Ein unverhofftes Familientreffen von Himikko ================================================================================ Kapitel 42: Drachen und Flucht ------------------------------ „Ich kann immer noch nicht fassen, dass ich mich hierzu hab überreden lassen.”, grummelte Alastor missmutig. Sie hatten gerade ihre Waffen zurückgeholt und waren nun auf dem Weg zu den Drachen. Iblis verdrehte die Augen. „Wir sind auch nicht grad begeistert, aber jetzt ist es so und fertig. Ansonsten kannst du gerne in deine Zelle zurück.” Der ältere Feuerdämon schnaubte nur und sah verächtlich zu Shura und Yukio. „Und was treibt ihr Exorzisten überhaupt hier?” „Dafür sorgen, dass Lilith besiegt und damit keine Gefahr für Assiah wird. Wir sitzen alle im selben Boot, wie du sicher weißt.”, erwiderte Shura gelassen. Alastor lachte kalt. „Hier taugt ihr höchstens als lebende Köder.” Sein Blick wanderte zu Yukio. „Und wie du ein Sohn Satans sein kannst, entzieht sich komplett meinem Verständnis. Da ist mir dein Zwilling tatsächlich lieber.” „Satan ist nicht mein Vater.” antwortete Yukio steif. Rin stöhnte innerlich auf. Jetzt ging das wieder los. So mussten sich seine Geschwister am Anfang gefühlt haben, wenn sie mit ihm geredet hatten. „Ach, dann hat dich die Harpyie gebracht oder was? Sich was einzureden bringt nichts.” Nun war es Yukio, der ihn abfällig ansah. „Du weißt gar nichts.” „Ich weiß so einiges, vor allem wo es besonders weh tut, wenn ich dich umbringe, also pass besser auf, was du sagst.” Alastors Stimme hatte einen drohenden Unterton angenommen. Der Halbdämon zweifelte keine Sekunde lang an, dass er es ernst meinte. „Lass ihn in Ruhe.”, mischte er sich ein bevor er richtig darüber nachdachte. Er gab sich Mühe nicht zusammenzusacken, als er nun die Aufmerksamkeit des Feuerdämonen erhielt. „Eure Verbindung ist beinahe zerbrochen und du hälst trotzdem zu ihm.” Es war eine Feststellung, keine Frage. Zu Rins Überraschung lag darin weder Spott noch Wut sondern aufrichtige Neugier. „Er ist trotzdem mein kleiner Bruder.” Sie sahen sich kurz an, dann wich Yukio seinem Blick aus. Alastor bemerkte es sofort. „Du solltest mal etwas dankbarer sein.”, knurrte er. „Er nimmt dich in Schutz, also benimm dich gefälligst und behandle ihn nicht wie Luft!” Rin traute seinen Ohren nicht. Hatte Alastor gerade wirklich kritisiert, dass Yukio ihn ignorierte? „Versteh mich nicht falsch, ich kann dich immer noch nicht leiden.”, grummelte die rechte Hand Satans, als er den verwirrten Blick bemerkte. „Aber ich kann es auf den Tod nicht ausstehen, wenn jemand Familienmitglieder im Stich lässt oder sie wie Dreck behandelt. Und Verräter sind am allerschlimmsten.” „Er hat mich nicht verraten-” „Er hat eine Waffe auf dich gerichtet. Streite es nicht ab, ich hab meine Quellen.” Ein Lachen seitens Iblis riss sie aus ihrer Diskussion. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass Alastor dich doch mag. Am Ende werdet ihr noch Freunde.~” „Sag das nochmal und nicht mal Satan wird dir den Arsch retten können!”, fauchte der ältere. Iblis lachte nur erneut. „Alastor hat aber recht.”, meldete sich unerwarteterweise Amaimon zu Wort. „Er könnte dir ruhig mal dankbarer sein und weniger Vorwürfe machen.” „Ich unterbreche eure Familientherapie ja nur ungern, aber ich glaube, da kommt jemand.”, zischte Shura. Tatsächlich waren Schritte zu hören. Alle machten sich kampfbereit. Eine Gruppen von zwölf Wachen kam um die Ecke, ebenfalls mit gezogenen Waffen. „Sofort stehen bleiben!”, befahlen sie. Die beiden Dämonenkönige und Alastor sahen sie unbeeindruckt an. „Mehr habt ihr nicht bei? Wie langweilig.”, quengelte der Erdkönig. Den Wächtern schien nun klar zu werden, dass sie es mit zwei Dämonenkönigen zu tun hatten. Sie alle trugen Liliths Zeichen auf ihren Rüstungen, also gehörten sie offensichtlich zu ihren Anhängern und würden nicht nachgeben. Wirklich praktisch, dass sie noch keine Zeit gehabt hatten, die Siegel überall anzupassen. Man konnte damit die eigenen und Liliths Leute so viel besser voneinander unterscheiden. Der Kampf währte ganze sieben Sekunden. Rin, Yukio und Shura hatten nicht mal die Gelegenheit ihre Waffen zu heben, da lagen schon alle Gegner tot vor ihnen. „Wachen sind wirklich nicht, was sie mal waren.”, seufzte Iblis und betrachtete die Toten abfällig. „Gehen wir. Diese Parasiten hocken immer nah beieinander”. Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. Allmählich schienen sie sich den Drachen zu nähren, denn die Temperaturen stiegen stetig. „Ich hoffe, die plötzliche Wärme ist kein schlechtes Zeichen?”, fragte Shura. Iblis schüttelte den Kopf. „Die meisten Drachen mögen eher wärmere Gebiete. Manchmal helfen sie da sogar etwas nach, ist also nichts ungewöhnliches.” Sie waren nun endlich an einer schweren Metalltür angekommen. Die beiden Wachen waren schnell ausgeschaltet. Zum Glück hatte einer von ihnen die passenden Schlüssel. „Ich gehe zuerst. Haltet besser etwas Abstand und kommt erst, wenn ich es sage. Sie haben noch nie Menschen gesehen, also Vorsicht.” Alle nickten. Iblis schloss die Tür auf und öffnete sie. Der Raum dahinter war dunkel, doch sie konnten ein leises Knurren sowie das Gerassel von Ketten und Schritte hören. Der Feuerkönig ging langsam hinein. „Wann die Viecher wohl das letzte Mal gefressen haben?”, fragte Alastor trocken, doch der jüngere Feuerdämon ignorierte ihn. „Fafnir, Ladon, Makara, Tannin, Zilant...ganz ruhig. Ich bin's.”, sagte er beruhigend auf Gehennisch, während er versuchte ihre Silhouetten zu entdecken. „Ich hole euch hier raus, also bleibt ganz ruhig.” Erneut ertönte leises Knurren, doch es klang nicht feindseelig. Noch immer war das Rasseln von Ketten zu hören, gefolgt von zögerlichen Schritten. Fafnir kam langsam in den Schein der Fackeln. Als er Iblis entdeckte, kreischte er freudig auf und wollte zu dem Feuerdämonen, doch Ketten hielten ihn zurück. Er jaulte mitleiderregend und versuchte erfolglos dagegen zu kämpfen. Auch die restlichen vier waren nun hervorgekommen und rissen an ihren Ketten, während sie klägliche Laute ausstießen. Irgendwie erinnerte Rin das Ganze ein paar Kinder, die nach ihren Eltern schrien. Zwar kannte er die Drachen bereits, aber es überraschte ihn immer wieder wie menschlich sie waren. Oder dämonisch. Egal. Iblis ging schnell zu ihnen, hockte sich hin und begann Fafnir hinter den Hörnern zu kraulen. „Schon gut, ich bin da. Ihr seid gleich frei.” Darauf hatten die fünf gewartet. Sofort stießen sie den Dämonen um und begannen damit mit ihm zu kuscheln und ihn abzulecken. „H-hey, nicht jetzt! Nicht sabbern!”, protestiere dieser und versuchte sie wegzuschieben, doch eher mit mäßigem Erfolg. Sie freuten sich zu sehr endlich ihre Bezugsperson wiederzuhaben. Nach einigen Minuten konnte