Ein unverhofftes Familientreffen von Himikko ================================================================================ Kapitel 12: Warum keiner Ratstreffen mag ----------------------------------------  "Also nur um das nochmal klarzustellen. Liliths Anhänger haben den Exorzisten Orden genau unter Samaels Nase infiltriert, Gelder gestohlen um sich die Jagd zu erleichtern und es gibt eine Liste mit allen für die Blutjagd gezeugten Nephilim inklusive Aufenthaltsort, Hintergrund und Missionsstatus in einem Ordner auf dem Hauptserver des Vatikans?!" Azazel seufzte. "Zum dritten Mal Egyn, ja!" "Aber wie-" "Schluss jetzt, wir reden nachher weiter. Mitten im Ratssaal ist nun wirklich der letzte Ort, wo ihr sowas besprechen solltet!", flüsterte Lucifer. Gut, flüstern war eine Übertreibung, es war eher gedämpftes lautes Reden. Wenn es so etwas überhaupt gab. Sie hatten vor wenigen Minuten den Ratssaal betreten, welcher bereits rammelvoll war. Je nach Anlass des Treffens kam es durchaus vor, dass mehrere Ratsmitglieder nicht kamen, doch diesmal war jeder hier. Die jeweiligen Stellvertreter der Baal (bis auf Valefor natürlich) waren anwesend, sowie sämtliche Vertreter der Adelsfamilien und die Generäle der Armeen. Sie alle tuschelten miteinander, manche redeten in normaler Laustärke während andere einfach nur stumm auf ihren Plätzen saßen oder an Wänden lehnten. Die Anspannung und Paranoia waren praktisch greifbar. Das letzte Mal, dass eine solche Stimmung geherrscht hatte, war als Liliths Rebellion ausbrach. Hoffentlich würde dieses Treffen nicht auch so sehr außer Kontrolle geraten wie damals. Lucifer sah sich weiter gedankenverloren im Raum um. Wo steckten Samael und Amaimon? Andras, Oriax, Ipes, Leraje....' Er stockte als er eine junge Frau bemerkte. Ihre Kleidung verrieten ihren Status als Aristokratin. Sie hatte lange dunkelviolette Haare, welche einen gewissen Kontrast zu ihrer blassen Haut bildeten und grüne Augen in denen eher Amüsement als Sorge lag. Sie unterhielt sich mit Ose ohne der angespannten Stimmung irgendwelche Achtung zu schenken. Stattdessen zierte ein selbstgefälliges Lächeln ihre Lippen als wüsste sie etwas, was sonst keiner ahnte. Lucifer kannte dieses Lächeln (oder auch in Grinsen) nur allzu gut, wenn auch nicht von ihr... "Oh. Oh.", murmelte er unbewusst. "Was?", fragte Iblis. Der Dämonenkönig antwortete nicht sondern nickte in die Richtung der Dämonen. "Oh. Oh.", echoten auch seine Brüder als sie seinem Blick folgten. "Samael wird durchdrehen.", kommentierte Astaroth kopfschüttelnd. "Was bei allen Erzdämonen treibt Indra hier?!", fragte Iblis überrumpelt und betrachtete die Mutter seines älteren Halbbruders entgeistert. "Habt ihr es nicht gehört?", fragte Beelzebub verwundet. "Sie wird das neue Oberhaupt ihres Hauses." "Ich dachte, ihr Bruder sollte zum Erben erklärt und sie verheiratet werden?", antwortete Egyn verwundert. "Ursprünglich ja, aber sie konnte ihren Vater wohl doch noch umstimmen. Scheinbar hat ihr Bruder irgendwas vergeigt und sich damit in Misskredit gebracht. Sie selbst hat ja schon einiges an Einfluss und Macht mit ihrer letzten Heirat gewonnen." "Ja, vor allem wenn man bedenkt, dass ihr Mann praktischerweise ganz schnell das Zeitliche gesegnet hat, sodass sie alles übernehmen