem spöttischen Lachen begegnete. „Er wird wohl kaum für dich den Kopf hinhalten, wenn ich ihm davon erzähle, was ich die letzten Tage so Interessantes über unseren Schwarzen Schatten in Erfahrung gebracht habe.“ Gin ließ seine Worte einen Moment lang wirken, ehe er fortfuhr. „Rum wird kurzen Prozess mit dir machen, wenn er erfährt, wie du ihn vor siebzehn Jahren bei seiner Mission sabotiert hast und ihn somit umbringen wolltest. Schon damals hast du nur nach mehr Macht gestrebt. Also mach dich nicht lächerlich indem du so tust, als würde dir das Wohl der Organisation am Herzen liegen.“ Ein allgemeines Gemurmel brach um sie herum aus. Cognac blickte die Reihen entlang, ohne sein Gesicht von Gin abzuwenden. Er begann schließlich zu grinsen und aus dem Grinsen wurde schnell ein vernatisch klingendes Gelächter. Gin warf die Stirn in Falten, während der Schatten immer weiter lachte. Niemand sprach ein Wort, wodurch nur Cognacs Lachen in der gesamten Kommandozentrale zu hören war und von allen Wänden zurückgeworfen wurde. Als er sich wieder beruhigte und das Wort ergriff, hatte seine Stimme einen ganz anderen Ton angenommen. Der ruhige Gentlemen war verschwunden. An seine Stelle trat etwas, was einem Dämonen gleichkam, ähnlich wie in dem damals lodernden Inferno seines Anwesens, in der Gesellschaft von Conan und Ai. „Ich befürchte nur leider, dass er dir kein einziges Wort davon glauben wird. Ich habe ihm nämlich bereits verraten, dass niemand geringeres als Anokatas bevormundeter Rüde, ihn damals beseitigen wollte und ihm somit zehn lange Jahre Koma beschert hat. Außerdem steht er sowieso hinter MIR, da Anokata es akzeptiert hat, dass du seine rechte Hand Curacao eliminiert hast.“ Cognac fletschte wie ein Raubtier die Zähne und funkelte Gin hungrig an. „Wobei steht er hinter dir?“, fragte dieser. „Hinter dem was jetzt kommt. Der Grund wieso ich dich überhaupt hergeholt habe und ich kann dir versichern, ich freue mich auf das, was gleich geschehen wird.“ Cognac nahm, nach Beendigung seines Satzes, wieder seine vornehme Haltung ein und drehte sich zu einem der Operator um. „Kontakt herstellen.“, verlangte er, während er sich gleichzeitig über sein Ohrtelefon mit Rum in Verbindung setzte. Der Operator, ein junger Chinese mit kurzem schwarzem Haar, tippte einige Befehle auf seiner Tastatur ein und zwei -an der Wand zentral liegende- große Bildschirme begannen ein schwarzweißes Gekrissel zu senden. „Okay meine verehrten Herrschaften, alles auf Position, es geht los.“, verkündete Cognac. Kapitel 3: Machtwechsel ----------------------- Kapitel 3: Machtwechsel Hörbuch zur Fanfiktion: Kapitel 3: Machtwechsel Die Monitore in Cognacs Kommandozentrale übertrugen nach einigen Sekunden bewegliche Bilder. Der Erste zeigte Rum, alias Hyoe Kuroda, welcher durch eine Liveübertragung und über eine abgesicherte Telefonleitung mit ihnen in Verbindung stand. Der Zweite wiederum, übertrug kein anderes Gesicht, als das von Anokata, mit dem Cognac nun ebenfalls Kontakt aufgenommen hatte. Die kleineren Bildschirme switchten derweilen auf festgelegte Kameraperspektiven, vor allem inner- und auch außerhalb des Hauptquartieres und verharrten in ihrer Anzeige. Alles schien auf einander abgestimmt zu sein und jedes Zahnrad im System fungierte so, wie es vorhergesehen war. Die Anspannung stieg und eine Welle der Konzentration flutete den Bunker. „Cognac“, dröhnte die nicht besonders erfreut klingende Stimme des Bosses. „Ich grüße dich Anokata.“, tat der Schatten unschuldig. „Spar dir deine Floskeln.“, brüllte ihn sein wütender Boss an. „Du wirst mir auf der Stelle verraten, warum du entweder ohne oder gegen meine ausdrücklichen Befehle handelst. Ich habe dir klare Anweisungen erteilt.“ Anokatas Augen blitzten vor Zorn. Ungehorsam schien etwas zu sein, was der ältere Herr nicht im Entferntesten zu tolerieren schien. „Nun“, begann Cognac ruhig, „Ich verdiene Unmengen mit den Geschäften meines Konzerns und habe so unvorstellbar große Summen davon, über die Japan Finance Bank, heimlich der Organisation zugeschoben, da ist es doch nur gerecht, wenn ich dann auch entscheide wofür diese finanziellen Mittel genutzt werden oder sollte ich besser sagen, für wen.“ Die Nasenflügel des alten Mannes mit einer vergoldeten Rabenbrosche am Revers, weiteten sich vor aufkommender Fassungslosigkeit und Empörung. „GIN“, befahl er lautstark. Gin verstand sofort und war bereit abzudrücken, doch Cognac hatte den Beiden noch etwas Wichtiges mitzuteilen. „An eurer Stelle, würde ich diesen Befehl noch einmal überdenken. Ich habe euren großen Plan so manipuliert, um euch sowohl die Macht als auch die Mittel zu nehmen Anokata.“ Er warf einen messerscharfen Blick zu Gin. „Euer Schoßhund ist hier hoffnungslos in der Minderheit, genau wie ihr.“ Ehe Gin sich versah wurde von beiden Seiten nach ihm gegriffen. Der blonde Mann war allerdings kein leicht zu überwältigendes Ziel und so schlug er seine Angreifer mit zwei präzise gesetzten Schlägen nieder. Leider verlor er dabei seine Waffe und bevor er sich diese wieder zurückholen konnte, wurde er von drei weiteren Männern angefallen und mit der Hilfe von Chablis letztlich auch übermannt. Gin schnaubte, tobte und warf mit Verwünschungen um sich, während Wodka eingeschüchtert und ohne die Chance etwas zu unternehmen zusehen musste. Der blonde Mann trat um sich, erwischte dabei einen seiner Angreifer und konnte sich somit losreißen. Er packte Chablis an den Schultern und gab ihm eine Kostprobe seines Knies in die Magengegend. Bevor Gin aber noch mehr ausrichten konnte, bekam er vom dritten Aggressor mit dem Kolben seines Gewehrs eine auf den Hinterkopf verpasst, sodass Gin zu Boden ging. „Was soll das?“, fauchte Anokata. „Was hat das alles zu bedeuten?“ Cognac hatte Gins Entwaffnung und seinem darauffolgenden Kampf eine Weile vergnügt zugesehen, wandte sich aber nun wieder seinem Vorgesetzten zu. „Das bedeutet ich erkläre euch für abgesetzt. Euer Führungsstil ist schlampig geworden und zum Wohle der Organisation ist es unabdingbar, dass jemand anderes, jemand fähigeres die Zügel in die Hand nimmt.“ Anokata sprang von seinem Sessel auf und schlug mit den Fäusten auf den Tisch. „Du bist ein Verräter und das, nach alldem was du mir zu verdanken hast.“ Er sah sich in der Kommandozentrale um. „Jeder der diesem Mann die Treue hält lasse ich als Mittäter umbringen verstanden. Cognac, ich entlasse dich aus deinem Dienst.“ Der Schatten schmunzelte über die Worte des Bosses. „Ich fürchte euch wird recht bald die Fähigkeit fehlen, solche Befehle anzuordnen.“ Auf einigen Monitoren waren Schüsse zu hören. Mehrere Feuergefechte zwischen Organisationsmitgliedern und vollausgerüsteten Sondereinheiten entbrannten an verschiedenen Fronten gleichzeitig. „Genau pünktlich auf die Minute.“, sprach Rum, welcher bis eben geschwiegen und seine Anwesenheit im Verborgenen gehalten hatte. „Rum? Was zum...“, äußerte sich der Boss entgeistert, doch wurde er von zwei ranghohen Mitgliedern unterbrochen, die sein Büro betraten. Es waren zwei große muskulöse Kerle, der eine blond, der andere schwarzhaarig, beide die Haare kurzgeschoren und in einem schwarzen Anzug gekleidet. „Sir, mehrere bewaffnete Einheiten des FBIs und der CIA sind soeben in unser Hauptquartier eingedrungen. Sie kommen über die Geheimrouten. Irgendjemand muss ihnen einen Hinweis gegeben haben.“, sprach der Blonde von den Beiden. Vollkommen schockiert blickte Anokata, über den Bildschirm, in Cognacs teuflisch grinsendes Gesicht. „Was in Gottesnamen hast du getan?“ „Das einzig Richtige zum Erhalt unserer Werte und dem was wir sind, immer waren und auch immer sein werden und Gott hat damit nicht das Geringste zu tun. Ich habe bei dem Angriff auf unsere Forschungseinrichtung, dem FBI alle Informationen zukommen lassen, die sie brauchten, um jedes Nest, welches dir noch die Treue hält anzugreifen und all meine Gegner somit unschädlich zu machen. Das Motto unserer Organisation lautet sich niemals gefangen nehmen zulassen und ich kann garantieren, dass keiner eurer Fluchtwege sicher ist. Niemand von euch wird entkommen, wenn er nicht in die Fänge der Justiz geraten will.“ Die Feuergefechte haben sich inzwischen über alle Monitore ausgebreitet und wurden zunehmend heftiger. Immer mehr Organisationsmitglieder fielen dem Beschuss der Gesetzeshüter zum Opfer. Mit Rauch-, Blendgranaten und Tränengas schlugen sich die FBI-Agenten eine Schneise immer tiefer ins Hauptquartier. Gedeckt wurden sie dabei von Spezialeinheiten mit Kampfschilden, welche voran gingen und ihren Vormarsch absicherten. Während die meisten in der Kommandozentrale Cognacs dies mit heller Begeisterung feierten, gab es auch einige, die diese Szenen der Säuberung mit eher gemischten Gefühlen verfolgten. „Absinth, gehe sofort da raus und versuche mit deinen Männern den Angriff zurückzuschlagen.“, befahl Anokata einen der Männer vor sich und wandte sich dann wieder an Cognac. „Dir ist doch wohl klar, dass das das Ende von uns allen sein wird. Wenn ich untergehe, dann werde ich dich mitnehmen.“ „Ich dachte mir etwas dergleichen schon.“, erwiderte Cognac emotionslos. „Du bist einfach so leicht zu durchschauen und deswegen gehe ich bei dir und deinem Rat der Sieben, lieber auf Nummer sicher und erledige das selbst, mehr oder weniger. Martini!“ Der zweite Mann vor Anokata reagierte auf diesen Namen und zog seine Waffe. Er jagte seinem Partner Absinth eine Kugel in den Kopf, ehe dieser reagieren konnte und richtete nun den Lauf der Waffe auf ihren Oberbefehlshaber. „Nein, nein“, röchelte Anokata, gepackt von einem schweren Hustenanfall. „Leben sie wohl Karasuma-san, ihre Dienste werden nicht länger in Anspruch genommen.“, sprach Cognac mit einer winkenden Handbewegung, ehe er Martini den Befehl gab. Dieser nickte stumm und drückte ohne zu zögern ab. Die Kugel bohrte sich in den Schädel des Bosses und Blut und Gehirnmasse spritzte auf den Sessel und den Schrank dahinter, ehe der leblose Körper des alten Mannes zu Boden fiel. Gin war bei diesem Anblick starr vor Entsetzen. Cognac hingegen lachte siegreich und klatschte in die Hände, als Applaus für die ihm dargebotene Show. „Ausgezeichnet, Auftrag perfekt ausgeführt, so wie es sein soll.“ Martini verbeugte sich ehrfürchtig bei dem Kompliment seines neuen Bosses. „Ich beglückwünsche dich, meine neue rechte Hand. Du hast dir den Platz von Ouzo, durch deine Taten und deine unerschütterliche Treue, mehr als verdient. Lass alles wie einen Selbstmord aussehen und dann sehe zu, dass du über die letzte freie Route von da verschwindest, ehe das FBI bei dir ist. Ich erwarte dich in einer Woche hier in Japan.“ „Wie ihr wünscht.“ Wieder verbeugte sich Martini, ehe die Übertragung beendet wurde. „Der Widerstand bricht allmählich zusammen.“, informierte Rum über die allgemeine Lage. „Alle ausgewählten Ziele wurden von dem FBI und den Apparaten, welche mit ihnen zusammen gegen die Organisation kooperieren, angegriffen und überwältigt. Unsere eigenen -dir die Treue haltenden- Stützpunkte hingegen sind unentdeckt geblieben. Damit sollten die meisten deiner Gegner beseitigt und das Kräfteverhältnis in der Organisation sich zu deinen Gunsten gewandelt haben. Gleichzeitig wird alle Welt glauben, sie hätten uns zur Strecke gebracht.“ Cognac verschränkte zufrieden die Arme vor der Brust. „So trennt sich also die Spreu vom Weizen. Es wird zwar noch ein, zwei Monate dauern, die völlige Kontrolle über die Organisation und die Loyalität eines jeden Einzelnen zu erlangen, aber schon bald wird ein ganz neues Kapitel aufgeschlagen werden. Wir werden mächtiger werden als jemals zuvor und das auch noch unentdeckt vom Auge des Gesetzes, welches uns für zerschlagen hält.“ „MIESER VERRÄTER. Du dreckiger Abschaum, ich werde dich töten. Das war doch von Anfang an dein Plan gewesen.“, bellte Gin blind vor Wut und der Raserei nahe, doch konnte er sich nicht rühren. Es waren genug Männer bei ihm, die ihn zurückhielten und ihm bereits Handschellen angelegt hatten. An Gins Hinterkopf hatte eine Platzwunde dafür gesorgt, dass sich mehrere dünne rote Blutrinnsale gebildet hatten. Der rote Lebenssaft war bereits dabei anzutrocknen und verklebte somit vereinzelte Strähnen seines langen blonden Haares. Es war ein durch und durch ungewöhnlicher Anblick. „Ach Gin“, der Schwarze Schatten sah auf den, zum niederknien Gezwungenen hinunter, wie auf eine nervige Töle, die nicht ruhe geben wollte. „Die alte Organisation ist tot, lang lebe die neue Organisation. Gewöhne dich daran, dass nun ich das Sagen habe und in meiner Organisation gibt es nur noch einen Verräter und der steht, pardon, kniet gerade vor mir.“ Man konnte in Cognacs Worten deutlich heraushören, wie viel Genugtuung ihm die ganze Sache bereitete. Gin sah ihm mit tausend verheerenden Todesblicken an und spuckte ihm verachtend vor die Füße. „Du bist der einzige Verräter hier Cognac und der größte noch dazu. Wer hätte gedacht das jemand in der Lage wäre, selbst Sherry zu übertreffen, was das angeht.“ Cognac gähnte nur gelangweilt und schnipste mit den Fingern. „Es ist Zeit.“ Gin wurde hochgehoben und hinüber zu Chianti und Korn geschleift. Jedes Mal wenn er sich wehrte, was er ununterbrochen tat, wurde ihm von hinten, mit dem Griff einer Waffe, gegen die Kniekehlen geschlagen, wodurch er schmerzerfüllt immer wieder den Halt verlor. Als er an Chianti und Korn vorbei geschliffen und an eine Wand gestellt wurde, sahen sie ihn nicht an, da sie einzig und allein aus Angst vor Cognac, sich von ihm abgewandt hatten. „Wodka“, Cognac richtete das Wort an Gins Partner, welcher überhaupt nicht damit gerechnet hätte und noch ganz neben der Spur war. „Mir ist klar, dass ihr beiden gegen meine Befehle gehandelt und Kontakt mit Sherry aufgenommen habt. Das Gin ein Feind der neuen Organisation ist steht hierbei außer Frage. Die eigentliche Frage, die sich ergibt, ist doch eher…“, und damit ging Cognac langsam auf den Korpulenten mit der Brille zu, „…bist du auch einer oder weißt du wo dein Platz ist?“ Wodka stotterte etwas unverständliches, bis ihm die Beretta von Gin in die Arme geworfen wurde. „Beweise deine neue Loyalität, indem du den Verräter Gin hier und vor den Augen aller Anwesenden exekutierst. Wenn du das tust, ist dir ein Platz in meiner Organisation sicher.“, erklärte Cognac sachlich. Wodka war völlig überrumpelt und wusste nicht was er tun sollte. Er sah irritiert zu Cognac und dann zu Gin. „Na los, ich warte.“, drängte ihn der Schatten zur Eile. Zögerlich schritt Wodka an ihm vorbei, Richtung Gin, welcher ihn schweigend ansah. Sein Blick war dabei nichtssagend. Hatte er etwa damit gerechnet, dass auch Wodka ihn würde hängen lassen, wenn es darauf ankäme? Wodka stand seinem Partner nun gegenüber und versuchte ihm in die Augen zu sehen. „Tu es endlich.“, befahl Cognac mit leicht gereizter Stimme. Der Mann mit der Sonnenbrille zuckte kurz zusammen, sah dann aber wieder zu Gin. „Er hat recht, tue was getan werden muss.“, sprach dieser zu ihm. „A…A-Aniki“, Wodka schluckte, doch ein Klos blieb ihm im Halse stecken. „Ich…Ich weiß was ich zu tun habe.“, stimmte er seinem Partner zu und hob die Beretta. Sekunden des Schweigens vergingen und alle warteten gebannt darauf was sogleich passieren würde. Der Bebrillte hatte seinen Arm, mit dem er die Waffe hielt, gänzlich ausgestreckt. Man konnte sehen, wie seine Hand beim Zielen leicht zitterte vor Anspannung. Blitzschnell drehte sich Wodka auf einmal zu Cognac um, mit der festen Absicht, diesen niederzustrecken, statt seinen Partner und Freund, doch der Schatten war schneller. Ein Schuss löste sich und Wodka ließ blutspuckend die Waffe aus der Hand fallen. Er sah entsetzt auf die Höhe seines Herzens, wo sich ein schnell größer werdender Blutfleck ausbreitete und seinen Anzug rot färbte. „Wodka“, flüsterte Gin, als sein Partner, unfähig sich noch einmal zu ihm umzudrehen, tot nach vorne umfiel. Alle Anwesenden starrten auf die Leiche des stämmigen Kerls, um welchen sich langsam eine Blutlache bildete. Die Sonnenbrille war beim Sturz von seiner Nase gefallen und zerbrochen und Wodkas Augen waren geschlossen, für immer. Chianti konnte es gar nicht fassen und wandte sich mitgenommen ab, während Korn ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter legte. Cognac steckte derweilen seine eben erst gezogene Waffe, aus dessen Mündung noch leichter Rauch emporstieg, zurück in seinen Gürtel. „Nun gut, dann soll es so sein.“, hauchte er leise, aber so, dass ihn dennoch jeder hören konnte. „Ein Toter genügt für heute. Bringt ihn zu den Zellen, ich kümmere mich später um ihn.“, Cognac deutete auf Gin, welcher sogleich gepackt und abgeführt wurde. Diesmal wehrte sich der Blonde nicht, sondern starrte stillschweigend auf den leblosen Körper seines Partners, ehe er aus dem Raum gebracht wurde. 3 Monate später… Der Abend brach allmählich an der Küste Shirahama an und Ai und Conan betraten mit seinen Eltern das schicke und edel aussehende Restaurant „Goldene Makrele“. Sie hatten sich für ihr Essen extra in Schale geschmissen da selbstverständlich, bei einem solchen Etablissement, Abendgarderobe verlangt wurde. Während die Herren der Familie Kudo einen einfachen schwarzen Smoking mit dazu passender Fliege trugen und somit quasi im Partnerlook auftreten konnten, waren die beiden Damen, sprich ihre jeweilige Begleitung, schon etwas aufwendiger herausgeputzt. Yukiko trug ein langes hellblaues Abendkleid mit einem großzügigen Beinausschnitt an beiden Seiten. Ihr Hals wurde geschmückt von einer silbernen Kette, verziert mit mehreren kleinen Saphiren und ihre Ohren glänzten mit großen, ebenfalls silbernen, Ohrringen. Ihre brünetten Haare, hatte sie zu einer Steckfrisur gebunden, während ihre typischen drei Locken, die ihr ins Gesicht fielen, die ganze Sache abrundeten. Ais Haare hingegen waren so wie immer und demnach nicht sonderlich aufwendig bearbeitet worden, obwohl sich Yukiko dafür nur allzu gerne angeboten hätte. Haibara mochte ihre Haare aber so wie sie waren und außerdem war sie sich auch in keinster Weise sicher, was bei Yukikos vielen kreativen Inspirationen letztlich für eine Frisur herausspringen würde. Sie trug, wie Shinichis Mutter, ebenfalls ein Kleid, nur war ihres violett und endete bereits knapp oberhalb ihrer Knie. Als Accessoires hatte sie ein schlichtes schwarzes Band um ihren Hals gebunden und sich dazu die weißgoldene Kette, dass Geschenk von Conan, umgehangen. Diese Kette trug sie fast ununterbrochen und zu jedem Outfit, hatte sie ihr schließlich so einiges zu verdanken. Für Ai war sie das Bindeglied zwischen ihr und Shinichi. Das kleine Schmuckstück hatte sie letztlich zusammengeführt. Nach ihrer Ankunft dauerte es nicht lange und sie wurden von einen der Angestellten an ihren reservierten Tisch für vier Personen gebracht. Sie hatten einen Platz direkt Richtung Meer und durch die große Verglasung in den Außenwänden, wurde ihnen eine großartige Aussicht auf die Weiten des Ozeans ermöglicht. Von hier aus war es nur noch ein Katzensprung bis nach Senjojiki, wo in zwei Stunden einer der schönsten Sonnenuntergänge in ganz Japan zu bestaunen wäre. Der Kellner reichte jedem von ihnen eine Speisekarte und nahm bereits die Bestellung ihrer Getränke auf. Als er gegangen war, schaute Shinichi interessiert über das breite Angebot was das Restaurant zu bieten hatte. Wie der Name des Lokals bereits verriet, waren die meisten Gerichte entweder Fisch oder Meeresfrüchte. Das Spektrum war sehr weit gefächert und teils auch äußerst exotisch. Der Geschrumpfte staunte deshalb nicht schlecht, als er unter den Fischspeisen auch den Fugu erblickte. „Schau doch nur Ai, sie bieten hier sogar den Kugelfisch an, welchen wir heute Nachmittag gesehen haben.“, sprach der Junge und deutete mit dem Finger auf das Gericht in Haibaras Speisekarte. „Tatsächlich, na dann muss der Koch dieses Restaurants wirklich so gut sein, wie wir es gehört haben, wenn er auch Fugu zubereiten kann.“ „Ach wirklich und wieso ist das so?“, fragte Yukiko daraufhin neugierig und nahm einen Schluck ihres, so eben vorbeigebrachten, Sekts. „Ganz einfach, da der Kugelfisch äußerst giftig ist und ein Verzehr aus unprofessioneller Hand, sprich mit der falschen Zubereitung, tödlich enden kann.“, klinkte sich Yusaku in das Gespräch mit ein. „Köche in Japan brauchen daher eine spezielle Lizenz um Kugelfische zu verarbeiten und an die Kundschaft zu servieren. Man muss mindestens zwei Jahre in einem Fugurestaurant, wie diesem hier, gearbeitet und anschließend eine Prüfung abgelegt haben.“ Seine Frau hielt sich erstaunt eine Hand vor den Mund. „Au weiha, dieser Fisch muss ja wirklich gefährlich sein, wenn es solche strenge Vorschriften dafür gibt. Wie überhaupt jemand so etwas essen kann. Also ich nehme da doch lieber das Gericht des Hauses, die Makrele mit Miso und Reis. Da weiß ich zumindest, dass dieser ohne große Bedenken gegessen werden kann.“, kicherte sie leise. Yusaku musste lachen. „Außerhalb von Japan, wie zum Beispiel Europa, ist der Handel mit Fugu sogar gänzlich untersagt. Ich gebe dir aber recht, für mich wäre das auch nichts und deswegen entscheide ich mich für das gebratene Schwarzfederhuhn und dazu ein Gläschen Sake.“ Shinichi grinste seinen Vater über den Rand der Speisekarte hinweg an. Werde aber bloß nicht zu so einem Suffkopf wie mein Onkelchen, dachte er sich amüsiert. „Und Shinichi, was nimmst du?“, erweckte Ai, die neben ihm und gegenüber von Yukiko saß, seine Aufmerksamkeit. „Mmh“, der junge Detektiv überflog die von ihm aufgeschlagene Seite. „Ich kann mich einfach nicht entscheiden. Ich glaube ich nehme einfach eine Portion Ramen mit Thunfisch und gebratenen Reis.“ Das rotblonde Mädchen ließ eine Augenbraue unter ihrem Pony verschwinden. „So einfach gestrickt, wenn es ums Essen geht.“, grinste Ai ihn an und legte ihre Speisekarte beiseite. „Und wenn schon.“, murrte Shinichi. „Und? Wofür hast du dich entschieden?“, wollte er nun aber auch, die von ihr getroffene Wahl, wissen. „Ich nehme den marinierten Lachs mit Pilzen.“, antwortete Haibara mit einem leichten Augenklimpern. Der Schwarzhaarige zog zum Spaß ein hochnäsiges Gesicht und bewegte seine Schultern, wie bei einem übertrieben eitlen Gang vor und zurück. Ai musste leise lachen und stieß ihn sachte in die Seite. „Hör schon auf damit du Spinner.“, ermahnte sie ihn mit einem Lächeln. Als die vier nach kurzer Zeit ihre Bestellung aufgaben, betrat eine Gruppe von fünf jungen Leuten das Lokal, die sofort in Shinichis Fokus gerieten, da die beiden Damen an seinem Tisch zu einer Konversation über die neueste Mode abgeschweift waren, wo er nun wirklich nicht mitreden konnte oder wollte. Die Gruppe schien auch einen Tisch vorbestellt zu haben und obendrein schienen sie auch noch Bekannte des Hauses zu sein, da der Koch sich die Zeit nahm, sie persönlich zu begrüßen und zu ihren Sitzgelegenheiten zu führen. Es war der Tisch gleich neben Conan, Ai und seinen Eltern. Die fünfköpfige Gruppe, bestehend aus zwei Männern und drei Frauen, alle Mitte zwanzig, setzten sich gutgelaunt an den Nachbartisch hinter Yusaku und Yukiko. „Kellner einmal Sake für alle. Die erste Runde geht auf mich.“, rief einer der Männer mit einem breiten Grinsen. Er besaß schulterlanges haselnussfarbenes Haar, in das er sich eine teuer aussehende Sonnenbrille geschoben hatte und trug recht legere, aber dennoch abendlich angebrachte Kleidung mit einem beigen Jackett darüber. „Hey Akamaru, jetzt schreie hier mal nicht so rum. Ryotaro arbeitet schließlich in einem vornehmen Restaurant und keiner billigen Kneipe um die Ecke.“, wies sein Freund, ein Mann mit Dreitagebart und einer hochfrisierten schwarzen Mähne, ihn zurecht. Er verfügte über recht markante Wangenknochen und hätte glatt aus einer Werbung für Rasierwasser oder Eau de Toilette stammen können. An seiner Seite, dicht an ihn herangerutscht, vermutlich seine Freundin, pflichtete ihm eine hübsche Frau mit blonden Haaren und Pferdeschwanz bei. „Ganz recht, benimm dich ein wenig oder willst du etwa, dass Ryotaro wegen uns noch Ärger bekommt.“ Der der auf den Namen Akamaru hörte, hob schützend die Hände vor sich und pflanzte sich auf seinen, ihm zugewiesenen Stuhl. „Jetzt entspannt euch mal, alles halb so wild. Ich bin ja schon ruhig.“ Shinichi verfolgte die Szene eine Weile und runzelte bedenklich die Stirn. Irgendwie hatte er den Eindruck, als wäre es nicht ratsam die Worte dieses Kerls für bare Münze zu halten. Akamaru grinste bestimmt und musterte seinen Kumpel mit dem Werbegesicht. „Du brauchst dich hier übrigens nicht so aufzuspielen Naohito. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wer sich das letzte Mal ordentlich einen hinter die Binde gekippt und sich vor seiner Freundin und dem Rest ziemlich lächerlich gemacht hat.“, feixte er. Naohito knurrte genervt. „Wenigstens bin ich ein fröhlicher Trinker, was man von dir nicht behaupten kann, Alkohol hin oder her.“ Die zweite Dame am Tisch, eine grazile aber dennoch relativ große Frau, um die 1,75m mit langen roten Haaren und grauen Augen, sprach ein Machtwort. „Jetzt ist aber mal Schluss, alle beide. Warum müsst ihr euch auch ständig in die Haare kriegen. Vertragt euch wieder verstanden! Ich möchte nicht, dass mein Freund es bereut uns hierher eingeladen zu haben.“ Die Frau klang sehr selbstbewusst und auf eine Art und Weise dominant, dass sogar Conan vorsichtshalber den Kopf einzog. Man oh Man die kann aber Ansagen machen, dachte sich der Geschrumpfte. Irgendwoher kam ihm dieses Temperament bekannt vor. Er schielte unauffällig zu Ai hinüber, welche nachdenklich an ihrem Glas Saft nippte und seinen Blick somit nicht bemerkte. Die Standpauke scheint auf jeden Fall ihre Wirkung erzielt zu haben, da beide Streithähne verstummt waren und die Gruppe sich nun auch mit der Aufnahme ihrer Bestellung beschäftigte. Gleichzeitig bekamen Shinichi, Ai und seine Eltern endlich ihr Essen serviert, was so unglaublich lecker aussah und auch roch, dass dem jungen Detektiv das Wasser im Mund zusammenlief. Ohne lange zu zögern und mit einem einfachen „Guten Appetit“, ließen die vier es sich schmecken. Kapitel 4: Ein letztes Mahl --------------------------- Kapitel 4: Ein letztes Mahl Hörbuch zur Fanfiktion: Kapitel 4: Ein letztes Mahl Shinichi war einfach nur pappensatt, am Ende ihrer Mahlzeit. Selten hatte er etwas so unglaublich Gutes gegessen, wobei er sich demonstrativ über den Bauch strich. „Man muss dem Koch wirklich ein Kompliment machen, er hat wirklich Ahnung von dem was er tut und weiß, wie man tolle Gerichte zaubert.“, lobte der Schwarzhaarige sein Essen. Ai pflichtete ihm mit einem Lächeln bei, als sie sich den Mund mit einer Serviette abtupfte. „Das stimmt. Die Empfehlung des Restaurants hält ein was sie verspricht.“ „Ich überlege schon, ob ich nicht nach dem Rezept für die Makrele fragen sollte.“, kicherte Yukiko mit einer Hand vor dem Mund. „Also ich hätte nichts dagegen regelmäßig so gut essen zu können.“, lachte Yusaku, doch blieb ihm sein Lachen sogleich im Halse stecken, als seine Frau ihn, mit hervortretender Ader auf der Stirn, finster ansah. „Willst du etwa damit sagen, dass das was du sonst bekommst nicht lobenswert genug ist Schatz?“ Shinichi erkannte die drohende Gefahr und vergrub lieber, zusammen mit Ai, seinen Kopf in der Karte für die Desserts. Yusaku leistete inzwischen, so gut es ihm möglich war, Schadensminimierung. Nach fast zwanzig Jahren Ehe beherrschte er dies zum Glück einigermaßen anständig und es gelang ihm, seine Frau wieder zu besänftigen. Bei der Wortakrobatik seines Vaters musste Conan und auch Ai dennoch hinter ihrer Karte schmunzeln. „Ihr könnt aufhören eure Köpfe zusammenzustecken oder gibt es etwas Wichtiges zu tuscheln ihr beiden Turteltauben.“, erkundigte sich die neugierige Yukiko. Shinichi winkte grinsend ab und legte die Karte wieder beiseite. „Nein nein kein wichtiges Getuschel, wir haben uns nur noch ein Eis als Nachtisch ausgesucht.“, log der geschrumpfte Detektiv schnell. Sein Blick schweifte erneut ab zu ihrem Nachbartisch und deren dort sitzenden Gästen. Zwei Kellner brachten gerade mehrere große Platten verschiedener Köstlichkeiten heran und stellten diese jeweils mittig auf den Tisch ab. Jeder der fünfköpfigen Gruppe bekam dazu einen leeren Teller, mit dem man sich nach Belieben an dem Angebot aus der Mitte bedienen konnte. Neben Ente und Hühnerfleisch, verschiedenem Gemüse, Eiernudeln und Reis, waren auch mehrere Fischgerichte serviert worden, darunter auch der Fugu als Sashimi mit Sojasauce, wie Conan mit großem Erstaunen feststellte. Während also die Kudos und Haibara sich noch ein Dessert genehmigten, speisten und tranken die jungen Leute nebenan ausgiebig und ließen es sich gut gehen. Vor allem Akamaru schien schon das ein oder andere Sakeschälchen geleert zu haben, da seine Stimmung immer lockerer wurde, genau wie seine Zunge und sein daraus resultierendes Mundwerk. Als Yusaku ihre Rechnung bezahlte und die vier aufstanden, um das Lokal wieder zu verlassen und ihren Spaziergang bis nach Senjojiki anzutreten, war Akamaru bereits nur noch am Lallen und lachte lautstark, was seinen Freunden zunehmend peinlich wurde. „Ich glaube du hast inzwischen schon mehr als genug getrunken Akamaru.“, gab sich die blonde Frau neben Naohito besorgt. Der Angesprochene brabbelte aber nur etwas Unverständliches und griff nach der Sakeflasche um sich nachzuschenken. „J-Jetzt… entspann d-dich m-mal Hanayo. I-Ich habe... b-bisher kaum w-was getrunken und a-außerdem… f-fühle ich mich a-absolut su…super.“, erwiderte er. „Dafür das du kaum was getrunken haben sollst, kann man dich aber komischerweise kaum noch verstehen.“, stimmte die bisher nicht so stark aufgetretene dritte Frau in der Runde, mit kurzen braunen Haaren, hellblauen Augen und einem eher schüchtern wirkenden Eindruck, ihrer Freundin zu. „A-Ach Miyuki.“, gluckste Akamaru. „Du b-bist süß… w-wenn du dir so Sorgen um m-mich machst.“, grinste der junge Mann. „Blödsinn“, murmelte Miyuki verlegen. Shinichi rollte mit den Augen, als er nach seiner Jacke an der Garderobe griff und dies mit anhörte. Er war eigentlich ganz froh darüber, dass sie jetzt schon gehen würden. Er reichte Ai ihren Mantel und wandte sich schon dem Ausgang zu, da vernahm er auf einmal röchelnde Geräusche, danach ein Poltern und Sekunden später ein lautes Krachen, gefolgt von dem Klirren zerbrechenden Glases. Shinichi fuhr herum, als ein darauf folgender weiblicher Aufschrei, dass gesamte Restaurant durchzog. Seine Augen weiteten sich vor Schreck, als er den Mann namens Akamaru bewegungslos am Boden liegen sah. Ohne groß zu überlegen streifte Conan wieder seine Jacke ab und rannte auf den Regungslosen zu, um den sich bereits die Restlichen seiner Gruppe und zwei herangeeilte Kellner gestellt hatten. „Shinichi“, riefen seine Eltern und Ai wie aus einem Munde und folgten ihm. Er drängte sich an den Herumstehenden vorbei und kniete sich zu Akamaru hinunter. „Hey Junge, was wird das denn?“, fragte die rothaarige Frau der Gruppe wie paralysiert, doch Conan ignorierte sie einfach. Der Stuhl, auf dem der junge Mann gesessen hatte, lag rückwärts umgekippt, wodurch er ruckartig aufgesprungen sein und bei seinem anschließenden Zusammenbruch noch mehrere Teller und Gläser mit sich gerissen haben musste, wie der Scherbenhaufen um ihn herum bezeugte. Yusaku packte sogleich einen der Kellner an der Schulter. „Schnell verständigen sie die Polizei und einen Krankenwagen.“, befahl er. Der Angestellte nickte, kreidebleich wie er war und lief zum nächsten Telefon. Shinichis Vater sah zu seinem Sohn hinunter, welcher gerade den Hals des Verunglückten betastete, in der Hoffnung einen Puls zu spüren, aber er wurde enttäuscht. Frustriert richtete er sich wieder auf. Ein Blick zu seinen alten Herren genügte. „Geht es Akamaru gut? Was hat er denn?“, fragte die blonde Dame namens Hanayo panisch. Conans darauffolgendes Kopfschütteln trieb allen Anwesenden die Blässe ins Gesicht. „Es tut mir leid ihnen das zu sagen, aber ihr Freund ist leider tot.“, entgegnete er betrübt, aber dennoch mit ernster Stimme, um klar zu machen, dass dies nicht etwa ein schlechter Scherz war, sondern bittere Realität. Allgemeines Entsetzen machte sich kurzerhand breit. „Nicht doch, d-das kann nicht sein.“, stammelte Naohito. „Wie schrecklich, wie konnte das nur passieren, Fumie.“, schluchzte Miyuki und suchte Trost bei der rothaarigen Frau, die erst vor kurzem noch den Streit zwischen den beiden jungen Herren an ihrem Tisch geschlichtet hatte. Fumie legte ihr beruhigend einen Arm um die Schulter. Herr Kudo wies sofort alle Beteiligten an, ein wenig Abstand zum Toten einzuhalten, um ihn oder in der Nähe liegende Objekte nicht zu berühren. Die Gruppe stand ziemlich neben sich, war aufgewühlt und befolgte daher wortlos die professionell klingenden Anweisungen des Mannes mit Schnurrbart. Seine Frau versuchte derweilen die Leute ein wenig zu beruhigen bis die angeforderte Hilfe eintreffen würde. Shinichi nutzte diese Minute der Unaufmerksamkeit und beugte sich erneut über die Leiche, um sie nun etwas genauer zu begutachten. Haibara gesellte sich dabei zu ihm. „Er ist durch Tetrodotoxin gestorben.“, sprach sie monoton. Der ehemalige Oberschüler war verblüfft woher Ai das wusste und so schnell erkannte, entsann sich aber wieder, dass seine Freundin ja eigentlich keine süße kleine unschuldige Grundschülerin, sondern vielmehr eine, zwar immer noch süße, aber eigentlich erwachsene Bio-Chemikerin war und somit das nötige Fachwissen besaß. „Ja das war auch meine Vermutung.“, antwortete er schließlich. „Einiges weist auf eine Vergiftung mit TTX hin, wenn man genauer hinsieht, wie zum Beispiel die Zyanose, also die schwache bläuliche Verfärbung seiner Lippen. Sie ist nicht stark ausgeprägt aber dennoch mit geschultem Auge erkennbar. Außerdem hatte es den Anschein, als wäre er erstickt, was ebenfalls für das höchstgefährliche Nervengift spricht, da es die Muskulatur lähmt, darunter das Herz. Bereits geringe Mengen reichen aus für eine vollständige Atemlähmung.“, flüsterte der junge Detektiv. „Bei einem erwachsenen Mann, wie dem Opfer, ist bereits eine Menge von weniger als ein Milligramm tödlich.“, ergänzte Ai. „Woher weißt du das so genau?“, erkundigte sich Conan bei ihr. Sie runzelte die Stirn. „Hallo? Ehemaliges Organisationsmitglied, welches sich mit tödlichen Giften beschäftigt hat?“, schäkerte das rotblonde Mädchen. Shinichi grinste schief und rieb sich den Hinterkopf. Fünfzehn Minuten vergingen bis die Polizei eintraf und das Restaurant für Schaulustige und Unbeteiligte abgesperrt wurde. Mehrere Leute machten sich bereits am Ort des Geschehens zu schaffen, sammelten Spuren und fotografierten. Zwei Polizisten in braunen Anzügen und mit Handschuhe ausgestattet, schlüpften unter der Tatortabsperrung hindurch und kamen auf Shinichi und Co zu. „Guten Abend die Herrschaften, wenn wir uns einmal kurz vorstellen dürften, mein Name ist Inspektor Oura von der Präfekturpolizei Wakayama und das hier ist mein Kollege Inspektor Ando von der Polizei in Shirahama.“ Der Kollege verbeugte sich kurz, allerdings wurden die Beiden eher bedrückt von den Leuten, die dem Toten nahestanden, empfangen. Conan hingegen war erstaunt, als er die beiden Inspektoren seines letzten Aufenthalts in Shirahama nun erneut begegnete. Bereits damals leiteten die Zwei die Ermittlungen des Mordfalls, wo es sich zufälligerweise genauso um eine Gruppe junger Leute drehte, wie am heutigen Abend. Selbstverständlich erkannten sie ihn nicht, da diesmal Kogoro nicht mit anwesend war, aber zumindest der Geschrumpfte hatte die beiden Ermittler nicht vergessen. „Also was haben wir hier.“, sprach Oura weiter, an jemanden von der Spurensicherung gewandt, der mit einem Klemmbrett an ihn herantrat. „Der Tote heißt Akamaru Shimizu, ist fünfundzwanzig Jahre alt und war gemeinsam mit seinen vier Freunden hier im Restaurant essen, als er wie aus heiterem Himmel ums Leben kam.“ „Gibt es schon genaueres zur Todesursache?“, wollte Inspektor Ando wissen. „Vom jetzigen Zeitpunkt ausgehend, weist alles auf Tod durch Ersticken hin, ausgelöst durch eine akute Atemlähmung. Erste Hinweise deuten auf eine mögliche Vergiftung hin, doch wir warten noch den Befund aus dem Labor ab, um genaueres sagen zu können.“, informierte er den Inspektor. „Sehr gut, halten sie uns auf den laufenden, sobald sie mehr wissen.“ Der Mann von der Spusi gab zu verstehen und salutierte, bevor er seine Arbeit wieder aufnahm. „WAS?“ Die vier Freunde des Toten reagierten bestürzt, als sie von der Ursache seines Ablebens erfuhren. „War das etwa kein Unfall, w-wurde Akamaru etwa…?“, wisperte Miyuki mit vorgehaltenen Händen, den Tränen wieder ganz nah. „Immer mit der Ruhe“, versuchte Inspektor Ando, die junge Frau zu beruhigen. „Im Moment wissen wir noch nicht genau was es war, doch auch ein Mord kann leider zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden.“ „Aber, wer sollte so etwas nur tun?“, äußerte sich Naohito schockiert. „Falls es tatsächlich Mord sein sollte, werden wir es herausfinden.“, versicherte Inspektor Oura mit strenger Miene. Nun wandten sich die beiden Inspektoren gänzlich an die Bekannten des Opfers, welche sich wieder ein wenig beruhigen konnten und jetzt, auf Bitten der Polizisten, ihre Personalien angeben sollten. Der erste von ihnen war Naohito Ikeda, wie das Opfer, fünfundzwanzig Jahre alt und Student im sechsten Semester an der Universität im nahegelegenen Osaka. Auch seine feste Freundin Hanayo Okura, nur ein Jahr jünger als er, studierte dort mit ihm zusammen. Am Anfang ihres Studiums lernten sie auch Akamaru kennen, der folglich auch Student an derselben Universität war. Die nächste war die vierundzwanzigjährige Miyuki Fujiwara, welche in Osaka in einem Labor für Meeresbiologie arbeitete und erst vor kurzem ihren Abschluss an der Uni ihrer Freunde gemacht hatte. Von ihrer Zeit als Studentin kannte sie daher die drei zuerst Genannten sehr gut und stand, selbst nach ihrem Schritt in die Arbeitswelt, mit ihnen immer noch eng in Kontakt. Die letzte war Fumie Kosugi, sechsundzwanzig Jahre alt und tätig als Zahnärztin in einer Praxis, ebenfalls in Osaka. Über ihre beste Freundin Miyuki lernte sie vor Jahren die anderen beiden, Naohito und Hanayo kennen. Akamaru kannte sie allerdings schon vorher, da dieser wiederum der beste Freund ihres Freundes war, der gleichzeitig der Koch dieses Lokals war und sie alle heute hierher eingeladen hatte, wie die junge Frau den beiden Inspektoren berichtete. Ihr Freund wurde kurz darauf hinzugeholt. Der siebenundzwanzig Jährige stellte sich unter den Namen Ryotaro Munakata vor. Er hat eine Ausbildung zum Koch abgeschlossen, bevor er über vier Jahre lang in der zweitgrößten Stadt Japans in mehreren Restaurants gearbeitet hat und letztlich vor vier Wochen nach Shirahama gezogen war um in der „Goldenen Makrele“ eine Festanstellung anzunehmen. Seinen Freundeskreis musste er dafür zwar in Osaka zurücklassen, hatte aber genau aus diesem Grund die Idee gehabt, sie alle zu sich ins Restaurant einzuladen. Ryotaro war, genau wie seine Freunde, fassungslos über den Tod ihres Bekannten. Als er jedoch erfuhr, dass die vermeintliche Todesursache eine Vergiftung gewesen sein sollte, wurden seine Knie plötzlich ganz weich und er schluckte schwer. Vorsichtshalber setzte er sich auf einen Stuhl und bat um ein Glas Wasser. Alle Anwesenden dachten, es sei nichts anderes als der Schock, doch Shinichi hatte da eine ganz andere Vermutung, welche sich bald bewahrheiten sollte, denn so wie er und Ai, wusste mit ziemlicher Sicherheit auch Ryotaro bereits, um welches Gift es sich handeln musste. Inspektor Ando notierte fleißig alle Informationen, die er von den Anwesenden erhielt, während Oura sich die Leiche auch etwas gründlicher ansah. „Die Frage, die sich also stellt ist, was für ein Gift für den Tod des Opfers verantwortlich ist.“, grübelte der Polizist. Shinichi hatte sich unauffällig mit seinem Vater abgesprochen, welcher genau zu derselben Schlussfolgerung gekommen war und nun für sie das Wort ergriff. „Wenn ich mich nicht Irre, würde ich behaupten, dass es sich hierbei um eine Vergiftung mit dem durchaus tödlichen Nervengift Tetrodotoxin oder auch TTX genannt handelt.“ Der Inspektor und auch die Spurensicherung schaute verblüfft auf. „Ähm und wie kommen sie bitteschön darauf, Herr…“ „Kudo, Yusaku Kudo, Schriftsteller, doch ehemals bekannt als Detektiv.“, lächelte der Mann mit Schnurrbart. Ai sah in das Gesicht von Shinichis Vater und konnte das ihr bekannte Glänzen sehen, welches auch ihr Freund immer an den Tag legte, wenn er sich als seines Zeichens Detektiv den Massen zu erkennen gab. Sie grinste den Geschrumpften schief an und stieß ihm in die Seite, welcher die Botschaft sofort, wenn aber auch nur widerstrebend, verstand. „Sie sind also Yusaku Kudo, der berühmte Schriftsteller und Autor vom Baron der Nacht.“, entgegnete Inspektor Oura begeistert, als er den Mann vor sich endlich erkannte. Sein Blick wanderte dabei weiter zu Yukiko. „Dann sind sie doch die Night Baroness, die ehemalige Schauspielerin Yukiko Fujimine. Oh mein Gott, ich habe sie gar nicht erkannt, dabei bin ich doch so ein großer Fan.“ Yukiko hielt bei diesem Kompliment ihre Hände an die Wangen und bewegte sich vor Lachen hin und her. „Ist es ihnen also wirklich aufgefallen.“, kicherte sie freudig erregt. Shinichi verzog sein Gesicht zu einem verlegenen Grinsen. Jetzt macht aber mal wieder einen Punkt, dachte er sich peinlich berührt. „Sekunde mal.“, warf Naohito sogleich ein. „Dann sind sie beide ja die Eltern, des berühmten Oberschuldetektivs Shinichi Kudo oder etwa nicht?“, fragte dieser mit weit geöffnetem Mund. „So sieht es aus, mein Sprössling ist sozusagen in meine Fußstapfen getreten, was das detektivische Ermitteln angeht.“, brüstete sich Yusaku und warf einen vielsagenden Blick hinunter zu Shinichi. Oioi, jetzt ist aber auch mal wieder gut, dachte sich dieser. „Entschuldigen sie das ich frage, aber wie kommen sie überhaupt darauf, dass TTX der Grund für den Tod von Herrn Shimizu ist?“, hakte Inspektor Ando nach, welcher konzentriert bei der Arbeit blieb. Yusaku steuerte zielsicher auf die Leiche zu. „Die Hinweise sprechen dabei für sich. Angefangen mit den leichten Verfärbungen im Gesicht bis hin zu den Symptomen kurz vor seinem Tod. Ich kann ihnen garantieren, dass das Labor zum gleichen Ergebnis kommen wird.“, erklärte er entschlossen. „Also gehen sie von einem Mord aus?“, wollte Inspektor Oura nun von Yusaku wissen. „Das würde zumindest Sinn machen, wenn es sich um Gift handelt.“, ergänzte Ando. Yusaku machte wieder drei Schritte nach hinten und ließ die Hände in seinem Hosenanzug verschwinden. „Tja, das gilt es herauszufinden. Ich würde noch nicht sofort von Mord ausgehen. Feststeht allerdings, dass er das Gift über das, was er am heutigen Abend zu sich genommen hat mit konsumiert haben muss.“ „Aber wie kann ein Nervengift, wie TTX, unbeabsichtigt im Essen landen? Es kann doch nur bewusst dort beigemischt worden sein.“ Ganz recht, dachte sich Shinichi und ging währenddessen hinüber zu dem Tisch, wo die bestellten Gerichte noch auf denselben standen und lenkte, mit seiner kindlichen Art, die Aufmerksamkeit auf einen ganz bestimmten Teller. „Nanu, täusche ich mich oder ist das etwa Kugelfisch?“ Inspektor Oura wurde hellhörig. „Was sagst du da? Zeig mal her Junge.“ Er ging zu Conan hinüber und sah sich das Fischgericht an, auf das der Schwarzhaarige deutete. „Es wurde wirklich Fugu zum Essen serviert?“, wandte er sich an einen der Kellner. Dieser nickte. „Ja, er wurde von unseren fünf Gästen bestellt.“ „Sekunde mal, aber was tut dies zur Sache?“, wollte Naohito wissen, welcher neben dem immer noch sitzenden Koch Ryotaro stand, dem zunehmend der Schweiß auf die Stirn trat. Ein hübsches rotblondes Mädchen trat zwischen den Erwachsenen hervor. „Kugelfische, wie der Kommonfugu sind sehr giftig. Ihre Haut, ihre Hoden und die meisten Organe enthalten das TTX, welches sie im Verlauf ihres Lebens über die Nahrung aufnehmen.“, erklärte Ai gelassen zur Verwunderung der Anwesenden. Ehe sich aber jemand über das Wissen des Mädchens äußern konnte, fuhr auch schon Yusaku ihre Erklärung fort. „Da das Gift jedoch nicht körpereigen ist, gibt es auch bereits Fugu, die gezüchtet werden und durch eine spezielle Ernährung, dieses Gift nicht mehr aufweisen. So oder so wird ausschließlich das ungiftige Muskelfleisch zum Verzehr verwendet.“ „Doch wie kommt dann das Gift an den Fisch?“, fragte eine verwirrte Hanayo. „Ganz einfach“, entgegnete Yusaku und sah hinüber zum Koch, der seinen Blick auffing und zusammenzuckte. „Es wurde bewusst dem Gericht zugefügt, da das Gift Teil dieser Spezialität ist. Eine kontrollierte Menge, sorgt für keine tödliche Vergiftung, sondern löst stattdessen euphorische Zustände aus und verschafft dem, der den Fisch zu sich nimmt, ein Kribbeln und ein leicht prickelndes Taubheitsgefühl auf der Zunge. Es ist eine Kunst, die richtige Zubereitung zu meistern, denn nur eine geringe Dosis zu viel von dem Gift und ein Mensch kann daran sterben. Unser Koch Herr Munakata sollte wissen wovon ich rede.“ Die versammelten Augenzeugen richteten ihre Blicke auf Ryotaro Munakata, der seine Hände über den Kopf zusammengeschlagen und das Gesicht in seinem Schoß vergraben hatte. Yusaku fuhr derweilen fort. „Die Symptome lassen keinen Zweifel an dem Einsatz von TTX zu und führen den exakten Ablauf genauer vor Augen. Der Tod tritt nicht sofort ein. Bei bewusster Einnahme einer zu starken Dosis kann meist rechtzeitig geholfen werden, doch geschieht dies in Unkenntnis, so kann es nach spätestens 45 Minuten mit den Tod enden. Der Zeitpunkt des Todes und die Einnahme des Fisches passt dahingehend überein. Des Weiteren fühlte sich das Opfer weitestgehend gut, was an dem schmerzlindernden euphorischen Zustand lag, in dem er sich befand. Als nächstes folgten die ersten Lähmungserscheinungen. Die Fähigkeit sich Akustisch zu verständigen wird immer schwieriger. Was auf dem ersten Blick so wirkt, als hätte das Opfer zu viel getrunken, ist in Wahrheit der Beginn eines qualvollen Todes. Sie sollten also dringend auch einen Bluttest durchführen. Ich bin mir sicher, es wird sich nicht ausreichend Alkohol im Blut finden lassen, um eine auch nur annähernd vergleichbare Einschränkung der Sprache hervorzurufen.“ Inspektor Oura nickte und gab einem vom forensischen Team ein Zeichen, eine Blutprobe zu entnehmen. „Zu guter Letzt kommt es durch die immer vermehrt auftretenden Lähmungen zu starken Kreislaufstörungen und somit auch zur Blockierung der Atmung, was am Ende, durch die Unfähigkeit weiterhin Luft zu bekommen, zum Tod führt.“, kam Yusaku zu einem Ende. „R-Ryotaro hast du etwa…?“, stammelte seine Freundin Fumie fassungslos. „Nein, nein ich habe ihn nicht umgebracht.“ Er starrte auf seine vor sich ausgestreckten Hände, die wie verrückt zitterten. „Herr Gott, ich könnte schwören, dass ich auf eine genaue Dosierung geachtet habe, so etwas ist mir noch nie passiert. Wir haben in der Küche doch extra ein spezielles Gerät, was die Menge an TTX genauestens überprüft, damit so etwas nicht geschehen kann. Das Restaurant und sein Ruf wäre ansonsten am Ende, nach einem Vorfall wie diesem.“ „Also konnte das Gericht nur bewusst von ihnen mit zu viel von dem Gift versetzt werden, wenn sonstige Sicherheitsmaßnahmen dies im Normalfall ausschließen würden.“, schlussfolgerte Inspektor Oura und sein Blick wurde zunehmend schärfer. „Nein, sie müssen mir glauben, dass ich nie die Absicht verfolgt hätte meinen besten Freund zu ermorden, dafür gibt es für mich keinen Grund. Ich habe ihn nicht vergiftet.“ „Das gilt es noch festzustellen, zumindest sind sie zweifellos unser Hauptverdächtiger, obwohl es noch unklar ist, nach welchem Motiv sie bei dieser Tat gehandelt haben, aber auch das Geheimnis werden wir noch lüften.“, versicherte ihm der Inspektor mit verschränkten Armen. „Nein, ich habe ihn nicht ermordet. Ich weiß nicht wie das passieren konnte. Ich habe eine spezielle Ausbildung durchlaufen. So etwas hätte unmöglich…“, ihm versagte die Stimme. „Unmöglich hin oder her, es ist nun einmal geschehen.“, erwiderte Oura trocken. Shinichi legte die Stirn in Falten und eine Hand nachdenklich an sein Kinn. Er war nicht überzeugt davon, dass der Koch Ryotaro der Täter sein sollte, obwohl er die mit Abstand beste, wenn nicht sogar einzige Gelegenheit dazu hatte. Doch bei Entdeckung der Tat, was früher oder später unvermeidlich eingetreten wäre, hätte er sich somit als erstes verdächtig gemacht und dass wäre alles andere als schlau gewesen. Shinichi war sich inzwischen sehr sicher, dass es auf jeden Fall kein Unfall war, sondern kaltblütiger Mord und der Täter musste einer der am Tisch sitzenden Personen gewesen sein, mit dem Ziel, die Begehung des Verbrechens womöglich auf den Koch zu schieben. „Moment mal, eine Sache passt aber noch nicht so ganz ins Bild.“, warf Inspektor Ando skeptisch klingend ein, als er seine Notizen durchging. „Wenn der gesamte Fugu mit dem Gift versetzt war, wieso hat es dann nicht auch einen der anderen erwischt, die am Tisch saßen?“ „Eine berechtigte Frage, die ich ihnen gerne beantworten kann, Herr Inspektor.“, äußerte sich der beschuldigte Ryotaro kleinlaut. „Fugu hat einen eher faden Geschmack und ist damit bei vielen nicht sonderlich beliebt. Vor allem ist er sehr teuer und schwer zu beschaffen, wodurch er vielmehr als eine Form von Statussymbol bestellt und verzehrt wird. Akamaru war der Sohn eines gut verdienenden Geschäftsmannes und ein wahrer Liebhaber von Fugu, was man von mir und dem Rest von uns nicht behaupten kann.“ „Es stimmt“, bestätigte Naohito. „Er hat sich den Kugelfisch extra für sich bestellt und außer ihn, hat auch niemand sonst davon gegessen.“ Die anderen konnten seine Aussage nur unterstützen, doch wirklich entlasten konnte es den Hauptverdächtigen nicht, eher stützte es nur mehr die Vermutung, dass er hinter der Tat steckte. Dadurch konnte eben sichergestellt werden, dass nur das Opfer und niemand anderes vom giftigen Fisch aß. „INSPEKTOR, Herr Inspektor“, der Mann von der Spurensicherung meldete sich zurück. „Was gibt es denn? Ist das vorläufige Ergebnis des Befundes da?“, fragte Oura nach. „Allerdings und Herr Kudo hatte absolut recht. Das Gift was zum Tod von Herrn Shimizu geführt hat, konnte eindeutig als Tetrodotoxin im Labor identifiziert werden.“, wurde dem Inspektor daraufhin mitgeteilt. „Und was ist mit dem Kugelfisch, haben sie diesen auch auf TTX überprüft?“ „Jawohl Herr Inspektor, auch hier konnten wir das Nervengift feststellen.“ „Aha“, triumphierte Oura und wandte sich an den immer kleiner werdenden Ryotaro. „Sieht wohl ganz danach aus, als lege klar auf der Hand, wer der Schuldige hier ist. Sie können uns auch gleich erzählen, was sie zu dieser Tat bewegt hat. Das es sich um ein Versehen handelt brauchen sie uns gar nicht weiter weiß zu machen.“ Ryotaro stand energisch auf und schüttelte verzweifelt den Kopf. „Aber ich war es doch nicht, ich schwöre es.“ „Ich kann es gar nicht fassen.“ Seine Freundin Fumie wandte sich ab. „Nein Fumie das darfst du auf keinen Fall glauben.“, hielt sie Miyuki zurück. „Ich glaube Ryotaro, wenn er sagt er war es nicht und das solltest du auch.“, klang die junge Dame sehr entschlossen und erntete dafür einen weichen und dankbaren Blick von Ryotaro, was Fumie aber nicht gerne sah und sie sich daher von ihrer besten Freundin losriss. „Ähm Verzeihung, da gibt es übrigens noch etwas, was sie ebenfalls interessieren dürfte.“, versuchte sich der Mann der Spusi wieder Gehör zu verschaffen. „Und das wäre?“, kam die schnelle Antwort, diesmal von Inspektor Ando. „Naja, wir haben es mehrmals überprüft, aber die Dosis auf dem Fugu entspricht dem exakt vorgeschriebenen Maximalwert von TTX, welcher für das Gericht verwendet werden darf. Es handelt sich hierbei also nicht um ausreichend Gift, um einen Menschen zu töten.“ „Wie bitte?“, die Inspektoren waren vollkommen fassungslos. „Ja und außerdem konnten wir auch nirgends sonst Spuren von TTX feststellen.“, beendete der Mann seinen Bericht. Shinichi und sein Vater tauschten sich nachdenkliche Blicke aus. Das kann doch nicht sein, wie und womit konnte das Gift dann im Körper von Herrn Shimizu landen, überlegte der junge Detektiv haarscharf. Schnell eilte der Geschrumpfte erneut zum Toten und untersuchte noch einmal genauer das Gesicht des Opfers als ihm ein seltsamer Geruch in die Nase strömte. Das ist Nagellackentferner, bemerkte er verwundert. „Hey Shinichi alles in Ordnung?“, fragte Ai zögerlich nach, als sie sich ihm näherte. Nein, gar nichts ist in Ordnung, hätte er am liebsten geantwortet, doch Conan war viel zu stark in seinen Gedanken vertieft, um auf Ai zu reagieren. Das Opfer wurde mit TTX vergiftet, jedoch nicht wie zuerst angenommen über den Fugu, sondern auf eine Art und Weise, wie sie nun nicht mehr, so wie es scheint, nachgewiesen werden kann. Nirgendwo anders sind Spuren des Giftes zu finden und was hat es mit diesem Geruch von Nagellackentferner aus dem Mund des Opfers auf sich. Viel zu viele Fragen und zu wenig Antworten schwirrten dem Schwarzhaarigen durch den Kopf. Er sah hinaus auf das Meer, wo die Sonne dem Horizont immer näher kam und bald hinter diesem verschwinden würde. Er hatte nicht mehr viel Zeit bis zum Sonnenuntergang. Da sie morgen früh abreisen würden, war heute Abend seine einzige Chance mit Ai den Ausblick von Senjojiki zu sehen. Er musste den Fall lösen, ehe die Nacht hereinbrach. Shinichi starrte zu den Freunden des Toten und musterte jeden Einzelnen. Jeder von ihnen wirkte mehr und mehr in sich gekehrt. Wer von euch ist es, überlegte der Detektiv und wie hat er es nur angestellt. Kapitel 5: Wie du mir, so ich dir --------------------------------- Kapitel 5: Wie du mir, so ich dir Shinichi stand grübelnd etwas abseits der Menge und überlegte angestrengt. Es fehlte ein entscheidendes Puzzleteil innerhalb seiner Schlussfolgerungskette, vorneweg der Hintergrund des ungewöhnlichen Geruchs von Nagellackentferner aus dem Mund des Opfers. Nagellackentferner beinhaltete kein TTX, nur Aceton, welches diesen typischen unverkennbaren Geruch erzeugte. Des Weiteren war Tetrodotoxin normalerweise ein Feststoff und auch nur schwer in Wasser löslich. Wie wurde Akamaru das Gift nur verabreicht, sodass es jetzt davon keine weiteren Spuren mehr gab? Der Schwarzhaarige fuhr sich durch die zerzauste Mähne auf seinem Kopf. „Inspektor Oura?“ Sein Kollege Ando kam von draußen zurück in das Restaurant geeilt, wo er soeben noch mit den Leuten aus dem Labor gesprochen hatte. Oura drehte sich neugierig um und erkundigte sich, worum es ginge. „Die Blutergebnisse sind da.“, verkündigte Ando. „Wie vermutet, waren nur geringe Mengen Alkohol im Blut zu finden.“ Inspektor Oura bewegte abwinkend seine Hand. „Das hilft uns allerdings in keinster Weise weiter, da wir bereits ganz genau wissen, dass TTX die Todesursache war.“ Er wollte sich schon wieder abwenden, als Ando allerdings noch mehr zu berichten hatte. „Es gibt da übrigens noch etwas, das wir anhand der Blutanalyse herausgefunden haben. Wir konnten einen Insulinmangel bei dem Opfer feststellen, folglich war Herr Shimizu also Diabetiker.“ Shinichi spitzte seine Ohren. Der Mann war also Diabetiker? Schnell flitzte er zu den beiden Inspektoren hinüber. „Entschuldige Onkel“, zupfte er mit Kinderstimme Ando am Hosenbein. „Ja bitte, was ist denn mein Kleiner?“, fragte der Polizist ein wenig perplex. „Wenn dieser Herr Shimizu ein Diabetiker war, müsste er dann nicht auch diese komischen Spritzen bei sich gehabt haben? Mein Vater hat mir einmal gesagt, dass solche Leute sich immer etwas Spritzen müssen, um gesund zu bleiben.“, lachte der junge Detektiv gespielt. Ando kratzte sich am Kopf. „J-Ja, stimmt schon, doch vorauf willst du eigentlich hinaus mein Junge?“ Sein Kollege Oura stoß ihn darauf gegen die Schulter. „Jetzt überlegen sie doch einmal, wenn das Opfer Diabetiker und folglich auf Insulinspritzen angewiesen war, wieso konnte dann kein Insulin bei ihm gefunden werden.“ „Die viel wichtigere Frage hierbei ist…“, Yusaku gesellte sich zu seinem Sohn und den beiden Inspektoren, „…wer von den hier Anwesenden besitzt dann die Spritze und das dazu gehörige Insulin, wenn nicht das Opfer selbst.“ Inspektor Oura rief sofort alle Beteiligten erneut zu sich. „Seien sie doch bitte so freundlich und entleeren sie ihre Taschen. Ich möchte gerne wissen, was sie alles genau bei sich haben.“ Ein wenig mürrisch gab die kleine Gruppe junger Leute nach und tat wie ihnen aufgetragen wurde. Niemand hatte etwas Auffälliges oder Ungewöhnliches bei sich, nur Miyuki, die unschuldig eine Spritze und ein Fläschchen mit Insulin aus ihrer Handtasche hervorzog, wobei diese bereits leer war. „Soso“ Inspektor Oura griff sich die Spritze und das leere Aufbewahrungsmittel für das Insulin. „Wieso haben sie das bei sich Frau Fujiwara?“, verlangte er eine Antwort, als er ihr beide Gegenstände entgegenhielt. „Ich habe es seit unserer Ankunft im Restaurant -für Akamaru- in meiner Handtasche aufbewahrt, so wie ich es meistens tue, wenn wir alle irgendwo gemeinsam hingehen.“, begegnete die junge Dame dem Inspektor mit einer gewissen Selbstverständlichkeit. „Sie wussten also das er Diabetiker war?“, kam direkt die nächste Frage. „Natürlich“, folgte ohne Zögern die Antwort. „Jeder von uns weiß davon und er hat mich persönlich darum gebeten, dass Insulin zu verwahren und es ihm zu geben, wenn er es brauchte, wie kurz vor dem Essen.“ Sie deutete auf die leere Ampulle in Ouras Hand, welcher, nicht gerade überzeugt, die Nase rümpfte. „Das wirft ein völlig neues Licht auf die Sache, ist ihnen das eigentlich klar? Die Tatsache, dass Her Shimizu Diabetiker war und nirgendwo sonst Gift festgestellt werden konnte, lässt folglich nur noch eine Option zu und zwar, dass das Gift sich in der Insulinampulle befinden musste und die einzige Person, mit der Aufbewahrung des Insulins betraut und somit die beste Möglichkeit hatte ihn umzubringen, waren dann sie Frau Fujiwara.“ Die junge Dame erschrak, bei dieser, ihr völlig absurden Unterstellung. „Was? Nein, ich könnte so etwas gar nicht und wieso sollte ich?“, stammelte Miyuki. „Sagen sie, sind sie nicht Mitarbeiterin in einem Labor für Meeresbiologie? Das Gift des Kugelfisches sollte ihnen bestimmt bekannt sein und an solches heranzukommen, sollte für eine Frau in ihrer Position auch nicht schwer sein.“, konfrontierte der Inspektor sie weiter. „Miyuki?“ Ihre Freundin Fumie sah sie ungläubig an und auch Hanayo und Naohito waren entsetzt. „Wartet doch mal. Das glaubt ihr doch nicht wirklich, oder? Miyuki ist die liebenswerteste und unschuldigste Person, die wir kennen.“, sprang Ryotaro sofort für sie in die Bresche. Fumies Augen formten sich dabei sofort zu Schlitzen, während sie ihren Freund böse anfunkelte. Auch Miyuki, die ihn dankend ansah für seine Unterstützung, warf sie einen giftigen Blick zu. Shinichi entging dies selbstverständlich nicht und er musterte die rothaarige Frau mit einem skeptischen Blick. Dabei bemerkte er, dass diese sich an den Handflächen zu kratzen schien. Der geschrumpfte Oberschuldetektiv widmete seine Aufmerksamkeit wieder dem Inhalt von Frau Fujiwaras Tasche. Kein Zweifel, das TTX musste sich in dem Fläschchen mit dem Insulin befunden haben, kombinierte Shinichi, doch wäre das Gift durch seine schlechte Löslichkeit in einer klaren Flüssigkeit wie dem Insulin mit großer Wahrscheinlichkeit entdeckt worden. Es wäre verklumpt und hätte unmöglich injiziert werden können. Außerdem, wäre Miyuki die Täterin, hätte sie kaum so offen Spritze und Insulin vorgezeigt. Ihr Verhalten machte deutlich, dass sie nicht befürchtete, es könnte sie womöglich zu einer Verdächtigen machen, doch die Fähigkeiten, Kenntnisse und die Chance den Mord zu begehen, die hatte sie dennoch. Conan sah Miyuki in die Augen, wie sie sich um Kopf und Kragen redete und sah dabei keinerlei Hass oder den Willen einen Menschen zu töten. Viel mehr interessierte er sich zunehmend dafür, was zwischen ihr, Ryotaro und Fumie ablief. Langsam wuchs in dem jungen Detektiv ein immer stärker werdender Verdacht, nur musste er noch klären, wie das TTX mit dem Insulin vermischt werden konnte und wie er dies wiederum nur beweisen sollte, wenn es keinerlei Spuren mehr davon gab. Conan sah sich ein wenig um, als eine Gruppe von Männern, mit speziellen Anzügen ausgestattet, durch die Vordertür des Lokals eintraten. Er bekam eine Idee und lief quer durch den Raum zu ihnen hinüber. Ohne vorher zu fragen, griff er sich das Formular von einem der Laborassistenten und warf, unter heftigem Protest, einen schnellen Blick auf die Testergebnisse, von denen schon Inspektor Ando berichtet hatte. Ein Geistesblitz durchzog ihn und sein vertrautes selbstsicheres Grinsen kehrte auf einen Schlag zurück. Das ist also des Rätsels Lösung. Nun war ihm alles klar, dachte sich der junge Detektiv. Jetzt wusste er nicht nur, wer für den Mord verantwortlich war, sondern auch wie die Person es angestellt haben musste. Um seine Theorie aber gänzlich belegen zu können, brauchte er die Hilfe seiner chemiebegabten Freundin. Nur sie könnte ihm helfen den Fall vollständig zu lösen. Im nächsten Moment wurde Conan das Klemmbrett wieder entrissen und der Mann von der Forensik hielt ihm eine Standpauke über seine flinken Finger und das er sich nicht einfach so die Sachen anderer Leute schnappen könne. Shinichi tat etwas verlegen und entschuldigte sich mit kindlicher Stimme. „Es tut mir sehr leid Onkel, mir ist einfach nur so langweilig und ich dachte das sei ein Malbuch.“, lachte der junge Detektiv. „Du solltest am besten wieder zurück zu deinen Eltern und deiner Schwester gehen. Sie würden es sicher nicht in Ordnung finden, wenn du an einem Tatort alleine rumläufst.“, riet der Mann, ehe er sich wieder seinen Aufgaben zuwandte. Shinichis Grinsen wich schnell einem genervten Ausdruck für die verhätschelnde Weise des Mannes. Und Ai war nicht seine Schwester sondern seine Freundin, dachte er sich eingeschnappt. Wie konnte man sie nur für Geschwister halten? Aber in einem Punkt hatte der Mann dann doch Recht, er sollte schnellstens zurück, um Ai um Hilfe zu bitten. Er eilte also zu seiner Freundin und ergriff sogleich und ohne viele Worte zu verlieren ihre Hand, um sie mit sich zu ziehen. Das rotblonde Mädchen wollte sich erst wegen seinem groben Handhaben beschweren, bis er anfing sie in alles einzuweihen. Wenig später waren sie bei Shinichis Eltern und erzählten ihnen, wie sie den Fall gemeinsam gelöst haben und nun die Hilfe von Yusaku bräuchten. Er wäre derjenige, der mit der Aufgabe betraut werden würde, den Fall im Namen seines Sohnes aufzuklären. Herr Kudo, aber auch Yukiko lauschten gebannt Conans Schlussfolgerungen und Ais Erläuterungen dazu. Nachdem sie fertig waren, musste Yusaku grinsen und Ai hätte schwören können, dass sie einen Anflug von Stolz in seinen Augen gesehen hätte. „Haarscharf kombiniert Holmes und Irene Adler. Ihr seid ein wirklich gutes Team wie mir scheint.“, lobte er die Beiden, die das Kompliment dankend annahmen. Haibara wurde sogar ein wenig rot. „Dann werde ich mich jetzt darum kümmern, die Rätsel rundum diesen Fall zu enthüllen.“, fuhr der Schriftsteller fort, als er sich erhob und seine Fliege zurechtrückte. „Das wird bestimmt eine passende Handlung für mein künftiges Buch.“ Er begab sich hinüber zu den zwei Inspektoren, welche nun in Begleitung zweier weiterer Polizisten waren, um ihre neue Hauptverdächtige für ein genaueres Verhör mit auf das Revier zu nehmen. „Ich denke das wird nicht nötig sein meine Herren.“, unterbrach sie Yusaku höflich. „Wieso nicht, wie darf ich das verstehen?“, wandte sich Inspektor Oura an den Familienvater. „Haben sie etwa noch etwas herausgefunden, was uns helfen könnte, Frau Fujiwara gleich hier und jetzt zu einem Geständnis zu bewegen?“ „Noch viel besser.“, erwiderte Yusaku. „Ich zeige ihnen den wahren Täter, der hinter diesem gezielten Mord steckt und wie er es zustande gebracht hat.“ Shinichis Vater erntete eine Schar erstaunter und neugieriger Blicke. Ai stellte sich zu ihrem Freund und grinste ihn schief an. „Der Hang zum Dramatischen. Solche Auftritte liegen wohl eindeutig in der Familie.“, kicherte sie belustigt. Conan schwieg bei ihrer Neckerei, bekam aber dennoch einen leichten Rotschimmer. „Ja aber, wenn es nicht Frau Fujiwara war, wer war es dann? War es doch der Koch Herr Munakata?“, fragte Inspektor Oura. Yusaku schüttelte den Kopf. „Nein, auch ihn können wir als Täter ausschließen. Er hatte überhaupt keine Gelegenheit dazu gehabt den Mord zu begehen und schon gar nicht über das Essen, wie wir festgestellt haben. Herr Munakata hätte auch niemals mithilfe seiner Leidenschaft, dem Kochen, eine solche Tat begehen können, da er sonst die hohen Kochkünste beschmutzt hätte. Nein, es war jemand ganz anderes.“ Man konnte Inspektor Oura zunehmend ansehen, wie er sich bei Yusakus Worten wandte und endlich den Namen des Täters hören wollte. „Nun spannen sie uns doch nicht länger auf die Folter Herr Kudo. Wer ist denn nun der Täter?“ „Der wahre Mörder… ist niemand anderes als… Frau Fumie Kosugi. Sie allein waren es.“, rief Yusaku und beäugte die völlig verdutzte Dame mit einem strengen, vor Gerechtigkeit strotzenden Blick, während er mit seinem ausgestreckten Arm auf die Beschuldigte zeigte. „Was, Fumie soll die Mörderin sein?“, sprach Ryotaro mit anzweifelnder Stimme. Während die anderen wieder ein mehr bestürzt reagierten, so begann Fumie hingegen leise vor sich hin zu lachen. „Das ist doch lächerlich.“, begann sie. „Wie viele von uns wollt ihr denn noch beschuldigen? Ihr denkt ich habe Akamaru getötet, dann verratet mir doch einmal wie und warum ich es getan haben soll. Wie wäre es zur Abwechslung mal mit Beweisen, statt den üblichen wilden Behauptungen.“, meinte Fumie gereizt. Yusaku hob die Schultern und schloss für einen Moment die Augen, als würde er diesen Augenblick versuchen wollen, so gut es ging zu verinnerlichen. „Allein ihr Verhalten zeigt mir, dass ich richtig liege mit meiner Vermutung, aber sie haben vollkommen recht. Sie wollen Beweise, die sollen sie bekommen. Ich weiß ganz genau wie sie vorgegangen sind und was ihr schändliches Motiv für die Tat war.“ Fumie wurde bei seinen Worten zunehmend unruhiger und sie kratzte sich vermehrt an ihren Händen. Ihre Haltung machte einen nervösen Eindruck und war längst nicht mehr so selbstsicher wie zu Beginn ihrer Begegnung. Yusaku fing an auf und ab zu gehen. Alle Anwesenden verfolgten ihn dabei wie gebannt und hörten aufmerksam zu, als er erklärte. „Frau Kosugi hat sich einen wirklich ausgeklügelten Plan für diesen Mord überlegt und sich dabei doppelt und dreifach abgesichert, aber selbst die kniffligsten Fälle besitzen bekanntlich einen roten Faden, mag er noch so dünn und unersichtlich sein. Ein Faden, der uns schlussendlich zur Wahrheit führt. Wie bereits in Erfahrung gebracht, wurde Herr Shimizu mit TTX vergiftet. Befunden hat sich das Gift, weder im Essen noch im Trinken, sondern in der Insulinspritze, welche sich das Opfer, nach Beendigung der Mahlzeit, selbst verabreicht hat.“ „Jedoch war ich nicht diejenige gewesen, die das Insulin bei sich hatte und wie wollt ihr bitteschön beweisen, dass TTX in dem Fläschchen mit dem Insulin war?“, begegnete Frau Kosugi dem Schriftsteller offensiv. „Es stimmt, das lässt sich an der Ampulle nicht mehr nachweisen, jedoch an dem Toten selbst. Ich muss ihnen dabei ein Kompliment machen, sie haben sich wirklich sehr intensiv mit der Thematik beschäftigt und vieles zu ihrem Vorteil ausgenutzt. Selbst erfahrende Laboranten der forensischen Fakultät würden dies, unter diesen Bedingungen übersehen, aber kein Meisterdetektiv mit dem nötigen chemischen Wissen an seiner Seite.“ Shinichi wusste bei diesen Worten sofort, dass er und Ai damit gemeint waren. „W-Was meinen sie damit?“, Fumie geriet ins Stocken. „Das wissen sie ganz genau meine Liebe, aber ich werde es gerne für alle anderen einmal erläutern.“, damit ging Yusaku zu dem Mitarbeiter des Labors und bat um die Untersuchungsergebnisse, welche er, nach Einverständnis des Inspektors, auch ausgehändigt bekam. „Wie sie wissen war das Opfer Herr Shimizu Diabetiker. Wie jeder Diabetiker litt er unter Insulinmangel und musste es sich selbst zuführen. Was viele von ihnen jedoch nicht wissen ist, dass er zur Kategorie Diabetes Typ 1 gehörte und ein absoluter Insulinmangel bei ihm, mit einer hohen Anzahl von Ketonkörpern einhergeht. Ketonkörper werden in der Leber gebildet und tragen einen Teil zur Energiegewinnung in unserem Körper bei. Vor allem bei einem niedrigen Wert an Glucose, ermöglicht eine erhöhte Anzahl ihrer Art, dass der Körper auch mit weniger Zucker auskommen kann, wie es bei Diabetikern mit einem absoluten Insulinmangel häufig der Fall ist. So konnten im Blut des Opfers, wie bereits erwähnt, eine erhöhte Konzentration von diesen Ketonkörpern festgestellt werden.“ Fumie rümpfte ihre Nase und verschränkte die Arme vor der Brust. „Schön und gut und inwiefern beweist das irgendetwas?“ „Ist ihnen oder ihren Freunden nicht eventuell etwas in Herr Shimizus Nähe aufgefallen? Hat sein Atem möglicherweise auffällig gerochen? Vielleicht nach Nagellackentferner?“, fragte Yusaku in die Runde. „Jetzt wo sie es sagen Herr Kudo“, meldete sich Naohito nach kurzer Zeit. „Als mich Akamaru kurz nach dem Essen nochmals blöd angemacht hat, konnte ich einen Hauch von Nagellackentferner in der Luft wahrnehmen. Ich dachte mir erst nichts dabei, da ich davon ausging, dass käme vielleicht von Hanayo, welche ja direkt neben mir saß.“ Yusaku lächelte zufrieden. „Sogar jetzt noch, dürfte man eine schwache Note des Acetons, welches diesen unverkennbaren Geruch erzeugt, im Mund des Opfers registrieren.“ Die Inspektoren Oura und Ando überzeugten sich nun persönlich davon und staunten nicht schlecht, als sich Yusakus Aussage bewahrheitete. „Wie es der Zufall so will gehört Aceton zu den Ketonkörpern, von denen ich vorhin erzählt habe und diese werden häufig über die Atemluft abgegeben, ein typisches Symptom für eine sogenannte Ketose. Unter normalen Umständen wäre das Aceton vielleicht schon verflogen, doch handelt es sich ja nicht um einen Normalfall. TTX ist normalerweise fest und schwer löslich in Wasser, dafür aber gut in Aceton. Na, klingelt es schon bei ihnen?“ Fumies Gesicht verlor langsam immer mehr an Farbe, während die Polizisten der Kripo allmählich begannen eins und eins zusammenzuzählen. „Das TTX wurde mit einer Acetonlösung in das Insulin gemischt, wodurch es nach außen hin keine sichtbare Veränderung gab und sich Herr Shimizu das Gift ohne Bedenken spritzen konnte. Ihnen war klar, Frau Kosugi, dass wegen dem Diabetes des Opfers, sich niemand über einen daraus resultierenden hohen Ketonkörperwert wundern würde, was bei jedem gesunden Menschen sofort aufgefallen wäre. So konnten sie den Weg, den das TTX in den Körper genommen hat, hervorragend vor uns verschleiern.“ Yusaku trat an die große schlanke Frau heran, welche zurückwich, statt standhaft zu bleiben. „Allerdings haben sie eine Sache dabei nicht bedacht. Der Anteil von Aceton ist unter den drei existierenden Ketonkörpern normalerweise der Geringste, doch durch die Acetonlösung im Insulin, wurde im Blut des Opfers, ein deutlich höherer Acetonwert gemessen und falls sie dadurch immer noch nicht überzeugt sein sollten, dann können die Kollegen der Polizei auch noch gerne den Urin des Toten überprüfen. Bei einer zu hohen Blutkonzentration von Aceton, wird dieses nämlich zusätzlich über den Harnweg ausgeschieden. Mit einem einfachen Stäbchentest lässt sich dies schnell nachweisen.“ Fumie ballte die Hände zu Fäuste. Sie biss sich auf die Lippe, als sie in die Gesichter ihrer Freunde sah, die irgendeine Reaktion von ihr zu erwarten schienen. „N-Na schön, Hut ab, sie scheinen die Vorgehensweise des Mörders gelöst zu haben, dass freut mich sehr, doch haben sie noch keinerlei Beweise hervorgebracht, die mich als Täterin überführen könnten oder wie und wann ich den Mord hätte durchführen sollen. Von diesem ganzen chemisch-biologischen Kram mal abgesehen.“ Yusaku sah zu Ai, welche ihn wie alle anderen beobachtete und zwinkerte ihr kurz zu, ehe er sich wieder Frau Kosugi widmete und sich leicht verbeugte. „Entschuldigen Sie, dass ich das bisher ausgelassen habe, doch die Art wie sie es gemacht haben, war nun einmal das große Rätsel, dass es zu lösen galt. Zu Beweisen dass sie es waren, fiel mir da bedeutend leichter, denn sie haben so viel darin investiert den Hergang zu verschleiern, dass sie einen großen Fehler dabei gemacht haben.“ Fumies Mund klappte nach unten, als Yusaku sie siegessicher anlächelte. „Ich bin davon überzeugt sie haben sorgfältig alle Fingerabdrücke von Spritze und Ampulle entfernt. Da es zu auffällig gewesen wäre Handschuhe zu tragen, hatten sie gar keine andere Wahl, aber dadurch wurden ihre Hände wiederum äußerst anfällig für gewisse andere Stoffe.“ Fumie erschrak, als sie sich selbst dabei erwischte, wie sie sich erneut die Handrücken kratzte. Yusaku richtete die Brille auf seiner Nase, wobei das Licht des Kronleuchters an der Decke, von den Gläsern reflektiert wurde. „Gerät Aceton auf die Haut, so verursacht es eine starke Trockenheit der betroffenen Stelle. Man sollte daher nach Kontakt diese Bereiche besser einfetten, doch es scheint mir so, als hätten sie das nicht gewusst oder hielten es nicht für notwendig, da sie sowieso davon ausgingen, dass niemand bei der Suche nach TTX Spuren auf etwas wie Aceton oder gar trockene juckende Haut achten würde.“ Fumie taumelte benommen rückwärts und sank langsam auf einen -hinter ihr stehenden- Stuhl zusammen. Sie starrte wortlos und mit weit aufgerissenen Augen zu Boden. „Sie haben sich die Handtasche ihrer Freundin geschnappt, sind auf die Toilette gegangen, haben die Insulinampulle präpariert, alle Beweise mithilfe der Toilettenspülung beseitigt und sind zurück an den Tisch, ehe Frau Fujiwara und die anderen etwas gemerkt haben. Herr Shimizu bat im Anschluss um seine Spritze und das unausweichliche Schicksal nahm seinen Lauf.“ Ein Moment der Stille setzte ein. „Wollen sie nicht endlich gestehen Frau Kosugi? Es weiter abzustreiten würde keinen Sinn mehr machen. Verraten sie uns doch lieber, was sie zu dieser Tat getrieben hat und wer ihr eigentliches Ziel war, dem sie schaden wollten. Ich weiß es, aber ihre Freunde und die Herren von der Polizei würden dies sicherlich auch gerne erfahren.“ „Nein Fumie sag das das nicht wahr ist. Bitte sag das er lügt.“, schluchzte Miyuki aufgewühlt. Die rothaarige Frau biss die Zähne zusammen und starrte weiter zu Boden. „Das kann ich nicht, weil alles was Herr Kudo gesagt hat der Wahrheit entspricht.“ „A-Aber warum?“, Miyukis Worte versanken in einer Welle aufkommender Tränen. „Weil ich dich loswerden wollte, ganz einfach.“, drehte sich Fumie wütend zu ihrer Freundin um und schmetterte ihre Antwort ihr regelrecht an den Kopf, sodass diese zusammenzuckte. „Akamaru war nicht das eigentliche Ziel, sondern nur Mittel zum Zweck. Ich wollte dich für meine Taten büßen lassen.“ „Aber wie konntest du das deiner besten Freundin nur antuen?“, entgegnete ein ratloser Ryotaro. „Sie ist nicht meine beste Freundin und der Grund wieso ich es getan habe, bist du.“, schnauzte die Rothaarige. „Denkt ihr ich bin so blind, dass ich nicht mitbekommen habe, was zwischen euch beiden abläuft? Immer häufiger, wenn ich Miyuki von der Arbeit abholen wollte, so wie ich es regelmäßig tat, da sie ja noch kein eigenes Auto besitzt, musste ich von jemanden aus ihrem Labor hören, dass sie bereits gegangen war, um mit dem Zug nach Shirahama zu fahren. Ich war entsetzt, als ich aus dritter Hand erfahren musste, dass sie Ryotaro mehrmals heimlich besucht hatte, ohne mir etwas davon zu erzählen. Einestages in einer Bar traf ich dann auf Akamaru. Er hatte, wie so oft, zu viel getrunken und offenbarte mir, dass er der Meinung wäre, Miyuki und Ryotaro würden ein viel besseres Paar abgeben. Deshalb hat er auch den Versuch unternommen, Ryotaro davon zu überzeugen, sich mit ihr zu treffen und mich so schnell es geht fallen zu lassen. Ich konnte einfach nicht glauben, dass meine angeblichen Freunde alles in ihrer Macht Stehende unternahmen, meine Beziehung zu zerstören und mein sogenannter Freund ließ dies auch noch einfach so zu und schien sogar regelrecht gefallen an Miyukis Aufmerksamkeit zu finden.