Wegweiser ins Licht von Cognac ================================================================================ Kapitel 13: Auf den Versen -------------------------- Kapitel 13: Auf den Versen Seine Mitschüler liefen fröhlich an ihm vorbei Richtung Ausgang. Es hatte zur Pause geläutet und jeder wollte nach draußen und das schöne Wetter genießen. Nur er hatte kein Interesse daran, weder auf das tolle Wetter noch auf die Gesellschaft der anderen. Mitsuhiko hatte gehofft, dass er Genta vielleicht auf seine Seite ziehen könnte, dass dieser mitunter genauso verärgert reagieren könnte wie er, doch diesem schien es überhaupt nichts auszumachen, dass Conan und Ai eine heimliche Beziehung führten. War er etwa der einzige, der etwas dagegen hatte? Der Junge mit den Sommersprossen schlurfte allein durch den nun leeren Gang der Schule, als er in seinen Gedanken versank. Das er die Beziehung zwischen ihnen nicht gut fand, lag einzig und allein daran, dass er auch in Ai verliebt war. Er würde dies aber nie den anderen gegenüber gestehen, da er nun die Gewissheit besaß, dass seine Gefühle nie erwidert werden würden. Er hatte es doch von Anfang an gewusst. Wie sollte sich auch ein schlaues und attraktives Mädchen wie Ai, in einen unspektakulären und schüchternen Jungen wie ihn verlieben. Conan war da so ganz anders als er. Er hatte so viel mehr drauf. War er aber jetzt ein schlechter Freund, wenn er es Conan nicht gönnte, dass er mit Ai zusammen war? Viel mehr war doch Conan ein schlechter Freund, da er ihre Beziehung vor ihm geheim gehalten hat. Genau, dachte sich Mitsuhiko. Das war der Grund, weswegen er sauer sein durfte. Auch wenn der Neid gegenüber Conan sich nicht einfach wegwischen ließ und die Schwärmerei zu seiner Mitschülerin Ai, eine ebenso große Rolle in diesem Theater des Gefühlschaos, inmitten seines kleinen Herzens, spielte. Während er so nachdachte und sich schuldig, jedoch gleichzeitig auch im Recht fühlte, stoß Mitsuhiko ausversehen mit jemanden zusammen. Der Junge hatte die ganze Zeit wie hypnotisiert auf den Boden gestarrt und die sich öffnende Tür zur seiner Rechten somit nicht bemerkt. Etwas erschrocken setzte er einige Schritte nach hinten und sah hinauf zu einem ziemlich großen Kerl in Hausmeisteruniform. Sofort packte ihn die Furcht, denn es war der mit Abstand größte Mann, den er je in seinem Leben gesehen hatte. Er hatte ein Basecap tief ins Gesicht gezogen und sah ihn nur schweigend an. Bei genauerem Hinsehen musste Mitsuhiko stutzen. Der Typ war ganz bestimmt nicht ihr Hausmeister. Er war nicht einmal Japaner. Der Schatten des Caps verdunkelte das Gesicht des Mannes und der junge Tsuburaya bekam es immer mehr mit der Angst zu tun. „W-Wer sind sie?“, fragte er nervös. Zwei weiße kalte Augen hefteten sich an sein Gesicht und Mitsuhiko setzte aus Reflex noch einen Schritt nach hinten, verlor aber durch seine weichgewordenen Kniee den Halt und fiel auf sein Hinterteil. Bibbernd begegnete er dem Fremden, der sich ihm langsam näherte. Ohne eine Miene zu verziehen und ohne jeden Ausdruck einer Emotion holte der falsche Hausmeister einen Elektroschocker aus der Hosentasche und hielt diesen dem Jungen entgegen. „Wenn du dich nicht wehrst, tut es nur halb so weh.