Ein unverhofftes Familientreffen von Himikko ================================================================================ Kapitel 44: Konflikte --------------------- Indra saß in dem Zimmer, welches sie sich mit Vaya teilte und suchte ein Buch, um den Abend zu vertreiben. Dummerweise hatte sie nur wenige auf Gehennisch gefunden, Japanisch konnte sie nicht lesen, also blieben nur Englisch, Spanisch und Deutsch. Nach einigem Überlegen hatte sie sich für das spanische Buch entschieden, immerhin sprach sie Latein fließend. Spanisch sollte als eine weitere romanische Sprache daher kein großes Problem darstellen. „La casa de los espiritus...Das Haus der Geister? Na ja, besser als nichts.”, murmelte sie und begann zu lesen. Es gefiel ihr sogar ganz gut, jedoch fiel es ihr schwer sich zu konzentrieren. Seufzend legte sie ein Lesezeichen in das Buch, schloss es und legte es auf ihren Nachttisch. Dann stand sie auf und verließ leise das Zimmer , sodass sie die Kinder, welche nebenan schliefen, nicht weckte. Als die Dämonin jedoch an einem weiteren Zimmer vorbei kam, hielt sie inne. Seltsames rotes Licht drang daraus hervor. Wenn sie sich nicht täuschte, war es das Schlafzimmer von Rin, Amaimon und Beelzebub. Für einen Moment zögerte Indra, dann stieß sie die Tür komplett auf. Das rote Leuchten kam aus einer Tasche. Sie beugte sich darüber und erbleichte, als sie erkannte, was es war. ‚Gar nicht gut.‘ Ohne groß zu zögern, schnappte sie sich die Glaskugel und rannte nach unten (Jeans waren wirklich praktisch, in einem Kleid könnte sie nie so rennen!). Sie riss die Küchentür auf und stürmte in das Esszimmer, wo die Baal überrascht aufsahen. Alle waren anwesend, bis auf Rin und Azazel. ‚Oh, nicht doch.‘ „Indra, was ist-”, begann Egyn, doch die Zeitdämonin unterbrach ihn unwirsch. „Wo ist Rin?!” „Draußen mit Azazel. Warum-”, Lucifer hielt inne. Ihm war der Gegenstand in Indras Hand aufgefallen, ebenso wie dem Rest. „...Scheiße.”, war alles, was der Lichtkönig sagte, dann sprintete er an Indra vorbei nach draußen, der Rest folgte. Vaya, Agash und Indra blieben etwas zurück. Mergi, Lilu und Vritra kamen derweil sichtlich verschlafen die Treppe runter getappelt, anscheinend hatten sie Indra gehört und waren davon aufgewacht. „Mama, was ist denn los?”, murmelte Vritra. „Geht bitte wieder nach oben.”, antwortete diese nervös. In diesem Moment kamen die Baal zurück. „Er ist weg!”, fauchte Iblis. „Und von Azazel fehlt auch jede Spur!” „Seid ihr sicher? Haben sie vielleicht einfach nur den Bannkreis verlassen und sind dort auf Ärger gestoßen?”, fragte Vaya beunruhigt. Lucifer schüttelte düster den Kopf. „Azazel würde den Kreis nie verlassen und ich bezweifle, dass Rin abgehauen ist. Er weiß, was auf dem Spiel steht.” Egyn raufte sich die Haare. „Aber wo sind sie dann?!”, quiekte er am Rande der Hysterie. „Egyn, ganz ruhig-”, versuchte Beelzebub auf ihn einzureden, doch der jüngere Dämonenkönig dachte gar nicht daran. „Azazel und unser Baby-Bruder sind verschwunden! Wie soll ich da ruhig bleiben?! Oh Gehenna, sie könnten verletzt sein oder Liliths Schergen haben sie gefangen! Als ob Vater nicht schon reichen würde! Lucifer, du bist der Verantwortliche, wie konntest du das zulassen?! Wahrscheinlich wird sie ihn damit erpressen und bevor wir uns versehen, sind sie wieder zusammen! Und wenn sie wieder von Rin Besitz ergreift, könnte sie nicht nur ganz Assiah in Schutt und Asche legen, sondern würde ihn damit wahrscheinlich in den Wahnsinn treiben!” „Egyn-”, versuchte Samael ihn zu unterbrechen, doch wurde stattdessen wütend angefunkelt. „Du solltest mal ganz still sein, immerhin ist dieser ganze Schlamassel deine Schuld. Wage es ja nicht, dich dumm stellen!”, fügte er hinzu, als der Zeitkönig den Mund öffnete. „Du und deine bescheuerte Wette oder besser gesagt deine miserable Vorstellung von Unterhaltung haben alles ruiniert! Du hättest ihn einfach nehmen und nach Gehenna bringen sollen, wie Vater es dir befohlen hat. Der Paladin hätte keine Chance gegen dich gehabt, aber Neeeeein! Stattdessen hast du deine vollkommen dämliche Wette mit ihm abgeschlossen, Rins Kräfte versiegelt und ihn für 15 Jahre in Assiah versauern lassen, während wir alle Kontinente auf den Kopf gestellt und ganze Städte niedergebrannt haben, um ihn zu finden!” „Ich habe ihm damit das Leben gerettet.”, warf Mephisto ein, doch der Wasserdämon schnaubte nur. „Diese ganze Aktion wäre nicht nötig gewesen, wenn du ihn direkt nach Hause gebracht hättest! Stattdessen hast du unseren Baby-Bruder bei den Exorzisten in Assiah gelassen, wo er wegen seiner versiegelten Kräfte immer nur Ärger gehabt hatte. Der Paladin hatte doch keine Ahnung, wie man mit einem Nephilim umgeht! Jeder Dämon weiß, dass Dämonenkinder den Schutz und die Führung ihrer Eltern und Geschwister brauchen, weil sie sonst nur für Chaos sorgen oder in Schwierigkeiten geraten! Du hast dir aber nie die Mühe gemacht, dich auch nur ansatzweise um ihn zu kümmern sondern genießt nur das Chaos oder greifst ein, wenn es dir irgendwie nützt! Und als du ihn dann endlich hattest und ihn eigentlich nach Gehenna bringen solltest -schon wieder-, hast du nochmal alles geändert und Vater dazu überredet ihn vorerst in Assiah zu lassen, wo er zum großen Teil nur von Menschen umgeben ist, die ihm schaden wollen oder wie ein Monster behandeln! Wäre er bei uns aufgewachsen, wäre er glücklich gewesen, er hätte seine Fähigkeiten unter Kontrolle und Lilith hätte keine Chance gehabt! Aber Neeeeiiiiin! Sammy musste ja wie immer seinen Kopf durchsetzen! Wegen dir