“ Fumies Wangen überzogen sich mit einer Flut aus salzigen Tränen. „Da war für mich klar, was ich zu tun hatte und so tüftelte ich diesen Plan aus, um meine Beziehung mit Ryotaro vor euch allen zu retten. Als ich Miyuki wieder einmal von der Arbeit abholte und dabei auf sie wartete, nutzte ich die Gunst der Stunde und entwendete ein Fläschchen mit TTX aus ihrem Labor für Meeresbiologie. An das Aceton kam ich als Zahnärztin problemlos selbst ran und so hatte ich schnell alle Sachen für meinen Plan zusammen. Es fehlte nur noch die richtige Gelegenheit. Also bestärkte ich Ryotaro bei der Idee, uns alle in sein neues Restaurant einzuladen, denn dort sollte mein Plan in die Tat umgesetzt werden. Akamaru sollte das Opfer werden, da er Diabetiker war und den Denkanstoß für Ryotaro gegeben hat, mich zu verlassen. Miyuki sollte dann nach den Beweisen her, die Schuld an den Mord zugesprochen werden und wenn der Tote im Fugurestaurant erst einmal publik gemacht hätte, hätte Ryotaro seinen Job aufgeben und zu mir nach Osaka zurückkehren müssen. Der Rest ist so, wie Herr Kudo bereits berichtete.“ Ein betrübtes Schweigen setzte ein, bis Miyuki mit einem Fuß auf den Boden stampfte. „Du bist eine Närrin weißt du das?“, fuhr sie Fumie an. „Willst du wissen was wirklich zwischen mir und Ryotaro abgelaufen ist? Er hat mich, kurz nachdem er aus Osaka weggezogen war, angerufen und erzählt, dass es zwischen ihm und dir zunehmend zu Streitereien gekommen war, da er nun so weit weg lebte und ihr euch kaum noch seht. Allein wegen seiner Arbeit, war er den ganzen Tag über beschäftigt. Er bat mich daher um Rat und um Hilfe und da ich deine beste Freundin bin, wusste ich genau, dass du zu Stolz gewesen wärst, mir von euren Beziehungsproblemen zu erzählen. So fuhr ich also, hin und wieder, nach Shirahama, um mit Ryotaro zu sprechen. Ich habe ihn zu überzeugen versucht, wieder nach Osaka zu ziehen, da es auch dort genug gute Restaurants zum Arbeiten gebe. So könnte er wieder mehr Zeit mit dir verbringen.“ „W-Was?“, kam es kaum hörbar aus Fumies Kehle. „Es ist wahr.“, stimmte ihr Ryotaro zu. „Erst habe ich gezögert, da mir meine Arbeit nun mal wirklich viel bedeutet, doch Miyuki erinnerte mich daran, was wirklich wichtig ist und sagte zu mir: Wenn du Fumie wirklich liebst, solltest du wissen was dir lieber ist, sie oder das Kochen an einem fernen Ort. Miyuki überzeugte mich und ich entschloss mich dazu, noch dieses Jahr meinen Job aufzugeben und nach Osaka zurückzukehren, für dich.“ Er wandte sich zähneknirschend ab. „Und seit wann lässt du dich von jemanden wie Akamaru beeinflussen? Selbst ich, als sein bester Freund, weiß was für ein Idiot er sein kann, wenn er getrunken hat. Ich habe ihm damals gesagt, dass es mich nicht kümmert, wen er als bessere Partie für mich erachtet und das ich selbst darüber entscheide, wen ich liebe und wen nicht und ich liebe Miyuki nicht, ich liebe dich, oder besser gesagt ich habe dich einst geliebt.“ „R-Ryotaro… neeein. Was habe ich nur angestellt?“, weinend brach Fumie zusammen, als sich ihre Freunde von ihr abwendeten und die Handschellen an ihren Handgelenken einrasteten. Es war spät am Abend, doch wie durch ein Wunder, gelang es Ai und den Kudos doch noch rechtzeitig die steinige Küste von Senjojiki zu erreichen, um die letzten Sonnenstrahlen des Tages, in einer atemberaubenden Aussicht, einzufangen. Conan und Ai saßen zusammen auf einen der unzähligen felsigen Stufen, welche bis zum Vorsprung über dem Meer führten. Neben ihnen, bestaunten auch viele andere Leute den herrlichen Sonnenuntergang. Haibara hatte sich eng an ihren Geliebten gekuschelt und legte dabei ihren Kopf auf seine Schulter ab, während sie auf das orangegefärbte Wasser hinaussah. „Du hast dich heute wirklich gut geschlagen.“, flüsterte sie ihm zu, den Blick nicht von der wunderschönen Kulisse abwendend. Conan drehte seinen Kopf, sodass er Ai einen Kuss auf ihr rotblondes Haupt geben konnte. „Wir waren beide heute toll. Ohne deine Hilfe und deine Fachkenntnisse hätte ich den Fall nicht lösen können.“, lächelte der junge Detektiv. Ai wurde leicht rot, was man zu ihrem Glück in der Abenddämmerung nicht sehen konnte. „Du hast dich auch sehr verändert in den letzten Monaten, weißt du das. Das du einmal den Ruhm eines aufgeklärten Mordes mit jemanden teilen würdest, wäre als wir uns kennengelernt haben noch undenkbar gewesen.“, schmunzelte das Mädchen. „Genauso undenkbar wie, dass ich mich unsterblich in dich verliebe und dennoch ist es so gekommen und ich bin froh darüber.“, erwiderte ihr Lieblingsdetektiv und nahm sie an der Hand. Ai wurde dabei ganz wohlig warm und sie rückte noch näher an Shinichi heran, welcher zusätzlich einen Arm um ihre Taille legte. Sein Blick wurde ernster. „Ich habe schon fast Mitleid mit ihr, dieser Frau Kosugi. Sie hat versucht ihre Liebe vor äußeren Einflüssen zu beschützen, tat es aber auf die falsche Art und auf Grundlage falscher Tatsachen. Somit hat sie letztlich genau das erreicht, was sie verhindern wollte. Ihre Liebe für immer zu verlieren und ihre beste Freundin gleich dazu.“ Er blickte auf Ai hinab, als diese seine Hand fester drückte. „So etwas soll uns beiden niemals passieren, versprichst du mir das?“ Sie durchdrang ihn mit ihren türkisblauen Augen bis tief in seine Seele und sein Herz, welches nur für sie schlug. Shinichi gab ihr dieses Versprechen, bevor er sie zärtlich und innig küsste. Seine Eltern sahen den Verliebten dabei schweigend zu, wobei sich Yukiko zufrieden an ihren Mann anlehnte, der sie wiederum in seine Arme zog. Conan legte seine Wange an die von Ai, während sie eng umschlungen und mit einem Lächeln auf den Lippen, die Sonne in den Tiefen des Ozeans untergehen sahen. Kapitel 6: Der Liebesdetektiv ----------------------------- Kapitel 6: Der Liebesdetektiv Es war später Vormittag, als die Sonne auf den Bahnhof von Shirahama schien, darunter auch auf das Gleis und den Bahnsteig, an dem Conan und Ai auf ihren Zug warteten. Erst vor kurzem noch hatten sich die Beiden von Shinichis Eltern verabschiedet, welche nach dem Ende ihres kleinen, aber erholsamen Familienurlaubs, zurück in die USA mussten. Yukiko wäre zwar gerne noch länger bei ihrem einzigen Sohn und seiner süßen Freundin geblieben, doch Yusakus Verleger saßen ihm zunehmend im Nacken und sie konnte ihren Mann doch nicht alleine lassen. So mussten sie sich wohl oder übel Frühs nach dem Auschecken trennen, was Shinichi allerdings sehr gelassen nahm. Er war es schließlich gewohnt, ohne seine Eltern auszukommen und darüber hinaus, wusste er sich ja in bester Gesellschaft. Dennoch kam er und auch Ai, nicht um einige Streicheleinheiten und Umarmungen seiner Mutter herum, ehe das Ehepaar Kudo zum Flughafen aufbrach. Während die beiden Erwachsenen also zurück in die Vereinigten Staaten flogen, hatte Conan und Ai wiederum ein ganz anderes Ziel vor Augen und dies hieß keinesfalls Tokyo, zumindest noch nicht. Vorerst hatte Conan den Vorschlag geäußert, die letzten beiden Tage der Ferien zu nutzen, um Heiji und Kazuha im nahegelegenen Osaka zu besuchen. Bei gerade mal eineinhalb Stunden Fahrzeit, bot sich das alle Male an und da Ai nichts dagegen einzuwenden hatte, stand diesem Unterfangen auch nichts im Weg. Hattori schwärmte außerdem andauernd von diesem Okonomiyaki-Restaurant, da fand Shinichi, war es an der Zeit, der Einladung seines Freundes endlich mal nachzukommen und mit wem würde er dies wohl lieber tun, als mit seiner schönen Ai. So standen die Beiden also auf dem Gleis Nummer Zwei, wo die Zuglinie nach Osaka ihren Halt machen würde. Der Bahnsteig war zum Glück nur mittelmäßig besucht, da viele Leute es vorzogen, ihre Ferien bis zum letzten Tag in den sonnigen und warmen Regionen Japans auszukosten. Auch an diesem Tag war das Wetter nämlich wieder herrlich sonnig und warm. Der Himmel war vollkommen klar, sodass die Sonne ungehindert scheinen konnte. Der junge Detektiv mit der Brille stand ganz vorne an dem Gleis und streckte sein Kopf gen Himmel, um sich von den Sonnenstrahlen berühren zu lassen. Haibara hingegen zog es vor, auf einer der Bänke im überdachten Teil des Bahnsteigs zu verweilen und im Schutze des Schattens ein Buch zu lesen. Shinichi spürte, wie ihm langsam, durch die Hitze auf seiner Haut, der Schweiß auf die Stirn trat und öffnete seine Augen. Er drehte sich um und steuerte auf Ai zu. Sie saß einfach nur so da, die Beine übereinander geschlagen und den Blick auf die Seiten des Buches gerichtet. Hin und wieder, wenn sie eine Seite umschlug, fiel eine Strähne ihres rotblonden Haares in ihr Gesicht, welches sie sich sofort hinter das Ohr strich, ehe sie weiterlas. Conan lehnte sich an einen der Pfeiler der Überdachung und beobachtete sie dabei stillschweigend. Haibara trug kurze blaue Shorts, sowie ein rotes Trägertop mit einer beigen kurzen Bluse kombiniert. Diese endete bereits oberhalb ihres Bauches und war an der untersten Stelle verknotet. Die Ärmel endeten in den Armbeugen und waren teils umgekrempelt. In ihrem Haar hatte eine modische weinrote Sonnenbrille mit großen Gläsern ihren Platz gefunden und um ihren Hals trug sie selbstverständlich die Kette von Shinichi. Der Geschrumpfte musterte seine Freundin von oben bis unten und folgte ihren Augen, wie sie konzentriert von Zeile zu Zeile huschten, nur um am Ende jeder Seite wieder nach oben zu springen, damit sich der Ablauf wiederholen konnte. Conan zuckte leicht zusammen, als ihre meeresblauen Augen auf einmal direkt in seine schauten und eine Augenbraue Ais, sich zu einem fragenden Ausdruck formte. „Ist etwas?“, fragte sie ganz monoton. Er lächelte, versucht eine aufkommende Röte in seinem Gesicht zu verbergen und setzte sich zu ihr. „Ach nicht so wichtig.“, meinte Conan daraufhin bloß. Ai sah ihn noch einige Sekunden länger als notwendig in die Augen, ehe sie kurz schmunzelte und ihre Aufmerksamkeit wieder dem Buch zuwandte. Bevor sie dies jedoch tat, ließ sie es sich nicht nehmen Shinichis Hand in die ihre zu nehmen und sanft mit ihrem Daumen über seinen Handrücken zu streichen. Nun wurde Conan doch ungewollt rot, als sie damit ein paar fragende, aber auch lächelnde Gesichter der um sie herum stehenden Leute ernteten. Haibara schien dies nicht zu kümmern, wie es schon so oft der Fall war und Conan zog es vor, genauso zu verfahren. Demnach drückte er mutig fester die Hand seiner Freundin und verschränkte seine Finger mit den ihren. Er bemerkte wie Ai zu lächeln begann, aber trotzdem weiter versuchte konzentriert zu lesen und sich zu nichts verleiten zu lassen, was sie daran hindern könnte, auch wenn die Versuchung groß war. Als sie, wenig später, im Zug nach Osaka waren, saßen sich Conan und Ai direkt gegenüber, während der Schwarzhaarige aus dem Fenster schaute und die Berge und Täler an sich vorbeiziehen sah. Es wäre nicht mehr lange bis sie im Hauptbahnhof von Osaka einfahren würden, wo Heiji, nach einem kurzen Telefonat, schon auf sie warten würde. Conan freute sich sehr darauf, seinen besten Freund und Detektivkompanen seit langem wiederzusehen. Das letzte Mal war es, als sie zusammen die Organisation bekämpft haben, also vor drei Monaten. Eine halbe Ewigkeit wie Conan feststellte. Ai hatte derweilen den Tisch zwischen ihnen heruntergeklappt, um darauf ihren Laptop zu platzieren. Nun war sie damit beschäftigt, wie Shinichi nur zu gut vertraut, die Tastatur des Computers mit ihrer unaufhörlichen Tipperei zu quälen. Conan wanderte mit seinem Blick zu ihr hinüber und legte seinen Kopf schief, wodurch er diesen auf seine -zur Faust geballten- Hand abstützen konnte. „Kannst du dieses Ding nicht einmal beiseitelegen?“, fragte er sie etwas genervt über die von ihr produzierte Geräuschkulisse. Ai grinste nur unberührt und machte munter weiter. „Warum denn?“, entgegnete sie leicht schadenfroh. „Dieses Tippen wird auf Dauer etwas anstrengend, mein Schatz.“, wies Conan sie übertrieben freundlich auf sein Problem hin. Ais Grinsen wurde noch breiter, doch sah sie weiterhin auf den Monitor vor sich, statt zu ihrem Freund. „Das würde ich gerne tun Schatz, doch leider habe ich Arbeit, die nicht warten kann.“, spielte sie sein Spiel mit. „Was gibt es denn so unglaublich Wichtiges zu erledigen?“, wollte Conan nun aber mit ernst gemeinter Neugierde wissen und streckte seinen Kopf nach vorne, um über den Rand ihres Laptops sehen zu können. Ai richtete jedoch den Monitor weiter nach vorne aus, wodurch ihm eine mögliche Sicht auf den Inhalt ihrer Tätigkeit verwehrt blieb. „Hey, wieso darf ich denn nicht gucken?“, fragte Shinichi ein wenig kindlich eingeschnappt. Haibara seufzte, wie eine vielbeschäftigte Mutter. „Ich gehe die Liste aller Forschungsprojekte der Organisation durch, welche wir im Labor ihrer Basis sicherstellen konnten. Das FBI hat mir vor wenigen Tagen die Freigabe erteilt, nachdem alle Daten erfolgreich gesichert werden konnten, was Ewigkeiten gedauert hat. Nun hoffen sie, dass ich, als ehemalige Forschungsleiterin, nützliche Informationen für sie sammeln kann. Wenn jemand die Chance hat, die unzähligen Codenamen zuzuordnen, dann wohl ein ehemaliges Mitglied dieser Verbrecherbande, wie ich es bin.“ Als sie zu Ende gesprochen hatte, schaute sie erstmals wieder auf und sah Conan direkt an. Sie konnte sehen wie er sich mal wieder den Kopf zerbrach. Das letzte vorauf sie aber jetzt aus war, war mit ihm die nächste halbe Stunde über den Inhalt der erbeuteten Daten oder die Organisation zu sprechen. Die Männer in Schwarz waren zerschlagen, besiegt, viele von ihnen wurden in den vergangen Wochen gestellt und diejenigen die entkommen konnten, würden keine Gefahr mehr darstellen, nachdem was ihnen versprochen wurde. Haibara betete dafür, dass dies auch der Wahrheit entsprechen würde. Sie wollte nicht mehr, als ein ganz normales Leben mit ihrem Geliebten führen. Die einzige Person, dessen Unauffindbarkeit, ihr aber weiterhin wirklich Sorgen bereitete, war der ungewisse Verbleib des Mannes, den sie am meisten von allen verabscheute. Die Rede war natürlich von Gin. Er musste noch irgendwo da draußen sein, vielleicht sogar mit Wodka und einigen anderen, welche er in so einer Lage um sich scharren würde. Er wusste wer sie waren und er wusste auch wo er sie finden konnte. Die einzige Sicherheit, in der sich das rotblonde Mädchen wiegen konnte, war die, dass seit drei Monaten niemand von den flüchtigen Mitgliedern, auf die Idee kam, sie oder Shinichi einen Besuch abzustatten. Vielleicht waren sie ja wirklich alle tot, sich selbst gerichtet für ihre Taten. Ai wünschte es ihnen sehr, doch wie gesagt, wollte sie darüber im Moment nun wirklich nicht sprechen, weswegen sie kurzer Hand ihren Laptop zuklappte und mit dem Geräusch den geschrumpften Shinichi aus seinen Überlegungen riss. Wenn sie ehrlich war und ihre Liebe so ansah, hatte sie auf etwas ganz anderes Lust. „Also schön mein Meisterdetektiv, du hast gewonnen, keine Arbeiten mehr auf unserem Trip. Ich habe da eine viel bessere Idee.“, sprach Ai in einem leicht verführerischen Ton, als sie ihre Schultern nach hinten verlagerte und ihr Becken hingegen leicht nach vorne. Conan runzelte die Stirn und wollte sie fragen, was sie denn vorhätte, als er Ai plötzlich ganz nah bei sich spürte. Sein Körper verkrampfte sich und das Blut schoss ihm in den Kopf. Haibara biss sich verspielt auf die Unterlippe und führte ihren Zeigefinger an den Mund, während sie ihn mit ihrem Schlafzimmerblick beäugte und ihre Fußspitze von seinem Knie, weiter seinen Oberschenkel hinauf bewegen ließ. Conan schluckte angespannt und sah sich nervös in ihrem Abteil um, ob jemand der anderen Passagiere etwas mitbekäme. „Ai bitte lass das“, flüsterte er ihr verlegen zu. Das rotblonde Mädchen dachte jedoch nicht daran und legte ihren Kopf schief. „Was denn?“, fragte sie ganz unschuldig, als sie leicht an ihrem Finger zu knabbern begann und mit ihrem Fuß den Kurs beibehielt. „Mit dem was du da machst.“, druckste ihr Detektiv nur noch. „Gefällt es dir etwa nicht?“, wollte Ai nun wissen, immer noch in einem verspielten Tonfall. „Jemand könnte uns sehen.“, warnte er sie. „Na schön“, gab Ai schließlich dann doch nach und zog sich von Shinichi zurück, welcher sich nun wieder erlaubte durchzuatmen. Sie seufzte ein wenig enttäuscht, sah aber ein, dass er Recht hatte. Sie waren in den Körpern von Kindern und selbst wenn nicht, sie waren immerhin in einem öffentlichen Zug. Da wurde wohl eine gewisse Diskretion verlangt, obwohl sie ihn nur zu gern, in diesem Moment, auf ihrer nackten Haut spüren wollte. „In Ordnung.“ Ai nahm ihre Sonnenbrille aus dem Haar und steckte sie sich in den Ausschnitt ihres Tops. „Deine Entscheidung.“, lächelte sie ihn an, worauf er schwer schlucken musste. Als sie Osaka erreichten, fuhr der Zug langsam in den Hauptbahnhof der Stadt ein. Die Stimme des Schaffners informierte alle Reisenden, dass dies die Endstation sei und bitte alle aussteigen mögen. Conan und Ai sahen aus dem Fenster und erspähten schnell den Detektiv des Westens, Heiji Hattori, der bereits grinsend am Bahnsteig stand. Er schien sie schon bemerkt zu haben, da er ihnen gut gelaunt zuwinkte. Die Verliebten schnappten sich ihre Rucksäcke und begaben sich zu dem braungebrannten Detektiv mit dem Kansai-Dialekt. „Hey ihr beiden“, begrüßte sie Heiji mit einem breiten Lächeln. „Hallo Hattori“, erwiderte Shinichi fröhlich. „Na, wie ist es denn meinen Lieblingsgeschrumpften in den letzten Monaten so ergangen? Hattet ihr einen angenehmen Urlaub ZU ZWEIT?“ Er sah hinunter zu Conan, als er dies bewusst auffällig betont fragte. Dabei konnte er sich ein kleines, aber unüberhörbares Kichern der Neckerei nicht verkneifen. Shinichi erwiderte seinen Blick durch seine schmaler werdenden Augenpaare. „Uns geht es gut und auch der Urlaub war toll gewesen, danke der Nachfrage.“, antwortete Ai an Conans Stelle und hakte sich bei ihrem Freund ein. Der Schwarzhaarige wurde rot und anhand von Heijis Blick, konnte er ablesen, dass Ai ihm mit ihrer Aktion, nur allzu offensichtlich in die Hände gespielt hatte. Haibara war sich dessen ebenso bewusst, hatte aber auch nicht vor, die Situation zugunsten Hattoris zu belassen, im Gegenteil. „Sage mal Heiji, wo ist denn deine Freundin?“, grinste ihn das rotblonde Mädchen frech an. Conan verstand schnell und wandte sich mit einem schelmischen Ausdruck ebenfalls zu dem jungen Detektiv mit seiner unverkennbaren Cape auf dem Kopf. „W-Wie was, m-meinst du etwa Kazuha?“, reagierte Heiji ein wenig überrumpelt. „Sie konnte nicht mitkommen, sie wird aber später zu uns stoßen. Sie ist aber nicht meine Freundin.“, versuchte er sich zu schützen. „Aber du hättest sie doch gerne als deine Freundin, ich meine, immerhin bist du in sie verliebt. Das sieht doch jeder der Augen hat.“, entgegnete Ai sogleich und traf Heiji damit, wie von ihr kalkuliert, mit voller Wucht. Der Detektiv des Westens wirkte auf einmal ziemlich klein. „H-Hey Hey, jetzt ist auch mal wieder gut. Ihr habt gewonnen. Ich höre ja schon auf.“ Er verstand, dass Ai mit allen Wassern gewaschen war und nicht so leicht in Verlegenheit gebracht werden konnte, wie sein Freund aus dem Osten. Mit dieser Frau sollte man sich besser nicht anlegen, dachte sich Heiji und zog an dem Kragen seines Shirts. Wie schaffte Shinichi das bloß nur? Heiji führte die Zwei zu dem Auto seines Vaters, welches er sich ausleihen durfte, um die Beiden vom Bahnhof abzuholen. Er verstaute ihr Gepäck im Kofferraum und fuhr mit ihnen auf dem schnellsten Weg zum Anwesen der Hattoris. Unterwegs erzählten sie sich einige Dinge von dem, was sie so in den letzten Wochen erlebt hatten. Shinichi berichtete vor allem von dem Mord im Fugurestaurant, den er gestern mithilfe Ais, auf spektakuläre Weise lösen konnte. Heiji stieß dabei einen begeisterten Pfiff aus und war der Meinung, dass die heutigen Täter auch immer gerissener wurden und immer mehr den Fortschritt in der Wissenschaft für ihre Machenschaften missbrauchen würden. Conan und Ai konnten ihm da nur zustimmen. Als sie schließlich bei Heiji zuhause ankamen und an der Haustür klingelten, wurde diese sogleich von einer Oberschülerin mit braunem Haar und Pferdeschwanz geöffnet. Sie umarmte herzlich die Gleichaltrigen in Kindergestalt und blickte, beim Aufschauen, in das Gesicht eines überraschten Heijis. „Was ist denn, warum starrst du mich so entgeistert an?“, erkundigte sich Kazuha wegen seines Gesichtsausdrucks. „Hattest du nicht gesagt, du wolltest uns später im Restaurant treffen?“ Kazuha verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihren Sandkastenfreund mürrisch an. Sie hatte keine Schwierigkeiten damit zu erkennen, dass er ihre plötzliche Anwesenheit zum jetzigen Zeitpunkt, auf irgendeine Weise als unangenehm empfand. „Das Aikido-Training war heute eben ein wenig früher zu Ende und da dachte ich, ich komme schon vorbei und überrasche Conan und Ai. Stört dich meine Gegenwart etwa?“ Kazuha sah den Hattori-Jungen herausfordernd an. „N-Nein keineswegs, wo denkst du hin.“, lachte Heiji gekünstelt und spürte sofort die schadenfrohen Blicke der beiden Knirpse neben ihm. Sie durften sich also auf seine Kosten amüsieren, aber nicht umgekehrt, wie unfair, dachte sich der Detektiv des Westens nur, bevor alle hineingingen. Hattori zeigte ihnen das Gästezimmer, wo Conan und Ai zusammen die Nacht verbringen konnten. Es hatte zwar nur ein Bett, da aber die zwei sowieso ein Paar waren und darüber hinaus nur Kindergröße hatten, sollte dies kein Problem darstellen. Heiji verkniff sich darüber jedwedes Kommentar, als er ihnen half, dass Gepäck im Zimmer abzustellen. Ein Blick von Ai genügte und der Detektiv des Westens zeigte sich von seiner gastfreundlichsten Seite. Später saßen Heiji und Conan ungestört nebeneinander auf der Couch im Wohnzimmer und warteten auf ihre weiblichen Begleitungen für den heutigen Abend, welche sich in Hattoris Zimmer zurückgezogen hatten. Kazuha wollte, dass Ai sie ein wenig bei der Auswahl ihres Outfits berät. Sie hatte sich einige Kleidungsstücke von zuhause mitgenommen und wollte diese nun nacheinander anprobieren. Haibara und auch Conan wussten, dass sie das nur Tat, um etwas Schönes auszusuchen, was Heiji hoffentlich gefallen würde. Sie wollte gut für ihn aussehen, würde aber jeden sofort erwürgen, der ihr das unterstellen würde. So kam es, dass das rotblonde Mädchen sich bereit erklärt hat, Kazuha bei der Auswahl zu helfen. Conan schaute zu Heiji, wie dieser, mit der Fernbedienung in der Hand, von einem Sender zum anderen wechselte, um die Zeit tot zu schlagen, während sie auf die beiden Frauen warteten. „Warum braucht sie denn nur solange zum Umziehen? Wir gehen doch nur mit dir und Ai was essen, wozu also dieser ganze Aufwand?“, murrte Hattori etwas entnervt. Conan wandte sich von ihm ab und seufzte mitleidig. Kaum zu fassen, dass er einst genauso auf dem Schlauch gestanden hatte, wenn es um Liebe ging, wie sein Freund aus Osaka. „Du begreifst es echt nicht oder?“, stellte er ihn nun zu Rede. Heiji sah ihn ganz verdutzt an. „Was meinst du damit Kudo?“ Der Junge mit der Brille nahm Heiji die Fernbedienung aus der Hand und schaltete den Fernseher auf stumm, ehe er diese auf den kleinen Glastisch vor ihnen ablegte. „Heiji, ich glaube wir müssen einmal reden.“, erklärte Conan nun ernst. „Okay und über was willst du mit mir reden?“ „Über das, was auch schon Ai heute Mittag am Bahnhof angesprochen hat.“, fuhr er fort. „Und das wäre noch gleich?“, gab sich Heiji mehr als verpeilt und grinste ein wenig beschämt darüber, dass er die Botschaft seines Freundes nicht auf Anhieb verstand. „Mensch Hattori, die Rede ist von Kazuha und deinen Gefühlen zu ihr.“, wurde der geschrumpfte Shinichi nun etwas lauter, jedoch darauf bedacht, dass ihn das Fräulein Toyama im ersten Stock nicht hörte. Endlich verstand Heiji, doch die soeben erlangte Erkenntnis, gefiel ihm nicht sonderlich. „E-Ehrlich Kudo, ich weiß wirklich nicht…“ „Jetzt hör schon auf Hattori, wir können ganz offen darüber reden. Du brauchst es nicht andauernd abstreiten. Wie Ai bereits sagte, dass sieht doch jeder der Augen hat.“, unterbrach ihn Conan, bei dem Versuch sich herauszureden. Heiji lief rot an, als er diese Worte von seinem besten Freund hörte. Ein solches Gespräch hatte er noch nie mit ihm geführt, wusste auch nicht, dass Shinichi über so etwas mit ihm jemals reden wollen würde. Allerdings zwang sich der Oberschüler aus Osaka zur Einsicht. Es war wahr, er liebte Kazuha, zumindest empfand er so viel für sie, dass er es als Liebe definieren würde. „Du hast ja recht Kudo, du und Ai, ihr habt beide recht.“, gab er es kleinlaut zu. „Ich mache immer einen so großen Bogen um dieses Thema, weil ich einfach nicht damit umgehen kann. Ich meine, ich habe schon so oft, bei so vielen Möglichkeiten, versucht ihr es zu sagen, doch entweder kam immer irgendetwas dazwischen oder ich habe im entscheidenden Moment einfach nicht den Mut aufbringen können.“, gestand Heiji frustriert und war plötzlich ungemein offen, was seine Gefühle anging. „Eins muss ich dir lassen Kudo, du hast es zwar auch bei Ran nicht über dich bringen können, doch als es mit dir und Ai ernst wurde und dir klar war, was du für sie empfindest, da hast du dich zusammengerissen und deine Chance genutzt und mehr sogar noch, du hast für sie dein altes Ich aufgegeben. Eine wirklich mutige Tat und jetzt seht euch beide an. Es hat sich gelohnt. Ihr seid ein fantastisches Paar und ich freue mich immer noch riesig für euch.“ Conan lächelte bei diesen netten Worten und der Tatsache, dass Heiji sich begann ein wenig zu öffnen. Wenn er nicht mit Shinichi darüber reden könnte, mit wem sonst. „Danke Hattori.“ Er schwieg eine Sekunde lang. „Doch du kannst das auch schaffen glaube mir. Es kostet Überwindung keine Frage. Ich spreche da aus Erfahrung, aber es ist es auf jeden Fall Wert dieses Risiko auf sich zu nehmen. Du hast es doch selbst gesagt und du hast recht. Ich habe es bei Ran ruiniert, weil ich zu lange gewartet und mich somit immer weiter von ihr entfernt habe. Deswegen ist es umso wichtiger, dass du aus meinen Fehlern lernst, damit es dir mit Kazuha nicht genauso ergeht.“ Heiji fing an nachdenklich auf den -mit Teppich ausgelegten- Boden zwischen seinen Füßen zu starren. „Ich meine, wie lange soll das noch so weitergehen? Die Oberschule ist bald zu Ende, der Abschlussball steht vor der Tür und danach wartet ein neues Leben auf jeden von euch. Wie lange glaubst du wird Kazuha noch warten, wenn andere Männer anfangen Schlange zu stehen.“, mahnte Conan weiter. Heiji biss die Zähne zusammen. Er würde gerne mit Kazuha auf den Abschlussball gehen, wenn es soweit wäre und keinesfalls könnte er es ertragen, wenn sie nach ihrer Schulzeit jemand anderen kennenlernt, der nicht so zögerlich ist wie er. „Du kannst dich also entscheiden, ob du eine Zukunft mit ihr oder ohne sie wählst.“ „Verdammt Kudo, wieso kennst du dich auf einmal in solchen Sachen so gut aus. Du bist ja schon ein richtiger Liebesdetektiv.“, brach Heiji endlich sein Schweigen und hob dabei wieder seinen Blick. Der junge Detektiv aus Tokyo grinste verwegen. „Sagen wir einfach, ich hatte eine sehr gute Lehrerin, die mir die Augen geöffnet hat.“ „Ah, Ai richtig?“, kombinierte Heiji. „Sie ist schon eine beeindruckende Frau, selbst im Körper eines Kindes.“ Er machte eine kurze Pause. „Du hast recht, ich muss es ihr sagen und ich werde es ihr auch sagen, versprochen.“ „Sehr gut.“, gab sich Conan zufrieden. Hattori begann nun Shinichi genauer zu mustern. In ihm stieg auf einmal eine unergründliche Neugierde auf, die dringend gestillt werden wollte. „Sag mal Kudo, als du und Ai, ich meine Shiho, wieder erwachsen wart, seid ihr euch da auch näher gekommen? I-Ich meine, du weißt schon, auf... eine.... ganz... bestimmte... Weise.“ Shinichi starrte Heiji völlig perplex an und versank förmlich in Schamgefühlen. „W-Wie wie… wie kommst du denn jetzt darauf Hattori?“, fing er ganz nervös an zu stottern. „Ich habe bemerkt, wie sie dich hin und wieder auf eine Art ansieht, als ob…“, Heiji sprach nicht weiter, sondern wartete neugierig eine Reaktion seines Freundes ab. Allein sein hochroter Kopf sprach für Heijis Vermutung, dass da etwas Intimeres zwischen den beiden stattgefunden haben muss. „Naja…“, piepste Shinichi und spürte die Hitze in seinem Gesicht, die ihn verriet. Plötzlich klatschte Heiji lautstark in die Hände, wodurch sich der bebrillte Junge fast zu Tode erschreckte. „Sag mal Hattori spinnst du?“, fuhr er den Oberschüler aus Osaka aufgebracht an. Heiji allerdings ignorierte seine scharfen Worte. „Ich wusste es doch.“, triumphierte er und kam mit seinem Gesicht näher an Shinichi heran, sodass dieser sich bis zur Armlehne der Couch zurückziehen musste, um nicht mit Heiji zusammenzustoßen. „Und?“ „Und was?“, stammelte Conan mit einer Schweißperle auf der Stirn. „Ach komm schon Kudo, gib mir Details. Wir sind doch unter uns.“ Hattori begann Conan mit dem Ellenbogen zu stupsen. „Wie war es? War sie gut? So wie deine kleine Shiho immer drauf ist, ist sie bestimmt wie ein wildes Tier im Bett.“, scherzte er. Das war definitiv zu viel für Shinichi. Er sprang von der Couch auf und sah Heiji mit einem strengen Blick an. „Kläre du erstmal lieber diese Sache mit dir und Kazuha. Nutze am besten den heutigen Abend. Das wäre die Gelegenheit und schlage dir dabei am besten gleich deine neugierigen Gedanken aus dem Kopf. Was in der Nacht zwischen mir und Shiho alles lief, geht dich ja wohl nicht das Geringste an.“ „Was geht ihm nicht das Geringste an?“, fragte Ai, die wie aus dem nichts, zusammen mit Kazuha, hinter Shinichi aufgetaucht war. Conan wäre beinahe durch die Decke gesprungen, als er ihre Stimme so nah bei sich hörte. Er wurde von jetzt auf gleich aschfahl im Gesicht und drehte sich nur sehr zögerlich und mit eingezogenen Kopf zu dem rotblonden Mädchen um. Wie viel hat sie wohl, von dem was er sagte, mitbekommen? Zum Glück kam ihm Heiji schnell zu Hilfe, schließlich hatte er dieses Thema ja überhaupt erst ins Leben gerufen. „Ach weißt du Ai, das ist gar nicht so interessant glaube mir. Ich habe Shi… äh Conan nur gefragt, was er sich heute wohl zu Essen bestellen würde, doch er wollte es mir nicht verraten und sagte, es ging mich nicht das Geringste an.“ Hattori fing völlig übertrieben an zu lachen und auch Shinichi stimmte bei diesem gequälten Gelächter mit ein. Die beiden Frauen vor ihnen hoben fragend die Augenbrauen und empfanden ihr Verhalten mehr als komisch. „Wir gehen doch Okonomiyaki essen, was soll sich Conan da groß bestellen?“, warf Kazuha stirnrunzelnd ein. „Äh was?“, flüsterte Heiji wie frisch ertappt, als seine Augen zu Punkten schrumpften und sein Gelächter mit dem von Shinichi, von einem Moment auf den anderen, erstarb. Verdammt, das hatte er ja völlig verplant, fluchte Heiji innerlich. Sie fürchteten in ihrer Erklärungsnot noch zu ertrinken und bemerkten dabei gar nicht, wie Ai ihren Blick zum Fernseher gerichtet hatte. Ihr Gesicht war dabei auf einmal ganz blass geworden, blasser als sonst. Kazuha folgte ihrem Blick zum Fernseher und ihr blieb, mit vor Schock gezeichneten Augen, der Atem stehen. Sie hielt sich schluchzend die Hände vor den Mund und lenkte somit auch die Aufmerksamkeit der beiden Jungen in Richtung des Fernsehapparates. Der Ton war zwar aus, doch das Gerät war immer noch eingeschaltet. Conan und Heiji erblickten die Nachrichten, wo ein Sprecher gerade über eine Explosion im Herzen Tokyos berichtete, wie in großen Lettern auf der eingeblendeten Anzeige zu lesen war. Es wurden Liveaufnahmen gezeigt, über ein qualmendes und starkbeschädigtes Gebäude inmitten der Innenstadt, in dessen zweiten Stockwerk ein großes Loch in der Außenfassade klaffte und schwarze Rauchschwaden empor stiegen. Mehrere Trümmer lagen auf der Straße und einige Leute waren von Kopf bis Fuß mit Staub bedeckt. Conans Magen drehte sich um und er fühlte ein Stechen im Bauch, als hätte er einen Schlag, wie von Cognac gesetzt, abbekommen. Nun verstand er den panischen Blick von Ai und Kazuha und kalter Angstschweiß lief ihm den Rücken hinunter. Ein Reporter marschierte über zerbrochenes Glas, auf denen noch Reste von aufgedruckten Schriftzeichen zu sehen waren, bevor er auf die völlig zerstörte Detektei Mori zeigte. Kapitel 7: Schockzustand ------------------------ Kapitel 7: Schockzustand Ran Mori und ihre beste Freundin Sonoko Suzuki saßen an einem Tisch im Café Poirot gemütlich beisammen. Die beiden jungen Frauen hatten sich vor einer halben Stunde verabredet und unterhielten sich über allmögliche Dinge, ob nun von Belang oder eher weniger, während sie dazu eine Tasse heißen Kaffee tranken. Das Fräulein Suzuki gackerte gut gelaunt über alles, was es Wert war darüber zu tratschen. Es war die meiste Zeit über mehr ein Monolog als alles andere, aber Ran hörte ihrer Freundin gerne zu. Das diese immer mehr zu berichten hatte als sie selbst, war dabei kein Geheimnis. Sonoko plauderte gerade mal wieder über ihren großen Schwarm Makoto und wie wunderbar ihre Beziehung liefe, seitdem sie sich mehr Zeit füreinander nahmen, als Amuro sich zu ihnen gesellte und den beiden jungen Damen Kaffee nachschenkte. „Oh schau schau, wir werden vom Chef höchstpersönlich bedient.“, kicherte Sonoko, während er ihre Tasse mit dem dampfenden Getränk füllte. Ran stattdessen schenkte ihm im Gegenzug ein warmes Lächeln. „Das ist wirklich lieb von dir danke.“ „Ja, sehr aufmerksam.“, meinte schließlich auch Sonoko. „Ach was, für meine Stammkunden mache ich das doch gerne.“, entgegnete der Ex-Agent der Sicherheitspolizei und erwiderte Rans Lächeln, ehe er sich wieder seinen anderen Gästen widmete. Nachdem die Organisation als zerschlagen galt, hatte sich Amuro aus der Abteilung Null und dem aktiven Dienst zurückgezogen. Der Hauptgrund dafür war Ran gewesen. Seit die zwei sich näher gekommen und inzwischen eine ernste Beziehung eingegangen waren, sah er sich mit dem ständigen Problem konfrontiert, dass sie früher oder später hinter seinem eigentlichen Job kommen würde und diese Erkenntnis wollte er ihr nur zu gern ersparen. Außerdem wollte er nach dem Untergang der Organisation mit seiner Vergangenheit endgültig abschließen und vergessen, dass er jemals für diese Leute gearbeitet hat, wenn auch nur als Tarnung. Also hat er kurzerhand den Dienst quittiert und sich mit einem Teil seiner Abfindung, seinen Traum erfüllt, dass Café Poirot zu übernehmen und nun Vollzeit hier zu arbeiten. Sonoko sah Amuro mit einem breitgefächerten Grinsen hinterher und drehte sich anschließend langsam mit dem Gesicht zu dem Fräulein Mori. „Scheint ja richtig gut zwischen euch beiden zulaufen, seit du endlich aus deinem eigenen Schatten getreten und mit ihm zusammen gekommen bist.“ Ran wurde ein wenig rot, doch nickte sie fröhlich. „Ja kann man so sagen. Nachdem Shinichi mir gestanden hat, dass er eine andere liebt und sich danach einfach wieder aus dem Staub gemacht hat, war ich wirklich fertig gewesen. Doch zum Glück war Amuro da und hat mir in dieser schweren Zeit beigestanden.“ Dabei sah Ran ebenfalls noch einmal zu ihrem Freund, als er gerade zwei Gäste bediente. Er hatte es ihr wirklich angetan, aber auf eine gute Weise. Ohne ihn wäre sie womöglich niemals über die Tatsache hinweggekommen, dass Shinichi nicht mehr für sie empfand als bloße Freundschaft. „Ist auch gut so, dass dieser Taugenichts von Detektiv das Weite gesucht hat, ansonsten hätte er es nämlich mit mir zu tun bekommen.“, plärrte Sonoko und reckte ihre Faust, in Form einer Drohgebärde, in die Luft. „Was fällt diesem Typen auch ein, einfach so aufzutauchen, dir das Herz zu brechen und mit seiner neuen Flamme wieder zu verduften.“ Ran nippte an ihrer neuen Tasse mit frischen Kaffee und starrte aus dem Fenster. „Naja, so wie Shinichi von ihr geschwärmt hat, muss sie wirklich eine tolle Frau sein. Er scheint sie wirklich aufrichtig zu lieben. Ich habe ihn, in all der Zeit, in der wir uns schon kennen, noch nie so erlebt.“ Sonoko warf die Stirn in Falten. Ihr gefiel es nicht, dass ihre beste Freundin mal wieder diesen Krimispinner in Schutz nahm. Ihr wäre es am liebsten, wenn Ran zumindest genauso wütend auf ihn wäre. Für sie persönlich, waren seine Taten einfach unverzeihlich. Während Ran mit all ihren Hoffnungen auf ihn gewartet hat, zog dieser Holmes-Freak es vor, sich mir nichts dir nichts irgendeine Fremde zu angeln. Nicht einmal ihren Namen wusste Sonoko, geschweige denn, wie sie wohl aussah, dass Shinichi sie Ran einfach vorzog. Da war sie auf einmal wieder, ihre unersättliche Neugierde, welche nach Antworten verlangte. „Sag mal Ran, wie ist überhaupt der Name seiner neuen Freundin? Hat er dir das überhaupt verraten? Ich glaube ich habe dich bisher nie danach gefragt.“, erkundigte sich die junge Frau sogleich, welche bei Beziehungen anderer einfach nicht still sitzen konnte. Das Fräulein Mori überlegte daraufhin kurz, brauchte aber nicht lange, um sich wieder zu erinnern. „Er sagte ihr Name sei Shiho Miyano, seine Partnerin beim FBI.“ Bei dieser Antwort hätte Sonoko beinahe ihren Kaffee über Ran ausgespuckt. „Wie, was, sagtest du gerade ihr Name sei Shiho Miyano?“ Ran war ein klein wenig verwirrt. „Äh ja, so hat er sie genannt, wenn ich mich recht entsinne.“ Sonoko sprang von ihrer Seite des Tisches auf und packte ihre Freundin an der Schulter. Einige Gäste drehten sich zu ihnen um und die Situation brachte das Fräulein Mori zunehmend in Verlegenheit, doch ließ sich die Erbin des Suzuki-Konzerns davon nicht beirren. „Ran halt dich fest, du wirst es mir vielleicht nicht glauben, aber ich kenne diese Frau. Ich bin ihr, zusammen mit Masumi und Kazuha, schon einmal begegnet.“ Man konnte Rans Augen dabei beobachten, wie sie zunehmend größer und größer wurden. „Was? Ist nicht wahr. Wann war das?“ „Genau an dem Tag, an dem wir gemeinsam im Kaufhaus waren und du dich mit Shinichi getroffen hast. Nachdem du weg warst, sind wir ihr in einer Boutique begegnet und halte dich fest, sie war dort mit Professor Agasa gewesen.“ „Was, mit dem Professor?“ Ran machte ein mehr als erstauntes Gesicht. Die junge Frau mit dem Haarbügel nickte eifrig zur Bestätigung. „Ja, denn laut seiner Aussage, ist diese Shiho nämlich mit ihm verwandt, allein deswegen sind wir mit ihr überhaupt erst ins Gespräch gekommen.“ Diese Aussage ließ Ran ein wenig stutzig werden. „Das ist aber ein ganz schöner Zufall, dass er jemanden beim FBI kennenlernt, welcher gleichzeitig mit dem Professor verwandt ist. Vor allem hat er darüber überhaupt kein Wort verloren, als wir uns getroffen hatten.“ Sie hielt für einen Moment inne. „Wie sah sie denn aus?“ „Sie war wirklich unglaublich hübsch, das muss ich ihr lassen.“, gab Sonoko zu, als sie sich an ihre Begegnung zurückerinnerte und wie die, bis dato ihr noch unbekannte Frau, in diesem bezaubernden roten Kleid vor ihr gestanden hat. „Ich konnte zu diesem Zeitpunkt ja nicht ahnen, dass sie die neue Freundin von Shinichi ist. Erstaunlicherweise hat sie aber große Ähnlichkeiten mit der kleinen Ai gehabt. Du weißt schon, dieses Kind was immer so ernst wirkt und sich nicht wirklich wie jemand in ihrem Alter verhält, ähnlich wie Conan. Ihre Haare waren von der Frisur und auch von der eher seltenen Farbe komplett identisch. Vielleicht ist sie ja auf irgendeine Weise auch mit der Kleinen verwandt. Sinn machen würde es auf jeden Fall.“, erklärte Sonoko. „Ich frage mich allerdings, wie jemand, wie dieser unverbesserliche Shinichi, so eine Frau bekommen konnte.“, fügte sie noch schnippisch hinzu. Ran starrte nachdenklich in die Tiefen ihrer Kaffeetasse, welche sie mit beiden Hände umklammerte. Diese Ansammlung an Zufällen und Ähnlichkeiten brachten sie doch ziemlich ins Grübeln. So oft hat sie den Verdacht gehegt, Conan wäre unter Umständen Shinichi oder zumindest hatte sie sich das, das ein oder andere Mal gewünscht. Immerhin waren sie sich doch so ähnlich und nun tauchte auch noch eine Frau auf, welche Ai in vielerlei Hinsicht gleichen soll und darüber hinaus nun die Freundin ihres Sandkastenfreundes ist. Das wäre vielleicht nicht so sonderbar, wenn nicht ungefähr zur gleichen Zeit auch Conan und Ai ein Paar geworden wären. Sie verhielten sich tatsächlich beide immer viel reifer als ihre Freunde und gerade an den Tagen, an denen die Beiden spontan zu ihren Eltern nach Übersee geflogen waren, kam Shinichi mit dieser Shiho wieder zurück in die Stadt. Damit aber nicht genug. Nachdem diese genauso plötzlich wieder verschwunden waren, wie sie aufgetaucht sind, traten sofort ihre zwei kleinen Freunde aufs Neue auf, als hätte man sie einfach nur ausgetauscht. Ran war ganz schön durch den Wind. Sie war doch nicht etwa verrückt oder paranoid, dachte sie sich besorgt. War es merkwürdig, dass sie solche Gedanken hegte? Aber irgendetwas konnte da doch unmöglich mit rechten Dingen zu gehen. Ihre alte Vermutung kehrte zurück, obwohl diese bisher noch so häufig widerlegt wurde und sie eigentlich schon längst nicht mehr an diese Theorie glauben sollte. Dennoch huschte immer wieder dieser Gedanke durch ihren Kopf. Ein Ding der Unmöglichkeit, wie man meinen sollte. Eigentlich. War Conan vielleicht doch Shinichi und Ai dann womöglich etwa… „Über was denkst du denn so angestrengt nach? Dein Kaffee wird noch ganz kalt.“, meldete sich auf einmal die Stimme von Amuro direkt neben Rans Gesicht. Sie schreckte leicht auf und drehte ihren Kopf zu ihm, als er sich lächelnd neben sie setzte, willens ein wenig mit den beiden Damen zu plaudern. „Musst du denn deine anderen Gäste nicht auch noch bedienen?“, fragte ihn das Fräulein Suzuki ein wenig schroff. Eigentlich mochte sie Amuro sehr, hatte sowieso eine Schwäche für gebräunte Männer, aber bei ihrem derzeitigen Thema, zog sie es lieber vor, wenn sie unter Mädels bleiben würden. Viel mehr noch wollte sie nicht, dass Rans neuer Freund bei einer Diskussion mit reingezogen wird, die sich um seinen, mehr oder weniger, Vorgänger drehte. Das war etwas, was einfach nicht für seine Ohren bestimmt war. Ran warf ihrer besten Freundin einen tadelnden Blick zu, bevor sie ihre Hand auf die von Amuro legte. „Ach, ich habe nur über banale Kleinigkeiten gegrübelt, alles nicht so wichtig.“, lenkte sie ihn davon ab eventuell mehr erfahren zu wollen und nahm hastig noch einen Schluck von ihrem Kaffee. Amuro sah zwischen ihr und Sonoko hin und her und hob eine Augenbraue. Was die beiden Frauen natürlich nicht wussten war, dass man einem ehemaligen Agenten für Observierung und Beschattung nichts vormachen konnte. Menschen anhand ihrer Gesichtszüge und der Körperhaltung zu lesen, war einst sein tägliches Brot gewesen, doch sollten die Oberschülerinnen dies selbstverständlich nicht erfahren. „Ah, ich verstehe schon, ein Gespräch unter Frauen.“, grinste der Ex-Agent daher einfach und gab sich ganz gelassen. „Na dann will ich mal nicht weiter stören.“ Amuro wollte sich wieder erheben, da fiel sein Blick aus dem großen Schaufenster des Cafés. Er erspähte eine ausländische Person, welche aus der Menge herausstach, sowohl wegen ihres Aussehens als auch wegen ihrer Körpergröße. Sie ging zügig an dem Poirot vorbei und zog dabei Amuros Sicht auf sich, wie ein gefräßiges Schwarzes Loch, das nicht einmal Licht entkommen ließ. Alles Gute und Schöne was er kannte, drohten von dieser Person und ihrer Erscheinung förmlich aufgesaugt und für immer verschluckt zu werden. Sein Herz setzte für einen Moment aus. Seine Augen weiteten sich und seine Hände verkrampften sich reflexartig, wodurch er unbeabsichtigt, die Hand von Ran zusammendrückte. „Autsch, Toru das tut weh.“, beklagte sich Ran über seinen viel zu festen Griff. Sofort ließ er sie los und entschuldigte sich geistesabwesend bei ihr, bevor er aufstand und eilig aus dem Café rannte, hinaus auf den Gehweg. Er schaute die Straße hinunter und ging noch einige Schritte. Ständig sah er sich hektisch in alle Richtungen um, doch konnte er die Person nirgendwo mehr sehen. Sie war wie vom Erdboden verschwunden. Hat sich Amuro vielleicht geirrt? Hat er sich diese Person nur eingebildet? Es war eigentlich unmöglich, dass sie noch am Leben war und sich dann auch noch in Japan aufhielt und einfach so in Tokyo auf offener Straße herumlief, überlegte der Chef des Poirots. Bei dem anhaltenden Gefühl, was sie bei ihm ausgelöst hatte, konnte es sich aber unmöglich um einen Irrtum handeln. Es war das gleiche Gefühl, welches er auch bei ihrer letzten Begegnung verspürt hatte. Wenn dem so wäre, und es war wirklich diese Person gewesen, dann würde das mit großer Wahrscheinlichkeit auch bedeuten das… Nein, das konnte einfach nicht sein. Er hatte doch den Abschlussbericht zu diesem Fall auf das gründlichste studiert. Der Name der Person stand auf der Liste der eliminierten Ziele, ohne jeden Zweifel. Er beschloss so bald wie möglich Akai davon in Kenntnis zu setzen. Er war schließlich der letzte FBI-Agent, welcher nach der Zerschlagung der Organisation in Japan geblieben war. Er würde ihm sicherlich weiterhelfen können. Amuro zwang sich zurück ins Café zu gehen, wo er die beiden Frauen ohne jede Erklärung hat sitzen lassen. Zuerst waren sie noch sehr verdutzt, dass Amuro so plötzlich weggerannt war, doch gelang es ihm, sie davon zu überzeugen, dass er fälschlicherweise einen Passanten auf der Straße, für einen alten Bekannten gehalten hat. Er war sehr erleichtert, dass sie ihnen diese kleine Notlüge abkauften und empfand es als das Beste, sich lieber wieder an die Arbeit zu machen und sich ein wenig abzulenken. Er schnappte sich sein Handy und wählte Akais Nummer. Zu seinem Bedauern nahm niemand ab, was Amuro ein leises Fluchen entlockte. Er würde Shuichi später noch einmal anrufen müssen, sobald seine Schicht in einer Stunde zu Ende wäre, denn wenn diese Person auf der Straße, wirklich real und hier in Japan war… Wenn einige von ihnen vielleicht doch im Untergrund überleben konnten und in Tokyo ihr Unwesen trieben, dann musste das FBI davon erfahren, bevor noch etwas Schlimmes geschehen würde. Bevor Conan und Ai etwas passieren würde. Die nächste Stunde verging wie im Flug und die letzten Gäste verließen das Café. Auch die Oberschülerinnen verließen ihren Tisch und gingen hinüber zu Amuro, welcher zu diesem Zeitpunkt hinter dem Tresen mit dem restlichen schmutzigen Geschirr beschäftigt war. Ran bat ihn darum, ihr doch kurz nach oben in die Detektei ihres Vaters zu folgen, da sie angeblich etwas für ihn hätte. Er fragte sich, was dies nur sein könnte und begleitete sie, ohne große Widerworte, nachdem sie sich noch von Sonoko verabschiedet hatten. Diese winkte ihnen noch mit einem Kichern hinterher, als sie die Stufen ins zweite Geschoss emporstiegen. „Also, was ist das jetzt, was du für mich hast?“, wollte Amuro wissen, als sie in der Detektei ankamen. Dabei sah er auf sein Handy, in der Hoffnung Akai hätte sich schon gemeldet, jedoch Fehlanzeige. „Warte eine Sekunde.“, versuchte Ran ihn in Geduld zu üben und huschte schnell mit einem Lächeln in die Küche. „Nun spann mich doch nicht so auf die Folter.“, rief er ihr grinsend hinterher. Während er auf Ran wartete, sah sich Amuro ein wenig in der Detektei um. Eine Sache viel ihm dabei sofort auf. „Sage mal, wo steckt eigentlich dein Vater?“, erkundigte er sich, als er hinter den Schreibtisch von Kogoro schlenderte und den leeren Stuhl betrachtete. „Ach der ist mal wieder bei einem Pferderennen. Du weißt ja wie gerne er dort Wetten platziert.“, war die Antwort von Ran, die immer noch in der Küche war und, den Geräuschen nach zu urteilen, irgendetwas suchte. Amuro wanderte mit seinen Fingern über die Fläche des Schreibtisches, wo eine noch aufgeschlagene Zeitung lag und alte Zigarettenkippen einen Aschenbecher förmlich zum Überquellen brachten. Er erblickte dabei auch einen Kalender für Termine, wobei ihm das heutige Datum ins Auge fiel. Er nahm den Kalender zögerlich in die Hand. Das heutige Datum war ihm aus irgendeinem Grund sehr vertraut. „Tatsächlich.“, flüsterte er zu sich selbst, als ihm klar wurde, dass heute sein Geburtstag war. Wie gelang es ihm auch immer wieder seinen eigenen Geburtstag zu vergessen, grinste der blonde Mann. Ran hingegen schien ihn nicht vergessen zu haben. So ein Mensch war sie nicht. Sie war immer gut zu denen, die sie mochte und ihn mochte sie doch ganz besonders, erinnerte sich Amuro und bekam einen leichten Rotschimmer. Daher wollte sie ihm also etwas überreichen. Was es wohl sein würde? Als es erneut laut in der Küche polterte, fiel ihm ausversehen der Kalender aus den Händen, welcher beim Fall auf den Boden, unter den Schreibtisch rutschte. „Mist“, zischte er. Schnell bückte sich Amuro hinunter, um den Kalender wieder aufzuheben. Als er nach ihm griff, bemerkte er im Augenwinkel ein seltsames Blinken. Mit weit aufgerissenen Augen fand er sich nun auf einmal direkt neben einer Ladung Plastiksprengstoff wieder, der mit einem Zünder zur Fernaktivierung bestückt war. Es war also doch keine Einbildung, rief sein Inneres panisch. Die Männer in Schwarz sind wieder da. „Alles Gute zum Geburtstag.“, rief Ran fröhlich, als sie mit einem hübsch verpackten Präsent aus der Küche zurückkehrte. „Schnell Ran, wir müssen hier raus, sofort!“, schrie Amuro und stürmte hinter dem Tisch hervor und auf seine Freundin zu. Bevor sie etwas einwenden konnte, packte er sie am Handgelenk und zerrte sie zur Tür, wobei sie das Geschenk für ihn fallen ließ. Gleich nachdem sie aus der Detektei gerannt und im Treppenhaus auf den Weg nach unten waren, erfasste sie die Druckwelle einer heftigen Explosion. Der Knall war so laut und die Erschütterung so heftig, dass Amuro, mit Ran in seinen Armen, mit voller Wucht gegen die Außenwand des Gebäudes geschleudert wurde. Ihm wurde kurzerhand schwarz vor Augen, als ihm etwas Schweres auf den Kopf fiel. Wie man sich denken konnte, war den vier jungen Menschen im Hause der Hattoris, nach diesem erschütternden Ereignis, nicht unbedingt mehr nach einem Essen im Okonomiyaki-Restaurant zumute. Stattdessen verblieben sie im Anwesen und riefen jeden an den sie kannten, um zu erfahren, was in Tokyo denn nur passiert sei. Zuerst versuchte es Shinichi natürlich direkt bei Ran und Kogoro, doch keiner der beiden ging an sein Handy, was ihn zutiefst beunruhigte. Danach versuchte es Ai bei Professor Agasa. Dieser ging zwar ans Telefon, konnte ihnen aber auch nicht mehr erzählen, als sie nicht ohnehin schon wussten. Dafür versprach er, auf Bitten Conans, sich sofort zur Detektei Mori aufzumachen oder zumindest was davon noch übrig war. Schließlich versuchte es Kazuha noch mit einem Anruf bei Sonoko. Das Fräulein Suzuki meldete sich nach langem Klingeln. Völlig aufgelöst und unter Tränen berichtete sie ihrer Freundin aus Osaka, dass sie selbst Zeuge der Explosion gewesen war. Durch sie erfuhren sie nun endlich auch genaueres über den schockierenden Vorfall, welcher alle in Atem hielt. Niemand wagte es sich auch nur einen Zentimeter zu rühren, als sie Kazuha dabei zusahen, wie sie angespannt den Worten von Sonoko lauschte. „Oh nein, Ran und Amuro waren zum Zeitpunkt der Explosion in der…?“, brach es auf einmal aus Kazuha heraus, doch ihre Stimme versagte ihr am Ende des Satzes. Jeder wusste sofort, dass die Detektei gemeint sein musste und diese Nachricht traf, unter den Anwesenden, vor allem Conan besonders schwer. Shinichis Beine drohten nun plötzlich ihren Halt zu verlieren. Es fühlte sich für den Geschrumpften so an, als hätte ihm jemand den Boden unter den Füßen weggezogen, sodass er in einen tiefen dunklen Abgrund ohne Widerkehr stürzte. Auch Haibara reagierte mitgenommen, doch konnte sie Conan anmerken, dass es für ihn um einiges Schlimmer war. Ran schien ihm immer noch sehr viel zu bedeuten. Es folgte das laute und erleichtert klingende Ausatmen von Kazuha, was sie alle erneut aufhorchen ließ. „Was, ist das wahr? Das sind gute Neuigkeiten. Sei bitte so nett und halte uns unbedingt auf dem Laufenden Sonoko. Wir drücken für Ran und Amuro die Daumen.“ Kazuha legte auf und ließ sich erschöpft aber auch erleichtert auf die Couch neben Heiji sinken, der ihr sofort eine Hand behutsam auf die Schulter legte. „Jetzt sag schon, wie geht es Ran? Ist sie wohl auf?“, wollte Shinichi sofort ungeduldig wissen. „Sie ist am Leben, beide, Ran und auch Amuro haben überlebt. Allerdings wurde Amuro wohl ziemlich schwer verletzt. Er wurde daher auf dem schnellsten Weg ins Krankenhaus gebracht. Ran wurde vorsichtshalber auch ins Hospital eingeliefert. Ihr Vater war zu dieser Zeit nicht in der Detektei gewesen, ist aber nun zusammen mit Sonoko ebenfalls auf dem Weg ins Krankenhaus.“, berichtete Kazuha. Conan fasste das mit äußerst gemischten Gefühlen auf. Zum Glück war Ran weitestgehend in Ordnung, was man bei den Ausmaßen der Schäden an der Detektei nicht vermutet hätte. Höchstwahrscheinlich hatte er das Überleben seiner Sandkastenliebe einzig und allein Amuro zu verdanken, welchen es deutlich heftiger erwischt hatte. Hoffentlich schwebte er nicht in Lebensgefahr. Wer steckte bloß dahinter, war sogleich Shinichis Überlegung. Das wirkte auf den ersten Blick nicht wie ein Unfall durch ein herkömmliches Gasleck oder ähnliches, was man normalerweise sofort vermuten würde. Vielleicht ein geplantes Attentat? Aber von wem und gegen wen? Etwa gegen Kogoro? Seine Gedanken schweiften ab zu Ran. Wie konnte er auch jetzt über etwas anderes nachdenken, als über sie und ihr Wohlergehen. Wie gerne wäre er jetzt bei ihr, um ihr Kraft zu spenden. Wer sagt nicht, dass sie nicht innere Verletzungen davon getragen hat und ihr Zustand vielleicht doch ernster ist, als Sonoko erzählte. Ai beobachtete Conan die ganze Zeit über, wie er sich fürchterliche Sorgen um Ran machte. In ihr begann sich ein ulkiges Gefühl auszubreiten. Sie konnte sich jedoch nicht erklären was es war. „Ich glaube ich spreche jedem vom uns aus tiefster Seele, wenn ich den Vorschlag äußere, dass wir morgen alle zusammen sofort nach Tokyo fahren und Ran und Amuro besuchen.“, schlug Heiji, nach einem langen Moment der bedrückenden Stille, vor. „In das Okonomiyaki-Restaurant können wir auch ein andern Mal gehen und Osaka habt ihr sowieso schon oft genug gesehen.“ Conan stimmte dem sofort zu. Er konnte unmöglich länger in Osaka bleiben, wenn er weiß, dass Ran ihn jetzt dringend brauchte. Die Detektei war immerhin zerstört und auch die Wohnung der Moris hatte bestimmt einiges abgekommen. Auch Ai und Kazuha waren mit Heijis Idee einverstanden, doch da es inzwischen schon ziemlich spät war, vertrat der Detektiv des Westens die Meinung, erst einmal eine Nacht darüber zu Schlafen und dann morgen früh mit dem Zug aufzubrechen. So kam es, dass wenige Stunden später, Ai und Conan nebeneinander im Bett des Gästezimmers lagen und versuchten einzuschlafen. Wie man sich denken konnte, ein hoffnungsloses Unterfangen. Haibara lag auf der Seite und hatte ihre Augen geschlossen, doch den dadurch erhofften Schlaf bekam sie nicht. Conan hingegen versuchte es nicht einmal, sondern starrte die ganze Zeit über, nur nachdenklich an die Decke. Obwohl Ai ihn nicht sehen konnte, spürte sie dennoch seinen Blick wie Nadeln auf ihrer Haut. Es machte sie selbst ganz unruhig, dass er partout nicht abschalten wollte und seine Gedanken ununterbrochen bei Ran waren. Allein schon den gesamten Abend über, war er kaum ansprechbar für andere Dinge gewesen. „Wie lange willst du bitte schön denn noch Löcher in die Luft starren?“, murmelte Ai ein wenig ungehalten. „Was soll ich denn sonst machen? Glaubst du etwa wirklich ich könnte jetzt schlafen?“, brummte Conan mit einem frustrierten Blick auf die Uhr, dessen Zeiger sich immer langsamer zu bewegen schienen. „Du könntest es ja wenigstens mal versuchen.“, erwiderte Ai, nicht daran interessiert ihre Augen für diese Konversation zu öffnen. „Wenn ich nur wüsste, was die Ursache der Explosion war.“, ignorierte Shinichi Haibaras Ratschlag völlig und begann aufs Neue mit seiner Grübelei. Ai seufzte, demotiviert weiterhin zu versuchen, ihn zur Ruhe zu bringen. „Und Sonoko hat sich, seid ihrer Ankunft im Krankenhaus, auch nicht mehr bei uns gemeldet. Vielleicht hat sich Rans Zustand ja verschlechtert.“, redete er weiter. Das rotblonde Mädchen öffnete die Augen und schaute, mit einem traurigen Blick, in die Dunkelheit des Raumes. Da sie mit dem Rücken zu Conan lag, bemerkte er dies nicht. Empfindet er doch noch etwas für sie, überlegte Ai und spielte mit ihren Fingern am Bezug ihres Kopfkissens herum. So dämmerte sie dann doch schließlich langsam dahin und auch Shinichi musste sich dem Drang der Müdigkeit früher oder später geschlagen geben. Kapitel 8: Lieb und Teuer ------------------------- Kapitel 8: Lieb und Teuer Die langen Grashalme mit ihrem zarten Grünton wankten in der frühmorgendlichen Brise friedfertig und seicht hin und her, bis der plötzliche und kräftige Windzug des vorbeirauschenden Zuges, sie ruckartig in seine Richtung mit sich zog. Die Waggons der Linie von Osaka nach Tokyo passierten die Landschaft, geprägt von weiten Wiesen und bepflanzten Reisplantagen. Stetig war das Geräusch der Räder des Zuges zu vernehmen, welche über das Gleis fegten und die Bahn mit Conan, Ai, Heiji und Kazuha an Bord zur Hauptstadt brachten. Während der Reise wurden zwischen den Vieren nicht viele Worte gewechselt, auch wenn es Kazuha immer wieder hartnäckig versuchte, so sprang niemand ihrer Mitreisenden wirklich darauf an. Irgendwie war keinem groß nach aufgeweckter Konversation zu Mute. Der Detektiv des Westens zog es sogar lieber vor, die Stunden die sie unterwegs waren, mit einem Schläfchen zu überbrücken, weswegen er laut schnarchend in der Ecke saß und seine Mütze ins Gesicht gezogen hatte. Kazuha empfand dies als ziemlich nervig, doch wecken wollte sie ihren besten Freund deswegen nicht. Irgendwie fand sie es doch ganz süß, wie Heiji so angelehnt dasaß und vor sich hin schlummerte. Viel lieber aber noch hätte sie sich mit ihm unterhalten, statt seinen Geräuschen beim Ein- und Ausatmen zuzuhören. Ihre Versuche sich anderweitige Gesprächspartner zu angeln trugen aber leider auch keine Früchte, wie bereits schon erwähnt. Conan war voll und ganz damit beschäftigt, über sein Handy, alle bisher bekannten Informationen über die Explosion in der Detektei Mori durchzugehen. Er erhoffte sich dadurch eine Spur zu finden. Der Junge mit Brille glaubte weiterhin fest daran, dass dies kein Zufall gewesen sein kann. Ai war ebenso wenig ansprechbar, da sie wiederum ununterbrochen Conan beobachtete und abwechselnd dazu aus dem Fenster ihres Abteils nach draußen sah, damit es auf Dauer nicht zu auffällig wurde. All ihre bisherigen Bemühungen seit gestern Abend, ihren Freund auf andere Gedanken zu bringen, waren kläglich gescheitert. Zurzeit kümmerte er sich nur noch um die Hintergründe dieser Explosion und natürlich um Ran. Langsam begann sich die Kulisse außerhalb des Zuges zu verändern. Immer mehr Häuser taten sich in der Landschaft auf und die immer größer werdenden Gebäude Tokyos begannen sich in den Himmel zu erstrecken. Wenig später erreichten sie den Hauptbahnhof und nahmen sich von da aus ein Taxi direkt ins nahegelegene Haido-Zentralklinikum, dort wo Amuro und Ran nach der Explosion hingebracht worden waren. Die Fahrt zum Krankenhaus verlief ebenfalls weitestgehend schweigend und Kazuha, welche auf der Rückbank genau zwischen den beiden Geschrumpften saß, drohte fast zu platzen, bei dem Bedürfnis, endlich jemanden zum Reden zu haben. Ran würde ihr da sicherlich Abhilfe verschaffen. Diese war immer für ein Schwätzchen zu haben und es gab auch so viel was sie mit ihrer Freundin besprechen wollte. Vorneweg selbstverständlich der gesundheitliche Zustand des Fräulein Moris, aber auch Kazuhas derzeitig etwas schwierige Beziehung zu ihrer heimlichen Liebe Heiji, welche einfach keine Vorschritte machen wollte. Die junge Frau mit Pferdeschwanz sah dabei zum Beifahrersitz, wo es sich besagte Person bequem gemacht hat. Dieser hatte es doch tatsächlich geschafft, die fünf Minuten seitdem sie den Bahnhof verlassen hatten, erneut an der Fensterscheibe des Wagens einzunicken. Kazuha plusterte eingeschnappt ihren Wangen auf und hoffte, dass die Taxifahrt bald vorbei wäre. Als die vier das Krankenhaus erreichten und dieses betraten, erkundigten sie sich bei der Rezeption nach dem Zimmer der Verunglückten. Sie fragten einfach nach Rans Namen und das sie sie gerne besuchen würden und bekamen daraufhin einen Zettel mit einer Zimmernummer darauf überreicht. Gerade eben waren sie auf dem Weg in die dritte Etage, als Heiji endlich das langlebige Schweigen beendete. „Ran wird sich bestimmt unheimlich freuen uns zu sehen. Ihr wird es dann bestimmt gleich viel besser gehen.“, gab er sich zuversichtlich. Seine Laune war nach seinen kleinen Schläfchen im Zug und im Taxi auf einem nervtötend hohen Level. Sonst konnte man eher behaupten, Hattori war ein typischer Morgenmuffel, wenn er nicht ausreichend schlafen konnte. Ai schloss ihre Augen und seufzte hörbar gereizt. „Wir haben den ganzen Weg hierher nur für sie auf uns genommen, da sollte sie sich selbstredend drüber freuen.“, entgegnete sie ein wenig schroffer als eigentlich beabsichtigt. Irgendwie wurde es ihr aber auch langsam lästig, ihre Frustration zu verstecken. „Huch, da hätte wohl noch jemand ein paar Stunden mehr Schlaf gebrauchen können.“, kommentierte Heiji knapp und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Conan sah Ai an, sichtlich ungehalten über ihre Äußerung. Sie fing seinen Blick nur kurz auf, bevor sie ihren Kopf wieder von ihm abwandte. Jetzt sah er sie auch noch so tadelnd an, als wäre sie nur ein kleines Kind, dachte sich Haibara verärgert. „Ähm, würdet ihr zwei uns kurz für einen Moment entschuldigen. Geht doch ruhig schon einmal zu Rans Zimmer vor, ich und Ai kommen sofort nach.“, bat Shinichi das Pärchen aus Osaka. Heiji runzelte bei seiner Bitte die Stirn. „Warst du nicht derjenige, der es nicht abwarten konnte ihr einen Besuch abzustatten.“, setzte er an, wurde aber darauffolgend von Kazuha in die Seite gezwickt und weiter geradeaus gestoßen. Sie schien begriffen zu haben, dass Conan mit Ai unter vier Augen reden wollte. „Na komm schon Heiji, geben wir den beiden etwas Zeit für sich. Ich wollte sowieso noch einen Blumenstrauß für Ran besorgen und wenn ich mich recht entsinne, war hier auf der Etage ein Blumenstand gewesen.“ Damit schob sie den braungebrannten Oberschüler weiter vor sich her und ließ sich von seinem Gemecker, er habe selbst Beine zum Laufen, nicht beirren. Das war ihre Rache dafür, dass er ihre ganze Anreise über nur geschlafen hatte. „Was soll denn das Kudo? Ich dachte du kannst es nicht erwarten endlich Ran zu sehen.“, begann Ai ihr privates Gespräch, als Heiji und Kazuha außer Hörweite waren. „Was das soll? Das könnte ich wohl eher dich fragen. Allein die Tatsache, dass du mich wieder Kudo nennst, lässt mich schlussfolgern, dass dich irgendetwas an diesem Besuch stört. Machst du dir etwa keine Sorgen um Ran?“, erwiderte Shinichi, welcher Ais Verhalten einfach nicht verstehen konnte. Sie benahm sich schon beinahe so wie damals, als sie sich noch vor ihm verschlossen hatte. Er scheint es wirklich nicht zu begreifen, dachte sich die Rotblonde und wollte die Diskussion schon vorzeitig beenden, doch Shinichi hinderte sie daran. „Ai!“ Sie spürte den Nachdruck in seiner Stimme. „Willst du wirklich wissen, was mich nervt?“, übernahm Haibara nun wieder das Zepter des Redens. „Ja.“ „Also schön. Seit wir von diesem Unfall erfahren haben…“ „Wir wissen noch nicht ob es wirklich bloß ein Unfall war.“, unterbrach sie Conan kurzerhand. Ai funkelte ihn darauf finster an. „Lässt du mich vielleicht bitte ausreden. Genau das ist es was ich meine. Seit wir von der Explosion erfahren haben und das Ran darin verwickelt wurde, denkst du an gar nichts anderes mehr. Ich weiß das sie dir einmal sehr nahe stand, doch dein Verhalten weckt so langsam den Verdacht in mir, dass du vielleicht noch ein Rest Gefühle für Ran hegen könntest und dieser Verdacht macht mir ehrlich gesagt ziemlich zu schaffen.“ Sie sah ihren Freund eindringlich an. „Ich habe nichts gegen Ran. Du weißt, dass ich sie mag, weil sie mich sehr an Akemi erinnert und wie kann man eine so liebenswerte Person wie Ran nicht mögen, doch… ich meine… immer wenn ich dir momentan in die Augen sehe, erkenne ich ihr Ebenbild, dass sich in ihnen widerspiegelt.“ Ai hielt sich die Schultern und drehte sich zur Seite. „Sag Shinichi, bereust du es vielleicht sie verlassen zu haben?“ Sie schwiegen beide eine Zeit lang, als einige Besucher und Krankenschwestern an ihnen vorbeigingen. Das rotblonde Mädchen war verunsichert, weil Conan nichts sagte und drehte sich langsam wieder zu ihrem Freund, um ihm wieder in die Augen sehen zu können. Als sie das tat, ermöglichte sie ihm es, ihr Gesicht in seine Hände zu nehmen und sie spontan zu küssen. Ai musste gestehen, dass sie mit einer solchen Handlung nicht gerechnet hätte und riss überrascht die Augen auf. Dieses Gefühl von Verworrenheit wich aber zügig einem warmen Kribbeln, sodass sie ihre Augen schloss und den Kuss nach einiger Zeit erwiderte. Allmählich löste sich Conan wieder von ihr. „Dummerchen, sag mir nicht dein Benehmen rührt daher, dass du eifersüchtig auf Ran bist.“ Er unterdrückte ein leichtes Kichern, was Ai die Röte in die Wangen trieb. „Ich mache mir doch nur solche Sorgen um sie, weil sie nach all der Zeit, seit ich geschrumpft wurde, wie eine große Schwester für mich ist. Du solltest doch eigentlich wissen, was das bedeutet. Es herrscht eine starke emotionale Bindung zwischen uns, jedoch ist diese von keinerlei romantischer Natur. Die Liebe zur ihr ist mehr und mehr verblasst, seitdem DU bei mir bist und vergiss nicht, für wen ich mein altes Leben hinter mir gelassen und Ran gestanden habe, dass es da jemand anderen ganz besonderen gibt.“ Conan legte ihr einen Finger unter das Kinn und zog ihren Blick auf sich. „Kannst du dich noch an diese besondere Person erinnern? Das alles tat ich für dich.“ Er stupste ihr mit dem Zeigefinger auf die Nasenspitze. „Weil ich dich liebe, meine kleine Wissenschaftlerin.“, grinste er breit. Seine Worte beflügelten Ais Herz. Sie gab sich ein wenig beschämt, wodurch sie anfing an ihren Strähnen herumzuspielen. „Jetzt komme ich mir wirklich etwas blöd vor. Du musst mich wohl für ein ziemlich eifersüchtiges Huhn halten, oder?“, flüsterte sie verlegen. „Quatsch“, verneinte der Schwarzhaarige sofort und nahm ihre Hand. „Mach dir einfach nur nicht so viele Gedanken okay? Mir liegt einfach viel an Rans Wohl, verstehst du das?“ Ai nickte wortlos. „Und wenn die Möglichkeit besteht, es könnte sich bei der Explosion um ein gezieltes Attentat handeln, dann muss ich alle Räder in Bewegung setzen, um die Schuldigen dingfest zu machen. Kannst du das auch verstehen?“ Haibara begann zu lächeln. „Die Natur eines jeden Detektiven, ich habe schon verstanden.“ Sie drückte ihm einen seichten Kuss auf die Wange. „Na komm, lass uns zu den anderen Beiden aufschließen. Wir wollen Ran doch nicht noch länger warten lassen, oder?“, grinste sie. Sie würde sich an seine Worte erinnern. Als sie das Zimmer betraten, standen Heiji und Kazuha bereits neben Rans Bett in der Anwesenheit von Kogoro. Wie es aussah hatte sich dieser die ganze Nacht nicht vom Fleck bewegt und war ununterbrochen an ihrer Seite geblieben. Er wirkte sehr müde und auch ein wenig ungepflegt mit einem Drei-Tage-Bart. Seine Krawatte war gelockert und sein Jackett lag über einen der Stühle, die um einen kleinen runden Tisch herum angeordnet waren und potenziellen Gästen Platz bieten sollten. „Schau mal Ran, der Nervenzwerg und seine Freundin kommen dich ebenfalls besuchen.“, sprach der schlafende Detektiv aufmunternd. Shinichi ignorierte hierbei die Bezeichnung Nervenzwerg. Von seinem Onkelchen war er anderes ohnehin nicht gewohnt, auch wenn er, für seine Tochter, momentan versuchte nett zu ihm zu sein. Ran saß aufrecht in Schlafsachen in ihrem Krankenbett und sah zu den beiden Geschrumpften hinüber. Sofort zierte ein Lächeln ihr Gesicht, was Conans Herz erwärmte. Sie machte einen gesunden und fröhlichen Eindruck. Sie hatte äußerlich nur einige leichte Kratzer abbekommen. Ein großes Pflaster auf der rechten Wange und der Stirn zierten zwar ihr Gesicht, aber ansonsten wirkte sie vollkommen in Ordnung. „Hallo Conan, hallo Ai, wie schön, dass ihr zusammen mit Heiji und Kazuha extra von Osaka hierher gefahren seid, um mich zu besuchen.“, begrüßte die Braunhaarige sie. „Siehst du Ai, sie freut sich uns zu sehen, also kein Grund zur Sorge.“, grinste Hattori vorlaut und kassierte sofort einen Seitenhieb von Kazuha. Er musste einen Aufschrei unterdrücken und verstummte sogleich wieder. Ehe Ran fragen konnte, was er damit meinte, ergriff auch schon Conan das Wort. „Das wir dich sofort besuchen kommen ist doch selbstverständlich. Wie geht es dir denn?“ „Sie hat unglaubliches Glück gehabt.“, schaltete sich Kogoro dazwischen. „Sie hat hier und da ein paar blaue Flecke und Schürfwunden, aber sonst ist sie wie durch ein Wunder von Schlimmeren verschont geblieben.“ „Das liegt nur daran, dass Amuro mich vor der Druckwelle und dem herabfallenden Schutt beschützt hat. Er selbst hatte dadurch nicht so viel Glück.“, äußerte sich nun auch Ran zu dem Vorfall, doch klang sie plötzlich um einiges trauriger und starrte betrübt auf ihren Schoss. „Hätte er die Bombe nicht rechtzeitig bemerkt, wären wir beide überhaupt nicht mehr hier.“ Ihre Worte und vor allem das mit der Bombe, ließen die vier Neuankömmlinge erschrocken zusammenfahren. „Was? Es war also wirklich kein Unfall? Jemand hat die Detektei absichtlich in die Luft gejagt?“, fragte Conan überstürzt. „So sieht es aus du Dreikäsehoch.“, übernahm Kogoro einmal mehr das Antworten. „Laut polizeilicher Untersuchung handelte es sich um eine beachtliche Menge an Plastiksprengstoff, doch wurde dies den Medien bisher noch nicht mitgeteilt, um eine mögliche Panik zu vermeiden. Schließlich ist der Täter noch immer auf freiem Fuß.“ Kogoro machte eine nachdenkliche Pose. „Wer auch immer dahinter steckt, scheint es vermutlich auf mich abgesehen zu haben. Zu seinem Pech war ich zurzeit des Anschlags nur nicht in der Detektei gewesen und wenn ich diesen Kerl erwische, der meiner Tochter um Haaresbreite das Leben gekostet hätte, dann werde ich…“ „Paps bitte beruhige dich.“, versuchte Ran das aufbrausende Temperament ihres Vaters zu drosseln. „War die Polizei schon wegen einer Befragung hier?“, erkundigte sich Heiji bei Kogoro. „Nein, aber sie haben sich für heute Mittag angemeldet, also in etwa einer Stunde.“ „Und wo können wir Amuro finden? Ihn wollten wir immerhin auch besuchen.“, wollte Kazuha nun wissen, da sehr schnell klar wurde, dass der Inhaber des Poirots nicht mit Ran in einem Zimmer untergebracht war. „Er liegt auf der Intensivstation. Wie gesagt, hat es ihn deutlich schlimmer erwischt.“, beantwortete Ran die Frage, wobei sie noch trauriger wurde, als vorhin. „Doch ich befürchte, dass er noch eine Weile keinen Besuch empfangen kann.“ Sie unterdrückte ein Schluchzen. „Schluss jetzt mit diesen ganzen Fragen. Ran braucht viel Ruhe, vor allem wenn sie nachher noch die Fragen der Polizei beantworten soll.“, drängte Kogoro dazu, nicht länger über dieses Thema zu sprechen. Also wie er bereits vermutet hatte, überlegte Shinichi. Es war also tatsächlich ein Anschlag gewesen mit dem vermeintlichen Ziel, jemanden zu töten. Der erste Verdacht liegt hier natürlich bei Kogoro, wie dieser selbst schon vermutet hat. Wenn dem so wäre, dann hätte sich der Täter allerdings ganz schön verzettelt. Es sei denn, Kogoro war gar nicht das eigentliche Ziel gewesen. Doch wer könnte es auf Ran abgesehen haben oder galt dieser Angriff etwa Amuro? Dann hätte es aber mehr Sinn gemacht, die Bombe im Poirot zu deponieren, statt in der Detektei. Nein, Shinichi brauchte deutlich mehr Informationen, um genaueres zu sagen. Zum Glück wusste er aber schon genau, wo er sich diese Informationen beschaffen könnte. Ein Arzt trat hinter ihnen ins Zimmer mit einem Klemmbrett unter dem Arm. „Ran Mori?“, fragte dieser. „Ja?“, antwortete das Fräulein im Bett. „Ich bin hier um ihnen mitzuteilen, dass wir nach erneuter Untersuchung, keinerlei innere Verletzungen bei ihnen feststellen konnten, sodass sie schon morgen wieder entlassen werden können.“, berichtete der Arzt relativ nüchtern, aber mit einem leichten Lächeln. „Hey das sind doch großartige Neuigkeiten.“, versuchte Kazuha die Stimmung ihrer Freundin zu heben, doch diese interessierten ihre eigenen Ergebnisse recht wenig. „Gibt es schon neues bei Toru?“, wollte Ran stattdessen wissen. „Ja die gibt es durchaus.“, bestätigte der Arzt und blätterte auf seinem Klemmbrett einige Seiten weiter. „Toru Amuro wurde vor ungefähr einer halben Stunde erfolgreich aus dem Operationssaal entlassen. Es war die letzte von insgesamt drei notwendigen Eingriffen gewesen. Wir gehen davon aus, dass er sich ab jetzt auf dem Weg der Besserung befinden sollte. Er ist bisher nur noch nicht aufgewacht, doch die Narkose sollte innerhalb der nächsten Stunde nachlassen. Besuch ist aber bis auf weiteres noch nicht gestattet.“, informierte sie der Kittelträger über die aktuelle Lage. „Alles in allem dennoch sehr gute Neuigkeiten. Ihm wird es also bald wieder besser gehen.“, erklärte Kogoro und legte seiner Tochter fürsorglich eine Hand auf die Schulter, welche mit einem zuversichtlichen Lächeln nickte. Shinichi rollte unmerklich mit den Augen. Er freute sich sehr für Amuro und auch für Ran, welche sehr an dem ehemaligen Undercoveragenten hing, wie Shinichi in der Vergangenheit schnell festgestellt hat. Ebenso wurde ihm aber auch sehr schnell klar gemacht und das immer wieder aufs Neue, dass Kogoro von dieser Beziehung deutlich mehr hielt, als von Rans frühere Liebe zu ihm, zu Shinichi. Der alte Suffkopf ließ keine Situation ungenutzt ihm das ständig ungewollt unter die Nase zu reiben. Wahrscheinlich verschaffte es ihm eine gewisse Befriedigung, vorallem da seine Tochter, in seinen Augen, endlich zu Verstand gekommen ist und sich einen bodenständigen Kerl geangelt hat. Jedes Mal wenn dieses Thema in den letzten Wochen aufkam, hätte Shinichi am liebsten reiß aus genommen, um bloß nicht mehr davon zu hören. Er hatte es doch inzwischen Begriffen, dass Kogoro ihn für einen Taugenichts hielt, obwohl er sich dabei lieber einmal selbst an die Nase fassen sollte. Er hat Shinichi schließlich so einiges zu verdanken, doch wenn er jemals davon erfahren sollte, dann wusste Conan ehrlich gesagt nicht, wie das wohl für sein körperliches Wohl enden würde. Sie blieben alle noch eine Weile bei Ran, bevor die Kommissare Takagi und Sato ihr einen Besuch abstatteten und mit ihrer angekündigten Befragung begannen. Kogoro wollte unbedingt weiterhin bei seiner Tochter bleiben und auch Eri würde bald dazu stoßen, welche sich den gesamten Nachmittag freinehmen wollte, um bei Ran zu sein. Auch Sonoko hatte sich für später schon angekündigt. Conan, Ai, Heiji und Kazuha verabschiedeten sich daher wieder von dem Fräulein Mori und konnten ihre Entlassung am kommenden Tag gar nicht abwarten. Da die Detektei und auch die Wohnung der Moris durch die Schäden zurzeit nicht bewohnbar waren, würde sie und Kogoro vorerst bei Eri unterkommen müssen, was besonders für den Suffkopf eine qualvolle Vorstellung darstellte. Trotz allem war ihm das aber immer noch lieber, als sich ein Hotelzimmer nehmen zu müssen, nur würde er unter keinen Umständen etwas anfassen, was Eri für sie kochen würde. Niemals. Als Conan als letztes das Zimmer verließ und die Tür hinter sich schloss, warf er Heiji einen vielsagenden Blick zu. „Denkst du das gleiche was ich denke?“ Hattori nickte und drehte seine Kappe nach vorne. „Worauf du einen lassen kannst.“, bestätigte dieser. „Lass uns zur Detektei fahren und sehen, ob wir irgendwelche Hinweise auf den Absender der Bombe finden können.“ „Was, seid ihr verrückt? Glaubt ihr etwa, ihr könnt da einfach so ungehindert herumlaufen?“, kam es von Kazuha und Ai wie aus einem Munde. Beide Detektive warfen ihren Frauen einen mürrischen Blick zu. Das war doch etwas, worin alle Freundinnen gleich waren. Immer am Versuchen ihnen ihre Untersuchungen auszureden. „Das wissen wir erst, wenn wir es ausprobiert haben.“, konterten die beiden Jungs im Akkord und gingen eilig voraus. Ai und Kazuha blieb gar nichts anderes übrig, als den beiden kopfschüttelnd zu folgen. Das war doch etwas, worin alle Detektive gleich waren, dachten sie sich unabhängig voneinander. Wenn ein Fall in der Luft lag, hielt sie einfach nichts und niemand auf. Kapitel 9: Epizentrum --------------------- Kapitel 9: Epizentrum Das Geräusch von aufeinanderprallenden Metall war zu hören. Immer wieder sorgten die unregelmäßigen Zusammenstöße für ein unverkennbares Klirren, welches die vorherrschende Stille im Dojo durchbrach. Blitzschnell bewegten sich die Schwerter und keine Partei war darauf bedacht, den jeweils anderen zu schonen oder gar zu verhindern ihn womöglich schwer zu treffen. Der geschärfte Stahl schnitt wie ein Buttermesser, mit einem hörbaren Zischen, durch die Luft und endete an der Klinge des Gegenübers, wobei kleinere Funken sprühten und die Schwerter durch den ausgeübten Druck aufeinander zu zittern begangen. Trotz aller Kraft des Angreifers, gelang es dem Verteidiger die Attacke problemlos zu parieren. „Hervorragende Reaktionsgeschwindigkeit.