“, versprach ihm der Mann mit einer furchteinflößenden monotonen Stimme. Mitsuhiko wollte daraufhin um Hilfe schreien, doch Baileys war schneller. Viele Kinder liefen verängstigt durcheinander, manche weinten, andere waren wie festgewachsen, doch eine Sache hatten sie alle gemeinsam. Sie alle wussten nicht was auf einmal geschehen war. Einzig und allein Conan vermochte das Ausmaß der Katastrophe zu erkennen. Die Ereignisse und die Bilder rund um die Detektei schossen in seine Gedanken, als er die schwarzen Rauchsäulen emporsteigen sah. Es war noch alles so präsent und die Ähnlichkeiten erschreckend. Hektisch schaute er sich um. Er blickte in das Gesicht von Ai, die ebenfalls nicht begriff, was da vor sich ging. Conan sah weiter durch die Menge von Kindern und Lehrern, die aus dem Gebäude eilten. Die meisten Schüler waren zum Glück zur Pause raus gegangen, doch wo war Mitsuhiko? Er war nicht unter ihnen. Wo steckte er bloß? „Ai, bitte bleib hier und pass auf die Kinder auf.“, bat Shinichi sie. Ohne eine Bestätigung abzuwarten rannte er kurz danach los, drängelte sich an der Vielzahl ungeordneter Mitschüler vorbei und lief in das Schulgebäude. Die Rufe eines Lehrers der dritten Klasse, der ihn aufforderte, sofort zurückzukommen, ignorierte er schlichtweg einfach. Ai schaute ihm besorgt nach. Er tat es schon wieder. Er lief blindlinks drauflos, mitten hinein in die Gefahr. Wenn sein Instinkt ihm etwas sagte, dann gab es nichts mehr das ihn hielt. Sein Gerechtigkeitssinn schien schier grenzenlos zu sein. Sie wäre ihm am liebsten gefolgt, doch sie konnte Ayumi, die angefangen hatte zu weinen und auch Genta nicht einfach hier alleine zurücklassen. Würde sie ihm hinterhereilen, so könnte niemand verhindern, dass die beiden Detective Boys es ihr gleich tun würden. „Unternimm bloß nichts Dummes Shinichi.“, flehte Haibara. Ihre Worte gingen in der umliegenden Panik verloren. Conan sprintete so schnell wie seine kleinen Beine es ihn ermöglichten durch den breiten Mittelflur des Erdgeschosses. Mit Erleichterung konnte er feststellen, dass alle seine Schulkameraden und Lehrer sich bereits ins Freie gerettet hatten. Wäre die Explosion während der Unterrichtszeit erfolgt, hätte das zweifellos in einer Katastrophe geendet. Der einzige um den er sich aber nach wie vor Sorgen machen musste, war Mitsuhiko. Nicht zu vergessen, die Ursache der Explosion. Shinichi beschlich ein äußerst ungutes Gefühl dabei und es war eine der seltenen Male, bei denen er hoffte, dass er sich einfach Irren würde. Über seinem Kopf hinweg zogen die dunklen Rauchschwaden die Decke entlang und Conan musste ihnen einfach nur folgen, um zu ihrem Ursprung zu gelangen. Die Luft wurde zunehmend stickig. Es stank nach Rauch und Feuer. Shinichi hielt sich den Ärmel vor die Nase, als er sich den ersten Flammen näherte. Es war das Chemielabor der Schule, indem die fünfte und sechste Klasse unterrichtet wurde, das vollkommen in Trümmern lag und aus dem das Feuer sich rasch ausbreitete. Das verarbeitete Holz in den Wänden wurde schnell vom hungrigen Inferno verschluckt und die Temperatur im Gebäude stieg immer weiter an. Der feuchte Schweiß ran über Conans Gesicht, doch ihm machte etwas ganz anderes zu schaffen. Die unerträgliche Hitze und die Flammen bescherten ihm unangenehme Flashbacks an das Feuer im Forschungslabor der Organisation. Er vernahm wieder die Musik, die damals durch die Gänge schallte und ihn zu Cognac geführt hatte. Der Detektiv könnte schwören durch den Hitzeflimmer, der ihm umgab, seinen einstigen Rivalen in den Flammen zu sehen. Sein teuflisches Grinsen, ein Versprechen ihm alles zu nehmen, was ihm Lieb und teuer war. Shinichi schüttelte den Kopf und die Illusion, die ihm von seinem Verstand vorgegaukelt wurde, verschwand. Er musste sich in Acht nehmen, nicht so viel von dem giftigen Rauch einzuatmen. „Hallo, ist hier noch irgendjemand? HALLO?“, schrie Conan so laut er konnte. Nichts war zu hören, bis auf das Knistern und Züngeln des tobenden Brandes. „Hallo, hört mich jemand? MITSUHIKO?