er endlich aufstehen. „Ihr könnt reinkommen, aber vorsichtig. Wenn sie sich beruhigt haben, können wir sie losmachen.” Rin und Amaimon betraten langsam den Raum, dicht gefolgt von Alastor und den Exorzisten. Sofort hoben alle Drachen die Köpfe und musterten die Neuankömmlinge. Als sie Rin und Amaimon erkannten, freuten sie sich noch mehr, gegenüber Alastor waren sie eher neutral, doch die Exorzisten verwirrten sie offensichtlich. Sie kauerten am Boden, nur um sich wieder aufzurichten, die Flügel auszubreiten und die Zähne zu blecken. „Ich denke nicht, dass sie uns mögen.”, kommentierte Yukio und musterte die Drachen nervös. Diesen Moment nutzten diese, um ihn anzufauchen, woraufhin er, Shura und Bon einen Schritt zurück machten. „Schon gut.”, redete Iblis beruhigend auf die fünf ein. „Sie sind in Ordnung. Teilweise.” Er wandte sich an die Exorzisten. „Kommt näher. Sie müssen merken, dass ihr keine Gefahr seid, sonst greifen sie an sobald wir sie losmachen.” „Und wie machen wir ihnen das klar?”, fragte Bon ohne die Drachen aus den Augen zu lassen. „Kommt einfach her und lasst euch einmal näher beschnuppern, das reicht meist. Ihr solltet dabei auf jeden Fall Augenkontakt halten. Ansonsten gilt es als Schwäche und ihr zählt damit als Beute. Oder zumindest Personen, denen sie auf der Nase rumtanzen können.” Die drei wechselten einen Blick, dann seufzte Bon. „Gut, dann mal los.” Vorsichtig trat er näher heran. „Rede auf sie ein, das beruhigt sie. Sie verstehen zwar kein Japanisch, aber wenn deine Stimme ruhig ist, sind sie es auch. Meistens.” Der Adept nickte, dann ging er vorsichtig weiter und gab sich Mühe Blickkontakt mit den Drachen zu halten. Diese knurrten leise, doch Iblis bedeute ihm weiter zu gehen. „Ok, ganz ruhig. Ich tu euch nichts. Ich will euch nur helfen.”, sagte er vorsichtig. Die Drachen legten den Kopf schief. Offensichtlich hörten sie zu, auch wenn sie ihn nicht verstanden. Schließlich stand er vor ihnen. „Gehe in die Hocke, streck die Hand aus und lasse sie dran riechen. Wenn du ganz großes Glück hast und sie dich mögen, lassen sie sich sogar streicheln.”, wies Iblis an. Der angehende Exorzist tat dies und wartete gespannt. Die Drachen schnupperten vorsichtig an seiner Hand, dann begann Zilant diese anzustupsen. „Das heißt, dass du sie streicheln sollst. Am besten hinter den Hörnen.”, kommentierte der Feuerkönig. Ziemlich überrumpelt kam Suguro der Aufforderung nach. Zilant schloss die Augen und stieß eine Art Schnurren aus. Bon begann vor sich hin zu grinsen. Er sah aus, als würde er am liebsten einen adoptieren. Iblis nickte zufrieden. „Super. Nächster.” Shura und Yukio sahen sich an. Die Rothaarige zuckte mit den Schultern. „Na, wird schon schief gehen.” Sie wiederholte Bons Schritte. „Ganz ruhig, ich bin hier um euch zu helfen. Fresst also nicht die Hilfe, ja?” Diesmal ließ sich Makara streicheln. „Nicht überraschend. Weibchen haben Frauen oft lieber.” Iblis machte eine Kopfbewegung in Richtung Yukio und bedeute ihm damit, dass er nun dran war. Diesmal lief es nicht ganz so gut. Die Drachen schienen ihn zwar zu akzeptieren, doch beäugten ihn misstrauisch. Iblis erklärte daraufhin, dass sie seine negative Einstellung gegenüber den Dämonen spüren konnten. Dennoch konnten sie die fünf endlich befreien. Es war nicht leicht, denn die Ketten waren schwer und schienen ihnen Schmerzen zu bereiten. Endlich schafften sie es. Natürlich waren die Drachen deswegen ganz aus dem Häuschen. Sie sprangen umher, schlugen mit den Flügeln und landeten sofort wieder. „Was kommt jetzt?”, fragte Shura. Iblis wandte sich zum Eingang. „Wir suchen die anderen.” ............................................................................................................................................. Ankou hasste es nutzlos zu sein und andere ihre Schlachten kämpfen zu lassen. Obwohl sie einen der höchsten Ränge in der Armee inne hatte, so machte sie dennoch bei jeder Schlacht mit, anstatt nur Befehle zu geben. Sie hatte Erfahrung und viel Kampfschick, warum sollte sie also herumsitzen? Ebenso war es ihr zuwider, wenn sie eine Last war und dies war momentan der Fall. Mit diesen bescheuerten Rippen konnte sie nicht mal ihren Bogen spannen. Es war recht einfach gewesen ihre Waffen zurückzuholen, aber nun konnte sie diese nicht mal benutzen. Was ein Mist. Halphas schien ähnliche Gedanken zu haben. Das Fieber hatte ihn mehr geschwächt als erwartet. Er schwankte teilweise beim Laufen und war absolut nicht in der Verfassung eine Waffe handzuhaben. Vaya und die Adepten konnten nicht wirklich kämpfen, also mussten sie sich ganz auf Azazel und Beelzebub verlassen. Dank der zweiten Gruppe, welche momentan für die Ablenkung sorgte, trafen sie kaum auf Wachen, doch kurz vor dem Geheimgang, welcher sie nach draußen bringen würde, verließ sie das Glück. „Na, was haben wir denn hier? Ihr geht so schnell?”, fragte eine hämische Stimme. Oh, nicht doch. Sie drehte sich um. „Verpiss dich, Ira!”, knurrte Azazel genervt. Die Sünde lachte gehässig. „Als ob. Die Gelegenheit lasse ich mir nicht entgehen. Stimmt's Leute?” Ankou fluchte innerlich. Ira hatte Freunde mitgebracht. Mehrere Alukah und ein paar Wachen. Was als nächstes kam, ließ sie aus allen Wolken fallen. „Geht!”, befahl Azazel mit fester Stimme. „Ich kümmere mich um sie und komme nach!” Beelzebub dachte gar nicht daran. „Ich lasse dich nicht alleine kämpfen.” Auch der Rest protestierte. „Wir sind nicht so wichtig wie ihr, lass es sein!”, grollte Halphas. Sogar die Adepten schienen dagegen zu sein. „Wir lassen dich nicht zurück.”, knurrte Ankou. Der Geisterkönig schüttelte den Kopf ohne Ira aus den Augen zu lassen. „Es ist wichtiger, euch alle rauszubringen. Ich bin außerdem der drittstärkste von uns. Ein paar Insekten halten mich nicht auf.”  Er erlaubte sich einen kurzen Blick zu seinem Bruder. „Vertraust du mir?” Verwirrt sah der Insektenkönig ihn an. „Was meinst du? Natürlich tu ich das.” Die anderen Dämonen nickten zustimmend. „Oh Gehenna, da kommt einem ja die Kotze hoch.”, knurrte Ira und ging in Angriffsstellung. Ohne zu zögern griff sie an, Azazel blockte den Angriff. „Geht! JETZT!”, befahl er erneut. Ankou wollte ihn nicht zurücklassen. Ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass dies nach hinten los gehen würde. Außerdem war es grausam. Er war ihr König und vor allem ihr Freund. Gut, wem machte sie was vor? Vielleicht steckte da sogar noch mehr dahinter, so oder so würde sie ihn nicht im Stich lassen. Doch zu ihrem Entsetzen gab Beelzebub nach. „Los!”, knurrte er und rannte los. Die Geisterdämonin warf Azazel einen kurzen Blick zu, entschuldigte sich gedanklich und folgte dem Insektenkönig. ‚Wehe du stirbst mir weg, du Idiot.