“, lobte die Stimme eines alten Mannes. Cognac hielt die Spannung auf die gesamte Länge seines Katanas, während er belustigt grinste und seinem Gegner die Schweißperlen auf die Stirn trieb. Er drehte seine Klinge gegen die scharfe Schwertseite des Kontrahenten, sodass das Licht, welches durch das Dach ins das private Trainingsgebäude einfiel, über den glänzenden, von handgeschmiedeten Stahl blitzte. „Alles dank eurer Ausbildung.“, gab er das Kompliment zurück an Genever, ehe er selbst zum Angriff überging und nach drei heftigen und erbarmungslosen Attacken seinen Gegner zu Boden beförderte. Cognac hielt die Schwertspitze an den Hals des Besiegten, der nun in einer kapitulierenden Geste die Hände nach oben streckte. Erneut musste der Boss der Organisation grinsen, ehe er seine Waffe von der Halsschlagader Martinis zurückzog. „Du bist gut geworden, aber du musst noch besser werden. Ich brauche beim Training einen stets ebenwürdigen Gegner.“, erklärte Cognac, als er sein Schwert in die dazugehörige Scheide gleiten ließ. Anschließend ging er auf seinen hölzernen Sandalen aus der Mitte des Kampfzimmers, um sich mit einem eben herangebrachten Handtuch das Gesicht abzuwischen. Cognac trug, wie es beim Kenjutsu als Kenshi üblich war, eine traditionelle Robe aus Kendo-Gi und einem Hakama, also einen weitgeschnittenen Hosenrock. Seit Jahren trainierte ihn sein Mentor Genever schon in den alten Künsten des Schwertkampfes. Er selbst war leider zu alt geworden, um selbst noch zu praktizieren, doch wusste der in die Jahre gekommene Mann alles über die Disziplinen aus der Meji-Zeit, lange vor dem heutigen modernen Kendo oder Iaido. Die neue rechte Hand von Cognac erhob sich nach seiner Niederlage und stöhnte hörbar erschöpft. „Ich bitte um Entschuldigung. Ich werde versuchen mich zu bessern.“, verbeugte sich Martini ehrfürchtig, dessen schwarze Haare klitschnass vom Kampf waren. Auch er trug eine solche Robe, wie der einstige Schwarze Schatten es tat. „Ihr macht beide Fortschritte. Ich bin sehr zufrieden mit dem heutigen Ergebnis.“, erwiderte der rüstige Genever und schritt gemächlich mit seinem Gehstock auf Cognac zu. „ER ist übrigens eingetroffen, wie du es gewünscht hast.“, sprach er an diesen gewandt. „Ah sehr gut, er soll hereinkommen.“, befahl Cognac und winkte gleichzeitig eine junge hübsche Bedienstete mit kurzem haselnussbraunen Haar zu sich. Sie führte ein Tablett, mit einem Glas des gleichnamigen Alkohols darauf, mit sich. Wortlos nahm der Boss das Getränk in seine Hand und wandte sich an die Gestalt, die von Genever soeben ins Dojo hereingeführt wurde. Es war ein Mann europäischer Abstammung und somit deutlich größer, als die meisten Einheimischen. Er besaß grüne Augen und seine dunklen Haare, waren zu einem Undercut geschnitten. Er trug ein enganliegendes Muskelshirt und schwarze Kampfstiefel. Anhand seiner Erscheinung könnte man auf Ex-Militär schlussfolgern. „Baileys“, begrüßte Cognac den Ankömmling mit einem Lächeln. „Möchtest du vielleicht auch eine kleine Erfrischung?“ Er hielt seinen eisgekühlten Drink in die Luft. „Meine liebe Naomi hier, steht zu deiner Verfügung.“ Dabei deutete er auf das schöne und schüchterne Fräulein im Hintergrund, welche es vorzog den Boden anzustarren, statt einen der hohen Tiere vor sich direkt in die Augen. Baileys allerdings zeigte kein Interesse und hob nur ablehnend die Hand. Sein Gesicht war ausdruckslos und machte schon fast einen gelangweilten Eindruck. „Ich bin nicht durstig.“, erwiderte er trocken und mit einem hörbaren Akzent. Cognac rümpfte leicht die Nase. Ihm war der schwierige Charakter des Organisationsmitglieds vor ihm mehr als bekannt. Baileys führte den Ruf mit sich, kein besonders angenehmer Zeitgenosse zu sein und stets alleine zu arbeiten. Seine Alexithymie war eine der Hauptgründe dafür, was ihn jedoch auch zur perfekten und absolut gefühlslosen Killermaschine machte. Sonst wusste man aber nicht viel über seinen Charakter, doch war der Boss der festen Überzeugung ihn irgendwann aus seiner Deckung locken zu können. Jeder Mensch besitzt bekanntlich eine Schwachstelle. „Na gut, dann kommen wir also wieder direkt zum Geschäftlichen, meinetwegen.“ Cognac leerte sein Glas in einem einzigen gierigen Zug und knallte es umgedreht auf einen schmalen Mahagonitisch neben sich. Wenn er ehrlich war, war er auch kein Freund von langen und vor allem unnötigen Gepflogenheiten. „Ich muss sagen, du hast bei der Detektei Mori ganze Arbeit geleistet. Dein erster Auftrag unter meiner Leitung war ein voller Erfolg. Es verlief alles nach Plan.“, lobte er Baileys Leistung. „Wie man es eben von dem Sprengstoffspezialisten Nummer Eins in der Organisation nicht anders erwarten kann. Immerhin hat man dir nicht grundlos den inoffiziellen Spitznamen >der Terrorist< verliehen.“ Sein Gegenüber machte einen eher weniger begeisterten Eindruck als sein Vorgesetzter, was daran liegen könnte, dass er auch weiterhin keine Miene verzog. „Ich habe die Bombe wie befohlen, in der Abwesenheit des Detektivs Kogoro Mori hochgehen lassen, allerdings war neben seiner Tochter auch der Verräter Bourbon zu der Zeit in der Detektei gewesen. Er hat sich eingemischt und die Bombe frühzeitig bemerkt.“ „Ich habe davon bereits gehört. Meine Ohren sind überall wie du wissen solltest.“, merkte Cognac nüchtern an und schaute dabei hinüber zu Martini, welcher schweigend nickte. „Es scheint mir so, als habe unser ehemaliger Freund Bourbon ein kleines Verhältnis mit der Tochter von Mori.“ „Was ist, wenn Bourbon durch seine direkte Intervention schlussfolgert, dass wir hinter der Bombe stecken?“, warf Baileys ein und auch wenn seine Worte keinerlei Besorgnis enthielten, erwies sich seine Frage als durchaus berechtigt. Cognacs Augen begannen aufzublitzen. „Wieso glaubst du sollte er?“ „Er ist eben ein Kenner auf meinem Gebiet. Wir sind uns darüber hinaus schon einmal begegnet und er hat etliche meiner Kreationen zu Gesicht bekommen. Außerdem ist er kein Amateur, wenn es um Bombenentschärfungen geht. Er hat vom damals Besten gelernt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass er das kleine Präsent in der Detektei zu mir zurückverfolgen wird.“, sprach er seelenruhig aus was er dachte. Menschen wie Baileys, waren nicht einmal in der Lage etwas wie Angst zu verspüren, selbst wenn jemand wie Cognac direkt vor ihnen stand. Auch wenn ihm das Herz bis zum Halse schlagen würde, so würde er darin nie mehr sehen, als eine rein körperliche Reaktion. Eine Sache, die dem Boss nicht zwingend gefiel. Angst war ein wertvolles Werkzeug seiner Kontrolle über die anderen und jemand in seinen Reihen zu wissen, welcher außerstande war dergleichen zu empfinden, könnte sich als unberechenbar erweisen. Cognac hörte seinen Bedenken dennoch aufmerksam zu und begann zu grübeln. „Das verlangt also eine kleine Überarbeitung meiner Pläne. Wir müssen sicherstellen das Bourbon uns nicht auf die Schliche kommt. Niemand darf von unserem Fortbestehen erfahren, nicht bevor ich die Zeit für geeignet halte.“ Er begann finster zu lächeln. „Ich habe auch schon die passende Lösung für dieses kleine Problem.“ Cognac schnippte mit den Fingern und ihm wurde daraufhin ein kleines Döschen mit einer klaren Flüssigkeit darin überreicht. Die Bedienstete, die auf den Namen Naomi hörte, schien immer genau zu wissen, wonach ihr Herr gerade verlangte. „Das hier wird Bourbon für uns ruhigstellen.“, gab sich der Boss zuversichtlich. Baileys musterte das Objekt zwischen Cognacs Fingern. „Was soll das sein?“, fragte er monoton. „Das soll nicht deine Sorge sein. Ich werde Chablis damit beauftragen. Er wird sich darum kümmern. Du hingegen wirst damit fortfahren, ein wenig Chaos unter denjenigen zu verbreiten, die Shinichi Kudo nahestehen.“ „Mein Job ist es normalerweise Leute mit meinen Anschlägen zu beseitigen. Wieso darf ich dabei niemanden von ihnen töten?“, erkundigte sich der Mann mit Undercut ohne den geringsten Anflug von Unzufriedenheit in seiner Stimme, was in einem deutlichen Widerspruch zu dem stand, was er gerade von sich gegeben hatte. Cognac zog sein Schwert aus der Scheide. „Weil ein Samurai, wenn er seinen Gegner im Schlaf überrascht, immer erst gegen sein Kopfkissen tritt, um seinen Feind zu töten wenn er wach ist und ihn direkt in die Augen schauen kann. Danach wirst du noch genug Blut vergießen können, dass verspreche ich dir.“ Er sah sein Gegenüber ernst an. Der forsche Blick von Baileys war ihm nicht entgangen. Er musste darauf Acht geben, ihn stets an der kurzen Leine zu halten. Solange seine Rache noch nicht vollzogen war, war er auf seine Fähigkeiten angewiesen. „Und jetzt geh, du hast viel zu tun und ich verlange baldige Ergebnisse.“ Mit einer einfachen Geste verdeutlichte er Baileys sich zu entfernen. Dieser kam der Aufforderung stillschweigend nach und schritt mit schweren Schritten aus dem Dojo. Die Sohlen seiner Stiefel hallten dabei über das Parkett, bis er das Trainingszimmer hinter sich ließ und in der breitgefächerten Tür des Eingangs verschwand. Zur selben Zeit erreichten Conan, Ai, Heiji und Kazuha die verkohlten Überreste der Detektei. Sie waren gezwungen einige Häuserreihen früher auszusteigen, da der Bereich großräumig von der Polizei abgesperrt wurde. Gleichzeitig bemühte man sich, die Straße von dem Schutt zu befreien, um den Verkehr wieder passieren zu lassen. Vorerst war die Strecke nur einspurig befahrbar. Dementsprechend herrschte ein ziemlicher Stau vor und die Stimmung einiger Autofahrer war nicht gerade auf ihrem Höhepunkt, was diese auch offenkundig verlauten ließen. Wildes Gehupe und lange Schlangen dominierten das Straßenbild des Haido-Viertels. Kaum hatten die Vier, in dieser Lärmkulisse, das Taxi verlassen, sprinteten die beiden Detektive voraus zur Absperrung, um einen genaueren Blick auf die Detektei zu erhaschen. Von dort aus gelang es den Beiden, zum ersten Mal, das Ausmaß der Zerstörung mit eigenen Augen zu sehen. Im ersten Obergeschoss, wo einst die Detektei Mori war, klaffte nun ein großes Loch in der Außenfassade, wie sie es bereits in den Nachrichten gesehen haben. Große Risse zogen sich durch den Stahlbeton bis hinauf zur Wohnung der Moris. Der durch die Hitze ausgebrochene Brand hat alles mit einer rabenschwarzen Rußschicht bedeckt und aller Wahrscheinlichkeit nach die gesamte Inneneinrichtung ein Opfer der Flammen werden lassen. Selbst das Café Poirot im Erdgeschoss ist nicht verschont geblieben. Das Glas des Schaufensters war zerborsten und überall lagen die Trümmer der Detektei verstreut. Trotz der erheblichen Blessuren des Gebäudes nach außen hin, schien es für den geschrumpften Oberschüler jedoch nicht so, als sei es in seiner Tragkonstruktion so beschädigt, dass eine Einsturzgefahr herrschen würde oder es sogar abgerissen werden müsste. Der Sprengsatz war ohne Zweifel ziemlich stark gewesen, doch um ein Gebäude vollständig zu zerstören bedarf es schon deutlich mehr und das war auch sicherlich nicht der Sinn hinter dieser Tat gewesen. Fakt blieb es jedoch, dass sowohl die Wohnung der Moris als auch das Café Poirot für eine ganze Weile nicht benutzt werden könnten. Nicht bis alle Schäden beseitigt wurden. Von der Detektei mal ganz abgesehen. Shinichi war sich allerdings unsicher, wie sein Onkelchen das alleine bewerkstelligen sollte, oder ob er mit seiner Detektei überhaupt wieder hier einziehen würde. „Nicht zu fassen“, gab sich der Detektiv des Westens bestürzt, als er die Bilder vor seinen Augen verarbeitete. Er sah dabei hinunter zu seinem bebrillten Freund, um auch seine Reaktion sehen zu können. In Conans Augen war eine Mischung aus Fassungslosigkeit, aber auch fester Entschlossenheit zu erkennen. Heiji wusste genau was in ihm vor sich ging. „Wollen wir loslegen?“, schlug er daher vor und machte sich daran die Absperrung zu passieren, doch als er dies versuchte, eilte sofort ein Polizist herbei und hielt ihn auf. „Warte mal Junge, du kannst hier nicht einfach durch. Es hat einen Grund warum der Bereich abgesperrt ist, also bitte ich sie sich sofort zu entfernen.“, wies der Beamte in der unverkennbaren blauen Uniform Heiji zurecht. Sowas blödes, dachte sich Shinichi und warf einen Blick vorbei an den Polizisten, der ihnen den Zutritt verwehrte. Irgendwie musste er sich was einfallen lassen, um näher heran zu kommen. Nur so könnte er herausfinden, was und wer hinter diesem Attentat steckte. Shinichi biss die Zähne zusammen. Er würde sich doch nicht einfach so wieder wegschicken lassen. Das kam gar nicht in Frage. „Es ist schon okay, die beiden gehören zu mir.“, rief nun eine bekannte Stimme aus dem Hintergrund. Aus dem beschädigten Eingang des Café Poirot kam ein Mann ganz in Schwarz gekleidet mit Skimütze und markanten grünen Augen ins Freie getreten und schob sich lässig eine Zigarette in den Mund, bevor er diese anzündete. Als er sein Feuerzeug zuklappte und den Rauch in die Luft blies, richtete sich sein Augenpaar bestimmend auf Conan und Heiji. „Akai?“, stammelte Shinichi überrascht und auch Hattori war erstaunt den FBI-Agenten ihres damaligen Einsatzes gegen die Organisation wiederzusehen. Ai und Kazuha, die den Taxifahrer noch bezahlt haben und anschließend den beiden Detektiven gefolgt waren, erblickten nun ebenfalls Shuichi. Haibara reagierte ähnlich wie ihr Freund über seine Anwesenheit. In ihr machte sich sofort ein mulmiges Gefühl breit. Wenn Akai hier auftauchte, dann musste doch mehr hinter der Explosion stecken, als sie bisher vermutete. Vielleicht sogar… Die Hände des jungen Mädchens begannen nass vom aufkommenden Schweiß zu werden. Eine alte, fast schon vergessene Angst meldete sich zurück. Kazuha hingegen war die Einzige, die nicht so recht wusste, in welche Schublade sie diesen unbekannten und unheimlich wirkenden Mann stecken sollte. Sie hatte ihn bisher ja noch nie zu Gesicht bekommen. „Wer ist das? Arbeitet der Typ etwa für die Polizei?“, fragte das Fräulein mit dem Pferdeschwanz neugierig. Conan warf Ai schnell einen bittenden Blick zu, den seine Freundin sofort verstand. „Komm Kazuha, lass die beiden Hitzköpfe ruhig ihre Untersuchungen machen. Wir können in der Zwischenzeit doch etwas anderes unternehmen.“, versuchte sie ihre Begleiterin dazu zu bringen kehrt zu machen. Wenn Ai ehrlich war, wollte sie selbst auch lieber weg von hier. Irgendetwas bedrückendes und auch gefährliches hing wie eine Glocke über der Detektei und auch wenn sie schon seit geraumer Zeit keinen Groll mehr gegen Akai hegte, so war seine Person eine der Auslöser für dieses mulmige Gefühl, was sie nun verspürte. „Hey, das ist eine wirklich tolle Idee Ai. Du hast dich so verändert, seit du und Conan ein Paar geworden seid. Ran muss noch aufpassen, dass du nicht meine neue beste Freundin wirst.“, lachte Kazuha. „Wie wäre es, wenn wir ein wenig bummeln gehen?“, schlug sie vor. „Klingt gut“, quälte sich Ai zu einem Lächeln. Was sollte das überhaupt bedeuten? Sie habe sich verändert? War sie vor der Beziehung mit ihm etwa anders, überlegte sie. Haibara spürte wie ihr die Hitze in den Kopf stieg und schaute zu Shinichi, dessen Haarsträhnen durch eine aufkommende Brise über sein nachdenkliches Gesicht tänzelte. Ihr Herz machte einen kleinen Satz. Gut, vielleicht war an Kazuhas Aussage wirklich was Wahres dran, musste sich das rotblonde Mädchen mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen eingestehen. Damit verzogen sich die beiden jungen Damen langsam, während Shuichi, auf der anderen Seite, das Absperrband erreichte und sich neben den Polizisten stellte. Er sah Haibara noch einen Moment lang nach, ehe er sich an den Beamten wandte. „A-Aber Sir, das sind doch nur ein Jugendlicher und ein Kind.“, reagierte der Polizist irritiert. Akais Blick verschärfte sich. „Irrtum“ Er deutete auf Heiji. „Der Bursche hier ist ein angesehener Detektiv aus Osaka und bestimmt von Nutzen. Außerdem übernehme ich hierfür die volle Verantwortung, also lassen sie sie passieren. Sie kommen mit mir.“ Der Polizist kratzte sich nachdenklich an der Stirn, gab dann aber schließlich doch nach und hob das Absperrband hoch, sodass Conan und Heiji darunter hindurch konnten. Ohne weitere Worte zu verlieren ging Akai voran. Die beiden Detektive folgten ihm und ließen den Mann der Polizei einfach hinter sich. „Perfektes Timing Akai, doch was tust du überhaupt hier wenn ich fragen darf.“, sprach Shinichi als erstes, nachdem sie zu dritt das Café erreicht hatten. Akai nahm die Zigarette aus dem Mund und schaute auf den Geschrumpften herab. „Solange das FBI mich noch nicht nach Amerika zurückbeordert, wie sie es mit Jodie und James getan haben, biete ich den Behörden meine Dienste als Experte für kriminelle Verbrechen an. Außerdem hat mich Amuro kurz vor der Explosion versucht anzurufen. Ich bin mir sicher es hat mit diesem Anschlag zu tun und deswegen habe ich mich persönlich hierher aufgemacht.“, erklärte der FBI-Agent kühl und schnipste den bereits aufgerauchten Stummel beiseite, ehe er die Treppen zu der ramponierten Detektei hinaufging. Conan und Heiji tauschten einen flüchtigen Blick aus, ehe sie ihm folgten. Vor Ort waren keine Polizisten oder Leute von der Spurensicherung mehr anzutreffen. Die Hauptuntersuchung schien bereits abgeschlossen zu sein, sodass Akai ungestört seine eigenen Überprüfungen durchführen konnte, ohne dass jemand ihm dabei auf die Finger schaute. Shinichi überraschte es nicht, dass man ihm, als angesehenen FBI-Agenten, ein gewisses Maß an Freiraum überließ. Die zusätzliche Meinung eines Profis konnte der Polizei von Tokyo doch nur gelegen kommen. „Lasst mich raten, ihr seid ebenfalls hier, um mehr über die Hintergründe dieser Explosion zu erfahren richtig?“, stellte Shuichi nüchtern fest, als er in der Mitte des Schutthaufens von Büro wieder stehengeblieben war und sich zu ihnen umdrehte. „So sieht es aus.“, bestätigte der Junge mit Brille. „Haben sie vielleicht schon etwas herausgefunden?“, erkundigte sich Heiji. „Oder weißt du schon, warum Amuro dich kontaktieren wollte?“, lieferte Shinichi gleich die nächste Frage. Akai wollte zu einer Antwort ansetzen, doch ein lautes Scheppern im Zimmer nebenan, ließ alle drei sich zur Quelle des Lärms umschauen. „Hey Masumi, was treibst du dahinten?“, erkundigte sich Shuichi in einem strengen Tonfall. „Ich sagte doch du sollst nichts anfassen.“ Eine hustende Sera trat aus der Küche hervor und zog dabei eine Wolke aus feinem Gips und Ruß hinter sich her. „Ich habe nichts angefasst.“, verteidigte sie sich, während sie versuchte ihre Lunge von dem eingeatmeten Staub zu befreien. „Das blöde Regal ist umgefallen, kein Grund sich aufzuregen Shu-nii.“, räusperte sich das Mädchen mit den ebenso grünen Augen und klopfte ihre Motorradjacke sauber. Aus irgendeinem Grund wunderte es Shinichi so gar nicht, dass Masumi ebenfalls hier war. Als die Organisation besiegt wurde und sich Akai nicht länger zu verstecken brauchte, hat er nach Jahren die Kluft zwischen ihnen überwinden können. Seitdem weicht sie ihrem großen Bruder und Idol kaum noch von der Seite. Er nahm vor etlichen Wochen Kontakt zu seiner jüngeren Schwester auf und hat, auf Shinichis und Ais Erlaubnis und auch dem des FBI, ihr alles erzählt was geschehen war, wirklich alles. Von den Gründen seines Verschwindens und vermeintlichen Todes, bis hin zu dem, was Sera schon seit geraumer Zeit selbst herausgefunden, es jedoch stets für sich behalten und nur auf den richtigen Moment gewartet hatte. Die Rede war natürlich von der wahren Identität von Conan Edogawa und Ai Haibara. Auch wenn sie selbst darauf gekommen war, war sie dennoch erstaunt gewesen, als Akai ihre Vermutungen bestätigte und es auch Conan und Ai letzten Endes zugaben. Sie hatte einfach schon immer geahnt, dass es sich bei dem Bengel mit der Brille, genau um den Jungen handelte, welchen sie vor zehn Jahren am Strand zum ersten Mal begegnet war und das Ai in Wahrheit Sherry ist, daran gab es für sie keinen Zweifel, nachdem sie sie in ihrer wahren Gestalt im Beika Einkaufszentrum gesehen hatte. Mittlerweile hat sich Sera ihnen gegenüber als vertrauenswürdig erwiesen und da sie sowieso ihnen auf die Schliche gekommen wäre, haben sie sie offiziell in den Kreis der Geheimnisträger aufgenommen. Natürlich wusste sie somit auch, dass bereits andere Personen davon Kenntnis besaßen, wie Heiji oder Professor Agasa und andere wiederum, wie Ran, Kogoro oder auch Sonoko es weiterhin nicht erfahren durften, da Conan und Ai nicht mehr in der Lage waren in ihre alten Körper zurückzukehren. Masumi wusste durch die eigenen Erfahrungen in ihrer Familie, wie gefährlich die Männer in Schwarz waren und zu was man gezwungen wurde, wenn man ein Opfer des APTX wurde und sich fortan verstecken musste. Demnach zeigte sie von Anfang an Verständnis dafür, dass die Beiden es nie, bis an einige vertrauenswürdige Personen in ihrem Umfeld, weitererzählt hatten. Es ehrte sie sehr nun ebenfalls zu dieser kleinen Gruppen von Eingeweihten dazuzugehören. Als Sera, nach ihrer Säuberungsaktion, endlich aufsah und Conan und Heiji erblickte, begann sie munter zu grinsen, wobei die beiden Jungen ihren Fangzahn zu Gesicht bekamen. „Na wen haben wir denn hier? Ein Treffen der Detektive.“ Sie ging auf ihre Freunde zu und nahm sie gleichzeitig mit beiden Armen in den Schwitzkasten. „Zusammen mit dem Detektiv des Westens und des Ostens werden wir sicherlich schnell herausfinden, wer hinter diesem feigen Angriff auf Rans und Amuros Leben steckt.“, ließ Sera selbstbewusst verlauten und ignorierte dabei die Geräusche ihrer Gefangenen, welche verzweifelt nach Luft rangen. „Es ist auch schön dich zu sehen Sera. Ist schon ein Weilchen her.“, presste Hattori hervor, welchem es als erstes gelang, sich wieder aus Masumis Griff zu befreien. Conan hatte durch seine Größe da eher weniger Glück und war auf das Erbarmen Seras angewiesen, die ihn nach einer Weile wieder aus ihrer >Umarmung< entließ. „Wo ist eigentlich deine Freundin?“, bemerkte Sera nun Ais Abwesenheit. „Wollte die kleine Ai etwa nicht mitkommen?“, grinste sie hämisch. Shinichi rieb sich den Hals, welcher durch Masumis Griff leicht gerötet war. „Du weißt doch inzwischen ganz genau, dass sie gar nicht so klein ist, wie es den Anschein macht und sie kam nicht mit, weil sie Kazuha für uns beschäftigen soll.“, erklärte Conan mit einem Krächzen in der Stimme. Masumi beäugte Heiji mit einem schmalen Lächeln. „Achso. Wie läuft es denn überhaupt so zwischen dir und Kazuha?“, sprach sie an den Braungebrannten gerichtet. Mit knallrotem Kopf versuchte Heiji diesem Thema besser auszuweichen. „Ich glaube wir haben jetzt erstmal andere Prioritäten, um die wir uns kümmern sollten.“, hüstelte er verlegen. „Stimmt“, lenkte Sera sofort ein und setzte ihren Detektivblick auf, wobei sie zielgerichtet auf das Loch in der Hausfront zusteuerte. Akai lehnte sich währenddessen im Hintergrund an eine Wand und überließ es seiner Schwester, Conan und Heiji auf den aktuellsten Stand ihrer Untersuchungen zu bringen. „Der Explosionsherd befand sich zweifellos am Arbeitsplatz von Rans Vater.“ Sera verwies auf die Stelle, wo einst der Schreibtisch vom schlafenden Meisterdetektiv gestanden hatte. „Der Radius und die Spuren der Schäden lassen gar nichts anderes zu, als das die Bombe dort deponiert wurde. Dadurch liegt die Tatsache nahe, dass man es wohl eindeutig auf Kogoro Mori abgesehen hat.“, erklärte sie professionell. „Was den Sprengstoff anbelangt, der verwendet wurde, so vermutet Shu-nii das es sich um C4 handelte.“ „Ich vermute es nicht nur, ich bin mir ziemlich sicher.“, mischte sich Shuichi ein. „Ich habe während meiner Jahre beim FBI schon viel mit C4 zu tun gehabt. Außerdem konnte ich geringe Rückstände von Hexogen feststellen, der Hauptbestandteil des besagten Plastiksprengstoffes.“ „Verstehe“, grübelte Shinichi und war bereits mitten in seinen eigenen Überlegungen. „Beunruhigend ist allerdings, wie der Verantwortliche der Explosion an das C4 herankam. Es wird normalerweise ausschließlich vom Militär genutzt und die illegale Einlieferung ist durch zugefügte Geruchsstoffe für die Erkennung von Sprengstoffhunden, alles andere als ein Kinderspiel.“ „Des Weiteren wird heutzutage dem C4 Metallstaub beigefügt, sodass es auch auf Metalldetektoren anspringt. Das soll den Missbrauch von Sprengstoff zusätzlich erschweren.“, fügte Akai hinzu. „Es scheint sich also nicht gerade um einen kleinen Fisch zu handeln oder derjenige hat besonders gute Kontakte. Zumindest müsste es jemand sein, der einen Groll gegen das Onkelchen hegt.“, warf Heiji ein. „Und falls sich der Täter den Sprengstoff bei irgendeinem Mittelsmann besorgt hat, dann lässt sich auch herausfinden bei wem und wo genau das war. Wir müssen nur die richtige Fährte aufnehmen.“, ergänzte Sera, wobei ihr Hattori bestätigend zunickte. „Doch egal wer dahinter steckt, galt sein Angriff wirklich Onkel Kogoro?“, kam ihnen Shinichi dazwischen und klang dabei äußerst skeptisch. „Schließlich war er doch überhaupt nicht zugegen, als die Bombe hochging. Jemand der das hohe Risiko eingeht und sich einen solch effizienten Sprengstoff besorgt, sollte sich schon sicher sein, dass sein Ziel auch wirklich vor Ort ist, bevor er den Sprengsatz hochgehen lässt.“ Shuichi verschränkte die Arme und musterte den Geschrumpften eine Zeit lang. „Du bist davon überzeugt, dass es vielmehr als eine Art Botschaft ausgelegt war, oder?“ Conan legte eine Hand an sein Kinn und begann auf und ab zu gehen. „Ich kann es nicht beweisen, aber ich glaube da steckt mehr dahinter, als es den Anschein hat. Doch ich bin davon überzeugt, dass wenn wir die Spur des Sprengstoffs zurückverfolgen, wie Masumi es vorschlägt, wir auch den Täter finden werden.“ Kapitel 10: Neugierde mit Folgen -------------------------------- Kapitel 10: Neugierde mit Folgen Es war später Abend als sich Conan hundemüde und völlig erschöpft auf die Couch von Professor Agasa fallen ließ. Sein Körper fühlte sich einfach nur ausgelaugt an. Die Augenlider waren ungemein schwer zu tragen, wodurch die Verlockung sie für einen kurzen Moment zu schließen immer größer wurde, doch er konnte nicht abschalten. Er hatte zusammen mit den anderen den ganzen Nachmittag damit zugebracht weitere Hinweise in der Detektei zu sammeln, doch es gab einfach keine weiteren Spuren, welche ihnen Rückschlüsse auf den Täter liefern könnten. Anscheinend musste es sich um einen echten Profi handeln. Allein wenn man bedenkt, dass er in die Detektei gelang ohne Spuren eines Einbruchs zu hinterlassen. Etwas dergleichen wäre Ran sonst sicherlich beim Betreten sofort aufgefallen. Alles was ihnen als verwertbare Information blieb, war die Tatsache das C4 Sprengstoff verwendet worden war. Das war die einzige Anlaufstelle an denen Shinichi nun seine kommenden Nachforschungen fest machen konnte. Zu allem Überfluss kam noch hinzu, dass nach dem Wochenende die Schule wieder losgehen würde, wodurch Heiji und auch Kazuha gezwungen waren, bereits am morgigen Tag wieder nach Osaka abzureisen. Das war merklich das letzte was Hattori wollte, doch waren ihm die Hände gebunden. Gleich nach Rans Entlassung würden sie fahren. Shinichi rieb sich zerknirscht das Gesicht. Vieles hing nun von dem Wissen Amuros ab. Er war der Einzige, der die Bombe gesehen hat. Nur er könnte ihnen eine lange Schnipsel-Jagd ersparen und sie den Verantwortlichen ein ganzes Stück näher bringen. Eine Frage ließ Shinichi allerdings nicht los. Warum hat Amuro versucht Akai zu kontaktieren? Dies geschah laut Aussage des FBI-Agenten weit vor der eigentlichen Explosion. Rei hat wohl kaum die Bombe bereits so früh bemerkt, aber nichts dagegen unternommen. Mit ausreichend Zeit hätte er sie auch problemlos selbst entschärfen können. Der Geschrumpfte hatte Amuro schon einmal in Aktion gesehen und wusste, dass er dazu in der Lage gewesen wäre. Wenn er die Bombe jedoch erst kurz vor der Detonation gefunden hat, was war dann der Grund für seinen Anruf bei Akai? Conan ließ seinen Kopf über die Kante der Couch hängen. „Hat Amuro bereits vorher etwas Verdächtiges bemerkt? Hat er womöglich sogar den Täter gesehen?“, flüsterte Shinichi gedankenversunken zu sich selbst, als plötzlich die Haustür der Villa Agasa lautstark zugeknallt wurde. Der ehemalige Oberschüler erschrak dabei so stark, dass er prompt von der Couch auf den Fußboden segelte. Als er über die Lehne der Garnitur schaute, erblickte er Ai, die genauso einen erschöpften Eindruck machte wie er. Sie warf ihren Hausschlüssel auf die Anrichte, ehe sie zu Conan schlenderte und sich, ohne große Worte an ihn zu verlieren, in den Sessel des Professors schmiss. Haibara stöhnte und schloss sofort ihre Augen, welche genau wie die von Shinichi, einfach zu schwer waren, um sie länger aufzulassen. „Hey, da bist du ja endlich. Wie war der Nachmittag mit Kazuha?“, fragte ihr Detektiv unschuldig, doch schien er damit unbeabsichtigt einen Nerv bei seiner Freundin getroffen zu haben. Zügig schnellte Ai aus dem bequemen Sessel nach vorne und funkelte ihren Leidensgenossen vorwurfsvoll an. „Was für eine Frage. Erkundige dich doch mal bei meinen Füßen.“ Demonstrativ hielt sie ihm ihre breitgelaufenen und schmerzenden Enden entgegen. „Ich weiß nicht wo diese Frau ihre Energie herholt, aber ich kann Heiji jetzt ein bisschen besser verstehen. Den ganzen Tag sind wir quer durch die Innenstadt gelaufen und haben bei fast jedem Laden Halt gemacht, aber schlussendlich kaum was gekauft, obwohl sie mehr Sachen anprobiert hat, als ich zählen kann.“ Ais Selbstmitleid wich schnell dem Frust gegenüber einer ganz bestimmten Person. „Das nächste Mal lenkst du Kazuha gefälligst selbst ab.“, gab sie sich nachtragend. Shinichi musste, bei Haibaras schmollenden Unterton, leicht grinsen. Er rappelte sich vom Fußboden auf und nahm sie an einer Hand, um sie zu sich auf die Couch zu ziehen. Er schloss sie in seine Arme und nach einer gewissen Zeit der gegenseitigen Nähe und dem Verspüren seiner Körperwärme und seiner ruhigen Atmung, verblasste ihre Verdrossenheit allmählich wieder. „Du bist nicht gerade ein guter Einfluss Shinichi Kudo. Du hast mich ganz schön weich werden lassen. Kazuha ist das auch schon aufgefallen.“, meinte das rotblonde Mädchen neckisch, als sie sich an ihn angelehnte. Früher hätte sie ihn sicherlich, die nächsten Tage über, mit dem Anblick ihres Rückens gestraft. Shinichi runzelte die Stirn. „Sie behauptet du wärst weich geworden?“ Beide schauten sich stumm an und mussten gleichzeitig anfangen zu lachen. „Nun ja, das war vielleicht nicht ihr exakter Wortlaut, aber es läuft auf dasselbe hinaus.“ Sie drückte ihrem Freund einen Kuss auf die Wange, bevor sie ihren Kopf behutsam auf seine Brust ablegte. „Haben deine heutigen Untersuchungen denn wenigstens etwas ergeben? Dann wäre mein Leiden immerhin nicht umsonst gewesen.“, erkundigte sich Ai. „Außerdem habe ich gesehen, dass Shuichi bei euch war.“, ergänzte sie noch nach einer kurzen Pause. Sie hatte noch nicht vergessen, wie sie sich fühlte, als Akai vor der Detektei aufgekreuzt war und ihr diesen -für ihn typischen- Blick zugeworfen hatte. „Naja“, begann Shinichi zögerlich. „Es ist nicht so viel wie ich es mir erhofft habe, aber ich bin zuversichtlich, dass wir mit Amuros Hilfe schon bald erfahren werden, wer hinter den Bombenanschlag auf die Detektei steckt.“ Haibara atmete tief ein und wieder aus. Eigentlich wollte sie von ihm erfahren, warum Akai überhaupt dort war. Sie versuchte nämlich immer noch dieses eigenartige und mulmige Gefühl des heutigen Tages einzuordnen. Shinichi sah zu ihr herunter und schnappte sich eine ihrer rotblonden Strähnen, welche er begann zwischen Daumen und Zeigefinger zu drehen. „Was geht dir durch den Kopf?“, wollte er von ihr wissen. Ai überlegte kurz. „Heute vor der Detektei, als ich Shuichi sah, da kam ihn mir so ein komisches Gefühl hoch, etwas was mich auf irgendeine Weise beunruhigte. Es lag nicht explizit an Akai, doch seine Anwesenheit muss doch bedeuten, dass da vielleicht höhere Mächte am Werk waren. Klingt das verrückt?“ Ai drehte sich so, dass ihr Hinterkopf nun auf Shinichis Bauch lag und sie ihm direkt in die Augen sehen konnte. Sie verschränkte ihre Finger ineinander und wartete auf eine Antwort. „Mach dir nicht so viele Gedanken darüber okay?“, versuchte Conan ihre Sorge zu nehmen. Seines Nachachtens waren diese vollkommen unbegründet. „Er war dort, weil Amuro ihn kurz vor der Explosion versucht hat zu erreichen und er sich sicher ist, dass es da einen Zusammenhang gibt. Deswegen sind Amuros Erkenntnisse auch so wichtig für uns. Akai ist aber gewiss kein böses Omen.“ „Das habe ich auch nicht behauptet, aber… was wenn SIE es… ich meine…“, setzte das Mädchen an, doch Conan verstand sofort was ihr tatsächlich Sorgen bereitete und unterbrach sie, indem er ihre Hände in seine nahm. „Nein, davon darfst du nicht ausgehen. Wir haben die Organisation zerschlagen. Die die entkommen konnten, falls sie überhaupt noch leben, würden mit so einem Angriff nur eine Menge riskieren, allein das Aufsehen, das sie damit erregt hätten. Außerdem meinst du nicht auch, dass dann wir die eigentlichen Hauptziele wären, ganz besonders du.“ „Die Männer in Schwarz kennen verschiedene Wege, um ans Ziel zu kommen.“ Ai wirkte nicht sonderlich überzeugt, wodurch Shinichi einsah, dass er deutlicher werden musste. Er streichelte ihr über das Haupt und strich ihr die Haare aus dem Gesicht, bevor er sich zu ihr herunterbeugte und sie sanft auf die Lippen küsste. Nur sehr zaghaft begann sie seinen Kuss zu erwidern. „Die Männer in Schwarz existieren nicht mehr. Mach dich nicht mit sowas unnötig fertig. Anokata ist tot und auch Cognac haben wir zum Teufel geschickt. Gin ist fort und wird dir nie wieder Angst machen können. Ich versprach dir ein normales Leben und das niemand von ihnen dir je mehr ein Haar krümmen wird. Man kann sicherlich nicht auf vieles in der Welt Einfluss nehmen, doch über eine Sache kannst du dir sicher sein, bei mir bist du sicher.“ Sie begann zu lächeln. Seine Worte schienen ihre gewünschte Wirkung zu erzielen. Ai verdrängte allmählich die Unsicherheit in ihrem Herzen. Shinichi hatte recht, sie konnten es nicht gewesen sein, weil von ihnen nichts mehr übrig war. Ihre Stützpunkte wurden weltweit ausgeräuchert. Ihre Machtbasis war verschwunden. Drei Monate schon war sie frei und niemand trachtete ihr in diesem Zeitraum nach dem Leben. Vielleicht hatte sie sich einfach noch nicht zu einhundert Prozent an dieses neue Leben in Frieden gewöhnt. Vielleicht sollte sie langsam damit anfangen. „Oh mein Meisterdetektiv, mein großer und edler Beschützer.“, sie schlang übertrieben dramatisch die Arme um seinen Hals und berührte seine Nase mit der ihren. Sie saß nun direkt auf seinem Schoß und durchdrang ihn mit den unendlichen Tiefen ihrer meerblauen Augen. Haibara empfand es als höchste Zeit sich wieder so richtig gut zu fühlen. Sie kam ihm langsam näher, bereit die letzten lästigen Zentimeter zwischen ihnen zu überwinden, doch genau in dem Moment kam Professor Agasa in das Wohnzimmer. Der alte Mann hatte eine Tasse Tee in der einen und in der anderen Hand eine Fachzeitschrift über neue und innovative Erfindungen. Er summte leise vor sich hin und war anscheinend auf dem Weg zu seinem heißgeliebten Sessel, als er die beiden Geschrumpften auf der Couch erblickte. Man konnte nicht übersehen, dass die Gesichter aller Anwesenden eine leichte Rötung annahmen. „Ach entschuldigt, ich habe euch gar nicht bemerkt.“, reagierte der Professor ein wenig beschämt, anhand der prekären Situation, in der er sich wiederfand. „Ähm störe ich euch vielleicht?“, fragte er vorsichtig nach. Zu Shinichis bedauern bejahte Ai die Frage nicht, sondern kletterte stattdessen von ihrem Lieblingsdetektiv hinunter. „Nein Professor ist schon in Ordnung.“, versicherte Haibara. „Ich wollte sowieso gleich ins Bad und danach direkt ins Bett. Der heutige Tag hat ganz schön an meinen Kräften gezerrt.“, erklärte sie. „Verstehe“, antwortete ihr der Professor und ließ sich erleichtert in seinen Sessel nieder. Ai sah kurz auf die Uhr an der Wand und anschließend zu Shinichi. „Wo übernachtest du heute eigentlich? Es ist schon recht spät und Mori wird sicherlich heute noch im Krankenhaus bleiben, bis Ran morgen entlassen wird.“ „Gar kein Problem, es ist alles schon mit dem Professor und Onkel Kogoro geklärt. Ich schlafe heute natürlich hier.“ Er konnte sehen, wie sich Ai über seine Aussage freute. „Das kommt mir sehr gelegen“, grinste sie, ehe sie die Treppen zum Badezimmer hinaufschritt. Shinichi sah ihr dabei wie hypnotisiert nach. Am nächsten Tag wurde Ran, wie angekündigt, aus dem Krankenhaus entlassen. Als sie von Kogoro zur Wohnung ihrer Mutter gefahren wurde, empfingen sie dort all ihre engen Freunde zum Anlass ihrer schnellen Genesung. Das Fräulein Mori freute sich sehr über diese aufmerksame Geste ihres Bekanntenkreises und bedankte sich herzlichst für die Anteilnahme jedes Einzelnen. Allerdings war Ran noch nicht groß zum Feiern zu Mute, da Amuro noch nicht aufgewacht war und sich weiterhin von seinen Verletzungen erholte. Er war derjenige, der all diese Unterstützung viel mehr gebrauchen könnte als sie selbst. Sie schlug daher allen Anwesenden vor, stattdessen für ihren Freund eine wirklich große Überraschungsparty zu organisieren, sobald er wieder auf den Beinen wäre. Alle waren mit dieser Idee sofort einverstanden und Shinichi sah ein, dass er sich weiter gedulden musste. Erst wenn Amuro wieder bei Bewusstsein wäre und in einem stabilen und fitten Zustand, würde man es ihm auch erlauben Besuch zu empfangen. Das bedeutete abwarten. Nachdem sie die Wohnung von Eri wieder verlassen hatten, gelang es Heiji Kazuha dazu zu überreden, sich noch ein letztes Mal mit Conan zur Detektei zu begeben. Dort angekommen, erkundigten sie sich in der Nachbarschaft, ob es potenzielle Zeugen zur Tatzeit gab. Jeder der etwas ungewöhnliches oder Sonstiges in der Art gesehen haben könnte, war für die beiden Detektive von Bedeutung. Sie befragten jeden, gingen aber leer aus. Der alltägliche Trubel und Multikulti auf den Straßen ließen eine Unregelmäßigkeit anscheinend nur schwer ausfindig machen. Dem Täter gelang es also unentdeckt zu bleiben. Gen Abend hin, verabschiedete sich Heiji und Kazuha schlussendlich von den beiden Geschrumpften, um zurück nach Osaka zu fahren. Conan zeigte sich sehr dankbar für seine Hilfe, trotz bescheidender Ergebnisse. Hattori versprach seinem Freund aber, ihn bei dem Fall weiterhin zu unterstützen und das er nur etwas zu sagen bräuchte, damit er sich gleich in den nächsten Flieger nach Tokyo setzen würde. Akai versicherte am selben Tag seine Kontakte beim FBI spielen zu lassen und sich an Orten mit verlässlichen Quellen über illegalen Handel umzuhören. Ansonsten verlief der restliche Tag weitestgehend unspektakulär und am nächsten Morgen saßen Conan und Ai bereits wieder mit gelangweilten Gesichtern in ihrer Klasse der Teitan-Grundschule. Als es zur Pause klingelte, kam Ayumi gut gelaunt zur ihrer rotblonden Freundin an den Sitzplatz spaziert. Shinichi war auf die Toilette gegangen, wodurch die beiden Mädchen für sich waren. Das Fräulein Yoshida hatte ein herzlich warmes Lächeln aufgesetzt. „Hey Ai wie waren deine Ferien mit Conan? Ihr seid doch mit seinen leiblichen Eltern verreist. Waren sie nett? Seine Mutter machte jedenfalls einen freundlichen Eindruck, als sie uns damals ins Toto-Entwicklungsstudio mitgenommen hat.“ Haibara erwiderte das ansteckende Lächeln Ayumis und kramte aus ihrer Tasche ein kleines gebundenes Buch heraus, welches sie vor sich auf den Tisch legte und die erste Seite aufschlug. Ayumi erkannte sehr schnell, dass es ein Fotoalbum des Urlaubs war. Ai berichtete ihr, dass Yukiko ihr das Buch, mit all ihren gemachten Fotos, geschenkt hat. Es war wirklich eine sehr aufmerksame Geste gewesen, worüber sich Ai auch unglaublich gefreut hatte. Yukiko wollte unbedingt, dass Haibara ihren ersten Urlaub mit Shinichi stets in Erinnerung behält. Ayumi schaute neugierig auf die eingefassten Bilder. Jede Seite war hübsch hergerichtet und mit viel Liebe individuell zum jeweiligen Thema gestaltet. Sie sah Fotos von Tempeln, von Attraktionen der Adventure World, vom Strand von Shirahama, aber auch viele Bilder wo Ai gemeinsam mit Conan zu sehen war. Ayumi musste lächeln, als sie den glücklichen Eindruck ihrer Freundin auf jedem einzelnen Foto deutlich sehen konnte. Sie verspürte auch keinerlei Neid, wenn einige Schnappschüsse etwas mehr die Beziehung zwischen ihren -in Wahrheit bereits erwachsenen- Freunden zeigten. Ein Foto gefiel der kleinen Yoshida ganz besonders. Es wurde vor einem Schrein nahe dem Strand gemacht und zeigte Ai mit Conan, wobei sie ihre Hände ineinander verschränkt hatten. Haibara zwinkerte, wobei sie ganz eng an den bebrillten Jungen herangerückt war und ihre freie Hand zu einem Peace-Zeichen formte, während beide gleichzeitig mit einem breiten Grinsen in die Kamera sahen. Sie waren sehr sommerlich und in Sandalen gekleidet. Ai trug ein lila Top und hatte sich das Basecap ihres Freundes schräg auf den Kopf gesetzt, was wirklich ulkig aussah, wie Ayumi mit einem Schmunzeln feststellte. „Das hier ist besonders schön geworden.“, merkte Ayumi an und deutete auf das beschriebene Bild. „Kann ich sie mir vielleicht etwas genauer ansehen?“ Eine kleine Gruppe Jungs, darunter auch Mitsuhiko und Genta, kam an Ais Tisch vorbei. Schnell klappte die geschrumpfte Wissenschaftlerin das Album wieder zu und packte es weg, ehe jemand ihrer anderen Klassenkameraden es sehen würde. „Besser nicht hier.“, mahnte Ai. „Du kannst es dir heute beim Professor in Ruhe anschauen.“ Ayumi war ein wenig enttäuscht. „Aber es ist doch noch so lange bis dahin.“ Derweilen kam Conan von der Toilette zurück und setzte sich wieder neben seine Freundin und Banknachbarin. „Worüber unterhaltet ihr zwei euch?“, war das Erste was über seine Lippen kam, als er wieder Platz genommen hatte. „Ai möchte nicht, dass ich mir ihr Fotoalbum anschaue.“, klagte Ayumi, die sich vor lauter Erwartung kaum halten konnte. „Du darfst es dir doch anschauen, nur nicht hier.“, berichtigte sie Haibara mit etwas gedämpfter Stimme. „Was ist das Problem? Zeig ihr doch einfach das Album.“, meinte Conan nur und Ai erstaunte und verärgerte seine Leichtfertigkeit diesbezüglich gleichermaßen. „Spinnst du, damit es jeder der vorbeigeht sehen kann? Vergiss es!“, zischte sie mit einem Rotschimmer auf den Wangen. Conan riss die Hände nach oben. „Tut mir leid Ayumi, dann kann ich dir leider auch nicht helfen. Meine Ai sitzt leider am längeren Hebel.“ „Sowie bei allen anderen Dingen auch.“, fügte Ai hinzu und streckte ihrem Freund die Zunge heraus. „In Ordnung“, gab sich Ayumi widerstrebend geschlagen und kehrte nachdem es läutete zurück auf ihren Sitzplatz. „Hey, jetzt mal ernsthaft, wieso willst du unsere, du weißt schon, immer noch vor unseren Grundschulkameraden geheim halten. Aus unserem Freundeskreis weiß es mittlerweile doch auch schon jeder. Können wir es nicht endlich offiziell machen?“, flüsterte Conan zu Ai, als er seine Sachen für die nächste Stunde auspackte. „Kommt nicht in Frage.“, kam die prompte Antwort. „Du weißt doch genau wie Kinder in diesem Alter sind. Wer von ihnen denkt denn jetzt schon an richtige Beziehungen. Ich möchte nicht, dass die anderen uns bei jeder Aktion auf die Finger gucken und uns zum Klassenpärchen machen oder dergleichen. Auf so etwas kann ich gut und gerne verzichten. Außerdem weißt du doch genau was Mitsuhiko insgeheim von mir hält und ich will seine Gefühle nicht verletzten.“ „Und deswegen es lieber geheim halten und ihn womöglich falsche Hoffnungen machen?“, argumentierte der einstige Oberschüler dagegen. „Früher oder später kommt es doch ohnehin heraus. Bereits zweimal wäre es schon fast soweit gewesen.“ Haibara schlug ihre Augenbraue nach oben, als Conan dies Ansprach. „Ja genau und wer war daran schuld gewesen? Du musstest dir eben abgewöhnen mich in der Schule ständig >Schatz< nennen zu wollen.“ Conans Gesicht verfärbte sich leicht rosa. Das hatte er schon fast wieder vergessen. „Anfangs konnte ich es ja noch verstehen, dass du es nicht an die große Glocke hängen wolltest, aber…“ „Ich will es immer noch nicht an die große Glocke hängen und ich will damit auch nicht vor jedermanns Augen herumwedeln und ihn darauf aufmerksam machen.“, schnitt ihm Ai das Wort ab, die Probleme hatte den Nachdruck in ihrer Stimme ausreichend zur Geltung zu bringen, so leise wie sie sprach. „… aber inzwischen ist es doch so genommen kein Geheimnis mehr.“, beendete Shinichi seinen angefangen Satz. Frau Kobayashi kam in die Klasse und bat um Ruhe. „Lass uns das bitte heute Nachmittag klären, okay?“, bat ihn Haibara mit einem Seufzen. Conan nickte stumm und damit war das Thema fürs erste vom Tisch und die nächste Stunde konnte beginnen. Drei weitere Stunden später war der Schultag endlich vorüber. Die Kinder packten ihre Sachen zusammen und stürmten ausgelassen aus dem Klassenzimmer. Nur die Detective Boys blieben zurück, denn sie waren diese Woche für den Putzdienst verantwortlich. Conan und Mitsuhiko waren, mit jeweils einem Besen bewaffnet, für die Säuberung des Bodens verantwortlich, während Genta die Stühle hochstellte, Ayumi aufräumte und Ai mit einem nassen Schwamm die Tafel abwischte. Conan sah ihr ein wenig verträumt dabei zu, wie sie mit dem Rücken zu ihm stand und vergaß dabei mehr und mehr seine Aufgabe. Abschließend wollte Ai den Eimer mit dem schmutzigen Wasser samt Schwamm wieder entsorgen, wobei Mitsuhiko ihr gerne helfen wollte, Conan sich aber schneller anbot, noch bevor es seinem Freund mit den Sommersprossen gelang. Lächelnd nahm Ai die Bereitschaft ihres Freundes zur Hilfe an und so nahm er den Eimer an ihrer Stelle, bevor beide das Klassenzimmer verließen. Mitsuhiko sah ihnen traurig, aber auch ein wenig wütend hinterher. Das ging jetzt schon seit Wochen so. Ai und Conan hatten ohnehin schon immer viel Zeit zusammen verbracht, doch seit geraumer Zeit war dem Jungen aufgefallen, wie sehr sich doch die Nähe seiner beiden Freunde intensiviert hatte. Außerdem konnte er spüren, dass Haibara Conan häufig schöne Augen machte und ihm das gleichzeitig sehr zu gefallen schien. Mitsuhiko gab es gut und gerne zu. Ja, er war eifersüchtig auf seinen besten Freund. Er war nicht nur schlauer als er, er war auch besser im Sport und allen anderen Schulfächern und er war bei den Mädchen deutlich beliebter. Er musste sich nicht einmal anstrengen. Jedes Mädchen in seiner Nähe schien seinem detektivischen Scharm einfach nicht widerstehen zu können. Mitsuhiko empfand aber etwas für seine Klassenkameradin Ai. Sie war intelligent und so unglaublich reif, cool und taff. Der Gedanke, dass auch bei ihr Conan mal wieder die Nase vorne hatte und sie ihm womöglich auch verfiel, gefiel dem jungen Tsuburaya überhaupt nicht. Er wollte nicht, dass Conan sie ihm einfach wegschnappt. Das hatte er doch auch schon bei Ayumi versucht, obwohl er dies immer gekonnt abstritt. „Hey Genta hilfst du mir die Besen und Putzsachen wieder zurückzubringen? Conan zieht es ja lieber vor, seine Arbeit zu vernachlässigen, um Ai zu helfen.“, rief Mitsuhiko seinem großgewachsenen Freund zu. „Klar mach ich.“, erwiderte Genta artig und packte sogleich mit an, nachdem auch der letzte Stuhl auf seinem vorgesehenen Platz stand. Als auch die beiden Jungen das Klassenzimmer verließen, war Ayumi alleine. Ein wenig unsicher was sie jetzt tun sollte, schaute sie sich im Unterrichtsraum um, bis ihr Blick auf Ais Schulranzen fiel. Sie biss sich unschlüssig auf die Unterlippe. Aktuell war sie alleine und hatte sowieso nichts anderes zu tun, da könnte sie doch die Zeit nutzen und sich jetzt schon das Fotoalbum ihrer Freundin anschauen, dachte sich das kleine braunhaarige Mädchen unschuldig. Es würde auch ganz schnell gehen und mitkriegen würde es auch keiner, redete sie sich ins Gewissen. Erst zögerlich, doch dann immer entschiedener, ging Ayumi zu Ais Platz hinüber und kramte nach dem Album, bis sie das niedliche Buch aus feinem Leder herauszog. Gespannt klappte sie es auf und blätterte die Seiten durch. Sie bekam ganz große Augen als sie sah, was Conan und Ai alles während ihres Urlaubtrips gesehen haben. Ayumi war so in den Bildern vertieft, dass sie überhaupt nicht bemerkte, wie Mitsuhiko noch einmal in die Klasse zurückkam, um seine vergessene Tasche zu holen. Natürlich registrierte er, wie Ayumi an Ais Platz vertieft in ein Buch starrte, was eindeutig nichts mit der Schule zu tun hatte und näherte sich ihr unauffällig. Sehr schnell konnte er das Foto erkennen, was Ayumi schon vorher besonders schön fand. Es war das, wo Conan und Ai gemeinsam vor dem Schrein zu sehen waren. Mitsuhiko erschrak und ehe Ayumi ihn bemerkte und es verhindern konnte, hatte er sich auch schon von hinten das Album geschnappt und hielt es nun selbst in den Händen. „M-Mitsuhiko“, fuhr sie erschrocken zusammen. Sie versuchte das Buch zurückzubekommen, was ihr aber nicht gelang. „Nein, bitte, d-du darfst dir das nicht angucken.“, bettelte Ayumi nervös. Wie konnte sie nur so unachtsam sein? Das Chaos war jedoch bereits angerichtet. Völlig verdattert blätterte Mitsuhiko sich durch das Album und begriff allmählich und diese Erkenntnis schmerzte ihm sehr. Es war also noch schlimmer als er bisher annahm. Conan und Ai zeigten nicht nur Interesse füreinander, nein, sie waren bereits zusammen und haben das ihren besten Freunden auch noch verschwiegen. Mehr sogar, sie hatten sie belogen, als sie ihnen sagten, sie würden jeweils alleine etwas in den Ferien unternehmen. Dabei waren sie gemeinsam verreist und ließen sich händchenhaltend fotografieren. Er blätterte weiter. Auf einem anderen Foto küsste Ai Conan sogar auf die Wange. Mitsuhiko verspürte einen stechenden Schmerz in der Brust. Er hatte also nie eine Chance gehabt, doch nun war auch das letzte bisschen Hoffnung versiegt und sein Herz sprang in Zwei. In seiner geistigen Abwesenheit gelang es Ayumi endlich das Album aus seinen Händen zu ziehen und es wieder zurück in Ais Ranzen zu verstauen. „Mitsuhiko du darfst niemanden davon erzählen.“, flehte das Mädchen, den Tränen nah. „Hast du davon gewusst Ayumi?“, sah er sie nun vorwurfsvoll an, was es dem Fräulein Yoshida nur noch umso schwerer machte, ihre Tränen zu bekämpfen. „Bitte Mitsuhiko, ich habe den beiden versprochen, dass von mir niemand etwas davon erfährt.“ Ihre Stimme war brüchig und abgehakt. Der Junge mit den Sommersprossen starrte auf den frisch gekehrten Boden unter sich und ballte die Fäuste. „Sie haben es uns verschwiegen und uns was vorgespielt, ohne jegliche Absicht es uns zu sagen. Wie lange geht das denn schon?“ Er fixierte nun wieder Ayumi. „Bitte… bitte Mitsuhiko“, war alles was diese herausbrachte. Der Junge griff sich energisch seinen Ranzen und warf ihn sich über die Schulter, ehe er frustriert zur Tür stapfte. Ayumi folgte ihm hektisch. Als Mitsuhiko die Schiebetür aufriss, standen Ai und Conan davor und sahen ihn verdutzt an. „Alles okay mit dir Mitsuhiko?“, fragte Conan besorgt, doch damit traf er zurzeit auf taube Ohren. Ohne etwas zu erwidern drängte sich ihr Freund an ihnen vorbei und stapfte durch den Flur Richtung Ausgang. Ayumi die ihm gefolgt war, erreichte nun ebenfalls die Tür, in der die beiden Geschrumpften standen und Mitsuhiko nachsahen. „Was hat er denn?“, fragte Conan nun an sie gerichtet. Ayumi stand kurz davor los zu weinen und zog es vor, lieber wegzurennen, bevor ihre beiden Freunde dies bemerken würden und auch, um ihnen nicht eine Sekunde länger in die Augen sehen zu müssen. Conan war jetzt umso verwirrter. „Und was ist mit ihr?“ Haibara zog die Schultern hoch. „Keine Ahnung. Meinst du sie haben sich gestritten?“ „Ayumi und Mitsuhiko? Das kann ich mir nicht vorstellen.“, entgegnete der junge Detektiv ungläubig. Er schnappte sich seinen und Ais Schulranzen, bevor auch sie sich zum Ausgang begaben. „Dann werden wir heute wohl nur zu zweit nach Hause laufen.“, merkte er an, als sie an dem Hauswirtschaftsraum der Schule vorbeigingen. Als sie daran vorbei waren, öffnete sich die Tür einen Spalt breit und ein Mann in Hausmeisteruniform trat vorsichtig in den Flur. Er sah den beiden Geschrumpften argwöhnisch hinterher und schloss die Tür hinter sich, wo man für den Bruchteil eines Augenblicks, eine geknebelte und bewusstlose Person, durch den schwachen Lichteinfall, am Boden liegen sehen konnte. Der Mann in seiner Hausmeisterverkleidung schulterte in kleinen Rucksack und zog ein Basecap aus seiner linken Hosentasche, welches er nun auf seinem Kopf platzierte und sich tief ins Gesicht schob. Niemand sollte ihn erkennen oder gar bemerken, dass er kein Japaner war. Das Cap verdeckte die Haare des Undercuts vollständig und ließ nur die rasierten Seiten sichtbar. Emotionslos wandte er sich von den Grundschülern ab, die bereits um eine Kurve verschwunden waren und schlenderte in die entgegengesetzte Richtung durch das Schulgebäude. Während er die Nummern der Klassenzimmer abklapperte, konnte man ein schwaches rotes Blinken erkennen, welches durch den dünnen Stoff des Rucksacks hindurchschimmerte, den er auf seinem Rücken mit sich führte. Kapitel 11: Wechselnde Verhältnisse ----------------------------------- Kapitel 11: Wechselnde Verhältnisse Nachdem Conan Ai nach Hause gebracht hatte, griff sich der Junge sein Skateboard und düste mit diesem zur Wohnung von Rans Mutter. Ihm missfiel es irgendwie dort zu übernachten und fortan zu leben, doch er konnte auch nicht einfach zu Ran gehen und sagen, dass er es ab sofort lieber vorziehe, bei Professor Agasa unterzukommen. Ihr so etwas zuzumuten, das würde er gewiss nicht übers Herz bringen. Seine Sandkastenfreundin brauchte ihn. Sie brauchte Conan, den neugierigen Bengel, der wie ein kleiner Bruder für sie war. Dank den solarbetriebenen Zellen des Skateboards, sauste Shinichi in Windeseile durch die Blöcke des Viertels. Das Appartement der Rechtsanwältin war hierbei ein gutes Stück weiter von Beika entfernt, als die Detektei. Als er endlich die Schwelle vom Wohngebäude erreichte, verlangsamte Conan sein Tempo und stieg auf die Spitze des Brettes, sodass dieses gekonnt am Heck nach oben schnellte, direkt in die Arme des Geschrumpften. Er marschierte zum Hauseingang und suchte an den Briefkästen nach Eris Wohnungsnummer. Es gab so viele Dinge, die der junge Detektiv sich im Schlaf merken konnte, doch diese blöden drei Ziffern wollten ihm einfach nicht im Gedächtnis bleiben. Es war wie eine unterschwellige Botschaft seines Verstandes an ihn selbst, dass er einfach nicht hierher gehörte, mindestens genauso wenig wie sein Onkelchen Kogoro. Als Conan dann doch endlich fündig wurde und sich zum Eingang umwandte, musste er schnell feststellen, dass das Bedienfeld für die Wohnungsklingel zu hoch war, als dass er in seinem Kinderkörper heranreichen würde. Shinichi machte ein grimmiges Gesicht. Das war der Preis, den er tagtäglich zahlte, als er sich dazu entschied sein weiteres Leben im Körper eines Grundschülers zu verbringen. Was tat man doch nicht alles für die Liebe. Er hatte aber Glück und so surrte just in diesem Moment die Entriegelung der Tür auf und er konnte eintreten. In der kleinen Lobby stellte sich schnell heraus, dass der Hauswart sich erbarmt hatte und so freundlich war den Jungen hereinzulassen, als er ihn vor dem Eingang stehen sah. „Haben sie vielen Dank.“, begegnete Conan dem hilfsbereiten Mann Ende Vierzig. „Oh bitte, gern geschehen.“, erwiderte dieser freundlich. „Du bist bestimmt der Bursche, der zu den Moris gehört, welche für eine Weile bei Frau Kisaki unterkommen.“ Der Mann auf seinem Stuhl hinter dem verglasten kleinen Tresen, der gleich an der Lobby angrenzte, lächelte ihn mit geschlossenen Augen an. Von Shinichis Position aus konnte er sehen, dass er ein grünes Polohemd mit einer beigen Weste darüber trug und sein schwarzes Haar bereits durch die ersten grauen Strähnen des Alters durchzogen war. Alles in allem machte der Wart auf Conan einen sehr sympathischen Eindruck. „Ja stimmt.“, bestätigte er mit kindlicher Stimme. „Woher wissen sie das?“ „Ach, wenn man über fünfzehn Jahre sich um ein Gebäude kümmert und jeden einzelnen Bewohner darin kennt, dann erfährt man so einiges.“, antwortete ihm der Mann. „Achso verstehe, na dann werde ich mal lieber nach oben gehen. Haben sie noch mal vielen Dank.“ Damit winkte Conan noch kurz dem Hauswart zu, ehe er in den Fahrstuhl flitzte. Ein wenig später erreichte er den siebten Stock des Gebäudes, die Etage, wo Eri Kisaki wohnte. Sein neues Zuhause für unbestimmte Zeit, konnte man behaupten. Als die Fahrstuhltür aufschwang und er hinauslaufen wollte, stand auf einmal eine Person vor ihm, mit der er hier niemals gerechnet hätte. „Oh hey Conan, alles klar bei dir?“, empfing ihn eine breit grinsende Masumi. Sie trug wieder ihre braune Lederjacke von vor zwei Tagen und dazu enge blaue Jeans. Ihre Handschuhe und der Motorradhelm, welchen sie lässig gegen ihre Hüfte stemmte, ließ erahnen, dass sie mit ihrem motorisierten Zweiräder unterwegs war. „Nanu Masumi, was machst du denn hier?“, wunderte sich Shinichi, war aber gleichzeitig froh darüber, dass er sich bei Sera nie Gedanken machen musste, dass sie ihn Ausversehen mit seinem richtigen Namen oder mit Kudo ansprach. Sie war es schon immer gewohnt gewesen ihn mit Conan zu rufen. „Was ich hier mache?“ Das Mädchen mit den grünen Augen legte ihren Kopf schief, hörte aber nicht auf zu schmunzeln. „Na ich wohne hier.“, war ihre knappe Antwort. Shinichi machte ein erstauntes Gesicht und sah zu, dass er den Fahrstuhl verließ, ehe er mit ihm wieder abwärts fahren würde. Nun standen sich beide im Flur der siebten Etage gegenüber. „Also bist du hier her umgezogen, als du das letzte Mal sagtest, dass du statt den Hotels nun eine feste Bleibe gefunden hast.“, schlussfolgerte der Schwarzhaarige. „Richtig und wie der Zufall es so will, liegt meine Wohnung genau auf der gleichen Etage, wie die von Rans Mutter. Wir sind also ab sofort mehr oder weniger Nachbarn.“, erklärte Sera, während sie vor dem Geschrumpften in die Hocke ging. In Conans Hinterkopf arbeitete es. Wenn Masumi also hier wohnte, dann liegt die Vermutung nahe, dass auch ihre Mutter Mary Sera sich hier aufhalten musste. Trotz der Zerschlagung der Organisation hielt Masumi die Identität und auch die Existenz ihrer geschrumpften Mutter weiterhin geheim, außer gegenüber Conan, Ai und ihrem Bruder. Ob das auf Marys Bitte hin geschah, darüber konnte der junge Detektiv nur spekulieren. Zumindest verzichtete somit die Mutter von Shuichi und Masumi bisher auf eine Rückverwandlung in ihren richtigen Körper, obwohl es Ai ja bereits gelungen war, ein dauerhaftes Gegenmittel gegen das APTX-4869 herzustellen. Der Grund wieso sie daran kein Interesse zeigte, konnte Conan ebenfalls nicht erkennen. Sera sprach nicht oft über sie, vermied das Thema regelrecht und auch Shuichi hatte darauf keine passende Antwort parat. Das Verhältnis zwischen Mary und dem FBI-Agenten stand ohnehin in keinem guten Licht. All die neuen Entwicklungen in der Familie Akai, vorneweg das Auftauchen Shuichis aus der Versenkung, trugen bestimmt nicht zu einem angenehmeren Klima zwischen Mutter und Sohn bei. Die Einzige die wirklich davon zu profitieren schien, war Sera. „Worüber denkst du nach?“, riss ihre Stimme in unmittelbarer Nähe ihn aus seinen Gedanken. Masumi war plötzlich ganz dicht an Conans Gesicht herangerückt, sodass es dem Geschrumpften ein wenig warm wurde. „Äh nichts Besonderes ehrlich?“, log er mit gespielt hoher Stimmlage. Er legte ein etwas peinlich berührtes Grinsen auf. Er brauchte sich doch überhaupt nicht mehr vor Masumi zu verstellen. Eigentlich wusste sie fast seit Anfang an, dass er Shinichi war, etwas, was Ran bis heute nicht im Stande war zu entschlüsseln, obwohl sie mehrmals schon so nah an der Wahrheit gekratzt hatte. Conan versuchte seinen aufkommenden Rotschimmer durch Masumis Nähe zu verbergen, indem er schnell an ihr vorbei auf Eris Wohnung zusteuerte. Sera blieb ihm dabei dicht auf den Fersen. „Sag mal Conan, was haben deine und Heijis Untersuchungen vom Vortag eigentlich ergeben?“, machte sie ihrer neugierigen Ader Luft. Shinichi bemühte sich, sie schnell auf den aktuellsten Stand zu bringen, bis sie an der Wohnungstür ankamen und er die Klingel betätigte. Sie hörten erst eine Weile nichts, dann folgten Schritte, die sich näherten und wenig später wurde ihnen die Tür geöffnet. „Ah Conan da bist du ja. Hattest du Schwierigkeiten herzufinden?“, begrüßte ihn Ran putzmunter. Sie sah mit einem fröhlichen Ausdruck zu ihrer Klassenkameradin, die wiederum keck lächelnd die Hand zur Begrüßung hob. „Wie ich sehe hast du auch schon mitbekommen, dass Masumi in derselben Etage wie wir wohnen. Ist das nicht toll?“ „Ja ganz toll“, gab er sich überschwänglich begeistert, wodurch Ran und Sera die Stirn runzelten. Der Junge mit der Brille zwang sich zu einem gequälten Lachen. Vielleicht hatte er ja etwas zu dick aufgetragen, überlegte er verlegen. Shinichi schaute an dem Fräulein Mori vorbei in die Wohnung, als er ein immer lauter werdendes Streitgespräch vernahm. Im Hintergrund konnte er, wie zu erwarten, Kogoro und Eri dabei verfolgen, wie sie sich gegenseitig irgendetwas bezichtigten. Worüber es genau ging konnte Conan allerdings nicht heraushören. Ihm wunderte es aber nicht, dass die beiden sich bereits nach kurzer Zeit unter einem Dach mal wieder heftig in die Haare bekamen und wenn er ehrlich war, wusste er auch nicht, ob er dies in voller Länge miterleben wollte. Ran bemerkte seinen Blick und wurde in der Anwesenheit Masumis leicht verlegen. „Achtet gar nicht auf meine Eltern. Sie streiten sich mal wieder um unbedeutsame Kleinigkeiten. Meine Mutter mag es eben nicht, wenn so viel Alkohol in ihrer Wohnung getrunken wird.“ Shinichi musste schief grinsen. Wie könnte sie auch bei diesem Suffkopf, dachte er sich hämisch. Das streitende Pärchen kam langsam näher, sodass Conan und Masumi nun auch etwas verstehen konnten. „Das ist doch nicht schwer zu verstehen und auch wohl nicht zu viel verlangt.“, tönte Eri gestresst. „Du sollst meine vier Wände nicht in so eine Höhle für Schluckspechte verwandeln, wie du es mit deiner Detektei gemacht hast. Sei froh, dass ich dich überhaupt hier wohnen lasse, statt nur Ran und Conan.“ Kogoro verschränkte empört die Arme. „Ist nicht gerade so, dass ich freiwillig hier bin und deine vielen Regeln sind sowieso allesamt maßlos übertrieben. Stell dich also nicht so an, die paar Bierchen.“, spielte der Möchtegerndetektiv die Situation mal wieder herunter. Man konnte heraushören, dass er bereits wieder ein, zwei Gläschen über den Durst getrunken hatte. „Du könntest einfach mal damit beginnen weniger zu trinken und dich am besten ranmachen wieder neue Klienten zu finden, was hältst du davon? Denk dran, dass du Miete zu zahlen hast.“, erinnerte ihn seine Frau mit strengem Tonfall. „Das schlägt dem Fass ja den Boden aus. Willst du mich etwa abzocken?“ Kogoro stampfte mit seinem Fuß auf den Boden und war nun voll und ganz auf Konfrontationskurs gepegelt. „Die Kunden kommen zu mir und nicht umgekehrt. Ich bin schließlich der große Meisterdetektiv Kogoro Mori. Die Leute werden sich auch weiterhin um mich reißen. Außerdem erkläre mir doch mal, wie ich aufhören soll zu trinken, wenn man dich nicht einmal betrunken für eine Sekunde ertragen kann.“ Auf Eris Stirn trat so langsam eine Ader hervor. Conan wusste genau, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen war lieber in Deckung zu gehen. Sera sah das ganz genauso und sie kannte die Auseinandersetzungen zwischen ihrer Mutter und ihrem Bruder, die früher gerne einmal mit dem ein oder anderen blauen Augen endeten. „Psst Conan, willst du mich vielleicht lieber begleiten? Ich wollte mir noch etwas ansehen gehen und bin sicher das dürfte dich auch interessieren.“, flüsterte Masumi dem Schwarzhaarigen zu. Dieser zeigte sich sichtlich dankbar für dieses Angebot, auch wenn er noch nicht wusste, um was es genau ging. Er wollte lieber soweit wie möglich weg von hier, ehe die Fetzen fliegen und er zwischen die Fronten geraten würde. Er warf seinen Schulranzen fix in eine Ecke des Wohnungsflures, bevor er mit Masumi das Weite suchte. „Hey Moment mal, wo wollt ihr denn schon wieder hin?“, rief ihnen eine überrumpelte Ran hinterher. „Keine Sorge Ran, Masumi will mit mir nur etwas unternehmen. Ich bin pünktlich zum Abendessen wieder da versprochen.“, versicherte er ihr. „Alles okay Ran, ich pass auf Conan auf und bringe ihn wieder zurück. Du kannst dich auf mich verlassen.“, ergänzte Sera mit einem Augenzwinkern. Ran sah ein, dass der derzeitige Haussegen in der Wohnung Kisaki/Mori vielleicht nicht das Beste für einen kleinen Jungen war. Womöglich würde es ihr ja gelingen, ihre Eltern bis heute Abend dazu zu bringen, sich wieder einigermaßen zu versöhnen. „Na gut, aber macht keine Dummheiten.“, war das letzte, was das Fräulein Mori ihnen noch zurief, ehe die beiden Flüchtenden im Fahrstuhl verschwanden. Conan folgte Masumi hinaus aus dem Aufzug, zurück in die Lobby. „Was ist das eigentlich, was du dir ansehen willst?“, erkundigte er sich bei ihr, als Sera schon die Tür nach draußen aufdrückte. Der Hauswart saß dabei immer noch auf seinem Platz hinter der Scheibe und lächelte freundlich. „Warte es einfach ab. Ich habe heute nämlich im Alleingang auch einige weitere Untersuchungen bezüglich der Explosion in der Detektei angestellt und dabei etwas Nützliches herausgefunden. Es könnte uns möglicherweise dem Täter einen Schritt näher bringen. Ich muss es nur noch überprüfen.“, gab sich Sera geheimnisvoll. Shinichis Tatendrang hatte sich die junge Frau mit diesen Worten auf jeden Fall gesichert. „Na dann nichts wie los.“, war seine beflügelte Reaktion darauf. Der Wart begleitete ihre Bewegungen weiterhin mit einem stummen Lächeln, als sie das Gebäude schließlich verließen. Zu zweit schwangen sie sich auf Masumi’s Yamaha Artesia XT400. Sie warf Conan einen Ersatzhelm zu und befahl ihm sich gut festzuhalten. Dieser kannte ihren Fahrstil bereits und suchte vorsichtig Halt an ihrer Taille. Sera drehte am Gas und ließ ihr Motorrad kurz aufheulen, bevor sie eine Bresche durch die überfüllten Straßen der Innenstadt schlug. Amuros Augen flatterten leicht, als er wieder zu sich kam. Alles war verschwommen und wirkte grell. Das Licht reizte seinen Nerv und er drückte die Lider wieder zusammen, doch je öfter er diesen Vorgang wiederholte, desto mehr gewöhnte sich sein Sehorgan an die helle sterile Umgebung. Es roch nach Desinfektionsmittel und das Piepen und Summen von Gerätschaften war zu hören. Bourbon sah noch schwächelnd an sich hinunter. Er war überall verkabelt und an seinem linken Arm hing eine intravenöse Infusion, dessen Inhalt in einem Beutel direkt neben ihm hing und gemächlich vor sich hin tröpfelte. Sein Blick wanderte weiter zu den blinkenden Gerätschaften, wo er ein EKG mit Monitor erkannte, welcher seine Vitalparameter überwachte. Amuro atmete vorsichtig ein und wieder aus und versuchte sich zu konzentrieren. Was war geschehen? Allmählich erinnerte er sich wieder und das ließ ihn ruckartig aufschrecken, doch die vielen Kabel an seinem Körper drückten ihn zurück auf das Krankenbett. DIE BOMBE. Ging es Ran gut? Sie waren in Gefahr. Alle waren sie ihn Gefahr, besonders Shinichi und Shiho, dachte sich der ehemalige Agent der Sicherheitspolizei panisch. Er hatte sich diese Person vor dem Café Poirot in der Menschenmenge nicht eingebildet und die Bombe in der Detektei war der Beweis dafür. Es war Baileys, alias der Terrorist gewesen und das konnte wiederum nur bedeuten, dass die Organisation es irgendwie geschafft hat im Untergrund zu überleben oder sich gar völlig neu aufzustellen und nun waren sie zurückgekehrt, um sich zu rächen. Rei suchte ungeduldig nach dem Knopf für die Krankenschwester. Er musste schleunigst jemanden davon in Kenntnis setzen. Ihn jagte es eiskalt den Rücken hinunter, wenn er darüber nachdachte, wie lange er wohl Bewusstlos gewesen war, wie viel Zeit sie womöglich schon verloren haben. Was ist, wenn es bereits zu spät war? Endlich fand er diesen elendigen Knopf und drückte diesen mehrmals energisch, aber aus irgendeinem Grund kam niemand. „Hey…“, setzte Bourbon mit heiser Stimme an, doch ein unkontrollierter Hustenanfall kam ihm dazwischen. „Hey, ist da jemand? Schwester.“, röchelte Rei so laut es ihm möglich war. Eine plötzliche Welle der Übelkeit überkam ihn und weiße Punkte begannen vor seinen Augen zu tänzeln. Ihm wurde schwindelig, was ihm zwang sich wieder ganz hinzulegen. Wieso kam nur keiner, ging es ihm durch den Kopf. Nach einer gefühlten Ewigkeit betrat endlich ein Arzt mit weißem Kittel und Mundschutz sein Krankenzimmer auf der Intensivstation. „Verzeihen sie die Verzögerung Herr Amuro, doch wir haben nicht damit gerechnet, dass sie so schnell wieder das Bewusstsein zurückerlangen. Ich werde sie gleich einmal durchchecken, ob ihre Werte in Ordnung sind.“, begann der Arzt beim Eintreten. Seltsamerweise wies der Weißkittel einen merkwürdigen Gang auf, als wäre er durch eine alte Verletzung gehandicapt. Bourbon schüttelte ungeduldig den Kopf. „Hören sie Doc, dafür habe ich jetzt keine Zeit. Ich muss dringend mit jemanden sprechen. Ich brauche ein Telefon.“ „Das ist leider nicht möglich.“, erwiderte der Arzt und sah auf das EKG. „Dann geben sie einem gewissen Shuichi Akai Bescheid, dass ich wieder wach bin.“ „Wer?“ Der Mediziner schien ihn gar nicht so recht zu beachten. „Er soll sofort hier her kommen, es ist dringend.“, befahl Amuro. „Sie sind leider noch zu schwach, um Gäste zu empfangen.“ „Nein, sie verstehen nicht.“ Rei verzweifelte so langsam. Warum hörte dieser Kerl ihm nicht richtig zu? Der Arzt setzte eine Spritze, mit einer klaren Flüssigkeit darin, an den Infusionsbeutel und injizierte mit Bedacht den Inhalt. „Sie müssen sich noch erholen. Du hattest schließlich einen schweren Unfall Bourbon, mit fataleren Folgen als wir bisher dachten.“ Rei erschrak, als er seinen Codenamen hörte. Er wandte seinen Kopf zu dem vermeintlichen Arzt, welcher seinen Mundschutz abnahm und ihn mit einem wahnsinnigen Funkeln in den Augen anstarrte. „Chablis“, war Amuros schreckliche Feststellung. Sein Blick schnellte zu dem Infusionsbeutel. „Was hast du mir da gerade verabreicht?“ Er wollte umgehend den Schlauch aus seiner Armbeuge ziehen, doch war er noch viel zu schwach, um sich Chablis zu widersetzen. Dieser drückte ihn ungemein behutsam wieder zurück auf das Bett. „Was hast du mir gegeben?“, keuchte Bourbon nur noch. Egal was es war, die Wirkung schien bereits einzusetzen. Chablis kicherte gehässig. „Es hat keinen Sinn dir das zu erklären, weil du dich ohnehin nicht mehr daran erinnern wirst. Du wirst dich recht bald an überhaupt gar nichts mehr erinnern können.“ Ein fieses Grinsen umspielte die Lippen des falschen Arztes. „W-Was soll… das… bedeuten. I-Ich muss… die anderen…“ Bourbon konnte nicht verhindern, dass ihm schwarz vor Augen wurde. Gleich nachdem er weggetreten war, zog Chablis zufriedenstellend den Mundschutz wieder über seine untere Gesichtspartie und überprüfte ein letztes Mal die Vitalwerte seines >Patienten<, ehe er sich zur Tür abwandte. „Träum was Schönes Bourbon. Ich freue mich darauf, bald wieder mit dir zusammen arbeiten zu können.“, sprach das Organisationsmitglied noch über seine Schulter hinweg und verließ darauffolgend mit einem Hinken das Krankenzimmer. Mit einem lauten und unangenehm schiefen Knarren öffnete sich die rostige Stahltür und der Lichtschein einer Fackel flutete die alte Wendeltreppe aus kaltem Fels. Cognac schritt langsam die Stufen in sein kleines persönliches Gefängnis hinab. Es roch muffig durch die Feuchtigkeit im Gestein und einige Stellen an den Wänden waren mit Moos bedeckt. Der Boss der Organisation hielt die altmodische, aber funktionelle Fackel direkt vor sich, um die unzähligen Spinnenweben zu entfernen, die auf seinem Weg lagen. Kurz loderten die Webereien der Spinnen auf, als die Flammen in Sekunden schnelle über sie hinweg zündelten und sie in Luft auflösten. Das schummrige Licht des Feuers warf tiefe düstere Schatten auf das Gesicht Cognacs und seinen Brandnarben, die immer wieder seinen Hass gegen Shinichi Kudo und Shiho Miyano aufs Neue anfachten, wenn er sich im Spiegel betrachtete. Seine Vergeltung würde schon bald kommen und er würde jeden Augenblick seiner Rache auskosten, bis zum bitteren Ende. Er würde ihre Liebe zueinander dazu nutzen, ihnen die größtmöglichen Schmerzen zu bereiten, ehe er ihnen eine qualvolle Erlösung zuteilwerden ließe. Vielleicht würde er sogar Sherry an Chablis ausliefern, damit er sich ein wenig mit ihr amüsieren könnte. Seit sie ihm damals ins Bein geschossen und dafür gesorgt hatte, dass er für lange Zeit nicht mehr in der Lage sein würde vernünftig zu gehen, war der Verkleidungskünstler und ehemaliger Schüler von Wermut wie besessen danach, sich endlich bei ihr revanchieren zu können. Er würde Sherry gewiss mehr nehmen, als nur die Fähigkeit zu Laufen und Shinichi würde alles mit ansehen müssen, mit dem Wissen machtlos dagegen zu sein, unfähig es zu stoppen. Cognac lächelte bittersüß. Er erreichte das dunkle und unheimliche Verlies, indem sich Zelle an Zelle reihte, allesamt mit Eisengittern versehen. Jeder der hier landete, für den war alle Hoffnung je wieder das Tageslicht zu erblicken dahin. Schon bald würden auch die beiden Turteltäubchen sich hier wiederfinden und einmal mehr die Gastfreundschaft von Cognac genießen dürfen. Der einstige Schwarze Schatten steuerte auf eine ganz bestimmte Zelle zu, um seinen Lieblingsgefangenen zu besuchen. Eigentlich wollte er ihn vor den Augen aller seiner Anhänger für seinen Verrat hinrichten, doch er kam schnell zu der Erkenntnis, dass es von Vorteil war ihn am Leben zu lassen, damit er mit eigenen Augen sah, wie die Organisation unter neuer Führung größer und mächtiger werden würde, als jemals zuvor. Cognac trat vor das Eisengitter und leuchtete mit seiner Fackel in den finsteren kleinen Raum hinein. Das spärliche Licht zeigte eine lange Gestalt in einer Ecke der Zelle am Boden sitzen. Die Kleidung war zerlumpt, der Körper gezeichnet von Folter und Hunger. Die grünen seelenlosen Augen waren starr, kalt und ausdruckslos. Das lange einst blonde Haar, war silbrig geworden. Schmutzige fettige Strähnen fielen dem einst besten Killer der Organisation ins Gesicht. Seine Wangenknochen stachen hervor und ein ungewohnter Bart bedeckte diese. Als das Licht seine Augen traf, verkleinerten sich seine Pupillen, wie bei einem Raubtier, ehe er sich wegdrehte. Die Fackel brannte wie tausend Sonnen auf seiner Netzhaut. Tagelang hatte er in völliger Dunkelheit verbracht, seitdem das letzte Mal jemand bei ihm war. „Hallo Gin“, sprach Cognac in einem beruhigenden Tonfall. „Wie geht es meinem Gefangenen denn heute so? Wünscht du dir inzwischen an Wodkas Stelle getreten zu sein?“, grinste er provokant. Gin drehte sich langsam zu ihm um. Sie wollten ihn brechen, ihn zerstören, ihn um Gnade winseln hören, doch er ließ sich nicht einschüchtern. Er kannte die Vorgehensweisen der Organisation, er wusste alles über sie und war vom gleichen Schlag. Man hat schon früh den Menschen in ihm ausgetrieben, da war er noch ein unschuldiges Kind gewesen. Anokata, Pisco, sie alle erzogen ihn zu einem Werkzeug des Bösen. Seinen ersten Menschen tötete er bereits mit acht Jahren. Ein unschuldiger Kerl an dessen Gesicht er sich nicht einmal mehr erinnern konnte, geschweige denn an seinen Namen. Immer wieder wurde ihm erzählt, dass manche Dinge eine gewisse Notwendigkeit abverlangten und dass das Wohl der Organisation über allem stand. Mit vierzehn Jahren bekam er dann seinen Codenamen, seine neue Identität verliehen. Gin. Wer er einmal war und woher er kam wusste er bereits selbst nicht mehr. Sein gesamtes Leben hatte er einzig und allein der Organisation und Anokata verschrieben und Cognac hatte ihm all das genommen. Er würde hart bleiben, so wie es ihm gelehrt wurde und sich niemals beugen. Lieber ginge er in den Tod, als vor Cognac auf die Knie zu fallen. Es würde schon noch der Tag kommen, an dem er ihn bluten lassen würde. „Was willst du hier?“, murrte Gin fast unhörbar. „Ich muss doch nach meinem Gast sehen. Was wäre ich denn für ein Gentlemen, wenn ich die Leute in meiner Obhut vernachlässigen würde.“, argumentierte Cognac übertrieben fürsorglich. „Fahr zur Hölle.