“, rief er weiter, doch die Luft ging ihm allmählich aus und seine Worte wurden wahrhaftig im Keim erstickt. Ein leises Poltern ließ Shinichi herumfahren. Zwei Zimmer weiter konnte er sehen, wie sich eine Tür bewegte, als würde von innen einer dagegen treten. Der Schwarzhaarige eilte hinüber. Es war der Raum des Schulhausmeisters. Irgendjemand war da drin, doch kam diese Person nicht raus. Der kleine Detektiv griff nach der Klinke und drehte, doch es war verschlossen. „Mist“, presste Shinichi hervor. „Dann eben anders.“ Er trat einige Schritte zurück und blies einen Fußball aus seinem Spezialgürtel auf, bevor er diesen mithilfe seiner Power-Kick-Boots, durch das kleine quadratische Fenster in der Tür feuerte. Das Glas zersplitterte und nachdem Conan sein Jackett über den Rahmen oberhalb des Griffs gelegt hatte, gelang es ihm unbeschadet in den verschlossenen Raum zu klettern. Etwas unsanft landete er auf dem Boden, der mit kleinen glitzernden Glasperlen übersäht war. Zu seinen Füßen erblickte er einen regungslos gefesselten alten Mann und einen geknebelten Zweitklässler, der ihn mit Erleichterung, aber auch mit Angst gefüllten Augen ansah. „Mitsuhiko!“, stellte er erleichtert fest. Shinichi kniete sich vor seinem Freund nieder und half ihm dabei, sich von seinen Fesseln zu befreien. Als das erledigt war, wollte der Junge mit den Sommersprossen ihm etwas sagen, doch Conan machte klar, dass das warten konnte. Er bat Mitsuhiko nach dem Mann zu sehen, allen Anschein nach der Hausmeister ihrer Schule, Herr Tachibana. Er selbst öffnete die Tür des Raumes, die sich von innen aufschließen ließ. Kaum war der Weg zum Flur frei, peitschten gelbe, rote und orangene Feuerspitzen gegen die Holztür. Shinichi musste aufpassen, sich nicht zu verbrennen. „C-Conan“, rief Mitsuhiko mit zittriger Stimme. „Herr Tachibana rührt sich nicht. Was soll ich machen?“ Der Junge mit Brille drückte seine Finger an den Hals des Mannes und konnte mit bedauern nur noch feststellen, dass er tot war. Das Knacken von brechendem Holz, erinnerte ihn aber wieder an ihre prekäre Lage. Schnell griff er Mitsuhiko am Arm und zog ihn aus dem fensterlosen Raum, ehe das Feuer sie dort einschließen würde. „Los, wir müssen schleunigst hier raus.“, trieb er ihn dabei an. Fassungslos sah Ai mit den anderen von außen dabei zu, wie das Feuer sich immer mehr von ihrer Schule einverleibte. Die ersten Einsatzfahrzeuge der nahegelegenen Feuerwehrdepots waren inzwischen eingetroffen. Männer mit Schutzanzügen und Sauerstoffflaschen auf dem Rücken zogen meterlange Schläuche hinter sich her, bereit gegen die Flammen anzukämpfen. „Los Leute Bewegung, wir müssen das Feuer unter Kontrolle bringen schnell.“, rief der zuständige Lieutenant seinen Teams zu. Haibaras Angst und ihre Sorge um Shinichi nahm mit jeder Sekunde rapide zu. Immer wieder musste sie sich selbst dazu bringen, an Ort und Stelle zu bleiben, um nicht dem Handeln ihres Freundes zu folgen. Umso mehr viel ihr ein großer Stein vom Herzen, als Conan auf einmal mit Mitsuhiko unterm Arm, aus dem Haupteingang der Schule gestrauchelt kam. Nun gab es für sie kein Halten mehr. Sie rannte los, dicht gefolgt von Genta und Ayumi, sowie zwei Leuten von der Feuerwehr. Shinichi sah seine Freundin auf sich zu kommen und spürte, wie sich ein Lächeln auf seinen Lippen breit machte. Allerdings verblasste dieses schnell wieder, als er an ihr vorbei zum Eingangstor der Schule sah. Das kann doch nicht…, dachte sich der junge Detektiv und schaltete den digitalen Zoom seiner Brille ein. Er erblickte eine ziemlich große schwarz gekleidete Erscheinung auf einem Motorrad sitzend, welche genau vor der Lehranstalt Halt machte. Es war zweifellos der Kerl von der Überwachungskamera. Zumindest handelte es sich um das gleiche Biker-Outfit, so viel