‘ ..................................................................................................................................... Samael hatte Spaß wie lange nicht. So sehr er Assiah auch liebte, nichts kam einen guten Kampf in Gehenna gleich. Hochrangige Exorzisten boten hin und wieder eine ganz passable Unterhaltung, aber schlussendlich waren sie ein paar Käfer, die man ganz einfach zerquetschen konnte. Er wagte einen kurzen Blick zu seinen Geschwistern. Lucifer, Egyn und Astaroth schlugen ihre Gegner ohne größere Probleme und auch die Stellvertreter räumten ordentlich auf. Überall lagen tote Wachen, Naga, Moroi, Alukah und Rakshasa. Allerdings wäre es nur noch eine Frage der Zeit bis die Aveira und andere hochrangige Dämonen auftauchten. Dann würde die Sache mehr als interessant werden. Zwar waren nicht all seine Geschwister anwesend, aber dennoch hatten sie dank ihren Stellvertretern recht gute Karten. Solange die Aveira nicht mit dem Amulett ankamen. Daher war Eile geboten, denn sie wollten den Sünden möglichst aus dem Weg gehen, falls diese das Amulett bei sich hatten. Allmählich müsste Iblis Gruppe ebenfalls eintreffen. Wie bestellt kam der Feuerdämon dazu. Seine Drachen waren offensichtlich bei ganz guter Gesundheit, denn sie begannen sofort damit anzugreifen. Trotz ihrer Größe waren sie bereits äußerst tödlich. Rin wollte ebenfalls mitmischen, doch Iblis zog ihn am Kragen zurück. Der Zeitkönig musste grinsen, als er das Gesicht seines kleinen Bruders sah. Dieser versuchte böse zu gucken, doch es ähnelte mehr einem schmollen und war eher niedlich als bedrohlich. Sein Bruder war schon putzig. Er hatte wirklich noch einiges zu lernen. Aus dem Augenwinkel bemerkte er einen weiteren Angriff, doch er trat einfach beiseite und erledigte seinen Angreifer bevor dieser überhaupt wusste, was los war. Er sah erneut zu Lucifer, welcher ihm zunickte. Das war das Zeichen für den Rückzug. Jeder erledigte so viele Gegner wie möglich, dann begannen sie damit die Halle, in der sie sich momentan befanden, zu verlassen. Samael verschwendete keine Zeit und legte sofort eine Barriere über die Tür, sodass ihre Verfolger nicht durchkamen und einen langen Umweg nehmen mussten. „Alle da?”, fragte Lucifer und sah sich schnell um. Agares nickte. „Verschwinden wir von hier.” ................................................................................................................... „Ich kann immer noch nicht glauben, dass wir grad Azazel zurückgelassen haben. Und dann noch mit Ira! Wie konntest du nachgeben?!”, grollte Ankou frustriert. „Azazel ist stark, er wird das schaffen.”, beruhigte Beelzebub sie. Zwar plagte ihn ebenfalls das schlechte Gewissen, doch er hatte vollstes Vertrauen in seinen Bruder. Er hatte bereits weitaus schlimmeres überstanden. „Hoffen wir's. Dass Lilith ihn als Geisel nimmt, ist echt das Letzte, was wir jetzt gebrauchen können.”, kommentierte Halphas. „Außerdem würde ich mich mehr als scheiße fühlen, wenn er unseretwegen gefangen genommen wird.” „Er ist der drittstärkste der Baal, da wird er doch sicher keine Probleme bekommen?”, fragte Koneko. „Baal hin oder her, manchmal scheinen sie gerne mal zu vergessen, dass sie trotzdem nicht unbesiegbar sind.”, antwortete Ankou düster. Beelzebub seufzte nur. „Das mag stimmen, aber Azazel wird schon klarkommen. Im Krieg gegen Lilith hat er es mit wesentlich größeren Gruppen zu tun bekommen.” „Und diese Ira war die Verkörperung des Zorns, ja?”, hakte Shima nach. „Genau.” „Ok...sind ihre Schwestern auch so attraktiv?” Izumo und Ankou stöhnten gleichzeitig auf. „Wären wir nicht in Eile und der Großteil meiner Rippen gebrochen, würde ich dich durch ein Fenster werfen!”, drohte die Geisterdämonin woraufhin der Aria in Ausbildung beschwichtigend die Hände hob. „Ich bin schon still.” Konekomaru schüttelte nur den Kopf, während Vaya und Shiemi still blieben. „Wäre allerdings mal interessant zu wissen, wo sich der Rest rumtreibt.”, murmelte Beelzebub. „Ich habe keine Lust auf weitere Überraschungen.” Überraschenderweise bekamen sie keine weiteren Probleme. Hin und wieder hörten sie, wie mehrere Wachen durch die Korridore rannten, sichtlich aufgeregt. „Scheint als würden die anderen gut für Ablenkung sorgen.”, kommentiere Halphas. Beelzebub sagte nichts, sondern öffnete eine Tür, welche in eine Art Konferenzraum führte. Darin war ein riesiger, offener Kamin. Der Insektenkönig ging darauf zu, schien irgendeinen versteckten Schalter zu betätigen und die Rückwand öffnete sich. „Nur mal aus Interesse...wie viele Geheimgänge gibt es hier so?”, fragte Ankou. Der Insektenkönig zuckte mit den Schultern. „Eine Menge. Allerdings kennt nur Vater alle. Jetzt aber weg hier!” Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. ................................................................................................................................ Alastor hatte wirklich die Schnauze voll für heute. Erst musste er dieses dämliche "Ich sehe was, was du nicht siehst-Spiel" über sich ergehen lassen, dann wurde er von ein paar Rotzlöffeln und Exorzisten gerettet und nun standen sie vor verschlossener Tür, eingekreist von Superbia, Invidia, Gula, Acedia und weiteren Truppen. Wirklich super gelaufen. Am Rande fragte er sich, wo die restlichen drei Aveira steckten und hoffte, dass diese nicht die andere Gruppe angegriffen hatte. Ja, er konnte die meisten dort nicht leiden, aber die Todsünden wünschte er ihnen dann doch nicht an den Hals. Außer vielleicht den Exorzisten, aber die waren ja auch nur Adepten. Er sah zu Rin hinüber. Wenn Lilith ihn in die Finger bekam, würde es für alle übel enden. Jetzt durfte er also noch den Babysitter für einen von Satans Gören spielen. Hätte der Dämonengott nicht einfach kinderlos bleiben können? Allerdings war ihm der Nephilim eindeutig lieber als sein Zwilling. Vorhin erst waren die beiden erneut in irgendeine Diskussion geraten und nach dem, was er am Rande mitbekommen und Ankou erzählt hatte, war der Jüngere das Problem gewesen. Selbst die anderen Dämonenkönigen schienen ihn nicht leiden zu können. Als sich die Zwillinge gestritten hatten, standen Iblis und Astaroth hinter ihnen, hatten Alastor angesehen und daraufhin eine Szene gespielt, in der Alastor den jüngeren Zwilling erstach. Lucifer hatte sie zwar streng angesehen, doch die anderen schienen es ganz unterhaltsam zu finden. Superbias Stimme riss ihn in die Gegenwart zurück. „Es war ziemlich dumm von euch herzukommen.” „Es ist auch ziemlich dumm uns im Weg zu stehen, also geh aus dem Weg, Blondie.”, knurrte Astaroth gereizt und ausnahmsweise stimmte Alastor ihm zu. Superbia schnaubte nur. „An eurer Stelle würde ich aufgeben. Ihr seid in der Unterzahl.” „Das waren wir auch, als wir damals gegen dich gekämpft haben und wir wissen ja alle wie das ausgegangen ist, nicht wahr?