“ Damit lehnte sich Gin zurück an die Wand. „Mir fällt auf, dass du nicht besonders gut aussiehst? Isst du denn nicht regelmäßig? Schmeckt dir das Essen vielleicht nicht?“ Cognac trat ganz nah an die Zelle heran. Es gab viele Wege einen Menschen zu quälen und er kannte so einige Methoden, doch er unterschätzte seinen ehemaligen Kollegen. Gin wirkte nach außen hin zwar schwach, aber seine Instinkte und Reflexe waren so ausgeprägt wie eh und je. Sie hatten sich sogar in den Monaten seiner Gefangenschaft immer weiter geschärft. Er griff sich den blechernen Napf vor sich und schleuderte ihn Cognac entgegen. Natürlich prallte dieser wirkungslos am Gitter ab, doch die Reste der darin befindlichen Pampe flogen ungehindert durch die Stäbe hindurch und fanden ihren Weg in Cognacs Gesicht und auf seinen teuren Maßanzug. „Probiere es doch einfach selbst.“, war Gins kühle Bemerkung. Cognac fluchte wie wild und torkelte von der Zelle zurück. Vor Wut schnaubend wischte er sich den kalten Fraß von den Augen und sah an sich herunter. „Ich hoffe doch das hat dir Vergnügen bereitet, denn es wird sonst nichts mehr in deinem Leben geben, woran du dich erfreuen könntest.“, knurrte er. „Du wirst hier unten bis in alle Ewigkeiten verrotten.“, versprach es seinem Gefangenen und schritt mit aufbrausenden Gesten zurück zur Treppe. Als Cognac gegangen und alles wieder dunkel und absolut still war, legte Gin seinen Kopf an den feuchten Stein seiner Bleibe und schloss die Augen. „Wir werden sehen.“, flüsterte er mit kehliger Stimme. Kapitel 12: Eine heiße Spur --------------------------- Kapitel 12: Eine heiße Spur Conan erkannte schnell wohin Masumi mit ihm unterwegs war. Sie fuhren auf dem direkten Weg zurück zum Ort des Verbrechens. Als die Beiden nur noch drei Hausreihen von der Detektei entfernt waren, hielt seine Fahrerin an und stellte den Motor der Maschine ab. Sera stieg von ihrer Yamaha und Shinichi tat es ihr kurz darauf gleich. „Du musst wissen Conan…“, begann die junge Frau mit den grünen Augen, nahm jedoch zuerst einmal ihren Motorradhelm vom Kopf und schüttelte ihre plattgedrückten Haare, ehe sie weitersprach. „Es überrascht mich nicht sonderlich, dass eure kleine Befragungstour erfolglos blieb. Gestern war Sonntag und die meisten Läden in der Straße hatten geschlossen, ebenso wie das Geschäft hier.“ Sie deutete auf eine kleine zierliche Bäckerei im Erdgeschoss eines Wohnblocks, ähnlich wie das Café Poirot unterhalb der Detektei Mori. „Die Bäckerei gehört einer Frau namens Mitsouko Oshiro. Ich zähle so gesehen zu ihren Stammkunden. Immer wenn ich Ran für den Weg zur Schule abhole, lege ich hier noch einen kurzen Halt ein. Die haben nämlich die besten Melonenbrötchen in ganz Tokyo.“ Sera grinste harmlos, doch trotz der kleinen Anekdote aus ihrem Alltag hat Conan begriffen, worauf sie hinauswollte. „Verstehe, du hoffst das die Ladeninhaberin am Freitag, zur Zeit der Explosion, etwas gesehen haben könnte und wir sie gestern dazu nur nicht befragen konnten.“ Shinichis anfänglicher Optimismus wurde rasch von einer ernüchternden Feststellung überschattet. „Doch ich bezweifle, dass sie während ihrer Arbeit in der Bäckerei mehr gesehen haben soll, als die Anwohner rund um die Detektei.“ Masumi zwinkerte dem Geschrumpften zu und winkte mit dem Zeigefinger vor ihrem Mund hin und her. „Nur weiß ich zufällig, dass Frau Oshiro erst vor einem Monat eine Überwachungskamera direkt an ihrer Eingangstür hat installieren lassen. Sie sagte mir es sei aus Sicherheitsgründen, wegen eines Einbruchs wenige Tage davor.“ Shinichis Gesicht zeigte deutlich, dass er dieser Erkenntnis trotz allem nicht sonderlich viel Begeisterung entgegenbringen konnte. „Man kann nur leider den Ort des Anschlags von hier aus unmöglich einsehen.“, war er der festen Überzeugung, dass Sera genau darauf spekuliert hatte. „Mir geht es auch nicht darum die Detektei zu beobachten. Dass das von hier aus unmöglich ist, musste ich auch schon feststellen, leider. Nein, ich will überprüfen ob unser Täter eventuell an der Bäckerei vorbeikam. Die Kamera kann den kompletten Gehweg vor dem Eingang erfassen.“ „Aber wir haben doch keinerlei Anhaltspunkte darüber wie der Täter aussehen könnte, falls es denn wirklich ein Alleingänger war.“ „IRRTUM“, rief Masumi lautstark und ließ den Geschrumpften mit dieser ihrerseits unvorhergesehenen Aktion vor Schreck zusammenfahren. „Obwohl sich Ran nicht mehr daran erinnern kann, so hat mir Sonoko heute in der Mittagspause anvertraut, dass sich Amuro kurzzeitig sehr merkwürdig verhalten hat, als die Beiden vor der Explosion im Café Poirot waren. Sie schilderte mir, er habe eine sehr große Person auf der Straße angestarrt und sei dieser sogar nach draußen gefolgt.“ Sera setzte einmal mehr ihr geheimnisvolles Grinsen auf. „Also äußerst verdächtig, wie ich finde. Im Anschluss hat er behauptet einen alten Bekannten gesehen zu haben und versucht die Sache unter den Tisch zu kehren, aber du kennst ja Sonoko und ihre Neugier. Sie hegt heimlich Zweifel ob das wirklich der Wahrheit entsprach und die Größe der Person ist ihr dabei durchaus im Gedächtnis geblieben. Sie überragte, laut ihrer Aussage, alle anderen Passanten deutlich. Nur hat sie leider die Person nur flüchtig und von hinten gesehen, doch die Vermutung liegt nahe, dass es sich um einen hellhäutigen Mann mit sehr kurzem Haar handelte.“ Conan schaltete schnell einen Gang hoch. Vielleicht ein Ausländer. Amerikaner und auch Europäer waren meist größer als der durchschnittliche Japaner. Er stampfte mit einem Fuß verärgert auf den Boden. „Und das hättest du mir nicht eher sagen können?“ Er klang wirklich ein wenig angefressen. „Man Masumi wieso lässt du mich hier solange ins Leere laufen, wenn du solch wichtige Informationen besitzt. Diese Person könnte vielleicht etwas mit der Bombe zu tun haben. Hättest du das nicht schon erwähnen können, bevor wir hier herfuhren?“ Sera schüttelte nur unbehelligt den Kopf und schien Shinichis eingeschnappte Art regelrecht herbeigesehnt zu haben. „Keine Chance du großer Detektiv. Ich wollte es mir halt nicht nehmen lassen dich auch mal zappeln zu sehen, der, der der größte darin ist Details eines Falls für sich zu behalten und erst am Ende damit alle in Staunen zu versetzen.“ Der Geschrumpfte riss seinen Mund auf, um sich zu beschweren, doch es kam kein Laut hervor. Auch wenn er es nicht in Ordnung fand, etwas dagegen einwenden konnte er eben so wenig. Er musste sich eingestehen, dass sie im Grunde damit recht hatte. „Allerdings steht noch gar nicht fest ob der Kerl wirklich etwas mit der Explosion zu tun hat oder ob er überhaupt an der Bäckerei vorbeikam.“, gestand Sera. „Dennoch ist das ein ganz guter Anhaltspunkt. Der Beste, den wir bisher haben.“, erwiderte Shinichi. Er war nicht böse auf Masumi, immerhin war das hier kein Konkurrenzkampf, sondern wie immer ging es nur um eine Sache, nämlich die Wahrheit ans Licht zu bringen und ohne Seras Mithilfe hätte er bis zu Amuros Genesung auf diese Information warten müssen. Nun bestand die Chance, schon früher als erwartet eine brauchbare Spur zu bekommen. „Wenn diese besonders große Person tatsächlich auch der Bombenleger ist, dann würde es gleichzeitig auch bedeuten, dass Amuro den Täter kennt. Was erklärt, warum er ihm nachgelaufen und danach versucht hat meinen Bruder zu kontaktieren.“, erwähnte Sera. „Irgendwie beunruhigt mich das. Vielleicht ist der auf den wir es abgesehen haben schonmal ins Visier der Sicherheitspolizei geraten.“ „Wie Heiji schon vermutete, bestimmt kein kleiner Fisch.“ „Versuchen wir einfach unser Glück.“, warf Conan alle Bedenken über Bord und so betraten er und Sera die Bäckerei. Frau Oshiro begrüßte Masumi aufs Wärmste. Sie schienen sich wirklich gut zu kennen, da bestand für den ehemaligen Oberschüler kein Zweifel. Des Weiteren erfuhr Shinichi, dass Sera schon heute Morgen um die Vorbereitung der Kameraaufnahmen gebeten hatte und nun alles zur Einsicht fertig sei. Frau Oshiro, eine sympathisch wirkende Frau Ende Dreißig, führte sie dazu in ein Hinterzimmer, wo der Computer stand. Ihr machte es nicht das Geringste aus, den Beiden bei ihrer Ermittlung zu helfen. Das Videomaterial war bereits geöffnet und zeigte das pausierte Bild des Gehwegs vor dem Laden. Das von der Kamera eingeblendete Datum unten rechts verriet den Tag der Explosion. Die beiden Jungdetektive bedankten sich gleich im Voraus und nachdem die Inhaberin sich wieder ihren Gästen im Vorraum zugewandt hatte, setzten sie sich an den Tisch, auf dem der Computer stand. Conan schnappte sich die Maus und huschte flink mit dem Cursor Richtung Playbutton, ehe er auf diesen klickte. Sofort erwachten alle eingefrorenen Passanten auf der Straße zum Leben und setzten sich in Bewegung. Die Zeit lief ab 16:45 Uhr vorwärts. Angespannt huschten Shinichis und Seras Blicke über die Leute hinweg, um ihre gesuchte Person zu erhaschen. Zwischendurch wurde das Bild kurz durch den Rahmen der aufgehenden Ladentür verdeckt, immer wenn Kunden die Bäckerei betraten oder wieder verließen. Allgemein herrschte ein geschäftiges Treiben. „Das sind zu viele.“, musste Shinichi bald feststellen. „Wir müssen die Suche zeitlich eingrenzen sonst dauert das Ewigkeiten.“ Er spulte die Aufnahme vorwärts bis zur Explosion. Es gab zwar keinen Ton, doch der Rauch, Staub und die vielen panisch flüchtenden Menschen, ließen ihn den Zeitpunkt der Detonation auf punkt 17:20 Uhr markieren. „Jetzt müssten wir nur noch wissen, wann Amuro die Person gesehen hat.“ Sera überlegte einen Augenblick. „Ich glaube Ran sagte, dass wäre so ungefähr gegen 16:15 Uhr gewesen. Sie weiß das so genau, weil sie da gerade auf ihr Handy geschaut hat. Sie wollte im Anschluss nämlich Amuro mit einem Geschenk zu seinem Geburtstag überraschen.“ Kaum kamen die Worte über ihre Lippen wirkte Sera ziemlich niedergeschlagen und auch Shinichi blickte traurig drein. Er hoffte einfach das Beste für seinen angeschlagenen Freund. Dass er Ran das Leben gerettet hat, würde der Schwarzhaarige ihm nie vergessen, doch nun mussten sie diese Person ausfindig machen. Gerade weil sie es Rei schuldig waren. „Also schön.“ Conan sammelte sich wieder und spulte das Video auf kurz vor 16:15 Uhr zurück und drückte erneut auf Play. Fünf Minuten vergingen, schnell waren es zehn, fünfzehn Minuten. „Da kann was nicht stimmen.“ „Vielleicht ist er in die andere Richtung verschwunden. Dann wäre unsere Spur kalt gestellt ohne dass sie überhaupt richtig warm wurde.“ Sera stemmte unzufrieden die Hände gegen ihre Hüfte. „Sekunde mal.“ Shinichi ging urplötzlich ein Licht auf. „Wenn Amuro die Person gesehen haben soll, als sie an dem Café Poirot vorbeiging, dann kann es doch sein, dass diese wohlmöglich nicht zur Detektei gegangen ist, sondern bereits von dort kam. Die Bombe kann also um 16:15 Uhr bereits platziert worden sein und wenn der Täter nur einmal am Café vorbeikam, dann müsste er sich beim Hinweg von der anderen Seite genähert haben.“ „Wann war dein Onkelchen nochmal zum Pferderennen aufgebrochen?“, fragte Masumi nach. „Das war so gegen 15:30 Uhr.“, entgegnete der Junge mit Brille und spulte noch weiter zurück. „Und wie der Zufall es so will liegt die Pferderennbahn genau in der entgegenliegenden Richtung vom Poirot. Das heißt wir müssten Kogoro sehen, wenn er die Detektei verlässt und wenn ich mich nicht täusche, müsste unser auffällig großer Freund in den Minuten darauf ebenfalls an der Bäckerei entlang gelaufen sein.“ Sera war wie zu erwarten erstaunt von Conans Schlussfolgerungen. Genau deswegen war er auch was ganz Besonderes. Stumm zogen die Sekunden und Minuten ins Land in der Conan und Masumi wie gebannt auf das Filmmaterial starrten. „Da ist Onkel Kogoro.“ Shinichi deutete auf den schlafenden Meisterdetektiv, der fröhlich pfeifend, mit einem Stöpsel im Ohr für die Wettdurchsagen, an dem kleinen Laden vorbeiging. „Gut er ist also aus dem Haus. Wenn der Täter die Detektei im Auge hatte, sollte er nun wissen, dass die Luft rein ist.“ Wieder vergingen einige Minuten, bis plötzlich. „Stopp“, rief Masumi. Conan gehorchte und schaute auf eine große gut gebaute Gestalt im schwarzen Motorraddress und einem Helm mit verspiegeltem Visier auf dem Kopf. Wie aus dem Nichts war diese aufgetaucht, kaum das Kogoro verschwunden war. Sie trug einen schwerbeladenen Rucksack auf dem Rücken und schob sich gerade an einem Krawattenträger mit Handy am Ohr vorbei. „Seltsam, Sonoko hat nichts von einem Motorradhelm erwähnt.“ Sera gab sich ein wenig enttäuscht. Dabei war sie sich so sicher. Die Größe passte auf jeden Fall. „Er ist es keine Frage und mich soll der Teufel holen, wenn er nichts mit der Bombe zu tun hat.“, versicherte ihr Shinichi. „Wie kannst du dir da so sicher sein?“, wollte die Schwester von Akai wissen. „Liegt das denn nicht auf der Hand? Eine Person in voller Motorradmontur und dann ohne ein Motorrad, sondern zu Fuß unterwegs?“ „Vielleicht parkte das Motorrad gleich um die Ecke.“ „Davon bin ich überzeugt, doch schau doch mal, wie verhältst du dich normalerweise Masumi, wenn du von deinem Motorrad absteigst?“ Sera legte einen Finger ans Kinn und überlegte einen Moment. „Nun ja, ich schalte wie vorhin den Motor aus, klappe den Ständer auf, nehme die Lenkung aus der Hand und…“ Ihr ging mit einmal ein Licht auf und Shinichi musste überzeugt grinsen als er sah, dass der Groschen gefallen war. „Richtig und dann nimmst du deinen Helm ab.“, beendete er ihren Satz. „Welcher Durchschnittsfahrer käme schon auf die Idee seinen Helm erst viel später abzusetzen. Der Grund warum er noch den Helm auf dem Kopf trug war ganz einfach der, um beim Betreten der Detektei nicht sofort erkannt zu werden.“ Seras Augen fingen an zu leuchten. „Nachdem er die Bombe aus dem Rucksack platziert und scharf gemacht hat, ist er dann wieder auf die Straße zurück und hat sich den Helm dieses Mal einfach unter den Arm geklemmt. Dies verhinderte nicht nur länger als nötig Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, sondern in einer Menschenmenge hätte man diesen dann auch unmöglich vom Café aus bemerken können.“, fuhr Shinichi fort. „Doch wieso ging er nicht zurück von wo er herkam?“ „Ich vermute einfach, er hat sich auf eine höhere Position mit gutem Blick in die Detektei begeben und hat dort darauf gewartet, wann er den Sprengsatz hochgehen lassen soll.“ Masumis Miene verfinsterte sich. „Du bist also weiterhin der festen Überzeugung, dieser Anschlag galt nicht Kogoro?“ Shinichis Antwort kam überraschend schnell. „Ja. Zumindest nicht direkt. Ich gehe davon aus, es handelte sich dabei viel mehr um eine Warnung oder um eine Drohung. Das wäre immer noch lieber als in Betracht zu ziehen…“ Er stockte kurz. „Als in Betracht ziehen zu müssen, dass ICH vielleicht derjenige bin, auf den man es abgesehen hat.“ Am nächsten Tag in der Schule hatte Conan tiefschwarze Ränder unter den Augen und war im Unterricht nicht ansatzweise präsent. Er fand nicht viel Schlaf bei den nächtlichen Auseinandersetzungen von Eri und Kogoro, auch wenn Ran stets ihr Bestes tat, die beiden zur Räson zu bringen. Der Grundschulstoff regte auch nicht sonderlich zum wach bleiben an. So dauerte es nicht lange bis sein Kopf den Weg auf die Schulbank fand. Mitsuhiko verfolgte fleißig und engagiert den Unterricht vom Frau Kobayashi und war dementsprechend nicht besonders begeistert Conan beim Schlafen zu beobachten. Sein angeblicher Freund, der der ihm das Mädchen klangheimlich ausgespannt hat, sah es wohl für unnötig etwas zu lernen. Er wusste ja ohnehin immer alles besser. Binnen eines Tages hatte die Wut und Enttäuschung des Achtjährigen über ihn nicht im Geringsten nachgelassen. „Na warte, der kann gleich was erleben.“, murmelte Mitsuhiko vor sich hin und hob die Hand, um seine Lehrerin von Conans geistiger Abwesenheit in Kenntnis zu setzen. Kobayashi war nicht erfreut diesen bei seinem Schläfchen zusehen zu dürfen und schnell hagelte es eine satte Standpauke gegen den Geschrumpften, worüber sich Mitsuhiko sichtlich freute. Ayumi sah ihm dabei mit Gewissensbissen zu. Das alles war nur ihre Schuld. Wäre sie nicht so leichtsinnig mit Ais Besitz umgegangen, dann würde es diesen Keil zwischen ihren beiden Freunden nicht geben. Das Schlimmste hierbei war auch noch, dass Ai und Conan nicht einmal etwas davon wussten. Ayumi hatte bisher nicht den Mut aufbringen können, ihnen ihr Missgeschick mitzuteilen. Sie war voller Hoffnung gewesen, dass Mitsuhiko schon drüber hinweg kommen würde. Nun musste sie sich eingestehen, dass sie sich geirrt hatte. Sie würde sich wohl oder übel überwinden müssen und ihnen alles erzählen, was gestern vorgefallen war. Ansonsten könnte es noch ihrer aller Freundschaft gefährden und die war Ayumi um Längen wichtiger, als dem möglichen Zorn ihrer besten Freundin zu entgehen. Haibara reagierte währenddessen ziemlich überrascht, dass Mitsuhiko ihren Freund einfach so beim Fräulein Kobayashi verpetzte. Es war nicht das erste Mal das Conan im Unterricht einschlief und bisher war das auch nie ein Problem gewesen, also warum heute? Sie schielte kurz zu dem Jungen mit den Sommersprossen der, mit deutlich mehr Druck als nötig, seinen Federhalter zum Schreiben auf das Papier drückte. Ein genervtes Murren erregte ihre Aufmerksamkeit gegenüber ihrem Banknachbarn. Shinichis Laune war auf dem Tiefpunkt. Er wollte unbedingt die Spur nach dem Bombenleger weiter verfolgen, statt stundenlang hier festzusitzen und sich Tadeleien seiner Lehrerin anzuhören. Missmutig vergrub er das Gesicht in seine verschränkten Arme. „Du scheinst langsam beim Fall um die Detektei Witterung aufzunehmen, oder?“, flüsterte Ai ihm unauffällig zu. Ein erneutes Brummen folgte. Es war noch lauter und grämlicher als das Erste und für das rotblonde Mädchen klar zu definieren. „Habe ich es mir doch gedacht.“, schmunzelte sie und sah wieder nach vorne. Zähne zusammenbeißen lautete nun die Divise. In der Hofpause wurde Conan langsam wieder munter. Der Sauerstoff verhalf seinem Gehirn wieder zur neuer Kraft und er erzählte Ai von seiner gestrigen Unternehmung mit Sera. „Ein Motorradfahrer, ja?“, war Ais knappe Feststellung. Es war eine rein rhetorische Frage, aber Shinichi nickte. „Wenn unser Verdächtiger gleichzeitig der Täter ist, was nahe liegt.“, merkte er noch an und bemerkte Haibaras zunehmend besorgten Blick. „Was ist los?“ Sie zögerte. „Ai“, beharrte er weiter. „Was wenn sie es doch waren?“, fragte sie mit tonloser Stimme. „Was wenn die Verbliebenen sich für einen Rachezug gegen dich formiert haben? Du kannst immerhin nicht ausschließen, dass diese Botschaft dir, Shinichi Kudo, galt.“ Sie wurde um einiges lauter und Conan legte hastig einen Finger an die Lippen. „Das ist doch völlig absurd.“, hielt er dagegen. Jedoch tat er dies mit nicht mehr so viel Überzeugung, wie bei ihrer ersten Diskussion über dieses Thema. Er wollte das einfach nicht glauben. Es musste jemand anderes dahinter stecken, ganz bestimmt. „Ich werde es dir beweisen Ai. Ich werde den Kerl schnappen und seine WAHREN Absichten aufklären, bei meiner Ehre als Detektiv.“, versprach er guten Mutes. Haibara rollte mit den Augen, machte aber gleichzeitig einen verlegenen Eindruck. „Pass nur bitte auf dich auf. Ich will nicht das dir was passiert.“ Sie suchte seinen Blick, fing diesen ein und hielt ihn fest. „Ich will nicht das du dich wie früher kopfüber ins Ungewisse stürzt und dir somit etwas zustößt. Wir haben so viel gemeinsam durchgestanden, i-ich… ich will dieses neue Leben nicht ohne dich leben müssen.“ Eine Weile war Shinichi ziemlich baff, doch um darüber hinwegzutäuschen, formte er schnell sein bekanntes siegessicheres Grinsen. „Mir wird schon nichts passieren.“ „Ich will das du mir es versprichst.“, bestand Ai mit einem Rotschimmer. Shinichi horchte auf. Sein Blick wurde weicher. Er kam ihr so nahe, dass er seine Stirn an ihre legen konnte. „Ich werde nichts unternehmen was dafür sorgen könnte, dass ich dich jemals alleine lasse.“, versicherte er ihr. Sie schlossen beide für einen Moment die Augen. Conan konnte Ais warmen Atem spüren und ihren lieblichen Duft, der ihn zu verzaubern drohte. Ehe er sich zu etwas verleiten ließe, drückte er sie sanft von sich. „Hast du inzwischen nochmal darüber nachgedacht. Du weißt schon, dass wir den Kindern endlich von uns erzählen. Jeder weiß es mittlerweile, warum nicht auch sie.“, wechselte er das Thema. Ai seufzte einsichtig. Letztlich musste sie ihm doch recht geben. Sie waren ihre Freunde und sie konnten es wohl kaum bis zu Shinichis erneutem Einzug in die Oberschule geheim halten. Nicht wenn auch sonst alle um sie herum es wussten. Ihre Wangen nahmen wieder eine leichte Rötung an, als sie daran dachte mit Shinichi noch in der Oberschule zusammen zu sein und später vielleicht sogar… „Hey Leute, da seid ihr ja.“, hörten sie die Stimme von Genta quer über den Schulhof brüllen. Ai flüsterte noch mit vorgehaltener Hand: „Also schön Kudo, wir sagen es ihnen.“ Da stand ihr dicklicher Freund, mit Ayumi in Begleitung, auch schon vor dem Pärchen. „C-Conan es gibt da ein Problem.“, begann die kleine Yoshida zögerlich. Genta allerdings verfügte nicht ansatzweise über Hemmungen dergleichen und ließ die Bombe einfach direkt lauthals platzen. „Sagt mal wieso habt ihr gar nichts davon erzählt, dass ihr beiden nun ein Liebespaar seid.“ Der Jüngste aus dem Hause Kojima war über das gesamte Schulgelände zu hören. Auf einmal setzte eine unangenehme Stille ein. Viele Kinder hatten aufgehört zu spielen oder sich zu unterhalten, denn ihre Blicke lagen nun auf Conan und Ai. Zeitgleich begannen die ersten Gruppen leise zu tuscheln. Vereinzeltes Kichern war zu hören. Jetzt war es endlich offiziell, jedoch war es ganz anders verlaufen, als die Verliebten es geplant hatten. Shinichi und Ai klappte der Kiefer herunter, während sich Genta den Jungen mit der Brille griff und ihn freundschaftlich in den Schwitzkasten nahm. Ihm schien es nicht das geringste auszumachen, dass seine beiden Freunde nun miteinander so eng waren. „Kleiner Schwerenöter. Tja Conan ist eben der Frauenheld der Detective Boys.“, lachte er. „Nicht einmal unsere taffe Ai kann ihm wiederstehen.“ Haibaras Kopf nahm eine ungesunde dunkelrote Farbe an und Shinichi war so gar nicht zum Lachen. Mühselig zog er seinen Kopf aus dessen Zwickmühle. „G-Genta“, keuchte er, da sein Freund doch ziemlich kräftig war. „Woher weißt du davon.“, sprach Ai an Conans Stelle. „Von Mitsuhiko“, entgegnete das Dickerchen unschuldig. „WAS von Mitsuhiko?“, kam es von den Geschrumpften, wie aus einem Munde. „Genau darüber wollte ich mit euch reden.“, piepste Ayumi. Schnell erzählte sie, dass sie sich gestern heimlich das Album von Ai genommen hat und dabei von Mitsuhiko erwischt wurde. Als sie fertig war, senkte Ayumi ihren Kopf und erwartete ein regelrechtes Donnerwetter. Ai gab sich auch keine Mühe ihre Enttäuschung gegenüber ihrer Freundin zu verbergen, doch es war mehr eine liebevoll mütterliche Strenge, die Shinichi in ihrer Stimme heraushören konnte. „Ach Ayumi. Ich hätte nicht gedacht, dass du sowas unüberlegtes tun würdest. Du hättest mich fragen sollen, anstatt dich einfach an meinen Sachen zu vergreifen.“ Sie ging auf Ayumi zu und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Aber ich verzeihe dir, weil ich weiß, dass du das alles so nicht gewollt hast. Außerdem haben wir uns dazu durchgerungen, es sowieso zu erzählen.“ „Nur eben nicht so plötzlich und gleich alle auf einmal.“, schluckte Conan als er die vielen Blicke um sich herum bemerkte. Vor allem die Jungs sahen nicht gerade erfreut aus, wie er mit bedauern feststellen musste. Oi Oi, waren die Kids von heute doch schon etwas weiter? „Du nimmst also meine Entschuldigung an?“, fragte Ayumi vorsichtig. „Ja, es ist alles in Ordnung. Nur überleg das nächste Mal lieber, was für Konsequenzen dein Handeln nach sich ziehen könnte und wen du damit vielleicht verletzen könntest.“, lächelte Ai aufmunternd. In den Augen der kleinen Yoshida konnte man nun endlich wieder ein Strahlen erkennen. Sie nickte eifrig. „Ganz bestimmt. Ich verspreche es Ai.“ „Das erklärt allerdings auch, warum Mitsuhiko sich gestern so abweisend verhalten und dich heute bei Frau Kobayashi angeschwärzt hat.“, kombinierte Ai an Shinichi gerichtet. „Stimmt“, bestätigte dieser. „Nur wo steckt Mitsuhiko jetzt? Wir sollten das am besten so schnell wie möglich aufklären.“ Kaum hatte er das gesagt, bebte die Erde für den Bruchteil einer Sekunde. Eine Detonation mit ohrenbetäubendem Krach war zu hören, dazu zerberstendes Glas und ehe sie sich versahen, erhob sich eine große bedrohlich wirkende Rauchsäule aus dem hinteren Teil der Teitan-Grundschule. Kapitel 13: Auf den Versen -------------------------- Kapitel 13: Auf den Versen Seine Mitschüler liefen fröhlich an ihm vorbei Richtung Ausgang. Es hatte zur Pause geläutet und jeder wollte nach draußen und das schöne Wetter genießen. Nur er hatte kein Interesse daran, weder auf das tolle Wetter noch auf die Gesellschaft der anderen. Mitsuhiko hatte gehofft, dass er Genta vielleicht auf seine Seite ziehen könnte, dass dieser mitunter genauso verärgert reagieren könnte wie er, doch diesem schien es überhaupt nichts auszumachen, dass Conan und Ai eine heimliche Beziehung führten. War er etwa der einzige, der etwas dagegen hatte? Der Junge mit den Sommersprossen schlurfte allein durch den nun leeren Gang der Schule, als er in seinen Gedanken versank. Das er die Beziehung zwischen ihnen nicht gut fand, lag einzig und allein daran, dass er auch in Ai verliebt war. Er würde dies aber nie den anderen gegenüber gestehen, da er nun die Gewissheit besaß, dass seine Gefühle nie erwidert werden würden. Er hatte es doch von Anfang an gewusst. Wie sollte sich auch ein schlaues und attraktives Mädchen wie Ai, in einen unspektakulären und schüchternen Jungen wie ihn verlieben. Conan war da so ganz anders als er. Er hatte so viel mehr drauf. War er aber jetzt ein schlechter Freund, wenn er es Conan nicht gönnte, dass er mit Ai zusammen war? Viel mehr war doch Conan ein schlechter Freund, da er ihre Beziehung vor ihm geheim gehalten hat. Genau, dachte sich Mitsuhiko. Das war der Grund, weswegen er sauer sein durfte. Auch wenn der Neid gegenüber Conan sich nicht einfach wegwischen ließ und die Schwärmerei zu seiner Mitschülerin Ai, eine ebenso große Rolle in diesem Theater des Gefühlschaos, inmitten seines kleinen Herzens, spielte. Während er so nachdachte und sich schuldig, jedoch gleichzeitig auch im Recht fühlte, stoß Mitsuhiko ausversehen mit jemanden zusammen. Der Junge hatte die ganze Zeit wie hypnotisiert auf den Boden gestarrt und die sich öffnende Tür zur seiner Rechten somit nicht bemerkt. Etwas erschrocken setzte er einige Schritte nach hinten und sah hinauf zu einem ziemlich großen Kerl in Hausmeisteruniform. Sofort packte ihn die Furcht, denn es war der mit Abstand größte Mann, den er je in seinem Leben gesehen hatte. Er hatte ein Basecap tief ins Gesicht gezogen und sah ihn nur schweigend an. Bei genauerem Hinsehen musste Mitsuhiko stutzen. Der Typ war ganz bestimmt nicht ihr Hausmeister. Er war nicht einmal Japaner. Der Schatten des Caps verdunkelte das Gesicht des Mannes und der junge Tsuburaya bekam es immer mehr mit der Angst zu tun. „W-Wer sind sie?“, fragte er nervös. Zwei weiße kalte Augen hefteten sich an sein Gesicht und Mitsuhiko setzte aus Reflex noch einen Schritt nach hinten, verlor aber durch seine weichgewordenen Kniee den Halt und fiel auf sein Hinterteil. Bibbernd begegnete er dem Fremden, der sich ihm langsam näherte. Ohne eine Miene zu verziehen und ohne jeden Ausdruck einer Emotion holte der falsche Hausmeister einen Elektroschocker aus der Hosentasche und hielt diesen dem Jungen entgegen. „Wenn du dich nicht wehrst, tut es nur halb so weh.“, versprach ihm der Mann mit einer furchteinflößenden monotonen Stimme. Mitsuhiko wollte daraufhin um Hilfe schreien, doch Baileys war schneller. Viele Kinder liefen verängstigt durcheinander, manche weinten, andere waren wie festgewachsen, doch eine Sache hatten sie alle gemeinsam. Sie alle wussten nicht was auf einmal geschehen war. Einzig und allein Conan vermochte das Ausmaß der Katastrophe zu erkennen. Die Ereignisse und die Bilder rund um die Detektei schossen in seine Gedanken, als er die schwarzen Rauchsäulen emporsteigen sah. Es war noch alles so präsent und die Ähnlichkeiten erschreckend. Hektisch schaute er sich um. Er blickte in das Gesicht von Ai, die ebenfalls nicht begriff, was da vor sich ging. Conan sah weiter durch die Menge von Kindern und Lehrern, die aus dem Gebäude eilten. Die meisten Schüler waren zum Glück zur Pause raus gegangen, doch wo war Mitsuhiko? Er war nicht unter ihnen. Wo steckte er bloß? „Ai, bitte bleib hier und pass auf die Kinder auf.“, bat Shinichi sie. Ohne eine Bestätigung abzuwarten rannte er kurz danach los, drängelte sich an der Vielzahl ungeordneter Mitschüler vorbei und lief in das Schulgebäude. Die Rufe eines Lehrers der dritten Klasse, der ihn aufforderte, sofort zurückzukommen, ignorierte er schlichtweg einfach. Ai schaute ihm besorgt nach. Er tat es schon wieder. Er lief blindlinks drauflos, mitten hinein in die Gefahr. Wenn sein Instinkt ihm etwas sagte, dann gab es nichts mehr das ihn hielt. Sein Gerechtigkeitssinn schien schier grenzenlos zu sein. Sie wäre ihm am liebsten gefolgt, doch sie konnte Ayumi, die angefangen hatte zu weinen und auch Genta nicht einfach hier alleine zurücklassen. Würde sie ihm hinterhereilen, so könnte niemand verhindern, dass die beiden Detective Boys es ihr gleich tun würden. „Unternimm bloß nichts Dummes Shinichi.“, flehte Haibara. Ihre Worte gingen in der umliegenden Panik verloren. Conan sprintete so schnell wie seine kleinen Beine es ihn ermöglichten durch den breiten Mittelflur des Erdgeschosses. Mit Erleichterung konnte er feststellen, dass alle seine Schulkameraden und Lehrer sich bereits ins Freie gerettet hatten. Wäre die Explosion während der Unterrichtszeit erfolgt, hätte das zweifellos in einer Katastrophe geendet. Der einzige um den er sich aber nach wie vor Sorgen machen musste, war Mitsuhiko. Nicht zu vergessen, die Ursache der Explosion. Shinichi beschlich ein äußerst ungutes Gefühl dabei und es war eine der seltenen Male, bei denen er hoffte, dass er sich einfach Irren würde. Über seinem Kopf hinweg zogen die dunklen Rauchschwaden die Decke entlang und Conan musste ihnen einfach nur folgen, um zu ihrem Ursprung zu gelangen. Die Luft wurde zunehmend stickig. Es stank nach Rauch und Feuer. Shinichi hielt sich den Ärmel vor die Nase, als er sich den ersten Flammen näherte. Es war das Chemielabor der Schule, indem die fünfte und sechste Klasse unterrichtet wurde, das vollkommen in Trümmern lag und aus dem das Feuer sich rasch ausbreitete. Das verarbeitete Holz in den Wänden wurde schnell vom hungrigen Inferno verschluckt und die Temperatur im Gebäude stieg immer weiter an. Der feuchte Schweiß ran über Conans Gesicht, doch ihm machte etwas ganz anderes zu schaffen. Die unerträgliche Hitze und die Flammen bescherten ihm unangenehme Flashbacks an das Feuer im Forschungslabor der Organisation. Er vernahm wieder die Musik, die damals durch die Gänge schallte und ihn zu Cognac geführt hatte. Der Detektiv könnte schwören durch den Hitzeflimmer, der ihm umgab, seinen einstigen Rivalen in den Flammen zu sehen. Sein teuflisches Grinsen, ein Versprechen ihm alles zu nehmen, was ihm Lieb und teuer war. Shinichi schüttelte den Kopf und die Illusion, die ihm von seinem Verstand vorgegaukelt wurde, verschwand. Er musste sich in Acht nehmen, nicht so viel von dem giftigen Rauch einzuatmen. „Hallo, ist hier noch irgendjemand? HALLO?“, schrie Conan so laut er konnte. Nichts war zu hören, bis auf das Knistern und Züngeln des tobenden Brandes. „Hallo, hört mich jemand? MITSUHIKO?“, rief er weiter, doch die Luft ging ihm allmählich aus und seine Worte wurden wahrhaftig im Keim erstickt. Ein leises Poltern ließ Shinichi herumfahren. Zwei Zimmer weiter konnte er sehen, wie sich eine Tür bewegte, als würde von innen einer dagegen treten. Der Schwarzhaarige eilte hinüber. Es war der Raum des Schulhausmeisters. Irgendjemand war da drin, doch kam diese Person nicht raus. Der kleine Detektiv griff nach der Klinke und drehte, doch es war verschlossen. „Mist“, presste Shinichi hervor. „Dann eben anders.“ Er trat einige Schritte zurück und blies einen Fußball aus seinem Spezialgürtel auf, bevor er diesen mithilfe seiner Power-Kick-Boots, durch das kleine quadratische Fenster in der Tür feuerte. Das Glas zersplitterte und nachdem Conan sein Jackett über den Rahmen oberhalb des Griffs gelegt hatte, gelang es ihm unbeschadet in den verschlossenen Raum zu klettern. Etwas unsanft landete er auf dem Boden, der mit kleinen glitzernden Glasperlen übersäht war. Zu seinen Füßen erblickte er einen regungslos gefesselten alten Mann und einen geknebelten Zweitklässler, der ihn mit Erleichterung, aber auch mit Angst gefüllten Augen ansah. „Mitsuhiko!“, stellte er erleichtert fest. Shinichi kniete sich vor seinem Freund nieder und half ihm dabei, sich von seinen Fesseln zu befreien. Als das erledigt war, wollte der Junge mit den Sommersprossen ihm etwas sagen, doch Conan machte klar, dass das warten konnte. Er bat Mitsuhiko nach dem Mann zu sehen, allen Anschein nach der Hausmeister ihrer Schule, Herr Tachibana. Er selbst öffnete die Tür des Raumes, die sich von innen aufschließen ließ. Kaum war der Weg zum Flur frei, peitschten gelbe, rote und orangene Feuerspitzen gegen die Holztür. Shinichi musste aufpassen, sich nicht zu verbrennen. „C-Conan“, rief Mitsuhiko mit zittriger Stimme. „Herr Tachibana rührt sich nicht. Was soll ich machen?“ Der Junge mit Brille drückte seine Finger an den Hals des Mannes und konnte mit bedauern nur noch feststellen, dass er tot war. Das Knacken von brechendem Holz, erinnerte ihn aber wieder an ihre prekäre Lage. Schnell griff er Mitsuhiko am Arm und zog ihn aus dem fensterlosen Raum, ehe das Feuer sie dort einschließen würde. „Los, wir müssen schleunigst hier raus.“, trieb er ihn dabei an. Fassungslos sah Ai mit den anderen von außen dabei zu, wie das Feuer sich immer mehr von ihrer Schule einverleibte. Die ersten Einsatzfahrzeuge der nahegelegenen Feuerwehrdepots waren inzwischen eingetroffen. Männer mit Schutzanzügen und Sauerstoffflaschen auf dem Rücken zogen meterlange Schläuche hinter sich her, bereit gegen die Flammen anzukämpfen. „Los Leute Bewegung, wir müssen das Feuer unter Kontrolle bringen schnell.“, rief der zuständige Lieutenant seinen Teams zu. Haibaras Angst und ihre Sorge um Shinichi nahm mit jeder Sekunde rapide zu. Immer wieder musste sie sich selbst dazu bringen, an Ort und Stelle zu bleiben, um nicht dem Handeln ihres Freundes zu folgen. Umso mehr viel ihr ein großer Stein vom Herzen, als Conan auf einmal mit Mitsuhiko unterm Arm, aus dem Haupteingang der Schule gestrauchelt kam. Nun gab es für sie kein Halten mehr. Sie rannte los, dicht gefolgt von Genta und Ayumi, sowie zwei Leuten von der Feuerwehr. Shinichi sah seine Freundin auf sich zu kommen und spürte, wie sich ein Lächeln auf seinen Lippen breit machte. Allerdings verblasste dieses schnell wieder, als er an ihr vorbei zum Eingangstor der Schule sah. Das kann doch nicht…, dachte sich der junge Detektiv und schaltete den digitalen Zoom seiner Brille ein. Er erblickte eine ziemlich große schwarz gekleidete Erscheinung auf einem Motorrad sitzend, welche genau vor der Lehranstalt Halt machte. Es war zweifellos der Kerl von der Überwachungskamera. Zumindest handelte es sich um das gleiche Biker-Outfit, so viel stand fest. Unmöglich konnte das ein reiner Zufall sein. Die Person saß auf einem tiefschwarzen Naked-Bike mit verchromten Auspuff und schien sich langsam in seine Richtung zudrehen. Das Gesicht war unter dem vertrauten schweren Helm verborgen und trotz verspiegeltem Visier, spürte Shinichi den stechenden Blick, der auf ihm lag. Ein regelrechter Schauer jagte seinen Rücken hinunter. Der Motorradfahrer wandte sich ab und heizte auf offener Straße davon. Conan übergab Mitsuhiko in die Obhut der beiden Feuerwehrmänner und machte schnurstracks kehrt zu seinem Schulspind. Haibara verstand nicht ganz, als er sein Skateboard herauskramte und sich mit etwas wackeligen Beinen auf das Brett stellte. „Was um alles in der Welt hast du jetzt schon wieder vor?“, fragte sie ihn entgeistert. „Keine Zeit für Erklärungen.“, erwiderte er unruhig. „Wenn ich mich nicht beeile entwischt mir der Täter.“ Die Augen des rotblonden Mädchens wurden größer. Shinichi wollte schon losfahren, als Ai sich hinter ihm auf das Brett stellte und die Arme um ihren Geliebten schlang. „Erzähle es mir einfach unterwegs, denn nochmal lasse ich dich nicht alleine losziehen.“ Zur Verdeutlichung drückte sie sich fest an seinen Rücken. Der Schwarzhaarige verspürte eine wohlige Wärme durch seinen Körper fließen. Gleichzeitig sah er ein, dass er keine Zeit durch eine Diskussion verschwenden durfte, die er ohnehin verlieren würde und akzeptierte somit die Tatsache, dass Ai mit ihm gehen wollte. Wortlos betätigte er mit seinem rechten Fuß die Schubdüsen. Noch ehe ihre Freunde etwas gegen ihr Vorhaben einwenden konnten, sausten die beiden Geschrumpften davon. Das Skateboard wirbelte den Sand des Schulhofes auf, sodass sie nichts als eine große Staubwolke hinter sich zurückließen. Mitsuhiko sah den Beiden nachdenklich hinterher. Kaum waren Conan und Ai auf die Straße gefahren und um den nächsten Block gebogen, da erspähte der junge Schnüffler auch schon das Motorrad, auf das er es abgesehen hatte. Es war schon ein gutes Stück von ihnen entfernt und es bestand die Gefahr, dass es im Stadtverkehr verschwinden könnte. Das durfte unter keinen Umständen passieren. Na warte, du entkommst mir nicht, dachte sich Shinichi und beschleunigte, damit er mit der schnellerwerdenden Person auf dem Bike mithalten konnte. Ihr Vorteil bestand darin, dass sie mit dem Skateboard schmaler und wendiger waren. Conan brauchte dabei gar nicht anzusprechen auf wen er es eigentlich abgesehen hatte. Nachdem was er Ai erzählt hat, konnte sie es sich selbst an fünf Fingern abzählen, wen ihr Freund glaubte da zu verfolgen. „Ist das etwa der Bombenleger von der Detektei?“, schrie Haibara ihm ins Ohr, da der Fahrtwind bei ihrem derzeitigen Tempo ziemlich laut wurde. „Ich fresse einen Besen, wenn er es nicht ist.“, entgegnete Shinichi und trieb Professor Agasas Erfindung zunehmend an ihr Limit, bei dem Versuch aufzuholen. Sie sausten an verblüffte Autofahrer vorbei und schlängelten sich durch eine schmale Lücke zwischen einem LKW und einem Linienbus hindurch. Haibara war etwas mulmig zumute, bei Shinichis eigenwilligen Fahrstil, jedoch vertraute sie ihm. Dennoch konnte sie es nicht unterbinden, sich mit ihren Nägeln noch tiefer in das Hemd des kleinen Detektivs zu verbeißen. Der Motorradfahrer schaute in seinen Rückspiegel und bemerkte die beiden sich nähernden Kinder, die es auf unerklärliche Weise eindeutig auf ihn abgesehen hatten. Er sah sich gezwungen sofort Maßnahmen dagegen einzuleiten und bog zwei Kreuzungen weiter in eine Seitenstraße ein. Der Junge mit Brille folgte seinem Beispiel. Die Person auf dem zweirädrigen Gefährt verweilte aber nicht lange auf dieser Strecke. Er brach ruckartig aus, auf die Gegenfahrbahn und nutzte die nächste Möglichkeit zum Linksabbiegen, um weiter nach Westen zu fahren. Die rücksichtslose Fahrweise, die ihr Flüchtiger nun an den Tag legte, ließ Shinichi erahnen, dass dieser sie wohl bemerkt haben musste und nun versuchte sie abzuwimmeln. Der ehemalige Oberschüler dachte jedoch nicht daran sich so einfach abschütteln zu lassen. Als er aber erneut dieselbe Richtung einschlagen wollte, stellte sich ihnen dessen ungeachtet ein Kleintransporter in den Weg. Jetzt musste Shinichi schnell reagieren. „Gut festhalten Ai.“, warnte er seine Freundin vor. Er zog nach außen und wich dem Fahrzeug über den Bürgersteig aus. Einen Zusammenstoß konnte er somit noch rechtzeitig vermeiden, doch musste Conan nun stattdessen mehreren Passanten und Ständen am Straßenrand ausweichen, was sein ganzes Geschick erforderte. „Vorsichtig“, schrie Haibara, als an einem Fischmarkt zwei Typen mit einer Sackkarre voller Kisten ihren Weg kreuzten. „Hab alles im Griff.“, versicherte der Schwarzhaarige und drückte ihren Kopf leicht nach unten, bevor sie nur knapp unterhalb eines anliegenden Baugerüsts hindurchzischten. Ai konnte spüren, wie das Hindernis nur wenige Zentimeter über ihren Schopf an sie vorbei zog. Ein gefährliches Manöver, doch es bewahrte sie vor einer befürchteten Kollision mit den Mengen an Fußgängern. Als sie an allen Hindernissen vorbei waren und noch alles an ihnen dran war, lenkte Shinichi wieder zurück auf die Straße. An hupenden Autos vorbei, fanden sie sich auf einer Hauptstraße Richtung Shibuya wieder. Das Motorrad, das sie verfolgten, hatte Conan zum Glück nicht aus den Augen verloren, doch lag noch immer ein viel zu großer Abstand zwischen ihnen und die Menge an Fahrzeugen um sie herum, machte ein herankommen umso schwieriger. Der junge Detektiv musste sich etwas einfallen lassen oder er würde früher oder später den Anschluss verlieren. Er konnte nur zu ihrem Flüchtigen aufschließen, wenn es ihm gelingen würde, seinen Weg vorherzusehen. Über die einspurigen Nebenstraßen sollte es ihm dann ein leichtes sein, sich dem Täter direkt ans Heck zu heften. Als das Motorrad wieder nach links unter eine oberhalb verlaufende Schnellstraße abbog, sah Shinichi ihre einmalige Chance. Er sah einen Stadtplan, mit den umliegenden Straßen, klar und deutlich vor seinem geistigen Auge. Wenn er richtig liegen sollte, dann könnte er mit einer der nächsten Gassen durch das Wohnviertel abkürzen und den Motorradfahrer auf seiner Route abpassen. Wenn er sich aber irrte, würde er mit seiner nächsten Aktion die Verfolgungsjagd frühzeitig zugunsten des Bombenlegers beenden. Shinichi erkannte, dass ihm keine andere Wahl blieb, als es zu versuchen. Er erklärte Ai was er vorhatte. Sie nickte einwilligend und so bog Conan in letzter Sekunde haarscharf in eine der Seitengassen ein, an dessen anderem Ende eine weitere Hauptstraße auf sie warten würde und hoffentlich auch ihr Verdächtiger. Dieser wiederum passte seine Geschwindigkeit allmählich wieder dem vorgegebenen Limit an, da er seine Verfolger hinter sich nicht mehr ausmachen konnte. Anscheinend hatten sie die Jagd nach ihm aufgegeben. In Wahrheit heizten die Geschrumpften nicht weit entfernt, durch einen engen Weg, der an beiden Seiten von viergeschossigen Wohnhäusern gesäumt wurde und sich wie ein klaffender Spalt durch das Quartier erstreckte. Conan manövrierte an Müllcontainern vorbei, wirbelte herumliegendes Papier auf und wich einer aufgeschreckten Katze aus, die sich von einem Hinterhof auf die Durchfahrt geschlichen hatte. Wenige Sekunden später erreichten sie die gegenüberliegende Seite. Als sie sich zwischen den anderen überrascht dreinschauenden Verkehrsteilnehmern eingereiht hatten, verringerte Conan ein wenig ihr Tempo, um Ausschau nach dem Motorradfahrer zu halten. Nun würde sich zeigen, ob er mit seinem Gespür richtig lag. Tatsächlich stand ihr Verdächtiger unweit von ihnen an einer Kreuzung vor einer roten Ampel. Sie hatten ihn wirklich eingeholt. „Jetzt habe ich dich.“, sagte der Detektiv triumphierend. Der Mann auf dem Motorrad registrierte durch seinen Rückspiegel, wie Conan und Ai praktisch aus dem Nichts wieder aufgetaucht waren und erneut auf ihn zukamen. Wie ihnen das nur gelungen war, war ihm allerdings gleichgültig. Stattdessen schaute Baileys flüchtig auf seine Uhr. Er hatte einen strikten Zeitplan einzuhalten und musste seine lästigen Verfolger endlich loswerden, bevor er zu seinem Unterschlupf zurückkehren konnte. Er drehte seine Maschine voll auf und trieb die Umdrehungen bis ans Limit, bevor er über die noch rote Ampel preschte und dabei fast eine Massenkarambolage verursachte. Quietschende Reifen waren zu hören, ebenso wie wütendes Gehupe. Autofahrer rissen ihr Lenkrad in letzter Sekunde herum, um einer Kollision zu entgehen. Einer von ihnen schnitt das Heck des Motorrads und brachte das Gefährt kurz ins Trudeln. Das am Steuer befindliche Organisationsmitglied behielt jedoch die Kontrolle und windete sich gekonnt an den querstehenden Fahrzeugen vorbei. Er legte sich professionell in die Kurven und umging so jedes Hindernis auf der Kreuzung, ehe er geradeaus mit Vollgas weiterfuhr. „Pass auf“, warnte Ai, als vor den Geschrumpften ein zwölf Meter langer Sattelzug auftauchte. Um seinen Vordermann nicht draufzufahren, bremste dieser ab so gut er konnte, wodurch der tonnenschwere Auflieger zur Seite ausbrach und drohte Conan und Ai mit sich zu reißen. Shinichi blieb nichts anderes übrig als voll in die Eisen zu gehen. Sie rutschten vom Skateboard und blieben auf dem Asphalt liegen, als der Anhänger, wie eine Abrissbirne, über ihnen hinweg zog. Sie rochen das Gummi der quietschenden und qualmenden Reifen, welche sie nur knapp verfehlten. Das Herz der Beiden schlug wie wild in der Brust. Das wäre beinahe schief gegangen und sie wären buchstäblich unter die Räder gekommen. Shinichi rappelte sich wieder auf und reichte seiner Freundin die Hand zum Aufstehen. „Alles okay bei dir? Bist du verletzt?“, erkundigte er sich besorgt. „Nein, mir geht es gut.“, verneinte Ai. „Doch wäre das beinahe unser Ende gewesen.“ Conan nickte und sah sich das Verkehrschaos aus aufgebockten Kraftfahrzeugen und ihren aufgebrachten Besitzern an. Da war kein Durchkommen mehr möglich und selbst wenn, der Bombenleger war mit Sicherheit schon über alle Berge. „Verdammt und dabei hätten wir ihn fast geschnappt.“, knirschte der Schwarzhaarige verbittert. „Ich glaube du solltest dankbar sein, dass wir noch atmen.“, mahnte Haibara. „Stimmt, entschuldige bitte. Doch ich wollte sowieso nicht, dass du mitkommst, da es gefährlich werden könnte und genau so kam es auch.“ Ai verschränkte ihre Arme. „Du kannst aber nicht erwarten, dass ich einfach zusehe, wie du dein Leben aufs Spiel setzt und das immer und immer wieder.“, argumentierte das rotblonde Mädchen scharf. Zerknirscht sah Shinichi zu Boden. „Noch weniger kann ich zulassen, dass du das deine mit riskierst.“, murmelte er unhörbar. Ai sah ihrem Detektiv in die Augen und ihr Blick wurde sanfter. Ihr war nicht danach mit ihm zu streiten, doch ihm musste einfach klar sein, wie sie sich jedes Mal fühlte, wenn er alleine loszog, um das Verbrechen zu bekämpfen. Shinichi ging auf sein Skateboard zu. Es war, etwas weiter als sie, zwischen die Autos gerutscht. Oh man, all die Kratzer und Dellen, die der Professor dank ihm ausbessern müsste, dachte er sich zerknirscht. Als er das Brett aufhob, um die Blessuren zu begutachten, bemerkte er dabei eine seltsame dunkle Flüssigkeit zu seinen Füßen. Auch an einen der Scheinwerfer des Autos direkt neben ihm, klebte etwas von dem Zeug, dass ziemlich streng nach Chemie roch. Es war das Fahrzeug, dass das Motorrad auf der Kreuzung gestreift und beinahe mit sich gezogen hätte. „Was ist das?“, fragte Ai nach, als sich ihr Freund hinkniete und die Substanz mit seinen Fingern befühlte. Langsam zerrieb er sie zwischen Daumen und Zeigefinger und hatte dabei ein konzentriertes Gesicht aufgesetzt. „Ich würde sagen, dass ist Motorenöl.“ Shinichi verpackte etwas davon in einen kleinen Plastikbeutel und richtete sich wieder auf. „Eine Sache steht schon mal fest, der Kerl ist nicht zu unterschätzen. Die Detektei und nun auch die Schule, das war alles nichts neues für ihn. Ich glaube wir haben es mit einem echten Experten für Anschläge zu tun.“ Er hielt das Tütchen mit der schwarzen starkriechenden Flüssigkeit hoch. „Mithilfe des Öls und anhand des Aussehens des Motorrads, könnten wir aber in der Lage sein, die Marke und das genaue Modell des Motorrads zu bestimmen. Das würde die Suche nach dem Täter vereinfachen.“ „Woher willst du wissen, dass das Öl zu dem -von uns verfolgten- Motorrad gehört. Es kann doch auch von jedem beliebigen Fahrzeug hier stammen.“, erwiderte Ai skeptisch. „Nicht ganz.“, korrigierte Conan sie. „Du musst wissen, Motorenöl von Autos und Motorrädern unterscheiden sich maßgeblich voneinander. Zum Beispiel dient das Öl bei Motorrädern besonders dem Schmieren des Getriebes und besteht somit aus einem anderen Gemisch, was besonders klebrig ist. Des Weiteren kann es entweder für 2-oder 4-Takt-Motoren ausgelegt sein.“ Haibara zog überrascht eine Augenbraue nach oben. „Seit wann kennst du dich denn so gut mit Motorrädern aus?“ „Nun ja, mein Vater hat mir früher auf Hawaii das Motorradfahren beigebracht. Wir haben uns damals zwei Harleys ausgeliehen und sind damit über die Insel gefahren. Dabei habe ich so einiges lernen dürfen.“, erklärte Shinichi. Ai nickte stumm. Das hatte sie gar nicht gewusst. Sie erkannte, dass es noch so viele Dinge gab, die sie beide von dem jeweils anderen nicht wussten. So viele manch dunkle Geheimnisse. „Sag mal, gibt es eigentlich auch etwas, dass du auf Hawaii nicht gelernt hast?“, hakte sie leicht provokant nach. Ihr Freund rieb sich ein wenig verklemmt den Hinterkopf. Ai sah sich um und verfolgte zwei Verkehrspolizisten, die auf ihren Fahrrädern herangerückt waren und sich nun bemühten, die Ordnung auf der Kreuzung wieder herzustellen. Zum Glück kam es zu keinem schwerwiegenden Unfall und niemand schien verletzt worden zu sein. Nach allem was heute passiert war, schien es dennoch ein wahrer Glückstag zu sein. „Wir können hier wohl nicht mehr viel tun. Wir sollten am besten zurück zur Schule. Die Kinder machen sich bestimmt Sorgen um uns und die Polizei wird mit Sicherheit auch schon vor Ort sein.“, schlug das rotblonde Mädchen vor. „Außerdem bin ich mir sicher warten die zuständigen Kommissare nur darauf, die alles entscheidenden Hinweise des großen kleinen Detektivs Conan Edogawa vorgelegt zu bekommen.“, versuchte sie ihn auf ihre neckische Art aufzuheitern. Shinichi konnte sich zu einem Lächeln durchringen. Sie hatte Recht. Auch wenn er ihnen heute entwischen konnte, so waren sie dem Täter dicht auf den Versen und bald würde ihm das Handwerk gelegt werden. Er stimmte ihr zu und so ging es mit dem Skateboard wieder zurück zur Teitan-Grundschule. Dieses Mal allerdings nur im Schritttempo. Kapitel 14: Dafür sind Freunde da --------------------------------- Kapitel 14: Dafür sind Freunde da Als das Paar auf Conans Skateboard wieder an der Grundschule ankam, waren die Detective Boys heilfroh, dass ihnen nichts zugestoßen war. Gleich nach ihrer Ankunft wollte der junge Detektiv von Mitsuhiko wissen, ob er ihm die Person, die ihn betäubt und eingesperrt hatte, genauer beschreiben könne. Sein Freund druckste jedoch nur verlegen herum und gestand, sich an nicht mehr als einen großen finsteren Schatten erinnern zu können. Er berichtete, ihm sei nach dem Aufwachen ziemlich schwindelig und auch schlecht gewesen, was Shinichi befürchten ließ, der Täter habe ihm irgendeine Chemikalie verabreicht, um seine Erinnerungen zu trüben. Die wunde Stelle an Mitsuhikos Hals bewies aber, dass die eigentliche Betäubung mit einem Elektroschocker von statten ging. Dieser Attentäter oder wie man ihn nennen soll, war sehr darauf bedacht ja keine Hinweise zu hinterlassen, musste Shinichi zähneknirschend feststellen. Während Mitsuhiko das -woran er sich noch zu erinnern vermag- zusammenkratzte, vermied er jeglichen Augenkontakt mit den Leidensgenossen des Apoptoxins. Er fühlte sich mies, da er ihnen mit seinen spärlichen Informationen nicht weiterhelfen konnte, weil sein Gedächtnis sich einfach wie gelöscht anfühlte. Des Weiteren hatte er ein schlechtes Gewissen dafür, dass er Conan im Unterricht verpetzt hatte. Selbst wenn er immer noch ein wenig sauer war, so hatte er ihm doch das Leben gerettet. Er zeigte Mut und Selbstlosigkeit und verhielt sich trotz dem Verhältnis zu Ai weiterhin wie ein wahrer Freund. Dem Jungen mit den Sommersprossen wurde klar, dass er womöglich überreagiert und einzig und allein aus Neid gehandelt hatte. Er sah ein, warum Haibara Conan verfallen war. Ihr gemeinsamer Freund war einfach der geborene Beschützer. Der Feuerwehr war es in der Zwischenzeit gelungen das Feuer in der Schule einzudämmen und schließlich komplett zu löschen. Der Westflügel hat jedoch schwer unter den Folgen des Brandes gelitten und war mitunter in keinem guten Zustand. An eine schnelle Wiederinbetriebnahme war erstmal nicht zu denken. Generell wusste niemand so genau wann, nach einem solchen Ereignis, die Schule ihren normalen Ablauf überhaupt fortsetzen dürfe. Die Polizei würde zuerst ermitteln müssen und, wie Ai vermutet hat, war diese auch bereits zugegen und hatte die Schule weiträumig abgesperrt. Die meisten Schüler waren inzwischen von ihren Eltern abgeholt und nach Hause gebracht worden. Sie waren allesamt erleichtert, dass es nach gründlichen Durchzählungen keine Opfer unter den Schülern zu beklagen gab und alle wohlauf waren. Es kam einem Wunder gleich. Nur die verkohlten Überreste eines Mannes, ließen auf ein Todesopfer schlussfolgern. Die Ermittlungen dazu und zur Ursache des Brandes leiteten Kommissar Takagi und Kommissarin Sato. Kogoro Mori war ebenfalls zum Tatort zitiert worden und traf kurz nach Conan und Ai ein. Sicherlich stand die Polizei unter massivem Druck, da es der bereits zweite Anschlag binnen einer Woche war und immer noch kein Schuldiger verhaftet werden konnte. Die beiden Verliebten begaben sich augenblicklich zu Kogoro und erzählten ihm von dem verdächtigen Motorradfahrer und das sie der festen Überzeugung waren, dass dieser für die Explosion verantwortlich sein musste. Von ihrer waghalsigen Verfolgungsjagd verloren sie aber kein Wort und auch ihren Fund auf der Straße behielt Shinichi vorerst in der Hinterhand. „Was ziehst du dir denn nur wieder alles an den Ohren herbei du Lausebengel.“, wetterte der Möchtegerndetektiv. „Wer redet denn davon, dass hier ein Dritter am Werk war. Alles was ich bisher weiß ist, dass das Feuer laut Augenzeugen im Labor der Schule ausgebrochen ist, also kann man davon ausgehen, dass es höchstwahrscheinlich nur ein Unfall war.“ Genervt sah Mori zu Conan hinab, welcher sich schon denken konnte, dass der alte Bock zu stur war, um ihnen Glauben zu schenken. „Es tut mir leid, aber dem scheint bedauerlicherweise nicht so zu sein, verehrter Kollege.“, äußerte sich Takagi unvorhergesehener maßen, als er plötzlich hinter dem schlafenden Detektiv stand. Kogoro fuhr wie eine aufgeschreckte Katze herum und schwärzte den Kommissar an, sich in Zukunft gefälligst nicht so an ihn heranzuschleichen. „Verzeihen sie mir.“, entschuldigte sich Takagi etwas beschämt. „Doch ich kam nicht drum herum mitzuhören und die Informationen der Kinder können uns durchaus weiter helfen. Nach ersten Berichten handelte es sich nämlich nicht um einen Unfall, sondern um eine absichtlich hervorgerufene Explosion. Von den Auswirkungen her, keinesfalls auf einen Laborunfall oder etwas Ähnlichem zurückzuführen.“ Miwako Sato kam zu ihnen und stellte sich zu ihrem Kollegen. „Wir können ihnen sogar noch mehr mitteilen. Ein Grund, weswegen wir sie ja überhaupt erst hergebeten haben Herr Mori. Unser Verdacht auf eine Wiederholungstat konnte bestätigt werden. Es wurden mehrere Rückstände einer Bombe sichergestellt. Diese und das Ausmaß der Zerstörung stimmen mit dem Plastiksprengstoff überein, der auch in ihrer Detektei verwendet wurde.“ „Was? Es war also wirklich kein Unfall und dann auch noch ein und derselbe Täter?“, entfuhr es dem Suffkopf, dessen Kinnlade schon den Boden ansteuerte. Habe er nicht versucht genau das ihm die ganze Zeit über klarzumachen, verdrehte Shinichi die Augen, was Ai ein schwaches Kichern entlockte. „Ja, davon ist auszugehen.“, versicherte Sato, den Ernst der Lage wohl bewusst. „Auch wenn uns der Zusammenhang zwischen beiden Taten noch nicht bekannt ist.“ „Wenn aber der Bombenleger auch gleichzeitig der Motorradfahrer ist, den Conan und Ai uns geschildert haben, dann dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis wir ihn kriegen.“, ergänzte Takagi. Kogoro schob selbstbewusst das Kinn nach vorne und ballte die Faust. Er selbst war ganz versessen darauf, den Typen, der seiner Ran etwas anhaben wollte, die Leviten zu lesen und den Prozess zu machen. Da dürfte er dann Bekanntschaft mit seiner Ehefrau machen. Das schlimmste was sich Kogoro für einen Schwerverbrecher nur vorstellen konnte. „Ha, na selbstverständlich ist es ein und dieselbe Person. Ich kann es deutlich spüren und mein feines Näschen täuscht mich nie.“, trötete er überheblich drauf los. Shinichi verzog –von Fremdscham gezeichnet- das Gesicht. Oi Oi, war sein Onkelchen nicht gerade noch derjenige gewesen, der das alles als bloßen Unfall abstempeln wollte, dachte sich der ehemalige Oberschüler. Er legte wieder eine ernste Miene an den Tag, als er hinüber zur Grundschule sah. Also war es wirklich der Kerl im Motorradanzug und nun hatte er schon zwei Orte verwüstet, die vielleicht für die Polizei in keinerlei Zusammenhang stehen, aber für ihn eine gemeinsame Komponente aufzeigten. Er selbst. Conan spürte wie er am Kragen gepackt wurde. „So genug gegafft du Dreikäsehoch. Ran hat darauf bestanden, dass ich dich und deine kleine Freundin von der Schule direkt nach Hause bringe. Das ist momentan kein Ort für Kinder verstanden.“, bellte Kogoro und trug den protestierenden Shinichi zu seinem Mietwagen. Bei der ganzen Stramplerei des Schwarzhaarigen fiel ihm das Tütchen mit der Probe des Öls aus der Hosentasche. Diese wollte er doch noch unbedingt der Polizei übergeben. Zu seinem Glück war Haibara für ihn zur Stelle, da er selbst etwas unpässlich war. Schnell ging Ai ihnen nach und hob das Tütchen wieder auf, um es unauffällig Takagi anzuvertrauen. „Würden sie uns einen Gefallen erweisen Herr Takagi und diese Substanz überprüfen? Wir vermuten das könnte Öl sein, das vom Motorrad des Verdächtigen stammt. Eventuell hilft ihnen das ja bei ihren Ermittlungen weiter.“ Takagi ging vor dem rotblonden Mädchen in die Hocke und nahm das Stück Plastik entgegen. „Ist das so, ja? Ich würde sagen, wir werden mal schauen ob uns das von Nutzen sein kann. Auf jeden Fall habt ihr heute mit euren Beobachtungen ganze Arbeit geleistet.“, lobte der Kommissar. „Oh haben sie vielen Dank.“, lächelte Ai kindlich. Sie musste zugeben, ihr fiel es nicht ansatzweise so leicht wie ihrem Leidensgenossen nicht wie ein adoleszenter Jugendlicher zu wirken, doch sie tat ihr Bestes so mädchenhaft wie möglich zu klingen. „Könnten sie auch so nett sein und uns das Ergebnis anschließend mitteilen? Ich bin mir sicher der große Detektiv Kogoro Mori wird den Fall dann im Nu aufklären.“ Sie deutete mit ihrem Kopf und einem leichten Grinsen zum Onkelchen, welcher Conan im hohen Bogen auf die Rückbank des Mietwagens schleuderte und die Tür zuschmiss. „Ähm natürlich, werde ich machen.“, versprach ihr Takagi. Haibara lächelte zuckersüß und ging nun ebenfalls zum wartenden Kogoro. Seltsames Mädchen, dachte sich der Kommissar als er ihr nachsah. Sie und auch Conan sind zwar noch klein, doch scheinen sie den Erwachsenen immer einen Schritt voraus zu sein. „Erstaunlich die Kinder heutzutage“, musste Takagi neidlos anerkennen und ließ das Tütchen in seiner Seitentasche verschwinden, ehe er sich mit Sato wieder der Arbeit zuwandte. Nachdem Kogoro Ai beim Professor abgesetzt hatte, konnte sich diese nur oberflächlich von Conan verabschieden, da sein Fahrer, kaum dass sie ausgestiegen war, bereits zur Weiterfahrt drängte. Ran habe ihn schon mehrmals versucht anzurufen und schien sie so schnell wie möglich zuhause haben zu wollen. Also blieb Shinichi nur ein kurzlebiger Abschiedskuss auf die Wange, bevor er auch schon zurück in den Wagen gezogen wurde. Während der restlichen Fahrt wurde nicht viel geredet. Nur ab und zu hatte Kogoro etwas vor sich hingemurmelt, dass wenn man ihn fragen würde, Conan doch eigentlich noch viel zu jung sei, für eine solch feste Beziehung mit einem richtigen Mädchen. Nach einem solchen Gesprächsthema verlangte es dem Geschrumpften aber so gar nicht, auch wenn er seinem Onkelchen gerne davon in Kenntnis gesetzt hätte, dass es für einen eigentlich Achtzehnjährigen ganz normal sei, eine Freundin im gleichen Alter zu haben. So zogen es beide vor, sich einfach weiter anzuschweigen und ein wenig den Nachrichten im Radio zu lauschen. Wie zu erwarten, war die Explosion und der folgenschwere Brand in der Grundschule, die -im wahrsten Sinne- brandheißeste Meldung des Tages. Die genauen Hintergründe seien bisher noch unklar und die Polizei ermittle, hieß es knapp zusammengefasst. Als Conan und Kogoro dann endlich bei Eri zuhause ankamen, wartete schon eine völlig aufgelöste Ran auf sie. Sie drückte den kleinen Jungen an sich, kaum dass er durch die Haustür kam, sichtlich erleichtert, dass ihm nichts passiert war. Wenn sie nur wüsste, mit welch waghalsigen Aktionen Conan heute schon mehr als einmal dem Tod von der Schippe gesprungen war, sie würde ihn wahrscheinlich umbringen, dachte sich der Schwarzhaarige und tätschelte beruhigend den Rücken der Braunhaarigen. „Ein Glück geht es dir gut, ich befürchtete schon, dir sei etwas zugestoßen.“ Große kugelrunde Tränen kullerten ihre Wangen hinab. Sie schien sich wirklich große Sorgen gemacht zu haben, stellte Conan fest. „Es ist alles halb so wild Ran. Mir geht es gut und den Detective Boys und Ai auch. Alles ist in Ordnung.“, versicherte er ihr mit kindlicher Stimme. „Nichts ist in Ordnung.“, wimmerte sie und vergrub das Gesicht in ihren Händen. Shinichis Lächeln verblasste und er sah sie leicht derangiert an. In ihm regte sich der Verdacht, dass mehr vorgefallen war, als er bisher wusste und sah ahnungslos zu Kogoro, dessen Gesichtsausdruck aber auch keine Antworten darauf erwarten ließ. „Paps“, Ran bemühte sich um eine klare Stimme. „Toru ist aus dem Krankenhaus verschwunden. Niemand weiß wo er hin ist. Er ist einfach weg.“ „Wie bitte?“, entfuhr es Kogoro und Conan zeitgleich und das so schockiert, dass es ihnen auch vollends gleichgültig war, dass sie dem jeweils anderen die Worte aus dem Mund genommen hatten. „W-Was soll das heißen er ist weg? Wie kann er denn einfach verschwinden?“ Der schlafende Meisterdetektiv wollte das eben gehörte kaum glauben. „I-Ich weiß es doch auch nicht.“, stammelte seine Tochter konsterniert. „Ich wurde heute gleich nach der Schule von Inspektor Megure angerufen, der mir mitgeteilt hat, dass Toru nicht mehr aufzufinden sei und...“ Ihre Stimme wurde von Mal zu Mal dünner bis sie schließlich gänzlich abbrach. „Warte, wieso hat dich Inspektor Megure angerufen?“, wollte Shinichi nun von ihr wissen. Ran musste schluchzen, was anscheinend nichts Gutes verhieß und der junge Detektiv schon mit dem Schlimmsten rechnete. Sie bemühte sich genug Kraft aufzubringen, um seine Frage zu beantworten, doch fiel ihr es wahrlich nicht leicht. „Die Angestellten des Krankenhauses haben die Polizei eingeschaltet, nachdem sie den zuständigen Arzt und eine Krankenschwester bewusstlos auf der Station vorgefunden hatten. Sie haben keine Erinnerung daran, was vorgefallen war, doch seitdem fehlt von Toru jede Spur.“ Die Braunhaarige konnte nicht anders, als erneut in Tränen auszubrechen. Sie war sich sicher, dass im etwas passiert sein musste. Ihr Vater nahm sie daraufhin in den Arm, um ihr Trost zu spenden. „Ist ja gut Mausebein, wir werden ihn schon finden. Ich bin sicher ihm geht es gut.“ Er führte seine Tochter in die Küche, damit sie sich mit ihm an den Tisch setzen konnte, bevor er ihr weiter aufmunternd zusprach. Wenn es um Ran ging, dann war es so, als würde sich bei Kogoro ein Schalter umlegen, der ihm zum fürsorglichsten Vater der Welt werden ließ. Genau das, was das Fräulein Mori jetzt brauchte, nach den pausenlosen Streitereien ihrer Eltern die letzten Tage, die ihr schon genug Kraft gekostet hatten. Shinichis Gedanken drehten sich derweilen wie ein Karussell im Kreis, sodass er Schwierigkeiten hatte ihnen zu folgen. Was hatte das alles nur zu bedeuten? Wurde Amuro etwa aus dem Krankenhaus entführt? Ganz auszuschließen war es nicht, da er ein wichtiger Zeuge war, wenn es darum ging, die Identität des Attentäters zu entlarven. Steckte dieser vielleicht auch hinter Amuros Verschwinden? Wer war der Kerl bloß? Wer steckte hinter diesem schwarzen Motorradhelm? Sich selbst zermürbend, streifte Shinichi durch den Wohnungsflur, als die Haustür geöffnet wurde und Eri hereinkam, beladen mit Einkaufstüten. Direkt hinter ihr folgte Sera, die ebenfalls einige Tüten wuchtete. „Das ist wirklich sehr lieb von dir, mir beim Hochtragen der Einkäufe zu helfen Masumi. Jetzt da wir so viele sind, muss ich im Supermarkt vielmehr besorgen als ich es gewohnt bin.“, bedankte sich Eri, wenngleich sie auch ein wenig erschöpft klang. „Das mache ich doch gerne.“, winkte Sera ab und grinste breit. Ihre Miene wurde schlagartig todernst, als ihr Blick auf Conan fiel. Der Vorfall an der Grundschule schien schon jedem Einwohner Tokyos bekannt zu sein und man konnte auch der jungen Frau mit den grünen Augen ansehen, dass sie in Sorge um den Geschrumpften gewesen war. Masumi spitzte die Lippen, in Vorbereitung etwas dazu zu sagen, doch Shinichi schüttelte nur den Kopf und machte eine ablehnende Geste, um ihr klar zu machen, es lieber bleibenzulassen. Er war okay…oder? Zumindest sollte sich niemand danach erkundigen, denn wenn er ehrlich zu sich war, dann wusste er es selbst nicht so recht. Ein schwerwiegendes Ereignis jagte dem nächsten und Shinichi hatte nicht den blassen Schimmer, was noch kommen würde. Doch aktuell war es Ran, die am meisten erdulden musste und auch wenn ihn es sehr mitnahm sie so zu sehen, so hegte er keinerlei Intension, sich jetzt in den Mittelpunkt rücken zu wollen. Er deutete mit seinem Zeigefinger in einer flüchtigen Bewegung zur Küche, von der aus man das -zutiefst am Boden zerstörte- Fräulein Mori hören konnte. Eri marschierte sofort in die Küche. Masumi folgte ihr. Shinichi trottete ihnen ebenfalls hinterher, blieb aber im Türrahmen stehen. Die beiden Frauen wurden sogleich in das plötzliche Verschwinden von Amuro eingeweiht. Eri vergaß dabei ihre Einkäufe und setzte sich sofort zu Ran, um ihre Hand zu halten. Sie versicherte ihr, die Polizei würde alles erdenkliche unternehmen, um ihn zu finden, doch die sich ständig wiederholenden Plattitüden konnten Ran auch nicht aufmuntern. Sera blieb weitestgehend stumm und legte von hinten eine Hand auf die Schulter ihrer Freundin. Ihr Kopf schwenkte immer mal wieder zu Shinichi hinüber, der sich derweilen nicht von der Stelle gerührt hatte. Masumi ging langsam zu ihm hinüber und packte ihn unauffällig, aber sanft am Kragen, um ihn aus der Hörweite der Moris zu bekommen. Als sie ungestört waren, stellte sich Sera vor den Geschrumpften. Shinichi begutachtete das taffe Mädel in dem -mit Tarnfarben bestückten- Hemd und den zerschlissenen grauen Shorts, wie sie die Arme vor ihrer Brust verschränkte. Die Ärmel ihres Oberteils hatte sie sich locker in die Armbeugen gekrempelt. Sie hob eine Augenbraue, was schnell den Eindruck erweckte, dass sie von ihm dringend auf den neuesten Stand gebracht werden wollte. So kam es, dass er ihr von seiner Begegnung mit ihrem bereits bekannten Motorradhelmträger erzählte und dass es ihm bei einer Verfolgungsjagd leider nicht gelungen war ihn zu schnappen. Seinen Fund, welchen Ai in die Obhut der Polizei zur Untersuchung gegeben hatte, erwähnte er natürlich auch, ebenso wie die Möglichkeit, dass auch das Verschwinden von Amuro mit allem zusammenhängen könnte. Sera pustete die von ihr eingezogene Luft wieder aus und fuhr sich abwägend über den Nacken. Ganz schön harter Tobak, wie sie feststellen musste. „Kannst du dich noch an das Aussehen des Motorrads erinnern?“ Shinichi bestätigte. „Selbstverständlich. Es handelt sich um ein in tiefschwarz gehaltenes Naked Bike. Nur die unverkleideten Teile, wie der Auspuff, der Motor und das Fahrwerk waren verchromt. Es wirkte wie ein Sportmotorrad, besaß aber die notwendige Verkehrsausstattung. Die genaue Marke und das Modell konnte ich leider nicht identifizieren.“ Er musterte sein Gegenüber abwartend. „Vielleicht kannst du als Expertin auf zwei Rädern ein wenig mehr dazu in Erfahrung bringen?“, folgte eine etwas unterschwellige Anfrage. Ihm war klar, dass er bei diesem komplizierten Fall, jede erdenkliche Hilfe –die sich ihm bot- gebrauchen konnte. Masumis Mundwinkel verrieten sofort, dass sie dabei war. „Darauf kannst du dich verlassen Conan. Wenn erst einmal der Befund des Motorenöls vorliegt, finde ich schon heraus, um welches Bike es sich handelt und dann ist auch bald der Besitzer an der Reihe. Zumindest wissen wir nun, wonach wir in Zukunft Ausschau halten müssen.“ Shinichi nickte zustimmend, wobei ihm noch etwas einfiel. „Gibt es eigentlich Neuigkeiten von Akai? Ich meine, was den Plastiksprengstoff anbelangt.“ „Oh, allerdings.“, bejahte Sera. „Das wollte ich dir ohnehin noch sagen.“ Sie kramte einen zerknüllten Zettel aus der Gesäßtasche ihrer Shorts hervor und kniete sich zu Conan hinunter. „Mein Bruder hat ein paar alte Beziehungen spielen lassen und erfahren, dass die Yakuza ausgemusterte Bestände des Militärs mithilfe von Schmiergeldern abkassiert und an den Höchstbietenden weiterverkauft. Die Übergabe findet dann meist an einem abgelegenen Ort hier in Tokyo statt, welcher von der Mafia kontrolliert wird.“ Shinichi fing an sich den Hinterkopf zu kratzen. „Die Yakuza verscherbelt funktionstüchtige Bomben an jedermann der genug Geld hat?“ Masumi schüttelte den Kopf. „Nein, sie setzen nur das C4 ab. Zünder und alles Weitere, um den Sprengstoff scharf zu machen und hochjagen zu können, muss der Käufer selbst beschaffen und anschließend zusammen bauen. Außerdem vermittelt die Mafia nur an ihre bestehende Kundschaft und meistens sind das keine Einzelgänger, laut einem Spitzel der Drogenfahndung.“ „Also stecken doch höhere Mächte dahinter und unser Bombenleger handelt höchstwahrscheinlich im Namen eines Auftraggebers.“, schlussfolgerte der Detektiv. „Die alles entscheidende Frage die bleibt ist, was ist eigentlich sein Auftrag? Was für ein Ziel verfolgt er?“ „Schwer zu sagen.“, gab Shinichi zu. „Er hat zweimal einen Anschlag verübt, doch bei beiden Explosionen wurde niemand tödlich verletzt. Einzig und allein der Hausmeister unserer Schule verstarb, doch nicht als Folge der Bombe. Sein Körper wies auch keinerlei Fremdeinwirkungen auf. Außerdem war er gefesselt gewesen, genau wie Mitsuhiko. Wer macht sich denn die Mühe und fesselt einen Toten?“ „Das ist eine wirklich gute Frage.“, räumte Sera grübelnd ein. „Ich kenne den Hausmeister schon lange.“, meinte Shinichi daraufhin. „Herr Tachibana hatte den Job bereits, als ich das erste Mal die Grundschule besuchte. Er war demnach nicht mehr der Jüngste und litt seit geraumer Zeit auch unter einem Herzleiden und war auf Medikamente angewiesen. Wenn er also über längerem Zeitraum nicht in der Lage war seine Medizin einzunehmen, hätte er durchaus an einem Herzversagen sterben können.“ „Leider lässt sich das nun nicht mehr nachweisen. Aber das würde gleichzeitig auch die Möglichkeit zulassen, dass der Bombenleger nicht erst heute den Sprengsatz deponiert hat, sondern vielleicht schon am Vortag. Es wäre viel leichter für den Täter gewesen, dies nach der Schulzeit zu tun, wenn niemand außer dem Hausmeister sich mehr im Gebäude aufhält. In seiner Verkleidung hätte er dann leichtes Spiel gehabt und am Tag danach, brauchte er sich nur noch einmal zu vergewissern, dass keiner den echten Hausmeister vermissen würde und hat dann in der Nähe auf seinem Motorrad darauf gewartet, wann er die Bombe zünden konnte.“, spielte Sera seine Darlegung weiter. „Das sehe ich genauso.“, pflichtete Conan ihr bei. „Es war bei beiden Fällen also nie wirklich das Ziel gewesen jemanden umzubringen. Ran, Amuro und auch Mitsuhiko waren einfach zu falschen Zeit am falschen Ort.“ Sera stand wieder auf und stemmte die Hände in die Seiten. „Doch zurück zur eigentlichen Frage. Was verfolgt er dann für ein Ziel mit seinen Taten?“ „Er will mich fertig machen.“ Diese Worte schlichen so unerwartet -wie schnell- über Shinichis Lippen, dass Masumi erst glaubte sich verhört zu haben. „WAS DICH?“, fragte sie noch einmal nach. „Ja, ein anderes Verbindungsstück zwischen beiden Taten gibt es nicht. Nur ich. Er will mich verspotten und provozieren. Mich aus der Reserve locken, auf das ich einen Fehler begehe und er wird nicht aufhören, bis ich ihn stoppe.“ „A-Aber das würde doch bedeuten, dass dieser Kerl über dich Bescheid weiß oder besser gesagt, dass sein Auftraggeber weiß, wer du wirklich bist.“ „Allerdings, genau das würde es bedeuten, doch ich sehe inzwischen keine plausible Alternative. Ich kann es mir nicht anders erklären. Er hat es indirekt auf mich abgesehen und er weiß anscheinend alles über mich und das will er mir klar machen. Er weiß wo ich wohne, wo ich zur Schule gehe und er weiß, dass ich in Wahrheit der geschrumpfte Oberschüler Shinichi Kudo bin.“ Masumi machte ein besorgtes Gesicht, als sie den Jungen bei seiner ernüchternden Feststellung betrachtete. Sie begab sich wieder zu ihm auf Augenhöhe und kam ihm so nah, dass gerade mal der Abstand einer Handbreite zwischen ihnen übrig blieb. Ihre grün stechenden Augen, wie die von Shuichi, machten Shinichi immer wieder nervös, wenn sie ihm sich so sehr näherte. „Ich werde dir jedenfalls uneingeschränkt zur Seite stehen Conan und nicht nur ich. Mein Bruder, Heiji, Ai, wir sind alle ein großartiges Team und gemeinsam werden wir das Kind schon schaukeln.“ Sie zwinkerte ihm mit einem Grinsen zu. Shinichi war ein wenig sprachlos, aber auch dankbar für die aufbauenden Worte seiner Kameradin, die ihm in der Not Beistand leistete, ohne lange zu zögern oder nachzufragen. Sie schien auch keinen Grund dafür zu brauchen. Sie tat es einfach. Zu Seras Überraschung legte er seine Arme auf ihre Schultern und seine Stirn an die ihre. Eine wirklich ulkige Geste zwischen dem Kind und der Oberschülerin. „Danke, dass du das alles tust.“, flüsterte Shinichi. Masumis Wangen färbten sich langsam rot, bevor sie die Augen schloss und zurückflüsterte: „Keine Ursache. Dafür sind Freunde doch da.“ Kapitel 15: Die Rückkehr des Oberschülers ----------------------------------------- Kapitel 15: Die Rückkehr des Oberschülers Nach dem Abendessen zog es Conan vor, sich ziemlich schnell auf das für ihn eingerichtete Gästezimmer zurückzuziehen. Die Stimmung im Hause war äußerst niedergeschlagen. Selbst Kogoro und Eri bekamen sich nicht wie sonst in die Haare, da sie Rücksicht auf ihre Tochter nehmen wollten. Wenn es um ihr gemeinsames Kind ging, dann herrschte zwischen den beiden getrennt Lebenden ein unglaublich starkes Band, wie der Schwarzhaarige schon mehr als einmal feststellen konnte. Conan schloss die Zimmertür hinter sich und überprüfte noch einmal, dass die anderen beschäftigt waren, ehe er zu seinem Bett hinüberging. Er kramte das Handy von Shinichi Kudo aus einer seiner noch gepackten Taschen und wählte zielstrebig eine Nummer aus seiner Kontaktliste. Es klingelte nur kurz bis sein Anruf entgegengenommen wurde. „Hello, Jodie Starling here.“, meldete sich die blonde FBI-Agentin. „Hallo Jodie, ich bin es, Shinichi K…, ich meine Conan Edogawa.“ „Oh Cool Kid.“ Jodie klang erstaunt, aber auch gleichzeitig erleichtert über seinen Anruf. „Wie schön, dass du dich mal meldest. Es ist schon eine Weile her. Ich bin erleichtert, dass du wohl auf bist, nachdem was ich alles so gehört habe.“ Shinichi runzelte die Stirn, was Jodie jedoch nicht sehen konnte, wodurch er gezwungen war nachzufragen. „Hat Akai sie etwa bereits über alles in Kenntnis gesetzt?“ „Oh indeed.“, bestätigte sie. „Da scheint es wohl jemand ziemlich Fanatisches auf dein näheres Umfeld abgesehen zu haben.“ Shinichi nickte, was Jodie ebenfalls nicht sehen konnte, weswegen sie sich darin versuchte sein Schweigen zu deuten. „Ich würde dir natürlich gerne bei dieser Angelegenheit helfen. Nach allem was du für uns getan hast, wäre es das Mindeste, doch ist das leider kein Job für das FBI. Außerdem haben wir unseren Auslandseinsatz in Japan offiziell beendet. Du kannst dich aber auf Shu und seine Fähigkeiten verlassen. Er ist immerhin einer der besten Agents aus unseren Reihen. Mit ihm und auch mit deinem eigenen einzigartigen Verstand mein kleiner Sherlock, wirst du schon herausfinden, wer hinter diesen Anschlägen steckt.“ Conan atmete schwer aus, bevor er etwas erwiderte. „Ich habe bereits eine Ahnung, wer dahinter stecken könnte?“ Jodie spitzte ihre Lauschapparate. „Really? Nun ich bin ganz Ohr.“ „Jodie?“ Seine Stimme klang nicht sehr heiter, vielmehr todernst. „Ist die Organisation wirklich besiegt worden?“ Eine Weile herrschte Funkstille zwischen ihnen. „What? Aber natürlich ist sie das. Of course.