stand fest. Unmöglich konnte das ein reiner Zufall sein. Die Person saß auf einem tiefschwarzen Naked-Bike mit verchromten Auspuff und schien sich langsam in seine Richtung zudrehen. Das Gesicht war unter dem vertrauten schweren Helm verborgen und trotz verspiegeltem Visier, spürte Shinichi den stechenden Blick, der auf ihm lag. Ein regelrechter Schauer jagte seinen Rücken hinunter. Der Motorradfahrer wandte sich ab und heizte auf offener Straße davon. Conan übergab Mitsuhiko in die Obhut der beiden Feuerwehrmänner und machte schnurstracks kehrt zu seinem Schulspind. Haibara verstand nicht ganz, als er sein Skateboard herauskramte und sich mit etwas wackeligen Beinen auf das Brett stellte. „Was um alles in der Welt hast du jetzt schon wieder vor?“, fragte sie ihn entgeistert. „Keine Zeit für Erklärungen.“, erwiderte er unruhig. „Wenn ich mich nicht beeile entwischt mir der Täter.“ Die Augen des rotblonden Mädchens wurden größer. Shinichi wollte schon losfahren, als Ai sich hinter ihm auf das Brett stellte und die Arme um ihren Geliebten schlang. „Erzähle es mir einfach unterwegs, denn nochmal lasse ich dich nicht alleine losziehen.“ Zur Verdeutlichung drückte sie sich fest an seinen Rücken. Der Schwarzhaarige verspürte eine wohlige Wärme durch seinen Körper fließen. Gleichzeitig sah er ein, dass er keine Zeit durch eine Diskussion verschwenden durfte, die er ohnehin verlieren würde und akzeptierte somit die Tatsache, dass Ai mit ihm gehen wollte. Wortlos betätigte er mit seinem rechten Fuß die Schubdüsen. Noch ehe ihre Freunde etwas gegen ihr Vorhaben einwenden konnten, sausten die beiden Geschrumpften davon. Das Skateboard wirbelte den Sand des Schulhofes auf, sodass sie nichts als eine große Staubwolke hinter sich zurückließen. Mitsuhiko sah den Beiden nachdenklich hinterher. Kaum waren Conan und Ai auf die Straße gefahren und um den nächsten Block gebogen, da erspähte der junge Schnüffler auch schon das Motorrad, auf das er es abgesehen hatte. Es war schon ein gutes Stück von ihnen entfernt und es bestand die Gefahr, dass es im Stadtverkehr verschwinden könnte. Das durfte unter keinen Umständen passieren. Na warte, du entkommst mir nicht, dachte sich Shinichi und beschleunigte, damit er mit der schnellerwerdenden Person auf dem Bike mithalten konnte. Ihr Vorteil bestand darin, dass sie mit dem Skateboard schmaler und wendiger waren. Conan brauchte dabei gar nicht anzusprechen auf wen er es eigentlich abgesehen hatte. Nachdem was er Ai erzählt hat, konnte sie es sich selbst an fünf Fingern abzählen, wen ihr Freund glaubte da zu verfolgen. „Ist das etwa der Bombenleger von der Detektei?“, schrie Haibara ihm ins Ohr, da der Fahrtwind bei ihrem derzeitigen Tempo ziemlich laut wurde. „Ich fresse einen Besen, wenn er es nicht ist.“, entgegnete Shinichi und trieb Professor Agasas Erfindung zunehmend an ihr Limit, bei dem Versuch aufzuholen. Sie sausten an verblüffte Autofahrer vorbei und schlängelten sich durch eine schmale Lücke zwischen einem LKW und einem Linienbus hindurch. Haibara war etwas mulmig zumute, bei Shinichis eigenwilligen Fahrstil, jedoch vertraute sie ihm. Dennoch konnte sie es nicht unterbinden, sich mit ihren Nägeln noch tiefer in das Hemd des kleinen Detektivs zu verbeißen. Der Motorradfahrer schaute in seinen Rückspiegel und bemerkte die beiden sich nähernden Kinder, die es auf unerklärliche Weise eindeutig auf ihn abgesehen hatten. Er sah sich gezwungen sofort Maßnahmen dagegen einzuleiten und bog zwei Kreuzungen weiter in eine Seitenstraße ein. Der Junge mit Brille folgte seinem Beispiel. Die Person auf dem zweirädrigen Gefährt verweilte aber nicht lange auf dieser Strecke. Er brach ruckartig