~”, feixte Mephisto. Invidia lachte gehässig, als die älteste Sünde vor Scham rot anlief. Acedia gähnte nur, Gula schien nicht wirklich zu wissen, was überhaupt los war. Die beiden waren allerdings noch nie die hellsten Flammen in Helheimr gewesen. „Worauf wartet ihr?! Greift an, ihr Idioten!”, keifte die blonde Sünde. Keiner traute sich zu widersprechen, auch wenn einige offensichtlich nicht allzu begeistert waren. Alastor grinste. Das würde Spaß machen. ....................................................................................................................... Rin unterdrückte ein frustriertes Grollen. Sie taten es schon wieder! Warum mussten sie ihn ständig bevormunden?! Ja, es würde nicht gut für Gehenna oder Assiah sein, wenn er gefangen genommen werden sollte, aber er wollte nicht daneben stehen, während andere kämpften! Shura und Yukio hatten sich einfach in den Kampf gestürzt und hielten sich ganz gut, Bon war bei Rin geblieben und hielt sich raus, immerhin bestand stets die Gefahr, dass er durch Rezitieren einen der Dämonenkönigen oder ihren Stellvertretern schaden würde. Vaya und Agares standen neben ihm. Während Vaya unruhig den Kampf beobachtete, wehrte Agares Angreifer ab. Sie schien alles unter Kontrolle zu haben, also nahm sich der Nephilim die Zeit nach den anderen zu sehen. Iblis und Astaroth kämpften gegen Invidia, Samael gegen Superbia. Die anderen beiden Aveira waren nirgends zu sehen, er tippte darauf, dass es Acedia und Gula waren. Der Rest erledigte die übrigen Angreifer. Diese konnten einem fast leidtun. Nur wenige konnten wirklichen Schaden anrichten, die meisten wurden einfach abgeschlachtet. Shura und Yukio waren so gesehen keine große Hilfe, denn sie waren wesentlich langsamer. Unwillkürlich fragte sich der Nephilim erneut, was passieren würde, wenn der Kampf gegen Lilith vorbei war. Das Bündnis zwischen den Dämonen und der Ritterschaft (besser gesagt einem Teil davon) wäre beendet und sie würden sich erneut im Kampf gegenüber stehen. Inzwischen war mehr als klar, dass die Exorzisten keine Chance hatten. Allerspätestens wenn sein Vater mitmischte, wäre es für sie gelaufen. Auch seine Freunde wären betroffen. Es läge sogar im Bereich des Möglichen, dass sie von jemanden getötet wurden, denn er kannte oder ihm nahe stand. Ob die anderen ähnliche Gedanken hatten? Iblis schien sich beispielsweise recht gut mit Bon zu verstehen, wäre das mit ihrer Zusammenarbeit vorbei? Würde er ihn ohne weiteren Gedanken töten, wenn sie sich je wieder gegenüber standen? Die Vorstellung war mehr als beunruhigend, also gab er es vorerst auf, sich deswegen Gedanken zu machen. Momentan waren andere Dinge wichtiger. ............................................................................................................................... Neid war für Astaroth schon immer eine allzu bekannte Emotion gewesen. Als (ehemals) jüngster seiner Brüder musste er sich des Öfteren einiges von seinen älteren Geschwistern gefallen lassen. Er hatte es immer gehasst, wenn sie Sachen durften, die ihm nicht erlaubt waren oder Fähigkeiten gemeistert hatten mit denen er noch immer Schwierigkeiten hatte. Ein hervorragendes Beispiel war die Tierverwandlung. Leider hatte er zu Beginn manchmal arge Probleme mit seinen Kräften gehabt. Hinzu kam, dass Verwesungsdämonen meist nicht allzu beliebt waren, denn sie wurden oft mit Dreck, Gestank und Tod in Verbindung gebracht. Gut, viele machten auch einen Bogen um Geisterdämonen, weil sich die Bewohner Gehennas nicht mit dem Tod auseinander setzen wollten, sie hingen extrem an ihrer Unsterblichkeit. Wer nicht? Wie auch immer, leider stimmte es, was Azazel sagte. Noch immer passierten ihm gelegentlich kleine Missgeschicke, immerhin war es nie etwas allzu gravierendes. Es war ihm verdammt peinlich, aber ihm blieb nichts übrig als weiter zu lernen. Lange Rede, kurzer Sinn: Neid hatte ihn in seinem Leben bereits öfter begleitet, demzufolge machte er sich schon gewisse Sorgen, während er gegen Invidia kämpfte. Er hatte so gar keine Lust, dass sie seine eigenen Empfindungen gegen ihn verwendete, dass hatte bereits im Krieg ziemlich genervt. Bisher schien sie jedoch kein Interesse daran zu haben, sondern bekämpfte Iblis und ihn nur ohne ihre Kräfte oder Waffen. Sie änderte einige Male ihre Gestalt, doch sie rissen sich zusammen und ignorierten ihr Aussehen. Anscheinend hatte er sie ziemlich durchdringend angestarrt, denn sie begann zu grinsen. „Du kannst ja kaum die Augen von mir lassen. Magst du mich etwa, Rothy?~” Der Verwesungskönig bleckte die Zähne. Wie er diesen verdammten Spitznamen hasste. „Nein danke, ich steh nicht auf durchgeknallt.” Er hielt inne. „Nicht mehr.” Die Sünde lachte. „Dann passt es, ich stehe nämlich eher auf Intelligenz.” Sie versuchte ihm in den Magen zu treten, doch er sprang nach hinten und warf ihr ein Messer entgegen. Da er plötzlich von weiteren Gegnern umgeben war, sah er nicht, ob er getroffen hatte, jedoch fluchte Invidia laut. Offensichtlich hatte er sie erwischt und ihr war klar geworden, dass ihre Selbstheilung nicht eintrat. Sie zog sich zurück. Iblis wollte ihr einen Flammenstoß hinterher schicken, doch musste abbrechen, da Lucifer in der Schusslinie stand. Ohne große Wahl ließen sie von der Gestaltwandlerin ab. ............................................................................................................................................ Rin hatte genug. Er hatte die ganze Zeit dumm rumgestanden, es reichte. Seine Flammen hätten den Kampf längst beenden können! Bevor er Kurikura ziehen konnte, gab Lucifer jedoch das Signal zum Rückzug. Tap und Amaimon brachen gemeinsam den Boden auf und trennten ihre Gruppe von Liliths Anhängern, Egyn und Agares errichten zusätzlich eine Eiswand und die Drachen grillten noch einige verbliebene Gegner. „Los, raus!”, rief Lucifer. Sie rannten aus dem Raum und liefen durch die Korridore bis sie endlich vor der Tür eines Archives standen. Diese war verschlossen, doch Alastor hatte ganz offensichtlich die Schnauze voll und trat sie einfach ein. „Das gibt Ärger mit Phenex.”, seufzte Agares. „Und das soll mich interessieren?!” Schritte ließen sie herumfahren. Doch etwas war seltsam, die Schritte klangen unregelmäßig und teilweise schleifend. Ihre Augen weiteten sich, als die dazugehörige Person endlich um die Ecke kam. „Azazel?!”, entfuhr es Egyn. Der Geisterkönig sah gar nicht gut aus. Er stützte sich an der Wand ab, seine Haare waren zerzaust, die Klamotten waren teilweise zerrissen und er hatte mehrere blaue Flecken sowie blutende Schnitte. Er presste außerdem eine Hand auf seine linke Seite, welche stark blutete. „Ihr habt echt aufgeräumt...ich bin auf dem Weg hier her auf keinen einzigen