“, meldete sich Jodie wieder. „Tja wissen sie, ich bin mir da seit den letzten Tagen nicht mehr so sicher und auch Ai hegt Bedenken, dass die Männer in Schwarz immer noch aktiv sind. Ich konnte zwar bisher ihre Ängste zerstreuen, doch mittlerweile denke ich selbst auch immer vermehrt daran, dass sie Recht haben könnte und das macht mich ziemlich fertig. Schließlich habe ich ihr doch ein friedliches Leben außerhalb jedweder Angst und Furcht versprochen.“ „Shinichi“ Jodies Stimme war urplötzlich so unglaublich warm und weich geworden, dass mit dem Aussprechen seines Namens, er für einen kurzen Moment glaubte mit seiner Mutter zu telefonieren. Sie hatte ihn bisher nur selten Shinichi genannt. „Ich kann all deine Sorgen verstehen und auch die von Ai. Die Organisation ist noch nicht lange von der Bildfläche verschwunden und einige Wenige sind weiterhin auf der Flucht und haben sich höchstwahrscheinlich abgesetzt, doch sind sie keine organisierte Verbrecherbande mehr. Ihr Anführer ist tot und viele hohe Mitglieder folgten seinem Beispiel, anstatt in Gefangenschaft zu gehen. Egal ob sie im Kampf oder durch ihre eigene Kugel den Tod fanden. >Lasse dich niemals lebend erwischen< war ihre Divise. Die die wir dennoch hinter Gitter bringen konnten, sind ausschließlich kleine Fische und Ganoven ohne irgendwelche Prinzipien oder Verbindungen zu höheren Kreisen und damit ohne bedeutsame Informationen für uns. Doch auch diese Leute werden bis zu ihrem Ableben keinen Fuß mehr in die Freiheit setzen.“ Conan nahm seine Brille von der Nase und legte sie neben sich auf das Bett. Er stieß einen tiefen Seufzer aus, der aber nichts an diesem Gefühl in seinem Inneren verändern mochte. „Es gibt aber so viele große Namen, die einfach von der Bildfläche verschwunden sind und dessen Tod nicht bestätigt werden konnte. Was ist mit Chianti, Korn, Wodka oder gar Gin?“ „Nach ihnen wird weiterhin gefahndet, auch wenn die Wahrscheinlichkeit schwindend gering ist, sie jemals zu schnappen, falls sie wirklich noch am Leben sein sollten. Wenn dem so wäre, würde ihnen nun aber die Macht in ihrem Rücken fehlen und mit Sicherheit wären sie schon längst nicht mehr Japan. Sollten sie in einer solchen Lage es dennoch wagen, irgendwo ihre fiesen Fratzen zu zeigen, so werden sie sich bald in einem der besten Hochsicherheitsgefängnisse der Welt wiederfinden.“ Shinichi vernahm ein Rascheln, als ob Jodie etwas aus einer Akte heraussuchen würde. „Warte mal eben.“, hörte er sie von etwas weiter weg. Das hin und her hantieren der Zettelwirtschaft endete nach kurzem und die blonde Frau am anderen Ende der Leitung räusperte sich, als sie den Höhrer wieder in Händen hielt. „Absinth, Galliano, Arrak, Merlot, Chambord...“, fing sie an aufzuzählen. „Das alles sind Codenamen der mächtigsten Anhänger Anokatas, wie wir anhand gefundener Beweise ermittelt und identifiziert haben. All diese hohen Köpfe sind Teil einer Liste von Organisationsmitgliedern, die erfolgreich unschädlich gemacht werden konnten. Einen größeren Triumph hätten wir uns selbst in den nächsten dreißig Jahren nicht erhoffen können.“ Die Agentin klang äußerst zufrieden und in der Tat, diese ganzen Namen zu hören, die zu Verbrechern gehörten, die nun keine Bedrohung mehr darstellten, war eine Genugtuung. Ein Name allerdings wollte Shinichi partout nicht los lassen. „Was ist mit Cognac?“, fragte er leise. „Das weißt du doch ganz genau. Er ist ebenso tot. Du hast es selbst gesehen“, kam die Antwort, mit der er gerechnet hatte. „Schon, aber ich habe heute in der Schule so ein merkwürdiges Gefühl verspürt, als ob Cognac noch lebt und ER hinter allem steckt.“, erklärte der Schwarzhaarige. „Unmöglich. Nishi Biogen Industries hat den tragischen Tod ihres Chefs vor der gesamten Presse Japans bekannt gegeben. Es hieße zwar er sei bei einem Autounfall gestorben, doch darf man dem Bericht ruhig Glauben schenken. Immerhin hat die Firma an sich und das haben wir aufs Gründlichste überprüft, bis auf die DHFI, die wir –mit der Mithilfe des geretteten Wissenschaftlers von damals- stillgelegt haben, keine Verbindung zur Organisation besessen. Selbst die Japan Finance Bank ist unter neuer Leitung. Niemand wusste oder besser gesagt weiß wer Kanae Nishimura in Wirklichkeit war und das ist, in Anbetracht des zu wahrenden Images der Öffentlichkeit gegenüber, auch besser so. Schlussendlich verbleibt von ihm nicht mehr, als ein Schatten in unser aller Vergangenheit.“ „Er kann untergetaucht sein und immer noch die Strippen ziehen.“, zweifelte Conan ihren Bericht dennoch an. „Du warst doch beim Absturz des Helikopters dabei gewesen. Er ist weg, glaube mir.“, beharrte die blonde Frau. „Sagen sie mal Jodie, wer hat die Firmen Nishimuras denn eigentlich geerbt bekommen?“, unterbrach Shinichi, den Rat der FBI-Agentin ignorierend. Diese seufzte und blätterte nur wiederstrebend in ihren Unterlagen. „Tatsächlich nur eine einzige Person, ihr Name ist Midori Yamaguchi. Sie soll eine enge Vertraute des ehemaligen Leiters gewesen sein und war demnach die erste Wahl, als es um die Nachfolge ging. Das darf ich dir eigentlich alles gar verraten, aber…“ „Haben sie vielen Dank Jodie.“, kam ihr Shinichi erneut zuvor und wollte sich schon verabschieden, doch die Dame vom FBI hielt ihn zurück. „Cool Kid“, mahnte sie ihn. „Ich bitte dich, stelle nichts Unüberlegtes an. Wenn du etwas in Erfahrung bringen willst, dann wende dich an Shuichi, hörst du?“ Shinichi biss sich auf die Zähne, bejahte aber bevor er auflegte. Er ließ seinen Kopf auf das weiche Federbett sinken. Für einen Moment schloss er seine Augen und dachte in Ruhe über Jodies Worte nach. So lag er eine Weile einfach nur da, bis er seine blauen Augen wieder aufschlug, als er Ran im Zimmer nebenan schluchzen hören konnte. Conan richtete sich auf und blickte die Wand an, welche ihn und seine Sandkastenfreundin voneinander trennte. Er hörte wie sie nach Luft schnappte, weil jeder ihrer Atemzüge durch ihre Tränen in schier endloser Traurigkeit ertränkt wurde. Der Geschrumpfte legte seine flache Hand gegen die Wand und seufzte geknickt. Sie tat ihm so unendlich leid. Ran hatte erst, vor noch nicht allzu langer Zeit, die Ablehnung und das erneute spurlose Verschwinden ihres besten Freundes und erste große Liebe Shinichi überwunden. Sie hatte erst seit geraumer Zeit wieder eine neue Liebe erfahren dürfen. Jetzt saß sie da und Conan konnte sie direkt vor sich sehen, wie sie auf ihrem Bett nebenan kauerte und ihren Kummer in aller Stille erduldete, da erneut ein Mensch, der ihr nahe stand, einfach spurlos verschwunden war. Das war alles nicht fair, dachte er sich. Das hatte Ran nicht verdient und er ertrug es einfach nicht länger, dass sie so litt. Wenn er doch nur etwas tun könnte, um ihren Schmerz zu lindern. Egal was. Sein Blick fiel hinab auf sein Handy, das in seinem Schoss ruhte. Er öffnete erneut die Kontakte und scrollte die Liste hinunter, bis er bei ihrem Namen angelangt war. Shinichi hielt inne und starrte einfach nur auf die drei Schriftzeichen. Sein Kopf warnte ihn, dass das keine gute Idee sei und Ai wäre wahrscheinlich derselben Ansicht. Seine Freundin war aber aktuell nicht hier und sein Herz sprach klar und deutlich eine ganz andere Sprache. Ohne weiter nachzudenken wählte er ihre Nummer und hielt sich seinen Stimmentransposer an den Mund. Er hörte es auf der anderen Seite der Wand leise klingeln und das unterdrückte Weinen verstummte. Ran erhob sich und ging einige Schritte durch den Raum. Was dann folgte, war Stille. Nur das fortlaufende Geräusch ihres Klingeltons war zu hören. Sie erkannte wohl den Anrufer und würde bestimmt nicht abheben wollen. Shinichi überlegte ob er doch lieber wieder auflegen sollte, doch dann verstummte das Klingeln und er konnte ihren unregelmäßigen Atem an seinem Ohr hören. „Hallo Ran.“, begann er in seiner alten Stimme. „Ich bin es.“ In der Nacht wühlte sich der geschrumpfte Detektiv unruhig hin und her. Er hatte keinen Albtraum oder ähnliches, doch er schwitzte fürchterlich und seine Atmung war hektisch und gebrochen. Conan riss die Augen auf, als er aus seinem Schlaf erwachte. Sein Herz schmerzte fürchterlich. Es kam ihm vor, als würde er ersticken. Seine Lungen wollten dem Willen ihres Besitzers plötzlich nicht mehr gehorchen. Er riss die Bettdecke von sich, hob den Kopf nach oben und rang verzweifelt nach Sauerstoff. Ein schwerer Stich in seiner Brust ließ ihn zusammenfahren. Er krümmte sich vor Qualen und versuchte durch eine andere Haltung diese irgendwie zu mindern, in der Hoffnung es würde gleich vorbei sein, egal was es war, doch nichts wollte helfen. Das Gefühl der sich aufstauenden Hitze in seinem Körper wurde immer größer und ein ihm wohlvertrauter Aussetzer sorgte dafür, dass alles vor seinen Augen verschwamm. Das konnte doch unmöglich…. Nein. Das kann nicht, dachte sich Shinichi panisch und presste sich die Hände auf den Mund, um nicht laut loszuschreien. Die Symptome waren jedoch eindeutig und er hatte keinen Zweifel mehr, was mit ihm geschah, als seine Knochen zu brennen begannen und seine Muskeln zu zerreißen drohten. Mit letzter Kraft schob er sich aus dem Bett und streifte seine Schlafsachen ab, bevor diese durch das Heranwachsen seines Körpers zu klein werden würden. Nackt lag er nun auf dem Fußboden und erlitt einen Wachstumsschub nach dem nächsten und jedes Mal wurde seine Pein schlimmer. Conan befürchtete wieder in Ohnmacht zu fallen, doch hörte der Schmerz auf, ehe es so weit kam. Seine Organe, die bis eben noch durch seinen Oberkörper gejagt sind, kamen wieder zur Ruhe. Tief atmete der Jugendliche ein, da seine Schnappatmung sich legte und es ihm endlich wieder möglich war Luft zu holen. Sein ganzer Körper fühlte sich dennoch unnatürlich heiß an und als er die Hand vor seine Augen führte, konnte er leichte Dampfschwaden sehen, die seine Poren verließen. Sobald Shinichi sich wieder etwas rühren konnte, drehte er sich auf den Bauch und zog sich über den Boden hinüber zu dem großen Wandspiegel. Er stöhnte schwer. Jeder Zentimeter zerrte an seinem geschwächten Körper, doch er musste sich vergewissern. Er presste die Hände gegen das Glas und stemmte sich so gut er konnte nach oben, um sich selbst betrachten zu können. Das Antlitz eines Oberschülers mit nassen schwarzen Haaren und einigen Strähnen, die ihn im Gesicht klebten, trat zum Vorschein. Es war Shinichi Kudo den er da vor sich sah. Wie konnte das nur sein? Seine Arme gaben nach und er glitt mit der Schulter die Schrankwand hinab. Er lehnte seinen Kopf gegen das glatte Holz. Seine Augen waren glasig und desorientiert. Was war mit ihm nur passiert? Zu vernehmende Schritte ließen ihn aufhorchen. Jemand fing an, auf leisen Sohlen, durch den Flur zu gehen. Shinichi versuchte aufzustehen, doch der Verwandlungsprozess hatte in so ausgelaugt, dass er nur zwei Schritte nach vorne stolperte, ehe er lautstark auf den Fußboden knallte. Die Schritte stoppten. Der Oberschüler keuchte schwer vor Erschöpfung, doch trotzdem konnte er das zögerliche Klopfen an seiner Zimmertür hören. „Conan? Alles in Ordnung bei dir?“, vernahm er Rans vorsichtige Stimme. Nein Ran, bitte komme nicht rein, flehte Shinichi innerlich und kämpfte sich bis zur Bettkante vor. Er musste schnell etwas unternehmen und seinen Stimmentransposer zu fassen kriegen. Das Fräulein Mori drehte den Türknauf und die Schlossfalle wurde eingezogen. Zeitgleich hievte sich Shinichi zurück auf die Matratze und verkroch sich unter die Bettdecke, seine Fliege dabei im Anschlag. Es war so dunkel, dass er die Rädchen auf dem Transposer kaum erkennen konnte, doch da seine Stimme als Shinichi noch eingestellt war, gelang es ihm, dank der Geräusche, dass das verstellen der Räder erzeugte, die Stimme von Conan auszuwählen. Er war sich ziemlich sicher, dass es die Richtige sein musste, doch es zu überprüfen war er nicht in der Lage und genug Zeit dafür besaß er auch nicht. Die Tür öffnete sich einen Spalt breit und das Licht aus dem Flur drang hinein in sein Zimmer. Ran steckte ihren Kopf in den Raum und Shinichi hielt den Atem an, als er ihren Blick spürte. „Conan?“, fragte sie erneut. „Alles okay Ran. Mir geht es prima.“, erklang zu Shinichis Erleichterung die erhoffte Stimme seines Grundschul-Ichs, als er ihr durch den Stimmentransposer antwortete. „Was war das eben für ein Krach gewesen?“, flüsterte sie besorgt, kam aber nicht näher, sondern verblieb in ihrer Position an der Tür. „Ähm, das i-ich… ich habe nur schlecht geträumt und dabei ausversehen meine Thermoskanne vom Nachttisch gestoßen. Ich hätte sie wohl besser dort nicht abstellen sollen.“ „Bist du dir sicher? Das klang ganz komisch, so als wäre…“ Sie wollte näher kommen, aber Shinichi hielt sie auf. „BITTE Ran, der Tag gestern war sehr hart. Das was in der Schule passiert ist… ich brauche ein wenig Ruhe.“, bat er sie eindringlich. Ran Mori zögerte, doch sie zeigte Verständnis für seinen Wunsch allein zu sein. Sie hatte genauso einen harten Tag hinter sich und konnte erahnen, wie sich ihr kleiner Bruder fühlen musste. Das war überhaupt der Grund, wieso sie noch umher schlich. Sie bekam kein Auge zu bei ihren Gedanken an Amuro. „Versuche noch etwas zu schlafen.“, war Rans mütterlicher Vorschlag. „Du musst morgen früh raus.“ „Ist gut.“, bestätigte Shinichi, seine Stirn von Schweißperlen übersät. „Gute Nacht Ran.“ „Gute Nacht Conan. Ich habe dich lieb.“, hauchte sie und verblieb noch einen Moment, ehe sie die Tür hinter sich leise wieder schloss. Shinichi war völlig erledigt und nervlich so ziemlich am Ende. Er hatte keine Ahnung was schief gelaufen war. Eigentlich widersprach das doch alldem, was ihm Ai über den Prototyp Zero erzählt hatte. Sie sollten nie mehr in der Lage sein ihre alten Körper zurückzuerlangen und dennoch war genau das eingetreten und sogar ohne die Einnahme des Gegengiftes. Er besaß das Gefühl, als würde er langsam davon treiben, wie ein Schiffbrüchiger, der sich an Treibgut klammerte und von der Strömung mitgerissen wurde. Shinichi bewegte sich eine Weile nicht, fühlte sich allmählich aber wieder stärker und es gelang ihm sich sicher auf seine großgewachsenen Beine zu stellen. Ihm war klar, er musste hier raus und irgendwie zum Haus des Professors und zu Ai gelangen, ohne dass ihn einer der Moris zu Gesicht bekommt. Wenn jemand hierfür eine Antwort hat, dann war es seine Freundin. Außerdem brauchte er Sachen zum Anziehen. Er wickelte sich provisorisch ein Laken um und schlich zur Tür. Mit Bedacht spähte er hindurch, schaute nach links und anschließend nach rechts. Niemand war zu sehen und nichts rührte sich. Es war mucks Mäuschen still geworden, seitdem Ran wieder in ihrem Zimmer verschwunden war. Shinichi huschte durch den schmalen Gang an ihrem Schlafzimmer und dem von Eri vorbei. Im Wohnzimmer fand er einen schnarchenden Kogoro vor, welcher friedlich auf der Couch schlief. Auf Zehenspitzen schlich Shinichi auf diesen zu. Der Suffkopf war gezwungen stets auf der etwas harten Garnitur zu übernachten. Die einzige Alternative wäre Eris Bett zu teilen, was aber keine Option darstellte. Die Augen des Oberschülers hingen an Kogoros Schnauzbart, wie dieser sich beim Schlummern auf und ab bewegte. Mundwasser tröpfelte dem Alten aus der Futterluke und das Kinn hinunter. Shinichi war so auf ihn fixiert, dass er ungewollt mit seinem Fuß gegen einen der Stühle stieß, was einen kurzen dumpfen Laut erzeugte. Wie festgefroren und starr vor Anspannung wagte es der Oberschüler sich nicht zu rühren. Er hatte allerdings die Gunst auf seiner Seite, denn Kogoro schien einen festen und gesunden Schlaf zu haben. Der einzige der heute mit einem solchen Glück gesegnet war. Genüsslich schmatzend drehte sich Mori auf die Seite und Shinichi konnte ungehindert seinen Weg fortsetzen. Er griff sich die Anzugshose des schlafenden Detektivs, die über der Lehne von einem der Sessel lag. Es war nicht viel, aber besser als nichts und er könnte so zumindest nach draußen. Kaum hatte er sich das Beinkleid seines Onkelchens angelegt, verließ er auch schon Eri Kisakis Wohnung. Shinichi sah sich im leeren Hausflur um. Er wäre wohl einmal mehr auf Masumis Hilfe angewiesen. Sie könnte ihn zu Ai fahren und so würde er es vermeiden, unnötige Aufmerksamkeit gegenüber seiner Person zu erwecken. So eilte er zügig zur Wohnung von Sera und klopfte leise an die Tür. Als nichts zu hören war, klopfte er erneut, diesmal etwas lauter. Es dauerte ein Weilchen, aber schließlich öffnete ihm Sera verschlafen und die Augen reibend die Tür. Sie war barfuß und trug nur ein Nachthemd und eine kurze Schlafhose. Ihre Haare waren obendrein ganz zerzaust. „Shinichi was machst du hier? Weißt du eigentlich wie spät es ist?“ Er sah sie abwartend an und Masumi brauchte eine Sekunde bis es in ihrem Kopf klick machte und sie hellwach auf der Matte stand. „SHINI…“, wollte sie seinen Namen lauthals herausschreien, sodass der Oberschüler gezwungen war, ihr den Mund zuzuhalten. Er legte den Zeigefinger an seine Lippen und wartete ein Nicken Seras ab, bevor er seine Hand wieder runternahm. „Ich verstehe das nicht.“, flüsterte die junge Frau mit den grünen Augen verwirrt. Gleichzeitig lief sie unweigerlich rot an, immerhin stand Shinichi mit nicht mehr als einer Hose vor ihr, sodass sie ungehindert seinen freien Oberkörper zu Gesicht bekam. „Oh schön da sind wir ja schon zu zweit.“, zischte dieser schlecht gelaunt. Ein wenig peinlich war ihm die Situation aber ebenfalls und so färbten sich auch seine Wangen rot. „Warum bist du denn auf einmal wieder groß?“, stammelte Sera und wusste nicht so recht, wohin sie schauen sollte. „Ich. weiß. es. auch. nicht.“, versuchte Shinichi es ihr, so geduldig wie möglich, klar zu machen. „Egal was kaputt ist, ich muss zu Ai damit sie sich den Schlamassel mit eigenen Augen ansehen kann, doch brauche ich dafür deine Hilfe Masumi.“ Er sah sie hoffnungsvoll an. „In Ordnung.“, kam sie seiner Bitte nach. Natürlich würde sie ihn nicht einfach so vor ihrer Tür stehen lassen. An wen sollte er sich denn sonst wenden, wenn nicht an sie. „Überlass das mir, doch kannst du in dem Aufzug nicht nach draußen.“ Sie verwies auf seine spärliche Bekleidung. „Warte einen Moment, ich hole dir was zum Überziehen, werfe mir selbst auch schnell etwas über, hole meinen Schlüssel und dann fahre dich.“ Sie flitzte zurück in ihre Wohnung, ließ die Tür aber offen. Shinichi atmete erleichtert auf. Es gab nichts auf der Welt, gegen das er Masumis kulante Art und Weise eintauschen würde. Ohne sie stecke er jetzt ordentlich in der Tinte. Er schielte kurz in die Wohnung hinein, als er aus dem Augenwinkel etwas schemenhaftes in Kindergröße bemerkte, das aber genauso schnell wieder verschwand, wie es aufgetaucht war. Nach fünf Minuten war Sera wieder bei ihm. Sie hatte sich eine ihrer Trainingsjacken unter den Arm geklemmt und warf diese Shinichi zu. Während er das Oberteil anzog, schloss Masumi die Tür vorsorglich hinter sich ab und wedelte anschließend mit ihrem Motorradschlüssel vor Shinichis Gesicht herum. „Gehen wir.“, meinte sie bestimmt und schritt Richtung Fahrstuhl. Sie fuhren ganz nach unten und bewegten sich bedachtsam durch die Lobby, um zu Seras fahrbaren Untersatz zu gelangen. Der Sitz des Hauswartes war nicht besetzt, was bei der Uhrzeit auch nicht verwunderlich war. Shinichi hielt beim Laufen den Bund von Kogoros Hose mit einer Hand fest, da sie deutlich zu weit für seine schlanke Statur war und sie ihm sonst herunterrutschen würde. Einen solchen heruntergelassenen Anblick wollte er Sera tunlichst ersparen. Sie verließen das Wohnhaus über den Haupteingang, ohne dabei zu bemerken, wie der -für abwesend gehaltene- Hauswart, von der Tür des Treppenhauses aus, um die Ecke lugte und ihnen mit geschlossenen Augen nachlächelte. Shinichi wartete auf dem Gehweg vor dem Wohngebäude und hüpfte von einem Fuß auf den anderen, da er nichts außer ein paar Pantoffeln trug und die Nacht eine ziemlich kühle Brise mit sich führte. Die ersten Anzeichen für den nahenden Herbst. Masumi fuhr mit ihrer Yamaha vor und wies dem Oberschuldetektiv an aufzusteigen. Als er hinter ihr auf dem Motorrad Platz nahm, drückte sie ihm einen Helm in die Hand, welchen er sogleich aufsetzte. Shinichi reagierte allerdings verblüfft, als Sera, ihr Augenmerk nach vorne gerichtet, mit einem Arm nach hinten Griff und seine Hände an ihre Hüfte führte. Der Schwarzhaarige wurde rot und sah sie ein wenig verunsichert an, doch Masumi beruhigte ihn. „Ich will dich nur nicht unterwegs verlieren. Halte dich also gut fest.“, riet sie ihm und fuhr los und bei dem Zahn, den sie drauf hatte, musste Shinichi sich in Acht nehmen, sich nicht zu sehr an seine Fahrerin zu klammern. Zwanzig Minuten später kamen sie an der Villa Agasa an. Zu Shinichis Erstaunen brannte noch das Licht im Wohnzimmer, obwohl es drei Uhr morgens war. Warum war der Professor denn so spät noch wach? Er stapfte zur Haustür und betätigte die Klingel. Sera folgte ihm. Als sie sich hinter ihm positioniert hatte, wurde ihnen die Tür geöffnet, nur stand nicht wie zu erwarten der Professor in der Schwelle um sie in Empfang zu nehmen. Shinichi und Masumi fiel die Kinnlade hinunter als eine hübsche junge Frau mit rotblonden Haaren vor ihnen stand. Shiho verschränkte die Arme vor der Brust und machte einen unzufriedenen Eindruck. „Ich habe mich schon gefragt, wann ihr endlich auftaucht.“, gab sie sich schnippisch und sah an Shinichi hinunter. „Wie du selbst schon bemerkt haben solltest, haben wir ein kleines Problem.“ Kapitel 16: Diskussionsbedarf ----------------------------- Kapitel 16: Diskussionsbedarf Shinichi lag auf der Couch in Haibaras Labor und bohrte angestrengt Löcher in die Luft. „Bist du dir sicher, dass das die Antwort sein soll auf das, was mit uns passiert ist?“, fragte er die junge Wissenschaftlerin, die unweit vom Oberschuldetektiv an ihrem Arbeitsplatz saß. Er fuhr sich unruhig durch die schwarzen Haare, doch Shiho warf ihm nur einen flüchtigen Blick zu und schaute dann wieder auf den Bildschirm ihres Computers. Sie ließ es sich zwar nicht anmerken, doch war sie furchtbar müde und das, obwohl sie Nachtschichten eigentlich gewohnt war. Im Gegensatz zu Shinichi, hatte sie sich nicht die letzten Stunden noch ein wenig aufs Ohr hauen können, sondern musste forschen und analysieren was das Zeug hielt. Nur sie verfügte über die notwendigen Kompetenzen, um ihrer mysteriösen Rückverwandlung auf den Grund zu gehen und eine Antwort darauf zu bekommen. „Ich sagte dir es ist meine Annahme, dass es so gewesen sein könnte, mehr nicht.“ Shiho unterbrach für einen Moment ihre Arbeit und drehte sich zu Shinichi um. „Ich habe uns ganz am Anfang etwas Blut abgenommen und es anschließend auf Veränderungen studiert, mithilfe älterer Entnahmen, die ich bis heute aufbewahrt habe. An diesen konnte man erkennen, dass früher die verbliebenen Rückstände des APTX in unseren Körpern stets die Aufhebung unseres geschrumpften Zustandes verhinderten. Die Zellerneuerung blieb aktiv egal was wir taten. Den Vorläufern von Prototypen gelang es dabei immer nur für einen begrenzten Zeitraum den Prozess zu unterbinden.“ Shiho machte eine kurze Pause, in der sie sich die überanstrengten Augen rieb. „Mit Zero wurden dann zum ersten Mal alle Auslöser der Apoptose so systematisch lahm gelegt, dass die Zellerneuerung längerfristig unterbrochen wurde. Dafür bildeten wir allerdings Antikörper gegen die Einnahme eines erneuten Gegengiftes und sobald die betroffenen Zellen wieder aktiv wurden, sind wir erneut geschrumpft. Womit ich aber nicht gerechnet habe und dass der einzige Grund sein könnte der einen Sinn ergibt, so hat unser Immunsystem es irgendwie geschafft die Resistenz zu überwinden, indem die Apoptose im Nachhinein gänzlich eliminiert wurde. Ein Prozess der anscheinend mehrere Wochen benötigt hat. Trotz Immunität gegenüber des Gegenmittels, wurde das Gift in unserem Blut nach und nach abgebaut und somit neutralisiert. Zero hat also buchstäblich alles wieder auf null gesetzt und unsere Körper in den Zustand zurückbefördert, den wir vor dem Apoptoxin 4869 besessen haben. Wir sind praktisch geheilt.“, erklärte die Wissenschaftlerin langefächert, aber am Ende klang sie nur wenig enthusiastisch. Vor einiger Zeit hätten sich beide oder zumindest Shinichi vor lauter Jubel nicht mehr einkriegen können, doch hat sich seitdem einiges getan und sie hatten ihr altes Leben bereits abgeschrieben für ein Neues, welches sie fortan gemeinsam führen wollten. „Das klingt nicht wirklich gut. Was wollt ihr denn jetzt machen?“, stellte Masumi die alles entscheidende Frage, die ebenfalls Shihos Worten gelauscht hatte. Das Fräulein Miyano sah etwas überrascht zu Sera, welche neben Shinichi auf einem Drehstuhl saß und eigentlich bis eben noch tief und fest geschlummert hat. Sie hätte nicht erwartet, dass sie ihr zuhören würde und zog die Augenbrauen zusammen, als die junge Frau sie mit ihren grünen Augen ausgiebig studierte. Eigentlich sollte die Rotblonde dankbar dafür sein, dass sie ihren Freund ohne großes Tamtam hier her gebracht hat. Das Shinichi jedoch die Jacke Masumis getragen hatte und darunter völlig nackt gewesen war, bereitete ihr ein klein wenig Unbehagen. Er wird doch wohl nicht komplett entblößt bei ihr in der Wohnung aufgetaucht sein? Shiho schüttelte diese Gedanken von sich. In so etwas durfte sie sich jetzt nicht verbeißen. Sie hatten schließlich andere Sorgen und diese waren immens.   Shinichi sah erwartungsvoll zu der Rotblonden. „Es gibt doch bestimmt eine Möglichkeit wieder klein zu werden, oder?“ Die junge Wissenschaftlerin musste unweigerlich kurz auflachen, als sie ihren Lieblingsdetektiv das sagen hörte. „Was ist denn daran so komisch?“, konnte Shinichi ihre Amüsiertheit darüber nicht teilen. Ihre Lage war schließlich äußerst prekär. Sobald Ran oder auch alle anderen merken würden, dass Conan und Ai spurlos verschwunden waren und das kurz nach dem was Amuro wiederfahren war, würde sich mit großer Wahrscheinlichkeit Chaos ausbreiten. Vor allem wenn Shinichi und Shiho plötzlich wieder auftauchen würden. Eine Katastrophe wäre somit vorprogrammiert. Shihos Blick wurde kälter. „Empfindest du es nicht auch als ziemliche Ironie, dass du auf einmal alles daran setzen willst wieder zu schrumpfen. Wenn man bedenkt, wie viele Monate du und ich damit zugebracht haben das genaue Gegenteil zu erreichen.“ Der Schwarzhaarige begriff nun was sie meinte. „Aber das war doch noch…“ Shinichi hielt inne. Er blinzelte kurz zur Sera. „D-das war doch noch vor UNS.“, murmelte er schüchtern zurück. Shiho beäugte ihren Liebling und konnte ein schwaches Lächeln nicht verbergen, wenn sie ihn so dabei zusah, wie er sich zierte. „Nun, der einfachste aber zugleich auch törichteste Weg wäre es, dass APTX-4869 ein zweites Mal einzunehmen, doch kann niemand vorhersehen, ob wir danach wirklich erneut schrumpfen würden.“ Ihr Ausdruck wurde wieder nüchterner. „Viel wahrscheinlicher wäre es, dass wir dabei elendig zugrunde gehen.“ Die Wissenschaftlerin sagte dies mit einer solch neutralen Haltung, dass Shinichi schlagartig eine Gänsehaut bekam. „Das soll unsere einzige Möglichkeit sein?“ Der ehemalige Oberschüler wollte sich damit nicht zufrieden geben. Sera drehte sich wortlos auf ihrem Stuhl um die eigene Achse, während sie mit über die Lehne hängenden Kopf ihre Freunde beobachtete. „Es ist nicht die einzige, aber die mit Abstand schnellste Möglichkeit.“, wandte Shiho ein. „Man könnte sicherlich aus dem Gift die ausschlaggebenden Elemente heraustrennen und mithilfe von Zero ein Schrumpfelexir herstellen, dessen Wirkung dann ungefährlich wäre. Das Kreieren eines solchen Wundermittels würde aber bestimmt mehrere Jahrzehnte andauern mit keiner hundertprozentigen Chance auf Erfolg. Außerdem glaube ich nicht, dass ein solches Mittel überhaupt existieren sollte.“ Die Rotblonde verschränkte die Arme und schlug ihre schlanken Beine übereinander. „Ich meine, wir reden hier über etwas, was mit dem heiligen Gral oder dem Jungbrunnen gleichzusetzen wäre und glaube mir, es gibt Menschen, die für die ewige Jugend töten würden, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.“ Masumi riss es auf einmal förmlich aus dem Drehstuhl, wobei ihr ein wenig schwindelig wurde und sie einen Moment brauchte, bis ihr Kopf aufhörte zu rotieren. Die Aufmerksamkeit der beiden einstigen Geschrumpften war ihr auf jeden Fall gewiss. „Wenn ihr vielleicht meine Meinung dazu hören wollt, dann bin ich davon überzeugt, dass es bestimmt kein Zufall war, dass ihr beiden an dem APTX-4869 nicht gestorben seid, sondern stattdessen nur geschrumpft wurdet. Nie im Leben hatte das etwas mit reinem Glück zu tun. Da müsst ihr mir doch zustimmen.“ „Mmh“ Ihre Worte schienen bei Shiho, trotz ihres ziemlich übermüdeten Zustandes, mehrere Denkprozesse in Gang gesetzt zu haben. „Vielleicht gelingt es mir ja Parallelen zwischen meinem und Shinichis Blut festzustellen. Eventuell gibt es einen gemeinsamen Faktor, der das Schrumpfen auf Grund des Empfängers auslöst. Ich bräuchte dann aber sicherlich noch weitere Referenzen von anderen Personen, sprich weitere Proben zum Abgleichen. Zum Beispiel das Blut vom Professor.“ „Mein Blut könnt ihr auch verwenden, wenn es euch hilft.“, bot sich Sera an und trat auf die Wissenschaftlerin zu, wobei sie eine Hand zur Darbietung an ihre Brust hielt. Shiho war verblüfft, wie selbstredend die Schwester von Akai ihre Hilfe zu Verfügung stellen wollte. Sie kam nicht drum herum, dies mit ein wenig Skepsis aufzufassen. „Natürlich. Danke, dass du dich dafür bereiterklärst. Je mehr Daten ich sammeln kann, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit etwas zu finden.“, bedankte sich Shiho mit einem seichten Lächeln, aber auch ein wenig Argwohn, der in ihr hoch schwappte. „Wie lange würde das alles dauern?“, wollte Shinichi erfragen. Die Rotblonde wandte sich zu ihm, zuckte aber nur halbherzig mit den Achseln. „Da bin ich überfragt. Solange wird uns aber nichts anderes übrig bleiben, als wieder Shinichi Kudo und Shiho Miyano zu sein.“ Shinichi erhob sich langsam von der Couch. Aus der Villa Kudo hatte er sich einige Anziehsachen von sich besorgt, um nicht ständig beim Aufstehen befürchten zu müssen, die viel zu weite Hose Kogoros zu verlieren und unten ohne dazustehen. In Jeans und einfachem Hemd gekleidet, ging er nun einige Schritte im Raum auf und ab. Seine Hände hatte er in seinem Nacken verschränkt. Sie standen vor einem gewaltigen Problem, vor allem er. Nervös sah er auf die Uhr an der Wand. In einer Stunde würde Ran aufstehen, um zur Schule zu gehen und damit einhergehend auch Conans Verschwinden bemerken. Die Arme hat sich noch nicht einmal von Amuros spurlosem Abtauchen erholt, da muss sie auch schon feststellen, dass er ebenfalls nicht mehr aufzufinden war. Wie ungerecht und grausam konnte das Schicksal nur sein? Shiho betrachtete den Gesichtsausdruck ihres Freundes, der für sie wie ein offenes Buch zu lesen war. Er machte sich wieder Sorgen um SIE. In ihr regte sich ein flaues Gefühl und der Blick der rotblonden Frau wurde eindringlich. „Du kannst nicht verhindern was geschehen wird. Sie wird es herausfinden und dein Verschwinden mit einer spontanen Ausrede erklären zu wollen wird dieses Mal nicht funktionieren.“ Shinichi reagierte ganz schön perplex anlässlich der scharfen Kombinationsgabe seiner Freundin. Konnte man es ihm etwa so leicht ansehen, dass er an Ran gedacht hatte. „Am besten ist es, wenn du sie genau das denken lässt, was sie denken wird. Noch besser wäre es sogar, wenn du sie darin zusätzlich bestärken würdest.“, fügte Shiho noch hinzu, was ihm bereits erahnen ließ, worauf sie hinauswollte. „D-Du meinst, ich soll sie in den Glauben lassen…“ „Genau. Sie soll ruhig glauben du seist auf die gleiche Weise spurlos verschwunden, wie Amuro. Das ist die alleinige Option, wie man deine plötzliche Absenz erklären kann.“, nahm die Wissenschaftlerin ihm die Worte aus dem Mund, doch stieß sie damit beim Schwarzhaarigen auf klaren Widerstand. „Hast du sie noch alle.“, fuhr er sie etwas schärfer an, als gewollt. „Das kann doch nicht dein Ernst sein.“ Shiho blieb ganz gelassen, stand nun auch auf und trat dem Detektiv gegenüber, wobei sie die Hände in den großen weiten Taschen ihres weißen Kittels vergrub. „Ich mache gewiss keine Scherze Shinichi. Glaubst du unsere Situation verlangt nach solchen Späßen?“ Ihr war klar es musste hart für ihn klingen, doch sie sah sich dazu verpflichtet ihn vor Augen zu führen, wie wichtig nun ein gut durchdachtes Vorgehen für sie war. „Es ist der einzig logische Schritt, den wir nun setzen können. Komisch genug, dass es keine Einbruchspuren gibt und Kogoro merkwürdiger Weise eine Hose fehlt.“, hielt die großgewachsene Ai an ihrer Überzeugung fest. „Willst du das Ran diesmal nur eins und eins zusammen zählen muss? Mit unserer unerwarteten Rückkehr als Shinichi und Shiho werden wir schon so oder so in ausreichend heikle Situationen gelangen. Wir müssen uns einen Plan zu Recht legen, wenn nicht bald jeder von unserem Doppelleben wissen soll.“ Shinichi vollführte regelrechte Gesten einer Schnappatmung, im Versuch etwas dagegen einzuwenden. „A-Aber ich kann Ran doch nicht weißmachen, dass Conan einfach weg ist und niemand weiß wie und wohin. Das wird sie nicht überstehen.“ „Das muss sie.“, beharrte Shiho mit einem knallharten Auftreten. „Wir müssen in dieser Sache die Distanz halten Shinichi.“ Von ihrer so kühlen und sturen Seite hatte sie sich schon lange nicht mehr gezeigt. Der einstige Oberschüler drehte sich von ihr weg, sah kurz zu Sera, die wieder in ein für ihr sonst untypisches Schweigen verfallen war und dann zu Boden. „Nein Ai du verstehst das nicht. Du weißt nicht was sie zurzeit fühlt und außerdem kann ich ihr unmöglich als Shinichi unter die Augen treten, nachdem was gestern…“ Er brach ab. Shiho wurde hellhörig und ihre Augenbrauen fingen an bedrohlich zu zucken. „Was? Was war gestern?“ Shinichi hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. Zum Teufel mit seinem losen Mundwerk. „I-Ich“, stammelte er. „Jetzt spuck es schon aus.“, verlangte das Fräulein Miyano streng. „I-Ich habe Ran gestern als Shinichi angerufen.“ Es folgte eine unheimliche Stille. Mit dieser Antwort hatte Shiho gewiss nicht gerechnet. Dementsprechend fiel auch kurz darauf ihre Auffassung dazu aus. „DU HAST WAS?“ Selbst Masumi zog bei ihren Worten vorsichtshalber den Kopf ein. „Ich musste es.“, verteidigte Shinichi seine Entscheidung. „Sie war am Boden zerstört gewesen und ich hätte sie als Conan niemals so trösten können, wie ich es als Shinichi gekonnt hätte. Ran verbirgt ihre Trauer ständig, um niemanden zur Last zu fallen und ich sah nur so eine Chance, dass sie sich mir öffnet.“ Shiho konnte ihre Fassungslosigkeit nicht verbergen, während sie ihn einfach nur anstarrte. Das Shinichi einen solchen Schritt in Kauf nehmen würde, die damit möglichen einhergehenden Auswirkungen ignorierend, hätte sie nie gedacht. „Das darf doch nicht…. Wir hatten uns doch darauf verständigt, dass du zu ihrem eigenen wohl nie wieder Kontakt zu ihr mit deinem alten Ich aufnehmen solltest, weil du ganz genau wusstest, dass du nie mehr zurückkehren kannst.“ „Doch wie der Zufall so will bin ich wieder zurück. Nichts ist so abgelaufen, wie es sollte.“, gab Shinichi zu bedenken. Shiho seufzte gestresst. Sie spielte bewusst die Gereizte, um ihre Enttäuschung darüber zu verschleiern, dass der draufgängerische Oberschuldetektiv für seine Sandkastenfreundin wieder so viel aufs Spiel setzte und damit ihr gemeinsames Geheimnis gefährdete. Sie war der Meinung gewesen, dass sie sich gleichermaßen von ihrem alten Leben verabschiedet hatten. Die Tatsache das Shinichi sein altes Handy behalten und wieder Kontakt mit Ran aufgenommen hat, ließen die Rotblonde befürchten, dass er immer noch an seinem vergangenen Dasein hing und sich davor fürchtete endgültig loszulassen. War allein SIE der Grund dafür oder lag es auch an ihrer eigenen Wenigkeit? Shinichi hatte seiner Freundin schon mehrmals versichert, dass er sich nur für sie entschieden habe, doch… wieso ließ er sie dann ständig an seinem Versprechen zweifeln. Shiho versuchte sich innerlich wieder zu ordnen. „Okay, erzähle mir alles, was gestern bei eurem Telefonat abgelaufen ist und lasse kein Detail aus. Das ist jetzt wirklich wichtig.“, verlangte die junge Wissenschaftlerin mit Nachdruck. Sie setzten sich nun zu zweit auf die Couch und auch Masumi pflanzte sich wieder auf ihren Drehstuhl, Shinichis Schilderungen ungeduldig erwartend. „Also gut.“, gab er sich geschlagen und fing an von seinem Gespräch mit Ran zu erzählen. „Hallo Ran.“, begann er in seiner alten Stimme. „Ich bin es.“ „S-Shinichi?“ Anhand der Stimme seiner ehemaligen Mitschülerin erkannte er schnell, dass sie es gar nicht so recht realisieren konnte. Sie reagierte auf ihn, als würde ein Verstorbener, wieder auferstanden von den Toten, zu ihr sprechen. „Ich glaube es nicht.“, ruckartig wurde ihre Haltung verbittert. „Ich hätte nie gedacht, dass du es wagen würdest dich je wieder bei mir zu melden, nachdem was du mir angetan hast.“ „Ran…“, war alles, was sie ihm erlaubte hervorzubringen. Nein, auf diese Tour brauchte er es gar nicht erst zu versuchen. Das Fräulein Mori kochte regelrecht. „Wie glaubtest du denn, dass ich wohl reagieren würde? Du hast gelogen. Wie so oft hast du mich einfach nur angelogen. Du hast mir versprochen wieder von dir hören zu lassen, wenn deine Aufgabe in Tokyo erfüllt sei, doch wieder habe ich vergebens auf etwas dergleichen gewartet. Du und deine Liebhaberin seid einfach in die USA verduftet, ohne auch nur ein einziges Wort zu verlieren. Ich kam mir so unglaublich dumm vor, dass ich deinen ständigen Versprechungen auch nur eine Sekunde lang Glauben geschenkt habe.“ Ran war stinksauer, aber auch die Verletzlichkeit wuchs in ihr. Das genaue Gegenteil, was Shinichi mit seinem Anruf eigentlich bezwecken wollte. „Kaum habe ich all das Leid, dass du mir zugefügt hast überwunden, kaum ist die tiefe Wunde in meinem Herzen verheilt, fällt dir nichts Besseres ein, als das du mich anrufst und alles wieder aufreißt. Weißt du eigentlich, was du mir damit antust? Ist dir klar, dass ich auch so schon genug durchmachen muss und dabei nicht auch noch dich brauche, der mein Leben weiter ins Chaos stürzt?“ „Ran…“, versuchte es Shinichi erneut. „WAS?“, keifte sie ihn an, sodass er es sogar durch die Wand hören konnte. Hoffentlich schliefen ihre Eltern schon tief und fest. „Ich weiß nur zu gut, wie es dir gerade ergehen muss.“ Er bemühte sich, beruhigend auf sie einzuwirken. „Wie könntest du, du bist auf der anderen Seite der Welt, glücklich und zufrieden. Das erging mir übrigens bis vor kurzem auch noch so und das ist nicht etwa dein Verdienst, sondern der von Amuro. Er war meine große Stütze, als du einfach wieder abgetaucht bist und hat mir beigestanden.“ Ran begann auf einmal seltsam zu drucksen, als wäre sie sich nicht sicher, ob sie ihren nächsten Satz wirklich aussprechen sollte, aber sie tat es schlussendlich trotzdem. „Wir sind inzwischen ein Paar geworden, musst du wissen. Er hat mir dabei geholfen, dich zu überwinden.“ Shinichi erkannte, dass sie ihm damit eine auswischen und auch eifersüchtig machen wollte, doch ließ ihn das weitestgehend kalt, da es für ihn ja auch keine wirklichen Neuigkeiten waren. Stattdessen wollte er fröhlich klingen und Ran somit zeigen, dass er sich wirklich aufrichtig für sie freute. „Oh, meinen Glückwunsch. Ich sagte dir doch, dass du ohne mich besser dran bist.“ „Verdammt richtig.“, bellte sie ihm ins Ohr, sodass er das Handy etwas von seinem Hörorgan zurückzog. „Doch ich habe gehört das Amuro verschwunden ist.“, sprach Shinichi wieder, nachdem der kurze Angriff auf sein Trommelfell vorüber war. Ran machte am anderen Ende der Leitung ein merkwürdiges Geräusch. „W-Warte was? Wie kannst du das wissen? Es ist erst heute passiert.“ Ihr Zorn war durch ihre Verwunderung kurzzeitig wie weggeblasen. „Du darfst nicht vergessen, dass ich immer noch Kontakte zum FBI und nach Japan habe und als ich davon Wind bekam, musste ich einfach deine Stimme hören, um zu wissen ob es dir gut geht.“, erklärte er ihr gefasst. „Sekunde…“ Einen Augenblick lang war es still, bis sich Rans Zorn aufs Neue zurückmeldete. „Lügen, Lügen, alles Lügen.“, fauchte sie ihn erneut an. „Ich weiß nicht was du schon wieder vorhast Shinichi, aber ich habe schon vor geraumer Zeit beschlossen dich nie wieder sehen zu wollen. Wenn du wirklich nur wissen wolltest wie es mir geht, dann verrate ich dir, ging es mir bis eben noch bedeutend besser.“ Shinichi wusste nur zu gut, dass dies nicht der Wahrheit entsprach, immerhin hatte erst ihre ununterbrochene Trauer ihn dazu veranlasst, gegen seine und Ais Abmachung zu verstoßen und sie anzurufen. „Das glaube ich dir nicht Ran. Ich kenne dich doch und kann an deiner Stimme erkennen, dass du bis eben noch geweint hast. Falls du Trost suchst oder wenn es irgendetwas gibt, was ich für dich tuen könnte dann…“ „Nein Shinichi, vergiss es.“, kam sogleich ihre ablehnende Antwort. „Ehrlich gesagt brauche und möchte ich dein Mitleid nicht. Wenn du wirklich nur das Beste für mich willst, dann bleibe fern von mir. Das hast du doch ohnehin bisher so gut auf die Reihe bekommen, da sollte dir das auch weiterhin nicht schwer fallen. Ich könnte deine Präsenz einfach nicht ertragen.“ Ran wirkte nun mit jedem Wort immer zerbrechlicher. Der Großteil ihrer angestauten Wut schien verraucht zu sein, womit der Kummer jetzt die Oberhand erlangen konnte. „Es tut mir leid Ran, was ich dir angetan habe. Wenn es dein unbedingter Wunsch ist, nie wieder von mir zu hören, dann gebe ich dir mein Wort als Detektiv, dass ich dich nie wieder belästigen und dir nie wieder vor die Augen treten werde. Mir ist klar, dass ich alle meine Chancen, dich als Freundin zu behalten, verspielt habe.“ „Shinichi…ich…“ Ran wusste nicht was sie erwidern sollte, doch diesmal war auch er es, der sie nicht ausreden lassen wollte. „Ich will dennoch meine Hilfe anbieten. Siehe es aber nicht als einen Akt dein Vertrauen und deine Freundschaft zurückgewinnen zu wollen. Amuro ist dein Freund und ich werde alles daran setzen ihn dir zurückzubringen. Ich erwarte keine Vergebung und verdiene sie auch nicht, aber lass mich das bitte machen. Ich möchte nichts weiter, als das du glücklich bist.“ Ohne noch weitere Worte zu wechseln legte Shinichi auf, denn es gab für ihn nichts mehr zu sagen. Er konnte hören, wie Ran nebenan mehrmals seinen Namen sagte, sie aber natürlich keine Antwort erhielt. Danach war es ruhig. Der Schwarzhaarige hatte keine Ahnung, was bei ihr aktuell vor sich ging, doch das Weinen war zu Ende gegangen und auch bis er selbst in einen tiefen Schlaf verfiel, blieb es auf der anderen Seite friedlich. Er musste unweigerlich lächeln, als er seine Augen schloss. Obwohl Ran alles andere als gut auf ihn zu sprechen war, so hatte er ihr anscheinend dennoch etwas geben können, so hoffte der Geschrumpfte inständig und das war Hoffnung. Hoffnung, dass alles wieder in Ordnung kommen würde. Masumi krempelte ihren Ärmel wieder nach unten, nachdem die erwachsene Haibara an ihren freien linken Arm eine Nadel angesetzt und ihr eine Probe ihres Blutes entnommen hatte. Shiho hielt die kleine Ampulle mit der roten Flüssigkeit in ihren Händen. Das erste Exemplar für ihre Vergleichsanalysen, doch sie würde, wie bereits erwähnt, noch weitere benötigen. Auch wenn sie nur zu gerne ihre gesamte Aufmerksamkeit nun auf ihre neue Aufgabe richten würde, so müsste sie aber auch gleichzeitig überlegen, wie es Shinichi gelingen würde, die nächste Zeit unter keinerlei Umständen Ran über den Weg zu laufen. Missbilligend sah die junge Wissenschaftlerin zu dem Schwarzhaarigen hinüber, der weiterhin verdrossen auf der Couch saß, den Oberkörper nach vorne gebeugt und die Elle auf den Schenkeln stützend auf seine Füße starrend. Nach seiner Erzählung waren die Verliebten in eine lange Phase des gegenseitigen Anschweigens verfallen. Sera war die einzige, die für ein bisschen Konversation sorgte. Doch auch die spärlichen Themen, die ihr einfielen, waren schnell aufgebraucht. Shiho versuchte, wie sie es damals in der Organisation getan hat, sich mit ihrer Arbeit abzulenken und einfach nicht mehr daran zu denken, dass Shinichi mit seinem voreiligen Versprechen an Ran, alles deutlich verkompliziert hatte. Um es kurz zu fassen, sie war wütend auf ihn. Ihres nach Achtens habe er ziemlichen Mist gebaut, auch wenn seine Absichten guter Natur waren und niemand ahnen konnte, dass er kurz danach wieder zum Oberschüler mutieren würde. Hätte er sich aber gleich an ihren Beschluss gehalten, wäre ihrer beider Problem deutlich weniger verzwickt. Shinichi schielte für eine Sekunde zu seiner Freundin und bemerkte dabei ihren tadelnden Blick. Sofort sah sie weg, als ihre Augen sich trafen und auch er starrte wieder grämlich zu Boden. Die Lage schmeckte ihm nicht, vor allem Ran aufs Neue zu belügen, doch es gab bereits keinen anderen Weg mehr. Zu viel Zeit war verstrichen und in der Wohnung Kisaki spielte sich gewiss schon ein heilloses Drama ab. Außerdem konnte er so viel nachdenken wie er wollte, Shinichi fiel selbst nichts Besseres ein und das störte ihn noch viel mehr. Ein schweres Tapsen von der Treppe aus kommend, ließen den Detektiv mehr aus Reflex, als auf Interesse beruhend, sich zur Tür des Labors umdrehen, durch welche nun der Professor zu ihnen hinein kam. Noch in Schlafsachen gekleidet, schien er erst eben aufgestanden zu sein. Shinichi hatte seinen alten Freund nur kurz gesehen, als er in der Nacht mit Masumi bei seinem Haus ankam. Er war von Shiho aus dem Bett gescheucht worden, nachdem sie, wie Shinichi, unter Schmerzen in ihrem Bett liegend, wieder die Gestalt eines Erwachsenen angenommen hatte. „Und? Habt ihr schon etwas herausfinden können?“, gähnte Agasa, als er sich näherte, die Brille ganz schief aus seiner Nase sitzend. „Gut sie sind wach.“, kam Shiho unverfroren gleich zur Sache und streckte wie selbstverständlich ihre Hand aus. „Reichen sie mir ihren Arm, ich brauche eine Blutprobe von ihnen.“ Der Professor putzte sich mit dem Finger die Ohren, da er glaubte sich verhört zu haben. „W-Was brauchst du?“, gluckste er etwas irritiert. „Schon richtig gehört Professor, her mit ihren Arm.“, dekretierte die Rotblonde und ihr Unterton, gespickt mit dem Frust auf Shinichis Handeln, ließen dem alten Erfinder alle weiteren Fragen seinerseits ganz schnell vergessen. Somit waren es neben ihrem und Shinichis Blut, nun schon zwei weitere Blutproben, die Shiho in einer kleinen Kühltruhe, an der Wand stehend, unterbrachte. Bevor sie aber nur daran denken konnte, einen ersten Blick darauf zu werfen, bräuchte sie dringend erst einmal einige Stunden Schlaf, von denen sie ohnehin mehr als genug nachzuholen hatte. Vielleicht wäre ihre Stimmung dann wieder besser und sie hätte sich auch etwas beruhigt. Das sie momentan noch aufgewühlt war, hat der Professor schon durch das energische Einführen der spitzen kalten Nadel in seinen Arm zu spüren bekommen. Irgendetwas sagte ihm, dass dies nicht nur mit der Rückverwandlung der beiden Verliebten, sondern auch mit etwas anderem zusammen hängen musste. So wie Shinichi und Shiho abwechselnd einander ansahen, ohne dass sich ihre Blicke noch einmal trafen, ließ Agasa auf Ran tippen. Ein wirklich schwieriges Thema für die beiden. Shiho beschloss sich vorerst zurückzuziehen und Shinichi hielt es für eine gute Idee, sich erst einmal mit einem großen Becher Kaffee stärken zu wollen. Sera hingegen verabschiedete sich, wenn auch noch ein wenig verschlafen klingend und schlenderte zur Haustür der Villa Agasa. Sie müsste in knapp einer Stunde im Unterricht erscheinen. Also musste sie sich beeilen, dass sie noch schnell ihren Kram von zu Hause holt und sich umzieht, ehe die erste Stunde beginnen würde. Masumi ergriff die Klinke der Tür, als zeitgleich Shinichi aus dem Labor gestapft kam und Shiho die ersten Stufen hinauf ins Obergeschoss nehmen wollte. Plötzlich wurde die Klingel draußen betätigt und ohne groß zu überlegen, riss Sera die Haustür auf, nur um wenig später in das Gesicht ihrer Klassenkameradin Ran zu starren. Ihre Freundin sah sie verdattert an, ihre Augen waren ganz rot und verquollen. Sera wäre beinahe umgekippt vor Schreck und wich ein wenig zurück, gab aber somit die Sicht auf die beiden Verliebten frei, die gar keine Chance hatten in Deckung zu gehen. Wie angewurzelt standen Shinichi und Shiho da und schauten zu Ran, die sie ebenfalls bemerkt hatte und ihre Welt somit nun völlig aus den Fugen geriet. Nicht doch, dachte sich der Oberschuldetektiv. Kapitel 17: Die Suche nach Antworten ------------------------------------ Kapitel 17: Die Suche nach Antworten „S-Shinichi?“ Ran hatte das Gefühl aus allen Wolken zu fallen, als sie ihren Sandkastenfreund leibhaftig und wie fest gefroren vor sich stehen sah. Noch mehr traf es sie aber wie ein Blitz, als sie ihn zusammen mit seiner Freundin sah, die unweit hinter ihm stand und sich genauso wenig rührte. Ran war sich dabei ziemlich sicher, dass sie es sein musste, diese Shiho Miyano mit ihren rotblonden Haaren, welche denen von Ai sehr ähnlich waren. Sie bekam sie nun zum ersten Mal selbst zu Gesicht. Seit Shinichi ihr von dieser Frau erzählt hat, wollte sie immer wissen, wer sich hinter der Person an seiner Seite verbarg und die sein Herz im Sturm erobert hatte. Laut Sonoko war sie wunderschön, schlank, groß und besaß auch andere äußerst bemerkenswerte Körpereigenschaften, wie es ihre Schulfreundin formuliert hatte. Das Fräulein Suzuki behielt mit allem recht. Sie war wirklich bildhübsch, musste sich auch Ran eingestehen. Als Shiho ihren Blick auf sich spürte, versteckte sie, ohne groß zu überlegen, ihre Kette unter ihrem Oberteil. Die junge Mori durfte das einstige Geschenk Shinichis auf keinen Fall sehen oder sie würde es sofort als jene Kette erkennen, die sie als Ai stets um den Hals trug. Die Gravur mit Shihos und Shinichis Namen darauf, wäre sicherlich das I-Tüpfelchen auf dem, was in den letzten Stunden schon alles schiefgegangen war. Zum Glück war Ran viel zu abgelenkt und mit etwas viel ernsterem beschäftigt, um ihr schnelles Handeln zu bemerken. „R-Ran, was machst du denn hier?“ Shinichi gelang es endlich den Knoten in seinem Hals zu lösen, doch seine Stimme klang einige Oktaven höher als üblich. „Was ich hier mache? Ist das dein Ernst?“ Die Stimme der Braunhaarigen dagegen senkte sich bedrohlich. „Die Frage sollte doch wohl eher lauten, was DU hier machst.“ Sie streckte ihren Zeigefinger nach ihm aus, welcher sich, obwohl sie weit genug von ihm entfernt stand, wie eine Spitze Nadel in seinen Leib bohrte. Er hatte ihr schon wieder etwas vorgemacht, als er sagte er würde auf Abstand bleiben und stand jetzt nur noch fünf Meter von ihr entfernt. Ran ergriff eine schier nicht zu messende Wut Shinichi begriff er musste sich schleunigst was einfallen lassen oder er würde gleich ihre Karatekünste zu spüren bekommen. „Ich weiß, ich weiß, hör mir bitte zu Ran. Mir ist bewusst, dass du mir gestern klar und deutlich vermittelt hast, dass du mich aktuell nicht um dich haben möchtest, aber…“ Seine Stimme gellte durch ihren Kopf. „Ist das so, ja?“ Sie hatte ihr Haupt gesenkt und ballte die Fäuste, sodass ihre Finger knirschten. „Halt, Auszeit.“, bettelte Shinichi, welcher schon mit dem ersten Tritt rechnete. „I-Ich meine ich kann viel mehr für Amuro tun, wenn ich hier vor Ort bin und direkte Ermittlungen anstelle. Das ist der einzige Grund.“ Amuro? Rans Aggressionen verpufften zu einem unbedeutenden Nichts, als sie sich wieder bewusst wurde, weswegen sie eigentlich hergekommen war und was sie zurzeit wirklich quälte. Etwas, was inzwischen größer war, als nur das Verschwinden ihres Liebsten. „Ran, ich bin doch nicht zurückgekommen, um dich weiter zu verletzen, sondern um dir zu helfen.“, fuhr Shinichi fort, ganz darauf bedacht was er als nächstes von sich gab. „Das ist doch jetzt vollkommen unwichtig.“, unterbrach ihn seine Sandkastenfreundin mit eingeknickter Haltung und stiftete so nur noch mehr Verwirrung. „Was, nein ist es nicht.“, widersprach ihr der Schwarzhaarige unsicher. Ran schüttelte den Kopf und Tränen benetzten ihre rosigen Wangen. „Du verstehst nicht Shinichi. Ich bin verzweifelt, denn nun ist auch noch Conan verschwunden. Er wurde entführt und das wahrscheinlich von demjenigen, der auch diesen Anschlag auf Paps geplant und durchgeführt hat. Jemand hat es eindeutig auf unsere Familie abgesehen.“ „B-Bitte was?“ Shinichi reagierte ziemlich überrumpelt. Ihm und Shiho war zwar bewusst gewesen, dass Ran Conan für Verschwunden halten würde, da er ja wirklich verschwunden war, doch wie kam sie nur darauf, dass es sich um eine Entführung handeln musste. „Ja“, bestätigte diese und versuchte sich wieder etwas zu sammeln. „Als ich heute aufgewacht bin und ihn wecken wollte, war er nicht mehr in seinem Bett. Darüber hinaus herrschte eine ziemliche Unordnung und die Wohnungstür war gewaltsam aufgebrochen worden. Paps war sich sofort sicher, dass sich jemand von außen Zugriff verschafft hat.“ „Was sagst du da? Es gibt Einbruchsspuren?“ Sera, die vor Ran zurückgewichen war, aber noch neben ihr stand, war nun wieder hellwach und packte ihre Freundin in einem Greifreflex an den Schultern. Diese zog ein verängstigtes Gesicht, als sie so von ihrer Klassenkameradin ordentlich durchgeschüttelt wurde, bejahte aber kleinlaut ihre Frage. „Außerdem haben wir ein Schreiben des Entführers, an der Tür befestigt, vorgefunden. Dort stand, dass Conan nun in >seiner< Gewalt sei und zu gegebener Zeit Forderungen folgen würden.“ Masumi und Shinichi tauschten ein paar irritierte Blicke aus. Sie konnten das beide nicht verstehen. Sie hatten nichts dergleichen getan. Wie konnte das also sein? Wer war dafür nur verantwortlich? „Stand noch mehr in dieser Botschaft, was von Bedeutung sein könnte?“, sprachen die beiden jungen Detektive wie aus einem Munde. „Nun ja, es gab da noch etwas, was aber ziemlich merkwürdig klang. Es hieße wir sollten ruhig die Polizei einschalten, wenn wir das möchten, doch unser näherer Freundeskreis, besonders der von Conan, soll nichts von seiner Entführung erfahren. Falls es sich doch rumsprechen sollte, dann würde er ihn…“ Das Fräulein Mori schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen und schluchzte zutiefst bestürzt. „Ran“ Shinichi kam langsam auf sie zu. Er wurde das Gefühl nicht los, dass etwas an dieser gespielten Entführung faul war. „Wenn das was du eben gesagt hast wirklich wahr ist, dann lass mich alles in meiner Macht Stehende tun, um diesen mysteriösen Fall aufzuklären und die Verantwortlichen dahinter zu überführen.“ Sie sah wieder zu ihm auf und er vermittelte Sera mit einer einfachen Geste, dass sie Ran ruhig wieder loslassen konnte. „Auch wenn ich ein lausiger Freund sein mag, als Detektiv kannst du dich auf mich verlassen. Ich werde sie finden, sowohl Amuro als auch Conan, egal wo sie auch sein mögen.“, fuhr er fort. „Das würdest du wirklich alles tun, obwohl ich gestern am Telefon so gemein zu dir war?“ Ran klang nicht ganz überzeugt und wischte sich vorsichtig die Tränen aus den Augen. „Schätze ich hatte es wohl verdient.“, lächelte der Oberschülerdetektiv mit einem Gesichtsausdruck, wie ihn Ran lange nicht mehr gesehen und beinahe auch schon vergessen hätte. Sie konnte es nicht glauben, dass sich Shinichi wirklich dazu bereit erklärte und ihr, ohne lange zu überlegen, mit allem helfen wollte. Dabei war sie drauf und dran gewesen ihm an die Gurgel zu gehen. „Danke Shinichi.“, rief das Fräulein Mori erfreut und fiel ihm aus lauter Übereifer und Dankbarkeit um den Hals. „Keine Sorge, wir werden den kleinen Racker schon heil und munter zurückbekommen. Du weißt doch, wie taff er für sein Alter ist.“, baute er sie weiter auf. „Ich hoffe wirklich es geht ihm gut. Die Polizei haben wir schon informiert. Sie wollen die Sache, auf unsere Bitte hin, diskret angehen. Meine Eltern überlegen sich auch schon, wie wir Conans Verschwinden vor seinen Freunden und vor allem vor Ai verbergen wollen und auch ihr müsst die Sache für euch behalten. Das ist mir ungemein wichtig versteht ihr? Ich will mir gar nicht ausmalen, was ihm ansonsten alles angetan werden würde.“ Wieder wurde ihre Stimme flüchtiger und ihre Augen glänzten von der klaren Flüssigkeit, die sich in ihnen sammelte. „Ich verstehe nur nicht was der Entführer damit bezweckt und wie er es überhaupt in unsere Wohnung geschafft hat, ohne dass jemand von uns wach wurde.“ Shinichi legte fest entschlossen eine Hand auf ihre Schulter, was ein wenig zu helfen schien. Über Conans oder besser gesagt seinem Wohlergehen brauchte er sich im Grunde keine Sorgen zu machen, doch wer konnte noch wissen, dass sein Grundschul-Ich auf einmal weg war und auch nicht so schnell wieder zurückkehren würde. Hat man ihn vielleicht beim Verlassen der Wohnung Kisaki gesehen? Kannte der Entführer etwa auch seine wahre Identität, so wie vermutlich auch der Bombenleger? Er ging nicht davon aus, dass es sich um ein und dieselbe Person handelte. Wer in Gottes Namen zog hier alles seine Fäden und warum wurde er dieses Gefühl nicht los, jemand wollte ihnen mit diesem Manöver in die Karten spielen und ihnen eine provisorische Erklärung für Conans Verschwinden liefern. Davon aber mal abgesehen, schien er endlich Rans Wohlwollen zurückerlangt zu haben, worüber Shiho sichtlich nicht besonders angetan war. Rans Blick fiel über Shinichis Schulter hinweg wieder auf die Rotblonde, die immer noch schweigend und angewurzelt hinter ihm an der Treppe stand. Erst jetzt begriff sie, was sie da eigentlich soeben unternommen hatte und das sie Shinichi immer noch fest an sich drückte. Shiho war die Situation bestimmt genauso unangenehm wie ihr, dachte sich die Braunhaarige und sie machte mit ihrer aufdringlichen Umarmungsaktion alles nicht gerade besser. Er war doch immerhin jetzt ihr Freund. Damals bei ihrem und Shinichis Treffen im Café habe sie ihm vorgeschlagen, sie doch untereinander vorzustellen. Sie kann sich daran erinnern, wie toll er diese Idee fand und der Meinung war, sie würden sich bestimmt hervorragend verstehen. Vielleicht war das nicht gerade der beste Zeitpunkt das Eis zum Schmelzen zu bringen, doch nun standen sie sich doch schon einmal gegenüber und das weitere ausblenden des jeweils anderen, war Ran auf Dauer viel unangenehmer, als endlich den ersten Schritt ihrer Bekanntschaft zu machen. Um ganz ehrlich zu sein, wollte sie die junge Frau wirklich näher kennen lernen und herausfinden, was Shinichi an ihr so begehrenswert fand. Zweifelsfrei musste sie ein äußerst netter und liebevoller Mensch sein. Ran presste ihre Traurigkeit in den Hintergrund und setzte ihr freundlichstes Lächeln auf. Wenigstens für einen kurzen Moment, wollte sie nicht auf jeden wie ein Häufchen Elend wirken. „Wie unhöflich von mir, ich habe mich noch gar nicht richtig vorgestellt. Es ist schließlich das erste Mal, dass wir uns begegnen.“, setzte sie an und widmete sich voll und ganz der Wissenschaftlerin. „Hallo, ich bin Ran Mori. Du musst Shiho Miyano sein. Ich habe schon so viel von dir gehört. Freut mich dich endlich persönlich kennenzulernen.“ Die Rotblonde starrte auf Rans Hand, wie sie sie ihr entgegenhielt, um sie zu ergreifen und zu schütteln. War das wirklich ihr Ernst? Nach alldem was war, versuchte sie dennoch gegenüber ihr einen fröhlichen Eindruck zu machen? Shiho zögerte erst für einen Moment, schloss aber dann die Augen, drehte sich um und begab sich stillschweigend nach oben. Ran und auch Shinichi ließ sie dabei einfach links liegen. Das entgegenkommende Lächeln der Braunhaarigen verblasste. „Nanu, habe ich etwa etwas falsches gesagt?“ Ran klang so, als stünde sie kurz davor wieder in Tränen auszubrechen. Shinichi wedelte hastig und verneinend mit den Armen. „Das musst du verstehen. Die Sache scheint uns allen an die Nieren zu gehen. Sie will bestimmt nur Rücksicht auf dich nehmen, ganz bestimmt.“ Sera trat von hinten an die zwei heran und hakte sich bei Ran ein. „Ich denke wir sollten jetzt wohl lieber aufbrechen oder wir kommen noch zu spät zur Schule. Was meinst du Ran?“ „Ich denke nicht, dass ich heute zur Schule gehen kann.“, meldete sich ihre Niedergeschlagenheit zurück, als sie sich unsicher eine ihrer langen Strähnen hinter das Ohr strich. „Dann fahre ich dich am besten zurück zu deinen Eltern. Ich muss ohnehin in dieselbe Richtung.“, schlug Masumi vor, die die junge Mori bereits zurück zur Haustür zog. „Sag mal Masumi, mir fällt gerade auf, was machst du eigentlich hier? Wusstest du etwa, dass Shinichi zurück nach Tokyo kommt?“ Sera brachte ein gequältes Lachen zu Tage. „Das erkläre ich dir besser unterwegs.“, versuchte sie abzulenken und zerrte weiter am Arm ihrer Klassenkameradin. Als sie sie nach draußen befördert hat, zwinkerte sie Shinichi noch kurz zu und streckte dabei ihren Daumen in die Höhe, womit sie so viel sagen wollte wie: Mach dir keine Sorgen, ich regle das schon. Falls Ran für den Rest des Tages eine einfühlsame Stütze bräuchte, wäre Masumi für sie da. Danach waren die beiden Oberschülerinnen auch schon auf und davon. Shinichi war nun allein und wusste nicht so recht, was er nun machen sollte. Shiho in ihr Zimmer zu folgen wäre bestimmt keine gute Idee. Allein an ihrer abweisenden Haltung von vorhin konnte er schlussfolgern, dass er mit seinem erneuten Angebot zur Hilfe Rans in ein ziemlich tiefes Fettnäpfchen getreten war. Er konnte sie aber nicht einfach mit dem Verschwinden seiner geschrumpften Persönlichkeit allein lassen. An wen sollte Ran sich sonst wenden. Außerdem sah sich Shinichi als verantwortlich für ihre Situation und da er ohnehin der Sache auf den Grund gehen wollte, warum konnte er es dann nicht auch gleich offiziell als Oberschuldetektiv Shinichi Kudo tun. Diese ganze Rückverwandlungssache musste doch auch irgendwie einen Nutzen für ihn haben. Was dem Schwarzhaarigen aber wirklich Beschäftigte war, wer für die von Ran geschilderten Indizien einer Entführung in der Wohnung von Eri Kisaki verantwortlich war. Es ergab nicht den geringsten Sinn und dennoch lagen die Karten genau so auf dem Tisch. Freund oder Feind? Zufall oder Absicht? Shinichi hatte nicht die leiseste Ahnung. Das Läuten eines Handys riss ihn aus seinen Grübeleien. Der Klingelton kam ihm äußerst bekannt vor, doch woher? Es war weder sein Handy noch das von Ai oder von Professor Agasa. Er suchte nach dem Ursprung und landete dabei beim Wäschekorb. Als er den Deckel entfernte, lugte eins der blauen Beine von Kogoros „geliehener“ Hose hervor, was mit jedem Klingeln vor sich hin vibrierte. Wie konnte er nur nicht mitbekommen haben, dass das Handy seines Onkelchens noch darin enthalten war. Das musste er in all der Panik seiner Flucht völlig verplant haben. Ihm lief es kalt den Rücken herunter. Was wenn Ran auf der Suche danach war oder der Suffkopf selbst versuchte, dass abhanden gekommene Gerät zu orten? Schnell fischte er es aus der Hosentasche und sah dabei nach, wer bei Kogoro anrief. Die Nummer war unter dem Namen Wataru Takagi eingespeichert. Zügig eilte Shinichi zurück ins Wohnzimmer und suchte nach seinem Stimmentransposer. Ein Glück hatte er diesen letzte Nacht mitgenommen, nur für alle Fälle. Er stellte die Fliege auf die Stimme des schlafenden Meisterdetektivs ein und nahm den Anruf entgegen. „Guten Morgen Herr Mori, schön dass ich sie um diese Uhrzeit schon erreicht bekomme.“, vernahm er die sympathische Stimme des Polizisten am anderen Ende der Leitung. „Nicht der Rede wert Takagi, also was gibt es?“, wollte Shinichi wissen. So wie der Kommissar auf ihn wirkte, gehörte er eindeutig nicht zu denjenigen, die auf Conans >Entführer< angesetzt waren. „Nun ja, die kleine Ai hat uns auf ihr Geheiß darum gebeten, dass wir sie über Neuigkeiten zum Sprengstoffattentäter in ihrer Detektei und in der Teitan-Grundschule auf den Laufenden halten und wir haben nun erste Ergebnisse, die ihnen durchaus nützlich sein dürften, um uns bei unseren Ermittlungen zu unterstützen.“ Hervorragende Idee Ai, dachte sich der Oberschülerdetektiv mit einem seichten Lächeln. „Um was geht es?“ „Wir haben das Öl im Labor analysiert, dass die Kinder von dem verdächtigen Motorrad gefunden haben. Es handelt sich hierbei tatsächlich um Motorenöl. Genauer gesagt, um Öl für Viertaktmotorräder. Aber es kommt noch besser, es handelt sich um ein Schmiermittel, wie es hauptsächlich für Getriebe von Motorrädern der Marke Honda verwendet wird.“ Während Takagi berichtete, kam Shiho wieder die Treppe hinunter getingelt. Sie führte ein Handtuch mit sich und steuerte zielgerichtet auf das Badezimmer zu. Anscheinend wollte sie sich noch duschen vor dem zu Bett gehen. Mit wenig Sympathie lauschte sie der imitieren Stimme von Kogoro und ließ ihr Augenmerk nur für den Bruchteil einer Sekunde über Shinichi hinwegziehen. Dieser bemerkte sie zwar, ließ sich aber dadurch nicht von seinem Gespräch ablenken. Das letzte was er wollte war es wichtige Details zu verpassen. Shiho hatte dabei ihre ganz eigenen Gedanken. Er scheint sich ja sofort in den neuen Fall reinzuknien, dachte sich die großgewachsene Ai und rümpfte monierend die Nase. Er kann es wohl nicht abwarten Ran zufrieden zu stellen. Mit einem lauten Knall warf sie die Badezimmertür hinter sich zu, was Shinichi einen höllischen Schrecken einjagte und auch Takagi entging der Krach nicht. „Was war das für ein Lärm?“, fragte der Kommissar nach. „A-Ach nichts weiter, nur eine zugeschmissene Tür.“, druckste Shinichi und kratzte sich die Wange. „Achso stimmt, sie wohnen ja derzeit bei ihrer Frau.“, entgegnete Takagi, dem der platte Ausdruck in Shinichis Gesicht dabei entging. Wie sollte er denn das jetzt verstehen? Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf. Er sollte lieber beim Thema bleiben. „Fahren sie doch bitte fort Takagi.“, bat er ihn und hörte dabei, wie das Wasser der Dusche angestellt wurde. „Äh natürlich, tut mir leid.“ Der Kommissar klang ein bisschen verlegen. „Wir haben mithilfe von Conans Aussage einige Modelle der Marke Honda herausgesucht, die auf die gegebene Beschreibung passen würden. Wir bräuchten nur noch die Bestätigung der Kinder, ob das gesuchte Motorrad sich unter der Auswahl befindet. Sofern das erledigt ist, können wir als nächstes feststellen, wie viele davon in Tokyo im Umlauf sind und die Besitzer darauffolgend kontrollieren.“ Shinichi schluckte. Was so einfach klang, war leider momentan schier unmöglich. Immerhin waren sowohl Conan als auch Ai derzeitig etwas unpässlich. „Nun, i-ich denke es wäre einfacher, wenn sie die Bilder aller verdächtigen Motorradmodelle einfach an mich weiter schicken würden. Ich werde selbst meine Untersuchungen diesbezüglich aufnehmen und die Polizei auf dem Laufenden halten.“ „Wie sie meinen Herr Mori. Wir erwarten dann ihre Rückmeldung.“ Kommissar Takagi verabschiedete sich und legte auf. Kurz danach kamen auch schon die Bilder der Motorradmodelle herein, die Shinichi sofort an sein eigenes Handy weiterleitete. Das Handy von Kogoro und auch seine Hose müsste er bei nächster Gelegenheit heimlich wieder zurückbringen, ehe der Suffkopf bemerken würde, dass sie fehlten. Vielleicht könnte der Professor diese Aufgabe für ihn übernehmen. Er bräuchte die Sachen einfach nur irgendwo abzulegen, wo die Schnapsnase sie durchaus selbst liegen gelassen haben könnte. Immer noch eine leichtere Aufgabe für den alten Erfinder, als das er selbst als Shinichi Kudo bei Eri Kisaki aufschlagen würde. Der Schwarzhaarige zog mit seinem Zeigefinger über das Display seines Smartphones und ging die geschickten Bilder durch. Es waren alles schwarze Motorräder mit Viertaktmotoren der Marke Honda, bei denen ausschließlich das gefundene und vom Händler empfohlene Motorenöl verwendet wurde. Darunter waren zwar nicht nur Nakedbikes, doch Shinichi wusste ganz genau, welches Modell er suchte. Er sah es jedes Mal vor seinem geistigen Auge, sobald er diese schloss und endlich fand er das passende Exemplar dazu. Für ihn unverkennbar blitzte ihn das Foto derselben Maschine an, wie sie auch der Bombenleger gefahren hatte. Eine Honda CB 1000 R, wie der Name darunter verriet. Neugierig tippte Shinichi auf seinem Handy, um im Internet mehr Informationen zu bekommen. Das Bike besaß eine Leistung von 125 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 230 km/h. Darüber hinaus war es, obwohl es sich um eine japanische Marke hielt, ein Sondermodell, welches nur in Italien gebaut wurde. Die Chancen standen somit gar nicht schlecht einen schnellen Treffer zu landen. Shinichi griff ein letztes Mal nach Kogoros Handy und informierte Takagi, wie ausgemacht, über die Übereinstimmung. Dieser gab sich hocherfreut und würde alles Notwendige weiterleiten. Danach löschte Shinichi alle Informationen und auch die Anrufe von und an Takagi vom Handy des schlafenden Meisterdetektivs. Auf keinen Fall dürfte das Onkelchen später ausversehen darüber stolpern. Das Wasserrauschen im Hintergrund verebbte und kurze Zeit später verließ Shiho wieder das Bad. Sie trug eine kurze schwarze Schlafhose und hatte sich dazu ein knappes rosa Top übergeworfen. Gleichzeitig war sie damit beschäftigt -mit dem Handtuch von vorhin- ihre noch feuchten glänzenden Haare abzutrocknen. Schweigend kam sie auf Shinichi zu und setzte sich ihm gegenüber auf die Couch. Er selbst starrte sie nur mit offenem Mund an, als sie das Tuch auf ihre Schultern ablegte, nach einer Zeitschrift auf dem Tisch griff und ihre Beine an ihren Oberkörper heranzog. Ihm stieg der Duft von ihrem süßen Erdbeershampoo in die Nase und seine Wangen nahmen eine leichte Rötung an, als er auf ihre Beine starrte und wie sie ihre Fußspitzen von sich streckte. War sie nicht müde gewesen und wollte sofort schlafen gehen? Shinichi bekam den Verdacht, seine Freundin würde schon wieder irgendetwas aushecken, um ihn eins auszuwischen. Er beobachtete sie weiter schweigend, bis ihre kühlen ruhigen Augen über den Rand der Zeitschrift sahen, direkt in seine. „Shinichi?“ Sie senkte das Magazin, wodurch er ihre ausdruckslose Miene zu Gesicht bekam. „Was ist?“, fragte er harmlos. „Würde es dir was ausmachen, mich nicht quasi mit deinen bloßen Augen ausziehen zu wollen.“ Nun wurde Shinichis gesamter Kopf tiefrot vor Scham. „Rede nicht so einen Unsinn. Ich tue nichts dergleichen.“, wehrte sich der Detektiv, fühlte sich aber dennoch auf eine Art und Weise durchschaut. Als wären seine Blicke mit ihrer leichten Bekleidung und aufreizenden Pose nicht genau ihr Ziel gewesen und nun stellte sie IHN wieder als den Perversen hin, dachte sich Shinichi grimmig. „Wolltest du nicht eigentlich schlafen gehen?“, murrte er leise. Shiho verbarg ihr Pokerface wieder hinter der Frauenzeitschrift. „Erst müssen meine Haare richtig trocken werden.“, entgegnete sie monoton. Was für eine schwache Ausrede, überlegte Shinichi. Vielmehr will sie doch nur sichergehen, dass er nicht wieder jemand bestimmtes anrief. „Willst du denn gar nicht wissen, worum es in dem Telefonat von eben ging?“, wollte der Schwarzhaarige sie testen. Die Wissenschaftlerin zögerte einen Moment und Shinichi hätte sich gewünscht ihr Gesicht sehen zu können. Bestimmt war sie sich unsicher, wie sie darauf reagieren sollte. „Nein will ich nicht.“, antwortete sie ihm schließlich, sich weiterhin hinter dem Magazin versteckend. „Ich habe erst einmal genug von deinen ganzen Telefonaten, die du so in meiner Abwesenheit tätigst.“ Shinichi schob eingeschnappt sein Kinn nach vorne. Na schön, wenn sie es nicht wissen will, dann behielt er es eben für sich. Er wollte sich eh alleine darum kümmern und am besten auch jetzt gleich, solange die Spur zum Attentäter noch heiß ist. „Ich werde mir ein wenig die Beine vertreten. Frische Luft wird mir sicherlich gut tun. Bleibe ruhig hier wenn du willst.“, erklärte er und verließ eilig das Anwesen. „Hey Shinichi Moment mal.“ Shiho warf die Zeitschrift beiseite, doch sah sie nur noch eine Haustür, die ins Schloss fiel. Er war ohne weiteres gegangen. Auf und davon, um zu helfen wo er kann. Die Rotblonde legte ihre Fassade ab und blickte traurig auf ihren Schoß. Vielleicht war sie doch etwas zu streng zu ihm. Er versuchte doch immer nur das Richtige zu tun, auch wenn er dabei nicht immer alle Folgen bedachte, gerade was sie anging. Shiho legte sich ausgestreckt auf die Couch und platzierte ihre verschränkten Hände auf ihrem Bauch. Sie überlegte noch ein Weile, wie sie ihm wieder ein wenig entgegenkommen könnte, bis sie letztlich friedlich einschlief. Sera kam nach der Schule völlig erledigt nach Hause. Schon mit geschlossenen Augen öffnete sie die Wohnungstür und torkelte durch den schmalen Flur Richtung Bett. Sie warf erst ihre Schultasche in die Ecke und anschließend sich selbst und ihren entkräfteten Körper auf die weiche Matratze. Eine kleine zierliche Gestalt mit blonden Haaren und ebenso grün stechenden Augen wie Sera, tapste auf Socken in das Zimmer. Masumi ließ ein erschöpftes Stöhnen verlauten, dass durch die Tatsache, dass ihr Gesicht tief im Feinpolster versunken war, nur gedämpft nach außen drang. Das kleine Mädchen bei ihr verschränkte die Arme. „Bei irgendwelchen nächtlichen Unternehmungen muss man sich nicht wundern, wenn man am nächsten Tag fix und fertig ist.“, bemerkte Mary trocken. Sera brummte etwas Unverständliches. „Drehe dich bitte um, wenn ich mit dir spreche Masumi.“, belehrte das Mädchen ihre Tochter, wodurch sich die Oberschülerin auf den Rücken drehte. „Ist ja gut Mutter.“ Ihre Augen waren von tiefschwarzen Augenrändern gezeichnet. „Wo bist du überhaupt gestern hin verschwunden?“ „Das weißt du doch bestimmt ganz genau, also wieso fragst du mich?“ Sera schien es wohl nicht entgangen zu sein, dass ihre kleine Schwester außerhalb des Territoriums sie und Shinichi heimlich belauscht hatte. Mary ging aber nicht weiter darauf ein, sondern kam gleich zur Sache. „Seit wann ist der Junge wieder in die Gestalt des Oberschülerdetektivs zurückgekehrt?“ „Seit genau dem gleichen Zeitpunkt, als auch Ai wieder ihr altes Ich angenommen hat. Es geschah gestern mitten in der Nacht und hat mit irgendeiner Nachwirkung des Prototypen zu tun, welchen sie eingenommen hatten.“, antwortete Sera brav, aber träge. „Sherry ist also ebenfalls wieder zurück.“, flüsterte Mary und unterdrückte ein Husten. „Sag mal…“, Masumi machte einen Schneidersitz auf ihrem Bett, „…ich verstehe bis heute nicht, warum du dich ihnen weiterhin nicht zeigst und klein bleiben willst, obwohl Shiho bereits ein Gegenmittel hergestellt hat, was dich wieder gesund machen könnte. Du wolltest doch anfangs so schnell wie möglich wieder groß werden, woher also der Sinneswandel?“ Mary musste nun doch leise Husten. „Niemand kann sagen, ob das Gegenmittel bei der Version des Giftes, dass ich verabreicht bekommen habe wirklich hilft. Außerdem bin ich der festen Überzeugung, dass die Zeit zum Aufatmen noch nicht gekommen ist.“ Masumi runzelte die Stirn. „Was meinst du damit? Kannst du es nicht zumindest ausprobieren? Woher willst du wissen, dass die Rückverwandlung nicht doch erfolgreich verläuft.“ „Glaube mir, es ist besser, wenn ich dem rotblonden Mädchen nicht begegne, noch nicht.“ „Wieso nicht?“ „Frage nicht weiter nach Masumi. Du würdest es ebenso wenig verstehen. Ich muss ihr aus dem Weg gehen, um keine Geister der Vergangenheit zu wecken.“ Sera verstand nicht, was Mary damit meinte, gab sich aber geschlagen und beließ es dabei. „Na schön, wie du meinst Mutter.“ Dabei fiel ihr jedoch etwas anderes ein, was sie ansprechen wollte. „Könntest du mir vielleicht verraten, ob du zufällig etwas mit den Einbruchsspuren bei den Moris zu tun hast?“ Die Antwort darauf ließ überraschenderweise nicht lange auf sich warten. „Nein. Ich war es nicht, welche die Tür beschädigt und aufgebrochen hat, wenn du das meinst. Ich weiß aber zufällig wer es gewesen ist. Ich habe die Person nämlich dabei beobachtet.“ „Was? Dann raus mit der Sprache.“, verlangte Masumi ungeduldig. Marys Blick verfinsterte sich. „T-Tut mir leid.“, entschuldigte sich ihre Tochter, bevor das Mädchen zu erzählen begann, ohne zu ahnen, dass ihr noch ein zweites Paar Ohren heimlich zuhörte. In einem dunklen Appartementzimmer saß eine feminine Gestalt vor mehreren Überwachungsmonitoren und beobachtete die beiden Seras. Die schmalen Lippen formten sich zu einem Lächeln, als sie den Ton des Mikrofons etwas lauter stellte, um alles noch besser verstehen zu können. „Sie ist so gerissen, wie eh und je. Er kommt ohne Zweifel nach ihr.“, kicherte die Frau amüsiert, während sie das Gespräch zwischen Mutter und Tochter verfolgte. „Wie lange sie wohl diese kleine Familienangelegenheit noch für sich behalten wird?