mussten wir in sein Wohnheim einbrechen, haben dabei wahrscheinlich nur Panik bei ihm ausgelöst und mussten ihn anschließend gegen seinen Willen mitnehmen! Du solltest dich schämen! Du bist ein miserabler älterer Bruder und ich schwöre zu Vater, dass wenn Rin oder Azazel irgendetwas passiert, dann werde ich dafür sorgen, dass du den Tag deiner Geburt bereust!” Autsch. Sogar Indra war bei seinen Worten etwas zusammengesackt und das wollte etwas heißen. Zudem fand sie es äußerst beeindruckend, wie selten er hatte Luft holen müssen. Die anderen Dämonenkönige sowie die Kinder, Vaya und Agash sahen Egyn völlig überrumpelt an, während Samaels Auge leicht zuckte. „Bist du dann fertig?”, fragte er mit hochgezogener Augenbraue. „Oh, glaube mir, ich hätte noch so einiges zu sagen, aber wir haben jetzt keine Zeit! Wie finden wir sie?!” Bevor jemand antworten konnte, ertönte ein seltsames Geräusch. Es war Samaels Handy. Was hatte er denn für einen Musikgeschmack?! Er schaute etwas entnervt auf das Display, dann seufzte er und nahm an. „Hallo Shura, was verschafft mir denn die Ehre?”, fragte er in seiner typischen, unbeschwerten Tonlage auch wenn alle wussten, dass dies momentan nur Show war. Lucifer fackelte nicht lange und riss seinem jüngeren Bruder das Telefon aus der Hand. „Tut mir leid, ich bin's. Wir haben ein Problem.”, erzählte er düster. „Rin und Azazel sind verschwunden, wir befürchten gerade das Schlimmste und könnten ein paar extra Leute gebrauchen, die mit uns den Wald absuchen. Mit etwas Glück sind sie noch in der Nähe.” Er hielt kurz inne und hörte zu. „Ja, ja. Ich weiß, das hätte nicht passieren dürfen...Nein, natürlich nicht!...Es ist mir egal, wer kommt und wenn es der Papst ist, Hauptsache sie helfen!...Alles klar, dann bis gleich und danke.” Er legte auf und gab Mephisto das Telefon zurück. „Du hast jetzt nicht wirklich die Exorzisten um Hilfe gebeten.”, kommentiere Astaroth dumpf. Lucifer sah ihn streng an. „Es geht hier um zwei unserer Brüder und wir brauchen jede Hilfe, die wir kriegen können.” Zwar murrte der Verwesungskönig vor sich hin, doch sagte nichts weiter. Sie benachrichtigten die Hexenzirkel und versuchten erfolglos Azazel und Rin anzurufen. Währenddessen legte Indra die Glaskugel, welche inzwischen wieder ihren normalen goldenen Schimmer hatte, auf dem Tisch ab. Anschließend wartete sie zusammen mit den restlichen Dämonen auf die Ankunft der Exorzisten. ............................................................................................................... Iblis stand kurz davor etwas in die Luft zu jagen. Es war schon schlimm genug, dass sie ihren Vater verloren hatten und nun verschwanden auch noch gleich zwei ihrer Brüder?! Und obendrein war einer gerade mal 16! Er fand es immer wieder erstaunlich, wie schnell Menschen wuchsen. Immerhin würde er mit dem erreichen seines unsterblichen Alters endgültig aufhören zu altern. Vorausgesetzt er entschied sich für seine Dämonenhälfte. Die Stimmung war mehr als angespannt, jeder hing seinen Gedanken nach. Amaimon und Beelzebub knabberten auf ihren Fingernägeln herum, Egyn lief auf und ab, während er mit seinen Haaren spielte, Lucifer massierte sich die Schläfen, Astaroth lehnte an einer Wand und wippte mit dem Fuß. Die Kinder weigerten sich zurück ins Bett zu gehen und saßen stumm am Tisch. Endlich klingelte es und er stand auf, um die Tür öffnen. Neben Shura waren zusätzlich Yukio (Mist), die Adepten und ein weiterer Exorzist, welcher sich als Kaoro Tsubaki, vorstellte, gekommen. Interessanterweise schien er ehrlich besorgt, also hatte der Feuerkönig vorerst nichts gegen seine Anwesenheit. Bei Gehenna, und wenn der (inzwischen ehemalige) Paladin selbst vorbei käme, es wäre ihm egal. Er wollte einfach nur seine Geschwister zurück. Er erinnerte sich nur zu gut daran, als im Krieg Amaimon und Astaroth für kurze Zeit in Gefangenschaft geraten waren. Er, seine Geschwister und ihr Vater hatten verständlicherweise auf heißen Kohlen gesessen. Dass die jüngeren Geschwister oder in Satans Fall die eigenen Kinder in Gefahr waren und sie nichts tun konnten, um zu helfen, war wohl ein Albtraum für jeden Dämonen mit Familie. „Was ist passiert?! Wie konntet ihr meinen Bruder verlieren?!”, fauchte Yukio, als er das Esszimmer betrat. „Ach, auf einmal sorgst du dich, oder was?”, knurrte Astaroth. Shura seufzte genervt. „Jungs bitte, nicht nochmal. Mich würde es aber ebenfalls interessieren, was passiert ist.” „Wir wissen es ja selbst nicht!”, entrüstete sich Egyn, während er weiterhin auf und ab lief. „Wir waren hier im Esszimmer, er ist eine Weile raus. Wir haben ihm eingeschärft, dass er innerhalb der Bannkreise bleiben soll. Später ist Azazel nachgegangen, dann kam plötzlich Indra mit dem Ôcrio reingestürmt und er war nirgends aufzufinden.” „Was ist ein O-Okro?”, fragte Shiemi. „Ôcrio, nicht Okro.”, berichtete Beelzebub. Er erklärte schnell, was es war, dann erzählte Indra, wie sie es gefunden hatte. Astaroth und Amaimon hatten sich derweil draußen umgesehen und tatsächlich etwas gefunden. „Eine Bierdose und eine Flasche Schorle? Was soll uns das bringen?”, fragte Suguro genervt. Astaroth verdrehte die Augen. „Die Dose hat Azazel mit nach draußen genommen, ebenso wie die Flasche. Die war für Rin. Allerdings riecht sie seltsam.” Lucifer runzelte die Stirn. „Inwiefern?” Der Verwesungskönig zuckte mit den Schultern. „Seltsam eben. Wirkt fehl am Platz.” Er gab die Flasche weiter und alle Baal bestätigen, dass etwas komisch roch. Weder Shura noch die anderen rochen etwas ungewöhnliches, aber