aus, auf die Gegenfahrbahn und nutzte die nächste Möglichkeit zum Linksabbiegen, um weiter nach Westen zu fahren. Die rücksichtslose Fahrweise, die ihr Flüchtiger nun an den Tag legte, ließ Shinichi erahnen, dass dieser sie wohl bemerkt haben musste und nun versuchte sie abzuwimmeln. Der ehemalige Oberschüler dachte jedoch nicht daran sich so einfach abschütteln zu lassen. Als er aber erneut dieselbe Richtung einschlagen wollte, stellte sich ihnen dessen ungeachtet ein Kleintransporter in den Weg. Jetzt musste Shinichi schnell reagieren. „Gut festhalten Ai.“, warnte er seine Freundin vor. Er zog nach außen und wich dem Fahrzeug über den Bürgersteig aus. Einen Zusammenstoß konnte er somit noch rechtzeitig vermeiden, doch musste Conan nun stattdessen mehreren Passanten und Ständen am Straßenrand ausweichen, was sein ganzes Geschick erforderte. „Vorsichtig“, schrie Haibara, als an einem Fischmarkt zwei Typen mit einer Sackkarre voller Kisten ihren Weg kreuzten. „Hab alles im Griff.“, versicherte der Schwarzhaarige und drückte ihren Kopf leicht nach unten, bevor sie nur knapp unterhalb eines anliegenden Baugerüsts hindurchzischten. Ai konnte spüren, wie das Hindernis nur wenige Zentimeter über ihren Schopf an sie vorbei zog. Ein gefährliches Manöver, doch es bewahrte sie vor einer befürchteten Kollision mit den Mengen an Fußgängern. Als sie an allen Hindernissen vorbei waren und noch alles an ihnen dran war, lenkte Shinichi wieder zurück auf die Straße. An hupenden Autos vorbei, fanden sie sich auf einer Hauptstraße Richtung Shibuya wieder. Das Motorrad, das sie verfolgten, hatte Conan zum Glück nicht aus den Augen verloren, doch lag noch immer ein viel zu großer Abstand zwischen ihnen und die Menge an Fahrzeugen um sie herum, machte ein herankommen umso schwieriger. Der junge Detektiv musste sich etwas einfallen lassen oder er würde früher oder später den Anschluss verlieren. Er konnte nur zu ihrem Flüchtigen aufschließen, wenn es ihm gelingen würde, seinen Weg vorherzusehen. Über die einspurigen Nebenstraßen sollte es ihm dann ein leichtes sein, sich dem Täter direkt ans Heck zu heften. Als das Motorrad wieder nach links unter eine oberhalb verlaufende Schnellstraße abbog, sah Shinichi ihre einmalige Chance. Er sah einen Stadtplan, mit den umliegenden Straßen, klar und deutlich vor seinem geistigen Auge. Wenn er richtig liegen sollte, dann könnte er mit einer der nächsten Gassen durch das Wohnviertel abkürzen und den Motorradfahrer auf seiner Route abpassen. Wenn er sich aber irrte, würde er mit seiner nächsten Aktion die Verfolgungsjagd frühzeitig zugunsten des Bombenlegers beenden. Shinichi erkannte, dass ihm keine andere Wahl blieb, als es zu versuchen. Er erklärte Ai was er vorhatte. Sie nickte einwilligend und so bog Conan in letzter Sekunde haarscharf in eine der Seitengassen ein, an dessen anderem Ende eine weitere Hauptstraße auf sie warten würde und hoffentlich auch ihr Verdächtiger. Dieser wiederum passte seine Geschwindigkeit allmählich wieder dem vorgegebenen Limit an, da er seine Verfolger hinter sich nicht mehr ausmachen konnte. Anscheinend hatten sie die Jagd nach ihm aufgegeben. In Wahrheit heizten die Geschrumpften nicht weit entfernt, durch einen engen Weg, der an beiden Seiten von viergeschossigen Wohnhäusern gesäumt wurde und sich wie ein klaffender Spalt durch das Quartier erstreckte. Conan manövrierte an Müllcontainern vorbei, wirbelte herumliegendes Papier auf und wich einer aufgeschreckten Katze aus, die sich von einem Hinterhof auf die Durchfahrt geschlichen hatte. Wenige Sekunden später erreichten sie die gegenüberliegende Seite. Als sie sich zwischen den anderen überrascht dreinschauenden Verkehrsteilnehmern eingereiht hatten, verringerte Conan ein wenig ihr Tempo, um Ausschau nach dem Motorradfahrer zu halten. Nun würde sich zeigen, ob er mit seinem Gespür richtig lag. Tatsächlich stand ihr Verdächtiger unweit von ihnen an einer Kreuzung vor einer roten Ampel. Sie hatten ihn wirklich eingeholt. „Jetzt habe ich dich.