“ Sie hielt mit der versteckten Kamera genau auf Mary und zoomte langsam weiter heran. Die weibliche Erscheinung musste schmunzeln. „Tja, wie heißt es doch so schön: A secret makes a woman, woman.“, sprach sie weiter, ehe sie in leises Gelächter ausbrach. Kapitel 18: Vermittlung ----------------------- Kapitel 18: Vermittlung Shiho wurde durch das Schellen an der Tür aus ihrem Nickerchen geweckt. Ihre Augenlider zuckten, jedes Mal wenn die Klingel draußen erneut betätigt wurde. Wer auch immer da war sollte am besten gleich wieder gehen, dachte sie sich verschlafen und drehte sich auf die Seite, doch so einfach wollte sich die Person an der Haustür anscheinend nicht abspeisen lassen, denn das Klingeln ging in einem gleichbleibenden Rhythmus weiter. Genervt zwang sich Shiho die Augen zu öffnen. So langsam wurde dieses Hintergrundgeräusch für sie störend und da es ihr somit unmöglich war ihre Augen wieder zu schließen, begann sie sich stattdessen zu fragen, wer in Teufelsnamen das nur sein könnte. Mürrisch rieb sie sich die Augen und hob ihren noch trägen Oberkörper in eine aufrechte Sitzhaltung, während bereits Professor Agasa das Wohnzimmer betrat. Mit einem Lappen wischte er sich die mit Öl besudelten Finger sauber. Er schien wieder fleißig an seinen neuen Erfindungen zu tüfteln, konnte Shiho daraus nur schlussfolgern. „Moment ich komme ja schon. Du liebe Güte.“, räusperte sich der Professor, als er auf die Haustür zuging. Shiho schwenkte ihren Blick auf die Uhr an der Wand. Es war bereits Nachmittag. Sie hatte doch länger geschlafen, als erwartet. Theoretisch hätte sie und Conan den gesamten Schultag somit als unentschuldigt gefehlt. Das einzig Positive an dem gestrigen Vorfall in ihrer Schule war aber, dass diese für den Rest der Woche geschlossen blieb und alle Grundschüler somit vorerst freigestellt waren. Das kam ihr und Shinichi sehr entgegen, da sie ein Fehlen im Unterricht gar nicht hätten vermeiden können. Man rechnete aber allgemein mit einem baldigen Fortsetzen des normalen Lehrplans, da die meisten Klassenzimmer unbeschadet geblieben waren. Es war also eine reine Vorsichtsmaßnahme, worauf sich Lehrer und Eltern im Laufe des Abends geeinigt hatten. Die Polizei würde indessen ihre Anstrengungen verdoppeln, um den Verantwortlichen zu verhaften, wie ihr Ayumi gestern noch am Telefon berichtet hatte. Ihre eigene Mutter wollte das Mädchen auch solange Zuhause behalten, bis sie sich sicher war, dass etwas dergleichen nicht noch einmal an der Teitan-Grundschule passieren würde. Es läutete erneut an der Tür und der Professor ergriff die Klinke. Erst jetzt wurde Shiho bewusst, dass die Person vor der Pforte zur Villa Agasa mit großer Wahrscheinlichkeit jemand sein könnte, der sie keinesfalls in ihrer wahren Gestalt zu Gesicht bekommen sollte. Was wenn es sogar die Detective Boys waren? Sie wollte dem Professor etwas zurufen, doch dieser öffnete im gleichen Moment die Tür. „Hallo Professor.“, begrüßten ihn Ayumi und Mitsuhiko im Chor. „Oh hallo ihr beiden. Was kann ich für euch tun?“, empfing Agasa die zwei Kinder freundlich. „Wir wollten zu Ai.“, erklärte Ayumi schnell den Grund für ihren Besuch. Der alte Erfinder strich sich besorgniserregend über den Bart. Ihm war klar, dass dies gerade ein ziemliches Problem darstellte, denn Ai war ja plötzlich wieder zu Shiho geworden und auch wenn Ayumi ihre wahre Identität kannte, so galt das nicht für den Jungen, der sie begleitete. „Verstehe. Aber wieso ist Genta denn nicht bei euch?“, versuchte Agasa etwas Zeit zu schinden und signalisierte Siho unauffällig hinter seinem Rücken, sich in ihr Zimmer zurück zu ziehen. Diese verstand seine Botschaft und machte auf Zehenspitzen ihre ersten leisen Schritte hinüber zur Treppe. Zum Glück bot der Professor einen guten Sichtschutz zwischen ihr und der Tür bemerkte die Rotblonde, was natürlich nicht böse von ihr gemeint war. Vielleicht sollte sie doch nicht immer so hart mit ihm ins Gericht gehen, wenn es um seine Ernährung ging. Seine Figur hatte schließlich auch gewisse Vorteile. Ein Mauzen ließ sie bei ihrem nächsten Schritt zögern. In letzter Sekunde gelang es Shiho ihren Fuß wieder anzuheben, ehe sie ausversehen auf den Schwanz von Nara getreten wäre, welche sich müde vor der Couch auf dem Teppich rekelte. Sie schaute ihrer Katze etwas vorwurfsvoll dabei zu und musste sich dabei eingestehen, dass sie dafür dringend ihr Kätzchen weniger zu Essen geben sollte. Die ganzen Leckerlis gingen an ihrem Haustier nicht spurlos vorbei, auch wenn sie das um einiges flauschiger machte. „Genta ist nicht mitgekommen, da Mitsuhiko alleine mit Ai und auch mit Conan reden wollte.“, sprach nun Ayumi weiter, als Reaktion auf Agasas gestellte Frage und legte eine Hand auf die Schulter ihres Schulfreundes. „Ich bin eigentlich nur als seine Stütze hier. Dürfen wir also reinkommen?“ Das braunhaarige Mädchen war schon drauf und dran sich am Professor vorbeizuschieben, um bei dem Zwist zwischen ihren Freunden eine Lösung herbeizuführen. Immerhin war es ihr unüberlegter Umgang mit Ais Fotoalbum, der dafür gesorgt hatte. Nicht doch, dachte sich die Rotblonde, als die beiden Kids über die Türschwelle traten. Shiho biss sich auf die Lippe und ging instinktiv hinter der Couch in Deckung. Zu ihrem Zimmer würde sie es jetzt wohl kaum mehr schaffen, ohne gesehen zu werden. Sie hoffte dem Professor würde etwas einfallen, um zu verhindern das Ayumi Mitsuhiko weiter ins Haus schleifen würde. Ein Besuch adressiert an Ai oder Conan stand zurzeit außer Frage. „Tut mir wirklich leid euch enttäuschen zu müssen, aber Ai liegt mit Fieber im Bett und ist momentan nicht in der Verfassung für Besuch und Conan ist leider nicht hier, falls ihr euch das erhofft habt.“, stoppte Agasa den Vormarsch der beiden Grundschüler. Sehr gut Professor, lobte ihn Shiho in Gedanken, während sie angespannt hinter dem Möbelstück bei ihrer Katze lag. „Oh, verstehe.“, gab Mitsuhiko geknickt von sich. „Worum geht es denn? Ist es wichtig? Vielleicht kann ich ihr was ausrichten.“, bot sich der Professor bereitwillig an. „Ja allerdings, es ist etwas Wichtiges, aber das muss Mitsuhiko am besten selbst machen. Er wollte sich bei den Beiden für sein Verhalten gestern noch einmal entschuldigen.“, meinte Ayumi und gab sich viel Mühe dabei, dem Jungen zur Seite zu stehen. „Ich weiß ich war gemein zu Conan und um ehrlich zu sein auch ein wenig neidisch. Ich wollte den zwei nur klarmachen, dass es mir leid tut und das ich ein guter Freund sein will, so wie sie gute Freunde für mich sind und nichts weiter dagegen haben, dass sie nun ein Paar sind.“, murmelte Mitsuhiko kleinlaut, doch schien er es zweifellos ernst zu meinen. Ach Mitsuhiko, dachte sich Shiho mit einem schwachen Lächeln. „Nun, ich bin mir sicher, sie wird sich darüber freuen einen so verständnisvollen Freund zu haben, der ihre Beziehung gutheißt.“, lächelte Agasa. „Ach Ayumi da fällt mir noch ein, ich sollte dir etwas von Ai geben. Wenn du also kurz Zeit hast und mit ins Labor kommst, dann kann ich es dir geben.“, fuhr er fort, natürlich mit der Absicht verfolgend, den Jungen mit den Sommersprossen von Shiho fernzuhalten und das Fräulein Yoshida gleichzeitig in das Dilemma einzuweihen. „Was ist mit Mitsuhiko?“, stellte Ayumi unschuldig die Frage, von der Agasa befürchtet hatte, dass sie diese stellen würde. Doch ehe er sich in weiteren Erklärungen zu verrennen drohte, kam ihm erstaunlicherweise Mitsuhiko unbewusst zu Hilfe. „Schon gut Ayumi geh ruhig. Ich mache mich lieber wieder auf den Heimweg.“, sprach dieser leicht niedergedrückt. „Wir sehen uns.“ Der Junge winkte noch kurz und lief dann davon. Ayumi konnte seinen flüchtigen Abschied ebenfalls nur mit einem schwachen Winken erwidern, zu schnell war Mitsuhiko auch schon um die Ecke gebogen. „Was ist das eigentlich, dass sie mir von Ai geben sollen?“, runzelte das Mädchen -an Agasa gewandt- die Stirn. „Ist sie wirklich so sehr krank, dass sie es selbst nicht schafft?“ Sie klang ungemein besorgt um ihre beste Freundin im Körper eines Kindes. „Eigentlich ist Ai gar nicht krank Ayumi.“, entgegnete Agasa ernst, als er die Tür hinter ihr schloss und sie ins Wohnzimmer führte. Shiho begriff worauf der Professor hinauswollte und kam im gleichen Atemzug hinter ihrem Versteck zum Vorschein. Ayumis Augen weiteten sich. „Oh nein Ai, was ist passiert? Wieso bist du denn auf einmal wieder groß?“ Sie eilte zu ihrer Freundin und sah, von einem ihrer Beine aus, zu ihr hoch. „Hast du nicht gesagt, du und Conan könnt euch nicht mehr zurückverwandeln?“ Shiho tätschelte beruhigend das Haupt des Mädchens und kniete sich zu ihr auf Augenhöhe. „Eine unerwartete Nebenwirkung. Das ist ein bisschen kompliziert musst du wissen. Ich selbst war genauso überrascht, wie du jetzt.“ Die Rotblonde lächelte warm und zog Ayumi zu sich auf die Couch. Professor Agasa beschloss ihnen Gesellschaft zu leisten. „Du bist also nicht wirklich krank?“ Shiho verneinte dies. „Es war nur eine Notlüge, damit mich Mitsuhiko nicht so sieht. Außerdem ist es wichtig, dass du Bescheid weist. Shinichi und ich brauchen wohlmöglich nun mehr denn je deine Hilfe.“ Ayumi hörte der Rotblonden zu und begann vor Solidarität nur so zu strotzen. Sie hatte immerhin noch etwas gut zu machen. „Wie kann ich helfen?“ „Bingo. Das muss es sein.“, stellte Shinichi zufrieden fest, als er das Motorrad in der Einfahrt parken sah. Nachdem er das Foto des gesuchten Gefährts an Sera weitergeleitet hatte, konnte diese ihn davon in Kenntnis setzen, dass sie bereits mehrmals ein Exemplar des gleichen Modells in der Nähe seiner Schule gesehen hatte. An das Kennzeichen konnte sie sich zwar nicht erinnern, doch war sie sich sicher gewesen, dass es sich um ein gemietetes Motorrad handeln musste. Am Ende brauchte Shinichi somit nur mit Kogoros Stimme bei der Polizei anzurufen, um Nummernschilder gemieteter Hondas mit den Kennzeichen umliegender Stadtbezirke abzugleichen. Tatsächlich beschränkte sich die Ausbeute auf gerademal zwei Treffer. Somit machte sich Shinichi quer durch die Hauptstadt auf, zu den dazugehörigen Adressen, in der Hoffnung, den Täter beider Anschläge endlich zu finden und das Handwerk legen zu können. Er wünschte sich nichts sehnlicheres, als endlich ein paar Antworten auf seine vielen ungeklärten Fragen zu bekommen. Das erste Ziel -Präfektur Tokyo 東京 im Bezirk Sumida 墨田- erwies sich hierbei aber schnell als Sackgasse, als der Fahrzeughalter, ein Familienvater mittleren Alters, der sich sehr für Motorräder interessierte, sich so freundlich erwies und ihm erklärte, dass er das besagte Motorrad erst kurzfristig vor drei Tagen gemietet und es bereits gestern wieder bei der zuständigen Stelle abgegeben hatte. Das klang zunächst natürlich nicht sonderlich überzeugend, dafür mehr die Tatsache, dass der Mann mit seiner Frau und den beiden Kindern beim Vorfall in der Detektei das Wochenende über in Gunma verbracht hatte. Zeugen gab es dafür auch. Selbst die Fahrzeugvermietung bestätigte, dass der Mann das Motorrad nur einmal und auch nur in dem angegebenen Zeitraum benutzt hatte. Shinichi hakte damit auch nicht weiter nach, da sein Gefühl ihm ebenfalls mitteilte, dass der Mann und seine Familie unmöglich hinter diesen Gräueltaten stecken konnten. Ein Vater, wie der Mann den Eindruck vermittelte, würde bei seinen zwei kleinen Mädchen, niemals eine Bombe in einer Grundschule hochgehen lassen. Gerade weil seine Kinder die selbige besuchten. Sie waren eine Stufe unter Shinichi, in der 1a und erst dieses Jahr eingeschult worden, wie er in Erfahrung bringen konnte. Damit blieb dem Oberschülerdetektiv folglich nur noch ein möglicher Täter übrig, dessen Anschrift in der Präfektur Toyko 東京, Bezirk Adachi 足立 lag. Allein die Erscheinung des Hauses von außen, machte Shinichi gleich zu Beginn misstrauisch. Es war nicht mit der freundlichen und familiären Umgebung seines ersten Abstechers zu vergleichen. Das Grundstück wirkte lieblos und der Besitzer schien sich nicht groß darum zu kümmern. Die Fenster waren alle geschlossen und die Vorhänge zugezogen. Eine ältere Frau, die gegenüber wohnte, hat Shinichis neugieriges Auftreten bemerkt und ihm darauffolgend erzählt, dass das Haus einem sehr komischen Typen gehörte. Er war ungewöhnlich groß und war, wenn er mal zuhause war, nie zu sehen, sondern hielt sich stets im Haus auf, wodurch der Garten auch so ungepflegt war, beschwerte sich die Dame. Shinichi spürte auf der richtigen Fährte zu sein, war auf der Überwachungskamera immerhin eine große Person zu sehen gewesen und auch Sonokos und Mitsuhikos Aussagen von einer großen Persönlichkeit deckten sich damit. Nähere Angaben über das Aussehen konnte die alte Frau aber leider nicht liefern, da der unhöfliche Typ, der ihr niemals grüßte oder auch sonst nicht redete, nur nach draußen ging, wenn er mit seinem Motorrad davonfahren wollte und den Helm immer bereits im Vorfeld aufsetzte. Sie selbst fragte sich dabei, warum ihr Nachbar überhaupt erst vor kurzem hier hergezogen sei, wenn er doch kaum hier war oder sich um das Anwesen kümmerte. Shinichi besaß keinen Zweifel, dass das der Kerl war, den er so ehrgeizig suchte. Die Auskünfte der Frau, worauf diese sichtlich stolz war, untermauerten seine Vermutungen nur noch zusätzlich und er bedankte sich höflich für ihre Unterstützung. Für ihn, war dieser Ort die perfekte Bombenwerkstatt und da das Motorrad davor stand, musste auch der Bombenleger daheim sein. Auf der Hut betrat Shinichi das Grundstück und schlich vorsichtig auf das zweirädrige Gefährt der Marke Honda zu. Wie von Sera geschildert, verriet das れわ auf dem Kennzeichen, dass es sich um ein Mietfahrzeug handelte und der Oberschüler könnte darauf wetten, dass dieses bereits seit mindestens einer Woche im Besitz seines Verdächtigen war. Außerdem konnte er am Heck schwache Kratzer im schwarzen Lack erkennen, sowie einige Abnutzungen am Getriebe, wo das Motorenöl hätte auslaufen können. Der Schwarzhaarige zog einen kleinen Peilsender hervor und platzierte diesen an der Unterseite des Motorrades. Nur für den Fall der Fälle, dachte sich Shinichi, ehe er weiter zur Hauswand ging und sich hoch zu einen der Fenster streckte, um eventuell etwas vom Inneren erhaschen zu können, doch Fehlanzeige. Nun versuchte es der junge Schnüffler eben anderweitig und schlich zur Haustür, um an dieser zu lauschen. Eine Weile war nichts zu hören, bis er eine Stimme vernehmen konnte, die langsam immer lauter wurde. „Ja, habe verstanden. Wird sofort erledigt. Ich nehme das Treffen war und besorge die nächste Fuhre.“, drang eine tiefe männliche Stimme durch das Holz der Tür bis an Shinichis Ohr. Die Tatsache das das gesprochene Japanisch einen starken europäischen Akzent aufwies, sprach für die Theorie eines Westlers, was auch erklären würde, warum dieser nicht grüßte und nicht fiel bzw. gar nicht redete. Entweder an seinem Aussehen oder an seinem Akzent würde jeder sofort erkennen, dass er kein Japaner sein konnte und somit wäre ihm ungewollte Aufmerksamkeit in der Gegend gewiss. Schlechte Voraussetzungen für einen Attentäter, der unerkannt bleiben will. Schwere und immer deutlicher zu vernehmende Schritte im Haus verrieten Shinichi, dass die Person dem Eingang, an dem er lauschte, immer näher kam und jede Sekunde nach draußen treten würde. Hastig entfernte sich der Oberschüler von der Haustür. Er sah sich um und suchte Schutz in einem wild wuchernden Gebüsch im Vorgarten. Er handelte keinen Wimpernschlag zu früh, denn sofort wurde die Tür geöffnet, vor der er bis eben noch gestanden hatte. Zwischen zwei dichten Zweigen hindurch, erblickte er die großgewachsene Gestalt in seiner bekannten Motorradkluft und wie sie das Haus verließ. Glück gehabt. Anscheinend wurde er nicht gesehen, da der Kerl, obwohl er unweit von seinem Versteck entfernt stand, ohne zu zögern nach links einlenkte, hin zu der Maschine mit dem Viertaktmotor. Beim genauerem Hinsehen erkannte Shinichi, dass der Typ tatsächlich bereits seinen Helm trug und sogleich auch das Motorrad startete, ehe er damit davonfuhr. Shinichis Herz hämmerte in seinem Ohr, während er sich nur langsam aus dem Gestrüpp wagte. Das war vielleicht die beste Chance, die sich ihm bot, sich ungestört in dem Haus umzusehen, doch Shinichi war auf etwas ganz anderes hinaus. Das belauschte Kurzgespräch ließ vermuten, dass seine Zielperson sich mit gewissen Kontakten treffen würde. Für den Detektiv in ihm, war es demnach viel entscheidender, den Täter zu verfolgen, denn dieser könnte ihn zu den Leuten bringen, die womöglich den Ton in dieser ganzen Sache angaben oder zumindest mit drin steckten, wodurch man alle auf einen Streich hochgehen lassen könnte. Shinichi kramte seine Brille aus seiner Jackentasche und setzte sich diese auf. Er aktivierte das Radar, wo ein roter Punkt ihn anblinkte und zügig auf die Küste zusteuerte, in Richtung der Präfektur Chiba. „Noch einmal entwischt du mir ganz bestimmt nicht.“, flüsterte er entschlossen. Shinichi verfolgte mit einem Taxi, das Signal auf seiner Radarbrille bis zu einer etwas abseits liegenden Hafenanlage. Auf der anderen Seite einer alten brüchigen Steinmauer, war der Punkt zum Stehen gekommen. Hier irgendwo musste also das erwähnte Treffen stattfinden. Was für ein reizendes Plätzchen, dachte sich Shinichi so dabei, als er ausstieg und seinen Fahrer bezahlte. Kaum das dieser weg war, verschaffte er sich unbefugt Zutritt zu dem Privatgelände. Es zahlte sich doch aus, zurzeit seinen alten Körper zur Verfügung zu haben, denn so fiel ihm das hinüberklettern deutlich leichter. Alles wirkte ziemlich verlassen und lange Zeit nicht mehr genutzt, stellte der Schwarzhaarige fest, als er sich das erste Mal genauer umsah. Verrostete leere Stahlcontainer säumten seinen Weg, ebenso wie zerfallene Unterstände und einen außer Betrieb gestellten Verladekran. Shinichi befiel eine Gänsehaut, als er die Lagerhallen betrachtete, von denen das Signal ausging. Die Erinnerungen an den Tod von Akemi, welchen er nicht in der Lage war zu verhindern kamen langsam zu Tage. Shiho, dachte sich der junge Detektiv, da sofort das Bild seiner Freundin vor seinem geistigen Auge auftauchte. Sollte er vielleicht Bescheid geben wo er war? Was ist, wenn sie sich Sorgen machte? Sie hatte doch überhaupt keine Ahnung was er gerade tat. Sein Blick fiel auf ein altes zugewachsenes Schild mit abgeblätterter Schritt darauf. Man konnte nur noch schwer den Namen des damaligen Betreibers erkennen. „Kara…ma G…p“, versuchte Shinichi das Verbliebene zu entschlüsseln. Aus irgendeinem Grund kamen ihm die Zeichen vertraut vor, als hätte er sie schon einmal irgendwo gesehen. Davon aber mal abgesehen, bot dieses Gelände die idealen Bedingungen für ein heimliches Treffen und dem Abwickeln verbotener Geschäfte. Shinichi musste auf der Hut sein. Vielleicht wäre es schlau Shuichi als Unterstützung hinzuzuziehen? Ein Wagen näherte sich. Keine Zeit dafür, beschloss der Oberschüler und begab sich außer Sichtweite. Eine schwarze Limousine, festes Verdeck und getönte Scheiben fuhr auf das Hafengelände. Im Schritttempo näherte es sich einer der Lagerhallen. Shinichi huschte von Deckung zu Deckung, um an ihnen dran zu bleiben. Der Wagen hielt genau neben dem Gebäude an und drei Männer in grauen Anzügen stiegen aus. Sie schienen auf dem ersten Blick unbewaffnet, doch Shinichi würde es nicht wundern, wenn genau das Gegenteil der Fall war. Markant war an ihnen, dass alle einen Fedora, einen dunklen Filzhut auf dem Kopf trugen. Sie hatten eine beängstigende Ähnlichkeit mit den Männern in Schwarz. Etwas später verließ auch ein vierter Mann den Wagen, ein älterer Herr mit scharfen Gesichtszügen und grauem Schnurrbart. Er schaute sich kurz um und schnipste dabei eine aufgerauchte Zigarette von sich. Den Hut ins Gesicht ziehend ging dieser voraus und deutete seinen Begleitern an, ihm zu folgen. Anscheinend hatte er wohl das Sagen, denn die anderen taten wie befohlen. Wenn Shinichi raten müsste, würde er auf Angehörige der Mafia tippen. Er erinnerte sich, wie Sera ihm erzählt hatte, dass im Untergrund, die Yakuza für das Dealen von explosiven Substanzen bekannt war. Schnelles Geld, war alles voran diese Kerle interessiert waren. Die Männer betraten durch einen Seiteneingang die Halle. Zwei um genau zu sein, der Ältere und ein weiterer Kerl, der einen großen Koffer mit sich führte. Die anderen beiden blieben vor der Tür stehen und schienen wache zu halten. Shinichi biss die Zähne zusammen. Er musste wissen was darin vor sich ging, konnte sich aber unmöglich an den beiden Gorillas vorbeischleichen. Denk nach, forderte er sich selbst dazu auf, seine Gehirnbindungen schneller arbeiten zu lassen und ihm eine Lösung zu präsentieren. Dabei fiel ihm ein, dass der Peilsender, den er am Motorrad angebracht hat, dasselbe Modell war, wie es auch schon in Gins Porsche zum Einsatz kam, sprich inklusive Abhörgerät. Das könnte tatsächlich klappen. Er griff an den Bügel seiner Brille und versuchte die richtige Frequenz einzustellen. Seine Idee würde jedoch nur funktionieren, wenn das Motorrad in der Nähe des Treffens parken würde, am besten im Inneren der Lagerhalle. Würde er selbst sich mit der Mafia treffen, dann würde er sein Fluchtfahrzeug immer in seiner Nähe wissen wollen, um schnell zu verschwinden, falls was schief ginge. Shinichi drehe weiterhin das kleine Rädchen, doch mehr als ein Rauschen wollte seine Brille nicht einfangen. „Nun komm schon.“, nörgelte er ungeduldig. Als dann endlich das erste verständliche Wort an sein Ohr drang, war Shinichi sogleich wie in Stase. Er schloss die Augen und drückte seine Hände an die Ohren, um sich voll und ganz auf das folgende Gespräch und das, was sich im Inneren der Lagerhalle abspielte, konzentrieren zu können. „Was hat euch aufgehalten?“, empfing Baileys die Männer der Yakuza schroff. Der ältere Herr ging gemächlich auf das Mitglied der schwarzen Organisation zu, der sein Motorrad tatsächlich in weiser Voraussicht direkt neben sich zu stehen hatte. „Wir haben eben noch andere Kunden, mit denen wir Geschäfte tätigen und dessen Zufriedenheit uns sehr am Herzen liegt, auf das wir sie auch weiterhin unsere Kunden nennen können.“ „Liegt euch meine Zufriedenheit nicht am Herzen?“, merkte Baileys mit einer Verwunderung an, vergleichbar mit der eines Taschenrechners. Der Mann mit dem Filzhut lachte genüsslich und betrachtete sein Gegenüber, der durch seine Größe, Körperbau, seine Art zu Reden und dem schwarzen Motorradleder, wie ein Terminator-Verschnitt wirkte. „Du bist doch nur ein Handlanger. Das wir dich beliefern ist nur einem Gefallen gegenüber unseres alten Freundes geschuldet.“, blaffte er und winkte seinen Kollegen zu ihm herüber, der mit ihm die Halle betreten hatte. Dieser schleppte den Koffer, den er bei sich trug, zu Baileys und legte diesen auf einen Tisch ab. „Keine Ahnung worauf dein Boss so versessen ist, dass er wahllos irgendwelche Gebäude in die Luft jagen will, aber das sollte besser nicht auf uns zurückfallen. Die Polizei sucht nach der zweiten Explosion nur umso verbitterter nach den Verantwortlichen. Wenn das sich weiter so zuspitzen sollte, dann wird mein Boss wiederum sehr schnell vergessen, dass wir einst einen so guten Draht zu seinem Mentor hatten.“ Baileys sah dem Yakuza unbeeindruckt in die Augen. „Bist du fertig?“ Der Ältere stieß einen Pfiff aus. „Würde mich ja brennend interessieren von welcher Bühne er dich hergeholt hat. Einem Typen wie dir bin ich auch noch nicht begegnet. Irgendein Gaikokujin der auf Bad Boy macht. Das finde ich lustig.“ Der Mann legte den Kopf schräg. „Ich wurde nach Japan beordert, da ich meine Befehle immer ausführe, ohne sie in Frage zu stellen und ich lasse mich auch nicht einschüchtern, von niemanden.“, entgegnete Baileys ruhig. Der alte Herr zückte einen Revolver und hielt ihn dem Organisationsmitglied ins Gesicht. „Ist das so? Ich hörte schon davon, man soll dich nicht kleinkriegen können.“ Unverdrossen schaute Baileys in den Lauf der Waffe und anschließend daran vorbei zu dem Mann, der diese auf ihn richtete. „Du kannst mir keine Angst machen.“ Der Mafioso nahm die Waffe wieder herunter und verstaute sie in der Innentasche seines Jacketts. „Etwas Angst kann niemals Schaden. Es hilft Situationen besser einzuschätzen und sich klar zu machen, bei wem man den Bogen lieber nicht überspannen sollte.“ Er nickte seinem Partner zu, welcher nun den Koffer öffnete. „Der bestellte Sprengstoff, wie gewünscht. Ausgemustert vom Militär und bereit zum Weiterverkauf. Wir erwarten die Bezahlung auf die übliche Weise.“ Shinichi hatte genug gehört. Er musste die Polizei einschalten, ehe sich das Treffen, deren Teilnehmer und alle dazu gehörenden Beweise in Luft auflösen würden. Mit seinem Handy wählte er eine Nummer und drückte es an sein Ohr, während es klingelte. „Inspektor Megure, hier ist Shinichi Kudo.“ Einen Moment lang war es still. „Ich weiß, ich weiß, hören sie Inspektor, ich erkläre ihnen alles weitere später, aber es geht um etwas wichtiges. Es hat mit den Explosionen der letzten sieben Tage zu tun. Ich weiß wer dahinter steckt.“ Kapitel 19: Auf den Prüfstand gestellt -------------------------------------- Kapitel 19: Auf den Prüfstand gestellt Shinichi sah nervös auf seine Armbanduhr. So langsam stieg die Unsicherheit in ihm. Fast fünfzehn Minuten waren vergangen und immer noch keine Spur von der Polizei. Er schaute zur Lagerhalle, wo die zwei Kerle von der Yakuza immer noch Schmiere standen und ihre wachsame Blicke in jede erdenkliche Richtung lenkten. Der Deal sollte jeden Augenblick zu Ende sein und wenn Inspektor Megure und sein Team bis dahin nicht hier wären, was sollte Shinichi dann nur tun? Auf eigene Faust handeln? Sie weiter verfolgen? Er hatte sich von dem Taxifahrer in diese verlassene Gegend chauffieren lassen, wo es weit und breit kein Transportmittel gab, das er nutzen könnte, um an diesen Kriminellen dran zu bleiben, sollte die Polizei nicht bald auftauchen. Shinichi musste zugeben, dass einige Überzeugungsarbeit von Nöten war den Inspektor dazu zu bewegen, seiner Bitte nachzukommen und eine Einheit zu mobilisieren. Früher war das nie ein Problem, der Inspektor und die Polizei von Tokyo haben ihm vertraut, doch Shinichi Kudo war mittlerweile einfach zu lange von der Bildfläche verschwunden gewesen. Man dachte, er sei für immer fort, sogar er selbst hatte fest daran geglaubt, dass dies so war. Wer hätte auch ahnen sollen, dass es anders kommen würde. Shinichi schrak zusammen und lugte aus seinem Versteck hinter mehreren schweren und massiven Holzkisten, als die Seitentür der Lagerhalle aufgestoßen wurde. Die zwei Yakuza im Inneren kamen wieder hinaus und der Ältere gab seinen Türstehern in einer lockeren Geste die Anweisung zum Wagen vorzugehen. „Jetzt oder nie verdammt.“, knurrte Shinichi und haderte mit sich, wie er nun verfahren sollte. Einen zweiten Peilsender besaß er nicht und niemals dürfte er sie entwischen lassen. Shinichi blieb also nichts anderes übrig, als selbst zu handeln. Dass er nicht in der Lage wäre, alle vier Gegner auf einmal außer Gefecht zu setzen, war ihm klar, doch er müsste einen Versuch unternehmen, die Typen von der Mafia wenigstens an Ort und Stelle festzusetzen, hoffentlich solange, bis die Polizei endlich hinzustoßen würde. Der Schwarzhaarige verringerte den sicheren Abstand, den er zur Lagerhalle eingehalten hatte und schlich sich noch näher an das Fahrzeug heran. Das war höchst riskant, doch Shinichi handelte nicht planlos. Wenn er den Fahrer vor dem Einsteigen mit dem Narkosechronometer erreichen und schlafen legen könnte, so sollte das für einige Verwirrung sorgen. Vielleicht genug, um sich noch etwas mehr Zeit zu verschaffen. Im selben Moment verließ auch Baileys mit seinem Motorrad die Halle, welches er entspannt neben sich mitführte. Er verspürte keine Eile und war, wie gegenüber seinen Geschäftspartnern, die Ruhe selbst. Shinichi sah über den Rand einer Ladung Paletten und klappte sein Zielvisier hervor. Er hatte nur einen einzigen Versuch, nur einen einzigen Schuss. Als er erkannte welcher der Yakuza auf der Fahrerseite einsteigen würde, peilte er diesen an und verpasste ihm die gewünschte Nadel, welche ihn ins Land der Träume beförderte. Sie traf dem Kerl direkt in den Nacken, wodurch er erst kurz heftig aufzuckte, bis seine Knie dann langsam ihren Halt verloren und er mit dem Kopf voran mit voller Wucht gegen die Autotür schlug. Bewusstlos und mit einer riesigen Beule auf der Stirn landete er im Staub des betonierten Vorplatzes und auch wenn die anderen drei Yakuza nicht sofort begriffen was passiert war, zogen sie jedoch zu allererst ihre bis dato versteckt gehaltenen Schusswaffen unter ihren Anzügen hervor. Shinichi wunderte es nicht, dass die Typen bis an die Zähne gewappnet waren. Unschlüssig auf wen oder was sie ihre Waffen richten sollten, zielten sie abwechselnd in unterschiedliche Richtungen, während sie versuchten zu erkennen, wie schwer es ihren Kollegen wohl erwischt hatte. Sie waren außerstande gewesen einen Schuss zu hören, was sie sichtlich beunruhigte. „Was geht hier verdammt nochmal vor sich?“ Der ältere Mann mit dem Filzhut wandte sich an Baileys, der seelenruhig und unberührt von dem was gerade passiert war, auf seinem Motorrad platznahm und nicht, wie die anderen Yakuza, das Verlangen verspürte irgendwo in Deckung zu gehen. „Euer Freund scheint wohl etwas weggenickt zu sein.“, bemerkte er trocken. „Ist das auf eurem Mist gewachsen?“, folgte die harsche Anschuldigung. „Ich kann euch versichern, dass wir damit nichts zu tun haben.“, beharrte Baileys und setzte sich den Motorradhelm auf. „Nichts da, du bleibst schön hier kapiert.“, der Yakuza packte ihn am Kragen. Baileys unternahm nichts dagegen. „Verkauf uns nicht für blöd. Wir wissen doch ganz genau, dass einer eurer Leute das Gelände überwacht.“, krakeelte der Ältere. Was? Gibt es etwa noch mehr von ihnen, dachte sich Shinichi erschrocken. Wie viele stecken denn da noch mit drin? Es war bisher nur die Rede von einem Boss gewesen, einem vermeintlichen Auftraggeber. Shinichi stockte der Atem. Wenn tatsächlich jemand das Treffen absicherte, dann müsste diese Person ihn doch schon längst gesehen haben. Wieso ist er dann aber noch nicht aufgeflogen? Ist vielleicht, just in diesem Augenblick, eine Waffe auf ihn gerichtet, mit dem Finger am Abzug? Hektisch sah sich der Oberschüler um. Der alte Verladekran war das erste, was in sein Augenmerk rückte. Es wäre mit Abstand die beste Stelle für einen Schützen, doch gab es nur einen Aufstiegspunkt und er konnte auch niemanden darauf sehen. Der plötzliche Laut von Sirenen drang an sein Ohr, welche schnell näher kamen. Na endlich, die Polizei traf ein. Der ältere Mafioso stieß einen gellenden Fluch aus. „Du hast unser Treffen verpfiffen?“ Er und sein Partner richteten ihre Waffen auf Baileys, der wiederum selbst eine Pistole gegen diejenigen zückte, die ihn zu bedrohen versuchten. Zur gleichen Zeit fuhren mehrere Streifenwagen mit Blaulicht auf das Hafengelände. Bereits aus der Ferne waren die schwarz-weißen Wagen mit ihren rotblinkenden Lichtern zu sehen. „Sir, die Bullen! Wir müssen verschwinden.“, warnte einer der Yakuza. Auch von der anderen Seite rückten weitere Streifenwagen an. „Hier spricht die Polizei. Das gesamte Gelände ist umstellt. Jeder Fluchtversuch ist zwecklos.“, rief ein Inspektor Megure über Lautsprecher aus dem roten Mazda von Kommissarin Sato. Der Kopf der vier Yakuza sah sich um und gab letztlich zähneknirschend nach. Er entfernte seine Waffe aus Baileys Gesicht und kehrte ihm den Rücken. „Egal wer dafür die Verantwortung trägt, das wird noch Konsequenzen haben. Ich habe dich gewarnt bei welchen Leuten man den Bogen nicht überspannen sollte. Die Sache ist noch nicht vom Tisch.“, rief er und befehligte seinen Männern den Rückzug. „Ich fürchte schon.“, seufzte Baileys gelangweilt und verpasste ihm ohne Vorwarnung eine Kugel in den Hinterkopf. Ehe die anderen auch nur reagieren konnten, da sie ganz auf die anrückende Polizei fokussiert waren, wurden auch diese blitzschnell vom Organisationsmitglied niedergestreckt und auch bei dem bewusstlosen Yakuza ging Baileys auf Nummer sicher. „Nichts für ungut, doch ihr seid nicht länger tragbar.“, entschuldigte er sich kaltherzig und den noch dampfenden Lauf seiner Pistole in die Höhe haltend. Shinichi konnte es gar nicht fassen mit welcher Rücksichts- und Emotionslosigkeit dieser Killer die vier Männer regelrecht hingerichtet hat. Es geschah so schnell, dass er außer Stande war etwas dagegen zu unternehmen, doch nun nahm der Oberschülerdetektiv all seine Entschlossenheit zusammen und trat hinter seinem Versteck hervor. „Aufhören. Geben sie auf. Es ist vorbei.“, schrie er dem Bombenleger zu, welcher es doch in Wahrheit nur auf IHN abgesehen hatte, auf sein wahres Ich. Wer sonst sollte der Empfänger dieser „Nachrichten“ sein, wenn nicht er. Bitte schön, sollte er ihn bekommen. Noch einmal davonkommen würde er aber nicht. „Du?“ Baileys klappte das Visier seines Helmes hoch und für eine Sekunde war so etwas wie Verwunderung in seinem Gesicht zu sehen. War sein plötzliches Erscheinen der Auslöser dafür oder weil er als leibhaftiger Shinichi Kudo in Erscheinung trat. Egal was zutraf, diese Kerle wussten Bescheid. Keine Ahnung woher oder von wem, aber sie wussten es. Die Polizei kreiste den Mann auf seinem Motorrad ein, sodass er nicht weg konnte. Sato hielt dabei ihren Wagen direkt vor Shinichi. „Kudo was machst du?“, fuhr Megure ihn an, als dieser ausstieg. Er schnappte sich den Oberschüler und zog ihn hinter das Auto, ehe die folgende Kugel von Baileys ihn treffen konnte. Nur knapp sauste das Geschoss über sie hinweg. Wieder hatte er einfach drauflos geschossen ohne das Shinichi es hätte kommen sehen. „Willst du dich etwa umbringen lassen? Der Mann ist bewaffnet und gefährlich.“, redete der Inspektor auf ihn ein. Kommissarin Sato und die andere Polizisten richteten derweilen von allen Seiten ihre Dienstwaffen auf den umstellten Bombenleger. „Lassen sie sofort ihre Waffe fallen, na los.“, befahl Miwako. „Wartet, ihr dürft ihn auf keinen Fall erschießen. Er hat wichtige Informationen darüber, für wen er arbeitet.“, warnte Shinichi. „Er erhält Befehle von jemandem?“, reagierte Sato erstaunt. „Genaueres erfahren wir nur, wenn wir ihn verhaften. Wir brauchen ihn also lebendig.“ „Lebendig oder nicht spielt keine Rolle. Darüber habt weder ihr noch ich zu entscheiden.“, belehrte sie Baileys und setzte, kaum dass er zu Ende gesprochen hatte, zwei weitere Schüsse auf Shinichi, doch hinter Satos Mazda war er sicher. Wirkungslos bohrten sich die Projektile in die Karosserie. Die Polizisten wurden unruhig und Sato feuerte einen Warnschuss in die Luft, doch das verfehlte jegliche Wirkung. Baileys ließ sich nicht einschüchtern. Das Organisationsmitglied schoss unbeirrt weiter und Shinichi wusste, er würde nicht aufhören, bis SIE ihn dazu bringen würden. Ein weiterer Schuss fiel, dann hörte Baileys auf zu feuern. Er war jedoch diesmal nicht derjenige gewesen, der geschossen hatte. Ein weiterer Schuss löste sich. „Wer schießt denn da?“, fragte Megure verwirrt. „Hey, sofort das Feuer einstellen. Ich habe nicht den Befehl gegeben zu schießen.“, rief er seinen Leuten zu. Shinichi sah zu Baileys hinüber und war wie erstarrt. Der Umstellte senkte seinen Arm mit der Pistole und starrte auf die zwei Einschusslöcher in seiner Brust, aus denen ununterbrochenen Blut seinen Motorradanzug hinabströmte. „Inspektor, die Schüsse, das war keiner von uns.“, bemerkte Sato. Die Person, die das Treffen mit der Yakuza überwachte, war Shinichis erster Gedanken. Es war also kein Blaff. Sie waren tatsächlich mehrere. Baileys sank auf die Knie. Langsam bewegte er seine Hand zur Wunde hin und befühlte das klebrige Blut, das seine Finger rot färbte. „Verstehe.“, meinte er nur, bevor er leblos zusammenbrach. Schnell erzählte Shinichi von der weiteren Person die vermutlich indirekt an dieser Übergabe teilnahm, einem Deckungsschützen, der sich in unmittelbarer Umgebung aufhalten musste. Nur er konnte für diese tödlichen Schüsse verantwortlich sein und Shinichi konnte auch ahnen, warum er das getan hat. Niemand von ihnen geht in Gefangenschaft. „Was sagst du da?“ „Sie haben mich schon verstanden.“, erwiderte Shinichi barsch. „Okay hört mal alle her. Durchsucht das Gelände. Überprüft alle höhergelegenen Stellen im direkten Umkreis von wo aus geschossen werden konnte.“, ordnete Kommissarin Sato umgehend an. „Beeilung und bewacht weiterhin die Ausgänge. Keiner darf das Hafenareal verlassen.“ Die Polizisten eilten auseinander, nur Shinichi schritt langsam, aber dennoch zielgerichtet, in den Kreis aus Fahrzeugen, auf den am Boden liegenden Baileys zu. Inspektor Megure folgte ihm und hielt ihn an der Schulter zurück. „Nicht Shinichi. Für ihn kommt jede Hilfe zu spät. Aus dem kriegen wir nichts mehr heraus und außerdem ist doch der Schütze noch hier irgendwo.“ Der Oberschüler sah auf den Körper des Bombenlegers, der von einer zunehmend größer werdenden Blutlache umgeben wurde. Die Augen standen offen, doch waren sie glasig und leer. Er war tot, die Person die ihn hätte Antworten liefern können, lebte nicht mehr. Nun war er so schlau wie zu beginn. Shinichi sollte sich eigentlich erleichtert fühlen, dass sein Gegenspieler keine Bedrohung mehr darstellte, doch spürte er keineswegs etwas wie Erleichterung. Der Mann zu seinen Füßen handelte im Auftrag von jemanden, jemand der mehrere Leute für sich arbeiten ließ und die nicht einmal halt davor machten, ihre eigenen Männer hinzurichten, wenn es die Situation verlangte. Genauso, wie es einst die Schwarze Organisation immer gehandhabt hat. „Mmh, er ist ganz klar kein Japaner.“, stellte Sato bei näherem Hinsehen fest. „Vielleicht ein Mitglied einer terroristischen Vereinigung aus Übersee.“ „Zumindest können die Bewohner Tokyos nun wieder aufatmen, wenn sie erfahren, dass der Täter hinter dem Anschlag auf die Teitan-Grundschule ergriffen werden konnte.“, gab sich der Inspektor erleichtert. „Doch spielt das keine Rolle, solange der eigentliche Drahtzieher noch frei herumläuft und die einzige Verbindung zu diesem ist der flüchtige Schütze.“, zog es Shinichi vor auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben. „Unsere Leute geben alles, den Kerl in Gewahrsam zu nehmen. Weit kann er noch nicht sein.“, gab sich die kurzhaarige Kommissarin optimistisch. „Mich überrascht es allerdings, dass du wieder zurück bist Shinichi Kudo. Wie kamst du diesen Verbrechern überhaupt auf die Schliche?“ „Durch einen Tipp über den Fahrzeughalter des Motorrades. Es war ein Mietfahrzeug, das mich zu der Adresse des Bombenlegers geführt hat. Ich kann sie ihnen geben. Ich bin mir absolut sicher, dass er sein Haus als Bombenwerkstatt genutzt hat.“ „Das sind hervorragende Neuigkeiten. Bestimmt gibt es dort noch weitere Hinweise auf seinen Auftraggeber.“ Megure klopfte ihm anerkennend auf den Rücken. „Ja, schon möglich. Ich hoffe es.“ Shinichi klang dabei etwas abwesend. „Kopf hoch Kudo, das war ausgezeichnete Arbeit. Es ist schön dich wieder bei uns zu haben, solange du nicht vorhast gleich wieder in der Versenkung zu verschwinden.“ Wer weiß, dachte sich der Schwarzhaarige. Das war wohl etwas, was nicht in SEINER Hand lag. Shihos Augen überflogen die Datenbank der Organisation auf ihrem Computer. Sie saß seit langem wieder in ihrem Labor, ihrem Labor in der Villa Kudo und war vertieft, vertieft in ihre neuen Studien. Sie hatte anfangs ein paar eigene Experimente durchgeführt, seit sie nicht mehr an einem Gegengift für das APTX arbeitete, doch nun gab es die Suche nach einer Möglichkeit wieder zu Grundschülern zu werden, was ihre volle Aufmerksamkeit erforderte. Sie wusste das Gift erneut einnehmen zu wollen um zu schrumpfen wäre zu riskant. Ihr Blut war daher der Schlüssel. Was auch immer sie und Shinichi schrumpfen ließ, statt bei der Einnahme ihres Giftes zu sterben, es musste in ihrem Blut zu finden sein. Die rotblonde Wissenschaftlerin hoffte, dass die Organisation in ihrer Abwesenheit unter der Leitung Amarulas noch weitere -als bisher bekannte- Forschungen mit dem Apoptoxin betrieben hat, damit sie etwas in Erfahrung bringen könnte, was ihr bei ihrer Suche weiterhelfen würde. Shiho konnte sich nur allzu gut daran erinnern, wie Cognac etwas Ähnliches erwähnt hatte, als sie sich vorübergehend in seiner Gewalt befand. Das Apoptoxin ist zu so viel mehr fähig, als nur zum stumpfen Töten, waren seine Worte gewesen. Sie sah auf die Blutproben von sich, Shinichi, Masumi, und dem Professor. Was wohl der Grund hinter allem war? Welche Gemeinsamkeiten schlummerten in den Reagenzgläsern mit dem roten dickflüssigen Saft des Lebens darin. Shiho verspürte ein Vibrieren auf der Tischplatte. Sie sah auf ihr Handy, welches neben ihrer Hand lag und erinnerte sich. Es war weise gewesen sich einen Timer zu stellen, sie hätte es ansonsten glatt vergessen. Schnell sprang sie von ihrem Stuhl, verließ das Labor, was einst das Gästezimmer war und eilte in die große geräumige Küche der Kudos. Sie griff nach ein paar Topflappen und zog ein viereckiges Blech aus dem Backofen, welches sie anschließend auf der Kochinsel abstellte. Die Arme in die Hüfte stemmend, betrachtete sie ihre Backkreation. Yukiko hatte ihr einmal anvertraut, dass Shinichi für Zitronenkuchen schwärmte und ihr darauf das Rezept verraten, mit dem sie früher für ihren Sohn immer gebacken hatte. Shiho wischte sich über die Stirn. Der Kuchen sah, für ihren ersten Versuch, wirklich nicht schlecht aus. Sie beugte sich über das Blech und roch an dem warmen Backwerk. Auch wenn sie ganz gut kochen konnte, etwas gebacken hatte sie bisher nur einmal und dass zwar für Akemi, kurz vor ihrem Tod. Wird er sich denn darüber freuen? Wird er ihm schmecken? Shiho hoffte es. Es sollte ein Zeichen ihres guten Willens sein. Sie war zu streng zu Shinichi gewesen. Das war sie häufig. Sie wünschte sich er würde ihr öfters zeigen, was er für sie empfand, doch selbst hatte sie sich in letzter Zeit mit solchen Gefühlen ebenfalls zurückgehalten. Ziemlich bescheuert, wie sie im Nachhinein fand. Die Haustür wurde geöffnet. Shiho sah auf und hörte die Schritte im Hausflur. War das Shinichi? Er musste es eigentlich sein, niemand sonst besaß noch einen Schlüssel zu seinem Elternhaus, außer seine Eltern vielleicht. Die Frage erübrigte sich aber, als Shinichi die Küche betrat, gelockt von dem Duft des Kuchens und war überrascht Shiho anzutreffen. „Nanu Ai?“ Er sah zu dem Kuchen und dann wieder zu seiner Freundin, die sich eine ihrer Strähnen griff und damit herumspielte. „Hast du etwa gebacken?“, fragte er sie, als wäre es das Seltsamste, was man in einer Küche machen könnte. Shiho bekam einen leichten Rotschimmer. „J-Ja, wieso ist das etwa so verwunderlich?“ Sie strich sich über die welligen Haare. „N-Nun ja, irgendwie schon.“ Shinichi legte den Kopf schief und kratzte sich mit dem Zeigefinger an der Wange. Die Rotblonde begann grimmig zu gucken. „Äh, ist ja auch egal.“, ruderte er zurück. Er wollte sich gar nicht ausmalen, was Shiho mit ihm anstellen würde, wüsste sie in welche Gefahren er sich mal wieder gestürzt hatte. Shinichi ging zur Kochinsel hinüber und starrte wieder auf das Blech vor der Rotblonden. „Sag mal, hast du den Kuchen eventuell für… für mich g-gemacht?“ Wieso hatte er denn auf einmal solche Schwierigkeiten sie das zu fragen? „J-Ja“, druckste die großgewachsene Haibara und drehte verlegen ihren Oberkörper hin und her. Wieso war ihr das denn jetzt so peinlich? „Willst du vielleicht einmal probieren?“ Shinichi rieb sich den Hinterkopf und nickte einwilligend. „Äh, klar. Warum nicht.“ Eigentlich war ihm gerade nicht sonderlich nach was Süßem, aber Shiho schien sich solche Mühe gegeben zu haben, da wollte er ihr Angebot nicht ablehnen. Sie schnitt ein warmes Stück aus dem Blech heraus und reichte es Shinichi. „Hier bitte sehr.“, lächelte sie. „D-Danke.“ Er nahm das Stück Kuchen und nahm einen Bissen. Schnell folgte ein Zweiter und Dritter. „Schmeckt’s?“, fragte Shiho grinsend. Shinichi mampfte lautstark und schluckte auch den letzten Bissen hinunter. „Wow, der ist wirklich gut. Hast du ihn wirklich selbst gemacht? Er schmeckt genauso wie der Zitronenkuchen, den meine Mutter früher immer gebacken hat.“ „Es freut mich, dass er dir schmeckt.“ Shiho kam ein wenig auf Shinichi zu. „Ich hatte gehofft etwas Zeit mit dir allein verbringen zu können, jetzt wo du wieder hier bist und wir ungestört sind.“ Sie suchte die Nähe seiner Hand. Der Schwarzhaarige wurde rot. „A-Achso, v-verstehe.“ Shinichi war etwas durch den Wind. Ihn beschäftigten immer noch die Geschehnisse am Hafen in der Präfektur Chiba. Wie befürchtet, war der unbekannte Schütze wie vom Erdboden verschluckt gewesen. Niemand hatte das Gelände verlassen und dennoch fehlte jede Spur. Wie ein Geist der sich einfach in Luft auflöste. Dazu kam, dass noch vor dem Eintreffen der Polizei, dass Haus des Bombenlegers in Flammen aufging. Zweifellos eine Tat, um Anhaltspunkte auf den Auftraggeber zu beseitigen, ehe sie für ihn nützlich geworden wären. Verbliebene Überreste in den Ruinen, Werkzeuge, Kupferdrähte, konnten aber zumindest bestätigen, dass dort tatsächlich die Bomben beider Anschläge zusammengebaut worden waren. Ein wichtiger Fund für die Behörden, doch sinnlos für die Bestrebungen des Oberschülers. „Hey Shinichi träumst du etwa?“ Ohne dass er es registriert hatte, war Shiho seinem Gesicht unglaublich nah gekommen, sodass ihre Nasenspitzen nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Ihr Lieblingsdetektiv hielt den Atem an und die Rotblonde witterte ihre Chance ihn sich hier und jetzt zu eigen zu machen. Sie spitzte die Lippen und Shinichi verlor sich in ihren glänzenden Augen, welche nur ihn wollten. Ehe er seinen Mund jedoch auf ihren legen konnte, wurden sie von dem nervigen Klingeln seines Handys gestört. Shinichi wurde regelrecht wach gerüttelt und trat einen Schritt zurück, wodurch Shiho leer ausging. Beschämt kramte er nach seinem Telefon, das keine Ruhe geben wollte. „T-Tut mir leid.“, stammelte er und sah auf das Display, als er es endlich aus seiner Hosentasche gepfriemelt bekam. Es war Hattori. Shinichi verzog das Gesicht. Selbst wenn Heiji nicht da war, fand er immer den ungünstigsten Moment, um sich zu melden. Allerdings hatte er seinem Freund aus Osaka versprochen ihn über den Fall der Bomben auf dem Laufenden zu halten. Ihm würde es bestimmt interessieren, dass derjenige gestoppt werden konnte. „Das ist Heiji. Entschuldige mich Ai, da muss ich rangehen.“ Shinichi zog sich in die Bibliothek des Anwesens zurück. Shiho sah ihm schmollend nach. Sie hatte sich endlich wieder etwas Nähe zu Shinichi herbeigesehnt, doch Hattori musste ihr das vermiesen. Nicht zum ersten Mal wohlgemerkt. Sie müsste sich anscheinend noch mehr Mühe geben, um die Konzentration ihres Freundes wieder auf sich zu lenken. Ein verschlagenes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, als sie auf leisen Sohlen Shinichi in die Bibliothek folgte. Kapitel 20: Begierde und Unnachgiebigkeit ----------------------------------------- Kapitel 20: Begierde und Unnachgiebigkeit Vorsichtig drückte Shiho die Tür der großen Bibliothek auf, um unauffällig hineinspähen zu können. Wie zu erwarten, saß Shinichi am Schreibtisch seines alten Herren, sein Handy dabei an sein Ohr haltend. Er war ganz und gar in das Gespräch mit Heiji vertieft. Die Lehne des Stuhls zu seiner Freundin gedreht, überflog er die Reihen der unzähligen Krimiromane, die sein Vater in all den Jahren seiner Sammlung hinzugefügt hatte. Jedes dieser Bücher hatte Shinichi schon mindestens einmal in seinem Leben durchgelesen und Shiho war immer wieder erstaunt darüber, wie viele es doch waren. Langsam betrat sie die Räumlichkeiten und schlich auf ihren Lieblingsdetektiv zu. So abgelenkt wie er gerade war, sollte es ihr ein leichtes sein ihn zu überraschen. „Ja so ist es. Wie du siehst bin ich der Lösung des Falls heute wieder ein Stückchen näher gekommen, glaube ich zumindest.“, sprach Shinichi derweilen zu seinem Kameraden aus Osaka. Er schien Shiho tatsächlich nicht zu bemerken. Sie blieb allerdings auf halber Strecke stehen, als sie mitanhörte worüber sich Shinichi mit Heiji unterhielt. „Doch selbst wenn es mir gelingen sollte den Kopf der Schlange abzuschlagen, so löst das noch lange nicht das Problem, das wir beide wieder die Größe von Oberschülern haben und als wäre das noch nicht genug, ist da noch diese unglaublich komplizierte Sache mit Ran.“ Shihos Herz machte einen kurzen Aussetzer, während Shinichi weiter erzählte. „Genau, Amuros Verschwinden und mein plötzliches Auftauchen haben ihre Gefühle vermutlich ziemlich aus der Bahn geworfen. Ich konnte sie nur beschwichtigen, weil ich ihr beteuert habe alles wieder ins Reine zu bringen, doch leider weiß ich gar nicht, ob ich ihr wirklich eine so große Hilfe sein kann, wie ich es ihr versprochen habe.“ Shinichi klang schon beinahe verzweifelt. Zumindest war ein ordentliches Maß an Hilflosigkeit und der Wunsch nach einem guten Rat aus seiner Stimme zu hören. „Die Wahrheit ist, ich habe keine Ahnung wo Amuro stecken könnte.“, redete der Schwarzhaarige nach einer kurzen Pause weiter. Wenn Shiho doch nur die Worte des Detektiv des Westens ebenso hören könnte. „Und dann ist da noch die Sache mit Conans Entführung, wer auch immer das mithilfe der Wohnungstür und dem Schreiben inszeniert hat. Ran ist dadurch fest davon überzeugt, dass das alles zusammenhängt, doch wie soll ich ihren Wunsch erfüllen und ihn zurückbringen, wenn ICH doch derjenige bin, den sie zurück will, der aber zurzeit unmöglich wieder zum Grundschüler werden kann.“ Shinichi war regelrecht damit beschäftigt Heiji sein Herz auszuschütten. Die junge Wissenschaftlerin stand weiterhin stumm hinter ihm und überlegte, ob sie doch lieber wieder gehen oder bleiben sollte. „Ich weiß echt nicht was ich anstellen soll Hattori. Ich will sie einfach nicht noch mehr verletzen, dafür bedeutet sie mir zu viel.“ Shiho spürte wie sich etwas in ihr zusammenzog und ließ kraftlos ihren Kopf fallen. Ihr gewelltes rotblondes Haar verbarg ihre Augen. Okay, sie hat sich entschieden. Sie hatte wirklich genug mitangehört. Ausdruckslos war ihr Mund geformt, als sie sich umdrehte und die Bibliothek wieder verlassen wollte. „Nein ich rede nicht von Ran, ich meine damit Shiho.“ Das Fräulein Miyano fuhr bei diesen Worten überrascht herum. „Sie ist diejenige die ich nicht noch mehr verletzen will. Ich stürze mich immer Hals über Kopf in alles Erdenkliche, ohne groß dabei nachzudenken, wie das für diejenige sein muss, die mir nahe stehen. Allein der Preis, den ich bereit bin zu zahlen, um Ran wieder fröhlich zu sehen. Ich weiß Shiho ist eine unglaublich starke Frau, doch sie ist selbstloser als sie es sich meist eingestehen will. Sie tretet immer einen Schritt zurück und behauptet es sei ihr gleichgültig. Es ist diese abweisende Miene von heute Morgen, wie ich sie schon von früher kenne, doch ich durchschaue sie, wenn ich in ihre Augen sehe. Ich kann sehen, wie sie sich dabei fühlt. Seit dieses Durcheinander ins Rollen kam fürchte ich wir driften immer mehr auseinander und davor habe ich am meisten Angst Hattori. Ich will sie nicht verlieren.“ Shinichi. Shiho presste die Finger auf ihre Handballen, die langen Ärmel ihres flauschigen Pullovers dazwischen geklemmt. Sie fühlte sich auf einmal ganz hilflos in seiner Gegenwart. Hilflos wie sie sich nun verhalten sollte. Sie ging fest davon aus, dass es für ihn unmöglich wäre in sie hineinzusehen. Dass er außerstande wäre, ihre innersten Gefühle zu ergründen, wenn er sich wie früher mit einem Fall beschäftigte, doch sie lag total daneben. Shinichi hat sich zwar nichts anmerken lassen, aber ihm war bewusst gewesen, wie es in ihr aussah und nun sah er sich hin und hergerissen, erdrückt zwischen den Rollen eines Freundes der, sowohl für seine Liebe als auch für seine beste Freundin, versuchte da zu sein. Shiho begann zu lächeln. Ihr Lieblingsdetektiv war einfach unverbesserlich. So wie es sich um ihr Wohl sorgte und die gleichen Ängste hegte, dass er sie weder verletzen noch sich von ihr entfernen wollte, ließ ihr Herz höher schlagen. Sie würde nicht zulassen, dass Shinichi sie verlieren würde. Beruhigend griff sie dabei nach dem Edelstein an ihrem Hals. Wie könnte er auch, wenn ihm doch ihr Herz gehörte. Shiho ging mutig auf Shinichi zu. Sie versuchte nicht länger leise zu sein, wodurch sich der Oberschüler -die Anwesenheit einer weiteren Person schnell bewusst werdend- zu ihr umdrehte. Mit hochrotem Kopf begegnete er seiner Freundin, die nun direkt vor ihm stand und sich zusätzlich über den Schreibtisch beugte, um ihm noch näher zu sein. Ehe er sie jedoch über ihr plötzliches Erscheinen, ohne jedwede Ankündigung, bei ihr erkundigen konnte, verspürte er einen zunehmenden Zug an seinem Hals und eine darauffolgende rasant ansteigende Wärme in seinem Gesicht. Shiho hatte Shinichi bei seiner Krawatte gepackt und ihn zu sich herangezogen, damit sie ihn endlich küssen konnte, so wie sie es schon in der Küche beabsichtigt hatte. Der Schwarzhaarige war viel zu überrumpelt, um irgendetwas darauf zu reagieren. Eigentlich empfand er es als ziemlich schön, doch ihm verwunderte es, dass Shiho etwas, für sie sonst so Untypisches und Spontanes wagte. Erst die Sache mit dem Kuchen und jetzt das. In Shinichis Kopf begann sich alles zu drehen, während er ihre süßen Lippen schmeckte und ihre -durch das Herzrasen verstärkte- Atmung spürte oder war das vielleicht sogar seine eigene. „Oi, Kudo.“ Die Stimme von Heiji an seinem Ohr holte ihn allmählich zurück in das hier und jetzt, doch wollte er den Kuss mit Shiho unter keinen Umständen als erstes beenden. Die Rotblonde war daher diejenige, die ihren Mund zuerst von seinen nahm, um wieder Luft zu holen. Sie hatte es die ganze Zeit über nicht gewagt zu atmen, wodurch tatsächlich Shinichi es gewesen sein musste, dessen Atmung so unkontrolliert war. Wortlos nahm Shiho ihn an die Hand und führte diese an ihre Brust. Der Oberschüler glühte vor Hitze und das aufsteigende Blut drohte aus seiner Nase zu laufen. Was tat sie da nur? „Kannst du mein Herz rasen hören, Shinichi?“, wisperte sie lüstern, fast ekstatisch. In der Tat, nicht nur sein Herz, auch das von Shiho schlug wie wild. Er konnte es ganz deutlich unter seiner Handfläche spüren, dieses kraftvolle Pochen, Zeugnis ihrer Gefühle und ihres Verlangens nach mehr. „HEY KUDO, WAS TREIBST DU DA?“, terrorisierte Heiji Shinichis Trommelfell. Mit zusammengekniffenen Augen nahm er das Handy von seinem Ohr, wodurch selbst Shiho den laut vor sich hin meckernden Detektiv des Westens hören konnte. Sie musste ein leises Kichern unterdrücken. „Schrei gefälligst nicht so rum Hattori.“, beschwerte sich Shinichi. „Tut mir leid, ich war gerade etwas abgelenkt.“, folgte jedoch schnell die Entschuldigung. „Was gab es denn so wichtiges?“, hakte der Braungebrannte nach. Shinichi sah zu Shiho, welche sich grazil auf den Schreibtisch schwang und die Beine übereinander schlug. Schon wieder lief er rot an. „I-Ist nicht so wichtig, vergiss es.“, wehrte Shinichi ab. Ist das so, ja? Das wirkte bis eben noch anders, dachte sich Shiho und bekam eine Idee. Sie glitt mit ihrem Becken über den Tisch und ehe sich Shinichi versah, hatte sie auf seinem Schoß platzgenommen, die Arme dabei um seinen Hals gelegt und die Finger einander verschränkt. Sie spürte den Haaransatz seiner weichen dunklen Locken und spielte ein wenig mit diesen. Shinichis Stimme versagte ihren Dienst. Regungslos saß er einfach nur da, während Shiho ihn frech angrinste. Er fühlte die Wärme ihrer nackten Schenkel. Gleichzeitig begann sie heiße und zärtliche Küsse entlang seines Halses zu verteilen. Verspielt raunte sie ihm ins Ohr. „Haibara“, musste er leise stöhnen. „Was, ist Shiho gerade bei dir?“, erkundigte sich Heiji, doch Shinichi fand keine Gelegenheit seinen Worten Beachtung zu schenken. „Shiho was hast du vor?“, stammelte er kaum hörbar. „Wonach sieht es denn aus, mein Meisterdetektiv?“, flüsterte sie sanft, als sie sich seinem Ohr näherte. „Ich möchte mit ihnen Liebe machen, Herr Kudo.“, hauchte sie ihm verführerisch zu und knabberte gleichzeitig an seinem Ohrläppchen. Shinichi hielt es nun einfach nicht mehr aus. Seine Versuche den Verlockungen seiner Liebe noch länger standzuhalten waren allesamt vergebens. „H-Hör mal Hattori, i-ich muss leider für heute Schluss machen. Shiho hat mich um etwas gebeten, dass keinen Aufschub duldet. Wir sprechen uns demnächst wieder.“ Er lächelte seine Freundin an, welche sich auf die Unterlippe bis und langsam ihren Pullover mit dem weiten Kragen über eine ihrer Schultern gleiten ließ. Der Träger eines süßen pinkfarbenen BH’s kam dadurch zum Vorschein. Shinichi traten die Schweißperlen auf die Stirn, sein Kopf stand kurz vor einer Explosion. „Hey Moment mal, worum geht es denn eige…“, weiter kam Heiji nicht, denn der Schwarzhaarige hatte abrupt aufgelegt. Seine Augen, nein, alle seine Sinne, waren nur noch auf Shiho gerichtet, die ihr Oberteil nun vollständig auszog. Shinichi fuhr mit seinen Fingerspitzen über ihren flachen Bauch. Von ihrem Büstenhalter hinab, die zarte blasse Haut entlang, bis zu ihrem Bauchnabel. Shiho löste seine Krawatte und knöpfte sein Hemd auf, um ihre Hände über seine Brust wandern zu lassen. Sie schloss die Augen als er ihr Gesicht in seine Hände nahm und sie leidenschaftlich küsste. Sein Handy hatte er zuvor auf lautlos gestellt. Nur der Name Hattoris auf dem Display verriet einen erneuten Anruf von ihm. Diesmal sollte ihnen keiner dazwischen funken und sie stören. Er war da. Hier war er richtig. Das war die Adresse, die ihm Jodie gab, nachdem Shinichi sich darüber bei ihr informiert hatte. Die FBI-Agentin wollte nicht, dass der übermütige Oberschülerdetektiv auf eigene Faust handelte und so kam es, dass er nun hier war. Ein Gefallen seiner ehemaligen Kollegin gegenüber. Shuichi schaute empor, hinauf bis zur Spitze eines vierzigstöckigen Gebäudes. Die Fassade war ganz aus Glas und spiegelte die Nachmittagssonne. Wie ein gleißender zweiter Himmel stieg sie senkrecht vor ihm empor. In großen Lettern thronte der Schriftzug und das Logo von Nishi-Biogen Industries auf dem Haupt des Bürogebäudes. Akai kramte einen zerknüllten Zettel aus seiner Jackentasche und entfaltete diesen. „Midori Yamaguchi“, murmelte er grübelnd. Noch einmal schaute er kurz bis zum Dach des Wolkenkratzers. Auf der obersten Ebene befand sich die Chefetage. Dort saß die neue Leiterin von NBI an die er einige Fragen besaß und einst dafür, die Nachfolgerin von Nishimura, ihm für einen Termin zugesagt hatte. Ohne weiter unnötig Zeit zu vergeuden, betrat Shuichi mit den Händen in den Taschen und einer Zigarette in seinem Mund den Firmensitz. Shinichi schürte den Verdacht, Nishi-Biogen Industries sei auch weiterhin von dem einstigen Einfluss der Schwarzen Organisation korrumpiert, sodass womöglich von dort aus der Bombenleger seine Befehle erhielt. Shuichi hatte sich angeboten, der Sache einmal genauer auf den Zahnfleisch zu fühlen. Mit dem Lift ging es schnurstracks bis in die oberste Etage. Er war allein im Aufzug. Ein glänzender Fußboden aus schwarzem Marmor erstreckte sich vor Akais Füßen, als er den Fahrstuhl kurze Zeit später wieder verließ. Neben den Büros der Firmenleitung war hier auch ein großer Konferenzsaal untergebracht, sowie eine weite Dachterrasse auf der Rückseite des Gebäudes. Eine Sekretärin empfing Shuichi mit einer höflichen Verbeugung und führte ihn in das imposante Management Office, das Büro von Midori Yamaguchi. „Verzeihen sie Vorsitzende, ihr Vier-Uhr-Termin ist hier.“, sprach die Sekretärin, bevor sie die große doppelflügelige Schiebetür zum Büro ihrer Chefin von der Mitte her öffnete. Mit einer gebeugten Haltung trat sie anschließend zur Seite, um Shuichi den Einlass zu ermöglichen. Aus dem Rücken der Sekretärin erscheinend, trat ein langer Schreibtisch aus edlem handwerklich präzise geformten Holz zum Vorschein, hinter dem eine Frau saß, die Hände unter ihrem Kinn gefaltet und ihren Gast erwartend. Sie trug eine schmale Brille auf der Nase, besaß hochgesteckte braune Haare und trug einen teuer wirkenden beigen Blazer. „Willkommen“, begrüßte sie Shuichi zurückhaltend, während er eintrat. Dem Anschein nach hatte sie vom äußerlichen Erscheinungsbild mit etwas anderem gerechnet als mit Akai. Wie immer ganz in schwarz und mit Skimütze auf dem Kopf. „Vielen Dank Frau Takamiya. Seien sie doch so freundlich und machen uns einen Tee.“ „Sehr gerne.“, erwiderte die Sekretärin und zog sich in das anliegende Teezimmer zurück. „Guten Tag Herr Akai, mein Name ist Midori Yamaguchi, bitte setzen sie sich doch.“ Die Leiterin von NBI verwies auf einen bequem wirkenden Stuhl, ganz mit dunklen Leder überzogen, der ihr genau gegenüber stand. Shuichi verbeugte sich flüchtig und folgte ihrer Einladung. Er nahm eine sehr entspannte Sitzhaltung ein, während er die Frau vor sich erst einmal etwas genauer mit seinen Augen abtastete. Der erste Eindruck war meist der Wichtigste, da er einen oft das unverfälschte Ich des jeweils anderen offenbarte. Wie viele Menschen sich doch nach außen hin verstellten. „Midori… ein ausgesprochen schöner Name, wenn sie mir diese Bemerkung erlauben.“, begann Shuichi, als er mit seiner kurzen Inspektion am Ende war. Yamaguchi runzelte kaum merklich die Stirn, legte aber schnell ein freundliches und offenes Lächeln auf. „Haben sie vielen Dank.“ „Ist Grün vielleicht ihre Lieblingsfarbe?“, setzte Shuichi den harmlos begonnenen Smalltalk fort. „Oh nein ganz und gar nicht. Doch falls es sie interessiert, ich wurde nicht nach der Farbe, sondern vielmehr nach dem japanischen Limettenlikör benannt, welcher allerdings auch grün ist.“ Sie lachte kurz höflich. Eine Spirituose also, dachte sich Shuichi, wobei seine Augen schmaler wurden. Yamaguchi nahm dies ohne große Reaktion zur Kenntnis. Während die beiden Parteien noch nicht unbedingt warm miteinander werden wollten, brachte die Sekretärin auf einem großen Tablett zwei Tassen Tee herein und platzierte jeweils eine vor Shuichi und eine vor ihrer Chefin. „Bitte sehr, ein Lady Grey ganz wie sie ihn mögen Vorsitzende. Ich hoffe sie mögen diese Sorte ebenfalls Herr Akai.“ „Passt schon“, entgegnete Shuichi, seine angefangene Zigarette in den Aschenbecher ausdrückend. Yamaguchi hatte weiterhin ihr Lächeln aufgesetzt, sah aber nun zu ihrer Sekretärin. „Lassen sie uns dann bitte allein Frau Takamiya.“, bat sie ihre Angestellte. Eine kurze Verbeugung und die Sekretärin verließ das Büro, wie angeordnet. „Nun denn, sie haben mich um ein Gespräch ersucht? Wie kann ich ihnen behilflich sein?“, war es diesmal die Vorsitzende, welche das Gespräch wieder aufleben ließ und mit einem hübsch verzierten Löffel den Tee, mit der Orangenscheibe darin, umrührte. Shuichi starrte hingegen nur auf die ihm gebrachte Tasse und rührte diese nicht an. War es Misstrauen das ihn daran hinderte oder wohl eher die Tatsache, dass er britischen Tee einfach verabscheute, da auch seine Mutter ihn diesen als Kind immer andrehen wollte. Vielleicht war es ein wenig von beidem. „Es gibt einige Fragen, die ich an sie hätte.“, sprach er stattdessen. „Das erwähnten sie bereits beim Telefonat mit meiner Sekretärin. Wenn es aber um firmeninterne Dinge gehen sollte, bin ich leider zum Schweigen verpflichtet, vor allem da ich annehme, dass sie inoffiziell und nicht als Repräsentant des FBIs hier sind.“ „Das stimmt, ich bin mehr auf Bitten eines alten Freundes gekommen.“, erklärte Akai. Yamaguchi legte ein neugieriges Gesicht an den Tag. „Oh, vielleicht jemand den ich kennen sollte?“ „Niemand von Interesse für eine Frau in ihrer Position.“, wimmelte Shuichi gekonnt ihren Versuch ab ihm mögliche Informationen über Shinichi zu entlocken. Das sollte hier keinesfalls ein beiderseitiges Verhör werden. „Kommen wir doch wieder zum eigentlichen Grund meines heutigen Besuches. Es geht um den ehemaligen Leiter und Gründer von NBI, Kanae Nishimura.“ „Ich verstehe.“ Yamaguchi ließ ihren Körper in die Rückenlehne gleiten. „Sein Verlust war eine Tragödie für unsere Firma, doch ich habe als Vizevorsitzende genau das getan, was er in einer solchen Situation von mir verlangt hätte, nämlich das Ruder zu übernehmen und NBI weiterzuführen.“ Einen wirklich traurigen Eindruck machte sie auf Shuichi nicht, trotz ihrer Wortwahl, doch dies konnte mehrere Gründe haben. „Ich nehme an, sie waren schon früher ein wichtiges Mitglied seines Führungsstabes?“ „Allerdings. Durch viel Fleiß und Engagement habe ich mich Schritt für Schritt hochgearbeitet. Besser als die meisten Männer in unserer Firma.“, berichtete Yamaguchi stolz. „Besaßen sie dann womöglich Kenntnis darüber, in was für einen Komplott ihre abtrünnige Abteilung DHFI steckte?“, wurden Shuichis Fragen nun ein wenig direkter. „Selbstverständlich nicht und wir waren zutiefst erschüttert, dass so etwas vor unseren wachsamen Augen stattgefunden hat. Zum Glück konnten alle uns schädigenden Splittergruppen aufgelöst werden, damit unser Ruf als seriöses Unternehmen auch weiterhin Bestand haben kann.“ Die Worte einer Lobbyistin, dachte sich Akai seinen Teil dazu. Das war die typische Platte die hohe Tiere wie sie auflegten, um sich aus unangenehmen Themen herauszuwinden, doch Shuichi war niemand, der sich damit zufrieden geben würde. Also beschloss er, einfach noch einen Schritt weiter zu gehen. „Wissen sie vielleicht, ob ihr ehemaliger Vorgesetzter, über die wahren Absichten seiner -teils von Privaten finanzierten- Abteilung Kenntnis besaß? Es gibt Nachweise über einige verdächtige Transfers zwischen NBI und der Japan Finance Bank. Können sie mich dahingehend erleuchten?“ Aus dem Gesicht der Vorsitzenden wich das anfänglich aufgesetzte freundliche Gehabe. Die Richtung Mund geführte Tasse Lady Grey setzte sie wieder ab, ohne einen Schluck davon zu nehmen. „Sie reden hier von höchst sensiblen und vertraulichen Daten. Ich will gar nicht wissen, woher sie diese Informationen haben, doch wurde unser Unternehmen auf das genaueste überprüft. Mögliche Andeutungen unser Konzern sei auch weiterhin in kriminelle Machenschaften verwickelt weise ich vehement zurück.“ Shuichi bemerkte schnell, dass er ihren wunden Punkt getroffen hatte. Zeit für den finalen Stich. „Was sagen sie zu den Gerüchten, NBI führe seit den letzten drei Monaten mehrere Scheinaufträge für Hilfsorganisationen in Entwicklungsländern durch, um mithilfe der JFB gewaschenes Geld an eine verdeckte Bewegung weiterzuleiten?“ Die Vorsitzende erhob sich erbost. „WAS? Wer behauptet so etwas?“, fragte sie entrüstet nach. Shuichi hingegen blieb völlig ruhig und zückte eine neue Zigarette aus seiner Packung in der linken Brusttasche hervor. „Sie müssen doch eingestehen, dass nicht jeder außerhalb ihrer Firma davon überzeugt ist, dass Nishi-Biogen Industries eine durchgehend weiße Weste besitzt nach den letzten Ereignissen.“ Yamaguchi versuchte Ruhe zu bewahren und setzte sich wieder auf ihren Stuhl, den sie vorher so ruckartig verlassen hatte. „Ich kann ihnen versichern, dass das nichts weiter als üble Verleugnungen sind und diejenigen die solche Anschuldigungen ohne die dazugehörigen Beweise publik machen sollten, sich der vollen Härte des Gesetzes zu stellen haben.“ „Sie wollen also zuerst Beweise. Ich verstehe.“ Shuichi lächelte als er sein Feuerzeug zuschnappen ließ und stand auf. „Ich danke ihnen für ihre Zeit und für den Tee.“ Damit kehrte er der Vorsitzenden den Rücken zu und begab sich zum Ausgang. „Wir haben nichts zu verbergen Herr Akai, doch erwarten sie kein zweites Mal eine solch entgegenkommende Kooperation von unserer Seite aus.“, rief ihm Yamaguchi unterschwellig hinterher. Der FBI-Agent drehte seinen Kopf in ihre Richtung. Der Druck seiner stechend grünen Augen zwang die Vorsitzende dazu, seinem Blick auszuweichen. „Falls sich erneut Bedarf ergeben sollte, werde ich gerne das nächste Mal in Namen des FBIs mich bei ihnen melden.“ Ein schwacher Lichtstrahl blitzte durch die Kronen der Bäume. Es war angenehm warm, ein unbeschwerter Frühlingstag. Der Wind zog über die Felder und trieb einen violetten Teppich aus Lavendelblüten vor sich her. Ein hübsches zierliches Mädchen mit schulterlangen braunen Haaren und einem rapsgelben Kleid stand inmitten des Feldes und pflückte mehrere Exemplare der hübschen Zierpflanze zu einem Strauß zusammen. Mit einem Lied auf den Lippen summte das Mädchen fröhlich vor sich hin. Sie war ein auf dem ersten Blick ganz und gar unschuldiges und friedfertiges Kind. Sie drehte sich zum Rand des Feldes um, hin zu einer Baumreihe, durch deren Blätter das Sonnenlicht auf seine bleiche Haut fiel. Er sah ihr einfach nur dabei zu, wie sie durch das Feld spazierte und eine Blüte nach der anderen einsammelte. Sie blickte zu ihm hinüber und lächelte. Ihr Lächeln strahlte vor Lebensfreude. Die Sonne und der Wind umspielten ihr Haar gleichermaßen. Es war wie im Paradies. „Guck doch mal Onii-chan.“ Ihre Stimme riss ihn aus seinem Traum. Er öffnete die Augen. Er sah nicht länger auf ein Feld voller Blumen und auch die Sonne schien nicht mehr. Alles war grau und dunkel. Ein kalter unangenehmer Wind wehte um seine Nase, ganz anders als in seiner Erinnerung. Der Lärm des nächtlichen Stadtlebens drang in sein Unterbewusstsein. Endlich nahm er wieder die Laute seiner Umgebung und die Lichter der Millionenmetropole vor sich wahr. Auf dem Dach eines Hochhauses fand er sich wieder, mitten im Zentrum von Tokyo. „Hitomi“, flüsterte er nachdenklich. „Schwesterchen“ Er starrte über die Brüstung der großen Dachterrasse, hinunter in die hell erleuchteten Gebäudeschluchten der Hauptstadt. Unzählige Lichter von tausenden Autos wuselten über die Straßen aus Asphalt. Motorenlärm, die Sirenen von Polizeiwagen und das Rauschen des kräftigen Windes in dieser Höhe waren zu hören. Jemand näherte sich ihm von hinten. Die verglaste Tür des Penthouse-artigen Büros stand sperrangelweit geöffnet. Die Schritte auf dem -auf Hochglanz poliertem- Naturstein waren deutlich zu hören. „Ich erstatte dir Bericht, ganz wie du es gewünscht hast.“, ertönte die Stimme seines Besuchers. Der Mann wandte sich von dem Schlund der Stadt ab, damit er dem nun, hinter ihm stehenden Kerl mit blondem Haar, ins Gesicht sehen konnte. Seine Augen strotzten vor Kälte, als er ihn ansah. Jede noch so warme Brise des einstigen Tages war verflogen, für immer und ewig ausgelöscht und das schon vor langer Zeit. „Gut gemacht.“, kommentierte Cognac kurz und bündig. „Baileys zu eliminieren war die richtige Wahl gewesen.“ Er ging einige Schritte auf die Person zu, die sich klangheimlich zu ihm gesellt hatte und entfernte sich dabei von der Hauskante. Es wäre fast, als fürchte er einen verräterischen Stoß, der ihn in den schwarzen Abgrund befördern könnte. „Früher oder später wäre er ohnehin zum Problem geworden. Auch wenn er nützlich für mich war, er hat seinen Zweck nun erfüllt.“ „Ich habe sein Versteck in Brand gesteckt und alle Hinweise auf uns ausradiert, selbst der kleine Schnüffler wird nichts Brauchbares daraus mehr ziehen können.“, berichtete Baileys Todesschütze. „Nur scheint er nicht mehr so klein zu sein, wie er es eigentlich sein sollte.“, merkte der Boss der Schwarzen Organisation an. „Was ist mit ihm passiert?“ „Keine Ahnung. Ich war selbst verwundert, als ich ihn am Hafen herumlungern gesehen habe. Ich ließ ihn jedoch in Ruhe, ganz wie du es wolltest.“ Cognac nickte trocken. Es war schwer zu erkennen, ob die neuesten Entwicklungen ihm zusagten oder nicht. Anmerken ließ er sich jedenfalls nichts. „Ich denke, nach Baileys Ausscheiden, wird es Zeit für die nächste Phase. Das Versteckspiel ist somit offiziell vorbei. Alles ist vorbereitet und auch wenn Baileys ursprünglich die Ehre gebühren sollte, so werde ich nun dennoch das erste Opfer einfordern und das keine Sekunde zu früh.“ „Wer wird es sein?“, erkundigte sich der Schütze. Seine Haut besaß einen dunklen Touch. „Liegt das nicht auf der Hand?“, mischte sich eine weibliche Stimme in das Gespräch ein. Cognac grinste bei dem Anblick einer schlanken Frau, gekleidet in einen enganliegenden schwarzen Einteiler, die sich zu ihnen auf die Terrasse gesellte. Mit ihren hohen Absätzen ging sie elegant und ohne Zwang oder Furcht auf ihre Kollegen zu. „Syrah, wie schön. Gesell dich doch zu uns meine Liebe.“, empfing Cognac sie mit offenen Armen. Die Lage seiner Stimme hatte sich hörbar verändert. Sie versprühte Vertrautheit und auch eine gewisse Form von Rückhalt. Die Frau mit den schulterlangen braunen Haaren, welche offen im Wind wehten, nahm den Platz an Cognacs Seite ein, welcher ihr einen Arm um die Taille legte. Sie ließ ihn wortlos gewähren. „Syrah liegt goldrichtig. Es ist jemand, der genau zum richtigen Zeitpunkt verschwinden muss, ehe er noch weiter in Dinge herumstöbert, die ihn nicht das geringste angehen.“ Er fuhr mit seinen Händen die Kurven der Frau entlang. „Kontaktiere Chianti und Korn. Es gibt Arbeit für sie.“ Kapitel 21: Vergangene Tage --------------------------- Kapitel 21: Vergangene Tage Der kalte Regen prasselte unaufhörlich gegen das mit Tropfen übersäte Glas der raumhohen zweiflügligen Fenster des Hospitals, in das man ihn gebracht hatte. Wie angewurzelt stand der blasse Junge inmitten des kargen weißen Flures und starrte hinaus in die verwaschene und triste Eintönigkeit hinter den Scheiben. Er wirkte ganz und gar abwesend, wie der physischen Welt entschwunden. Tuschelnd gingen die Leute an ihm vorbei, doch er blendete die auf ihn gerichteten Blicke einfach aus. Ihn kümmerte es nicht im Geringsten, was andere von ihm hielten oder was er für einen Eindruck auf sie machte. Bleich wie er war, dünn und mit seinen fahlen Klamotten, der grauen Hose und dem zerschlissenen weißen T-Shirt, musste man ihn wohl für ein armes Waisenkind ohne jedwedes Zuhause halten. Wie oberflächlich die Menschen doch waren. So verharrte er weiter stillschweigend und ohne sich zu rühren, wie ein Stein in einem Gebirgsbach, dessen strömendes Wasser die Menschen verkörperten, welche spurlos an ihm vorbei flossen und davongetrieben wurden, während er als einziges zurückblieb. Eine Krankenschwester bemerkte ebenfalls den auffälligen Jungen am Fenster. Sie ging nichts ahnend auf ihn zu, um ihn zu fragen, was er hier mache oder ob er auf der Suche nach jemanden sei. Als sie ihm immer näherkam, drehte er seinen Kopf automatisch in ihre Richtung, als hätte er sie gewittert. Was sich ihr dann bot, war ein düsterer und vor Diabolik strotzender Anblick, bei dem sich einen die Nackenhaare aufstellten. Seine Augen waren rot unterlaufen und wirkten kalt, aber nicht leer. Sie verströmten Verbitterung, Hassgefühle, tiefste Abscheu und eine bis dato noch unergründliche, jedoch stetig wachsende Böswilligkeit. Die Frau wich erschrocken zurück. Ihr anfängliches und zuvorkommendes Lächeln war einem durch Angst zersetzten Blick gewichen, was auch dem Jungen nicht entging. „Fürchten sie sich vor mir?“, hauchte er tonlos, seine Augen dabei wie spitze Pfähle, die den Körper der Krankenschwester aufzuspießen versuchten. Seine schauerlichen Worte machten es seinem Gegenüber unmöglich einen Ton hervorzubringen. Etwas vergleichbares hatte die Dame noch nie zuvor erlebt. Zügig wendete sie sich ab und ging wieder ihres Weges, ohne es zu wagen, sich noch einmal umzudrehen. Jemand der nicht dabei gewesen war, hätte glatt denken können, der leibhaftige Teufel sei ihr auf den Fersen. Für einen zwölfjährigen Jungen strahlte der Verbliebene wahrlich eine gefährliche und einschüchternde Aura aus, die jeden einen Bogen um ihn machen ließ. Niemand weiteres versuchte erneut das Gespräch mit ihm zu suchen, was ihm nur gelegen kam. Sie sollten ihn ja in Frieden lassen. Unverändert blieb er somit allein am Fenster stehen, sein Augenmerk wieder nach draußen gerichtet, als könne allein der Regen ungestraft zu ihm sprechen und ihn mit seinem sanften Rauschen beruhigen. Ein Mann um die Vierzig mit dunkelgrauem Haar und schwarzen Anzug, verließ eines der Patientenzimmer, die hinter dem Jungen lagen. Er schien als einziges keine Hemmung davor zu haben, auf den Burschen zuzugehen und ihm gar eine väterliche Hand auf die Schulter zu legen. Dieser ließ ihn gewähren, was alles in allem den Eindruck suggerierte, es handle sich um ein verwandtschaftliches Verhältnis. „Wie geht es ihr?“, presste der Knabe hervor, seine Stimme nun nicht mehr annähernd so frostig wie sein Äußeres Auftreten. Er klang schlagartig besorgt und gleichzeitig todunglücklich. Der Mann bei ihm seufzte frustriert, sodass der Junge den Kopf hängen ließ. Auf gute Neuigkeiten war demnach wohl nicht zu hoffen. „Sie befindet sich in einem äußerst kritischen Zustand. Das Auto, dass sie auf dem Weg von der Schule erfasst hat, hat sie schwer verletzt.