sie hatten auch keine Dämonensinne. „Ach Scheiß drauf.”, murmelte Astaroth und nahm einen Schluck aus der Flasche, was Proteste seitens seiner Geschwister auslöste. „Hast du den Verstand verloren!? Wir wissen nicht, was da drin ist!”, empörte sich Egyn. Der Verwesungskönig spuckte die Flüssigkeit jedoch sofort in die Spüle. „Mandragora.”, knurrte er. „Mandragora?”, fragte Bon verwundert. Ihr kennt es vielleicht als Alraunen. Die hier in Assiah hat aber nichts mit der ursprünglichen in Gehenna zu tun.”, erklärte Egyn. „Je nach Dosis und in Verbindung mit anderen Pflanzen wie zum Beispiel Goldfunken, kann es entweder als Schmerzmittel oder eben als Betäubungs- und Schlafmittel verwendet werden. Typisch ist, dass es ziemlich süß schmeckt.” Er nahm ebenfalls einen Schluck und nickte, während er es ebenfalls ausspuckte. „Ja, das ist Mandragora.” Iblis runzelte die Stirn. „Warum sollte das jemand da rein mischen? Und wer war es?” Stille folgte bis Samael, dass aussprach, was alle befürchteten. „Ich schätze, Azazel ist unser Verräter.” „Wie kannst du das vorschlagen!?”, empörte sich Egyn. „Du beschuldigst gerade einen unserer Brüder des Verrats!” „Darüber bin ich mir vollkommen im Klaren und glaube mir, es gefällt mir genauso wenig.”, antworte der Zeitkönig grimmig. „Allerdings spricht einiges dafür. Nur er hatte die Flasche in der Hand und er ist, von Astaroth abgesehen, der Einzige, der Medikamente einnimmt, um besser einzuschlafen. Es ist sogar das von dir eben beschriebene. Er musste sich also nicht einmal etwas zusammenmischen. Wahrscheinlich hat er zudem absichtlich einen Fehler gemacht, um die Barriere zu zerstören.” „Ich würde es eher dir zutrauen, absichtlich einen Fehler zu machen, um dann das Chaos zu genießen!”, fauchte der Wasserkönig. Iblis sah ihn überrascht an. Das war eine ganz schöne Anschuldigung und dann auch noch aus Egyns Mund. Samael bleckte die Zähne und machte einen bedrohlichen Schritt nach vorne. „Vielleicht solltest du besser überlegen, was du sagst. Ansonsten kann ich dich gerne zurück in die Kreidezeit schicken!” „Versuch's doch!”, forderte der jüngere ihn heraus. „Egyn hat aber nicht ganz Unrecht.”, mischte sich Astaroth ein. „Und das vorhin stimmte auch. Deinetwegen ist die ganze Scheiße ja überhaupt erst den Bach runter gegangen!” „Halte dich da raus, Astaroth! Du verstehst doch ohnehin nur etwas von Prügeleien, Alkohol und One-Night stands! Genau wie Iblis!” Oh, das hatte er jetzt nicht gesagt. „Halte doch einmal deine selbstgefällige Klappe, du arrogantes Arschloch!”, giftete Iblis zurück. „Du schimpfst immer auf deine Mutter, aber bist selbst nicht besser!” Indra zuckte zusammen, doch keiner achtete auf sie. Die Adepten sahen nur mit offenen Mündern zu. Da der Streit inzwischen auf Gehennisch ablief, verstanden sie kein Wort. Die restlichen Baal waren einfach nur überrumpelt. „Genau so sieht's aus!”, pflichtete Astaroth Iblis bei. „Du bist genau wie sie! Alle gehen dir am Arsch vorbei und du denkst nur an dich selbst! Du bist nur sauer, weil du jetzt mal zur Rechenschaft gezogen wirst. Tja, Sorry Euer Hochwohlgeboren. Diesmal halten wir nicht die Klappe!” Samael lachte spöttisch. „Ach wirklich? Wenn ich mich recht erinnere, wart ihr beiden auch schon recht selbstsüchtig. Besonders als Rin dazu kam. Iblis, wolltest du ihm nicht den Hals umdrehen und es dann wie einen Unfall aussehen lassen? Immerhin ist der menschliche Körper so fragil. Und du Astaroth hattest auch nicht gerade nette Worte übrig. Ihr habt nun wirklich nicht das Recht mir etwas vorzuwerfen. Außerdem muss ich mich nicht gegenüber den Söhnen einer Alkoholikerin und einer Ehebrecherin rechtfertigen.” „Das reicht!”, versuchte Lucifer erfolglos einzugreifen. Astaroth trat vor und wollte Samael die Faust ins Gesicht hauen, doch Beelzebub und Amaimon hielten ihn zurück. „Es reicht jetzt!” fauchte der Insektenkönig. Iblis schnaubte nur und sah zu dem Erdkönig. „Typisch, dass du wieder zu Sammy hälst. Warum lässt du dich eigentlich immer von ihm rumschubsen?! Hast du kein Rückgrat?!” „Ich halte nicht zu ihm, aber ihr solltet euch jetzt nicht streiten.”, antwortete dieser monoton. „Sie haben recht. Es ist genug-”, bestätigte Lucifer, doch wurde von Astaroth unterbrochen. „Halte du dich raus! Dieser Mistkerl hat meine Mutter beleidigt!” „Ich verstehe dich ja-” „Nein, tust du nicht, weil deine Mutter gestorben ist, bevor du sie kanntest! Du hast überhaupt keine Ahnung, also tu verdammt nochmal nicht so, als würdest du das begreifen können! Du bist genauso schuld! Hättest du Sammy mal etwas mehr unter Druck gesetzt, hätten wir Rin längst finden können, aber du warst ja mit deinem dämlichen Kult oder was auch immer das ist, beschäftigt!” Der Lichtkönig sah aus, als hätte er eine Ohrfeige bekommen. Bevor er sich erholen konnte, gingen die Streitereien schon weiter. Inzwischen fuhren sich alle Dämonenkönige gegenseitig an. Die Kinder hatten angefangen zu weinen, Agash, Izumo, Shiemi und Shura redeten auf sie ein. Währenddessen gaben Indra und Vaya ihr bestes, um die streitenden Dämonen zu beruhigen, doch es wurde stattdessen immer schlimmer. Iblis wusste selbst nicht, woher diese ganze Wut überhaupt kam, es interessierte ihn momentan auch nicht. Ohne auf den Rest zu achten, drehte er sich um und stürmte aus dem Zimmer, Lucifers Ausruf ignorierend. Er verließ das Haus und knallte wutentbrannt die Tür zu. Sie konnten ihn alle gerade mal so was von kreuzweise! ...................................................................................................... Azazel