“, sagte der Detektiv triumphierend. Der Mann auf dem Motorrad registrierte durch seinen Rückspiegel, wie Conan und Ai praktisch aus dem Nichts wieder aufgetaucht waren und erneut auf ihn zukamen. Wie ihnen das nur gelungen war, war ihm allerdings gleichgültig. Stattdessen schaute Baileys flüchtig auf seine Uhr. Er hatte einen strikten Zeitplan einzuhalten und musste seine lästigen Verfolger endlich loswerden, bevor er zu seinem Unterschlupf zurückkehren konnte. Er drehte seine Maschine voll auf und trieb die Umdrehungen bis ans Limit, bevor er über die noch rote Ampel preschte und dabei fast eine Massenkarambolage verursachte. Quietschende Reifen waren zu hören, ebenso wie wütendes Gehupe. Autofahrer rissen ihr Lenkrad in letzter Sekunde herum, um einer Kollision zu entgehen. Einer von ihnen schnitt das Heck des Motorrads und brachte das Gefährt kurz ins Trudeln. Das am Steuer befindliche Organisationsmitglied behielt jedoch die Kontrolle und windete sich gekonnt an den querstehenden Fahrzeugen vorbei. Er legte sich professionell in die Kurven und umging so jedes Hindernis auf der Kreuzung, ehe er geradeaus mit Vollgas weiterfuhr. „Pass auf“, warnte Ai, als vor den Geschrumpften ein zwölf Meter langer Sattelzug auftauchte. Um seinen Vordermann nicht draufzufahren, bremste dieser ab so gut er konnte, wodurch der tonnenschwere Auflieger zur Seite ausbrach und drohte Conan und Ai mit sich zu reißen. Shinichi blieb nichts anderes übrig als voll in die Eisen zu gehen. Sie rutschten vom Skateboard und blieben auf dem Asphalt liegen, als der Anhänger, wie eine Abrissbirne, über ihnen hinweg zog. Sie rochen das Gummi der quietschenden und qualmenden Reifen, welche sie nur knapp verfehlten. Das Herz der Beiden schlug wie wild in der Brust. Das wäre beinahe schief gegangen und sie wären buchstäblich unter die Räder gekommen. Shinichi rappelte sich wieder auf und reichte seiner Freundin die Hand zum Aufstehen. „Alles okay bei dir? Bist du verletzt?“, erkundigte er sich besorgt. „Nein, mir geht es gut.“, verneinte Ai. „Doch wäre das beinahe unser Ende gewesen.“ Conan nickte und sah sich das Verkehrschaos aus aufgebockten Kraftfahrzeugen und ihren aufgebrachten Besitzern an. Da war kein Durchkommen mehr möglich und selbst wenn, der Bombenleger war mit Sicherheit schon über alle Berge. „Verdammt und dabei hätten wir ihn fast geschnappt.“, knirschte der Schwarzhaarige verbittert. „Ich glaube du solltest dankbar sein, dass wir noch atmen.“, mahnte Haibara. „Stimmt, entschuldige bitte. Doch ich wollte sowieso nicht, dass du mitkommst, da es gefährlich werden könnte und genau so kam es auch.“ Ai verschränkte ihre Arme. „Du kannst aber nicht erwarten, dass ich einfach zusehe, wie du dein Leben aufs Spiel setzt und das immer und immer wieder.“, argumentierte das rotblonde Mädchen scharf. Zerknirscht sah Shinichi zu Boden. „Noch weniger kann ich zulassen, dass du das deine mit riskierst.“, murmelte er unhörbar. Ai sah ihrem Detektiv in die Augen und ihr Blick wurde sanfter. Ihr war nicht danach mit ihm zu streiten, doch ihm musste einfach klar sein, wie sie sich jedes Mal fühlte, wenn er alleine loszog, um das Verbrechen zu bekämpfen. Shinichi ging auf sein Skateboard zu. Es war, etwas weiter als sie, zwischen die Autos gerutscht. Oh man, all die Kratzer und Dellen, die der Professor dank ihm ausbessern müsste, dachte er sich zerknirscht. Als er das Brett aufhob, um die Blessuren zu begutachten, bemerkte er dabei eine seltsame dunkle Flüssigkeit zu seinen Füßen. Auch an einen der Scheinwerfer des Autos direkt neben ihm, klebte etwas von dem Zeug, dass ziemlich streng nach Chemie roch. Es war das Fahrzeug, dass das Motorrad auf der Kreuzung gestreift und beinahe mit sich gezogen hätte. „Was ist das?