“ „Wie…“, setzte der Halbwüchsige an, doch der Ältere verstand ziemlich schnell, worauf er hinauswollte. „Der Fahrer hat sich betrunken ans Steuer gesetzt und war viel zu schnell unterwegs gewesen, sodass er am Fußgängerüberweg nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte.“, redete er weiter, wobei sich beim Zuhören ein schwerer Kloß im Hals des Jungen bildete, welchen dieser nur mit Mühe und Not herunterschlucken konnte. „Er verlor nach der Kollision die Kontrolle und fuhr mit über 70 km/h gegen einen Baum. Er war sofort Tod gewesen.“, fügte der Mann noch hinzu. „Sehr gut.“, krächzte der Zwölfjährige mit den platten dunklen Haaren und der schneeweißen Haut. Kurz zuckten die Mundwinkel auf seinem -mit dicken Haarsträhnen umrahmten- Gesicht, doch die Freude, über das Ableben der verantwortlichen Person hinter diesem Unfall, wehrte nicht lange. Es war nur ein flüchtiges Gefühl, dass genauso schnell wieder verschwand, wie es aufgetaucht war. „Kanae?“ Der Junge zuckte auf, reagierte dann aber ziemlich ungehalten über die Anrede des Mannes. „Nenn mich gefälligst nicht mehr so. Diesen Namen habe ich abgelegt, als ich euch beigetreten bin. Hast du das etwa schon vergessen?“, zischte er. „Es ist immer noch der Name, den dir deine Eltern gegeben haben.“, war alles, was der Ältere dazu erwiderte. „Rede verdammt nochmal nicht von ihnen.“, verlangte Kanae schroff. „Sie zählen schon lange nicht mehr zu meiner Familie.“ Er drehte sich zu dem Mann in Schwarz um. „Ihr seid meine Familie und ich möchte auch nur mit dem Namen angesprochen werden, den IHR mir gegeben habt.“ Ohne sich groß über sein Auftreten zu echauffieren, schloss der Mann im Anzug die Augen und ließ seine Hände in den Hosentaschen verschwinden. „Du wirst dich daran gewöhnen müssen, in der Öffentlichkeit deine alte Existenz weiterhin zu nutzen. Sie kann dir durchaus noch dienlich sein, denn sie fungiert wie eine Schutzhülle und verschleiert dein wahres Ich vor den Augen anderer.“ Er öffnete seine Augen wieder. Graue und gewitzte Augen, die schon viel gesehen haben mussten, funkelten den Jungen entgegen. „Glaube mir, du wirst diesen Rat noch früh genug zu würdigen wissen.“ Der blasse Bursche schnaubte bloß abwertend, getragen von seinem jugendlichen Übermut. Nach einer Weile sah der Mann auf seine Armbanduhr. „Sie sind spät dran.“ Kanae zog die Luft scharf ein, ehe er sich äußerte. „Natürlich sind sie das. Sie haben sich noch nie groß um uns gekümmert. Hätten sie nicht nur ihre Arbeit im Kopf und ihre Tochter wie versprochen von der Grundschule abgeholt, dann wäre sie nicht zu Fuß losgelaufen und dann wäre dieser Unfall auch nicht passiert. Es ist einzig und allein ihre Schuld.“ „Ja das stimmt.“, bestritt der Mann die Hassreden des Jungen in keinster Weise. „Du hast allen Grund sie zu hassen und zu verachten. Sie haben auch dich von klein auf stets vernachlässigt, um ihrer beiden Karrieren willen. Du warst ganz auf dich allein gestellt, bis ich dich unter meine Fittiche genommen habe. Allerdings spüre ich, dass auch du dir die Schuld daran gibst, was deiner Schwester wiederfahren ist.“ „Niemand liebt sie mehr als ich und keiner hat sich bisher so um sie gekümmert, wie ich es tat. Ich habe ihr versprochen immer auf sie aufzupassen, doch ich habe mein Versprechen gebrochen.“ Der Zwölfjährige ballte die Fäuste. In seiner Stimme schwammen die verworrensten Emotionen mit und er kam einem einzigen Nervenbündel gleich. Der Mann hingegen blieb ganz gefasst, weiterhin Herr der Lage. „Einzig und allein deine gewissenlosen Rabeneltern tragen die Verantwortung dafür. Belaste dich selbst nicht damit. Das darfst du nicht. Wenn du zulässt, dass diese Gefühle dich übermannen, wirst du schwach und verwundbar.“, ermahnte er seinen Schützling mit strenger Mimik. „Sie werden dafür bezahlen.“, flüsterte der Junge. „Ja das werden sie, versprochen.“, beteuerte sein Mentor. „I-Ich will zu ihr, solange wir ungestört sein können.“ „In Ordnung.“ Der Mann in Schwarz trat einwilligend beiseite, sodass der Junge auf die Tür zugehen konnte, aus der der Ältere zuvor gekommen war. An dem Schild neben dem Zimmer stand in Kanji-Zeichen der Name des dort untergebrachten Patienten: Hitomi Nishimura. Er griff nach der Klinke. „Denk aber stets daran, was ich dir gesagt habe. Verstanden Cognac?“ Das Gesicht des Mannes war durch das Licht von draußen gänzlich in Schatten gehüllt. Ein Auge des Jungen blitzte über seine Schulter hinweg zu dem Organisationsmitglied. „Verstanden Genever.“ Shinichi spürte die wohltuende Wärme ihres Körpers neben sich, als er so langsam aus seinem behaglichen Nickerchen erwachte. Das süße -noch schlafende- Gesicht seiner Freundin war dabei das Erste was er erblickte. Sie war tief und fest am Schlummern, so machte es zumindest für Shinichi den Eindruck. Konzentriert begann er damit Shiho zu beobachten, während sie nebeneinander im Bett lagen. Er verfolgte ihre ruhige Atmung und zählte die einzelnen Strähnen ihres wundervoll duftenden Haares, welche in ihrem Gesicht lagen. Als sich der Oberschüler einen Spaß erlauben wollte und anfing ein etwas dümmliches Gesicht zu ziehen, öffnete die rotblonde Schönheit neben ihm unerwartet die Augen. „Was wird das denn, wenn es fertig ist?“, sprach sie leise, doch bescherte es Shinichi beinahe den Herzinfarkt seines Lebens. „Musst du mich denn so zu Tode erschrecken. Ich dachte du schläfst.“, keuchte der Schwarzhaarige, dessen Puls sich nur stoisch wieder beruhigen wollte. Shiho kicherte still vor sich hin und küsste ihrem Geliebten auf die Nasenspitze, wodurch all der unnötige Groll gegen sie verpuffte und ein einzig strahlendes Lächeln zurückließ. „Du kannst wirklich hartnäckig sein, weißt du das?“ Die junge Frau zuckte sorgenfrei mit den Schultern. „Ich habe das bekommen was ich wollte und tue nicht so, als hätte es dir nicht auch gefallen. Zumindest konnte ich somit deine Gedanken für ein paar Stunden in eine andere Richtung lenken.“ Mit einem verspielten Grinsen zog Shiho die Bettdecke ein Stück an sich herunter, um noch ein bisschen mehr von sich preiszugeben. „Was würde ich nur ohne dich anstellen.“, lachte Shinichi und küsste sie auf den Mund. Der Detektiv des Ostens ließ sich mit dem Rücken auf das Bett fallen und schaute hinauf zur Decke. Trotz der friedlichen Atmosphäre in seinem Schlafzimmer hielt die Ruhe in seinem Kopf nicht lange an und er legte nach kurzer Zeit erneut sein Denkergesicht auf. Shiho griff sich die Hand ihres Freundes und verschränkte ihre Finger mit seinen, sodass sie zumindest seinen Blick zurückgewann. „Woran denkst du gerade?“, wollte sie von ihm wissen. Eigentlich erübrigte sich diese Frage, doch beabsichtigte Shiho es sie dennoch zu stellen und eine Unterhaltung, statt einem anhaltenden Schweigen unter ihnen vorzuziehen. „Ich habe darüber nachgedacht, wie ich es schaffe Amuro und gleichzeitig auch mich selbst wieder… nun ja, zurückzuholen.“, sinnierte Shinichi geknickt. Zusätzlich beschäftigte ihn die Möglichkeit, dass seine geheimen Widersacher noch ein Ass im Ärmel hätten, jetzt wo ihr Bombenleger zur Strecke gebracht wurde. Vor dem Einschlafen hatte er, nach Hattori, auch Shiho auf den neuesten Stand gebracht. Über eine Verbindung zu einem Auftraggeber, der es vermutlich allein auf Shinichi abgesehen hat und darüber hinaus auch noch über seine wahre Identität Bescheid wusste, damit war er nicht herausgerückt. Shiho hatte so einen erleichterten Eindruck gemacht, fest davon überzeugt das Schlimmste überstanden zu haben, dass er ihre ursprüngliche gute Laune nicht sofort wieder in den Boden stampfen wollte, doch war das Thema noch keinesfalls vom Tisch, so viel stand für Shinichi fest. Auch die Person, die Conan als entführt abgestempelt hat, war immer noch Teil ihres Problems. Wie sollte dieser selbsternannte Entführer Forderungen stellen und seine Geisel früher oder später wieder frei lassen, wenn er ein solches Druckmittel überhaupt nicht besaß. Als er zu Shiho hinüber sah und den abwartenden Blick der Rotblonden auffing, erinnerte er sich wieder daran, worüber sie eigentlich gerade geredet haben. „Es ist so, bei Rei fehlt mir einfach jeglicher Anhaltspunkt und das Conan rein theoretisch gar nicht gefunden werden kann, verkompliziert alles nur noch mehr.“, griff er den Dialog wieder da auf, wo er aufgehört hatte. Zu seiner Verwunderung schien Shiho nicht im Entferntesten so ratlos zu wirken, wie er. „Was das angeht habe ich mir auch schon meine Gedanken gemacht und ich glaube eine Idee gefunden zu haben, dich mal wieder aus der Zwickmühle zu holen, so wie sonst auch immer.“ Sie rückte näher an ihn heran, sodass nur noch wenige Zentimeter zwischen ihnen verblieben. „Du und dein Miniaturformat werdet wieder gemeinsam in Erscheinung treten. Der kleine Conan Edogawa gerettet aus den Fängen seines Entführers durch den großartigen Meisterdetektiv Shinichi Kudo. Ran wird ein Stein vom Herzen fallen ihren kleinen Bruder wohlbehalten zurückzubekommen und dir auch nicht länger böse sein. So wäre dann immerhin ein Problem gelöst.“ Der Oberschüler starrte seine Freundin an, als käme sie nicht von dieser Welt. „W-Was? W-Warte mal, ganz langsam. Wie genau stellst du dir das vor?“ Shiho verdrehte die Augen, als läge die Antwort wie selbstverständlich auf der Hand. „Dummkopf, das wäre doch nicht das erste Mal, dass wir eine passende Täuschung dafür auf die Beine stellen.“ „Ja, aber du kannst dich nicht mal eben als Conan ausgeben, sowie bei der letzten Gelegenheit und wer käme sonst dafür in Frage?“, erklärte Shinichi, was ihm bei diesem Vorschlag wie ein unüberwindbares Hindernis erschien. Shiho winkte allerdings nur ab und zwinkerte ihm zu. „Lass mich einfach mal machen. Vertrau mir, ich habe schon alles genauestens durchdacht. Ayumi hat sich nämlich bereiterklärt uns dabei zu helfen. Hat doch seine Vorzüge sie als Geheimnisträgerin zu wissen.“ Augenblicklich ging auch Shinichi ein Licht auf. Warum war er von selbst bloß nicht darauf gekommen? „Aber was ist mit dem angeblichen Entführer, der das alles überhaupt erst so hingebogen hat?“ Shiho gähnte bei seiner Frage, als würden sie sich darüber unterhalten, wer für den nächsten Einkauf zuständig wäre. „Also wenn ich die Sache richtig beurteile, liegt unser gekidnapptes Opfer wohlbehalten neben mir und kann zurückkehren wann es ihm passt. Um diese Person hinter der Botschaft können wir uns danach immer noch kümmern.“ Shinichi konnte sich ein darauffolgendes breites Grinsen nicht verkneifen. Diese Frau war doch wirklich mit allen Wassern gewaschen. Zufrieden gestimmt über seinen Anblick drehte sich Shiho auf die Seite, doch es dauerte nicht lange, bis Shinichi an ihren Rücken heranrutschte und einen Arm um sie legte, den er behutsam vor ihren Bauch platzierte. „Du bist einfach der Wahnsinn.“, schwärmte er, was ihr sehr zu gefallen schien. Shiho reckelte sich genüsslich und spielte dabei mit dem Edelstein ihrer Kette herum, was alles darstellte, was sie zurzeit am Leibe trug. Das rosafarbene Gestein zwischen ihren schmalen Fingern war ein Turmalin, eine der Geburtssteine des Oktobers, der Monat, in dem auch sie Geburtstag hatte. Kaum einer kannte ihren Geburtstag, nur der Professor und Shinichi. Das lag unter anderem daran, dass sie diesen Tag nie feierte, hatte sie noch nie. Dafür gab es nie einen Anlass, auch wenn Akemi sich früher immer etwas ausgedacht hatte, um sie zu überraschen und ihr eine Freude zu machen. Das auch Shinichi über diesen Tag Bescheid wusste, zeigte umso mehr, wie nahe er ihr stand, näher wie sonst kein anderer Mensch auf dieser Welt. Während die beiden Verliebten ihre Zweisamkeit in der Villa der Kudos noch ein wenig genossen, war Shuichi Akai bereits wieder seit den frühen Morgenstunden auf Achse. Im Moment fuhr er mit der Yamanote-Linie durch den Stadtbezirk Minato. Der FBI-Agent vertrat zunehmend die Meinung, etwas Großem auf der Spur zu sein. Parallel dazu wuchsen auch vermehrt die Zweifel daran, dass die Organisation nach der großen Säuberung wirklich vollständig zerschlagen wurde. Sicherlich existierten die Männer in Schwarz nicht mehr so, wie sie es einst taten, doch was sprach dagegen, dass sich Überlebende um einen neuen Anführer gesammelt haben und nun auf Vergeltung aus sind. Gin wäre mitunter der Hauptkandidat für solch eine Rolle. Der blonde Hüne war schon immer von Rache zerfressen gewesen, vor allem gegen Shiho. Zuerst müsse der Dreckskerl aber an Akai vorbei, ehe er auch nur in die Nähe von Akemis Schwester gelangen könnte. Der Schlüssel zu der Antwort, wie viel an dieser Sache wirklich dran sei, konnte nach Shuichis Verständnis nur die Firma Nishimuras beherbergen. Wenn die neue Leiterin Yamaguchi nicht in krumme Machenschaften verwickelt war, dann würde er seinen Job umgehend an den Nagel hängen. Ein Vibrieren in seiner Jackentasche ließ Akai nachschauen, wer ihm soeben eine Nachricht geschickt hat. Es war seine kleine Schwester Masumi, die eine von ihr verfasste SMS mit dem Betreff „Extrem wichtig!“ gekennzeichnet hatte. Shuichi wusste, dass Sera gerne mal ein wenig übertrieb und über die Stränge schlug, doch als er die Nachricht für ihn durchlas, wurden seine Augen zunehmend größer. Meinte sie das ernst? War sie sich da absolut sicher? Akai schaute sich kurz bedächtig in der Bahn um, als könnte jemand Unbefugtes auf seinem Handy mitlesen, doch stand niemand nah genug an ihn dran. Noch einmal überflog er die entscheidende Passage in der von Seras getippten Mitteilung. Wenn dem wirklich so war, dann wäre eine Rückkehr der Schwarzen Organisation nur umso wahrscheinlicher. Unfassbar, dabei war sich das FBI absolut sicher gewesen, sie sei an jenem Tag ums Leben gekommen und nun das. >Nächster Halt, Hamamatsucho< verkündete eine Durchsage über die Lautsprecher. Die Bahn verlangsamte schrittweise ihr Tempo und trudelte gemächlich in die angekündigte Station ein, auf dessen Gleisen, um diese morgendliche Uhrzeit, ein reger Betrieb herrschte. Unzählige Pendler warteten bereits auf ihre Anbindung und positionierten sich an den Türen des Zuges. Shuichi stand auf dem Flur zwischen den gegenübergestellten Sitzplätzen und hielt sich mit einer Hand an einen der über ihn befindlichen Griffe fest, als das Verkehrsmittel zum Stillstand kam. Als die Türen aufsprangen und ein Schwall von Menschen ein- und ausströmte, betrachtete der FBI-Agent die umliegenden Hochhäuser des südlichen Zentrums Tokyos. Der Himmel über der Hauptstadt war nur schwach mit Wolken bedeckt und die Sonne spiegelte sich gleichermaßen in den verglasten Fassaden des Shiodome Buildings, wie auf der Oberfläche des seichten Teiches im Shibarikyu-Park zu Fußen des Bahnhofes. Akai überlegte Masumi direkt eine Antwort zurückzusenden. Wenn ihre Mutter recht hatte und sie irrte sich leider selten, dann müsse auch Shinichi und Shiho so schnell es ging davon erfahren. Er zückte sein Handy wieder hervor, bereit seiner jüngeren Schwester zu texten, da schlenderte zwischen den Passanten, vor seinem Waggonfenster, ein ihm vertrautes Gesicht durch die Massen. Kurz, fast wie in Zeitlupe, huschten die blauen Augen des blonden Mannes zu dem Agenten herüber, bevor er unbekümmert seinen Weg fortsetzte. Shuichi wollte nicht so recht glauben, was oder besser gesagt wen er gerade gesehen hatte. Unmöglich, dachte er sich. Das Signal zum Schließen der Türen erklang und nur in allerletzter Sekunde, gelang es Akai den Zug noch rechtzeitig zu verlassen, ehe er mit ihm weiterfahren würde. Er starrte angespannt das Gleis hinunter und konnte den blonden Schopf der Person ausmachen, wie diese über die Treppen in die untere Querverbindung der Station abtauchte. „Amuro. Was zum Teufel machst du nur hier?“, flüsterte der Mann mit der schwarzen Skimütze und versuchte seinen verschwunden geglaubten Kollegen von der Sicherheitspolizei einzuholen, bevor er ihn aus den Augen verlieren würde. Er hatte ihn gesehen, da besaß Shuichi keinen Zweifel und dennoch habe er nicht auf ihn reagiert und war einfach weitergelaufen, dabei machte jeder der ihn kannte sich große Sorgen um ihn und er hatte nichts Besseres zu tun, als mitten durch das Zentrum Tokyos zu spazieren? Akai drängelte sich auf der Treppe an einigen Leuten vorbei, die ihm etwas Unverständliches hinterherriefen, doch interessierte dies dem Agenten recht wenig. Vielmehr beschäftigten ihn die Fragen, warum Amuro ihn nicht erkannt hat und warum er einfach weitergelaufen war. In der unteren Etage des Bahnhofes angekommen, konnte Shuichi seine Verfolgung zum Glück schnell fortsetzen, als er Amuro gut sichtbar auf einen der Ausgänge zusteuern sah. Eilig bahnte er sich einen Weg hinterher. Über eine Fußgängerbrücke hinweg und auf sicherem Abstand bestehend, blieb er Bourbon dicht auf den Versen, welcher genau auf die Nippon Radiozentrale zulief. Mit den Händen in den Taschen und den Kopf leicht gesenkt, den Blick aber starr nach vorne gerichtet, blieb Akai weiter an ihm dran. Unter ihnen schlug eine breite vielbefahrene Straße eine Presche durch den Großstadtdschungel, an dessen Horizont sich ein roter prägnanter Turm aus Stahl, der Tokyo Tower, in den Himmel erhob. Bourbon schien seinen zweiten Schatten nicht zu bemerken und betrat das Gebäude Nippons. Shuichi blieb vor dem Eingang zur Lounge stehen und spähte durch die verglaste Vorderfront hindurch, bis Amuro in einem der Aufzüge verschwand. Erst dann folgte auch Akai seinem ehemaligen Rivalen in den Sitz des Radiosenders. Bei den Fahrstühlen angekommen, verriet die gelbe Anzeige über der stählernen Tür, dass der Aufzug hinunter in die Tiefgarage fuhr. Ohne zu zögern stieg Shuichi in einen zweiten Fahrstuhl und fuhr ebenfalls in das zweite Untergeschoss des Gebäudes. Als eine reine Vorsichtsmaßnahme entsicherte er die Pistole, welche er hinten im Hosenbund stecken hatte, als er sich auf dem Weg nach unten befand. Der Aufzug hielt, die Tür schwang auf und Shuichi betrat vorsichtig das mit Betonstützen durchzogene Parkdeck in denen vereinzelte Autos und Kleinlaster parkten. Auch einige Übertragungswagen des Senders standen hier. Hauptsächlich waren es mittlere Transporter, das Dach gespickt mit Antennen und Funkschüsseln und mit dem Schriftzug von Nippon TV an den Seiten. Rote Schriftzeichen auf weißem Grund. Niemand war zu sehen, niemand war zu hören. Es war verdächtig ruhig und weit und breit kein Amuro. Akai suchte erneut den Griff seiner Waffen, während er sich ausgiebig umsah, die Augen zu Schlitzen geformt. Ihn überkam ein ungutes Gefühl. „Warum verfolgst du mich?“, hallte auf einmal eine Stimme hinter Shuichi, sodass sich die FBI-Agent rasch umdrehte, die Pistole aber im Verborgenen hielt. Wie aus dem nichts stand Bourbon plötzlich vor ihm, sein Gesicht ausdruckslos und kühl. Shuichi war für einen kurzen Moment irritiert, wirkte dann aber ziemlich verärgert, als er sich ein wenig lockerer machte und seine Lederjacke wieder über die Waffe zog. „Sag, wolltest du mich etwa erschießen, so wie du es mit Scotch getan hast?“, ließ der Blonde seine Kenntnis über die bereits entdeckte Bewaffnung Akais durchsehen und verursachte gleichzeitig ein flaues Gefühl beim FBI-Agenten, als er auf den damaligen Vorfall anspielte, woran ihm in Wahrheit keine Schuld traf und das wusste Amuro eigentlich auch. Also warum diese provokante Bemerkung? „Hör auf so einen Unsinn zu erzählen und sag mir lieber was du hier machst?“, erwiderte Shuichi grimmig. „Das gleiche könnte ich auch dich fragen Rye.“, entgegnete Bourbon mit ungewohnt rauer Stimme. Was Rye? Shuichi, der ohnehin nicht begriff was Amuro hier trieb, war nun ganz durcheinander. Wieso sprach er ihn mit seinem alten Codenamen an? „Alle dachten du seist entführt worden oder etwas dergleichen. Wenn dem nicht so ist, dann verrate mir wieso du einfach aus dem Krankenhaus verschwunden bist. Ran macht sich unglaubliche Sorgen um dich. Sie weint sogar noch häufiger als früher.“ „Ran wer?“, bemerkte der Blonde ohne eine Regung in seiner Stimme. Shuichi riss bei diesen Worten die Augen auf. War das ein schlechter Scherz oder meinte Amuro das etwa ernst. Seine Tonlage und auch sein Ausdruck wirkten nicht so, als würde er wirklich verstehen, was Akai von ihm wollte. „Du solltest dich besser wieder um deine Angelegenheiten kümmern und dich nicht in anderer Leute Angelegenheiten einmischen.“, riet ihn Rei Furuya ungeziert und bewegte sich auf einen der parkenden Fahrzeuge zu. Er drückte auf einen Autoschlüssel und die Lichter eines schwarz glänzenden Mazdas, das gleiche Modell wie es Bourbon einst in weiß besaß, leuchteten kurz auf. „Ich verstehe kein Wort Amuro. Was hast du vor? Wo willst du hin? Wieso hast du mich kurz vor der Explosion in der Detektei versucht anzurufen? Was hast du gesehen?“ „Jetzt höre endlich auf mich voll zutexten oder du wirst es bereuen kapiert.“, warnte ihn Bourbon und öffnete die Fahrertür vor ihm. „Du redest wirres Zeug. Vielleicht sollte dir die Führung mal ein paar freie Tage spendieren, würde dir sicherlich gut tun und jetzt entschuldige mich.“ Damit bestieg Amuro den Wagen und startete den Motor. „Hey warte.“, rief Shuichi, doch bewirkte er damit rein gar nichts. Mit aufheulenden Motor stieg Bourbon sogleich in die Eisen und jagte an ihm vorbei. Ohne das Akai etwas dagegen unternehmen konnte, war er auf und davon. „Amuro“ Shuichi starrte den Reifenspuren des Wagens nach und lauschte dem Lärm des Fahrzeugs, dessen Schall sich allmählich in der Tiefgarage verlor. „Sag nicht, du kannst dich an nichts mehr erinnern.“ Kapitel 22: Verlass dich auf mich --------------------------------- Kapitel 22: Verlass dich auf mich Die rotblonde Wissenschaftlerin war in absoluter Höchstform. Nach der -noch frisch im Gedächtnis weilenden- Nacht mit Shinichi und ihrem ausgiebigen gemeinsamen Frühstück, war Shiho nun energiegeladen und bester Dinge, das bestehende Problem mit ihren erwachsenen Körpern endlich weiter anzugehen und zu bewältigen. Sie hatte sich augenblicklich in ihr Labor zurückgezogen, um mit den Analysen ihrer -bisher gesammelten- Blutproben zu beginnen. Je eher sie das erledigt hätte, desto schneller hätten sie Gewissheit darüber, ob ein bestimmter Bestandteil ihres Blutes für ihr einstiges Schrumpfen gesorgt hat und eine erneute Einnahme des APTX-4869, das gleiche Ergebnis zur Folge hätte. Falls dies zutreffen sollte, wäre es umso bahnbrechender, wenn es sich dabei um ein vererbliches Phänomen handeln würde. Da es aber leider in Shihos Verwandtschaft niemanden gab, bei dem man dies testen könnte, wären die Blutwerte von Yukiko und Yusaku die Einzigen für die Bestätigung einer solchen Hypothese. Vorausgesetzt, wenn es überhaupt so weit käme. Shiho hatte bereits Shinichis Blut ausgiebig auf Unregelmäßigkeiten untersucht und war gerade dabei das erste Präparat ihres eigenen Blutes unter das Mikroskop zu legen, da drang der Klang der Türklingel an ihr Ohr. Sie horchte auf und überlegte, ob sie nach unten gehen und aufmachen sollte, doch war sie gerade so in ihrem Arbeitsfluss vertieft, dass sie von dieser Idee wieder abließ.  Wenn es etwas oder jemand Wichtiges wäre, dann würde Shinichi das schon übernehmen. Sie lehnte ihre Augen an das Okular und begann an den Rädchen die Schärfe der Linse einzustellen. Stück für Stück rückten die ersten roten Blutkörperchen in den Fokus. Erneut klingelte es am Eingang zur Villa Kudo. Shiho zuckte auf und machte ein genervtes Gesicht.  Ihr Freund schien nicht den Anschein zu machen, die Treppen nach unten steigen zu wollen. Wieder läutete es. Wenn das so weiter ginge, könnte sie unmöglich konzentriert bei der Sache bleiben. Nochmals wurde die Klingel betätigt.   „Shinichi, geh schon endlich an die Tür!“, befahl sie lautstark durch das ganze Haus, doch nichts rührte sich. Erst jetzt entsann sie sich wieder, dass ihr Schwarm und Sprössling der Kudos beiläufig erwähnt hatte, nach ihrer morgendlichen Mahlzeit unter die Dusche zu wollen. Unter dem laufenden Wasser konnte er das Läuten vermutlich nicht hören und sie ebenso wenig. Zum fünften Mal ertönte das bekannte Schellen. Dann führt wohl kein Weg daran vorbei, musste sich die Rotblonde eingestehen und erhob sich. Sie müsste ihre Arbeit wohl oder übel kurz unterbrechen und selbst an die Tür gehen. Als Shiho -im vorderen Hausflur angekommen- den Griff der Klinke in die Hand nahm, überkam sie gleichzeitig ein seltsames und auch vertrautes Gefühl.  Ehe sie dieses aber zuzuordnen vermochte, öffnete sie die Tür. Schnell stellte sich nachfolgend heraus was, oder besser gesagt, wen Shiho dort unbewusst gespürt hat, als ein vertrauter schwarz gekleideter Mann vom FBI, wie so üblich mit Zigarette im Mund, vor der Hausschwelle der Villa stand. Ganz verdutzt beäugte sie den Mann, der sie um mindestens einen Kopf überragte. Dieser zog, statt einer Begrüßung, nur fragend eine Augenbraue in die Höhe, als er die junge Wissenschaftlerin in ihrem - als Sherry- typischen Aufzug mit weißem Kittel vor sich stehen sah. „Ich muss gestehen, dass wirkt nach all der Zeit etwas ungewohnt.“, gestand Akai trocken. „Was machst du hier?“, fragte die einstige Forschungsleiterin, an die sich Shuichi soeben zurückerinnerte, abfallend.  „Warten darauf, dass du mich hinein lässt?“ Sein Mundwinkel begann aufzuzucken. Shiho schnalzte mit der Zunge, doch ihre beiden Gesichter zierte schnell ein neckisches Grinsen.  Das Eis zwischen den beiden war mit der Zeit geschmolzen und anstelle dessen, war eine enge Freundschaft herangewachsen.  „Offensichtlich.“, lächelte sie milde und hielt dem FBI-Agenten die Tür auf. „Komm schon rein.“ Shinichi bekam von alldem nichts mit. Er stand -wie von Shiho vermutet- noch immer unter der Dusche. Es gab einfach nichts befreienderes für ihn, als sich von angenehm warmen Wasser berieseln zu lassen. Außerdem gelang es ihm währenddessen sich hervorragend zu konzentrieren, wenn nichts anderes zu hören war, als das Rauschen vom prickelnden Nass, welches die Brause über seinen Kopf verließ.  Nach zwanzig Minuten drehte er das Wasser dann doch ab und schob die Duschverkleidung beiseite. Er konnte ja schließlich nicht ewig das Bad blockieren. Das erste was er nun wieder von der Außenwelt wahrnehmen konnte, war das Klingeln an der Haustür.  Nanu? Wie lange ging das wohl schon so, überlegte Shinichi. Er selbst hatte bis eben nichts hören können und Shiho war wahrscheinlich so in ihre Arbeit vertieft, dass sie es ebenfalls nicht mitbekam.  Als es erneut schellte, trocknete sich der Schwarzhaarige rasch ab und warf sich ein schlichtes weißes Hemd über.  Generell sehr locker und bequem gekleidet, eilte er in den Hausflur, wo er zwischen dem betätigen der Klingel, zusätzlich das Klopfen gegen die große schwere Holztür hören konnte. >Ziemlich hartnäckig< Da konnte es wohl jemand nicht abwarten, hereingelassen zu werden.  „Shinichi, bist du da?“, vernahm er eine unverkennbare weibliche Stimme. >Ran<, bemerkte der Oberschüler und öffnete kurzerhand die Tür, ehe sie erneut versuchen würde auf sich aufmerksam zu machen. Das Fräulein Mori schien allerdings nicht damit gerechnet zu haben, dass ihr Sandkastenfreund in diesem Moment so plötzlich die Tür öffnen würde.  Erneut holte sie daher mit ihren Fingerknöcheln aus und traf diesmal, statt der Holztür, den Holzkopf des jungen Detektivs.  Mit einem mitleidvollen Jammern taumelte Shinichi rückwärts, auf der Stirn ein roter Abdruck verbleibend. Solch eine Begrüßung hatte er wahrlich nicht erwartet.  „Shinichi“ Ran hielt sich erschrocken eine Hand vor den Mund. „T-Tut mir leid, das wollte ich nicht. Ist alles in Ordnung mit dir?“ Shinichi rieb sich den -noch dröhnenden- Schädel, als er in Rans besorgtes Gesicht blickte. „Geht schon“, murmelte er. Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, aber er glaubte Ran selbstverständlich, dass es nicht ihre Absicht gewesen war, ihm Schmerzen zuzufügen. Er bat sie darum doch hereinzukommen. Sie nickte lächelnd und nahm die Einladung an. „Entschuldige die Störung, aber ich bin so schnell ich konnte hergekommen. Es war immerhin heute Morgen überall in den Nachrichten gewesen.“ Ran klang hörbar guter Dinge.  „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass du den Fall so schnell lösen würdest. Du hast dich wahrlich kein bisschen verändert.“, lobte sie Shinichi, dem es so langsam dämmerte, worüber Ran redete. „Dank eines Tipps an die Behörden, konnte der Verantwortliche hinter den Anschlägen auf die Detektei Mori und der Teitan-Grundschule von der Polizei gestellt werden, wobei der Täter in einem Schusswechsel getötet wurde. Ausreichende Beweise in der Wohnung des Attentäters belegten, dass es sich ohne jeden Zweifel um den gesuchten Bombenleger handelte.“, zitierte sie den Bericht aus den neuesten Meldungen auf ihrem Handy.  Mit freudiger Erwartung sah Ran den etwas überrumpelten Oberschülerdetektiv an, der mehr und mehr zu ahnen begann, was sie als nächstes von ihm hören wollte. „Ran also…“ „Die Polizei wollte zwar keine näheren Angaben zu ihrer Quelle machen, die sie auf die richtige Spur gelotst hat, aber ich kann mir schon denken wer es gewesen ist. Schließlich ist das deine typische Masche, den Fall im Verborgenen aufzuklären.“ „Ja, also weißt du…“ „Da dieser Verbrecher nun niemanden mehr etwas antun kann, wollte ich wissen, was mit Amuro und Conan ist. Sie wurden bestimmt im Haus des Täters gefangen gehalten.“ „Wo du es gerade ansprichst…“ „Geht es ihnen gut? Wo sind sie gerade? Wann kann ich sie sehen? Sie sollen so schnell es geht wieder nach Hause kommen.“ „RAN“ Nun sah er sich doch dazu gezwungen, sich mit mehr Nachdruck Gehör zu verschaffen. Die junge Frau mit den langen braunen Haaren verstummte auf einen Streich. Shinichi holte tief Luft. „Ich weiß, dass du das, was in der Detektei passiert ist und das Verschwinden von Amuro und Conan ein und derselben Person zuschreibst, aber dem ist leider nicht so.“ Sein Blick war ernst, was schwer auf Rans bisher so heiteres Gemüt stieß, das alles wieder beim Alten sei. „Der Bombenleger hat nichts mit den Entführungen zu tun gehabt und somit konnte ich zwar ein Verbrechen aufklären, doch bleiben Amuro und Conan auch weiterhin unauffindbar. Ich weiß leider noch nicht, wo sie sein könnten und wer dafür die Verantwortung trägt. Ich werde noch etwas mehr Zeit benötigen.“ Auf einmal kehrte eine bedrückende Stille ein und die Stimmung Rans schlug in Kummer und Elend um. „Sie sind also immer noch…“ Die Augen von Shinichis erster großer Liebe fingen an zu Schimmern, als eine Schicht an Tränen sie überzog. „Ich weiß, wie sich das für dich anhören muss, aber…“ „Und ich war mir so sicher, dass alles zusammenhängen muss. Amuro als Zeuge der ersten Explosion, Conan als mögliches Druckmittel. Ich war mir so sicher, dass sie jetzt, wo alles vorbei ist, wieder zu mir zurückkehren würden.“ Der Damm ihrer Augen brach und entließ die aufgestauten salzigen Fluten. „Ich will sie doch nur wieder bei mir haben. Mehr verlange ich doch gar nicht.“ Ihre Stimme war gegenwärtig so zerbrechlich klingend, dass Shinichi es nicht wagte, sie zu berühren, aus Angst, sie könnte in tausend Scherben zerspringen.  Tatsächlich machten Rans Worte aber durchaus Sinn.  Da Shinichi bereits wusste, dass es sich um keinen Einzeltäter, sondern um eine ganze Bande handelte, war es gar nicht so unwahrscheinlich, dass Amuro gekidnappt wurde, ehe er eine Aussage hätte machen können. Doch sein eigenes Verschwinden konnte hingegen unmöglich damit zusammenhängen, allein da er nicht wirklich entführt wurde. Außerdem gab es ein Bekennerschreiben, indem verlangt wurde, die Angelegenheit nicht an die große Glocke zu hängen. Das und die absichtlichen offensichtlichen Spuren eines Einbruchs, passten so gar nicht zu der Vorgehensweise, mit der der Bombenleger sich Zutritt zur Detektei verschafft hat. Ohne auch nur ein Anzeichen von Fremdeinwirkung zurückzulassen. „Ich halte es einfach nicht mehr aus.“, flüsterte Ran kaum hörbar. „Ich weiß Conan ist erst seit gestern verschwunden, doch bei Amuro sind es schon fast drei Tage und bisher gibt es noch keinerlei Fortschritte und auch nicht eine einzige Forderung. Was ist, wenn es gar kein wirkliches Interesse gibt, sie wieder frei zu lassen? Was ist, wenn sie bereits nicht mehr am Leben sind?“ Ran drohte den Halt in ihren Füßen zu verlieren.  „NEIN, hör sofort auf damit. So etwas darfst du nicht denken. Nicht einmal für eine Sekunde verstanden.“ Shinichi ballte wütend die Fäuste. Warum musste sie sich nur immer alles aufladen?  Egal wie viel es war. Egal wie schmerzhaft es war.  Warum? „Ich will nie wieder von dir hören, dass du so etwas denkst. NIE WIEDER.“, schrie er aus voller Kehle. „A-Aber Shi…“ Ran versagten die Worte. Eine solche Seite an ihm, kannte sie bisher noch gar nicht. Sie war so impulsiv, ungezügelt und leidenschaftlich. Es hatte, auf eine gewisse Art und Weise, etwas bewundernswertes an sich.  Für Shinichi hingegen war es zum aus der Haut fahren. Sein Wunsch ihr einfach zu gestehen, dass zumindest Conan gar nicht verschleppt wurde, sondern eigentlich direkt vor ihr stand als der, der er schon immer war, Shinichi Kudo, wuchs ins unermessliche.  Wie gerne würde er auf der Stelle mit allen Tabus brechen. Doch was würde es ihm bringen? Womöglich würde es Ran nur noch mehr Leid bescheren und glauben würde sie ihm womöglich erst recht nicht. Wenigstens war es ihm gelungen, sie so aus der Verfassung zu bringen, dass sie aufgehört hatte zu weinen. Shinichi und Ran erschraken, als hinter ihnen erneut die Klingel der Haustür gedrückt wurde. Als der Schwarzhaarige die Tür ein zweites Mal öffnete, stand sein Nachbar hinter dieser, welchen er seit Kindertagen kannte. Professor Agasa trat ein, mit einer schlichten, aber dennoch freundlichen Begrüßung auf den Lippen. „Oh Ran, ich wusste nicht, dass du auch hier sein würdest.“, räusperte sich der alte Erfinder. „Ehrlich gesagt, wollte ich Shinichi etwas persönliches ausrichten.“ Der Oberschüler erinnerte sich, dass Agasa gestern bei der Wohnung Kisaki vorbeischauen sollte, um sowohl seine Unterstützung anzubieten als auch, um die Hose Kogoros samt Handy unauffällig in der Wäsche im Badezimmer zu deponieren. Das Onkelchen hätte bis dato hoffentlich nichts von seinem verschwundenen Hab und Gut gemerkt. Für Shinichi vermittelte die ungewohnt unruhige Haltung des Professor jedoch den Eindruck, dass er ihm mehr zu berichten hatte, als das er seine Aufgabe wie gebeten ausgeführt habe. „V-Verstehe, also wenn das so ist, dann werde ich wohl lieber wieder gehen. Entschuldige die Störung Shinichi.“ Das Fräulein mit den Karatekünsten verbeugte sich kleinlaut vor ihrem langjährigen Freund und auch vor dem Professor. Bevor sie aber die beiden, in ihrer neu aufkeimenden Traurigkeit, verlassen würde, hielt sie Agasa zurück. „Sekunde Ran. Das was ich zu überbringen habe, sollte womöglich auch dich interessieren. Bleibe also ruhig, wenn du möchtest.“ Ohne irgendwelche Worte er zwei Oberschüler abzuwarten, fischte der alte Erfinder einen Brief aus seiner Brusttasche. „Als ich gestern Abend dir und deinen Eltern einen Besuch abgestattet habe, um zu schauen wie es dir geht, wurde mir dieser Umschlag, beim Verlassen der Lobby, von eurem Hauswart übergeben. Er sagte er sei bei ihm hinterlegt worden und für eine Person bestimmt, die ich kennen und der ich diesen Brief überreichen sollte. Die Rede ist von dir Shinichi.“ „Was ich?“ Der Schwarzhaarige war ziemlich perplex darüber, dass jemand einen Brief an seinen Namen in Eris Wohnhaus abgegeben hatte.  Neugierig nahm er das verpackte und gefaltete Stück Papier entgegen. Die Augen Rans und Professor Agasas klebten an seinen Händen, als er den Brief langsam öffnete, um den Inhalt in Augenschein nehmen zu können. Stillschweigend las er die Botschaft für sich selbst durch. An Shinichi Kudo Wie sie bereits festgestellt haben sollten, weiß ich um ihre prekäre Lage. Sie ist mir keinesfalls verborgen geblieben. Es steht mir vielleicht nicht zu -trotz meines Wissens darüber- etwas Derartiges zu tun, doch ich habe mir die Freiheit genommen, eigenmächtig Schritte einzuleiten. Ich gestehe, dass ich schnell und instinktiv handeln musste, doch geschah dies in der Hoffnung, ihnen damit eine Hilfe gewesen zu sein. Wir beide wissen, dass Conan Edogawa nicht entführt wurde und wohlauf ist, jedoch nur eine Hand voll Leute davon Kenntnis besitzen dürfen. Was sie aber ebenfalls wissen sollten ist, dass ich auf ihrer Seite stehe. Falls sie schon einen Plan haben ihr Dilemma in den Griff zu bekommen und ich bin mir sicher dem ist so, dann würde ich mich dazu bereiterklären mit ihnen zu kooperieren, um ihr kleines Geheimnis auch weiterhin zu wahren. Außerdem kann ich mit Informationen dienlich sein, die Rei Furuya betreffen.  Keine Sorge, sie können mir ruhig vertrauen.  Auch wenn zurzeit die Grenze zwischen Freund und Feind immer mehr zu verwischen droht, so gibt es auch ferner Verbündete, auf die sie zählen können. Ich weiß sie sind vermutlich auf der Suche nach mir, aber probieren sie nicht mit mir Kontakt aufnehmen zu wollen. Das wird nicht nötig sein.  Ich weiß schon ganz genau, wo ich sie finden kann. Gruß V. Shinichi schwieg eine ganze Weile, als er den Brief wieder zusammenfaltete, in den dazugehörigen Umschlag steckte und in seiner Hosentasche verschwinden ließ. Er wurde von erwartungsvollen Blicken regelrecht überzogen. „Shinichi?“, fragten Ran und Professor Agasa im Chor. Ein schwaches, fast unscheinbares Lächeln zog über seine Lippen hinweg. Flüchtig, wie eine Welle, die an das Ufer gespült wird.  „Verstehe“, flüsterte der Oberschüler geheimnisvoll.  „Was verstehst du?“, folgte die synchrone Gegenfrage. „Mach dir keine Sorgen Ran. Ich habe endlich einen Anhaltspunkt gefunden. Schon bald werden Amuro und Conan wieder bei dir sein. Verlass dich auf mich!“ „Wirklich?“ Ran konnte den Sinneswandel Shinichis noch gar nicht so recht fassen, doch nickte dieser bedächtig. Kurz darauf waren Schritte im Obergeschoss zu hören. Schwere gemächliche Schritte, die wenig später die Treppe hinunterkamen. Der Schwarzhaarige drehte sich zum Aufgang um, als ein schwarz gekleideter Mann, die letzte Stiege hinter sich ließ.  Wortlos trat Shinichi beiseite, sodass Shuichi sich zu den anderen in den Flur gesellen konnte. Ran war noch überraschter als Professor Agasa und ihr Sandkastenfreund, den Agenten des FBI ausgerechnet in der Villa der Kudos erneut zu begegnen. Sie wischte sich grob die noch feuchten Augen trocken, doch hatte Akai diese bereits bemerkt. „Du musst wirklich damit aufhören, immer zu Weinen, wenn wir uns über den Weg laufen.“ Er schenkte ihr einen kurzen Augenkontakt. Sie musste sich zusammenreißen. Shinichi strahlte mit Knall und Fall eine solche Überzeugung und Zuversicht aus, da durfte sie daneben nicht länger wie ein Häufchen Elend wirken, besonders nicht vor ihm.  Sie linste zu Akai hinüber.  „Ich weine nicht.“, bestritt Ran das Offensichtlichste. Shuichi hatte genau mit einer solchen Reaktion von ihr gerechnet. Noch nie gab es die junge Mori zu, bei ihren bisherigen Begegnungen, geweint zu haben, auch wenn sie damit nicht einmal dem leichtgläubigsten Menschen auf der Welt etwas hätte vormachen können. Sie tat es auch viel weniger mit der Absicht, die Leute hinters Licht führen zu wollen, sondern viel mehr für sich selbst, um sich ins Gedächtnis zu rufen, wie stark sie sein konnte. Akai lächelte zufrieden. „Entschuldige, da habe ich mich wohl getäuscht.“, gestand der FBI-Agent, zur großen Überraschung Rans.  Auch wenn der beste Scharfschütze des FBIs es sich nicht anmerken ließ, so hatte er doch gehofft, Shinichi alleine anzutreffen. Immerhin war das, was er ihm zu berichten hatte, nicht für unbeteiligte Ohren bestimmt. Ran kam währenddessen allmählich dahinter, wieso der Mann, welchen sie zuletzt, im Beisein von Conan, aus der Telefonzelle treten sah, nun hier war. „Sie kennen Shinichi sicherlich von seiner Zeit, in der er mit dem FBI zusammengearbeitet hat.“, schlussfolgerte das Fräulein Mori.   „Helfen sie ihm bei seinen Ermittlungen?“ Akai schloss für eine Sekunde die Augen, ehe er sie wieder öffnete und seine grüne Pupillen einmal mehr auf Ran richtete. „Ja, kann man so sagen.“ Er ging auf Shinichi zu, um ihm etwas zuzuflüstern. „Ich weiß du fragst dich bestimmt, was ich hier mache. Die Wahrheit ist, ich muss mit dir etwas unter vier Augen besprechen.“ Mit ernster Miene versuchte der FBI-Agent die Dringlichkeit seines Anliegens zu untermauern. Der Oberschuldetektiv ahnte sofort, dass es äußerst wichtig sein musste.  „Professor…“ Er musste seine Bitte gar nicht näher formulieren, denn seinem alten Freund war bereits klar, worum er sich kümmern sollte. Agasa lud Ran auf eine Tasse Tee bei ihm Zuhause ein, was ein wenig plötzlich für das Fräulein kam, doch Shinichi fand es sei eine großartige Idee und bestand darauf. Es würde ihr helfen, wieder auf andere Gedanken zu kommen. „Alles wird gut Ran.“ >Lass all die Lasten auch einmal andere für dich tragen< Er legte ihr zum Abschied unterstützend eine Hand auf die Schulter. Sie konnte spüren, wie seine Wärme sie von innen heraus aufbaute und ihren Verdruss auflöste. Kaum waren Ran und Agasa zur Tür raus, war Shuichi der nächste, der sich nach draußen begeben wollte. „Hey, warte mal. Du wolltest mir doch etwas mitteilen?“ Akai sah nur flüchtig über seine Schulter, während er sich eine neue Zigarette in den Mund schob. „In der Tat, jedoch ist mir nach einem kleinen Spaziergang. Ich kann dir auch getrost unterwegs alles erzählen.“ Shinichi stolperte ihm etwas taktlos hinterher.  „Seit wann bist du eigentlich hier? Hat dich Shiho hereingelassen?“ Shuichi nickte stumm. „Sie ist auch schon über alles im Bilde. Lass uns also endlich gehen.“ „Oi Akai“ Shinichi hatte gerade mal eben genug Zeit sich Schuhe und Jacke zu greifen, da waren sie schon aus dem Haus. Die beiden jungen Männer liefen recht ziellos durch das Beika-Viertel, während der FBI-Agent über alle neuen Geschehnisse seiner Ermittlungen, einschließlich dem Treffen mit Midori Yamaguchi und der Begegnung mit Amuro Bericht erstattete. „Das ist nicht gut.“, bemerkte Shinichi an, als er alles, bis auf den letzten Tropfen, in sich aufgesogen hatte, wie ein Schwamm. „Nun wissen wir zwar, dass es Amuro gut geht und niemand ihn in seiner Gewalt hat, aber er scheint sich an rein gar nichts mehr zu erinnern. Wie kann das sein?“ Akai zuckte kaum merklich mit den Schultern, doch ihn schien eine Sache zu beschäftigen. „Ich wäre mir da nicht so sicher, dass ihn niemand in seiner Gewalt hat. Ich fragte bereits Shiho danach, ob eine Amnesie nach seinem Unfall in Betracht käme, aber es wäre auch denkbar, dass jemand nachgeholfen hat.“ Shinichi drehte seinen Kopf zu dem -neben ihm herlaufenden- Agenten. „Wie darf ich das verstehen?“ „Die Rede ist von einer künstlich herbeigeführten Amnesie.“ „Ist sowas denn möglich?“ Shuichi brummte etwas, dass man als >ja< deuten konnte.  „Es gibt bereits Mittel, die zu Gedächtnisstörungen führen können und auch wenn dies eher Nebenwirkungen sind, halte ich es nicht für Unmöglich, etwas dergleichen zu missbrauchen, um bewusst einen Verlust der Erinnerungen zu erzwingen.“ Er sah kurz zu dem Oberschüler, wie dieser ihn weiterhin anschaute, dann richtige er seinen Blick wieder nach vorne.  „Was mich besonders beunruhigt hat war, dass er mich mit meinem alten Codenamen angesprochen hat. Rye.“ Shinichi zuckte bei diesen Worten zusammen. „Außerdem sprach er einen Vorfall zu unserer gemeinsamen Zeit in der Organisation an. An seine Vergangenheit als Bourbon scheint er sich also nach wie vor erinnern zu können.“ „Besteht die Möglichkeit…“ Shinichi schluckte schwer. Er selbst wollte nicht daran glauben, doch diese Befürchtung ließ ihm keine Ruhe. „Besteht die Möglichkeit, dass sich Amuro nur noch daran erinnern kann, ein Teil der Männer in Schwarz gewesen zu sein?“ Er rechnete damit, dass Shuichi ihn überrascht ansehen würde, ihm klar machen würde, dass dies völlig absurd sei, doch der FBI-Agent reagierte derart gelassen, dass er denselben Gedanken ebenfalls schon gehegt haben musste. „Es ist nicht auszuschließen.“, antwortete er mit ruhiger Stimme, doch Shinichi erkannte ein unbekanntes Lodern in seinen sonst so starren grünen Augen.  „Darf ich dir eine wichtige und wirklich ernstgemeinte Frage stellen Akai?“ Der Agent bejahte mit einer einfachen Mimik.  „Glaubst du die Männer in Schwarz sind noch da draußen? Stecken sie hinter alldem? Von Amuros Verschwinden bis hin zur Explosion in der Detektei. Sind sie zurück und womöglich auf Rache aus?“ Wieder war Akais Reaktion, gegen Shinichis Erwartung hin, vollkommen beherrscht.  „Ehrlich gesagt vertrete ich inzwischen die Meinung, sie waren nie wirklich weg gewesen. Das FBI muss irgendetwas bei ihrer Säuberung übersehen haben. Zu viele unserer Gegner konnten nicht hundertprozentig für Tod erklärt werden. Sie verschwanden einfach von der Bildfläche und man begnügte sich mit der Vorstellung, sie seien für immer abgetaucht oder vielleicht doch gefallen.“ Shinichi hatte mit einer solchen Antwort gerechnet und ließ zerknirscht und frustriert den Kopf hängen. Also war es nie wirklich vorbei gewesen?  Sollten sich die letzten drei Monate als eine reine Wunschillusion entpuppen?  Waren denn alle ihre Opfer umsonst gewesen? „Das wird Shiho nicht gefallen.“, quetschte er zwischen seinen Zähnen hervor.  „Nein wird es nicht, doch es wird kein Weg daran vorbeiführen. Ich habe es ihr zwar noch nicht erzählt, aber es ist wichtig das sie Bescheid weiß und am besten ist es, wenn du es ihr beibringst Shinichi. Die Wahrscheinlichkeit für ein erneutes Auftauchen der Organisation ist höher denn je. Ich habe auch schon das FBI rund um Jodie informiert und ihr alle meine gesammelten Daten zukommen lassen. Sie sollten auf alles vorbereitet sein.“ „Das verstehe ich, doch mir wäre es am liebsten, wenn ich Shiho aus der ganzen Sache heraushalten könnte. Ich will ihr eine erneute Konfrontation mit ihren alten Ängsten nicht zumuten. Sie ist der festen Ansicht, wir hätten das alles hinter uns.“ „Shinichi“ Akai blieb stehen und griff den jungen Detektiv an der Schulter, damit auch dieser stehenblieb. „Ich weiß was dir Shiho bedeutet und ich bin froh, dass sie dich hat. Ich würde ihr Leben und ihr Wohl niemand anderen anvertrauen wollen als dir.“ Der Schwarzhaarige rang sich ein Lächeln ab. „Danke Shuichi“ „Aber versuche es nicht vor ihr geheim halten zu wollen, auch wenn es sie schwer treffen wird und das wird es. Dann musst du eben für sie da sein. Das ist immer noch besser, als sie in falscher Sicherheit zu wiegen, glaube mir.“ Die Beiden bogen nach links in eine breitere und belebtere Einkaufsstraße.  Entlang ihres Weges gab es mehrere kleine Geschäfte, Tagesrestaurants, aber auch Schnellimbisse die Yakisoba, Taiyaki oder andere Köstlichkeiten verkauften.  Es waren hauptsächlich bescheidene Läden in privater Hand. Nur wenige, wie einige Cafés, gehörten einer bekannten Kette an. Eigentlich war es ein eher ruhiges Treiben auf den Gehwegen, doch in regelmäßigen Abständen konnte man das laute Scheppern einer Baustelle hören.  Diese lag einige hundert Meter vor ihnen, bei der ein neues sechsstöckiges Parkhaus aus dem Boden gestampft wurde.  Bisher war nur der Rohbau vollständig abgeschlossen. Mehrere Planen und Gerüste verhinderten den Sturz aus einen der unfertigen Parkdecks.  Der Wind blies durch die Abdeckungen und ließ die unteren Enden, wie bei einem Vorhang, in der Luft schweben.  Für einen Wimpernschlag und für Shinichi und Shuichi nicht zu erkennen, blitzte zwischen zwei zusammen gehängten Planen das Zielvisier eines Gewehrs hervor.  Als die beiden Nichtsahnenden sich weiter näherten, begab eine längliche dunkle Gestalt mit schwarzer Kappe und Taktikbrille sich in Schussbereitschaft.  Leise wie eine Katze lud Korn seine M24 durch. Das Standard-Scharfschützengewehr der U.S Army. Ohne einen Mucks von sich zu geben starrte er durch den vierfachen Zoom auf sein Ziel, was immer weiter in Reichweite kam. Der Konzentrationsschweiß lief ihm das kantige schmale Kinn hinab, während er die Entfernung zählte. „900 Yards“ „Shinichi, versprich mir, dass du stets über Shiho wachen wirst.“, bat ihn Akai, als sie ihren Weg fortsetzten.  „Natürlich“, entgegnete dieser.  „800 Yards“ „Ich werde nicht für immer in ihrer Nähe sein können, um sie zu beschützen.“ „Du kannst dich auf mich verlassen Akai. Für mich gibt es keinen kostbareren Schatz als Shiho.“ „700 Yards“ Akai lächelte wohlwollend.  Man sah ihn selten mit solchen Zügen. „Ich sehe dir an, wie ernst es dir mit ihr ist. Wenn du irgendwann einmal beschließen solltest, dich für immer an Shiho binden zu wollen. Meinen Segen habt ihr zwei.“ Shinichi wurde ungemein rot. Ihm war klar, was der FBI-Agent damit andeutete. Doch was meinte er mit seinen Segen? Das klang ja schon fast so, als sei Shiho wie eine kleine Schwester für ihn. Der Oberschüler musste bei dem Gedanken lächeln.  Eigentlich eine schöne Vorstellung, wenn dem so wäre. Dann hätte Shiho außer ihn noch jemanden, den sie als eine Familie betrachten könnte. „600 Yards“ Korn drückte den Abzug durch und ein Schuss löste sich. Was danach zu hören war, waren die Aufschreie der Passanten. Kapitel 23: Blut ist dicker als Wasser -------------------------------------- Kapitel 23: Blut ist dicker als Wasser Akais Blut schoss in Strömen in die -von Shiho soeben angesetzte- Ampulle an seiner Armbeuge. Es war die fünfte Blutprobe für ihre Forschungen und natürlich hatte sie auch Shuichi davon erzählt und danach gefragt, ob er sich ebenfalls als Testperson zur Verfügung stellen würde. Der FBI-Agent war ganz erstaunt gewesen als Shiho beiläufig erwähnte, dass die Theorie, der sie hinterherjagte, gar nicht ihre eigene war, sondern Masumi sie überhaupt erst auf diese Idee gebracht hatte. Kaum zu glauben, dass ausgerechnet Akais kleine Schwester den Ausschlag dazu gab, dass die Rotblonde dieser Möglichkeit nun so ehrgeizig auf den Zahn fühlte. Auch Shuichi entging der Arbeitseifer der jungen Wissenschaftlerin nicht. „Du scheinst da ja an einer ziemlich großen Sache dran zu sein.“, bemerkte der FBI-Agent, als er sich seine Lederjacke wieder über den Arm strich und an der Ärmelspitze zurecht zupfte. Shiho hielt das kleine Fläschchen mit der roten Flüssigkeit kurz gegen das Lampenlicht, ehe es seinen Weg zu den anderen Proben fand. „Das wird sich noch zeigen, aber ich bin zuversichtlicher denn je Shuichi.“ „Das merkt man dir sofort an.“, registrierte Akai ihren Optimismus mit Wohlwollen. Die daraus resultierende Erkenntnis, dass es ihr derzeit wirklich gut zu gingen schien, sorgte für ein Lächeln seinerseits, welches sich aber schnell zu einem eindringlichen und auch etwas nachdenklichen Blick verhärtete. „Ich hätte mich schon viel früher mehr um dich und Akemi Sorgen sollen. Es war meine Verpflichtung, nein, eigentlich sogar meine Bestimmung gewesen, euch zu beschützen, doch habe ich dies leider viel zu spät bemerkt. Nichts wäre so gekommen, wenn ich damals schon das gewusst hätte, was ich heute weiß.“ Ein Blitzen zuckte über seine stechend grünen Augen hinweg. „Ich hoffe du kannst mir verzeihen.“ Die Rotblonde trafen seine Worte ziemlich unvorbereitet. Sie stockte in ihrer Arbeit, die sie bisher nebenbei ausgeführt hatte. Beinahe wäre ihr sogar der Stift aus der Hand geglitten. So verblüfft war sie und auch ein wenig überfordert mit seinem plötzlichem Benehmen. Es war komisch. Sie konnte es in keine ihm typische Schublade stecken. Wie kam er eigentlich dazu, auf einmal etwas dergleichen zur Sprache zu bringen und was meinte er überhaupt damit? „Du verhältst dich irgendwie merkwürdig Shuichi. Ist alles in Ordnung?“ Sein dringlicher Blick war, durch ihre sorgenvolle Anteilnahme, nun mehr wie weggefegt. „Mach dir keine Gedanken um mich.“, beteuerte er abgeklärt und wechselte prompt das Thema. „Du bist mir von vorhin übrigens noch eine Antwort schuldig. Dafür, dass du mich mit deiner kleinen Nadel stechen durftest.“ Er deutete auf die Spritze auf einem Tablett neben ihrem Computer. „Sag, was hältst du an und für sich von der Möglichkeit, Amuro könnte eine Amnesie hervorrufende Substanz verabreicht bekommen haben.“ Shiho entsann sich an diese Frage und schüttelte ihre Hirngespinste bezüglich Akais flüchtigen Moment des geheimnisvollen Verhaltens ab. Konzentrierte sie sich doch lieber wieder auf die Wissenschaft. Ihr jahrelanger und treuer Begleiter. „Also, ich müsste natürlich zuerst einige Untersuchungen anstellen, um genaueres Sagen zu können, aber…“ Ihr Gesicht garnierte ein liebliches Schmunzeln. „Bekanntlich ist nichts unmöglich.“, verkündete sie mit einem Zwinkern und erhobenen Zeigefinger. „Vielleicht helfen dir ja die Daten aus dem sichergestellten Forschungsbestand der Organisation weiter.“, schlug der Agent mit der schwarzen Skimütze vor. Er fasste sich dabei reflexartig an seine Brusttasche, da er den Drang verspürte sich eine Zigarette anzuzünden. Nur kurz betastete er das rechteckige Päckchen unter dem dunklen Leder, ehe er seine Hand wieder herunternahm. Er wusste doch, was Shiho vom Rauchen hielt und das sie es nicht leiden konnte, wenn dies jemand in ihrer Nähe tat, vor allem in ihrem Labor. „Stimmt, die Daten der Organisation. Die hatte ich ganz vergessen. Seit unserer Rückverwandlung kam ich nicht mehr dazu die -vom FBI freigegebenen- Dokumente durchzuarbeiten.“ Shiho begann zu Zögern und sah mit einem ernsten Gesicht zu Shuichi. Ihr Mund wurde auf einen Schlag furchtbar trocken und ihr Hals kratzig. „Du willst mir doch nicht sagen, dass…“ Shuichi vollführte eine abwinkende Handbewegung. „Ich wollte nichts dergleichen andeuten. Dazu wäre es noch zu früh, doch wenn es ein solches Mittel geben sollte, dann wird die Organisation mit Sicherheit etwas darüber in Erfahrung gebracht und vielleicht sogar selbst damit experimentiert haben. Meinst du nicht auch?“ „Mir gefällt nicht, wohin sich das alles entwickelt Shuichi.“, gab Shiho mit einem deutlich wahrzunehmenden Unbehagen in der Stimme zu bedenken. Sie besaß keine Hemmungen mehr, ihm ihre Sorgen frei raus mitzuteilen. Akai ging auf sie zu und legte ihr beide Hände auf die Schultern. Noch so ein Verhalten, dass nicht gerade in das Bild des kühlen und distanzierten FBI-Agenten passte. Vielmehr war dies eine vertraute Geste, wie die Rotblonde sie nur allzu gut von Shinichi her kannte. „Ich kann mir vorstellen, wie du dich fühlst.“, fing er an. „Du musst mir Versprechen stark zu sein. Egal was sich am Ende als richtig oder falsch herausstellt, Shinichi wird dich brauchen, dass Rätsel zu lüften. DU bist sein Wegweiser. Das Licht in der Dunkelheit. Der Kompass, der ihn zur Wahrheit führt. Ihr seid ein Team, zwei Individuen die bedingungslos aufeinander zählen und vertrauen können. Vergiss das nie Shiho.“ „G-Geht es dir wirklich gut Shuichi?“ Shiho hatte Probleme damit ihre Worte herauszubringen. Ihr verschlug es buchstäblich die Sprache. Unsicher huschten ihre Augen über sein Antlitz, als versuchte sie ihn zu durchleuchten. Der Agent blieb ganz bei der Sache, doch rang er sich dennoch zu einem schwachen Lächeln. „Ihr werdet einander mehr denn je brauchen.“ Nun stand es fest. Egal ob er es bestritt, Shuichi benahm sich heute anders als sonst. Es war fast so, als hätte er etwas erfahren, was einfach alles verändert hat, woran er bisher geglaubt zu haben schien. Sie sahen sich eine Weile einfach nur schweigend an. Alles andere wurde zur Nebensächlichkeit. Es klingelte unten an der Tür, was die beiden, nach kurzer Zeit, wieder aus diesem Zustand löste. Schnelle Schritte eilten aus einen der anliegenden Zimmer hinunter zum Eingang. Shuichi war danach der Erste, der beschloss, sich nicht länger wortlos gegenüber zu sitzen. „Ich werde mich am besten daran machen, Shinichi ebenfalls in alles Einzuweihen. Außerdem will ich dich nicht weiter von der Arbeit abhalten. Ich bin mir sicher, du hast noch eine Menge zu tun.“ Er stand auf und wandte sich von Shiho ab, um den Raum zu verlassen. „Shuichi warte.“ Der Agent blieb, beim weichen Klang ihrer Stimme, stehen und wollte seinen Kopf in ihre Richtung drehen, da spürte er, wie zwei Arme sich um seinen Bauch schlangen und Shiho ihr Gesicht in seinem Rücken vergrub. Für einen Moment war Akai wie gelähmt. Auf die gleiche Weise hatte ihn einst Akemi umarmt, als er sich von ihr verabschiedet hat, um zum FBI zurückzukehren. Auch wenn sie damals noch nicht wusste, wohin er wollte, so hatte sie nicht die Absicht verfolgt ihn gehen zu lassen. Sie fürchtete es könnte ein Abschied für immer sein und das machte es dem damaligen Undercoveragenten nur umso schwerer, sie zu verlassen. Jahre danach stand Shuichi nun einmal mehr, in einer erschreckend ähnlichen Situation. „Shuichi“, flüsterte Shiho, ihren Griff um den Mann verstärkend. „Du trägst nicht die Schuld an ihrem Tod.“ Er riss die Augen auf. Die junge Wissenschaftlerin sprach weiter. „Ich weiß, ich habe dir einst Vorwürfe gemacht. Doch inzwischen ist mir klar geworden, dass keiner von uns es hätte verhindern können. Dir ist hoffentlich klar, dass ich dir schon vor einiger Zeit vergeben habe.“ Akai schwieg. Sein Blick fiel zu Boden. Von seinem Versuch sich von ihrer Schwester zu lösen, ließ er ab. „Falls du aber noch Zweifel haben solltest, dann lass mich dir eines sagen. Es ist nicht deine Schuld und das was…“ Shiho brach mitten im Satz ab, als sich Shuichi zu ihr umdrehte und sie in seine Arme schloss. Seine Atmung war ganz ruhig und tätschelte beruhigend das rotblonde Haupt der jüngeren Frau. Shiho machte ihre Augen zu und lehnte sich an seine Brust. Er war seine Form ihr zu sagen, dass er verstanden hatte und dass er dankbar dafür war. Danach verließ Akai das Labor, blieb hinter Tür aber noch einen Augenblick stehen. Auch wenn Shiho ihm vergeben hatte, so sagte er einst zu Shinichi, dass er sich selbst niemals vergeben könnte. Das Blut in seinen und in Akemis Adern, machte es ihm unmöglich zu vergessen. „Du wirst es demnächst auch alleine herausfinden Shiho. Mich selbst macht es traurig, aber auch überaus glücklich zugleich, es erfahren zu haben.“ Er starrte auf sein Handy mit der offenen Nachricht Masumis. Es war nicht wirklich eine SMS seiner Schwester, sondern nur über ihr Telefon verschickt worden. „Doch warum erst jetzt und ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt Mutter.“, flüsterte der FBI-Agent. „Warum hast du es solange vor mir geheim gehalten? Dachtest du ich könnte die Wahrheit nicht verkraften oder wolltest du unsere Familie nur beschützen? Oder trifft vielleicht sogar beides zu?“ Akai hörte eine aufgebrachte weibliche Stimme aus dem Hausflur im Erdgeschoss. Mit einer schnellen Bewegung war das kleine flache Gerät in seiner Hosentasche verschwunden und er trat den Weg zur Treppe an. Der Schuss hallte über die gesamte Ladenstraße und löste eine regelrechte Massenpanik aus. Er kam wie aus dem Nichts und traf die beiden jungen Männer, die sich bis eben noch unterhalten haben, wie ein Blitz. Alles ging so schnell, dass Shinichi außerstande war etwas zu unternehmen. Die Zeit schien sich zu verlangsamen. Er konnte nur noch mit weit aufgerissenen Augen mit ansehen, wie Shuichi in einem Zeitraffer neben ihm zu Boden fiel. Getroffen und wie es aussah schwer verwundet. „AKAI“, schrie der Schwarzhaarige und war für den Bruchteil einer Sekunde wie gelähmt. Sein verzweifelter Ruf ging in der tosenden Menge unter. Es herrschte ein heilloses Chaos. Niemand der Passanten nahm von dem angeschossen Agenten Notiz. Alle schrien durcheinander, liefen kreuz und quer, warfen sich gegenseitig über den Haufen und versuchten ihre eigene Haut zu retten. Als Shinichi Akai zur Hilfe eilen wollte, wurde auch er von mehreren flüchtenden Leuten angerempelt, die allesamt verängstig in alle Himmelsrichtungen starrten und ihn gar nicht beachteten. Er stürzte zu Boden und schlug sich den Kopf am harten Asphalt auf. Sofort bahnte sich etwas Nasses seinen Weg durch seine Haare. Ein stechender Schmerz durchzog seinen Schädel. Die Bilder vor seinen Augen drohten zu verwischen. Die Schreie verebbten an seinem Ohr. Er sah zu Shuichi, welcher mit blutverschmierten Händen, wie ein erlegtes Reh, einfach nur da lag und einen Arm nach ihm ausstreckte. „Akai“ Wie benebelt wisperte Shinichi erneut seinen Namen. Die Kaffeetasse löste sich aus ihrem Griff und schlug auf dem Fußboden auf. Sie zerschellte mit einem lauten Klirren. Die Scherben verteilten sich auf dem Teppich, ebenso wie das heiße braune Getränk, welches sie sich gerade erst eingegossen hatte. Die Pfütze breitete sich zu ihren Füßen aus, doch Shiho registrierte dies in keinster Weise. Alles hatte sich in ihr verkrampft und sie war unfähig sich zu bewegen. Wie festgefahren hing ihr Augenmerk auf den Testergebnissen von Akai. 12,5 Prozent seiner Erbinformationen stimmten mit ihrer eigenen DNA überein. Das gleiche galt für das Blut von Masumi. Sie hatte es überprüft, mindestens zehn- wenn nicht sogar zwanzigmal, mit der festen Überzeugung sie müsse einen Fehler gemacht haben, doch das Ergebnis blieb stets dasselbe. Die junge Wissenschaftlerin fiel vor dem Bildschirm auf die Knie. War das ein schlechter Scherz oder träumte sie etwa? Das konnte doch unmöglich real sein. „D-Das k-kann nicht sein.“, stammelte sie. Ihr Mund war ganz trocken und ihre Lippen spröde. Ihr gesamter Hals fühlte sich wie ausgedörrt an. Hat Akai davon gewusst? Er und Akemi hatten sich geliebt und das obwohl sie ihn Wahrheit… Shihos Hände zitterten. Ein kalter Schauer überzog ihren Körper. In ihrem Kopf hämmerte es. „Shuichi“ Sie verließ hektisch ihr Labor und suchte in der gesamten Villa Kudo nach dem FBI-Agenten, doch war er nicht aufzufinden, niemand. Das Haus war leer. Sowohl er als auch Shinichi waren nicht mehr da. „Wo sind sie hin?“ Shiho kam eine Idee und so eilte sie in ihr und Shinichis Schlafzimmer. Sie suchte die Ersatzradarbrille ihres Freundes und fand sie auch kurz darauf. Schnell schaltete sie sie ein. Ein leuchtender Punkt über GPS verriet ihr die Position des Oberschuldetektivs, der seine Hauptbrille, der vorsichtshalber, immer heimlich bei sich trug. Man konnte schließlich nie wissen. Da Shuichi eigentlich von Anfang an zu ihnen kam, um mit ihm zu reden, wird er sicherlich bei ihm sein, so zumindest Shihos Hoffnung. Sie studierte die Karte genauer. Sie kannte die Gegend, in der sie sich befanden. Eine Einkaufsstraße ganz in der Nähe ihres Viertels. Flink warf Shiho ihren weißen Laborkittel beiseite und griff sich stattdessen einen langen dünnen Mantel aus dem Kleiderschrank. Mit ihrem Zweitschlüssel zur Villa in der Tasche, eilte sie wieder in den Flur. Hastig versuchte sie die unsäglichen Stufen auf der Treppe hinter sich zu lassen. Jedoch war sie nicht wirklich bei der Sache. Ihre Gedanken überschlugen sich dabei und sie achtete nicht darauf wo sie hintrat. Für den Moment fühlte es sich wie Schwerelosigkeit an, als sie den Halt verlor. Shiho rutschte auf ihren Pantoffeln aus und stürzte auf halber Länge. Ihr gelang es nicht mehr sich festzuhalten und so fiel sie mit einem lauten Poltern den Rest der Treppe hinunter. Zusammengekauert und ziemlich ramponiert, blieb die Rotblonde am Fuße dieser liegen. Die Brille, die sie sich auf die Nase gesetzt hatte, lag zerbrochen neben ihr. Shiho liefen die Tränen über die Wangen. Es war nicht der Schmerz des Sturzes, der ihr zu schaffen machte. Viel mehr litt sie unter der Vorstellung, wie alles Bisherige wohl verlaufen wäre, wenn sie eher davon Kenntnis gehabt hätte. >Nichts wäre so gekommen, wenn ich damals schon das gewusst hätte, was ich heute weiß< Shuichis Worte hallten in ihrem Kopf wider. Das meinte er also damit. Auf dem kalten Holzboden, auf dem sie lag, begriff Shiho endlich, was der Grund für sein Verhalten gewesen war. Auch er musste auf die harte Tour erfahren haben, dass sie beide Cousin und Cousine waren. Sie konnte sich allerdings immer noch nicht erklären, wie das möglich war. Sie dachte sie wäre allein und das niemand aus ihrer Familie mehr Leben würde. Sie hatte auch immer geglaubt ihre Eltern wären Einzelkinder. Nie war die Rede davon gewesen, dass sie Verwandtschaft hätte. Solange hat sie sich allein gefühlt und jetzt… Sie musste Shuichi finden. Das duldete einfach keinen Aufschub. Sie musste mit Akai einfach darüber sprechen. Sie wollte Antworten oder eine Erklärung, irgendetwas. Mühselig rappelte sich Shiho wieder hoch. Da die Radarbrille bei ihrem Sturz zerstört wurde, durfte sie nun keine Zeit verlieren und musste darauf vertrauen, dass sie Shuichi und Shinichi bei ihrem Weg zu ihrer letzten bekannten Position schon finden würde. Die junge Frau befühlte ihr Gesicht und ihrem Arme. Einige Stellen gaben eine schmerzliche Antwort darauf. Sie hatte sich auf die Zunge gebissen. Der Geschmack von Eisen lag in ihrem Mund. Sie müsste bestimmt ziemlich in Mitleidenschaft gezogen aussehen, doch spielte das keine Rolle. Ohne sich um ihr Äußeres zu scheren verließ sie das Anwesen, ungefähr die Ahnung habend, in welche Richtung sie musste. Shinichi gelang es die ausgestreckte Hand von Akai zu ergreifen und somit wieder auf die Beine zu kommen. Er packte dem FBI-Agenten unter die Arme und versuchte mit dem Aufgebot all seiner Kraft, seinen schweren Körper aus der möglichen Schusslinie des Schützen zu bekommen. Der Rückstoß war so enorm gewesen, dass es selbst einen stämmigen Kerl wie Shuichi nach hinten gerissen hatte. Ein frontaler Treffer mit solch einer Wucht… alles andere als ein Scharfschütze kam für den jungen Detektiv hierbei nicht in Frage. Nur mit größter Not gelang es Shinichi, Akai hinter einen großen Müllcontainer zu zerren. Das nächste was er unternahm, war Polizei und Krankenwagen zu verständigen. Shuichi keuchte und spuckte Blut, während der ehemalige Oberschüler am Handy zur Eile aufforderte und anschließend auflegte. Allmählich fand eine unheimliche Stille Einzug. Die bis eben noch so lebhafte Einkaufsstraße wirkte nun wie ausgestorben. Shinichi beugte sich zu seinem Freund vom FBI hinunter, um seinen Zustand zu begutachten. Sein schwarzes Hemd war getränkt mit der roten klebrigen Flüssigkeit, die durch die Schusswunde hinausströmte. Er konnte nicht sehen wo es ihn getroffen hatte, doch er besaß eine böse Vorahnung, wer dafür die Verantwortung trug. Schon einmal hatte er eine offene Hinrichtung durch einen Präzisionsschützen, ähnlich ihrer derzeitigen Situation miterlebt. Die Tötung des Bombenlegers der Detektei. Der Mann, der die Befehle einer Vereinigung befolgte, die über seine wahre Identität als Shinichi Kudo Bescheid wusste und die über ihre eigenen Leichen ging, um das zu erreichen, wonach sie her waren. Sollte es sich hierbei tatsächlich um die Schwarze Organisation handeln? Was ist, wenn der Schuss womöglich ihm gelten sollte? Shuichi riss sich das Hemd auf, um die Einschussstelle zu untersuchen. Das Blut floss in unregelmäßigen Schüben aus dem unteren Teil seiner linken Brust. Er befühlte den Bereich rund um den Treffer, was ihm einen unterdrückten Schmerzenslaut entlockte. Die Kugel schien nicht glatt durchgegangen zu sein, sondern hatte eine seiner Rippen erwischt. Das Geschoss war dadurch beim Aufprall zersplittert und hinten nicht wieder ausgetreten. Es ließ sich unmöglich genau sagen, wie schwer die einzelnen Fragmente sein Inneres verletzt hatten. „Da hat es mich wohl ziemlich übel erwischt.“, schnaufte Akai, wie nach einem Marathonlauf. „So hatte ich mir meinen freien Tag eigentlich nicht vorgestellt.“ Ein Blutrinnsal lief aus dem Winkel seines Mundes herab, welches er sich schnell mit dem Ärmel seiner Jacke wegwischte. Shinichi wusste, dass seine Verletzung sehr ernst war, doch waren sie immer noch keineswegs aus der Gefahrenzone. Er wollte hinter ihrem Versteck hervorspähen, wurde allerdings von Akai daran gehindert. „N-Nicht, dass ist zu riskant.“, warnte er ihn. „Es gibt nur eine mögliche Position, von wo aus der Schütze geschossen haben könnte.“, erklärte der beste Sniper des FBIs mit beunruhigend blass gewordenem Gesicht. „Die Baustelle des Parkhauses. Dort muss er sein.“, schlussfolgerte Shinichi. Er kaum merkliches Nicken als Bestätigung folgte. Akai zog seine 9mm Pistole aus dem Hosenbund. Ein spöttisches Lachen wurde schnell durch einen schweren Husten unterbunden. Erneut tröpfelte Blut aus seinem Mund, was auf innere Blutungen schlussfolgern ließ. „Damit werde ich wohl kaum das Feuer erwidern können.“, beschwerte er sich über sein mickriges Kaliber, dass ihm zur Verfügung stand. Shinichi betrachtete die Handfeuerwaffe, die viel mehr in Shuichis Hand lag, als dass er sie hielt. Selbst wenn er seine Arctic Warfare bei sich hätte, könnte er sie wohl kaum benutzen. Nicht in dieser Verfassung. „Ich muss irgendwie näher an den Kerl herankommen.“, murmelte der Schwarzhaarige. „B-Bist du verrückt geworden Shinichi? Das Parkhaus ist nicht mehr als 600 Yards entfernt und auf offener Straße bist du ein leichtes Ziel auf dieser Entfernung.“ „Ich habe gewiss nicht vor, mich auf dem Silbertablett zu präsentieren und erschießen zu lassen, doch können wir die Gefahr nur eindämmen, wenn ich es mir gelingt, mich an den Schützen heranzuschleichen. Er wird bestimmt nicht verschwinden, ehe er sich sicher ist, dass sein Ziel eliminiert wurde. Egal auf wen von uns beiden er es nun wirklich abgesehen hat. Solange er sich für unantastbar hält, wird es sich nicht vom Fleck rühren.“ „Mit Verlaub, dass ist eine ziemlich dumme Idee.“, kritisierte ihn Akai, der versuchte aufzustehen, doch gelang es ihm nicht, da sein Körper weit vorher dagegen rebellierte. Shinichi half ihm dabei sich gerade hinzusetzen und ließ sich Anweisungen für einen provisorischen Verband aus Stofffetzen geben, welchen er um die Wunde legte und so gut es ging festzog. Die Verwünschungen die Akai dabei ausstieß, ließen ihn hoffen, dass er alles richtig gemacht hat. „W-Wir sollten das lieber aussitzen. Die Polizei wird sicherlich bald da sein.“, schlug Shuichi vor. „Genau das ist das Zeitfenster, welches wir nicht überschreiten dürfen.“, widersprach ihm Shinichi. „Sobald die Kavallerie anrückt, wird der Schütze verduften. Die Polizei wird ihn niemals rechtzeitig erwischen und ich will nicht, dass mir noch einer von ihnen durch die Lappen geht. Vor allem nicht jemand, der es wagt auf meine Freunde zu schießen.“ Akai musste sich eingestehen, dass an den Worten des Oberschülers durchaus etwas Wahres und Verständliches dran war. „Ich schätze, ich werde dich nicht aufhalten können, selbst wenn ich wollte.“, hüstelte Akai und übte weiterhin zusätzlichen Druck auf seine Wunde aus. Shinichi hat sein bestes unternommen ihm, so gut wie möglich, Erste Hilfe zu leisten, doch war er lange nicht so gut darin, wie Shiho. Fast schon wünschte er sich, dass sie hier wäre und doch war er froh, dass dies nicht der Fall war. „Also schön Herr Detektiv.“, gab sich Akai, nach knapp bemessener Bedenkzeit, geschlagen. Jetzt lange Diskussionen führen zu wollen, war in seinem Zustand sicherlich keine gute Idee und auch er wollte natürlich nicht, dass seinem Peiniger die Flucht gelingen würde. „H-Hast du denn einen Plan, wie du dich unbemerkt dem Parkhaus nähern willst. Immerhin gibt es nirgendwo Deckung und der Scharfschütze wird unser kleines Versteck sicherlich nicht aus den Augen lassen.“ „Na das hoffe ich doch, denn dann wird er nämlich gleich ziemlich dumm aus der Wäsche gucken.“, gab sich Shinichi kämpferisch und ballte die Faust. „W-Was hast du vor?“ „Ich werde einen Ball in die Luft schießen. Er ist eine Spezialanfertigung vom Professor und endet in einem riesigen grellen Feuerwerk. Dem Kerl sollten also kurzzeitig die Augen ausfallen.“ In Shuichis Kopf begann es zu arbeiten. „Ist das nicht die Erfindung, die du auch am Bell Tree Tower und in der Adventure World eingesetzt hast?“ „Genau“, bestätigte Shinichi. „Beide Male erzielte diese Taktik ihre gewünschte Wirkung. Durch das Licht und die vielen Farben sollte also der Schütze für mehrere Sekunden geblendet sein. Genug Zeit, damit ich bis zum Parkhaus rennen kann.“ Trotz der Verletzung und den einhergehenden Schmerzen konnte Akai ein Lächeln aufbringen. „Du steckst wirklich voller Überraschungen.“, musste dieser neidlos anerkennen. „Nimm aber wenigstens die hier mit.“ Shuichi drückte ihm seine Pistole in die Hand. „Damit kannst du mehr anfangen als ich. Aber sei vorsichtig. Sie ist nur dazu da, um dich im Notfall schützen können.“ Shinichi nickte und nahm ehrfürchtig die Waffe entgegen. Schon lange hatte er den Griff und das Gewicht einer Pistole nicht mehr in seinen Händen gespürt. Ein Gefühl, dass er nicht vermisst hat. „Hältst du solange hier durch Akai, bis der Krankenwagen da ist?“ Obwohl Shinichi so überzeugt davon war, es mit ihrem Kontrahenten aufzunehmen, war er sich unsicher, ob er Shuichi wirklich alleine lassen soll. Der FBI-Agent war jedoch der letzte auf diesem Planeten, der darauf bestanden hätte, dass er bei ihm bleibt und Händchen hält. „Mach dir um mich keine Sorgen. Ich habe schon schlimmeres überstanden. Hinter dem Container bin ich sicher und du kannst ohnehin nicht mehr für mich tun.“ „Okay. Ich versuche aber so schnell es geht zurückzukommen. Keine Sorge Akai, es wird alles gut werden. Du wirst schon sehen.“ Shinichi bereitete sich vor mit seiner Ablenkung zu beginnen. „Warte“, bat ihn Akai sich noch eine Sekunde zu gedulden. „Es gibt noch eine Sache, die ich dir erzählen muss, bevor du gehst.“ Shuichi packte den Kopf des Oberschülers und zog dessen Ohr ganz nah an seinen Mund heran. Er flüsterte ihm etwas zu und anhand von Shinichis Gesichtsausdruck ließ sich ablesen, dass nun auch das letzte Puzzlestück haargenau ins Bild passte. Kapitel 24: Balanceakt ---------------------- Kapitel 24: Balanceakt Der Oberschüler griff sich an seinen Gürtel. Den Mechanismus zum Aufblasen des Balls dabei unter dem Profil seines Daumens spürend. Eine Sache hatte er nicht bedacht, doch stellte dies kein unlösbares Problem dar. Er konnte zwar nicht die Power-Kick-Boots für diesen Schuss verwenden, doch war er dafür ja kein Kind mehr und verfügte über genügend eigene Kraft, den Ball so weit wie möglich in die Luft zu befördern. Es zischte kurz, als sich das flexible Material binnen eines Wimpernschlags zur vollen Größe ausdehnte. Shinichi ließ den aufblasbaren Ball aus dem Gürtel springen und kickte diesen, mit einen Rückzieher, über den Container in Richtung der Baustelle. Durch sein Visier verfolgte Korn den Flug des Balls. Er wusste zwar nicht, wo dieser auf einmal herkam, war sich aber sicher, dass das kreisrunde Leder kaum eine Bedrohung für ihn darstellen konnte. Somit rechnete der Mann aus der Organisation nicht mit dem plötzlich folgenden lauten Knall und dem weißen gleisenden Licht, dass ihm von jetzt auf gleich die Sicht raubte. Es leuchtete mit einer solchen Intensität, dass Korn gezwungen war wegzusehen. Seine Augen waren einem solchen Reiz ausgesetzt, die die Netzhaut nicht vertragen konnte. „Was zum Teufel ist das?