öffnete einem leisen Stöhnen die Augen und riss sofort die Arme hoch, als ihn das Sonnenlicht traf. „Sonnen, haut ab!” knurrte er genervt und wollte sich rumdrehen, was sich als schwerer Fehler herausstellte. Sein ganzer Körper schmerzte und als er versuchte sich aufzusetzen und anschließend aufzustehen, knickte er sofort ein. „Was war letzte Nacht nur los?”, murmelte er verwirrt und sah sich etwas desinteressiert in dem Zimmer um. Es war ziemlich karg eingerichtet, aber dies war nur zu erwarten. Immerhin war hier kein Gast. Langsam und vor sich hin fluchend stand er auf. Erst jetzt fiel ihm auf, dass seine Klamotten blutig waren und er sich ziemlich sicher, dass es seins war. „Mann, ich fühle mich wie zu meiner Abschlussfeier...”, murmelte er. Er hatte damals etwas zu tief ins Glas geschaut und sich am nächsten Tag entsprechend gefühlt Und sich im Laufe des Abends eventuell ein paar Mal übergeben. Er wurde durch das Aufreißen seiner Tür aus seinen Grübeleien gerissen. Genervt verzog der Schwarzhaarige das Gesicht. „Verpiss dich Luxuria und lass mich in Ruhe leiden, ja?!”, fauchte er. „Na, du bist ja wie immer ein richtiger Sonnenschein.”, kam die trockene Antwort. Der Geisterdämon sah die Todsünde giftig an. „Ich hab ja wohl jeden verdammten Grund dazu! Was willst du? Wenn du nur hier bist, um dich lustig zu machen, hau einfach ab und vögle irgendwelche Wächter oder was auch immer du in der deiner Freizeit tust.” „Wow, unhöflich. Ich war nur neugierig. Ich habe gehört, dass du eine weitere...Sitzung mit Verin hattest.” Azazel antwortete nicht sofort sondern schwieg, während langsam die Erinnerungen zurückkamen. Verin war seit er hier angekommen war, sein neuer "bester Freund". Er hatte versucht ihn abzustechen, der Mistkerl hatte ihm dafür die Beine gebrochen. Es war wirklich Hass auf den ersten Blick gewesen. „Verin ist gar nichts.”, spie er abfällig aus. „Im Gegensatz zu Alastor und seinem Malebranche ist er ein Stümper. Ihr solltet euch was besseres einfallen lassen.” Er rieb sich seinen schmerzenden Kopf. „Was ist überhaupt passiert?” „Du weißt es nicht mehr?” „Sonst würde ich nicht fragen, du Genie.” Luxuria rümpfte die Nase. „Nur weil für dich momentan alles schlecht läuft, musst du das nicht an mir auslassen.” „Du bist mit dafür verantwortlich, also halt die Klappe und verschwinde endlich. Ich will dein Gesicht nicht mehr sehen.” „Autsch. Na schön, dann gehe ich eben wieder.” Sie wandte sich um, doch hielt nochmal an der Tür inne. „Mach dich lieber fertig, du hast einiges zu erledigen. Ich würde mich aber vorher umziehen.” Darauf wäre er ja selbst nie gekommen. Endlich verschwand sie. Immerhin hatte sie ihn diesmal nicht angebaggert. Er biss die Zähne zusammen, während er sein Oberteil auszog und sich ein neues nahm. Danach setzt er sich erneut auf das Bett, schloss die Augen und erinnerte sich daran, was letzte Nacht geschehen war. .................................................................................................... Azazel stand neben Liliths Thron und ignorierte die bohrenden Blicke der Anwesenden. Er hatte den Blick gesenkt und versuchte möglichst harmlos zu wirken. Nebenbei gab er sich größte Mühe sich alles, was gesagt wurde, zu merken, aber es war nicht einfach. Ihm war bei seiner Ankunft eine Droge verabreicht worden, die seine Kräfte zum Teil blockierte und seinen Verstand benebelte. Es war nicht sein erster Kontakt mit Drogen, aber das waren damals Substanzen, die ihm geholfen hatten für die Prüfungen zu lernen. Lucifer und Samael hatten sie ebenfalls genommen und anfangs lief alles gut. Dann kamen natürlich die Nebenwirkung und obendrein hatte ihr Vater auch noch Wind davon bekommen. Das hatte wirklich Ärger gegeben. Diese hier waren jedoch wesentlich stärker und ließen ihn jetzt schon halb durchdrehen. Lilith ließ sich natürlich nicht davon stören, sie grinste vor sich hin, während sie sich anhörte, was irgendwelche Dämonen zu sagen hatten. Ihr Angriff auf Assiah stand kurz bevor, also liefen die letzten Vorbereitungen. Da sie nun Rin hatte, sah es wirklich übel für die Menschenwelt aus. Nicht, dass ihn die Menschen wirklich kümmerten. Unter anderen Umständen wäre Azazel höchstens angepisst, weil ihm dies mal wieder einen Haufen Papierkram bescheren würde. Andererseits war es ohnehin fraglich, ob er seine Position überhaupt behalten durfte. ‚Immerhin muss ich mich dann nicht um dieses Chaos im Totenreich kümmern.‘, dachte er mit Galgenhumor. Endlich entließ Lilith ihre Leute. Er atmete erleichtert auf. Noch viel länger hätte er nicht hier rumstehen können. Die Dämonengöttin erhob sich ebenfalls, woraufhin er einen Schritt zurück trat. Je weiter er von ihr weg war, umso besser. Für einen Moment hoffte er, dass sie ihn einfach ignorieren würde, aber natürlich war das Wunschdenken. „Du wirkst ziemlich angespannt. Stimmt etwas nicht, Azzy?”, fragte sie mit ihrer widerlichen süßen Stimme. Der Geisterkönig biss die Zähne zusammen. Er hasste es, wenn ihn jemand so nannte. Seine Mutter hatte ihm damals diesen Spitznamen gegeben und seit sie gestorben war, wollte er nicht mehr so angesprochen werden. Erst recht nicht von der Person, die ihren Tod zu verantworten hatte! Offensichtlich missfiel Lilith sein Schweigen, denn ein stechender Schmerz durchfuhr seinen Schädel. „Ich habe dir eine Frage gestellt, Azazel.”, sagte sie in einer drohenden Tonlage. Was hatte diese Frau bitte für Stimmungsschwankungen?! „Du weißt ganz genau, was los ist!”, knurrte er. Sie hob eine Augenbraue. „Oh?” „Tu nicht so! Unsere Abmachung war