Ein unverhofftes Familientreffen von Himikko ================================================================================ Kapitel 49: Letzte Vorbereitungen --------------------------------- Egyn war am durchdrehen. Nicht etwa weil die Sirenen mal wieder nackt herumrannten. Nein, diesmal trugen sie tatsächlich Klamotten, auch wenn sie etwas knapp waren. Er drehte durch, weil Agares, seine rechte Hand und Vertraute von Invidia entführt worden war. Wo kam sie überhaupt her?! Während des Kampfes gegen Leviathan war die grünhaarige Sünde nirgends aufzufinden gewesen, nur um am Ende einfach aufzutauchen und sich die nächstbeste Geisel zu schnappen?! Die Dämonenkönige waren allesamt wütend wie schon lange nicht. Erst ihr Vater, dann Azazel und ihr Babybruder und jetzt Agares, es reichte nun wirklich! Derweil saß Galatea im Sand und heulte sich die Augen aus, denn ihr war bewusst geworden, dass durch ihren Gesang viele Menschen und Dämonen gestorben waren. Sie hatte schon ein schlechtes Gewissen, wenn sie versehentlich eine kleine Spinne umbrachte, demzufolge musste ihre Untröstlichkeit wohl nicht erwähnt werden. Ihre Schwestern gaben ihr bestes um sie zu beruhigen, jedoch half einfach nichts. Erst als Kuro (wieder in klein) zu ihr ging und auf ihren Schoß kletterte, beruhigte sie sich wieder ein wenig. Obwohl der Kater inzwischen klatschnass von ihren Tränen war, beschwerte er sich nicht, sondern bleib bei ihr und ließ sich umarmen. Der Wasserkönig wandte sich an Ankou, als diese zu sprechen begann. „Was passiert jetzt? Auch wenn ich es hasse, das zu sagen, wir können nichts für Agares tun. Sie sind wahrscheinlich längst in der Vatikanstadt.” Die Dämonen nickten düster. Sie hatten inzwischen die Nachricht erhalten, dass andere Gruppen ebenfalls erfolgreich mehrere Sirenen befreit hatten, aber auf dem Rest der Welt sorgten sie noch immer für Chaos. Lucifer seufzte resigniert. „Wir kehren am besten vorerst zur Akademie zurück. Die anderen Gruppen sollen sich um die restlichen Sirenen kümmern. Wir können nicht mehr warten, sondern müssen so schnell wie möglich Vater und die anderen befreien.” Zustimmendes Gemurmel erklang und sie bereiteten sich vor aufzubrechen. Inzwischen waren weitere Gruppe, bestehend aus Exorzisten und Dämonen angekommen, die damit begannen die Leichen und Verletzten wegzuschaffen. Egyn und die anderen achteten nicht groß darauf, sondern schnappten sie die Exorzisten, die zu ihrem Team gehörten sowie die Sirenen und sprangen zur Heiligkreuz-Akademie. Diesmal übergab sich einer der Exorzisten, doch Egyn ignorierte es einfach. Er wollte einfach nur den Angriff auf den Vatikan möglichst schnell über die Bühne bringen. ............................................................................................................... Christina stützte sich schwer atmend an einem Baum ab und verfluchte ihr "Glück". Natürlich musste sie mit ihrer Vermutung richtig liegen. Sie hatten es nicht nur mit Parasiten zu tun, sondern auch noch mit einem verdammten Wendigo und damit mit einer Art Dämon, welcher sogar in Gehenna sehr gefürchtet war. Sie waren anthropomorphe Wesen, äußerst gewieft bei der Jagd und lauerten ihrer Beute in Dunkeln auf, wo sie Stimmen nachahmten, um sie zu sich locken und sie zu fressen. Dummerweise waren die Mistviecher sogar für andere Dämonen sehr schwer zu töten, sie selbst hatten also gar keine guten Karten. Mit ihr waren sie noch sieben Überlebende, der Rest war Jason zum Opfer gefallen oder besser gesagt dem Wendigo, der von ihm Besitz ergriffen hatte. Diese konnten nicht einfach von Menschen Besitz ergreifen, stattdessen suchten sie diese in bestimmten Gebieten heim, plagten sie mit Wahnsinn und trieben sie zum Kannibalismus. Brachten sie ihr Opfer erfolgreich dazu Menschenfleisch zu essen, konnten sie es übernehmen und nur noch mit Feuer vertrieben werden. Blöd nur, dass bereits einer der Feuerhexer tot war und vom anderen jede Spur fehlte. Was würde sie jetzt nicht für ein Feuerzeug oder einige Streichhölzer geben. Ein weiterer qualvoller Schrei ertönte, der schon bald abriss. ‚Da waren es nur noch sechs.‘, dachte sie bitter und lief langsam weiter, während sie frustriert auf ihrem Handy herum tippte, nur um schlussendlich ein Seufzen auszustoßen und es zurück in ihre Tasche zu stecken. Sie waren leider auf sich gestellt, denn es gab keinen Empfang und mit ihrer Magie konnte sie ebenfalls nichts bewirken. Noch immer wusste sie nicht wie sie das hier überleben sollte. Wenn sie sich korrekt erinnerte, hatte Astaroth es ebenfalls einmal alleine und vollkommen unerwartet mit einigen Wendigowak zu tun bekommen, aber er war immerhin ein Dämonenkönig und sie eine einfache Hexe. Sie hatte in den letzten 400 Jahren einiges an Macht gesammelt, sie wäre sonst keine Hohepriesterin geworden, aber gegen einen solchen Gegner hatte sie keine Chance. Wieder war ein Schrei zu hören, nur noch fünf waren jetzt übrig. Sie hielt inne, als sie ein seltsames Geräusch hörte, dann näherte sie sich vorsichtig und schaute aus einem Busch hervor. Vor ihr lag die Leiche einer Hexe, welche es mit als erstes erwischt hatte und über ihr hockte der vermisste Jugendliche, welcher sich an ihr satt fraß. Nun musste sie schnell sein. Da Samael ihr Meister war, konnte sie einige Zeitzauber ausführen, aber diese waren sehr kraftzerrend. Sie würde für ihren Gegner vielleicht zehn Sekunden die Zeit anhalten können, dann musste sie es mit Weihwasser überschütten und den passenden Todesvers verwenden oder es verbrennen. Da sie jedoch keinerlei Zugriff auf Feuer hatte, blieb wohl nur das erste. Hoffentlich konnte sie damit die Parasiten austreiben. Danach konnte sie sich immer noch überlegen, was sie mit der Leiche der beiden Gefallenen machte, denn diese war nun auf jeden Fall infiziert. „Samael und Kronos gebt mir eure Stärke.”, murmelte sie und konzentrierte sich auf ihren Zauber, während sie die Flasche mit dem Weihwasser hervorzog. Ihr Zauber funktionierte, sodass sie sofort angriff. Der Jugendliche (eigentlich der Parasit, der in ihm steckte) stieß ein lautes Kreischen aus, aber konnte nicht mehr fliehen. Ohne weitere Möglichkeit begann sich der Parasit aus dem Körper heraus zu fressen. Es war wirklich kein schöner Anblick. Auf dem ersten Blick sah das Wesen aus wie ein fetter, roter Wurm, jedoch hatte es sechs Beine, welche mit einer Art Widerhaken bestückt waren. Das Maul war kreisförmig und mit scharfen Zähnen besetzt. Dieses Ding wollte man wirklich nicht in sich haben. Nun da es jedoch keinen menschlichen Körper mehr hatte, war es wesentlich ungefährlicher geworden. Es begann damit davon zu kriechen, doch Christina stellte ihren Fuß (sie war froh, dass sie hohe Stiefel antrug auf es und begann mit rezitieren. Glücklicherweise hatte sie sich zuvor den Todesvers aufgeschrieben. „Und der Pharao rief Mose und Aaron eilends und sprach: Ich habe gesündigt gegen den Herrn, euren Gott, und gegen euch! Und nun vergib doch meine Sünde nur dieses Mal, und fleht zu dem Herrn, eurem Gott, dass er nur diesen Tod von mir wegnehme!” Der Dämon wand sich, doch sie sprach weiter. „Da ging er vom Pharao hinaus und flehte zu dem Herrn. Und der Herr wandte den Ostwind in einen sehr starken Westwind, der die Heuschrecken aufhob und sie ins Schilfmeer warf. Es blieb nicht eine Heuschrecke übrig im ganzen Gebiet Ägyptens.” Mit einem lauten Kreischen wurde der dämonische Parasit aus Assiah vertrieben. Es blieb nur eine undefinierbare Masse zurück. Normalerweise wäre es undenkbar, dass eine Hexe oder ein Hexer jemals etwas religiöses rezitierten würde, aber unter diesen Umständen war sie mehr als bereit eine Ausnahme zu machen. Sie wandte sich an die tote Hexe. „Es tut mir leid Selena. Ich hätte bei dir sein sollen.”, murmelte sie. Jetzt musste sie sich nur noch um Parasit Nummer 2 und den Wendigo kümmern. ‚Überhaupt kein Problem...ich brauche dringend Urlaub.