Gegner gestoßen.”, hustete er hervor. Zu Rins Überraschung griffen die Dämonen zu ihren Waffen. „Beweise uns, dass du es bist und nicht irgendein Rakshasa.”, verlangte Alastor. Azazel nickte und überlegte kurz. „Vaya ist seit sie ein Kind ist in Vater verschossen, Lucifer, du hattest als Kind Angst im Dunkeln und magst bis heute keine Dunkelheit, Iblis und Egyns, euer erster Kuss war miteinander, als ihr auf einer Schulfeier zu viel Alkohol getrunken habt. Ankou, wir haben uns mal geküsst als wir Kinder waren, weil wir nicht wussten was das ist und fanden's beide eklig. Astaroth, du hattest immer Angst vor Uphir, dem ehemaligen Hauptheiler in Vaters Palast, was sich ja schlussendlich als berechtigt herausgestellt hat. Samael, du warst in eine unserer Lehrerinnen verschossen-” „Gut, wir glauben dir!”, warf Amon schnell ein, offensichtlich nicht scharf darauf, dass auch Geheimnisse von ihm herauskamen. Rin war währenddessen etwas verstört. Iblis und Egyn hatten sich geküsst?! Gut, sie waren betrunken, aber der nächste Tag war sicher seltsam gewesen. Auch der Rest war mehr als unerwartet. Und Vaya war in seinen Vater verliebt?! Er beschloss, es vorerst gut sein zu lassen. „Was ist passiert? Warum bist du nicht bei den anderen?!, fragte Lucifer scharf. „Wir wurden von Ira und einigen von Liliths Leuten angegriffen. Ich habe sie aufgehalten damit der Rest weiter kann, aber ich musste ordentlich was einstecken. Schätze, ich hab mich doch überschätzt.” Er zuckte zusammen und sog scharf die Luft ein. „Könnten wir jetzt gehen damit sich jemand um das hier kümmert? Ich glaube hier kommen gleich ein paar Organe raus...” Alle nickten und Egyn ging zu ihm, um ihn zu stützen. Der Ältere zögerte für einige Sekunden, doch lehnte sich dann an ihn. Derweil betrat Lucifer den Raum und öffnete den Geheimgang, welcher erneut hinter einem Bücherregal lag. „Beeilung!”, drängte der Lichtdämon und sie kamen der Aufforderung gerne nach. Stumm folgten sie dem Gang bis sie schließlich in einer Art Höhle standen, wo Beelzebubs Gruppe bereits wartete. Der Insektenkönig schien mehr als erleichtert. „Da seid ihr ja endlich. Wir dachten, dass ihr irgendwo festsitzt-” „War auch so, aber wir müssen uns jetzt um Azazel kümmern.”, unterbrach Iblis ihn. Beelzebub erbleichte, als er seinen verletzen Bruder entdeckte, welcher inzwischen das Bewusstsein verloren hatte. Egyn legte ihn hin und sah sich mit Shax und Agares die Wunde an. „Verdammt, ich wusste, dass wir ihn nicht hätten allein lassen sollen!”, zischte Ankou. „Die Wunde ist recht tief, aber die Arterie hat es verfehlt. Glück gehabt.”, verkündete Shax sichtlich erleichtert. „Warum schließt sie sich nicht?”, fragte Shiemi. „Wegen der Waffe mit der sie zugefügt wurde.”, erklärte Agares ohne aufzusehen. „Es gibt spezielle Waffen, die die Selbstregeneration blockieren. Unsere gehören zum Beispiel dazu.” Nach einigen Minuten war die Blutung endlich gestoppt und notdürftig verbunden. „Also, wie geht's jetzt weiter?”, fragte Astaroth. „Wir wissen immer noch nicht, wo Vater oder besser gesagt, wo Liliths verdammter Palast ist. Wir können nirgends hin, weil sie alles übernommen hat, also bleibt nur Assiah, aber da wird sie auch bald angreifen. Schöner Mist.” „Wir haben keine Große Wahl.”, antwortete Lucifer. „Sobald wir Agash und die Kinder haben, sollten wir schnellstmöglich zurück nach Assiah.” Ankou schüttelte den Kopf. „Ihr kehrt zurück nach Assiah, aber wir bleiben hier. Es gibt überall Widerstand gegen Lilith. Wenn wir mit diesen Gruppen in Verbindung treten und sie zusammenziehen, haben wir immerhin ein paar neue Verbündete.” „Ganz sicher nicht, du bist verletzt und der Rest ist nicht grad in guter Verfassung!” ,protestierte Egyn. Die Dämonin blieb stur. „In ein paar Tagen geht's wieder und in Assiah sind wir nicht von Nutzen. Wenn ihr schon das Risiko auf euch nehmt, um uns zu befreien, lasst uns wenigstens etwas tun!” „Sie hat recht.”, mischte sich Shax ein. „Wir sind in Assiah kaum eine Hilfe und das manche von uns noch nie oder irgendwann vor Jahrhunderten dort waren, macht es nicht einfacher.” Lucifer seufzte nur. „Das können wir alles besprechen, wenn wir hier raus sind. Kyrene hat uns einen Ort beschreiben, wo wir hin können ohne entdeckt zu werden. Wir machen uns schon mal auf den Weg dorthin, während ein paar Agash holen. Amon, ich nehme an, dass du gehen willst?” Der Verwesungsdämon nickte. „Dann komme ich mit.”, verkündete Astaroth. „Ebenfalls.”, hängte sich Iblis rein. „Wenn das geklärt ist, können wir ja weiter.”, knurrte Alastor. „Ich hab genug von diesem Ort.” Zur Abwechslung konnte Rin nur zustimmen. Schließlich standen sie wieder in der Kanalisation, wo sich Astaroth, Amon und Iblis von der Gruppe trennten. Der Rest lief noch eine Weile weiter, bis sie endlich ins Freie kletterten. „Also gut, wir verschwinden per Phasensprung. Wir springen am besten zum Rand des Acherusischen Sees, den Rest laufen wir, damit sie die Spuren nicht direkt verfolgen können.”, bestimmte Lucifer. Alastor schien nicht glücklich damit zu sein von ihm Befehle zu bekommen, doch bleib still, immerhin wusste er, was auf dem Spiel stand. „Ich dachte hier sind Barrieren?” fragte Rin verwirrt. „In jeder Barriere, die so große Gebiete abdeckt, gibt es Lücken und die kennen wir mittlerweile gut.”, antwortete Beelzebub. „Jetzt aber los!” Rin hasste Phasensprünge, aber es war ihre einzige Option, also ging er ohne zu murren zu Amaimon. Hoffentlich konnten die anderen ihre Aufgabe ebenfalls erledigen. .............................................................................................................................................. Der Phasensprung verlief wesentlich besser als erwartet. Rin verspürte weder den Drang sich zu übergeben, noch landete er auf seinem Hintern. Langsam schien er sich daran zu gewöhnen. Von seinen Freunden, Shura und Yukio konnte man das nicht sagen. Sie alle waren mehr als grün im Gesicht und Shima sah aus, als würde er jeden Moment seinen Magen entleeren. „Wage es ja nicht, mir auf die Stiefel zu reihern!”, drohte Alastor, doch der pinkhaarige Exorzist war zu beschäftigt damit seinen Mageninhalt unten zu behalten, um Angst zu haben. „D-Das....machen wir....bitte....nie wieder.”, presste Shura hervor und alle Exorzisten nickten, während die Dämonen feixten. „Gehen wir weiter, dann können wir endlich Azazel fertig verarzten und uns um Halphas und Ankou kümmern.”, sagte Shax und alle setzten sich wieder in Bewegung. Die Drachen flogen ebenfalls los. Nach einigem Fußmarsch erreichten sie den Außenposten. Dieser war ein Steingebäude auf einem Felsen. es gab einen Wachturm, doch dieser war offensichtlich nicht besetzt. Was sie jedoch alarmierte, war die offene Tür. „...Die sollte doch abgeschlossen