“ Korn formte seine Augen zu Schlitze, um gegen den bunten Feuerball am Himmel sehen zu können. Es dauerte dennoch bis zum Niederregnen der letzten Funken, bis er wieder ungehindert die Straße unter sich erkennen konnte. Schnell stemmte er wieder sein Gewehr gegen die Schulter und richtige das Fadenkreuz auf den Container. Niemand war zu sehen. Korn konnte auf einmal nicht mehr mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, ob die beiden sich noch dahinter versteckten oder nicht. Er schluckte schwer und wischte sich grob den aufkommenden Schweiß von der Stirn. Was nun? Er stand unter Zugzwang. Die Zeit arbeitete gegen ihn. Sein Schuss wurde durch eine schnelle letzte Bewegung seines Ziels verfälscht und verfehlte das Herz. Dennoch war er davon überzeugt Shuichi Akai schwer genug erwischt zu haben, dass jede Hilfe für ihn zu spät kommen würde. Wie also weiter verfahren? Die Mission abbrechen, für beendet erklären oder doch auf Nummer sicher gehen? Es würde nicht mehr lange dauern bis die Ordnungshüter aus dem Polizeihauptquartier hier eintreffen würden. Vermutlich begannen sie schon das Areal in einem größeren Umkreis abzuriegeln. Eins war glasklar: Falls Korn sich Irren sollte, würde Cognac sicherlich mit ihm kurzen Prozess machen. Gegenüber Mitgliedern seiner neuen Organisation, die bei ihren Aufträgen versagten, besaß er nicht das geringste Mitleid. Wenn der FBI-Agent also nicht wie befohlen sterben sollte, würde er dafür an seine Stelle treten und erschossen werden. Korn knetete mit einer Hand seinen Nacken, um die Anspannung in seinem steif gewordenen Hals zu bekämpfen. Wie sollte er vorgehen? Er zuckte auf, als für einen kurzen Moment die Reflexion eines Spiegels über dem stählernen Müllcontainer hervorblitzte. Sofort setzte Korn einen zweiten Schuss und durchschlug die provisorische Spähvorrichtung Akais, bestehend aus einem -dem Schrott entnommenen- abgebrochenen und verrosteten Rückspiegel eines Mopeds. Er wollte überprüfen, ob ihr Schütze immer noch an Ort und Stelle war und falls ja sicherstellen, dass sein Interesse an seiner Beute gewahrt blieb. Es war eine stumme Botschaft, wie um zu sagen: Sieh her, ich bin noch quietschfidel und bereit dir den Tag zu vermiesen. Doch auch wenn Akais Motiv mehr als ersichtlich war, so biss Korn dennoch an. >Gut, er hat sich also nicht vom Fleck bewegt<, stellte dieser erleichtert fest. >Wie sollte er auch bei einer solch starken Verletzung. Vermutlich kann er nicht einmal mehr alleine stehen. Selbst mit dem Jungen, der bei ihm ist, wäre das kaum zu bewerkstelligen. Sie können nirgendwo hin und sein Zustand müsste sich zunehmend verschlechtern< Korn war sich absolut sicher, dass er alle Asse in der Hand hielt und tatsächlich befand sich Shuichi in keiner wirklich guten Verfassung. Er glühte förmlich und spürte wie der noch andauernde Blutverlust seine letzten Reserven aufbrauchte. Allerdings konnte er nun mit Sicherheit sagen, dass derjenige, der es auf sie abgesehen hatte, weiterhin in seinem Versteck auf der Lauer lag. Auch Shinichi, der bereits unterhalb des Parkhauses im toten Winkel Korns angekommen war, konnte sich dessen nun absolut sicher sein. >Sehr gut. Er hat angebissen<, stellte der Schwarzhaarige zufrieden fest, nachdem der zweite Schuss gefallen war. Shinichi betrat die nur bescheiden abgesperrte Baustelle. Sie war zwar komplett eingezäunt, doch konnte sich der Oberschüler problemlos zwischen zwei der aufgestellten Bauzäune hindurchzwängen. Mit etwas Kraftaufwand schuf er eine schmale Lücke und schob sich durch diese auf das Gelände. Über eine Seitentür, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr war als eine simple Öffnung in der Wand, kam er in das unfertige Treppenhaus. In der Luft lag der Geruch von Zement und Kalk. Die Wände bestanden aus reinem Sichtbeton und in einer Ecke neben dem Fahrstuhlschacht lagen noch Säcke mit Mörtel, sowie einige Werkzeuge und Eimer mit weißer Farbe, auf einem schmalen staubigen Holztisch verteilt. Shinichi spähte in den Schacht hinein, durch den er bis ganz nach oben sehen konnte. Im letzten Obergeschoss hätte man zweifelsohne die beste Position und die am wenigsten eingeschränkte Sicht, um sie auf der Straße unter Beschuss zu nehmen. Er erklomm die Stufen aufwärts, wobei er stets zwei mit einem Schritt bewältigte. Er musste so schnell wie möglich ganz nach oben. Eine anspruchsvolle Aufgabe gegenüber seiner Kondition, sechs Etagen auf diese Weise hinaufzusteigen, doch dem jungen Detektiv hielt dies nicht auf. Sein Wille war unumstößlich. Als in der letzten Etage ankam, versteckte sich Shinichi als erstes hinter einen der Deckstützen. Leise klackte es, als er das Visier seines Narkosechronometers aufklappte. Es war unheimlich still auf der sechsten Parkebene. Nur der Wind pfiff durch die noch offenen Sektionen und die Planen der Außenbefestigungen raschelten vor sich hin. Vorsichtig lugte Shinichi zuerst links und dann rechts an der Stütze vorbei. Niemand war zu sehen. Er wagte sich aus der Deckung und setzte einen bedachten Schritt nach dem anderen. Einen halben Meter über seinen Kopf verlief die Gebäudetechnik des Parkhauses. Stromleitungen für die Deckenbeleuchtung, aber auch die Lüftungsanlage und die Feuermelder waren schon installiert worden. Shinichis Blick fiel auf eine Palette mit aufgeschichteten Steinen darauf. Sie stand nahe an der Außenwand, die in gleichmäßigen Abständen, durch die -mit Planen abgedeckten- großzügigen und bodentiefen Öffnungen gespickt war. Das wäre der ideale Punkt, um seinen Blick nach draußen zu richten und dabei gleichzeitig nicht vom Treppenhaus her einsehbar zu sein. Eine wohlüberlegte Absicherung im Falle eines Hinterhalts. Präzisionsschützen waren am Verwundbarsten, wenn sie auf der Lauer lagen. Leider war nicht das kleinste Bisschen zu hören und so näherte Shinichi sich allmählich der Palette. Zehn, neun, acht Meter, als plötzlich ein dritter Schuss fiel. >Was zum…< Shinichi machte keine Anstalten sich zu bewegen und blieb, wie angewurzelt, mitten im Raum stehen. Er verstand es nicht und das beunruhigte ihn sehr. >Wo kam auf einmal dieser dritte Schuss her?< Das Knirschen von feinen kleinen Steinen unter zwei Fußsohlen drangen an sein Ohr, sowie das Zusammenklappen eines Zweibeins und das Geräusch eines sich schließenden Reißverschlusses. Shinichi überzog ein eiskalter Schauer. Was war gerade geschehen? Eine dunkle längliche Gestalt mit schwarzer Kappe und grauen Haaren kam hinter ihrem schützenden Posten hervor, das Gewehr dabei in einer länglichen Tasche geschultert. Shinichi erkannte den Mann auf der Stelle. Vor allem da er nun direkt vor ihm stehen blieb, eigentlich die Absicht verfolgend, sich so schnell wie möglich aus dem Staub zu machen. Das jemand wie Shinichi ihm plötzlich den Weg versperren würde, hatte Korn nicht erwartet. Überrascht von der Präsenz des jeweils anderen, starrten sie sich einen Atemzug lang an. Es waren also wirklich die Männer in Schwarz, die hinter allem steckten. So sehr sich Shinichi auch etwas anderes gewünscht hätte, nun musste er der schrecklichen Wahrheit ins Auge sehen. Es war nicht mehr zu leugnen. „Du bist doch der Junge, der bei dem FBI-Agenten war.“, fand Korn als Erstes seine Worte wieder. „Wie bist du hier heraufgekommen?“ Shinichis Gedanken waren bei Akai, doch durfte er jetzt unter keinen Umständen nachlässig sein, sondern musste clever vorgehen. Seine Betäubungsnadel war schussbereit. Korn hingegen schien keine Waffe zu besitzen, welche er schneller ziehen könnte, als der Oberschüler. Dennoch musste Shinichi auf der Hut sein. Ihm kann etwas entgangen sein, etwas was noch nicht ersichtlich war. Man durfte niemanden von der Schwarzen Organisation unterschätzen. Leute die selbst dem FBI ein Schnäppchen schlagen konnten. „Ich habe das kleine Feuerwerk von mir ausgenutzt, um so nah wie möglich an sie heran zu kommen.“, erklärte Shinichi mit zurückgewonnener Bodenhaftigkeit. „Verstehe, DU bist also dafür verantwortlich gewesen. Verrate mir, wie du das angestellt hast.“ „Das spielt keine Rolle.“, wich der Oberschüler aus, nicht daran interessiert, seinem Gegenüber die notwendige Zeit zum Nachdenken zu verschaffen. „Was allerdings eine Rolle spielt ist, dass ich weiß wer sie sind. Korn. Ich kenne sowohl ihren Namen als auch ihre Zugehörigkeit und wir beide wissen, was das bedeutet.“ Korn verfügte über ein gut geschultes Pokerface und auch seine gespiegelte Brille, ließ nichts von seinem Gemütszustand zu Tage treten, als er antwortete. „Du bist also dieser Shinichi Kudo. Das ist das erste Mal, dass ich dich mit eigenen Augen zu Gesicht bekomme. Unglaublich das jemand wie du, uns so viele Schwierigkeiten bereitet hat. Unser Boss ist ganz besessen von dir und hat noch vieles mit deines Gleichen vor, musst du wissen.“ Während Korn nichts durch seine Mimik an Shinichi durchsickern ließ, konnte dieser wiederrum seinen perplexen Gesichtsausdruck nicht verbergen. Es gab also jemand Neues, der die Strippen zog. Doch wer war das? „Wen meinen sie damit?“, schoss es aus ihm heraus, unfähig seine Neugierde zu bändigen. „Wie viele der Männer in Schwarz sind noch am Leben und unter wessen Leitung stehen sie jetzt?“ Shinichi musste unbedingt hinter die Identität desjenigen kommen. Seine schlimmste Befürchtung ging davon aus, dass Gin zum neuen Anführer aufgestiegen war. Korn brummte ablehnend. „Als ob ich dir das verraten würde.“ Seine Hand wanderte hinter seinen Rücken. Shinichis Muskeln spannten sich an. Er war bereit unauffällig abzudrücken und seinen Gegner Schlafen zu legen. Er zögerte allerdings, als geschärfter rostfreier Stahl aus einer Scheide an Korns Gurt glitt und dieser wenig später ihm ein langes Jagdmesser, mit der Spitze voran, entgegenhielt. „Geh mir aus dem Weg Kleiner.“, drohte ihm Korn. Die Sirenen mehrerer Polizeiwagen ertönten in der Straße unter ihnen. Schnell kamen die Fahrzeuge näher, bis sie am Fuße des Parkhauses anhielten. Man vernahm das Zuwerfen von Autotüren und wie der Bauzaun gänzlich beiseitegeschoben wurde. Anrennende Schritte aus dem Erdgeschoss hallten durch das Gebäude. Es war wie Musik in Shinichis Ohren. „Geben sie sich geschlagen. Die Polizisten werden die gesamte Baustelle umstellen. Sie können nicht entkommen.“, forderte er gefasster denn je. Korn schien, dessen ungeachtet, eine andere Meinung zu vertreten. „Da irrst du dich Bürschchen. Kein Schütze begibt sich selbst in eine Situation, in der ihm nur ein einziger Weg wieder hinaus zur Verfügung steht.“ Er ließ das Messer in seiner ausgetreckten rechten Hand flippen. „Ich habe dich gewarnt.“ Kaum hatte er dies gesagt, sprang Korn mit einem unfassbaren Tempo auf Shinichi zu. Sein langer schlanker Körper war ihm dabei zum Vorteil gereicht. Die Klinge funkelte dem Schwarzhaarigen bedrohlich entgegen, als sie auf ihn zuraste. Shinichi sah sich gezwungen auszuweichen, bevor sein Narkosechronometer zum Einsatz kam. Er schoss in dem Moment, als Korn ihn nur um Haaresbreite verfehlte. Der Ausfallschritt des Detektivs beeinträchtige jedoch seine Zielgenauigkeit, wodurch die Betäubungsnadel am Klingenspiegel oberhalb des Anschliffs abprallte. >Mist<, fluchte Shinichi innerlich. Er hatte ihn verfehlt. Wie konnte er nur so viel Pech haben. Er rechnete fest mit einem zweiten Angriff Korns, doch hingegen all seiner Erwartungen, blieb dieser nicht stehen, sondern lief weiter Richtung Treppenhaus. Er schien nicht daran interessiert zu sein, sich mit dem Oberschüler aufzuhalten, doch müsste ihm doch klar sein, dass der Weg nach unten durch die Polizei versperrt war. Shinichi rannte Korn hinterher. Einen letzten Schuss hätte er noch und dieser musste sitzen. Zu seiner Verwunderung begab sich Korn allerdings nicht zur Treppe, sondern verschwand auf der anderen Seite in einem abgedeckten Durchgang, den Shinichi vorher nicht bemerkt hatte. Dieser führte zu einem kleinen Nebenraum, der nur für autorisiertes Personal zugelassen war. Von dort aus, konnte man über eine Leiter auf das Dach des Gebäudes klettern. Korn wollte also überhaupt gar nicht nach unten, sondern weiter nach oben. Flink wie ein Wiesel erklomm das Organisationsmitglied die Leiter und verschwand durch die Dachluke, ehe Shinichi ihn einholen konnte. Umgehend griff auch der Jugendliche nach der untersten Stege. Korn würde sich nicht in eine Sackgasse flüchten. Was das anging, war sich der Oberschüler sehr sicher. Vielmehr würde dort oben sein -zur Ansprache gebrachter- zweiter Fluchtweg bereitstehen. Shinichi stieg die eisernen Griffe hinauf, welche mit Bolzen in der Wand befestigt waren. Plötzlich fiel ein Schatten auf ihn herab und ein kleiner rundlicher Gegenstand landete, von oben durch die Luke geworfen, zu den Füßen des Schwarzhaarigen. Mit Entsetzen stellte es sich schnell als eine Handgranate heraus, dessen Stift bereits gezogen war. >Scheiße, Scheiße, Scheiße< ratterte es, wie in einer Dauerschleife, in Shinichis Kopf, als er die Beine in die Hand nahm und sich noch gerade so aufs Dach ziehen konnte, ehe die Granate unter ihm explodierte. Es gab einen gewaltigen Ruck und augenblicklich belegte ein Tinnitus sein Gehör. Die Detonation war unmittelbar an seinem Trommelfell, wodurch der Knall schnell in ein unangenehmes Pfeifen umschlug. Shinichis Ohren schmerzten. Kurzeitig war er wie taub. Staub und kleine Betonkörner rieselten auf sein Gesicht. Der Druck der Granate hat vieles von dem entstandenen Material auf das Dach hinausgeschleudert. Shinichi wurde sich langsam bewusst, wie knapp er dem Schicksal entgangen war, in Einzelteile zerfetzt zu werden. Er stand wieder auf, hatte aber Schwierigkeiten nicht erneut zu stürzen. Die vorübergehende Taubheit beeinträchtigte seinen Gleichgewichtssinn. Er fasste sich an seinen Kopf. Blut lief ihm aus den Ohrmuscheln. Shinichi blinzelte gegen das Sonnenlicht und erkannte Korn, über dem schmalen Spalt zwischen dem Neubau und dem angrenzenden Nachbarhaus, in der Luft schweben. Mit einer ausgeklügelten Seilkonstruktion war er drauf und dran seinem Verfolger zu entwischen. Shinichi sammelte allen Sauerstoff, den er besaß, in seiner Lunge. „KORN“, schrie er ihm nach, doch auch wenn er so laut brüllte wie er konnte, er selbst hörte sich nicht. Doch der Mann in Schwarz tat es. Der große pfeildünne Scharfschütze mit Brille drehte sich zu dem jungen Detektiv um. Er grinste kaum merklich. Anscheinend war er sich ziemlich sicher, dass ihn keiner mehr stoppen konnte und vermutlich hatte er damit auch recht. Shinichi schaffte es kaum einen Schritt nach vorne zu setzen. Niemals würde er Korn folgen können oder geschweige denn, ihn betäuben und selbst wenn ihm das gelingen sollte, dann würde er das Risiko in Kauf nehmen, dass Korn in die Häuserschlucht stürzte. Es schien so, als würden seine Gegenspieler erneut die Partie für sich entscheiden und er müsste tatenlos zusehen. Shinichi streckte seine Hand nach Korn aus, als könnte er ihn so noch irgendwie erwischen, doch war das Wunschdenken. Nichts desto trotz zögerte das Organisationsmitglied, was der Oberschüler nicht ganz begriff, bis er auf das Dach des anderen Gebäudes sah. Die Tür, die den Weg hinunter auf die Straße barg, wurde aufgestoßen und ein Dutzend Männer des Sondereinsatzkommandos stürmten den geteerten Aufbau. Gleichzeitig wurde Shinichi von hinten an der Schulter gepackt und zurückgezogen. Mehrere Polizisten mit Schutzwesten traten in sein Sichtfeld, ihre Waffen und ihre Aufmerksamkeit ausnahmslos auf Korn gerichtet, der sich von jetzt auf gleich in einer Patt-Situation wiederfand. Shinichi erkannte Inspektor Shiratori, der den anderen Beamten etwas sagte, was er aber nicht verstehen konnte. Er sah nur kurz zu dem Oberschüler und danach wieder zu Korn, dem er allem Anschein nach dem Befehl erteilte, sich zu ergeben. Auf beiden Dächern waren die Einsatzkräfte der Polizei bereits bis zur Gebäudekante und der dortigen Seilkonstruktion vorgerückt. Jeder erdenkliche Ausweg war versperrt. Nein. Das stimmte nicht. Einen gab es noch. Lass dich niemals lebend erwischen, war ihre Divise. Korn sah zwischen den Trupp des SEKs und den restlichen Beamten hin und her bis sein Blick auf Shinichi fiel. Er bewegte seine Lippen, als würde er zu ihm sprechen, doch der Schwarzhaarige konnte nichts hören, bis auf die dumpfen Rufe der Polizisten, die bei ihm waren. Wie zur Kapitulation hob Korn anschließend beide Hände nach oben, sodass er sich nicht mehr an der Konstruktion festhalten konnte. Langsam kippte er von dem Seil, auf dem er stand und von einem Wimpernschlag auf den anderen, war er aus Shinichis Blick verschwunden. >Nein< Die Polizisten sahen von der Attika hinunter in die Tiefe. Alle ließen sie ihre Waffen sinken. Der Ausdruck in Shiratoris Augen sprach hierbei Bände. Shinichi konnte es zwar nicht hören oder sehen, doch war ihm klar, was geschehen war. Korn hat sich in einem selbstmörderischen Akt in den Abgrund fallen lassen und war auf dem Boden aufgeschlagen. Er war tot, das stand außer Frage. Einmal mehr wurde die eine Person, die ihm hätte Antworten liefern können, eliminiert. Lass dich niemals lebend erwischen. Shinichis Gehör fand langsam zu alter Stärke zurück, als ihn die Polizisten aus dem Parkhaus und von der Baustelle führten. Sie hatten, verständlicherweise, eine Menge Fragen an ihn, doch gelang es dem Oberschüler sich loszureißen, sobald sie die Straße erreicht hatten. Er stürmte durch ein Meer von Streifenwagen hindurch, die die Ladenpassage in ein blinkendes rotes Licht tauchten. Auf der Rückbank eines der Fahrzeuge saß der Hauptkommissar Hyoe Kuroda der Shinichi durch die getönten Scheiben nachsah. Für Rum war sein Verhalten ganz natürlich. Er wollte jetzt keine Erklärung abgeben oder mit auf das Präsidium kommen. Er wollte zu Akai und nach ihm sehen. Sollte er doch, wenn er so darauf bestand. „Nein Kudo warte. Bleib lieber hier.“, bat ihn Shiratori, aber er wurde ignoriert. Shinichi eilte Hals über Kopf zurück zu dem Container, hinter dem sie sich versteckt hatten. Ein Krankenwagen stand daneben und zwei Sanitäter mit Trage hielten sich bereit Shuichi mit sich zu nehmen, doch aus irgendeinem Grund taten sie es nicht. „Worauf zur Hölle wartet ihr? Helft ihm!“, verlangte Shinichi, bis er es selbst sah. Hinter dem Container saß Shiho auf ihren Knien, den Kopf Akais in ihrem Schoß ruhend. Ihr Gesicht war überzogen mit Tränen und…. mit Blut. Sie strich gedankenverloren den Kopf des FBI-Agenten. Seine grünen Augen waren geschlossen. Er lag ganz friedlich da, als würde er schlafen. Um sie herum war noch mehr Blut. Verteilt auf dem gesamten Fußweg und Shihos Kleidung. Shinichis Arme und Beine erschlafften. Wie war das möglich? Ihm ging es doch noch gut, als er aufbrach. Wo kam das ganze Blut her und was machte Shiho eigentlich hier? Wie hatte sie die beiden gefunden? „Akai? H-Hey Akai?“ Der Schwarzhaarige kam nur sehr wackelig auf sie zu. Seine Stimme zitterte und war abgebrochen. Die junge Wissenschaftlerin sah schniefend zu ihrem Freund auf. Als sie seine fragenden Augen erblickte, konnte sie bloß schwer etwas erwidern. Ihre Tränen perlten von ihrem Kinn. „E-Er hat sich… f-für mich geopfert.“, presste sie schmerzlich hervor. Shiho schaute auf Akai hinab, sodass die Tränen sich einen neuen Weg über ihr Gesicht bahnten und sich an ihrer Nasenspitze sammelten, ehe sie auf Shuichis aschfahles Antlitz fielen. Shinichi entsagten die Kräfte und er fiel zu Boden. Die Sanitäter gingen sofort zu ihm, doch fehlte ihm im Grunde nichts. Die Verletzung, die ihn plagte, saß tief in seinem Inneren und konnte von ihnen unmöglich versorgt werden. Er stemmte seine ausgestreckten Arme gegen den Asphalt. Die Wahrheit, die grausame Erkenntnis, erschlug ihn wie ein gewaltiger Fels. >Der dritte Schuss< Shinichi kroch auf allen Vieren auf den am Boden Liegenden zu. >Jemand hatte noch einmal geschossen, doch dieser jemand war nicht Korn gewesen< Er packte Akai an der Schulter und begann ihn zu schütteln. „Akai? Was ist denn mit dir? Sag doch was.“ „Sh-Shinichi… n-nicht.“, flehte ihn Shiho an, doch der Oberschüler war wie in einem Funkloch abgetaucht. Er drehte den Agenten auf den Bauch. Eine zweite große Eintrittswunde offenbarte sich ihm. „Nein“ Shinichi kam sich vor wie in einem Alptraum. „Nein“ Sollte es so enden? Hatte das Schicksal sich wirklich dazu entschieden? „E-Er ist tot Shinichi.“, beichte ihm Shiho voller Leid. Alles in ihm wurde in einen tiefen dunklen Abgrund gezogen. „AKAAIIII“ Kapitel 25: Farewell -------------------- Kapitel 25: Farewell Sie hatte es beinahe geschafft. Bald wäre sie bei ihnen. Hätte sie eingeholt. Doch es kam ihr stattdessen so vor, als würde sie auf der Stelle laufen oder gar mit jedem Schritt von ihnen abtreiben, statt sich zu nähern. Wie weit war es noch? Ein Block? Zwei? Der Punkt auf der Radarbrille auf Shihos Nase fesselte ihren Blick, sodass die umliegenden Passanten darauf achten mussten, dass sie nicht in sie hineinrannte. Sie bahnte sich durch eine Traube von Menschen, welche ihr entgegenkamen. Sie stellte sich nicht die Frage, wo die ganzen Leute herkamen und warum sie alle in die entgegengesetzte Richtung eilten, sie wollte einfach nur zu Shinichi und Shuichi. Die Sirenen von mehreren Polizeiwagen ertönten einige Straßen weiter. Wildes Getuschel drang an Shihos Ohr, zog aber genauso schnell wieder an ihr vorbei. Ein Mann mittleren Alters packte die Rotblonde am Arm und schien sie vor irgendetwas warnen zu wollen, doch Shiho verstand ihn nicht. Ungeduldig riss sie sich von ihm los und lief nur noch schneller auf das blickende Signal zu. Was war vorgefallen? Ein Knall in unmittelbarer Nähe ließ die Rotblonde aufschrecken. Es klang wie ein Schuss, welcher die Massen um sie herum in Panik verfallen ließ. Sie wurden immer schneller, drängelten und schubsten. Nur mit Mühe gelang es Shiho sich durchzukämpfen und nicht vom Strom der Fliehenden mitgerissen zu werden. Sie spürte es ganz deutlich und war sich bewusst, dass Gefahr in der Luft lag. Ihr Instinkt riet ihr ebenfalls die Flucht, doch wenn Shinichi und Shuichi in der Klemme steckten, könnte sie nie und nimmer die beiden sich selbst überlassen, denn das würden sie schließlich auch nicht, wenn sie an ihrer beider Stelle wäre. Also ging sie weiter. Shiho erreichte bei ihrer nächsten Abbiegung eine Ladenstraße, in die sie, laut ihrem Navigationssystem, hineingehen sollte. Es war ein menschenleerer Ort, verlassen und gemieden. Doch sie betrat ihn dennoch. Die junge Frau sah sich nun zum ersten Mal etwas genauer um, lief aber trotzdem zügig weiter, um keine Zeit zu vergeuden. Die Geschäfte waren allesamt geschlossen, viele von ihnen nur provisorisch und in aller Hektik verbarrikadiert worden. Manche Metalllamellen vor den Schaufenstern waren nicht vollständig heruntergelassen, Läden haben ihre Waren auf dem Gehweg stehengelassen, Stühle und Tische vor einem Café waren umgerissen worden. Die ganze Situation kam einem Schlachtfeld gleich. Shiho sah nervös durch das Glas der Radarbrille. Nur noch wenige hundert Meter. Was war hier bloß los und handelte es sich bei dem Lärm von vorhin wirklich um einen Schuss? Eine Schießerei mitten im Zentrum von Tokyo? Ein unwohles Gefühl überzog ihre Haut, wie eine dünne Schicht Zuckerguss und sorgte dafür, dass sich ihre Nackenhaare aufstellten. Sie musste Acht darauf geben nicht in irgendetwas hineinzugeraten, doch musste sie einfach ihren Liebsten und Akai finden. Wieder dachte Shiho an die Blutergebnisse von ihr und dem FBI-Agenten und wischte sich die aufkommenden Tränen aus den Augen. So viel vergeudete Zeit. Sie stoppte, als sie geradeaus vor sich, einen Mann mit schwarzem Oberteil bemerkte, der an einem großen Metallcontainer lehnte und sich nicht vom Fleck rührte. Mit seinem Kopf sah er sich um, schien zu überlegen, wagte es aber nicht um den Container herumzuspähen. Sein Blick wanderte zu ihr hinüber. Seine Augen wurden größer und auch die der rotblonden Frau weiteten sich, als sie den Mann endlich erkannte. Es war Shuichi. Er wollte aufstehen, doch sank er bei dem Versuch wieder zu Boden, eine Hand dabei in seinem Hemd verkrallt. Sein verzerrtes Gesicht sprach für die junge Wissenschaftlerin Bände. Er war verletzt. Womöglich sogar schwer. Ohne weiter zu überlegen, lief Shiho auf den verwundeten FBI-Agenten zu. „Shuichi, was ist passiert?“, rief sie ihm schon von weitem zu. Akai schüttelte hektisch den Kopf und streckte seinen freien Arm nach ihr aus. „Nein Shiho, bleib weg. Du darfst nicht näherkommen.“, versuchte er sie aufzuhalten, doch reichte die in seine Stimme gelegte Kraft nicht aus, damit die junge Wissenschaftlerin in hören konnte. Stattdessen beeilte sie sich nur noch mehr, zu ihm zu gelangen. Shuichi biss seine Zähne zusammen. Der metallische Geschmack von Blut lag auf seiner Zunge. Der Scharfschütze lag nach wie vor auf der Lauer. Wenn sie ihm noch mehr entgegen kommen würde, würde sie selbst ins Fadenkreuz geraten. „Was ist mit dir? Was hast du?“, redete Shiho auf ihn ein, sich weiterhin nähernd. „H-Hau ab. Hier ist es zu gefährlich. Du musst von hier verschwinden. K-Kümmere dich nicht um mich.“, befahl ihr Shuichi, nicht fähig ein Röcheln dabei zu unterdrücken. Endlich begriff Shiho, was er von ihr wollte und sie verringerte ihr Tempo, wenn auch nur widerwillig, bis sie schlussendlich stehen blieb. Akai war noch gute 50 m von ihr entfernt. Der Agent gab ihr flüchtige Handzeichen und obwohl sie in solchen Sachen nie wirklich gut war, so verstand sie, dass sie sich Deckung suchen sollte. Zögerlich begab sich Shiho hinter einen Getränkeautomaten am Wegesrand. Nun konnte sie Shuichi zwar nicht mehr sehen, aber zumindest weiterhin hören. „Sag was ist hier los Shuichi?“, rief sie ihm mit hörbarer Besorgnis zu. „S-Shinichi und ich… wurden von einem… H-Heckenschützen überrascht. Er scheint es aber wohl nur auf mich… abgesehen zu haben.“, folgte die Antwort, wenn auch nur sehr langsam, da Akai versuchte seinen angeschlagenen Körper wieder zu beruhigen. Sein Bestreben Shiho auf Abstand zu halten, war für ihn anstrengender gewesen als gedacht. „Wer hat es auf dich abgesehen und wieso?“ Man konnte aus den Worten der Rotblonden klar entnehmen, dass sie Angst hatte. „Das wird sich hoffentlich… bald herausstellen.“, hielt sich der FBI-Agent kurz. Er nahm ein unangenehmes Ziehen in seiner Lendengegend wahr und versuchte sein Körpergewicht zu verlagern, während er weiter da saß. Shiho hielt einen Moment inne. Sie beschlich eine böse Vorahnung. „Moment mal, wo ist Shinichi?“ „Er hat den Schützen abgelenkt… und versucht ihn nun zu überlisten.“ „Was?“, platzte es aus der Wissenschaftlerin heraus. Sie wäre beinahe wieder hinter dem Automaten hervorgekommen, doch wenn tatsächlich irgendein Kerl mit einer Waffe in der Nähe war und vielleicht sogar in diesem Moment auf sie zielte, so wäre das vermutlich eine ziemlich dumme Entscheidung. >Dieser Idiot<, fluchte sie innerlich. >Warum musste ihr Shinichi auch immer den Helden spielen< Akai drückte noch immer so gut er konnte mit seiner Hand auf die Eintrittswunde an seinem Bauch, doch er merkte, wie seine Fingerspitzen allmählich taub wurden. Shiho könnte schwören ihn stöhnen zu hören. „Wurdest du getroffen Shuichi? Wie schwer ist deine Verletzung?“ „H-Halb so wild. Ist bloß ein Streifschuss.“, log der Agent und spuckte ein wenig Blut zur Seite. „Das sah vorhin aber anders aus.“, widersprach ihm Shiho besorgt, ihre Hände an das kalte Metall des Automaten gepresst. „Hör zu Shuichi ich kann dir helfen. Du weißt ich bin für Erste Hilfe ausgebildet worden.“ „N-Nein. Das wäre zu riskant… und ist auch nicht nötig, vertraue mir.“, bestand Akai darauf, dass sie da blieb wo sie war. Er musste Shiho beschützen, das war alles, was Akemi von ihm verlangt hat bevor sie aus seinem Leben verschwand und er würde niemals zulassen, dass er das Versprechen an seine Geliebte nicht halten und ihrer Schwester etwas passieren würde. Shiho starrte vor sich zu Boden, den Blick auf ihre Fußspitzen gerichtet. „Du wusstest es, nicht wahr?“ Der Mann mit der schwarzen Lederjacke runzelte fragend die Stirn. „Was meinst du?“ „Tu nicht so scheinheilig.“, entgegnete Shiho barsch. „Du weißt wovon ich rede und das würde auch erklären, warum du dich heute so komisch mir gegenüber verhalten hast.“ Akai schwieg. Seine Augen huschten nachdenklich und ziellos durch die Gegend. „Hast du davon gewusst, dass wir verwandt sind? Das wir Cousin und Cousine sind und meine Eltern deine Tante und Onkel und auch Akemi in Wahrheit…“ Shihos Stimme versagte ihr und sie brach ab. „Ich weiß es genauso lange wie du. Und um ehrlich zu sein, war es reiner Zufall gewesen. So wie ich sie kenne, hätte sie es mir niemals freiwillig erzählt.“, sprach Shuichi ruhig und darauf Bedacht seine Energiereserven nicht weiter aufzubrauchen. Shiho wurde bei dem was er sagte hellhörig. „Wer? Wer hat es dir erzählt? Wer wusste davon?“ Akai versuchte sie zu bremsen. „Das kann ich dir leider nicht sagen. Nicht jetzt.“ Der rotblonden Frau passte diese Antwort allerdings überhaupt nicht in den Kram und wollte sich damit auch nicht zufrieden geben. „Erzähl mir keinen Unsinn!“, wurde Shiho etwas lauter. Dachte er, sie könnte die Wahrheit nicht verkraften? Sie war bereit alle Karten auf den Tisch zu legen. Wieso konnte er es nicht? „Ich kann es dir wirklich nicht sagen.“, beharrte der FBI-Agent schwermütig. Shiho spürte, dass er mit sich rang. Sich unsicher war, was das Beste wäre. Ihre Stimme wurde sanfter, fast schon flehend. „Warum nicht? Was hält dich davon ab ehrlich zu mir zu sein.“ „Shiho…“ Akai ballte seine Hand zu einer Faust. Sein Arm zitterte durch die Anspannung seiner Glieder. „Wenn ich dir das alles doch nur so auf die Schnelle erklären könnte.“ „Das kannst du.“, kam es sofort von der Wissenschaftlerin. „Ich bin hier. Ich höre dir zu und ich werde auch nicht weggehen. Auf keinen Fall.“ Shiho schloss ihre Augen. Sie lehnte mit ihrem rotblonden Haupt an dem Automaten und sah ihn vor ihrem geistigen Auge, wie er da am Container lehnte, der Blick müde und… Sie wollte so unbedingt zu ihm. Nicht länger alles totschweigen und allem ausweichen, sondern mit ihm über alles reden. Sie war dazu bereit sich ihm voll und ganz zu öffnen. „Von heute an wird alles anders werden. Das verspreche ich dir.“, flüsterte sie weich und leicht, wie der feine Luftzug, der über Shuichis nasskalte Züge wehte. Die Sirenen der sich ankündigenden Kavallerie waren mittlerweile immer näher gekommen und die gesamte Straße wurde nach beiden Seiten hin abgeriegelt. In der Ferne blinkten die roten Lichter der Streifenwagen, die die Straßensperren bildeten. Eine Kette an Blauhemden ließ niemanden in die Nähe des Ortes an dem geschossen wurde. Mit stummer Miene und tief ins Gesicht gezogenem Hut, versperrten sie den Schaulustigen die Sicht. Die Polizei kam allerdings nicht näher heran und hielt auch die Rettungskräfte bewusst zurück. „Was soll das?“, äußerte sich die junge Dame fassungslos. „Worauf warten die?“ Shuichi brauchte dringend medizinische Hilfe. Wieso kam also niemand? „Sie werden ihr gesamtes Aufgebot… solange zurückhalten, bis der Schütze… keine Bedrohung mehr darstellt.“, erklärte Akai ihr in tiefen Atemzügen. Shiho erhob sich mit gefasster Miene, die Augen langsam öffnend. Das würde sie ganz bestimmt nicht so einfach hinnehmen. Sie bräuchte sich doch nur bemerkbar zu machen. Auf keinen Fall würde man sie einfach ignorieren. Also winkte sie mit ihren Armen, um die Aufmerksamkeit der Uniformierten zu gewinnen. „Hey! Hallo!“, schrie sie aus voller Kehle. „W-Was tust du denn da?“, fragte sie Akai. „Wonach sieht es denn aus du Blödmann? Ich werde dich hier rausholen.“, erwiderte sie mit einer Träne, die ihr die Wange hinunterlief. Einer der Streifenpolizisten schien die junge Wissenschaftlerin tatsächlich entdeckt zu haben, da kurz darauf zwei Männer in voller Einsatzmontur und mit Maschinenpistolen vorsichtig und geduckt, entlang der Läden und im Schutze einiger bunter Markisen, auf sie zu kamen. Shiho befiel eine unbeschreibliche Erleichterung. „Halte durch Shuichi. Hilfe ist gleich da.“, sprach sie an den FBI-Agenten gewandt. „Keine Sorge Miss, wir bringen sie von hier weg.“, redete einer des Zweiertrupps professionell auf sie ein, als sie Shiho erreicht hatten. „Was? Nein, ich gehe nicht weg.“, lehnte sie das Angebot vehement ab. Das SEK tauschte einen unverständlichen Blick miteinander. „Wir haben den Befehl alle Zivilisten aus dem Gefahrenradius zu bringen.“ „Das ist mir egal.“, blieb Shiho standhaft. „Ich bewege mich hier nicht weg, ehe Shuichi in Sicherheit ist.“ Der Polizist, der das Wort ergriffen hatte, sah hinüber zu Akai. „Ich befürchte in seiner Verfassung ist er nicht transportfähig. Die Sanitäter werden sich um ihn kümmern, sobald sie von der Einsatzleitung grünes Licht erhalten.“ Er gab seinem Kollegen ein Zeichen die Gegend im Auge zu behalten. Er selbst griff sich Shiho, willig sie mitzunehmen. „Nein, lasst mich sofort los.“, wehrte sich die Rotblonde so gut sie konnte. „Seht ihr denn nicht, dass er sofort unsere Hilfe braucht.“ „Miss, bitte beruhigen sie sich. Sie müssen ruhig bleiben.“ Das SEK sah sich gezwungen seinen Griff zu verstärken, um Shiho im Zaum zu halten. „Loslassen“, fauchte sie. „Ist schon in Ordnung Shiho.“, versuchte Shuichi sie davon zu überzeugen, ihren Widerstand einzustellen. Sie würde sich nur selbst in Gefahr bringen und das galt es zu verhindern. „Du musst jetzt gehen.“, ergänzte er mit einem schwachen Lächeln. „Shuichi“ Sein Ebenbild verschwamm durch einen sich bildenden Feuchtfilm auf ihren Augen, als würde sie durch einen Schleier blicken. „Mach dir um mich keine Sorgen Kleines.“ Akai schaute zu den Polizisten. „Hey ihr Beiden. Leiht mir eins… eurer Funkgeräte. Ich kann eurem Einsatzleiter… ganz genau sagen, wo sich der Schütze aufhält.“ Die Männer zögerten zunächst, doch als ihnen Akai seine FBI-Marke zeigte, nickte einer von ihnen bereitwillig und warf, wie gewünscht, sein Funkgerät zu Shuichi hinüber. „Haltet die Köpfe unten. Der Mistkerl… ist in der obersten Ebene des Parkhauses.“ Akai deutete mit seinem Daumen auf die Baustelle hinter sich. Er befühlte das Gerät in seinen Händen, sowie das Rädchen zum Einstellen der Frequenz. „Welcher Kanal?“, fragte er. „Kanal 4“, teilte ihm einer der Polizisten mit. Shuichi stellte mit zittrigen Fingern den Regler ein, ehe er in das Funkgerät sprach. „H-Hier ist… FBI-Agent Shuichi Akai, Sonderermittler… des Kriminaldezernats von Tokyo. Mit wem spreche ich?“ Einen Moment lang war nichts zu hören. „Hallo?“, schnarrte ein tiefe Stimme über den Lautsprecher. „Hier spricht Hauptkommissar Hyoe Kuroda. Diese Leitung ist den Sondereinheiten vorbehalten. Wer gab ihnen die Genehmigung?“ „Dafür ist keine Zeit. Hören sie sich lieber an, was ich zu sagen habe.“, verlangte Shuichi bissig. „Ich kann ihnen… den Schützen liefern. Ich kenne seine aktuelle Position.“ Wieder war es einen Augenblick lang still. „Fahren sie fort Agent Akai.“ „Ich weiß sie haben, für einen Fall wie diesen, irgendwo ein Scharfschützenteam positioniert. Instruieren sie sie… die oberste Ebene des Parkhauses… ins Visier zu nehmen. Dort versteckt sich der Schütze. Schalten sie ihn aus.“ Kuroda hielt das Funkgerät fest in seiner Pranke und blickte über das Dach eines Streifenwagens hinein in die Ladenstraße. Die Tatsache, dass Akai noch am Leben war und mit ihm Kontakt aufnahm, konnte nur bedeuteten, dass Korn es mehr als vergeigt hatte. Seine starre Miene formte einen finsteren Blick. „Also schön, dann muss wohl Plan B herhalten.“, flüsterte er zu sich selbst, ehe er sich wieder Shuichi zuwendete. „Ich habe verstanden. Die Bedrohung wird umgehend eliminiert.“ Er warf das Funkgerät zu einem Polizisten hinüber und gewann etwas Abstand zu seinen nahestehenden Untergebenen. Mit seinem Zeigefinger tippte er zweimal auf einen Stöpsel in seinem Ohr. „Schwarzmilan an Kuckucksnest. Bring es zu Ende.“ „Hier Kuckucksnest. Mit Vergnügen.“, antwortete ihm eine Frau mit rotem Dutt und Schmetterlingstattoo. Chianti saß auf dem Dach eines der umliegenden Gebäude und starrte auf den -vor ihr liegenden- Scharfschützen, welchen sie kurzerhand außer Gefecht gesetzt hatte. „Nimm es mir nicht persönlich, aber wir spielen eben nun mal nicht im selben Team.“, lachte sie gehässig. Getarnt mit einem dunklen Overall der Einsatzkräfte und einem Basecap mit dem Emblem der japanischen Polizei darauf, griff sie nach dem Gewehr in ihrem Schoß und drehte sich über den Rand des Daches zur leeren Einkaufspassage um. Im Gegensatz zu Korn, hatte sie völlig freies Schussfeld auf ihr Ziel. „Endlich gehörst du uns.“, raunte die Frau und leckte sich dabei ihre dunklen Lippen. Akai ließ erleichtert seine Hand mit dem Funkgerät zu Boden sinken. Er legte seinen Kopf zurück und schaute hinauf zum Himmel. Bald wäre es überstanden. Er musste nur noch ein wenig länger durchhalten. „Shuichi?“ Shihos Stimme drang an sein Ohr. Sie war ganz dumpf und verwaschen, kaum zu verstehen. Er durfte jetzt nicht schlapp machen. „Shuichi!“ Ihr Ruf wurde lauter. Akai war völlig erschöpft und seine Augenlider wurden zunehmend schwerer. Eine erdrückende Müdigkeit setzte ein. Vielleicht sollte er sich ausruhen, nur ein kleines bisschen. „Shuichi, bleib wach!“ Der FBI-Agent blinzelte in Richtung Shiho und des SEKs, doch waren diese nicht mehr da. Stattdessen stand eine schlanke feminine Gestalt direkt vor ihm und beugte sich zu ihm hinunter. Ihr langes braunes Haar wehte im Wind und ihr Lächeln strahlte so hell, wie die Sonne. „A-Akemi?“ Das konnte doch gar nicht sein. „Shuichi, du darfst jetzt nicht das Bewusstsein verlieren.“, mahnte ihn seine Geliebte. „Wie kann das sein? Ich verliere wohl den Verstand.“, lachte Akai schwach, gefolgt von einem Husten. „Du musst mich retten.“, sagte Akemi. „Ich habe es versucht, doch ich habe versagt.“, gestand sich der FBI-Agent ein und ließ den Kopf hängen. Akemi machte ein trauriges Gesicht, legte aber eine Hand unter sein Kinn, damit er sie wieder ansehen konnte. Sie war so schön wie eh und je. „Du musst mich retten, bevor es zu spät ist.“ Akai schüttelte seinen Kopf. Alles drehte sich. „Shuichi, Shuichi“ Bilder schossen durch seinen Kopf. Verzerrte Bruchstücke einstiger Ereignisse. „Rette mich! Rette SIE, Shuichi.“ Akemi löste sich vor ihm in Luft auf. „Nein, warte. Ich muss dir noch was wichtiges sagen.“, rief ihr Akai hinterher, doch wurde sie vom Wind in alle Richtungen zerstreut. Ein rotblonde Silhouette kam stattdessen auf ihn zu und schnell erkannte er das Gesicht von Shiho. Direkt hinter ihr waren die Männer des SEK. Sie schien sich von ihnen losgerissen zu haben und rannte nun einfach auf ihn zu. Alle Risiken dabei ignorierend. Das sie ihm damals verziehen hat, dafür wird er ihr… Shuichi stockte als seine Sicht sich schlagartig schärfte und er die schwache Reflexion eines Visiers, auf einen der Dächer hinter Shiho und den beiden Polizisten bemerkte. Er konnte nur noch reagieren. Mit seinen letzten noch verbliebenden Kräften nahm er Shiho in die Arme und drehte sie herum. Im gleichen Augenblick fiel der Schuss. Akai drückte den Kopf Shihos nach unten und spürte gleichzeitig, wie das Projektil in seinen Rücken eindrang. Er hörte wie sie aufschrie. Ihre Finger verkrallten sich in seine Jacke. „Schüsse, ich wiederhole Schüsse.“, gab einer der Polizisten über Funk durch. „Hauptkommissar!“ Inspektor Shiratori, stand neben Kuroda und sah diesen erwartungsvoll an. Rum schnappte sich energisch das Funkgerät. „An alle Einheiten. Zugriff, jetzt. Schnapp euch den Typen. Oberste Etage des Parkhauses.“ Sogleich setzte sich das Aufgebot der Polizei mit ihren Streifenwagen und lauten Sirenen in Bewegung. Zeitgleich wurde von beiden Seiten die Ladenstraße gestürmt. Ein Krankenwagen und mehrere Sanitäter-Fahrzeuge folgten zur Unterstützung. „S-Shuichi?“ Shiho hielt den kreidebleichen Akai in ihren Armen. Sein Blut war auf ihrer gesamten Kleidung verteilt. Er hat die Kugel abgefangen, die ansonsten sicherlich sie getroffen hätte. Woher hatte er das nur gewusst? Wieso hat er das nur getan? „Shuichi…“ Die Rotblonde spürte, wie ihr Herz Risse bekam. Es waren alte Wunden von jenem Tag, als ihre Schwester starb und nun erneut aufbrachen. Sie hatte doch erst vor kurzem erfahren… „Du darfst nicht sterben Shuichi.“, flehte Shiho unter Tränen. Akai musste schmunzeln. Die Last von Jahren der Schuld fiel von seinen Schultern. „Ich habe dich gerettet.“, lächelte er. „Shuichi bleib bei mir. Ich will nicht noch jemanden aus meiner Familie verlieren, bitte.“ „I-Ich bin f-froh… dass du uns nicht ablehnst. Mich, meine Schwester… Sogar meine Mutter wäre froh darüber. Ist es immerhin genau das, was sie bis heute davon abhält sich dir zu zeigen.“ „D-Deine Mutter? H-Hat SIE dir…“ „Ja. Elena war eine gebürtige Sera und ihre jüngere Schwester.“ Akai sah der Rotblonden ein letztes Mal in die Augen. Das Grün seiner Iris verblasste allmählich. „S-Shiho. Pass mir gut auf Masumi auf.“ Damit schloss er seine Augen. Als sein Kopf in ihren Schoß fiel, wusste Shiho, dass jede Hilfe zu spät kam. Auch die heraneilenden Sanitäter könnten nichts mehr für ihn tun. Shuichi Akai… er war tot. Kapitel 26: My Condolences -------------------------- Kapitel 26: My Condolences Es war ein furchtbarer Tag. Ein Tag, den sich weder Shinichi noch Shiho gewünscht hatten. Es war windig, kalt. Schwere Wolken verhingen den Himmel. Er drückte ganz fest ihre Hand, als die Dudelsackspieler ihre Musikinstrumente stimmten und auf Kommando anfingen zu spielen, als der Trauerzug sich in Bewegung setzte. Shinichi konnte spüren, wie ihre Hand in seiner zitterte. Vielleicht war es aber auch seine eigene die so bebte. Er wusste es nicht. Mit langsamen Schritten und gesenkten Köpfen folgten sie dem Sarg, welcher von sechs Mitgliedern des FBI getragen wurde. Direkt dahinter die Trauergäste. Alle waren gekommen, um Shuichi Akai die letzte Ehre zu erweisen. Agent Camel, Jodie, James Black, aber auch bekannte Gesichter der Tokioter Polizei, wie Takagi, Sato und Inspektor Megure, die in den letzten Monaten viel und eng mit dem Agenten zusammengearbeitet haben, waren erschienen. Shinichi schaute neben sich. Er sah, wie Shiho ihr Gesicht in den Stoff seines Mantels drückte. Er konnte sie leise weinen und schluchzen hören, während sie sich an seinem Arm klammerte, als wäre er alles, woran sie noch Halt finden könnte. Auch wenn es sich Shinichi nicht so sehr anmerken ließ, so fühlte und litt er genauso wie seine trauernde Freundin. Doch ganz anders als sie, hatte er nicht erneut jemanden aus der Familie verloren. Die Qualen, die dieser Verlust in Shiho verursachen musste, ließe sich wohl kaum in Worte fassen. Bei diesem Gedanken blickte der Schwarzhaarige nach vorne, an die Spitze des Zuges, den die -in schwarzgekleideten- Gäste bildeten und seine Augen hafteten an Masumi. Sie war ganz allein zur Beerdigung erschienen und stand nun als einziges Familienmitglied inmitten ihr fremder Gesichter, um ihren großen Bruder zu Grabe zu tragen. Shinichi befürchtete, sie konnte das was geschehen war immer noch nicht so recht verstehen, wollte es womöglich sogar gar nicht. Auch sie hatte ihn doch erst vor kurzem zurückbekommen. Das alles empfand der junge Detektiv als so unglaublich ungerecht und allein sich das schmerzlich dreinschauende Gesicht Seras vorzustellen, machte ihn rasend; vor Trauer, als auch vor Wut. Sie versammelten sich schweigend um das vorbereitete Grab. Ein letztes Mal spielte die Musik und Soldaten feuerten auf Kommando mehrere Gewehrsalven in die Luft. Mit glasigen feuchten Augen verfolgte Shinichi, fast schon abwesend, wie der Sarg, eingehüllt in das Banner des Federal Bureau of Investigation, in die vorher ausgehobene Grube hinabgelassen wurde. Dieser Kampf war realer denn je geworden und hatte gleichzeitig, mit dem Tod seines Freundes, ein ganz neues Level erreicht. Es ging nicht länger nur um die Wahrheit, es ging verdammt nochmal ums nackte Überleben und dieser Überlebenskampf sollte schmutzig werden und sich keinerlei Regeln verpflichtet fühlen. Als der Sarg im Erdreich verschwand und auf dem Grund abgesetzt wurde, brach eine Frau mit auffällig großer Brille und blauen Augen an ihrem Platz zusammen und weinte bittere Tränen. Es war Jodie, bei der sich Shinichi nicht einmal ausmalen wollte, wie es in ihrem Inneren wohl aussehen musste. Er konnte nur vermuten, dass sie es sich wohl nicht verzeihen konnte, dass sie Japan und Shuichi verließ, obwohl die Gefahr nicht gebannt war und sie ihm somit nicht helfen konnte, als er sie brauchte. Diese Vorwürfe mussten die junge FBI-Agentin regelrecht zerreißen. Der Anblick Jodies trieb auch Masumi die Tränen mehr und mehr in die Augen, auch wenn sie weiterhin versuchte stark zu sein. Doch wozu? Sie musste niemanden etwas beweisen. Sie musste nicht zeigen, wie stark sie war, das wusste Shinichi auch so und gewiss keiner würde daran zweifeln, selbst wenn sie sich in diesem einen Moment der Trauer hingeben würde. Es wäre okay. Die Lippen des Fräuleins -mit den Augen der Familie Sera- bibberten und sie presste sie aufeinander und dies einigermaßen unterdrücken zu können. Sie griff in eine große Schale, gefüllt mit feuchter Erde und ließ diese langsam und mit ausgestrecktem Arm, auf den Sarg ihres Bruders rieseln. So ging es schließlich immer weiter und jeder der Gäste bekam die Möglichkeit, ein letztes Mal Abschied zu nehmen. Einer nach dem anderen Schritt an der Grube vorbei, flüsterte etwas und warf eine Hand voll Erde hinunter auf das elegant verarbeitete Holz des Sarges. Letztlich war es nur eine verdammte Kiste, in der jedoch sein Freund lag, dachte sich Shinichi, als er an der Reihe war. Shiho war vor ihm dran gewesen, hatte jedoch nichts gesagt, sondern nur schnell etwas Erde in das Loch geworfen, ehe sie sich wieder entfernt und in den Armen Jodies Trost suchte. Sie wollte sich nicht verabschieden und niemand machte sich vermutlich mehr Vorwürfe über den Tod Shuichis als die rotblonde Wissenschaftlerin. Shinichi stellte sich an die Kante des Grabes und sah hinunter auf den -schon zu einem großen Teil- mit Erde bedeckten Sargdeckel. Zitternd griff er nach der Erde und drückte diese in seiner Hand zusammen. Sie war schwer durch die Nässe und roch modrig, so wie der Tod. Der schwarzhaarige Detektiv schloss seine Augen. „Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um sie aufzuhalten.“, flüsterte er zu sich selbst. „Ich werde sie zerschlagen, ein für alle Mal und ich werde es für dich tun, für Masumi und vor allem für Shiho.“ Shinichi bemerkte, wie trocken sein Mund plötzlich wurde. Etwas Feuchtes bewegte sich über seine Wangen, hinunter bis zu seinem Kinn. „Ich lasse sie nicht allein und werde auf sie aufpassen. Du sagtest selbst, du würdest diese große Bürde niemand anderem anvertrauen wollen als mir und ich will das du weißt, dass ich mein Bestes geben werden und noch mehr.“ Shinichi wischte sich die Tränen beiseite und öffnete seine Hand, damit die Erde hinabfallen konnte. „Hoffentlich bist du nun an einem besseren Ort und kannst von da aus auch in Zukunft ein Auge auf uns werfen.“ Damit machte er kehrt und stellte sich an den Rand der Menschenmenge. Er vermied es dabei irgendjemanden in die Augen zu sehen. Eine große schlanke Frau, gekleidet in einem schlichten, aber gleichzeitig anmutigen und eng geschnittenen schwarzen Kleid stellte sich unauffällig neben den trauernden Detektiven. Sie trug einen großen ebenso schwarzen Hut mit breiter Krempe, von dessen Rand ein Trauerschleier das Gesicht der jungen Dame verdeckte. „My condolences“, flüsterte die Frau, dessen langes platinblondes Haar ihr über die Schulter fiel. Shinichis Augen blitzten kurz auf, als er die Stimme neben sich erkannte, wagte es aber nicht sich zu ihr zu drehen. Stattdessen starrte er mit einem sogleich fest entschlossenen Blick weiter geradeaus und sah zu, wie die Angehörigen des ersten Polizeidezernats, einen großen Blumenkranz niederlegten. Seine Reaktion ließ schon beinahe vermuten, dass er mit ihrem Erscheinen gerechnet hatte. „Wie hast du es geschafft?“, war alles was er von sich gab. Der Hut samt Schleier wandte sich leicht in seine Richtung. Der Blick der Frau somit auf Shinichi gerichtet. Falls sie verblüfft über seine Reaktion war, so ließ sie es sich nicht im Geringsten ansehen. „Das ist eine lange Geschichte. Zu lange, um sie hier und jetzt zu erzählen, meine Silverbullet.“ Sie musterte ihn eine Weile ausgiebig. „Bist du denn gar nicht überrascht mich zu sehen?“ „Nein“, kam die schnelle Antwort. „Du hast nachgelassen. Shuichi hat mir kurz vor seinem Tod berichtet, dass du für die Einbruchsspuren in der Wohnung Kisaki verantwortlich bist. Mary hat dich dabei beobachtet und deine Verkleidung als Hauswart ziemlich schnell durchschaut. Deine Absicht Masumi und ihre Mutter heimlich zu beschatten erwies sich schlussendlich als fataler Fehler in deiner Tarnung.“ Ein schwaches Lächeln von dunkelroten Lippen blitzte unter dem Schleier hervor. „Ich verstehe. Ich hätte wohl nicht nach ihrer derzeitigen Größe urteilen dürfen.“ Nun wandte sich Shinichi doch mit seinem Blick an die -neben ihm stehende- Frau. „Was wolltest du überhaupt mit all dem bezwecken? Und was sollte diese ganze Versteckspielerei? Wir hielten dich für Tod. Ich hielt dich für Tod.“ Ihr Lächeln erkaltete. „Und vielleicht war es ganz gut, dass ihr das bisher geglaubt habt.“, entgegnete Wermut. „Ich war gezwungen für lange Zeit unterzutauchen, nachdem ich damals nur knapp mit dem Leben davon kam.“ „Erzähl mir was passiert ist?“, verlangte Shinichi von ihr. „Ich sagte doch nicht hier.“, behaarte die einstige Schauspielerin Sharon Vineyard. „Mir wurde sehr schnell klar, dass alles nur ein abgekartetes Spiel war und ich hatte euch von Anfang an versucht zu warnen, doch ihr wolltet ja nicht auf mich hören.“, gab sie sich auf einmal vorwurfsvoll, sodass Shinichi etwas beschämt den Kopf hängen ließ. „Mir ist nun klar, dass wir wohl besser auf dich gehört hätten.“, gestand er sich ein. Wermut war allerdings nicht daran interessiert eine lange Standpauke zu vergeben oder sich Entschuldigungen ihrer Person gegenüber einzuholen. Das alles kümmerte sie nur wenig. „Ich wurde, seitdem was damals in dem Komplex vorgefallen war, unaufhörlich durch meinen Widersacher gejagt, der es versäumt hat, mich endgültig zu beseitigen.“, fing Wermut an zu berichten, als sich die beiden unauffällig ein Stück von der Menge entfernt haben. „Sollten sie von seinem Patzer Wind bekommen, würde ihm das sicherlich Kopf und Kragen kosten.“ Shinichi runzelte nachdenklich die Stirn, verkniff es sich aber Wermut unterbrechen zu wollen. „Nachdem ich von der Explosion in der Detektei erfuhr, wurde mir klar, dass sie nun auch wieder Jagd auf euch machen würden. Vielleicht wollten man mich somit auch gleichzeitig aus der Defensive locken. Ist ja im Grunde auch egal. Um mich und auch euch zu schützen, tarnte ich mich als harmloser alter Hauswart. Ich versuchte euch im Verborgenen den Rücken zu decken, falls die Organisation die Absicht verfolgte erneut zuzuschlagen und selbst als du und Shiho widerwartend eure alten Körper zurückerlangt hattet, habe ich, wenn auch ungefragt das gebe ich zu, meinen Beitrag zur Vertuschung geleistet.“ Shinichi stupste einen Stein, der vor ihm auf dem Schotter ihres Weges lag, mit der Spitze seiner schwarzen und polierten Lederschuhe beiseite. „Ja ich weiß und wir sind dir wahrscheinlich zu Dank verpflichtet.“, murmelte er halblaut. „Ich habe den Brief bekommen, den du mir hast zukommen lassen.“, ergänzte er ohne Verzögerung. Wermut nickte schwach. „Eine andere Form der Kommunikation wäre bis dato zu gefährlich gewesen. Auch die Familie von Shuichi wäre in Gefahr gewesen, welche ich ebenfalls nur beschützen wollte. Das es Akai selbst erwischen würde, damit hätte ich wahrlich nicht gerechnet und das ist auch der Grund, wieso ich nun der Meinung bin, dass die Zeit der Zurückhaltung ein Ende haben muss.“ Sie legte eine Hand auf Shinichis Rücken, um ihrer folgenden Aussage Nachdruck zu verleihen. „Wir müssen nun alle gemeinsam gegen die Organisation in den Kampf ziehen.“ Der junge Detektiv vergrub, in einer Haltung der Unzufriedenheit, die Hände in den Hosentaschen. „Viele glauben du seiest von Anfang an Teil des Plan der Männer in Schwarz gewesen. Jodie und das FBI würden dir niemals Glauben schenken, da die von dir gesendeten Daten unvollständig gewesen sein mussten.“ „Ich bin nicht diejenige, die diese Daten an euch übermittelt hat.“, begegnete Wermut den Vorwürfen nüchtern. Shinichis Augen funkelten plötzlich vor Neugierde. „Die Organisation hat sich selbst bekämpft. Nach allem was ich weiß, gab es innere Unruhen und einen Umsturz. Eure Einsätze in aller Welt waren die Grundpfeiler für den wohl ausgeklügelsten Putsch aller Zeiten mit dem Ziel Anokata zu Stürzen und im geheimen eine neue Organisation aufzubauen, direkt vor unseren Augen und mit dem Wissen, dass wir glaubten, sie seien besiegt.“ Der junge Kudo hatte große Mühe damit seinen Gesichtsausdruck nicht sichtbar für alle anderen entgleisen zu lassen. „Ist das wirklich wahr?“, fragte er und wirkte nicht gänzlich überzeugt. „Shinichi!“ Er horchte auf als sein Name über ihre Lippen kam. „Ich bin nach wie vor auf eurer Seite und wir müssen einander vertrauen, wenn wir gegen das, was auf uns zukommt, bestehen wollen.“ „Wie hast du es nur geschafft, die einstürzende Basis zu verlassen?“, verlangte Shinichi, dem es kaum überraschend nach mehr Informationen dürstete, als er bisher erhalten hatte. „Das hebe ich mir wohl lieber für ein anderes Mal auf.“, erklärte Wermut und deutete dabei unauffällig auf eine sich nähernde rotblonde Frau. „Ich werde mich bald wieder bei dir melden.“, versicherte sie ihm. „Du kannst Shiho übrigens ruhig in alles einweihen und ihr von meinem Überleben erzählen. Man soll ja bekanntlich seine Freundin nicht anlügen und sie mit an Bord zu haben, sollte einiges vereinfachen.“ Shinichi nickte, allerdings verschwieg er die Tatsache, dass Shiho immer noch keinen blassen Schimmer davon hatte, dass die Organisation wieder zurückgekehrt war. Er hat es einfach nicht übers Herz gebracht, ihr sofort die Wahrheit über Shuichis Mörder zu erzählen und wollte damit noch bis nach der Beerdigung warten. Ihm wurde nun aber mehr denn je bewusst, dass es immer wichtiger wurde klar Tisch zu machen, aus wenn dies bedeutete, Shiho das letzte bisschen von einem Gefühl der Sicherheit zu nehmen, welches sie in den letzten Monaten so mühselig gewonnen hatten. Er wandte sich ein letztes Mal an Wermut, musste jedoch feststellen, dass sie bereits verschwunden war, wie vom Erdboden verschluckt. Allein wie sie sich unbemerkt der Beerdigung nähern konnte, ohne dass das FBI dies bemerkt hat, war nur ein weiteres Rätsel, welches sie ihm ungelöst zurückließ oder bewusst für sich behielt. „Was machst du hier ganz alleine?“, flüsterte eine kaum wahrnehmbare Shiho auf einmal neben ihm. Shinichi drehte sich zu seiner Freundin um. Sie sah ihn nicht direkt an, sondern starrte einfach nur geradeaus auf seine Brust, als würde sie auf eine Wand einreden. Er konnte spüren, dass sie einfach nur von hier weg wollte, dass sie nicht auch nur eine weitere Beileidsbekundung vertragen konnte. Er legte einem Arm auf ihre zerbrechlich schwach wirkende Schulter. „Komm lass uns gehen. Ich werde Jodie bitten uns und Masumi nach Hause zu fahren.“ Damit schritten sie Richtung Ausgang, ein großes geschwungenes Tor aus Stahl mit vielen blattähnlichen Verzierungen, eingelassen in eine dicke schwere Ziegelmauer, welche das Gelände des Friedhofes vom umliegenden Bezirk Tokyos abschirmte. Der kalte Wind jagte durch die großen Bäume, welche verteilt auf dem Gelände standen. Ein Windzug erfasste Shinichi, blies ihm über den Nacken, sodass er sich noch ein letztes Mal zu der Stelle umdrehte, an der er sich mit Wermut unterhalten hatte. Shiho musste zu abgelenkt gewesen sein, um ihre Präsenz während der Zeremonie zu spüren. Selbst die Konversation danach mit ihm, scheint die junge Wissenschaftlerin nicht bemerkt zu haben. Für den Bruchteil einer Sekunde war sich Shinichi unschlüssig, ob er nicht unter Wahnvorstellungen litt und versuchte sich jemanden herbeizuwünschen der gar nicht… Nein sie war da gewesen, dachte er sich, als der Wind erneut durch die Äste glitt und diese hin und her schwenken ließ. Wermut war nach wie vor verschwunden, doch spürte er den Nachhall ihrer Gegenwart. Große Fragezeichen umgaben den jungen Detektiven. Es war unklar was die Zukunft bringen würde. Einer Sache war es sich allerdings vollends bewusst. Es würde nie mehr so sein wie früher. Es war kein Wunder, dass Shiho in der folgenden Nacht keinen Schlaf fand. Wie sollte sie auch? Die Ereignisse des Tages geisterten in ihrem Verstand umher. Sie kam einfach nicht zur Ruhe, konnte nicht abschalten. Sie wälzte sich in ihrem Bett, doch egal was sie auch versuchte, ihr Körper wollte sich nicht der Müdigkeit hingeben. Erneut musste sie an Shuichi denken. Ihre Augen füllten sich unweigerlich wieder mit Tränen. Sie schob die Decke, unter der sie sich zusammengekauert hatte, zur Seite und schaltete die Wandlampe neben ihrem Bett ein. Ein schwaches gelbes Licht füllte ihr Kinderzimmer in der Villa Agasa. Shiho hat darauf bestanden diese Nacht nicht bei Shinichi zu schlafen, sondern allein. Ihr war absolut klar gewesen, dass es keine angenehme Nacht werden würde und von daher wollte sie nicht auch noch ihrem Freund den so nötigen Schlaf rauben. Außerdem empfand sie es auch als nicht verkehrt, ein wenig allein zu sein und alles für sich zu verarbeiten, so wie sie es von früher gewohnt war. Sie sah auf ihre Uhr: Es war gerade mal kurz nach Elf. Die rotblonde Frau erhob sich und tapste auf dicken Wollsocken hinaus aus ihrem Zimmer und auf den Flur. Vielleicht könnte ein warmes Glas Milch mit Honig ihr dabei helfen einzuschlafen. Im ganzen Haus war es schon stockfinster. Der Professor musste wohl auch früher zu Bett gegangen sein als üblich, doch als sie den Lichtschalter im Flur zu betätigen versuchte, um den Abstieg der Treppe besser zu sehen, geschah nichts. Shiho runzelte die Stirn und klickte das Feld unter ihren Fingern mehrmals noch unten und wieder nach oben, aber es blieb weiterhin finster. War etwa eine Sicherung herausgeflogen? Sie sah zurück in ihr Zimmer. Das Licht ihrer Bettlampe leuchtete nach wie vor. Seltsam. Zögerlich ging sie voran und klammerte sich an die Wendeltreppe, der sie vorsichtig hinunter ins Wohnzimmer folgte. Der Sicherungskasten befand sich unten im Labor. Mit einem Arm nach vorne ausgetreckt, versuchte sie die Tür zum Keller zu finden. „Aua“ Ohne zu wissen, wo sie hintrat, stieß Shiho nicht gerade sanft mit ihrem linken Fuß gegen den Sessel des Professors. Ihre Zehen gaben ihr ohne Umschweife zu verstehen, dass sie von diesem Zusammenstoß nicht erfreut waren. Ein unangenehmer Krampf machte sich in ihrer Sohle breit. Nun bereute sie es, nicht ihr Chronometer aus dem Zimmer mitgenommen zu haben, denn das hätte ihr wohl einiges erspart. Als sie ihre Fußspitze betasten wollte, fiel ihr ein bläulicher Lichtschimmer auf, welcher aus der Küche zu kommen schien. Was konnte das nur sein? Sie vergaß das Labor und den Kasten mit den Sicherungen und bewegte sich stattdessen auf das Licht zu. „Professor?“, rief zögerlich und vielleicht auch etwas zu leise, da sie keine Antwort erhielt. Eine Eiseskälte überzog ihre Haut. Als sie an der Tür ankam, unter der das helle Blau in das Dunkel des Wohnzimmers hindurchsickerte, vernahm sie ein seltsames Rascheln aus der Küche. Shiho bekam es zunehmend mit der Angst zu tun. Was war das? Sie bewegte ihre Hand mit der Absicht die Tür zu öffnen, zögerte allerdings und überlegte, ob es nicht besser sei Shinichi anzurufen. Sie überlegte noch für einige Sekunden, bis sie schließlich den Türknauf fest umklammerte. Wenn sie jetzt überreagiert, würde sie damit nur erreichen, dass Shinichi sich noch mehr Sorgen um sie machen würde als ohnehin schon. Sie ist doch kein hilfloses Kind. Hierfür gab es sicherlich eine harmlose Erklärung. Ohne weiter nachzudenken riss sie die Tür auf. Was folgte, war ein gewaltiger Schreck. Kapitel 27: Neu gemischte Karten -------------------------------- Kapitel 27: Neu gemischte Karten Die Verpackung riss auf, als der Pudding mit einem satten Geräusch auf den Boden klatschte und sein Inhalt sich somit auf den Küchenfliesen verteilte. „Professor!“, schimpfte Shiho. „Ich habe mich ihretwegen fast zu Tode erschreckt.“ Sie hatte ihn quasi in Flagranti erwischt. Mit sperrangelweit geöffnetem Kühlschrank und reichlich Süßkram im Mund und in den Händen. Der Pudding wurde hierbei Opfer von Agasa’s hektische Reaktion auf die plötzlich vor ihm stehende Rothaarige. Der alte Erfinder schaute ziemlich bedröppelt drein, nachdem das Chaos beseitigt und beide sich an den Essenstisch gesetzt hatten. In seinem Bärtchen hing noch etwas von der Pastete, die er verdrückt hatte. Eigentlich war er ja nicht verfressen oder ähnliches, auch wenn seine Figur nicht die Schmalste war. Doch seine derzeitige Forschung verlangte ihm alles ab, sodass er häufig den geregelten Mahlzeiten fernblieb. Das und der von Haibara aufgestellte Essensplan, welcher definitiv zu wenig Nervennahrung beinhaltete, trugen dazu bei, dass im spät abends schonmal plötzlich der Heißhunger packte. „Es tut mir Leid Ai, dass ich dir Sorgen bereitet habe“, nuschelte Agasa verlegen. Zwar war eigentlich nichts weltbewegendes vorgefallen, dennoch war dem Professor klar, dass Shiho derzeit weitaus andere schwerwiegendere Dinge zu bewältigen hatte. Er mochte sich gar nicht ausmalen, was in ihr vorging. Der Verlust eines Familienangehörigen ist und bleibt eine schreckliche Erfahrung. Auch wenn sie schon die ein oder andere solche Wunde sich zugezogen hatte, so war diese noch taufrisch und wer weiß, wie lange es dauern würde, bis diese verheilt sei oder ob überhaupt. Wie viel Schmerz kann ein einzelner Mensch wohl ertragen, ehe er sich davon nicht mehr erholen kann. „Ist schon in Ordnung Professor. Ich habe vielleicht ein wenig überreagiert“, zwang sich Siho zu einem bescheidenen Lächeln, während sie ihre Tasse mit warmer Milch fest umklammerte, als könnte jeden Moment jemand kommen und ihr auch diese einfach wegnehmen. Der alte Erfinder nippte nachdenklich an seinem Kaffee. Er ging davon aus, dass Shiho wohl kaum nach Smalltalk war und selbst wenn, hätte er keine Ahnung über was er mit ihr reden sollte. Er stoppte beim erneuten Ansetzen der Tasse um etwas zu trinken, als die Rothaarige begann ihre Lippen zu spitzen, als würde sie überlegen doch noch etwas zu äußern, wenn auch zögerlich. „Professor. Vorhin im Flur ist mir aufgefallen, dass das Licht nicht anging. Ich habe es mehrmals probiert. Ich denke die Lampe ist kaputt.“ Der Professor grinste schwach. Mit einer solchen Aussage hätte er zwar nicht gerechnet, aber es war vermutlich besser als nichts von ihr zu hören. „Ich werde mir das morgen mal ansehen.“ Er stand auf und räumte die leere Tassen in die Spülmaschine. „Und du versuchst jetzt ein bisschen zu schlafen. Dein Körper hat etwas Ruhe verdient.“ Shiho nickte und wünschte dem Professor eine gute Nacht, ehe sie in ihr Zimmer zurückkehrte. Ebenso hatte sie ihn darum gebeten, nicht bis zum Sonnenaufgang im Labor durchzuarbeiten. Auch sein Körper hatte eine Pause verdient. Dem herzhaften Gähnen Agasa’s darauf ließ vermuten, dass er ihrem Ratschlag wohl folgen werde. Was für ein Tag, der da zu Ende ging. Die Hoffnung Shihos die restliche Nacht friedlich zu schlummern, entpuppte sich als naiver Wunsch ihrerseits. Albträume jagten sie. Die Schwarze Organisation. Auferstanden aus ihrer Asche kehrte zurück und trieb sie und Shinichi in die Enge, bis es kein Entrinnen mehr gab. Ein dunkler Schatten griff nach ihnen. Riss sie auseinander. Ihr Freund wollte sie festhalten. Es gelang ihm nicht. Hilflos musste sie mit ansehen, wie er von der Dunkelheit verschluckt wurde. Sie riss die Augen auf. Schweißgebadet lag sie in ihrem Bett. Ihr Herz raste wie wild. Es dauerte ein wenig, ehe sie sich beruhigen konnte und realisierte, dass dies alles nur ein böser Traum war. Erschöpft schloss sie wieder die Augen und atmete tief durch. Sie horchte auf, als ein merkwürdiges Geräusch allmählich an ihr Ohr drang. Es schien aus dem anliegenden Bad zu kommen. Ein schrilles Summen, wie ein Rasierapparat. Was trieb der Professor heut nur für komische Dinge, dachte sich die Rothaarige. Sie war allerdings zu erschöpft um weiter darüber nachzudenken und so dämmerte sie ein wenig vor sich hin. Keine Ahnung wie viel Zeit dabei verging. Als sie das nächste Mal die Augen öffnete, war das Geräusch von vorhin verschwunden. Es war still und dunkel in ihrem Zimmer. Ab und an fiel ein schwaches Licht hinein. Draußen schien der Mond, welcher immer wieder von vorbeiziehenden dichten Wolken verdeckt wurde. Sterne schienen kaum welche, registrierte die junge Wissenschaftlerin beim Blick hinaus. Sie spürte die drückende Wärme unter ihrer Bettdecke und das Verlangen, etwas frische Luft zu tanken. Doch als sie aufstehen wollte, um das Fenster zu öffnen, bemerkte sie irritiert, dass sie ihre Arme nicht bewegen konnte. Nach mehrmaligen Rütteln realisierte sie, dass sie gefesselt war. Shiho bekam Panik. Wer hatte sie fixiert und warum? Sie fing an nach dem Professor zu rufen, doch er kam nicht. Stattdessen meldete sich jemand Fremdes aus der Ecke ihres Zimmers. Shiho blieb der Atem weg. Binnen eines Wimpernschlages überzog sie eine Gänsehaut. Plötzlich war ihr nicht mehr warm, sondern eiskalt, sodass sie zu zittern begann. Da saß jemand in dem Stuhl gegenüber von ihrem Bett. Verborgen im Schatten konnte sie die Person nicht sehen, doch diese Stimme erkannte sie unter Hunderten, auch wenn sie ein wenig anders klang als sonst. Nein das konnte nicht sein. Träumte sie noch? Oder halluzinierte sie? Das konnte doch unmöglich real sein. Sie war wie gelähmt. Die Gestalt sprach erneut zu ihr, als hätte sie ihre Gedanken gelesen. „Auch wenn du es nicht wahrhaben willst, so bin ich doch wirklich hier. Hatte ich nicht versprochen, dass wir uns wiedersehen werden… Sherry?“ Shiho hätte bei dem Namen am liebsten aufgeschrien, doch kein Laut vermochte mehr ihrer Kehle zu entrinnen. Es war real. Obwohl Shinichi und alle anderen sie vom Gegenteil überzeugen wollten. Sie gab sich ihren Versprechungen hin, doch in ihrem tiefsten Inneren hatte sie stets Zweifel gehegt, diese aber immer wieder unterdrückt. Sie wollte ihnen glauben. Sie wollte Shinichi glauben. Doch am Ende wurde sie, wie schon so oft, zurück auf den Boden der Tatsachen gezogen. Warum sollte das Schicksal sie auch einfach gewähren lassen. Ihre Vergangenheit würde sie stets einholen und ER würde sie immer wieder finden, so wie heute Nacht. Gin saß weiterhin in dem Stuhl und durchbohrte mit seinen gewitzten grünen Augen die rotblonde Frau. Er hatte sie einfach nur beobachtet. Stunde über Stunde. Die ganze Zeit über, hat er sie stillschweigend betrachtet. Sich ganz und gar ihrer Nähe hingegeben. „Pro… Profess…“, entwich es Shiho fast lautlos. „Du brauchst dir wegen ihm nicht den Kopf zu zerbrechen.“ Gin warf einen flüchtigen Blick auf seine Armbanduhr. „Das Dickerchen schwebt im Land der Träume und wird noch bis zum Morgen tief und fest schlafen.“ „Was hast du…?“ „Ich habe ihm kein Haar gekrümmt, wenn es das ist was dir Sorgen bereitet. Ich sorgte lediglich dafür, dass wir zwei ungestört sind.“ Das fahle Licht des Mondes wanderte in die Ecke des Zimmers, in der Gin saß. Der Mörder von Akemi sah nicht besonders gut aus, dass konnte Siho selbst in dem schwachen Schein erkennen. Er wirkte dünner, beinahe abgemergelt. Tiefe Schatten zeichneten sich auf seinem matten Gesicht und den Wangenknochen ab. Er schien schon lange nicht mehr regelmäßig und ausreichend gegessen zu haben. Trotz seiner schlaffen und von Hunger gezeichneten Gesichtszüge, war er frisch rasiert. Der Duft von After Shave drang in ihre Nase. Also war Gin die Person im Badezimmer gewesen. Ein Schauer überfiel sie. Wie lange hielt er sich schon im Hause des Professors auf? Ein Auto fuhr die Straße entlang und tauchte für den Bruchteil einer Sekunde Gin gänzlich in gleisendes Licht, ehe es schlagartig wieder finster wurde. Sein Haar war kürzer als früher und eher silbern, als blond. Nicht so platinblond wie das von Wermut, sondern schon beinahe weiß. Er wirkte viel älter, als er war. Nur seine Augen funkelten wie eh und je. Seine Pupillen zogen sich zusammen, als das flüchtige Licht der Scheinwerfer auf seine Netzhaut traf. Er saß weiterhin einfach nur da, wie eine Raubkatze, die auf den richtigen Zeitpunkt wartete ihre Beute zu zerfleischen. War Siho seine Beute? „Du siehst gut aus.“, machte er ihr ein Kompliment. Sie rümpfte die Nase. So langsam konnte sie sich wieder etwas beherrschen, auch wenn es dafür nicht den geringsten Anlass gab. Das Adrenalin in ihren Adern schärfte aber ihre Sinne. „Das gleiche kann ich leider nicht von dir behaupten.“, entgegnete sie. Ihre -für Gins Gegenwart- relativ feste Stimme entlockte dem Hünen ein überraschtes Stirnrunzeln. Doch seine Gesichtszüge entspannten sich schnell. „Dafür darfst du dich bei Cognac bedanken.“, sprach er ruhig. In Shihos Kopf ertönten sämtliche Alarmglocken. „W-Was Cognac?“ Ein Stich durchzog ihre Brust. Für einen Augenblick drohte sie die Fassung zu verlieren, schüttelte doch dann ablehnend den Kopf. Gin trieb sicherlich Spielchen mit ihr. Er nutzte ihre Angst als Waffe gegen sie. Ihre Emotionen durften jedoch nicht über die Fakten triumphieren. Er selbst mag zwar überlebt, doch Cognac wurde Opfer seiner eigenen Überheblichkeit. „Was redest du da? Das ist nicht möglich. Du solltest wissen, dass er tot ist“, versuchte Shiho zu kontern. „Er stürzte mit seinem Helikopter ab. Shinichi und Shuichi waren Zeugen davon, er...“ „Irrtum“, erwiderte Gin scharf. „Wie..?“ Alles verkrampfte sich in ihr. Sein Verhalten machte deutlich, dass er es absolut ernst meinte und Gin war kein Mensch, der gerne mit einem Scherz auftrumpfte. „Ich zerstöre ja nur ungern deine Illusionen mein Herz, aber Cognac ist leider putzmunter. Er lebt, genauso wie die Organisation lebt oder zumindest das, was einmal die Organisation war.“ Shiho verstand gar nichts mehr. Sie hätte sich am liebsten Geohrfeigt, damit sie endlich aufwachen würde. Ihre Fesseln verhinderten dies jedoch. Wovon sprach Gin da nur und warum machte er den Eindruck, als würde er das Überleben Cognacs bedauern? Sofern dies der Wahrheit entsprach. Und was war mit der Organisation geschehen? Hatten Shiho und ihre Freunde wirklich versagt, bei dem Versuch sie niederzuschlagen. Diese Informationen wirkten auf sie so verwirrend, dass sie es partout nicht akzeptieren wollte. „Nein, nein. Du lügst. Das kann nicht sein.“, wimmerte sie. „Ob du es mir glaubst oder nicht ist mir gleich“, reagierte Gin barsch auf ihr verzweifeltes Auftreten und erhob sich. Vermutlich empfand er dieses Preisgeben von Schwäche und Verwundbarkeit als ihrer unwürdig. Er ging auf sie zu und stellte sich an ihr Bett. Fast schon verachtend blickte er auf sie herab. „Hast du mit ihm geschlafen?“ Siho -ganz desorientiert- verstand die Frage nicht. Ihr Kopf drohte zu platzen. Sie kniff die Augen zusammen. „Sein Glück, dass dein Liebhaber nicht hier ist“, fügte Gin bissig hinzu. Seine Stimme konnte Shiho nur noch dumpf vernehmen als hätte man sie mit ihrem Kopf unter Wasser gedrückt. Sie quoll über vor Verachtung und… Neid. „Weiß er überhaupt, dass er nicht dein Erster war?“ Ein stechender Schmerz durchzog das Herz der Wissenschaftlerin. Er beschwor eines ihrer dunkelsten Kapitel an die Oberfläche eines Sees voller Erinnerungen in ihrem Inneren. Sie konnte nichts erwidern, wusste aber inzwischen, dass Gin von Shinichi sprach. „Denkst du wirklich, dass ist eine Partnerschaft auf Augenhöhe? Du bist wirklich naiv geworden Sherry.“ „S-Sei still“, krächzte Shiho, doch Gin dachte nicht daran. „Er hat dich belogen. Er wusste es besser, doch zog es vor dich für dumm zu verkaufen. Und weißt du warum? Weil er dir nicht vertraut. Du bist für ihn nur ein Klotz am Bein.“ „Nein das stimmt nicht“, widersprach sie, auch wenn ihr nicht wirklich klar war auf was Gin hinauswollte, doch fehlte es ihr an Überzeugung in der Stimme. „Warum sollte ich lügen?“ , fragte er. Klang aber nicht so als würde er überhaupt keine Antwort darauf erwarten. Shiho schluckte und rang sich dazu stark zu bleiben. Wenn nur diese Fesseln nicht wären. So bewegungsunfähig vor ihrem Widersacher liegend, fühlte sie sich noch verwundbarer als ohnehin schon. „Egal was du mit mir vorhast, Shinichi wird es erfahren und das ihr zurückgekehrt seid.“ Gin beugte sich zu ihr herunter, sodass sein Gesicht direkt vor ihrem war. Seine Augen hafteten an ihren Lippen. „Das weiß er doch schon längst“, offenbarte Gin mit einem fast schon befriedigten Unterton. „Immerhin hat er Korn auf der Baustelle persönlich konfrontiert. Chianti hat mir alles erzählt. Er weiß das die Schwarze Organisation zurückgekehrt und für Akais Tod verantwortlich ist.“ Shiho wollte erneut dagegen halten, doch ihr blieb die Luft weg. Sie glaubte ihm kein Wort. Sie wollte ihm kein Wort glauben. Gin schien dies zu spüren. Er fuhr ihr, wie zu Beruhigung, mit der Hand durch das Haar. „Du kannst ihn ja gerne damit konfrontieren, wenn du willst. Du wärst überrascht, was Liebende voreinander so alles verbergen, nicht wahr?“ Danach erhob er sich wieder und wandte sich ab. „Ich habe sicherlich nicht den beschwerlichen Weg hierher auf mich genommen um dir Märchen zu erzählen. Im Gegensatz zu ihm, bin ich der Meinung, dass du die Wahrheit wissen solltest, um dich auf das was kommen wird vorzubereiten.“ Über seine Schulter warf er einen ernsten Blick an die Rothaarige. „Cognac ist der Mittelpunkt in diesem ganzen Konstrukt. Alle Stränge laufen bei ihm zusammen. Es war sein Plan, von dem ihr geglaubt habt, er würde das Ende der Männer in Schwarz bedeuten. Ihr wart nur seine Marionetten.“ Er ließ seinen Blick wieder ab und schritt hinüber zum Nachttisch. Er starrte auf ein eingerahmtes Bild. Das Foto von Ai und Conan in ihrem gemeinsamen Urlaub, dass schon für einiges an Aufsehen gesorgt hatte. Die Rotblonde konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten. Mit den Fingerspitzen wollte er es berühren, zögerte jedoch und ließ am Ende die Hand wieder sinken. Shiho hätte in der Zwischenzeit etwas sagen können, blieb aber stumm. Sie versuchte zu ergründen, warum Gin wirklich hier war. Wenn er sie töten wollte, hätte er doch schon längst die Gelegenheit dazu gehabt. Wollte er sie wirklich nur warnen? Das sah ihm nicht ähnlich, aber so vieles an ihm, sah ihm inzwischen nicht mehr ähnlich. „Ich folge ihm nicht, was ich teuer bezahlen musste. Doch brechen konnte er mich nicht und wird es auch niemals“, fuhr er fort. „Er ist unser gemeinsamer Feind, aber verstehe das ja nicht falsch. Auch ihr seid weiterhin meine Feinde, doch ich erachte es als sinnvoll, wenn Cognac so vielen Gegnern wie möglich gegenübersteht. Du und dein Detektiv-Freund seid seine größte Schwachstelle. Er wird alles tun um sich an euch zu rächen und ich werde das zu meinem Vorteil ausnutzen. Ihr seit mein Mittel zum Zweck. Meine Köder, mein Werkzeug. Nicht mehr und nicht weniger und das ist auch der einzige Grund, warum ich jetzt vor DIR stehe und nicht vor deinem Geliebten. Euer Nutzen für mich ist alles, was euch am Leben hält.“ Gin klang so als versuchte er Shiho und der ganzen Welt klarzumachen, dass er keinen Zentimeter an Stärke und Erbarmungslosigkeit eingebüßt hat, während seiner Zeit bei Cognac. Ein wahrhaftig wildes Tier ließe sich wohl nicht zähmen. Ganz egal wie lange es in einem Käfig hockt. Eher beißt es sich selbst tot als sich mit einem Schicksal in Gefangenschaft abzufinden. Und genauso war auch Gin. Aus seiner Manteltasche zog er ganz beiläufig eine Glühbirne hervor und platzierte sie auf dem Tisch. „Die könnt ihr gerne wiederhaben. Sie gehört zu der Lampe im Flur. Ich habe alles gesagt, was ich zu sagen hatte.“ Damit ging er zur Tür und öffnete diese nur um im Türrahmen ein letztes Mal stehenzubleiben. „Der Kampf ist eröffnet Sherry. Die Karten neu gemischt. Wähle dein Blatt mit bedacht.“ Mit diesen Worten verschwand er. Die Spitzen seines schwarzen Mantels wehten noch hinter ihm her, dann war es plötzlich wieder still. „Moment warte. Gin.“ Shiho wollte ihm folgen, sie war aber nach wie vor am Bett fixiert. „Gin!“ Ihr kam es abstrus vor ihm nachzurufen, sollte sie doch froh sein, dass er wieder gegangen war ohne ihr ein Haar zu krümmen. Allerdings schwirrten plötzlich eine Menge Fragen durch ihren Kopf, auf die vielleicht nur er eine Antwort hätte. Stimmte es wirklich, was er sagte? Hat Shinichi ihr die Wahrheit über den Verbleib der Organisation tatsächlich vorenthalten? Hätte er sie wirklich so belügen können? Sie zerrte so fest sie konnte an ihren Fesseln, doch wenn sie von Gin waren, dann gab es für sie keine Möglichkeit sie allein zu lösen. Völlig erschöpft gab sie nach und versuchte sich zu beruhigen. Sie vergrub ihr Gesicht in ihr Kissen. „Shinichi“, murmelte sie traurig. „Sag ist das wahr?“ Zur gleichen Zeit starrte eine geschrumpfte Mary Sera von dem Balkon ihrer Wohnung auf die Lichter Tokyos. Sie war tief in Gedanken versunken. Ihre Miene verriet nichts von dem, was in ihr vor sich ging. Masumi war bereits zu Bett gegangen. Leise hatte sie sich in den Schlaf geweint. Ihre Mutter konnte nichts unternehmen, um sie zu trösten. Wie es in ihr aussah, vermochte nicht einmal sie selbst zu ergründen. Sie hatte nicht einmal persönlich Abschied nehmen können. War nicht dabei gewesen, als ihr ältester Sohn zu Grabe getragen wurde. „Shuichi“, flüsterte sie in die Nacht hinein. Sie erinnerte sich noch an ihr letztes Gespräch. Wie sie ihm von ihrer Schwester Elena erzählte, seiner Tante. Sie bereute es nicht, es getan zu haben. Hätte sie weiter geschwiegen, würde sie es nun auf ewig bedauern. Die Familie ist das wichtigste. Das hatte sie lange verdrängt gehabt. Hätte sie nur einen besseren Draht zu ihm gehabt. In ihm steckte so viel von seinem Vater. Mehr als ihr meist lieb gewesen ist. „Shuichi“, wiederholte Mary. „Ich wünschte ich wäre mehr für dich da gewesen.“ Ihr Blick fiel auf die geladene Glock, die vor auf einem kleinen runden Tisch ruhte. „Das wird sich ab sofort ändern. Schluss mit dem Versteck spielen. Der Kampf ist eröffnet. Die Karten neu gemischt. Lange genug habe ich in diesem Körper verweilt.“ Sie griff nach der Pistole und zog das Magazin heraus. Ihr Antlitz spiegelte sich in den Patronen wieder. Ihr Blick war entschlossen und furchtlos. „Es ist an der Zeit in die Offensive zu gehen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)