‘, dachte sie und zuckte zusammen, als einige Zweige knackten. Zu ihrer Erleichterung waren es nur eine Hexe und zwei Hexer ihrer Gruppe. Einer gehörte zu Iblis, einer zu Amaimon und die Hexe zu Beelzebub. „Sie sind alle tot.”, sagte die Hexe ohne Umschweife. „Wir konnten aber immerhin einen der Parasiten austreiben.” Christina nickte, auch wenn sich ihr Magen zusammen zog, denn es hatte eindeutig zu viele Tote gegeben. „Ich habe den anderen erledigt. Bleibt also nur noch der Wendigo und die Leichen müssen verbrannt werden.” Alle nickten und der Hexer kümmerte sich darum. „Vielleicht sollten wir lieber verschwinden und den Baal Bescheid geben.”, schlug die Hexe vor. „Alleine nehmen wir es niemals mit einem Wend-” Weiter kam sie nicht, da der besagte Wendigo plötzlich aus dem Gebüsch sprang und sich auf sie stürzte. Sie war tot bevor jemand etwas tun konnte. Dann richteten sich die weißen, blutunterlaufenen Augen auf Christina, welche unwillkürlich erschauderte. Trotz funktionierender Beine lief das Wesen, welches sie früher als Freund betrachtet hatte, stark nach vorne gebeugt und verwendete die Hände zur Hilfe. Das Fleisch sowie die Haut waren grau und runzlig, an manchen Stellen war es sogar schwarz geworden. Aus dem lippenlosen Mund ragten mehrere scharfe Zähne. Die Haare auf dem Kopf waren ausgefallen und eine Art kleines Geweih war gewachsen. Es stieß ein leises Grollen aus und begann sich langsam auf sie zuzubewegen. Die beiden Hexer reagierten jedoch schnell und retteten damit wohl ihr Leben. Während einer die Füße des Biestes in der Erde versinken ließ, beschwor der andere Flammen und versuchte es zu verbrennen. Der Wendigo schrie auf und riss sich los, nur um scheinbar wahllos den Erdhexer anzuspringen, ihn umzureißen und anschließend davon zu rennen. ‚Verdammt!‘, .............................................................................................................. Iblis hatte wieder einmal das Bedürfnis, etwas in die Luft zu jagen. Momentan war einfach alles zum kotzen. Zwar hatten die anderen Gruppen noch eine Menge Sirenen befreien können, doch das war nur ein geringer Trost. Kaum waren sie wieder in der Heiligkreuz-Akademie gewesen, hatten sie einen Anruf von Christina bekommen, in dem sie von einem Wendigo berichtete. Folglich durften er, Halphas und einige weitere Feuerdämonen noch mal los stapfen und das Vieh erledigen. Glücklicherweise waren sie zumindest dabei erfolgreich gewesen und konnten schnell wieder zurück. Bei einem weiterem Treffen mit den Grigori und Zweigstellenleitern hatten sie sich schlussendlich darauf geeinigt, dass ein Angriff auf den Vatikan nun unausweichlich war. Sie hatten immer mehr Hinweise darauf bekommen, dass ihr Vater dort war und ohne ihn konnten sie Lilith höchstwahrscheinlich nicht besiegen. Dummerweise würden sie mindestens eine Woche für die Vorbereitungen brauchen, eher sogar noch länger. Egyn sprang derweil wegen Agares im Dreieck und ließ sich nicht einmal von Lucifer beruhigen, was jedoch nachvollziehbar war. Allerdings waren sie schnell gezwungen sich wieder auf andere Dinge zu konzentrieren, denn sie hatten erneut Truppen aus Gehenna bekommen. Scheinbar hatten manche der Adelshäuser genug von Lilith und waren nun mit ihren Leute angerückt. Inzwischen kamen die Dämonen aus Gehenna wie sie wollten, daher wunderte es niemanden mehr. Ihn überrachte es eher, dass die Menschen überhaupt noch Widerstand leisteten. Erst vorhin hatten sie die Nachricht bekommen, dass Russland und Skandinavien nun offiziell unter Liliths Herrschaft standen. Die Opferzahlen waren natürlich überwältigend. Es gab bereits Bemühungen sich mit den noch freien Ländern in Verbindung zu setzen und sich mit diesen zu verbünden, allerdings hielt Iblis dies für Zeitverschwendung, da sie ohnehin nicht viel tun konnten. So oder so waren ihm die anderen Länder momentan vollkommen schnuppe, er wollte nur seine Brüder und seinen Vater wiederhaben und Gehenna zurückerobern. Der Feuerdämon war so in Gedanken, dass er fast in Bon hinein rannte, welcher gerade um die Ecke bog. Bei ihm waren die restlichen Adepten sowie Yukio, aber er hatte jetzt keine Lust ihm böse Blicke zuzuwerfen. „Stimmt es, was Shura erzählt? Wir greifen den Vatikan an?”, fragte Bon ohne Umschweife, woraufhin Iblis nickte, doch nicht anhielt, sondern weiter lief. Die Exorzisten folgten ihm. „Also ist Rin auch dort?”, fragte Yukio angespannt. Der Feuerkönig zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich. Ebenso wie Vater und Azazel. Aber mit Sicherheit kann's keiner sagen.” „Also stürzen wir wieder auf gut Glück los?”, seufzte Izumo. Iblis unterdrückte ein Schnauben. „Wer sagt, dass ihr mitkommt?” Dies löste sofortige Empörung aus. „Rin ist unser Freund! Er braucht uns!”, protestierte Shiemi, was ihr Augenverdrehen einbrachte. „Ihr würdet nur im Weg stehen. Du und das Fuchsmädchen sind nutzlos, Pinkie Pie kippt um, sobald er 'ne Spinne sieht und der Brillenzwerg hat Angst vorm eigenen Schatten. Und vor uns.” Bon warf ihm einen mörderischen Blick zu. „Hör auf, sie bei jeder Gelegenheit schlecht zu machen!” Diesmal konnte der Baal sich das Schnauben nicht verkneifen. „Ich sag hier nur die Wahrheit. Wenn ihr unbedingt gehen und sterben wollt, bitte sehr. Ich habe jetzt echt andere Probleme.” Sie erreichten einen der Säle, wo sich bereits mehrere Exorzisten und Dämonen tummelten. In einer Ecke wurde Angel von einigen Sirenen belagert, welche offensichtlich ganz begeistert von seinen Haaren waren und nun wissen wollten, wie er diese so hinbekam. Natürlich war dieser mehr als überfordert, was nicht zuletzt daran lag. dass er sie nicht verstand. Immerhin könnten sie sich auch gerade darüber unterhalten, welche Beilage mit ihm am besten schmeckte, ohne dass er je davon erfahren würde. Mal wieder typisch, aber unterhaltsam. „Ich muss mich jetzt mit den Führern einiger Häuser treffen, also geht und nervt Lucifer oder Samael, wenn ihr unbedingt mit wollt. Aber wie gesagt: Ihr rennt in 'ne Todesfalle und Rin wäre sicher nicht begeistert, wenn er erfahren muss, dass seine Freunde tot sind.” Damit ließ er sie sichtlich überrumpelt zurück. .......................................................................................................................... Vaya nahm ihren Teller mit Essen entgegen und sah sich etwas verloren in der Halle um. Normalerweise traf sie sich immer mit Ankou zum essen, doch die Dämonin war leider beschäftigt, also stand sie nun alleine hier, ohne jemanden zu kennen und unsicher wohin sie sich setzen sollte. Die Rationen waren zugeteilt und es gab nicht wirklich feste Zeiten, daher konnte man nie vorher sagen wie voll es hier wurde. Sie entdeckte mehrere Exorzisten, welche natürlich zum Großteil einen auffälligen Abstand zu den Dämonen hielten. Nur wenige Mutige hatten sich in die Nähe von Dämonen gesetzt oder saßen sogar mit ihnen an einem der Tische, doch diese konnte man an einer Hand abzählen. Anscheinend gab es doch ein paar, die am Frieden interessiert war. Gerade als sie darüber nachdachte, sich einfach in eine stille Ecke zu verziehen, entdeckte sie eine einzelne Sirene, welche an einem Tisch saß. Sie stocherte in ihrem Essen herum, scheinbar mit den Gedanken woanders. Vaya beschloss, dass es nichts schaden konnte, sie anzusprechen. Sie näherte sich der Sirene und lächelte sie an. „Hallo. Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich mich zu dir setze?” Die Sirene hob sichtlich überrascht den Kopf und sofort fielen Vaya geröteten Augen auf. Hatte sie geweint? Langsam nickte die Pinkhaarige. „Ja, klar.” „Dankeschön.” Damit setzte sie sich ihr gegenüber. „Wie heißt du? Ich bin Vaya.” „Galatea.”, antwortete die Sirene und lächelte ebenfalls. Der Name kam der Dämonin bekannt vor. „Bist du Kyrenes Schwester?” Galateas Miene hellte sich sofort auf. „Ja. Du kennst sie?” Die Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern. „In gewisser Weise. Meine Schwester ist die Generalin von Azazels Armee und ich kenne die Jungs schon seit wir Kinder sind. Ich habe also immer mal Dinge von ihr gehört und bin ihr öfter flüchtig begegnet. Wo ist sie denn? Sind deine restlichen Geschwister auch hier? Oder deine Eltern?” Galatea zuckte mit den Schultern. „Mama, Papa, Charybdis, Circe und Skylla sind weg, keine Ahnung wo sie sind. Keto ist mit einigen Leuten trainieren gegangen, Erato redet mit Egyn und Kyrene wollte sich eigentlich nur was zu essen holen, aber sie kommt einfach nicht wieder.” „Ich bin sicher, dass es deinen Eltern und Geschwistern gut geht. Und Kyrene wurde sicher nur aufgehalten.”, versuchte Vaya die geknickte Sirene aufzuheitern, aber es schien nicht wirklich zu funktionieren. „Tut mir leid, wenn ich zu neugierig bin, aber ist alles gut? Du schaust so traurig.” Galatea biss sich auf die Lippe. „Wegen mir sind ganz viele Vergängliche und Dämonen gestorben, nur weil ich gesungen habe, aber ich wollte das doch gar nicht. Das einzige, woran ich gut bin, ist zeichnen, basteln und singen. Ansonsten mache ich immer alles falsch, weil ich so tollpatschig bin. Erato hat schon öfter gesagt, dass ich total nutzlos bin und Keto, dass ich nerve. Sie haben sich zwar beide entschuldigt und gesagt, dass sie es nicht so gemeint haben, aber ich glaube, sie haben recht. Und selbst wenn ich was tu, was ich gut kann, endet es schlecht für andere. Ich werde nie wieder singen!” Die Geisterdämonin sah sie überrascht an, dann legte sie ihr Besteck ab, stand auf und setzte sich neben sie. „Sag sowas nicht. Jeder hat Stärken und Schwächen und auch wenn du etwas tollpatschig bist, das gehört eben dazu. Deine Schwestern haben sowas sicher nur gesagt, weil sie sich in dem Moment um etwas gesorgt hatten oder einen schlechten Tag hatten. Sonst sind sie doch bestimmt immer für dich da, oder?” Als Galatea nickte, fuhr sie fort. „Ich habe mich ebenfalls schon mit meiner Schwester gestritten und wir haben da beide manchmal Sachen gesagt, die wir gar nicht so meinten. Die Jungs -also Egyn und die anderen- haben sich erst vor kurzem ziemlich heftig gestritten und Dinge gesagt, die sehr weh taten, aber sie meinte es nicht so. Sie machen sich Sorgen und haben es dann einander ausgelassen. Deine Tollpatschigkeit mag vielleicht manchmal stören, aber jeder hat sowas mal. Ich habe einmal versehentlich bei einem Fest einen Führer eines großen Hauses mit Wein bekippt, weil ich gestolpert bin. Dann habe ich als Kind mit einem Ball ein Fenster zerbrochen und in dem Raum dahinter ist ebenfalls einiges zu Bruch gegangen. Erst vor ein paar Wochen habe ich in der Küche etwas umgerissen und damit eine Kettenreaktion ausgelöst. Wir mussten einen Haufen Gläser, Tassen und Teller wegwerfen. Klar ist einem das erst peinlich und man wird vielleicht noch angefahren, aber niemand wird dich je dafür hassen. Was dein Singen betrifft: Ich kann das nachvollziehen, also dass du Angst hast. Ja, es ist schade um die Dämonen und die Sterblichen, aber du hattest keine Wahl und wurdest gezwungen. Es gibt viele, die für Lilith kämpfen, obwohl sie das nicht wollen, allerdings müssen sie irgendwie ihre Familie schützen und versorgen. Die Opfer werden nicht umsonst gewesen sein, Lilith wird besiegt werden. Außerdem ist es ja nicht so, dass Sirenengesang immer nur schlecht ist. Ihr könnt singen ohne jemanden zu verhexen und hin und wieder singt ihr doch auf Festen, das finden viele sehr schön.” Galatea schien zunächst überrascht, dann grinste sie und fiel Vaya um den Hals. „Danke, dass du sowas sagst, du bist echt nett! Können wir Freunde sein?” „Oh....Ähm...”, murmelte die Geisterdämonin überrumpelt, woraufhin Galatea etwas zusammensackte und sie wieder los ließ. „S-Schon ok, wenn du nicht willst. Ich versteh das...die meisten in meinem Dorf wollten auch nie mit mir befreundet sein, weil sie mich zu seltsam finden.” Vayas Augen weiteten sich und sie schüttelte heftig den Kopf. „N-Nein, so war das nicht gemeint! Ich war nur etwas überrascht. Wir können gerne Freunde sein.” Kaum hatte sie den Satz beendet, fiel Galatea ihr erneut um den Hals und bedankte sich hundertmal. Vaya erwiderte die Umarmung und seufzte innerlich. Immerhin eine Person, die mal Glück hatte. ........................................................................................................................... Derweil starrten Yukio und die Adepten Iblis hinter her. Seitdem die Dämonenkönige von ihrer Befreiungsaktion zurückgekehrt waren, hatten sie mehr als schlechte Laune. Izumo konnte es jedoch gut nachvollziehen. Anscheinend waren mehr von Liliths Leuten da gewesen als es zunächst den Anschein erweckt hatte und dann war Agares von Invidia verschleppt worden. Waren Entführungen ihr Hobby?! Sie verdrehte die Augen, als Yukio begann vor sich hin zu grummeln. „Dieser Mistkerl...” „Ähm...vielleicht hat er nicht Unrecht?”, murmelte Shima und zog den Kopf ein, als er den Todesblick des jüngeren Okumura Zwillings zu spüren bekam. „Das denke ich ebenfalls.”, bestätigte Konekomaru. „Er hat schon recht. Moriyama und Kamiki können nicht viel ausrichten, weil ihre Begleiter nicht mehr erscheinen. Shima schiebt spätestens bei den Insektendämonen Panik und ich bin ebenfalls eher weniger zu gebrauchen...” Shiemi trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. „Ich möchte Rin aber helfen...” Izumo sah sie scharf an. „Und wie bitteschön? Wir können ohne unsere Begleiter nicht viel machen. In Gehenna haben wir schon kaum genützt und dort sind wir nur rumgeschlichen, diesmal müssen wir kämpfen. Iblis hat recht. Wir sind nur Adepten, werden dort wahrscheinlich sterben und damit ist keinem geholfen. Wer weiß, ob die Aria überhaupt noch helfen werden. Wenn die Grenze schon so instabil ist, kann man die Dämonen wahrscheinlich austreiben wie man will und sie kommen immer wieder.” Yukio schwieg kurz, dann seufzte er. „Ich will nur meinen Bruder zurück.” „Das wollen wir alle.”, murmelte Bon. Stille folgte , jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Schließlich durchbrach Shima das Schweigen. „Ich denke, wir sollten mal mit Shura reden. Vielleicht gibt es inzwischen irgendwas neues. Die Dämonen sollten wir lieber nicht fragen. Sie sehen aus als würden sie gleich jemanden abstechen.” Da hatte er nicht Unrecht. Viele Dämonen wirkten ziemlich gereizt und Izumo hatte keine Lust, sich da mit einem anzulegen. Gemeinsam machten sie sich auf die Suche nach der Exorzistin. ........................................................................................................................................ Dunkelheit und Kälte. Taubheit und doch zugleich Schmerzen. Das war alles, was Rin momentan registrierte. Er wusste nicht, wo er war oder wie viel Zeit verstrichen war. Schemenhaft erinnerte sich der Nephilim an...eine Stadt...schreiende Menschen...blaues Feuer und..Lachen. Kam es etwa von ihm? Warum sollte er lachen, wenn offensichtlich Menschen starben? Alles fühlte sich wie ein seltsamer Traum an, andererseits wirkte es zu real dafür. Er erinnerte sich