eindeutig, du solltest die Pfoten von meinen Geschwistern lassen und jetzt sitzt mein jüngster Bruder in einer beschissenen Zelle!”, fauchte er. „Erstens hat er das dir zu verdanken und zweitens habe ich zugestimmt, dass deine Brüder in Ruhe lasse, solange du den Mund hälst. Allerdings war der Nephilim noch nicht geboren, daher betrifft ihn das natürlich nicht.”, erwiderte sie beinahe gelangweilt und betrachtete ihre Fingernägel. Azazel widerstand dem Drang die Zähne zu blecken. So sehr es ihn anstank, Lilith war ihm momentan weit überlegen. Sie hatte damit begonnen ihn langsam zu umkreisen, was ihn äußert nervös machte, doch er gab sein bestes, um es sich nicht anmerken zu lassen. Wenn er jetzt Schwäche zeigte, würde es nur schlimmer werden. „Ich dachte, du wüsstest, worauf du dich eingelassen hast, aber stattdessen scheinst du dich immer nur zu beschweren. Deine Geschwister sind am Leben, ich bekomme endlich, was mir zusteht. Ich sehe wirklich nicht das Problem.~” Sie stand nun hinter ihm und trat langsam näher. Er widerstand dem Drang sich umzudrehen oder zusammenzuzucken, als sie sich gegen ihn lehnte und mit einer Hand über seine Wange strich. So musste sich eine Maus fühlen, die zwischen den Tatzen einer Katze saß. „Allerdings kann sich alles schnell ändern, wenn du nicht anfängst dich zu benehmen.”, flüsterte sie ihm ins Ohr. „Der Nephilim ist nützlich, aber nicht unbedingt notwendig für meine Pläne. Es wäre doch wirklich schade, wenn jemand so junges sein Leben lassen muss, mh? Andererseits könnte ich ihn auch den Mädchen überlassen. Invidia und Ira hätten sicher ihren Spaß dabei ein paar Foltermethoden an ihm auszuprobieren und ihn anschließend langsam umzubringen. Wenn du möchtest, kannst du die Stücke, die sie von ihm übrig lassen, haben.” Sie kicherte, während sich Azazels Magen umdrehte. „Oh und Luxuria hätte natürlich ebenfalls ihre Freude, wenn auch im anderen Sinne. Sie mag junge und unschuldige, wenn du verstehst, was ich meine.~ Ich denke, ich werde sogar dich und später dann den Rest der Familie zusehen lassen. Würde es sie kümmern? Einige waren immerhin nicht sehr begeistert von ihm, oder?” „Er hat nichts damit zu tun, also lass ihn in Ruhe.”, presste Azazel hervor. Lilith andere Hand hatte sich um einen Hals gelegt, wo sie mit ihren Fingernägeln einige Kratzer hinterließ. Noch drückte sie nicht zu. Erneut kicherte sie. „Du machst dir also wirklich Sorgen um ihn, was? Das ist niedlich. Er ist nur ein Nephilim, ohne seine Flammen wäre er nur die Verschwendung einer Seele.” Sie hielt kurz inne. „Oder vielleicht reiße ich lieber seine Seele heraus und mache ihn zu einer willenlosen, leeren Hülle? Mmmh...er würde noch einfache Befehle ausführen können, aber seine Flammen wären weg und es wäre nicht annähernd so unterhaltsam...dennoch hat es seinen Reiz...Hach, so viele Möglichkeiten von denen man wählen kann. Tja, glücklicherweise hat es ja keine Eile.” „Du-”, begann Azazel, doch wurde unterbrochen, als Lilith ihm die Luftröhre zudrückte. „Habe ich dir erlaubt zu sprechen?”, zischte sie und trat ihm in die Kniekehlen, woraufhin er sofort zusammensackte. Bevor er sich davon erholen konnte, war ihre Hand bereits in seinen Haaren vergraben und riss seinen Kopf nach oben, sodass er in ihr ins Gesicht sah. Ihre goldenen Augen waren rot geworden, ein typisches Anzeichen für ihre Wut. „Ich glaube, du hast deinen Platz vergessen. Du gehörst mir. Mir gehört deine Seele, dein Geist und dein Körper, ich kann damit machen, was ich will. Wenn ich dir sage, dass du dein ehemaliges Reich niederbrennen und alle kleinen Bauern abschlachten sollst, tust du es. Wenn ich dir sage, dass du dir das Herz raus reißen sollst, dann tust du es. Wenn ich dir sage, dass du deine Geschwister häuten und ihre Knochen zertrümmern sollst bis ihre Selbstregeneration nicht mehr eintritt, dann passiert es so. Wenn ich dir sage, dass du deiner kleinen rechten Hand und ihrer Schwester die Organe rausreißen und sie zwingen sollst, sie zu essen, zögerst du nicht. Und wenn ich dir befehle, den Geist des Nephilims zu zerstören, dann hat er am nächsten Tag nicht mal mehr bis drei zählen zu können. Ist das klar?” „Ja.”, presste Azazel hervor. Liliths Griff verstärkte sich. „Ja, was?” Als er nichts sagte, verpasste sie ihm eine Ohrfeige, die ihn Blut schmecken ließ. „Ja, was?”, wiederholte sie flüsternd. Der Geisterdämon schluckte widerwillig seinen Stolz runter. Nicht, weil er Angst um sich selber hatte sondern weil er wusste, dass seine Geschwister sonst den Preis zahlen würden. „Ja, Gebieterin. Mein Leben gehört Euch.” Als sich ihre Augen verengten, fuhr er fort. „Meine Seele gehört Euch, ebenso wie mein Körper und mein Geist. Ich lebe, um Euch zu dienen. Der...rechtmäßigen Königin Gehennas.” Jedes einzelne Wort war eine Tortur. Am liebsten hätte er sich den Mund mit Weihwasser ausgewaschen. Ja, das würde hochgradige Verätzungen nach sich ziehen, aber das wäre es so wert. Lilith lächelte grausam, während ihre Augen wieder die normale Farbe bekamen und tätschelte ihm fast zärtlich den Kopf. „So ist es gut. Das war doch nicht so schwer, nicht wahr?~” Sie lehnte sich näher heran, sodass sich ihre Gesichter fast berührten. „Benimm dich weiterhin, dann werden wir keine Probleme haben und du wirst belohnt werden. Immerhin wäre all das nie ohne dich möglich gewesen.~” Dann, ohne irgendeine Vorwarnung, lehnte sie sich noch weiter nach vorne und für einen Moment schien es, als würde sie ihn küssen wollen, doch dann leckte ihm über die rechte Wange, als wäre sie eine Katze. ‚WTF?!