konnte. Vergiftet, nicht wahr? Und sie wissen bis heute nicht wer es war.", grummelte Egyn düster. "Du glaubst, dass es Indra war." "Wer denn sonst?! Ich würde es ihr zutrauen!" Lucifer seufzte. "Es bringt nichts Anschuldigungen ohne Beweise zu erheben, also lass es gut sein. Nur weil sie jetzt hier ist, muss das nicht gleich Probleme bedeuten." Astaroth schnaubte. "Bis sie auf Samael trifft, dann fliegen wieder die Fetzen." "Tu doch nicht so als ob dich das stören würde.", lachte Iblis. "Willst du mit Samael in einem Gebäude leben wenn er schlechte Laune hat?!" "....Auch wieder wahr." Glücklicherweise beendeten die beiden Dämonen ihr Gespräch und Indra verschwand in der Menge. Nur wenige Minuten verstrichen als endlich Samael, Amaimon und Berith den Raum betraten. Berith sah aus wie ein typischer Arschloch-Adliger. Er war mindestens zehn Zentimeter kleiner als Samael, hatte violette Augen und schulterlange dunkelblaue Haare welche er meist zusammenband. Er hatte außerdem einen Henriequatrebart. Die Baal wussten nicht allzu viel über seine Vergangenheit außer, dass er der Anführer einer der erfolgreichsten Diebesbanden des Reiches gewesen war. Er und seine Bande hatte den Einwohnern in Samaels Reich allerhand Kopfschmerzen bereitet und schienen nicht zu fassen zu sein bis sie eines Tages doch das Glück verließ. Samael sollte ihr Schicksal entscheiden, doch anstatt sie zu bestrafen, bot er ihnen an für ihn zu arbeiten. Er war beeindruckt von den Fähigkeiten der Gruppe gewesen, insbesondere Berith. Seine Unterweltkontakte waren äußert wertvoll und schon bald wurde er zu Samaels rechte Hand und zum Spionagemeister des Rates. Seine Bande jedoch war bei einer Mission ums Leben gekommen. So oder so, Berith war nicht sonderlich beliebt im Rat. Er teilte mit Samael eine gewisse Vorliebe für Wetten und 'Unterhaltung', jedoch war er wesentlich ruchloser. Sicher, der König der Zeit hatte mit seinen Machenschaften auch schon einiges angestellt, aber es hatte nie einen bleibenden Schaden für seine Familie oder Gehenna hinterlassen. Berith dagegen handelte ohne Rücksicht auf Verluste. Er sah oft auf andere Ratsmitglieder herab und stellte sie bloß, auch ließ er meist andere seine Drecksarbeit erledigen oder schob seine Fehler auf andere. Lucifer selbst sah ihn als Gefahr. Es war kein Geheimnis, dass Berith wahnsinnig ehrgeizig war und stets versuchte Vorteile aus momentanen Situationen zu ziehen. Er würde es dem ehemaligen Dieb durchaus zutrauen sie im Schlaf zu ermorden. Hoffentlich war sich Samael bewusst, was für ein Risiko er einging. Zu ihrer Erleichterung schien Berith nicht daran interessiert sich mit ihnen zu unterhalten (oder besser gesagt sie zu nerven), sondern er verschwand in der Menge. Amaimon und Samael gesellten sich währenddessen zu ihnen. "Na endlich.", murmelte Iblis. "Man sollte doch meinen, du wärst als König der Zeit pünktlicher." "Hallo auch an dich~. Ich war noch bei Rin wenn du es unbedingt wissen willst. Abgesehen davon hat das Treffen noch nicht einmal angefangen." "Wo steckt Vater überhaupt?", fragte Iblis. "Er ist bei unserem kleinen Bruder~." "Ernsthaft? Hält er das wirklich für eine gute Idee?", fragte Astaroth stirnrunzelnd. "Früher oder später muss er mit ihm reden. Er kann ihm nicht ewig ausweichen.", gab