an die Schreie, an den Geruch von Feuer und Blut. Es musste passiert sein oder war es vielleicht nur eine weitere Vision gewesen? Tausend Fragen schwirrten in seinem Kopf herum. War er momentan wach oder träumte er? Lebte er überhaupt noch? So wirklich deutlich war es nicht. Irgendwie bekam er am Rande mit, dass er wohl lag. Es war kein blanker Boden, aber relativ hart. Auf ihm schien eine Decke zu liegen, dennoch zitterte er am ganzen Körper. Ihm war kalt, aber gleichzeitig spürte er wie kalter Schweiß seinen Rücken und sein Gesicht hinunterlief. Hin und wieder hatte er etwas warmes, vertrautes neben sich gespürt und war dann näher heran gerückt, doch es war immer schnell verschwunden. Schlussendlich entschied er sich, dass er gerade nicht träumte, sondern wach war, auch wenn er das Gefühl hatte, dass sein Gehirn im Schneckentempo arbeitete. Mit einem leisem Stöhnen versuchte er sich aufzusetzen, doch seine Arme fühlten sich wie Wackelpudding an. Wovon war er so erledigt? „Du bist also endlich wach. Wurde auch Zeit. Ich steh' hier kurz davor Selbstgespräche zu führen.”, kommentierte eine Stimme. Rin zuckte zusammen und hob den Kopf, um die Person zumindest anzusehen. Er war ziemlich dunkel im Raum, nur eine einzelne Lampe, welche auf einem Tisch stand, spendete etwas Licht. Der Nephilim erkannte mit einigen Schwierigkeiten eine Frau mit silbernen Haaren. Moment...er kannte sie. „Avaritia?”, murmelte er matt und versuchte sich erneut aufzusetzen. Diesmal nutze er die Wand zu Hilfe und war erfolgreich. Kettenrasseln verriet ihm, dass er immer noch angekettet war. Verwirrt starrte er die Aveira an. Was tat sie hier? Die Sünde antwortete nicht sofort, sondern nahm zuerst einen Schluck aus einer Flasche. „Japp. Hab den undankbaren Job bekommen, dich zu bewachen. Warum auch immer das plötzlich für nötig gehalten wird. Du warst eine Woche lang fast durchgehend bewusstlos.” Eine Woche? Rin hatte jegliches Zeitgefühl verloren. „Wo sind wir?” „In irgendeinem Vatikangebäude. Besser gesagt in einem unterirdischen Verlies. Würde mich interessieren, warum die sowas haben. Lässt einen einiges hinterfragen, was?” Der Magen des Halbdämons verkrampfte sich. „Also habt ihr den Vatikan erobert?” Avaritia lachte kurz auf. „Eher du. Oder Lilith in deinem Körper. Na egal. War ein ganz schöner Anblick. Du hast verdammt viele Gebäude niedergebrannt und fast alle getötet, bis auf sechs Personen, aber um die hat man sich noch anschließend gekümmert. Übrigens haben wir schon längst mit dem Rest Assiahs begonnen. Wir haben jetzt fast ganz...Erop...Eura...Europa? Wie auch immer es nun heißt. Vor 'ner Woche erst hat sich wieder ein Land ergeben nachdem du beinahe die ganze Hauptstadt niedergebrannt hast. Moskau hieß sie, glaube ich...” Rin wurde schlecht. „Ich...Ich habe Menschen getötet?”, flüsterte er entsetzt, doch Avaritia verdrehte die Augen. „Ja, sogar eine Menge und du hast einen Haufen Gebäude niedergebrannt. Passiert im Krieg. Kein Grund da so 'ne Welle drum zu machen.” Sie hielt inne, als sie Rins Gesicht sah. „Es sei denn, du hast noch nie jemanden getötet?” „Natürlich habe ich noch nie jemanden umgebracht! Ich bin 16!”, entfuhr es Rin. Er konnte nicht glauben, dass bereits so viel Zeit vergangen war und so viele gestorben waren, ohne dass er es mitbekommen hatte. Wenn Avaritia ihn nicht anlog, war Lilith momentan am gewinnen und es war alles seine Schuld. „Falls es dich tröstet, Japan haben wir erst teilweise erobert. Gut möglich, dass deine Freunde noch am Leben sind, auch wenn ich mir keine großen Hoffnungen machen würde. Die werden sowieso bald tot sein.” Er starrte sie giftig an. „Warum könnt ihr mich nicht einfach in Ruhe lassen?! Und wie kann dir das alles egal sein?!”, fragte er sie, eher verzweifelt als wütend klingend. Die Sünde zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Hey, ich mache hier nur meinen Job. Du hattest eben das Pech zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Schlussendlich ist es mir ehrlich gesagt egal, wenn alle draufgehen, solange wir Assiah erobern. Zumindest solange sich Lilith dran hält, dass ich auch was abbekomme. Ansonsten kümmere ich mich nur um mich. Warum sollten mich andere interessieren? Wenn sich jeder um sich selbst kümmert, ist für alle gesorgt. Ich helfe niemanden, wenn nichts für mich rausspringt.” Es war wohl nicht weiter überraschend, dass die Verkörperung der Habgier diesen Standpunkt vertrat. „Und was passiert als nächstes?”, fragte er matt. Es war wohl sinnlos zu versuchen der Aveira ein schlechtes Gewissen zu machen, daher konnte er zumindest versuchen mehr über Liliths Pläne zu erfahren. Dagegen tun konnte er zwar nichts, aber vielleicht würde er sich nicht mehr ganz so hilflos fühlen, wenn er zumindest etwas wusste. Avaritia zuckte mit den Schultern. „Alles wie bisher. Chaos verbreiten. Menschen umbringen und versklaven. Versuchen deine Brüder zu finden, damit endlich der Widerstand der Exorzisten und Dämonen einknickt. Übrigens will Lilith sie wohl leben lassen und als Haustiere behalten. Ich beneide sie nicht...an ihrer Stelle würde ich mir da lieber die eigene Kehle durchschneiden und sicherheitshalber das Herz rausreißen.” Also waren seine restlichen Geschwister mehr oder weniger in Sicherheit. Allerdings löste dies bei ihm keine Erleichterung aus, sondern...Angst. Der Gedanke an Satan oder einen der Dämonenkönige reichte aus, um seinen Atem stocken zu lassen und ihn zum zittern zu bringen. Bevor er es verhindern konnte, kamen jene Erinnerungen hoch, welcher er einfach nur vergessen wollte. Erinnerungen daran, wie sie ihn verletzt, gequält und gedemütigt hatten. All die Bestrafungen, die ständige Angst vor kleinsten Fehltreten und das Gefühl der Hilflosigkeit hatten sich in seinen Verstand gebrannt. Inzwischen war er überzeugt davon, dass diese Erinnerungen echt sein mussten. Sie waren zu detailreich, zu lebhaft um es nicht zu sein. Erneut wurde dem Nephilim schmerzhaft bewusst, dass er alleine da stand und Liliths Gnade ausgeliefert worden zu sein. Er bemerkte Avaritias prüfenden Blick, zweifellos hatte sie seine innere Panik mitbekommen, doch kommentierte es nicht. Stattdessen griff sie erneut zu ihrer Flasche und nahm einen weiteren großen Schluck. Diesmal konnte der Halbdämon den Alkohol riechen. „Die Sterblichen wissen einfach nicht, was guter Alkohol ist. Das hier ist ja schon fast Hustensaft ”, grummelte die Aveira. „Aber was besseres gibt's eben nicht...” Bevor sie noch etwas sagen konnte, war ein Klopfen von der Tür zu hören. Eine männliche Stimme war zu hören, doch Rin verstand kein Wort, da der Dämon einen ziemlich schweren Dialekt hatte. Genauso gut hätte er sich eine Wolldecke in den Mund stopfen können. Avaritia verstand ihn jedoch offensichtlich, denn sie antwortete und erhob sich. „Ich bin kurz weg. Die Tür wird abgeschlossen und die Ketten blockieren all deine dämonischen Kräfte, also versuche gar nicht erst abzuhauen.” Rin nickte stumm, schloss die Augen und lehnte sich resigniert gegen die Wand. Er hörte wie die schwere Tür zufiel und abgeschlossen wurde, doch er hatte nicht mehr die Energie sich deswegen zu ärgeren. Stattdessen wünschte er sich einfach nur, dass es endete. .................................................................................................................. „Also langsam gehst du mir echt verdammt auf die Nerven. Jetzt sag mir endlich, was ich wissen will!”, fauchte Invidia und rammte ihr Knie in Agares Brustbein, woraufhin ein unschönes Knacken ertönte. ‚Das wäre dann wohl wieder gebrochen, gleich zusammen mit mehreren Rippen.