‘, war alles, was er denken konnte. Er war so überrumpelt, dass er im ersten Moment nicht mal daran dachte sie weg zu stoßen. „Was bei Gehenna stimmt nicht bei dir?!”, fauchte er nachdem er sich erholt hatte. Sie grinste verspielt. „So einiges, Schätzchen.~ Aber das macht das Leben so interessant. Der Wahnsinn steckt in jedem von uns, es hilft uns beim überleben und dabei voranzukommen. Vielleicht solltest du es auch einmal probieren. Ich frage mich, wie du dich verhalten würdest, wenn dein Verstand zerstört ist...ich schätze, wir werden es bald herausfinden.~” Endlich ließ sie seine Haare los, sodass er erneut fiel und nun auf dem Boden saß. Er sprang schnell auf die Füße und wollte einfach nur noch in ein Bett, doch sie war noch nicht fertig. „Sicherlich ist es nicht einfach für einen, wenn man seine Familie, Freunde und die eigene Heimat willentlich verraten hat. Das schlechte Gewissen muss dich sicherlich innerlich auffressen.”, fuhr sie in einem gespielt mitleidigen Ton fort. „Und wenn man dann noch bedenkt, dass dies nicht passiert wäre, wenn du nicht so ein Feigling gewesen wärst. Wärst du damals nur nicht weggerannt...” „Hör auf.”, flüsterte der Dämonenkönig und spürte wie sich seine Hände verkrampften. „Warum denn? Dachtest du, du könntest ewig vor deinen Sünden davon laufen? Du armer Junger. Du hast immer nur Ärger und Unglück gebracht. Wärst du nicht gewesen, wäre deine Mutter noch am Leben. Eine Schande.” Ihre Stimme klang mitleidig, aber ihr Grinsen war spöttisch. Azazel spürte, wie eine Vision dabei war, sich einen Weg in seinen Verstand zu bannen. Er wusste, dass es Lilith war, die ihn mit hochgebrachten Erinnerungen und Visionen quälen wollte. Es war immerhin nicht das erste Mal. „Hör auf!”, verlangte er mit leicht zitternder Stimme. Natürlich ignorierte sie ihn. Wieder stand er in der Wüste und erlebte alles aus der Sicht seines jüngeren Ichs. Er hatte jedoch keine Kontrolle, er war lediglich ein stiller Zuschauer. „Wärst du nicht weggelaufen sondern hättest sie beschützt, wäre sie noch am Leben.”, schnurrte Lilith beinahe. „Du hättest an ihrer Stelle sterben können, aber feige wie du warst, hast du dich verkrochen. „Nein...”, er zitterte, während er gezwungen war, die Erinnerung erneut zu erleben. „Sieh hin, immerhin war es deine Schuld!” Er konnte nicht wegsehen. Er musste erneut zusehen, wie seine Mutter zerfleischt wurde. Doch damit war nicht genug. „Du warst immer der Außenseiter, von so vielen verachtet und gefürchtet. Gleichzeitig bist du immer vor allem weggelaufen.” Weitere Erinnerungen kamen hoch. Wie er alleine in seinem Klassenzimmer saß, während einige seiner Klassenkameraden vor der Tür tuschelten und gemeine Dinge über ihn sagten, er ignorierte es und starrte stur in sein Buch. Er sah sich, wie er von zwei älteren Dämonen auf der Schultoilette zusammengeschlagen wurde und sich anschließend für den Rest des Unterrichts in einer Kabine einschloss, wo er vor sich hin weinte. Die nächste Vision zeigte ihn, Samael, Egyn und Beelzebub auf dem Weg nach Hause von der Schule, wo sie von mehreren erwachsenen Dämonen eingekreist wurden. Sie konnten nichts tun, um sich zu wehren. Einer der Dämonen hob Samael hoch und begann ihn zu würgen woraufhin sich ein weiterer zu Azazel runter beugte. „Du willst doch nicht, dass deinem Bruder etwas passiert, oder? Also komm schön mit und schrei nicht.” Er nickte nur verängstigt. Er sah noch viele weitere Erinnerungen, wie beispielsweise seine Reaktion auf Rins Geburt, welche zugebenermaßen nicht allzu gut gewesen war, sowie eine, die sich erst vor knapp drei Jahren abgespielt hatte. „Bitte nicht, bitte! Ich will nicht sterben!”, flehte ein junger Mann, während Tränen seine Wangen hinunterliefen. „Meine Frau bekommt bald unser Kind, ich kann sie nicht alleine lassen! Bitte habt Gnade.” Azazel seufzte nur. „Ich habe dir fünf Jahre gegeben und die sind jetzt rum. Ein Deal ist ein Deal. Ich habe meinen Teil eingehalten, jetzt bist du dran. Das Leben ist nicht fair, komm klar damit und sei froh, dass ich dich im Gegensatz zu anderen Dämonen nicht über den Tisch gezogen habe.” „Meine Güte, du kannst ja wirklich richtig gefühlslos sein.”, kommentierte Lilith vergnügt. „Es reicht...hör auf...”, presste der Schwarzhaarige hervor. „Wie heißt das Zauberwort?~ Nein, sage gar nichts, du hast ohnehin kein Mitspracherecht. Aber die Wahrheit tut wirklich weh, nicht wahr? Du hast dich immer mehr zurückgezogen und dabei nur an dich gedacht. Deine Geschwister mussten genauso leiden, doch du hast dich in deinem Elend begraben. Du hast deine Pflichten zwar erfüllt, aber gleichzeitig hast du immer mehr den Kontakt mit anderen abgebrochen und dich verschlossen. Doch deine Emotionen konntest du schlussendlich nicht ganz los werden und darum hast du alle verraten. Wie ich Ironie doch liebe. Ich kann es kaum abwarten die Gesichtsausdrücke deiner restlichen Geschwister zu sehen, wenn ihnen bewusst wird, dass du sie die ganze Zeit über betrogen hast. Werden sie dir vergeben oder dich verstoßen? Werden sie versuchen dich töten oder am Leben lassen, damit du in der Einsamkeit leiden kannst? Ich bin wirklich sehr gespannt.