sein, oder?”, stellte Amaimon dumpf fest. Sie zogen ihre Waffen. Langsam betraten sie das Gebäude. Nun fiel ihnen außerdem das brennende Licht auf. Sie sahen sich an. Hatte sich Kyrene getäuscht und es gab doch noch Patrouillen, die hier Pausen einlegten? Schritte näherten sich und sie machten sich bereit zum Kampf, doch als die Person dann vor ihnen stand, waren sie mehr als überrumpelt. Rin blinzelte den Neuankömmling überrascht an. Was machte sie denn hier? Indra grinste und warf ihre Haare zurück. „Na, ihr habt euch ja Zeit gelassen. Ich warte hier schon ewig.” ......................................................................................................................................................... Samael war, um es einmal mit den Worten seiner jüngeren Geschwister auszudrücken, zum Kotzen zumute. Warum musste diese Frau immer wieder auftauchen und Probleme bereiten? Das war normalerweise seine Aufgabe! Zugegebenermaßen hatte er sich gefragt, was sie trieb, immerhin stand sie bei Lilith ziemlich weit oben auf der Liste. Natürlich war dies reine Neugier, er fühlte keinerlei Bindung mit dieser Frau. Sie hatte ihn auf die Welt gebracht, das war's. Für ihn war Ruha seine erste richtige Mutter gewesen und auch seine späteren Stiefmütter hatte er als Mutterfigur akzeptiert. Sie war dagegen eine Fremde. Er wünschte ihr nicht den Tod, aber es würde ihn nicht ansatzweise kümmern, wenn sie Lilith zum Opfer fallen würde. Sie hatte es sich selbst eingebrockt. Allerdings interessierte es ihn sehr, was sie hier tat und vor allem wie sie hergefunden hatte. Offensichtlich wusste die Dämonin, dass sie eventuell herkommen würden. „Super, dabei haben wir die verdammten Adligen grad hinter uns gelassen...”, grummelte Alastor entnervt. „Indra, was tust du hier?”, fragte Lucifer genauso verdattert wie der Rest. Die Zeitdämonin verdrehte die Augen. „Das sollte offensichtlich sein. Ich verstecke mich vor Lilith und möchte mit euch reden.” „Ok, kurze Auszeit!”, mischte sich Shura ein und trat nach vorne. „Wer ist sie?” „Meine Name ist Indra.”, wechselte die Dämonin ins Japanische. „Ich bin Samaels Mutter.” Ach, auf einmal. „Es ist ziemlich vermessen, dich so zu bezeichnen, meinst du nicht auch?”, erwiderte er bissig und verschränkte die Arme. Die Exorzisten sahen ihn verwirrt an, dann die Dämonin und wieder ihn. Ihnen stand der Mund offen, Shura fand zuerst ihre Stimm wieder. „Schätze, ihr seid nicht wirklich gut aufeinander zu sprechen?” Samael antwortete nicht. Er wollte nicht mit Indra diskutieren, vor allem nicht mit den Exorzisten im Raum. Es war schon nervig genug, wenn seine Geschwister dabei waren. „Woher weißt du von diesem Ort?”, fragte er kalt. Die Adlige ließ sich davon nicht beeindrucken. „Kyrene. Ich bin ihr vorhin auf ihrer Patrouille begegnet und sie hat mir erzählt, dass ihr hier seid, von eurem Plan und diesem Ort. Ich habe ein Versteck gesucht, also bin ich hergekommen und habe gehofft, dass ihr hier einen Zwischenstopp einlegt.” Diese Sirene konnte aber auch nichts für sich behalten! „Egal, ich kümmere mich jetzt erst mal um Azazel. Halphas und Ankou, ihr kommt auch mit.”, unterbrach Egyn sie. „Shax, Agares helft ihr mir schnell?” Die beiden Heiler nickten und folgten ihm zusammen mit Ankou und Halphas aus dem aus dem Zimmer. „Warten wir bis sie fertig sind, dann kannst du uns sagen, was du möchtest.”, sagte Lucifer. Indra zuckte nur mit den Schultern. „Ich bin überrascht, dich hier ohne deine Zofe zu sehen. Schleppst du sie normalerweise nicht immer mit?”, stichelte Samael. Indras Gesicht verdüsterte sich für den Bruchteil einer Sekunde, dann wurde es wieder neutral. „Nasu ist tot. Aulak hat ihr das Genick gebrochen und sie ausgesaugt, als sie mir zur Flucht verholfen hat. Meine Familie hatte mich im Stich gelassen und wollte mich ausliefern, ohne sie hätte ich es nicht geschafft. Übrigens weiß inzwischen ganz Gehenna, dass du mein Sohn bist.” Ein Hauch von Bitterkeit lag in ihrer Stimme. Super. Jetzt wussten es also alle. Aber seltsam, dass sie scheinbar an Nasu hing. Tatsächlich hatte der Zeitkönig oft den Eindruck, dass sie die Zofe als ihre Freundin angesehen hatte. Wirklich interessant, dass ihr irgendeine fremde Frau wichtiger als der eigene Sohn war...na was soll's. Es war ihm sowieso egal. Sie verbrachten die Zeit in unangenehmer Stille. Rin hatte zusammen mit einigen seiner Geschwistern die Vorräte geplündert und war dabei das Essen zu machen. Die Drachen hatten es sich auf dem Boden gemütlich gemacht und rollten sich zusammen. Endlich kamen Egyn, Shax und Agares zurück. „Soweit sieht alles gut aus, aber sie werden sich eine Weile ausruhen müssen. Azazel ist immer noch bewusstlos.”, berichtete der Wasserkönig. Nach einer Weile war Rin so weit und sie konnten alle essen. Die Stellvertreter stürzten sich sofort auf das Essen, Egyn brachte Ankou und Halphas etwas vorbei. Samael konnte ihnen keinen wirklichen Vorwurf machen, sicherlich hatten sie in den letzten Wochen nicht viel bekommen. Ihre Gesichter waren zum Teil eingefallen und laut Egyn hatte man bei Ankou die Rippen extrem deutlich gesehen. „Du kannst gut kochen, ich bin überrascht.”, kommentierte Indra. Rin bedankte sich, doch schwieg ansonsten. Offensichtlich wusste er nicht, wie er auf den unangekündigten Besuch reagieren sollte. Schließlich waren sie fertig und warteten darauf, dass sich die Zeitdämonin erklärte. „Also, worüber willst du reden, Indra?”, fragte Lucifer. Diese wirkte kurz verunsichert, dann setzte sie wieder ihr typisches Grinsen auf. „Glaubt es oder nicht, aber ich bin hier, um euch zu helfen.” „Aha und willst du dafür haben?”, unterbrach der Zeitkönig sie trocken. „Ich will mit euch nach Assiah.”, antwortete die Dämonin ohne Umschweife. „Weil dir Lilith am Arsch klebt.”, knurrte Alastor mit verschränkten Armen. Indra verdrehte die Augen. „Unter anderem. Sie ist äußerst nachtragend und würde mich zu gerne umbringen.” Der Zeitkönig lächelte sie kalt an. „Geschieht dir recht.” „...Vielleicht. Allerdings bin ich nicht nur hier, um meinen Hals zu retten. Ich möchte euch helfen.” „Irgendwie fällt es mir schwer, das zu glauben.” „Glaube, was du willst. Es ist die Wahrheit. Gehenna ist mein Zuhause und ich werde nicht dastehen und zusehen wie Ihre Majestät alles zerstört. Und ich werde ganz sicher nicht zulassen, dass sie Satan in der Hand hat.” „Als ob. Er geht dir doch am Arsch vorbei.”, fauchte Alastor an. Sie funkelte ihn an. „Das ist nicht wahr!” „Ach ja? Du bist doch nur mit ihm in die Kiste, weil du dem Miststück eins auswischen wolltest. Wäre es dann nicht zu eurem kleinen Unfall gekommen, hättest du noch viel länger weiter gemacht.” Gut, das tat jetzt irgendwie weh. Aber recht hatte er. Indra seufzte frustriert. „Ja gut, ich