‘, stellte sie stumm fest. Sie war nun schon eine knappe Woche hier, doch bisher hatte Invidia noch keinen Erfolg verzeichnen können. Sie bekam eine Ohrfeige. Die Wasserdämonin spürte wie ihr frisches Blut aus der Nase lief. Gleichzeitig hustete sie es auch hervor, dennoch gab sie Invidia ein gehässiges Grinsen. „Mach mit mir, was du willst. Ich verrate dir nichts.” Die Sünde schnaubte, griff in Agares' Haare und riss ihren Kopf hoch. Die Dämonin biss die Zähne zusammen und weigerte sich auch nur ein Geräusch von sich zu geben, egal wie weh es tat. Sie hatte schon einmal Invidias Folter überstanden, da schaffte sie es ein weiteres Mal. „Du hälst dich wohl für ganz schlau, oder?! Du dämliches Miststück denkst, du wärst was besseres?! Von wegen! Du wirst nur eine weitere namenlose Leiche sein, die den Weg pflastert!” „Und du wirst nur eine weitere namenlose Handlangerin Liliths sein, an die sich in einem Jahrhundert sowieso keiner mehr erinnert.”, presste Agares hervor. Das schien zu sitzen, denn die Aveira stieß ein Knurren aus und rammte sie in die Steinwand. Diesmal entfuhr der Wasserdämonin ein leises, schmerzerfülltes Keuchen und sie hustete erneut Blut hervor. Außerdem war sie sie ziemlich sicher, dass ihre Lungen von ihren gebrochenen Rippen gequetscht wurden. Dennoch setzte sie weiterhin ihr unbeeindrucktes Gesicht auf. Invidia presste sie nun gegen die Wand, griff nach ihrem Hals und drücke leicht zu. „Ich frage noch ein Mal.”, zischte die Gestaltwandlerin ihr ins Ohr. „Wo. Sind. Die. Dämonenkönige?” Die Weißhaarige lachte leise. „An einem Ort an dem du sie niemals finden wirst. Und bevor du wieder fragst: Ich sage nichts über ihre Pläne. Da musst du dich schon selbst auf die Suche machen, also lass es endlich gut sein. Wenn du mich töten willst, dann tu es endlich. Ich habe keine Angst davor zu sterben.” Invidia schnaubte. „Als ob ich dich so leicht davon kommen lasse. Glaub ja nicht, ich hätte vergessen, was du mit meinem Liebling gemacht hast.” Wütend sah Agares sie an. „Dein "Liebling" hat einen Haufen Verletzter angegriffen, die nur von einem kleinem Trupp bewacht worden. Sollte ich etwa abhauen und Leviathan alle umbringen lassen? Wohl kaum. Nehme es nächstes Mal vielleicht einfach an die Leine. Diesmal schien es auch nicht gerade effizient gewesen zu sein.” Sie schnappte nach Luft, als sich der Griff um ihren Hals versteckte. „Vielleicht sollte ich dir doch für eine Weile die Zunge rausschneiden.”, zischte Invidia düster, doch begann dann erneut wie eine Irre zu grinsen. Gut, sie war auch irre. „Aber schon traurig. Du wirst hier krepieren wie ein irgendein Sterblicher im Graben und Egyn wird niemals erfahren, dass du ihn liebst. Nicht dass du je eine Chance bei ihm hattest.” Agares bleckte die Zähne, aber wurde quer durch den Raum geworfen bevor sie antworten konnte. Mit einem Ächzen krachte sie erneut in das Gestein. Für einen Moment drehte sich alles, doch sie bekam durchaus mit, dass sich Invidia näherte. „Dass du dir wirklich Hoffnungen gemacht hast. Als ob ein Halbblut wie du eine Chance hättest. Widerlich.”, fuhr die Grünhaarige fort. „Du bist nur irgendein Unfall, der entstanden ist, als deine Mutter mal Langeweile hatte. Wahrscheinlich hat sie dich nur nicht im nächsten Fluss ertränkt, weil es mehr Rationen gibt, wenn man Kinder hat. Und ich wette, dein Vater wurde nicht von Exorzisten umgebracht, sondern hat sich selbst erledigt, als ihm klar geworden ist, was er da in die Welt gesetzt hat.” „Halte die Klappe!”, knurrte die Wasserdämonin. „Du weißt gar nichts. Weder über meine Familie noch über Egyn.” Invidia wirkte amüsiert. „Ach wirklich? Ich weiß mehr als du glaubst.” Die Dämonin hatte nicht mal Zeit zum blinzeln, da war die Sünde schon bei ihr und zwang etwas in ihren Mund. Agares wollte es ausspucken, doch Invidia zwang sie es zu schlucken, indem sie ihr die Luft komplett abschnürte. Sie spürte wie was immer es war, sofort in ihren Blutkreislauf schoss. Das war sicher nichts Gutes. „Was...Was hast....du....mir gegeben?!”, presste sie unter großer Anstrengung hervor. „Nichts was dich töten wird. Das wird nur dafür sorgen, dass Realität und Einbildung verschmelzen. Halluzinogene heißen sie, oder?”, kam die Antwort. „Normalerweise würden das ja Lux und Cedia übernehmen, aber sie sind gerade beschäftigt, also muss ich das eben auf die altmodische Weise lösen.” Leider wirkte die Droge schnell. Am Rande bemerkte Agares das bereits bekannte grüne Leuchten. Vor ihr stand nun nicht mehr Invidia sondern Egyn. ‚Nein...warum ausgerechnet diese Gestalt? Nicht schon wieder!‘, dachte sie etwas panisch. „Agares? Ist alles in Ordnung?”, hörte sie Egyns Stimme. Er klang aufrichtig besorgt, doch sie wusste, dass es ein Trick war. Sie wollte Invidia sagen, dass sie abhauen sollte, aber sie konnte einfach keine zusammenhängenden Worte bilden. "Egyn" näherte sich ihr und kniete schließlich vor ihr. Sie zuckte zusammen als er die Hand ausstreckte, ihr eine blutige Haarsträhne aus dem Gesicht strich und ihr sanft über die Wange strich. Dabei lächelte er ihr behutsam zu. ‚Scheiße...sie...sieht wirklich aus...wie er. Vielleicht...Nein! Das ist nicht echt!‘, rief sie sich ins Gedächtnis. „Hey, es ist ok. Ich helfe dir. Du bist in Sicherheit.”, beruhigte er sie. „Ich möchte dir helfen, aber dafür brauche ich zuerst deine Hilfe. Wo sind die anderen?” Agares schüttelte den Kopf. „G-Geh...w-w-weg....bist nicht...Egyn...”, murmelte sie. Der Dämonenkönig blinzelte überrascht, dann sah er sie mitleidig an. „Es tut mir leid, dass ist alles meine Schuld. Ich hätte besser aufpassen sollen. Ich verstehe es, wenn du misstrauisch bist. Du musstest wirklich viel mitmachen, aber jetzt ist alles in Ordnung. Du bist in Sicherheit, ich helfe dir. Sage mir nur, wo die anderen sind. Bitte? Wo sind sie? Wo sind meine Brüder?” Die Wasserdämonin schluckte und schloss die Augen. ‚Es...Es klingt genau wie Egyn...die Stimme...die Art...wie er redet...ist er...? Nein, er kann nicht hier sein. Kann nicht sein...‘ „Bitte, ich brauche deine Hilfe. Ich muss sie finden bevor Lilith es tut oder sie werden sterben!”, hörte sie ihn flehen, nun mit eindeutiger Verzweiflung in der Stimme. „Bitte. Ich...Ich will sie nicht auch noch verlieren.”, fuhr er leise fort. ‚Stimmt...Egyn hatte schon seine Mutter verloren, wenn er dann noch seine Geschwister verlor, würde ihn dies zerstören. Jedoch...‘ Agares sah ihr Gegenüber an. „Sie...Sie sind...” Egyn beugte sich etwas nach vorne, um ihre Worte besser zu verstehen. „Dort......wo du.....sie nicht finden wirst, Invidia.”, beendete die Weißhaarige ihren Satz abfällig. Der falsche Egyn bleckte die Zähne und verpasste ihr eine Ohrfeige. „Dämliches Halbblut.”, zischte er. „Du bist sowas von nutzlos und wunderst dich, weswegen ich dich nicht haben will. Als ob ich jemals so tief sinken würde mich mit einer wie dir einzulassen.” Er fuhr damit fort, sie niederzumachen. Ab und zu schlug er wieder einen freundlicheren Ton an und versuchte sie so dazu zu bringen etwas zu sagen, dann ging er wieder dazu über sie zu beleidigen. Dennoch gab die Wasserdämonin nicht nach. Sie würde nicht brechen. .................................................................................................................. „Hey Shura, hast du eine Ahnung, weswegen uns die Dämonenkönige herbestellt haben?”, wurde die Exorzistin von einer ihrer Kolleginnen gefragt. Die Rothaarige zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Klang aber wichtig. Ich nehme mal an, sie wollen noch einige Dinge für unseren Angriff auf den Vatikan klären.” Inzwischen waren die Vorbereitungen so ziemlich abgeschlossen, sodass der Angriff bald beginnen