~” „Dann genieße die Show solange du kannst. Du wirst diese Sache hier nämlich nicht gewinnen.”, erwiderte der Geisterkönig. Er war selbst überrascht wie gefasst seine Stimme war. „Pardon?”, fragte Lilith scharf woraufhin der jüngere ihr direkt in die Augen sah. Sie waren verengt, aber nicht rot. Er beschloss, es darauf ankommen zu lassen. „Du unterschätzt sie, wie du Rin unterschätzt. Er ist zwar ein Nephilim, aber keineswegs schwach. Er ist stärker als so mancher reinblütiger Dämon und du wirst nur die Zähne an ihm anbeißen. Aber um ihn geht es jetzt nicht. Du glaubst wirklich, dass Gehenna ganz dir gehört, wenn wir fallen? Da liegst du daneben. Es wird immer Widerstand geben. Gehenna hasst dich und du kannst sie nicht ewig unter Kontrolle halten, es sei denn du willst sie alle töten und die Herrscherin von nichts sein. Gehenna wird sich nicht beugen, mein Vater und meine Geschwister werden sich nicht beugen und es werde es auch nicht. Also fahr zum Hades!” Für einen Moment war es still im Thronsaal. Lilith hatte offensichtlich nicht damit gerechnet, dass er noch genug Energie hatte, um derart Widerstand zu leisten, aber es kümmerte ihn im Moment einen Dreck. Rin würde hierfür nicht bestraft werden, sie zog ihn nur heran, wenn Azazel einer Aufforderung nicht nachkam. In diesem Fall würde der Geisterdämon allein für seine Worte zahlen. Er bekam auch sofort die Quittung. Diesmal warf ihn die Ohrfeige um und er schmeckte erneut Blut. Er wartete darauf, dass sie weiter machte, doch zu seiner Überraschung begann sie zu lachen wie eine Irre. Gut, so sehr überraschte es ihn nicht. Sie war nun mal wahnsinnig. „Du glaubst wirklich, dass ihr eine Chance habt?!”, kreischte sie beinahe und lachte noch lauter. „Narr! Ich bin im Moment die mächtigste Dämonin Gehennas! Satan ist aus dem Verkehr gezogen, alle Reiche gehören mir und deine Geschwister sind wahrscheinlich dabei sich gegenseitig anzuschreien und die Schuld zu geben. Die alte Machtbasis ist längst vernichtet, das neue goldene Zeitalter kann beginnen und diesmal werdet ihr mir nicht im Wege stehen! Nie im Leben schafft ihr es mich erneut zu versiegeln oder gar zu töten. Es ist vorbei. Schachmatt. Du bist noch verzweifelter als ich dachte.” Er antwortete nicht sofort. Zwar hatte sie nicht Unrecht, aber er wusste, dass man den Ausgang eines Krieges nicht zu schnell beurteilen sollte. Ein paar Fehler ihrerseits und alles konnte wieder zusammenbrechen. Offensichtlich missfiel der rothaarigen seine Stille, denn erneut durchfuhr ein stechender Schmerz seinen Schädel. „Wie es scheint, hast du deine Lektion noch immer nicht gelernt. So gesehen könnte ich dich einfach töten, aber ich denke, dass du weiterhin nützlich sein kannst.”, stellte sie kalt fest und hielt kurz inne. „Allerdings kann ich nichts gebrauchen, was mir nicht gehorcht. Du bist zu starrköpfig. Offensichtlich muss dies korrigiert werden. WACHEN! HOLT SOFORT VERIN HER!” Auf ihren Rauf hin öffnete sich einige Minuten darauf die Tür und ein Dämon, welcher nur ein wenig kleiner als Alastor und fast so muskulös war, betrat den Raum und kniete nieder. Seine grünen Haaren waren wirr und verklebt, wahrscheinlich mit dem Blut seiner neuesten "Aufträge". In seinen roten Augen lag ein wahnsinniges Funkeln. Azazel verzog das Gesicht als ihm der Geruch von Blut, Schweiß und was nicht noch alles entgegenkam. Wann hatte dieser Kerl zuletzt geduscht? Er schien jedoch nichts von Hygiene zu halten, denn seine Zähne waren gelb, manche sogar schon schwarz. Seine Fingernägel waren ebenfalls vollkommen verdreckt. „Ihr gerufen habt, meine Königin?”, grunzte er. Lilith nickte, auch wenn über ihr Gesicht kurz Ekel huschte. „Wie es scheint, hat Azazel noch immer einige rebellische Tendenzen. Treib sie ihm doch aus, ja?~” „....Hä?”, bekam sie zur Antwort. Azazel musste sich ein Lachen verkneifen, als er das Gesicht der Dämonin sah. Die Dämonen, welche bei ihr für das Foltern zuständig waren, gehörten nicht gerade zu den intelligentesten Vertretern ihrer Spezies. „Folter ihn. Brich seinen Willen. Sorg dafür, dass er sich nicht länger widersetzt.”, erläuterte sie seufzend. „Ich bezweifle, dass du es diese Nacht schaffen wirst, also bearbeite ihn nur für einige Stunden und entlasse ihn vorerst. In den nächsten Tagen können wir dann weiter machen.” „Wie Ihr wollt, meine Königin.” Er stand auf und wandte sich an Azazel. „Hoch steh.”, grunzte er, woraufhin der Geisterkönig innerlich die Augen verdrehte und gegen den Drang ankämpfte, ihn zu berichtigen. Er versuchte aufzustehen, doch in seinem Kopf drehte sich alles, sodass er wieder zusammensackte. „Ich fürchte, er ist nicht allein dazu im Stande.”, kommentierte Lilith. Verin grunzte bestätigend, kam auf Azazel zu, zog ihn unsanft hoch und schliff ihn hinter sich her. Dieser biss die Zähne zusammen. Er wurde nicht einknicken, egal was passierte. Das letzte, was er von Lilith sah bevor sich die Türen schlossen, war ihr raubtierartiges Grinsen. ..................................................................................................................... Azazel öffnete die Augen und sog scharf die Luft ein. Das war also passiert. Kein Wunder, dass ihm alles weh tat. Allerdings war dann wirklich noch gut weggekommen. So oder so war das wert gewesen. Wenn er ihr schon diente, dann ganz sicher nicht auf den Knien. Er zog sich fertig an, dann richtete er sich auf und verließ das Zimmer, auch wenn er jetzt schon genug von diesem Tag hatte. ............................................................................................................................................ „Ähm...WAS ZUM TEUFEL IST HIER GRAD PASSIERT?!”, explodierte Bon, woraufhin Shiemi und die Kinder zusammen zuckten. Vaya spielte nervös mit ihren Zopf, während Agash beruhigend auf ihre Kinder einredete. Lucifer, welcher zusammen mit Beelzebub am Tisch saß, rieb sich die Stirn. Amaimon war Samael gefolgt und versuchte auf ihn einzureden. „Unsere