habe Mist gebaut, aber ich mag ihn wirklich. Ich habe mir eingeredet, dass es nichts bedeutet hat, aber das ist nicht der Fall. Ich mag ihn immer noch. Und ich will ihn nicht nochmal mit Lilith sehen, das hat er nicht verdient.” Samael hob überrascht eine Augenbraue und sah zu seinen Geschwistern, welche nicht weniger überrascht wirkten. Bisher hatte seine "Mutter" nie offen über ihre Gefühle gesprochen und er hatte den Eindruck, dass sie diesmal nicht log. Die Zeitdämonin fuhr fort, als niemand etwas sagte. „Ich habe ihn kurz vor Lilith Invasion besucht, um ihn zu warnen. Ich hatte mehrere Visionen, eine zeigte, wie die Barriere um den Palst zerbrach. Andere betrafen euch, also bin ich so schnell wie möglich zu ihm gegangen. Dummerweise war ich zu spät. Ich hatte ihm gerade alles erzählt, dann kam der Angriff.” „Was hast du sonst noch gesehen?”, fragte Shax. Das klang in der Tat interessant. Die Dämonin erzählte alles, von ihren Visionen in Assiah bis zu Rin, der in einer Zelle saß und angeblich von ihnen im Stich gelassen wurde, dann wie er gegen sie kämpfte und wie sie schlussendlich selbst Gefangene waren. Als sie hörten, was sie bezüglich Satan gesehen hatte, wechselten alle besorgte Blicke. Nie im Leben würde ihr Vater zu ihr zurück gehen! ‚Außer wenn sie uns in der Hand hätte...und wer weiß, wie es zur Zeit mit seinem geistigen Zustand aussieht.‘, dachte er grimmig. Am Ende herrschte betretende Stille. „Gut, das klingt jetzt nicht so berauschend, aber das sind ja nur Möglichkeiten. Wir wurden im Palast nicht erwischt, also könnte das mit Rins und eurer Gefangennahme längst vom Tisch sein.”, versuchte Agares allen Mut zu machen. „Glaubst du allen Ernstes, dass wir so viel Glück haben?”, fragte Beelzebub dumpf. „Ich dachte, Azazel wäre die wandelnde Depression.”, murmelte Alastor, woraufhin er einen bösen Blick von Shax kassierte. „Hast du noch mehr gesehen, Indra?”, fragte Paymon, woraufhin sie den Kopf schüttelte. „Seitdem hatte ich keine Visionen mehr.” Sie wurden aus ihrer Konversation gerissen, als sie spürten, dass sich jemand näherte. Lucifer ging mit Paymon und Shax nach draußen, um die Neuankömmlinge in Empfang zu nehmen oder zu erledigen. Nicht mal eine Minute später kam Lilu gefolgt von ihren beiden älteren Schwestern in den Raum geflitzt. Sie rannte fast in Shura rein und legte eine Vollbremsung ein. „Warum hast du denn so ein komisches Oberteil an?”, sagte sie verwundert und sah die Exorzistin mit großen Augen an. Diese verstand natürlich kein Wort. „Lilu, das fragt man doch nicht!” flüsterte Vritra. „Ich finde sie hübsch...”, murmelte Mergi leise. Lucifer, Paymon, Shax, Astaroth, Iblis und Amon kamen nun ebenfalls rein, dicht gefolgt von Agash, welche Jestan auf dem Arm hatte. Sie wirkte erschöpft, aber erleichtert. „Lilu, Mergi, Vitra, lasst bitte die Frau in Ruhe.” Die drei nickten und rannten zurück zu ihrer Mutter. „Hat alles geklappt?”, erkundigte sich Agares. Iblis nickte. „Es war verdammt knapp, aber es ging. Ich glaube sogar, dass ein paar der Patrouillen mit Absicht danebengeschossen haben. Wenn nicht, sollten die nochmal über ihre Berufswahl nachdenken. Agash lächelte ihnen zu. „Danke, dass ihr uns geholfen habt.” Astaroth winkte ab. „Jetzt hör aber mal auf, das war ja wohl das mindeste.” Nachdem sich Agash kurz den Exorzisten und sie sich vorgestellt hatten, gingen Agash, Amon, ihre Kinder, Iblis und Astaroth in die Küche und aßen ebenfalls etwas. .............................................................................................................................................................. „Wow, Rin kocht ja besser als Mama! Kann er öfter Essen machen?”, fragte Vritra. Der Nephilim lief sofort rot an. Er war mehr als froh, dass es ihnen gut ging. Er hatte zusammen mit Astaroth öfter Amons Familie besucht und dabei die Kinder kennengelernt, welche ihn zu seiner Überraschung sehr mochten. Sie hatten Amon, Iblis und Astaroth bereits auf den neusten Stand gebracht, während die Kinder aßen und sich Agares um Agash kümmerte. Laut ihr ging es dem Kind gut. Da es bereits ziemlich spät war und alle müde waren, gingen sie nach und nach ins Bett. Azazel war noch immer bewusstlos, aber immerhin hatte sich Halphas Fieber beruhigt und Ankou ging es ebenfalls besser. Dennoch hatte er wieder Probleme einzuschlafen. Er machte sich noch mehr Sorgen um seinen Vater als je zuvor. Gleichzeitig wurde er das Gefühl nicht los, dass sich etwas zusammenbraute. Es war überraschend einfach gewesen aus dem Palast zu entkommen. Warum? Seufzend stand er auf und ging langsam aus dem Zimmer um seine Geschwister nicht zu wecken. Er beschloss auf das Dach zu gehen, dort gab es eine große glatte Fläche, wo normalerweise Wächter standen. Dort stellte er fest, dass er nicht allein war. Shax lehnte auf dem Geländer und schaute gedankenverloren in die Ferne. Der Nephilim spielte mit dem Gedanken wieder zu gehen, denn der Dämon schien alleine sein zu wollen. „Du kannst gerne hierbleiben.”, unterbrach der ältere seine Gedanken. Rin zuckte zusammen, doch kam der Aufforderung nach. „Du kannst nicht schlafen?”, fragte der Silberhaarige. Rin nickte. „Nicht wirklich. Und du?” „Ebenfalls. Auch wenn es mir wohl gut tun würde. Ich schätze, du machst dir Sorgen um deinen Vater.” Erneut nickte er. „Klar. Wir haben keine Ahnung, wo er ist. Auch wenn Lilith ihn nicht töten wird, was wenn sie durchdreht, weil er sie nicht zurück will? Sie würde es an ihm auslassen oder an Gehenna und Assiah.” Shax seufzte. „Da hast du leider recht. An Tagen wie diesen bereue ich, mir damals nicht mehr Mühe gegeben zu haben. Ich wusste, dass sie nichts Gutes im Schilde führt und später, dass sie einen schlechten Einfluss auf ihn hat, aber ich habe nachgegeben.” „Du kannst ihn nur beraten, keine Vorschriften machen.”, warf Rin ein. „Für mich klingt es, als hättest du alles getan, was du konntest.” Der Geisterdämon schnaubte. „Das ist nett von dir, aber nicht ganz richtig. Ich habe mit dem Gedanken gespielt Lilith zu vergiften. Ich hatte das Gift sogar schon, aber habe schlussendlich den Moment verpasst und es nicht getan. Hätte ich mir mehr Mühe gegeben, wäre allen einiges erspart geblieben.” „Aber dann hätte er sich vielleicht nicht geändert.” Shax zuckte mit den Schultern. „Gut möglich. Aber genug davon. Man kann die Vergangenheit nicht ändern, also konzentrieren wir uns besser auf die Zukunft.” Der Nephilim stimmte zu. „Gibt es etwas neues zu Azazel?” „Er ist immer noch bewusstlos, aber es dürfte ihm gut gehen. Er ist ziemlich zäh.” Er hielt kurz inne. „Trotzdem bin ich nicht sicher, ob er wirklich mitmachen sollte.” Rin sah ihn überrascht an. „Was meinst du?” Dann traf es ihn. „Du redest von seinen...Problemen in den letzten Monaten, oder?” Er bekam