konnte. Unruhig wartete sie darauf, dass es los ging. Nach einigen Minuten schienen endlich alle da zu sein und Lucifer ergriff das Wort. „Wir haben alle viel zu tun, also halte ich mich kurz. Dank dem ganzen Chaos sind Tamer nicht mehr dazu in der Lage auch nur ein Kohletierchen zu beschwören, aber wir brauchen jede Hilfe. Darum haben wir uns etwas überlegt, damit es trotzdem funktioniert. Es ist nur eine Theorie, aber wir müssen es möglichst schnell ausprobieren. Besser gesagt ihr.”Er hielt ein Stück Papier hoch. Darauf war ein Siegel gezeichnet worden, anscheinend mit Blut. „Wie ihr wisst, können wir Dämonen rufen, wann immer wir wollen. Die Hexenzirkel nutzen das bereits zu ihrem Vorteil indem wir ihnen diese Zettel mit unserem Siegel und einem Blutstropfen geben. Sie nutzen uns dann sozusagen als Anker für die beschworenen Dämonen. Bei euch Normal-Sterblichen wird das wahrscheinlich nicht reichen, also haben wir hier das komplette Siegel mit unserem dazugehörigen Blut gezeichnet.” Er warf einen kurzen Blick auf das Papier. „Das ist Beelzebubs Siegel. Freiwillige?” Eine Exorzistin trat hervor, die Shura als Lena erkannte, eine Exorzistin der indonesischen Zweigstelle. „Mach es einfach wie sonst.”, kommentierte der Lichtkönig und die Blondine nahm den Zettel entgegen. Shura sah gespannt zu. Wenn das wirklich funktionierte, hätten sie wesentlich mehr Leute für den Angriff. Tatsächlich konnte Lena erfolgreich ihre Beschwörung durchführen. „Was ist mit Dämonen, die zu Azazel gehören? Ich bezweifle, dass ihr etwas von seinem Blut rumliegen habt.”, fragte plötzlich Angels Stimme. Wo kam der wieder her? Allerdings war die Frage berechtigt. Lucifer schüttelte den Kopf. „Nein, haben wir nicht. Darum haben wir es mit Shax' Blut versucht. Er ist zwar nicht Azazel, aber dennoch ziemlich mächtig. Eventuell reicht es, aber selbst wenn solltet ihr euch nicht darauf verlassen.” Erneut probierten es einige Exorzisten aus und zu ihrer großen Erleichterung klappte es erneut. Daraufhin wurden die übrigen Zettel verteilt, allerdings wurden allen eingeschärft, dass sie diese nicht verschwenden sollten, da sie nur begrenzt vorrätig waren. Shura holte sich ebenfalls einen, dann wandte sie sich dem Ausgang zu und wollte eigentlich gehen, jedoch war der Raum so voll, dass sie kaum vorbei kam. Sie beschloss sich einfach irgendwo hinzusetzen und darauf zu warten, dass sich alles etwas gelegt hatte. Sie entdeckte Iblis, welcher mit seinen Drachen zugange war, neben ihm saß Astaroth, der mit verschränkten Armen den Exorzisten zusah. Da Shura ohnehin nochmal mit einem der Dämonenkönige reden wollte, ging sie auf sie zu. Die Drachen hoben interessiert die Köpfe und beäugten sie zunächst etwas argwöhnisch, doch schienen sie dann zu erkennen, da sie sich wieder beruhigten und Iblis zuwandten. „Habt ihr kurz Zeit?”, erkundigte sich die Exorzistin. Astaroth zuckte mit den Schultern. „Schätze schon. Wir warten grad nur, dass diese Prügelei vorbei ist.” Shura nickte und setzte sich auf einen Stuhl, nebenbei wanderte ihr Blick zu den Drachen, welche mehr als glücklich schienen, dass sie Iblis wieder Zeit für sie hatte. Sie waren gerne mal eingeschnappt, wenn er sie ignorierte. Dennoch schien er sich recht gut um sie zu kümmern, denn seit ihrer Ankunft in Assiah waren sie nicht nur ein Stück gewachsen, sondern wirkten zudem viel gesünder. Zumindest im Vergleich dazu, wie sie sie im Verlies vorgefunden hatten. Womit fütterte Iblis die Drachen eigentlich? Sie fraßen doch sicherlich eine Menge, also wo bekam er das her? Im Stillen hoffte sie, dass nicht irgendwelche herumstreunenden Tiere als Futter hatten herhalten müssen. „Also...”, begann sie, als keiner der beiden Dämonen etwas sagte. „Gibt es nochmal irgendwas neues zum Vatikan?” Iblis schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich, sogar die Kohletierchen wissen kaum was, außer dass Lilith von dort aus von ihre Angriffe koordiniert, aber das wussten wir ja schon. Allerdings hat sich jetzt bestätigt, dass sie Rin immer noch als Waffe verwendet. Sie hat erst vor 'ne Woche fast ganz Moskau abgefackelt und damit die Russen zur Kapitulation gezwungen. Schätze mal, sie wird die Strategie beibehalten.” Astaroth schnaubte. „Mich würde es nicht wundern, wenn sie am Ende alles niederbrennt. Dann ist sie zwar die Königin eines Aschehaufen, aber das wird sie wahrscheinlich nicht mal stören.” Shura nickte und zögerte kurz bevor sie die nächste Frage stellte. Hoffentlich löste sie damit kein Minenfeld aus. „Wisst ihr noch was über Rin?” Beide Dämonen schüttelten düster den Kopf. „Sie hält ihn nach wie vor irgendwo fest und lässt ihn wohl nur raus, wenn sie ihn braucht. Aber wir wissen nicht genau wo er ist oder wie es ihm geht. Gut möglich, dass er längst wie Salacia drauf ist.”, murmelte Iblis. „Salacia?”, fragte Shura überrascht. Sie hatte den Namen bereits einmal gehört, doch war sich nicht ganz sicher wo. „Egyns Mutter. Sie ist für eine ganze Weile verschwunden, dann wieder aufgetaucht, aber hatte komplett den Verstand verloren.”, erklärte Astaroth. „Lilith hat gegenüber Rin erwähnt, dass das ihr Verdienst ist.” Die Exorzistin schluckte und musste ein Schaudern unterdrücken. Sie wollte gar nicht wissen, was der Dämonin widerfahren war oder ob sich Rin in einer ähnlichen Situation befand und sie ihn überhaupt noch wiedererkennen würden. Außerdem musste sie eingestehen, dass Egyn ihr deswegen leid tat. „Und Azazel?”, fragte sie, in der Hoffnung zumindest dort etwas positives zu hören, doch natürlich wurde sie erneut enttäuscht. „Wir haben nichts mehr von ihm gehört.”, murmelte Iblis und strich Makara etwas gedankenverloren über den Kopf. „Wir wissen noch nicht mal, ob die Mail wirklich von ihm war oder ob er überhaupt noch in Italien ist.” Sie schwiegen, doch nach einigen Minuten hatte sich das Gerangel endlich gelegt und Shura stand auf. Keiner der Dämonenkönige machte Anstalten ihr zu folgen, daher verabschiedete sie sich und verließ den Saal, um noch einmal zu trainieren. Aufgrund der Uhrzeit rechnete sie nicht damit jemanden vorzufinden und war daher umso überraschender, als sie jemanden in der Trainingshalle hörte. Offenbar hatte Ankou den gleichen Einfall gehabt und nutzte die Ruhe zum Einzeltraining aus. Sie schien Shura gehört zu haben, denn sie drehte sich um und nickte ihr kurz zu. „Du weißt wohl auch nichts mit dir anzufangen, wie?” Die Rothaarige zuckte mit den Schultern. „Alles ist besser, als rumzusitzen und auf das nächste Treffen zu warten. Ich hasse es, einfach rumzusitzen.” „Dann haben wir wohl etwas gemeinsam.”, erwiderte die Dämonin und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte. „Lust zusammen zu trainieren?” Dies erwischte Shura im Kalten. Die Dämonin war bisher immer auf Abstand gegangen und schien nicht wirklich angetan von ihr zu sein, was wohl verständlich war, wenn man bedachte, dass sie eigentlich Feinde waren. Ankou schien ihren verwirrten Gesichtsausdruck zu bemerken, denn sie hob eine Braue. „Ist das Angebot wirklich so überraschend? Ich persönlich finde Training zu zweit immer effektiver, als wenn man alleine auf irgendwelche Ziele einschlägt.” Nach kurzem Zögern beschloss Shura einfach ehrlich zu sein. „Das schon, aber du und der Rest habt uns bisher wie die Pest gemieden. Ich hätte nicht gedacht, dass du etwas mit einem von uns zu tun haben willst.” Sie bekam ein Augenrollen zur Antwort. „Wir haben Abstand gehalten, weil die ganze Situation schon unangenehm genug und um Streitereien aus dem Weg zu gehen. Allerdings scheinst du zu den Vernünftigen zu gehören, also habe ich nicht wirklich ein Problem mit dir. Davon mal abgesehen sehe ich keinen Sinn hier Freunde zu machen. Bald sind wahrscheinlich sowieso wieder verfeindet und selbst wenn nicht, würde es am Ende nur unangenehm enden.” „Warum das?” Wieder verdrehte Ankou die Augen. „Wir sind unsterblich, ihr seid es nicht. Wenn man sich als Dämon mit einem Sterblichen befreundet, muss man zusehen wie derjenige altert und schlussendlich stirbt. Klar Dämonen können auch sterben, aber nicht an Altersschwäche und es kommt daher seltener vor. Darum versuchen die Baal auch nicht zu enge Beziehungen mit Mitgliedern der Hexenzirkel aufzubauen. Die leben zwar länger als normale Menschen, aber irgendwann sind sie trotzdem weg. Ist natürlich leichter gesagt als getan. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass zumindest Iblis hin und wieder welche abschleppt.” Das wiederum überraschte Shura nicht wirklich. Der Feuerkönig schaute ja manchmal sogar Exorzistinnen hinterher. „Darf er das überhaupt?” Erneut zuckte die Dämonin mit den Schultern. „Klar, solange er niemanden zwingt oder schwängert...Satan würde sonst durchdrehen, aber zurück zum Thema: Wollen wir nun trainieren oder nicht?” Die Exorzistin hob eine Braue. „Sicher, dass du nicht einfach nur eine Entschuldigung suchst, mich zu schlagen ohne Ärger zu bekommen?” Ankou lachte unerwarteterweise. „Genau dasselbe hat einmal Rin gesagt, als ich mit ihm trainiert habe. Also bist du dabei?” Shura überlegte kurz, dann nickte sie. Zwar würde Ankou sie wahrscheinlich zusammenfalten, aber sie würde es später mit weiteren Dämonen zu tun bekommen, daher konnte ein wenig Extratraining nie schaden. „Na schön, ich bin dabei.” .............................................................................................................................. „Eine Woche. Wir foltern diese verdammte Wasserdämonin schon seit einer Woche, jetzt hast auch du es versucht und noch immer haben wir nichts aus ihr rausbekommen. Kannst du mir verraten, warum das so ist?”, fragte Lilith in einer scheinbar ruhigen Stimmlage, doch Invidia kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie kurz vorm Explodieren stand, was ihre roten Augen und die Aura noch einmal zusätzlich bestätigten. Dennoch versuchte sie sich nicht ihre Nervosität anmerken zu lassen, sondern überspielte es wie so oft. „Sie ist widerspenstiger als gedacht, das ist nicht meine Schuld.”, schmollte sie. „Die anderen bekommen auch nichts aus ihr raus, aber-” „Kein "Aber" und dein "Die Anderen haben es auch nicht geschafft" kannst du dir sparen. Es ist deine Aufgabe, also denke gar nicht daran dem Rest die Schuld zuzuschieben.”, wurde sie scharf unterbrochen. Die Gestaltwandlerin schwieg, denn Lilith schien momentan etwas...instabil und das wollte etwas heißen, wenn es von ihr kam. Sie konnte nun hören, wie die Dämonengöttin etwas vor sich hin murmelte, offenbar eher zu sich selbst als zu der Sünde. „Ich finde sie schon und wenn ich ganz Assiah niederbrennen muss.” Ein Klopfen riss sie aus ihrem Gemurmel und die Grünhaarige atmete erleichtert auf. Jetzt würde es immerhin den Idioten treffen, der dumm genug war, einfach hier vorbeizuschauen. „Welcher Idiot...”, murmelte Lilith, dann rief sie den Neuankömmling herein, welcher sich als Berith herausstellte. Er kniete vor der Dämonenkönigin nieder, dann richtete er sich schnell wieder auf, da auch er Liliths Angespanntheit spürte. „Entschuldigt bitte die Störung Majestät, ich habe Neuigkeiten.” Die Dämonin schnaubte ungehalten. „Die sollten besser gut sein. Ich finde immer noch Stücke von dem Kerl, der mich das letzte Mal grundlos genervt hat, in meinen Haaren.” Der Zeitdämon ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen, Invidia verdrehe nur die Augen. Sie konnte Berith auf den Tod nicht ausstehen, unter anderem da dieser meinte, er wäre besser bei der Informationsbeschaffung als sie. Abgesehen davon traute sie ihm nicht mal ansatzweise. Zugegebenermaßen traute sie niemanden wirklich, aber die ehemalige rechte Hand Samaels ließ bei ihr sämtliche Alarmglocken schrillen. Was würde sie nicht dafür geben, ihn auszuweiden und anschließend an Leviathan zu verfüttern. Ihr Liebling hatte es dringend nötig, denn die verfluchten Baal und Anhängsel hatten ihm viel Schaden zugefügt. „Natürlich, sonst würde ich Euch nicht belästigen.”, antwortete der Zeitdämon schnell. „Leider muss ich berichten, dass die Sirenen in Japan sich allesamt den Dämonenkönigen angeschlossen haben. Sie bekommen täglich neue Truppen, sowohl Dämonen als auch Sterbliche. Anscheinend haben sie außerdem eine Möglichkeit gefunden, wie Exorzisten wieder Dämonen beschwören können.” Mussten eigentlich immer dann schlechte Nachrichten kommen, wenn sie gerade mit im Zimmer war? Andererseits würde es diesmal wohl Berith treffen, daher war sie relativ entspannt. Wie sie erwartet hatte, war die Königin Gehennas alles andere als begeistert. „Und was stehst du dann hier rum?! Geh und bringe es in Ordnung, du Idiot!” „Bei allem Respekt, ich fürchte, dass liegt inzwischen außerhalb meiner Möglichkeiten. Schlussendlich bin ich nur hier, weil ich glaube, dass ihr Angriff kurz bevor steht. Sie haben keine andere Wahl mehr, ohne Satan können sie diesen Krieg nicht gewinnen und das Halbblut werden sie ebenfalls befreien wollen.” Lilith verdrehte die Augen. „Das wusste ich selber, da brauche ich dich nicht dazu. Aber sei's drum, die Sirenen sind ein Ärgernis, aber wir haben noch mehr als genug in anderen Teilen Assiahs.” Sie hielt kurz inne, scheinbar in Gedanken. „Wenn ich jedoch genauer darüber nachdenke, macht es wohl mehr Sinn einfach abzuwarten bis sie zu uns kommen. Die paar Tage machen wirklich keinen Unterschied mehr, schätze ich...” Invidia war erleichtert, als sie dies hörte. Nun musste sie sich zumindest nicht mehr um Agares Gedanken machen, sondern konnte sich wieder um ihre anderen Pflichten kümmern. „Invidia, du kannst gehen.”, sagte Lilith, doch bevor die Grünhaarige sich in Bewegung setzen konnte, fügte sie noch etwas hinzu. „Übrigens würde ich euch beiden raten, euch zu bemühen wieder mal etwas nützliches zu tun. Ich habe keine Verwendung für Versager. Invidia, du hast es nicht geschafft etwas aus Agares zu bekommen und Berith, deine Informationen zu den Dämonenkönigen und ihren Truppen lässt mehr als zu wünschen übrig. Ihr erinnert euch doch sicher noch an Aeshma, als sie keinen Nutzen mehr hatte, nicht wahr? Wobei ich ihren Tod zumindest Satan zuschieben und damit ihre Kinder manipulieren konnte. Ihr dagegen wärt nur weitere namenlose Versager. Verstanden?” Beide Dämonen nickten steif und Invidia verließ den Saal ohne dass sie sich gegenseitig nur eines Blickes zu würdigen. ..................................................................................................................... Zwei weitere Tage waren vergangen seitdem sie eine Möglichkeit gefunden hatten, den Tamer das Beschwören zu ermöglichen, heute sollte endlich der Angriff starten. Obwohl es nicht Egyns erster Kampf war, verspürte er eine Nervosität als hätte er noch nie zuvor einen Speer in der Hand gehabt. Wahrscheinlich weil diesmal so viel vom Ausgang abhing. Als sie damals Lilith versiegelt hatte, konnte er in der Nacht zuvor kaum schlafen und war am nächsten Morgen vollkommen durch den Wind gewesen. Rückblickend betrachtet war es kleines Wunder, dass er sich während der Versieglung genug zusammenreißen konnte. Schlussendlich hatte er ein letztes Mal den Stand einiger seiner Truppen überprüft, um sich irgendwie abzulenken. Dennoch wurde er von Minute zu Minute unruhiger, was nicht nur daran lag, dass er ständig an seinen Vater, seine gefangenen Geschwister und Agares denken musste, sondern auch an Kyrene, Erato und Keto. Diese hatten sich nämlich in einem Anflug von Größenwahn dazu entschlossen ebenfalls mitzukämpfen. Daraufhin hatte er es ihnen verbieten wollen, doch gegen drei Sirenen hatte man nicht mal als Wasserkönig eine Chance. Er war schon damals nervös gewesen, weil Kyrene sich geweigert hatte, ihren Wächterposten aufzugeben und einmal sogar an einer Expedition in das unerforschte Gebiet teilnehmen wollte, obwohl die Sterberate beachtlich war. Jedoch hatte die Sirene sich nicht davon abbringen lassen und er konnte nicht mitkommen. Diesmal war es genau dasselbe. Zwar konnte er nicht bestreiten, dass die drei Schwestern durchaus mit dem Speer umgehen konnten, aber wirkliche Kampferfahrung hatte außer Keto keine von ihnen. Er hatte Kyrene damals noch ein paar Tricks gezeigt, aber ob ihr das wirklich bessere Chancen auf Überleben gab? „Egyn, bist du das?”, fragte plötzlich jemand. Die Stimme kam ihr sehr bekannt vor, daher hielt er an und wandte sich um. ‚Lass mich falsch liegen...