“, fragte Ai nach, als sich ihr Freund hinkniete und die Substanz mit seinen Fingern befühlte. Langsam zerrieb er sie zwischen Daumen und Zeigefinger und hatte dabei ein konzentriertes Gesicht aufgesetzt. „Ich würde sagen, dass ist Motorenöl.“ Shinichi verpackte etwas davon in einen kleinen Plastikbeutel und richtete sich wieder auf. „Eine Sache steht schon mal fest, der Kerl ist nicht zu unterschätzen. Die Detektei und nun auch die Schule, das war alles nichts neues für ihn. Ich glaube wir haben es mit einem echten Experten für Anschläge zu tun.“ Er hielt das Tütchen mit der schwarzen starkriechenden Flüssigkeit hoch. „Mithilfe des Öls und anhand des Aussehens des Motorrads, könnten wir aber in der Lage sein, die Marke und das genaue Modell des Motorrads zu bestimmen. Das würde die Suche nach dem Täter vereinfachen.“ „Woher willst du wissen, dass das Öl zu dem -von uns verfolgten- Motorrad gehört. Es kann doch auch von jedem beliebigen Fahrzeug hier stammen.“, erwiderte Ai skeptisch. „Nicht ganz.“, korrigierte Conan sie. „Du musst wissen, Motorenöl von Autos und Motorrädern unterscheiden sich maßgeblich voneinander. Zum Beispiel dient das Öl bei Motorrädern besonders dem Schmieren des Getriebes und besteht somit aus einem anderen Gemisch, was besonders klebrig ist. Des Weiteren kann es entweder für 2-oder 4-Takt-Motoren ausgelegt sein.“ Haibara zog überrascht eine Augenbraue nach oben. „Seit wann kennst du dich denn so gut mit Motorrädern aus?“ „Nun ja, mein Vater hat mir früher auf Hawaii das Motorradfahren beigebracht. Wir haben uns damals zwei Harleys ausgeliehen und sind damit über die Insel gefahren. Dabei habe ich so einiges lernen dürfen.“, erklärte Shinichi. Ai nickte stumm. Das hatte sie gar nicht gewusst. Sie erkannte, dass es noch so viele Dinge gab, die sie beide von dem jeweils anderen nicht wussten. So viele manch dunkle Geheimnisse. „Sag mal, gibt es eigentlich auch etwas, dass du auf Hawaii nicht gelernt hast?“, hakte sie leicht provokant nach. Ihr Freund rieb sich ein wenig verklemmt den Hinterkopf. Ai sah sich um und verfolgte zwei Verkehrspolizisten, die auf ihren Fahrrädern herangerückt waren und sich nun bemühten, die Ordnung auf der Kreuzung wieder herzustellen. Zum Glück kam es zu keinem schwerwiegenden Unfall und niemand schien verletzt worden zu sein. Nach allem was heute passiert war, schien es dennoch ein wahrer Glückstag zu sein. „Wir können hier wohl nicht mehr viel tun. Wir sollten am besten zurück zur Schule. Die Kinder machen sich bestimmt Sorgen um uns und die Polizei wird mit Sicherheit auch schon vor Ort sein.“, schlug das rotblonde Mädchen vor. „Außerdem bin ich mir sicher warten die zuständigen Kommissare nur darauf, die alles entscheidenden Hinweise des großen kleinen Detektivs Conan Edogawa vorgelegt zu bekommen.“, versuchte sie ihn auf ihre neckische Art aufzuheitern. Shinichi konnte sich zu einem Lächeln durchringen. Sie hatte Recht. Auch wenn er ihnen heute entwischen konnte, so waren sie dem Täter dicht auf den Versen und bald würde ihm das Handwerk gelegt werden. Er stimmte ihr zu und so ging es mit dem Skateboard wieder zurück zur Teitan-Grundschule. Dieses Mal allerdings nur im Schritttempo. Hosted by Animexx e.V. 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