ein düsteres Nicken. „Wir wissen noch immer nicht, was für diese Aussetzer verantwortlich ist und warum seine Dämonenmale plötzlich aufgetaucht sind. Normalerweise würde das bedeuten, dass er die Kontrolle über seine Dämonenhälfte verliert, aber dann hätte es längst passieren müssen. Ich hatte die Theorie, dass es vielleicht ein Trauma ist. Ruhas Tod hat tiefe Wunden hinterlassen und Liliths Rebellion hat es nicht besser gemacht. Er und seine Geschwister waren eigentlich zu jung, um in einem Krieg zu kämpfen, aber wir brauchten ihre Macht. Allerdings ist das alles Jahrtausende her. Es ergibt keinen Sinn, dass es ihm ausgerechnet jetzt so schlecht geht.” „Er hat doch erwähnt, dass die ganzen Toten anstrengend sind. Vielleicht ist es ihm zu viel geworden?”, schlug Rin vor. „Möglich. Aber ich glaube, dass mehr dahinter steckt.” Rin sah ihn neugierig an. „Du machst dir wirklich Sorgen um ihn, was?” Shax lachte leise. „Natürlich. Ich mache mir um alle Sorgen. Satan ist mein ältester Freund, ich berate ihn schon ewig. Deine Brüder kenne ich alle seit der Geburt. Ich habe mich oft um sie gekümmert, wenn es Satan oder ihre Mütter nicht konnten. Ich bin sogar öfter für sie zu Elternabenden in die Schule gegangen, wenn er keine Zeit hatte und habe sie bei Problemen unterstützt. Inzwischen sind sie für mich wie meine eigenen Kinder. Ankou und Vaya kenne ich ebenfalls seit dem Kindesalter, mit den anderen Stellvertretern bin auch befreundet. Mit Alastor ist es eher eine Art Hass-Liebe. Wir respektieren uns, aber sind uns meist nicht einig. So oder so sind sie für mich alle Familie.” Er sah zu Rin und lächelte. „Und ich muss zugegeben, dass du mir auch recht schnell ans Herz gewachsen bist.” Der Nephilim lächelte zurück und es herrschte kurz Stille, dann begann er erneut zu sprechen. „Also denkst du, dass Azazel sich lieber raushalten sollte, damit er sich erholen kann und sich sein Zustand nicht verschlimmert?” „Ganz genau. Dummerweise ist er nun mal der drittstärkste der Dämonenkönige, wir können nicht wirklich auf ihn verzichten.” „Ein Grund mehr Lilith schnell in den Arsch zu treten.” Der Geisterdämon hob eine Augenbraue. „Lass das nicht deinen Vater oder deine Geschwister hören.” „Sie fluchen auch oft. Zumindest Iblis und Astaroth.” „Ja, aber meist nicht vor ihrem Vater. Er kann da streng sein.” Rin verdrehte die Augen, aber musste grinsen. „Irgendwie frage ich mich, was passiert wäre, wenn ich damals nicht bei Shiro sondern in Gehenna gelandet wäre.” Auch Shax begann zu grinsen. „Du hättest keine ruhige Minute gehabt. Der jüngste Dämon wird immer am meisten bemuttert, vor allem wenn er auch noch halb menschlich ist. Und Ankou und Agares hätten nur zu gerne Babysitten übernommen. Sie haben eine Schwäche für Kinder. Du hättest sie mal sehen sollen, als Amons Kinder geboren wurden. Sie waren nur am quieken.” Bei dieser Vorstellung musste der Nephilim ein Grinsen unterdrücken. „Immerhin scheinst du ein paar gute Freunde in Assiah gefunden zu haben.”, fuhr Shax fort. „Diese Shura und die Adepten scheinen an dir zu hängen.” „Ich mache mir nur etwas Sorgen, wenn wir dann auf Vater treffen.”, gestand Rin. „Suguro, Shima und Konekomaru haben wegen ihm einiges in der blauen Nacht verloren. Sie wissen zwar inzwischen weswegen, aber die Toten bringt es nicht zurück.” Der ältere Dämon legte ihm eine Hand auf die Schulter und drückte sie aufmunternd. „Sie sind mitgekommen, oder nicht? Sicher werden sie dann darüber hinweg sehen können.” Bevor Rin antworteten konnte, waren Schreie zu hören. Sie kamen von unten. Beide sahen sich an, dann rannten sie los. Die Quelle war schnell gefunden. Es war Agash. Der Rest hatte es ebenfalls gehört und standen vor und in ihrem Zimmer. „Agash, was ist los?”, fragte Amon etwas panisch. „W-Was wohl?! Ich hab...Wehen!”, presste diese hervor. „Jetzt?! Kannst du es nicht anhalten oder so?!”, fragte Iblis scheinbar ebenfalls etwas panisch. Dafür kassierte er einen Tritt gegen das Schienenbein von Ankou. „Man kann doch keine Kinder anhalten!” „WOHER SOLL ICH DAS WISSEN?! ICH BIN KEIN MÄDCHEN! UND SOLLTEST DU DICH NICHT AUSRUHEN?!” „Ok, jetzt mal ganz ruhig!”, fuhr Lucifer dazwischen. „Egyn, Agares und Shax. Ihr hattet eine Heiler Ausbildung, habt ihr auch was zu dazu gelernt?” Shax schüttelte den Kopf, Agares und Egyn sahen sich an. „I-Ich hatte es, aber ich weiß nicht, ob ich das kann.”, antwortete der Wasserkönig etwas hysterisch. „Dann überlass es Agares bevor du umkippst.”, seufzte Astaroth. „Entschuldige mal?!” Agares holte tief Luft. „Gut, ich habe das noch nie gemacht, aber so schwer kann es ja eigentlich nicht sein...Ankou kannst du mir ein wenig helfen oder geht das mit deinen Rippen nicht?” Die Geisterdämonin schüttelte den Kopf. „Passt schon. Jetzt aber los!” Sie scheuchten alle hinaus und schickten sie los, um zu holen, was sie brauchten. Anschließen schlossen sie die Tür. Amon durfte nicht mit rein. Keiner ging zurück ins Bett, sie würden bei dem Lärm nie einschlafen können. Nur Azazel war noch immer bewusstlos. Amon lief nervös auf dem Gang hin und her, was Rin ziemlich nervös machte, aber er beließ es dabei. Immerhin hatte der Dämon allen Grund nervös zu werden. Seine Kinder waren ebenfalls aufgeregt und hüpften auf dem Gang herum. Astaroth hatte sich dazu breit schlagen lassen können, Jestan zu halten. Da Agash bereits mehrere Kinder zur Welt gebracht hatte, sollte es eigentlich nicht lange dauern, aber jede Minute schien sich ewig hinzuziehen. Nach einer knappen Stunde war endlich das Schreien eines Kindes zu hören. Nach weiteren zehn Minuten durfte Amon endlich zu seiner Frau. Die Kinder gingen mit rein, der Rest bleib draußen. Dennoch konnte Rin einen kurzen Blick erhaschen. Agash lag erschöpft in ihrem Bett, in den Armen hatte sie ihr Neugeborenes. Es hatte wie sie lavendelfarbene Haare. „Es ist, wie schon vermutet, ein Junge.”, berichtete Agares. Sie und Ankou waren fast so zerzaust wie Agash. Amon setzte sich neben seine Frau auf das Bett und nahm vorsichtig sein Kind entgegen. „Wie nennt ihr ihn?”, fragte Ankou. „Forcas.”, antwortete Amon abwesend, offenbar noch immer von der plötzlichen Ankunft seines Sohnes überrumpelt. Seine Töchter waren genauso aufgeregt. Lucifer nickte den anderen zu. „Lassen wir ihnen jetzt mal Zeit für sich.” Astaroth gab noch schnell Jestan ab, dann schlossen sie leise die Tür. „Ich glaube, ich verzichte auf Kinder.”, murmelte Ankou. „Das Danebensitzen war schon schlimm genug!” „Gehen wir wieder ins Bett.”, schlug Shax vor. „Wenn sie uns brauchen, können sie rufen.” Alle waren einverstanden. Shax nickte Rin kurz zu, dann trennten sich ihre Wege. Der Nephilim kletterte in sein Bett und diesmal schlief er fast sofort ein. 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