‘ Natürlich lag er nicht daneben und stand nun einem Dämon mit schwarz-blonden Haaren und violetten Augen gegenüber. „Hallo Seth. Ich hätte nicht gedacht, dass du auch hier bist.”, sagte Egyn knapp. Er hatte gehofft den Zeitdämonen nie wieder zu sehen, nachdem dieser von der Schule geflogen war. Seth und seine Freunde hatten ihm und seinen jüngeren Geschwistern mehrere Jahre lang das Leben schwer gemacht bis sie nach einem Vorfall endlich verwiesen worden waren. Seitdem hatte er ihn nicht mehr gesehen. Ihm fiel sofort auf, dass Seth sehr nervös war, doch dies überraschte ihn nicht weiter, denn früher hatte sich keiner ihrer Peiniger jemals Gedanken darüber gemacht, dass sie eines Tages über ihnen stehen würden. „Ähm...ja. Ich bin gestern angekommen. Eher ging es nicht.” „Aha. Dann ist der Rest deiner Familie sicher ebenfalls hier.”, stellte Egyn fest, auch wenn es ihn nicht wirklich kümmerte, doch Seth schüttelte den Kopf. „Mein Vater ist tot. Invidia hat ihn umgebracht und meinen Bruder und meine Schwester gleich mit. Darum bin ich jetzt der Führer des Hauses.” Dies überraschte Egyn. „Lord Cain und deine Geschwister sind tot...? Tut mir leid für dich.” Zwar konnte er weder Lord Cain, noch Seth leiden, aber er wünschte niemanden ein Familienmitglied zu verlieren. Zu seiner Mutter sagte Seth nichts, daher schwieg Egyn ebenfalls diesbezüglich. Der Zeitdämon zuckte mit den Schultern. „Meine Beziehung mit ihnen war ohnehin nicht die beste.” Der Wasserdämon nickte langsam. „Was ist mit Loki, Ishtar und Nija?” Zumindest in ihrer Schulzeit hatten sie immer aufeinander gehockt, also sollte er sich wohl darauf vorbereiten sie wieder ertragen zu müssen. Seths Gesicht verdüsterte sich. „Loki ist tot. Er und sein Haus wollten mit einigen anderen Adelshäusern einen Aufstand gegen Lilith anzetteln und wurden dafür alle umgebracht. Ishtar sitzt seit Jahren im Knast. Sein Vater ist überraschenderweise gestorben und es kam heraus, dass er einen Haufen Spielschulden bei einigen zwielichtigen Leuten hatte. Die Familie war komplett ruiniert, seine Mutter war längst abgehauen, also musste Ishtar für irgendwelche Verbrecherbosse arbeiten, um allein die Schulden abzuarbeiten. Er hatte es dann irgendwann geschafft, aber ihm hat das Leben so gut gefallen, dass er dabei geblieben ist. Zu dem Zeitpunkt hatte ich nichts mehr mit ihm zu tun, aber nach dem was ich gehört habe, war er dann am Drogenhandel, Entführungen mit Lösegeldforderung, illegalem Glücksspiel und wo nicht noch alles beteiligt. Am Ende wurde er dann erwischt und die Organisation für die er gearbeitet hat aufgelöst, aber das war schon vor vielen Jahren. Kann gut sein, dass er wieder draußen ist. Und Nija...” Er holte tief Luft. „Wir waren noch eine Weile zusammen, aber irgendwann hat sie mich für einen anderen Adligen sitzen gelassen, der eigentlich viel zu alt für sie war. Natürlich war sie ihm irgendwann zu langweilig, also hat er sie fallen gelassen. Ihre Familie wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben und ich habe alle Kontaktversuche ignoriert. Wahrscheinlich arbeitet sie inzwischen in irgendeinem Rotlichtviertel, wer weiß.” „Verstehe.”, sagte Egyn. Zwar war er überrascht über das, was er hörte, aber er hatte noch andere Aufgaben und musste daher weiter. „Ich muss dann aber los, ich habe noch zu tun. Bis dann.” Er wollte gehen, doch der Zeitdämon hielt ihn auf. „Warte! Ich...muss dir nach was sagen.” Egyn schnaubte gereizt. „Was denn? Sind dir inzwischen doch ein paar Beleidigungen eingefallen, die du mir an den Kopf werfen könntest oder ist es doch eine Idee, um mich zu demütigen? Das hast du in den letzten Jahren doch sicher vermisst. Was auch immer es ist, spar es dir. Ich habe jetzt wirklich andere Probleme als mich mit irgendeinem selbstverliebten, gehässigem Arschloch rumzuplagen. Also lass mich einfach und meine Brüder einfach in Ruhe oder ich spieße dich mit meinem Speer auf.” Er war selbst von seinen Worten überrascht, doch er war momentan einfach zu angespannt, um sich zurückzuhalten. Seth war rot geworden und sah beschämt zu Boden. „Ich...Nein. Ich möchte mich entschuldigen.” Der Wasserdämon sah ihn verwirrt an und glaubte fest daran, sich verhört zu haben. „Ich weiß, das macht nichts wieder gut und ist wahrscheinlich viel zu spät.”, fuhr Seth unsicher fort. „Aber trotzdem: Es tut mir leid. Ich war wirklich ein Arschloch und ich verstehe schon, dass du mich nicht leiden kannst. Du warst eigentlich immer nett zu mir und hast versucht, dass friedlich zu klären, aber ich habe es immer abgelehnt. Das habe ich allerdings erst eingesehen, nachdem ich meinen Abschluss an der anderen Schule gemacht habe. Ich hatte damals ziemliche Probleme Zuhause und es dann vor allem an dir und deinen Brüdern ausgelassen. Schätze ich war eifersüchtig, weil du... na ja, ihr konntet euch immer aufeinander und auf euren Vater verlassen, während ich Zuhause genauso gut gar nicht hätte existieren können und eigentlich nur 'ne Absicherung war, falls meinem Bruder was passiert. Es kommt noch mehr dazu, aber es ist egal und ich weiß, dass das kein guter Grund ist für mein Verhalten. Also nochmal: Entschuldigung. Ich will mich schon seit Jahren entschuldigen, aber immer wenn ich vorm Palast stand, habe ich doch noch Schiss bekommen. Da ich nachher vielleicht drauf gehe, wollte ich das nur sagen...und...ja...also....” Er stammelte nun irgendetwas vor sich hin und Egyn unterbrach ihn. „Ok, ich gebe zu, ich habe damit nicht gerechnet. Ehrlich gesagt bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich dir wirklich verzeihen kann.” Seth nickte langsam, scheinbar etwas bedrückt. „Ja, das verstehe ich. Ich wollte es nur sagen-” „Ich war noch nicht fertig.”, sagte der Blauhaarige. „Was du getan hast, war mehr als daneben und ich hatte gehofft dich nie wieder zu sehen. Aber es spielt jetzt keine Rolle. Die Sache ist Jahre her, wir haben uns beide verändert und momentan haben wir größere Probleme. Also mach dir deswegen jetzt keinen Kopf. Überlebe das heute und wir reden weiter. Ok?” Der Zeitdämon wirkte überrascht, doch nickte. „Ok. Und Viel Glück. Ich glaube übrigens nicht, dass Azazel ein Verräter ist. Wir befreien ihn schon, zusammen mit Lord Satan und deinem anderen Bruder.” Der Wasserkönig nickte. „Danke, dir auch viel Glück.” Nach einigen Minuten fand er Beelzebub und Amaimon, doch es blieb keine Zeit ihnen von Seth zu erzählen, denn diese waren ebenfalls mit anderen Dingen beschäftigt. Momentan war es nur wichtig, dass sie erfolgreich waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)