Brüder verhalten sich unmöglich und sind dabei sich zu zerstreiten. Das ist passiert.”, seufzte er düster. An Suguros Stirn trat eine pochende Ader hervor. Shura schenkte dem keine wirkliche Beachtung. Sie war noch immer zu überrumpelt. „Und worum ging es?!” Beelzebub seufzte. „Egyn war vorhin ziemlich am Ende, weil Rin und Azazel verschwunden sind und hat dann Samael die Schuld an allem gegeben, weil er Rin ja überhaupt erst in Assiah bei Fujimoto versteckt hat. Da es entgegen Vaters Befehlen passiert ist, zählt das eigentlich schon fast als Verrat. Als ihr dann angerufen habt, hat sich die Lage nochmal beruhigt. Dann kam Samaels Vermutung, dass Azazel der Verräter ist, Egyn hat ihm daraufhin vorgeworfen, dass er das war, um Chaos zu verbreiten.” Shura nickte. Soweit hatte sie alles verstanden. Ab da hatten sie jedoch die Sprache gewechselt. „Und dann?”, bohrte Izumo nach. „Tja, Samael hat das natürlich nicht auf sich sitzen gelassen, Astaroth und Iblis haben sich eingemischt, sie haben sich gegenseitig beleidigt, der Rest wurde mit reingezogen und so weiter. Jedenfalls ist es lange her, dass wir uns so sehr gestritten haben. Sie standen kurz davor aufeinander los zu gehen.” Die Adeptin schnaubte. „Kerle. Wie bringen wir sie dazu, sich zu vertragen?!” „Es ist nicht nur ihre Schuld.”, mischte sich Indra unerwarteterweise ein. „Ihr seid mit Satan und damit auch mit Gehenna verbunden. Es ist nicht überraschend, dass das zerstörte Gleichgewicht euch derartig beeinflusst.” Lucifer nickte. „Das mag stimmen, aber wir können es uns nicht leisten zu streiten.” Er stand auf. „Ich gehe und rede mit Iblis und Astaroth. Beel übernimmst du bitte Egyn?” Der Insektenkönig nickte und stand auf. Shura und dem Rest bleib erneut nichts anderes übrig als abzuwarten. ........................................................................................................................... Satan hatte nicht damit gerechnet jemand anderen als Lilith oder eine der Aveira in seiner Zelle zu sehen. Dass es dann auch noch ein bekanntes Gesicht sein würde, überraschte ihn umso mehr. Jedoch ließ er sich nichts anmerken. „Lange nicht gesehen, Kaliya. Nachdem du in Assiah versagt hast, dachte ich, du wärst tot.” Die Halb-Naga verzog das Gesicht. „Es gibt wesentlich schlimmere Dinge. Und wie man sieht, darf ich zur Zeit putzen und Essen verteilen.”Sie schob das Tablett mit dem Essen in den Bannkreis und lachte leise. „Aber wer hätte gedacht, dass der allmächtige Satan auch mal hilflos in einer Zelle landen könnte. Muss echt frustrierend sein, wenn man als mächtigstes Wesen beider Welten hier fest sitzt. Fast schon demütigend. Erbärmlich.” Der Dämonengott verdrehte nur die Augen. „Du solltest still sein. Was du damals getan hast, war schon eher erbärmlich. Du hast Halphas schamlos ausgenutzt, so getan als würdest du ihn lieben und ihn dann fast umgebracht. Er hat bis heute keine Frau und keinen Mann mehr angesehen.” Das schien zu sitzen, denn Kaliya drehte den Kopf weg. „Das war nicht gespielt. Ich habe ihn wirklich geliebt, aber hatte keine Wahl. Er hat sich gegen Lilith gestellt und damit gegen mich.” „Rede das nur ein. Du bist nur ein hinterhältiges Miststück, ansonsten hättest du dich nicht auf Liliths Seite gestellt.” „Sie ist meine Meisterin!” „Es gab mehr als genug Naga, die sich auf unsere Seite gestellt haben. Du warst nur feige und wolltest deine Haut retten.”, hielt der Weißhaarige dagegen. Bevor die Attentäterin antworten konnte, öffnete sich die Tür erneut. Diesmal war es Lilith. „Kaliya, du kannst gehen.”, fauchte sie barsch. Diese zuckte zusammen, verneigte sich dann und floh praktisch aus der Zelle. Die Dämonin wandte sich an Satan. „Tut mir leid, dass ich letzte Nacht nicht kommen konnte. Ich hatte einiges zu tun.” „Oh keine Sorge, ich habe dich absolut nicht vermisst.”, kam die trockene Antwort. Sie lächelte nur. „Aber ich nehme doch an, dass du deine Kinder vermisst, nicht wahr?~” Seine Augen verengten sich sofort. Wenn sie schon so anfing, war irgendwas im Busch. „Was hast du getan?” Sie lachte. „Noch gar nichts, aber das kann sich immer ändern.” Sie schnippte mit den Fingern und zu seinem Entsetzen hielt sie Kurikara in der Hand. „Das ist wirklich ein schönes Schwert. Sein Dämonenherz ist darin eingeschlossen, oder? Was passiert wohl, wenn es zerbricht?~”, fragte sie verspielt, während sie das Schwert betrachtete. „Woher hast du das?”, zischte Satan gefährlich, das Schlimmste erwartend. Lilith grinste nur. „Wie du sicher weißt, bin ich mit dem Nephilim noch nicht fertig.” „Lass verdammt nochmal die Pfoten von ihm!”, explodierte der ältere. Leider waren seine Flammen noch immer blockiert, also kamen sie nicht raus, um seiner Aussage Ausdruck zu verliehen. Dumm gelaufen. In seinem Kopf arbeitete es jedoch weiter. Wie konnte das passieren? Seine anderen Söhne waren mehr als fähig auf ihn aufzupassen, wie konnte er da gefangen werden? „Also bitte, kein Grund mich anzuschreien.”, erwiderte sie unbeeindruckt und ließ das Schwert wieder verschwinden. „Solange er, Azazel und du euch benehmt, sollte alles gut sein.” Satan widerstand dem Drang ihr eine Ohrfeige zu geben. Er zweifelte keine Sekunde daran, dass sie die unausgesprochene Drohung ernst meinte. Demzufolge küsste er sie wie immer widerwillig zurück, als sie ihre Lippen auf seine presste. „Also dann, wir haben einiges nachzuholen, da ich ja letzte Nacht nicht kommen konnte, nicht wahr?~” Er verzog angewidert das Gesicht. Als ob er eine Wahl hätte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)