Beelzebub zu bedenken. "Na ja, dann ist es diesmal immerhin nicht meine Schuld wenn mal wieder was brennt...", murmelte Iblis. Amaimon wechselte schnell das Thema. "Wir haben gehört, was in Assiah passiert ist....Habt ihr diese Blutjäger gefunden?" Iblis nickte. "Japp und momentan hocken sie im Tartaros. Sie werden bereits...befragt, aber ich schätze ich nehme das nach der Versammlung selbst in die Hand." "Und wenn sie nicht nachgeben?", fragte Azazel, die Antwort bereits erahnend. Ein grausames Grinsen stahl sich auf Iblis Gesicht. "Dann übergebe ich sie an Alastor und stelle ihm frei alles mit ihnen zu tun was er will.~" "Autsch.", kommentierte Beelzebub. "Wären sie keine Blutjäger könnten sie einem fast leidtun." Lucifer stimmte im Stillen zu und sein Blick huschte zu Alastor, welcher in einer stillen Ecke an der Wand lehnte. Keiner wagte es ihn anzusprechen und das aus gutem Grund. Er war nicht nur Satans rechte Hand sondern zusätzlich sein oberster Vollstrecker. Allein sein Auftreten schreckte viele ab. Er war zwei Meter groß, muskulös und von Narben übersät. Seine schwarzen Haare hatte er sich überwiegend kurz geschoren, der Rest bildete einen kurzen Pferdeschwanz. Wie viele Dämonen aus Iblis Reich, hatte er gebräunte Haut, auf der Stirn prangte eine rot-schwarze Tätowierung und in seinen roten Augen schien Höllenfeuer zu brennen. Wie immer trug er seine schwarze Rüstung und sein Langschwert. Nur eine Sache war noch furchteinflößender und zwar sein Charakter. Tatsächlich war er einer der wenigen Vertreter bei denen die Dämonologie der Menschen ziemlich präzise war. Von allen Dämonen in der höllischen Grube war Alastor wohl der grausamste von allen, besonders in seinem Sadismus. Je mehr Schmerz er verursachen konnte, desto glücklicher war er, jedoch arbeitete er nicht nur mit physischem Schmerz; er war auch sehr effektiv bei mentaler Tortur und Stress. Er sah Folter als eine exquisite Kunst an und genoss es geduldig zu sein und die Momente in denen er seine Opfer leiden ließ, auszukosten. Er hatte sogar seine eigene Gruppe geformt, bekannt als der "Malebranche", bestehend aus 12 Elitedämonen, welche seinen Geschmack an sadistischer Qual teilen. In anderen Worten: die meisten machten einfach einen großen Bogen um ihn. Viele der Gefangenen brachen einfach zusammen und gestanden alles wenn ihnen mit Alastor gedroht wurde. Satan war wohl der einzige, der noch größere Angst verbreiten konnte. Es war also nur eine Frage der Zeit bis Stihi und Aym gestehen würden. Dieser Gedanke beruhigte den ältesten Baal sehr. Einige weitere Minuten vergingen, dann schwang die Doppeltür erneut auf und Satan betrat den Raum. Beinahe sofort verstummten sämtliche Gespräche im Raum. Es bedurfte keines Genies um festzustellen, dass der Herrscher Gehennas schlecht drauf war. Das konnte eigentlich nur bedeuten, dass einer der Baal wieder mal etwas angestellt hatte oder das Treffen mit Rin nicht sonderlich gut verlaufen war. Lucifer tippte auf letzteres und warf seinem Vater einen fragenden Blick zu, welchen er gekonnt ignorierte. "Es sind also alle da?", unterbrach er die Stille. Niemand antwortete, einige besonders Mutige nickten jedoch. Sie wussten es besser als den Dämonengott unnötig zu reizen. "Gut, dann fangen wir an." Größtenteils wortlos nahmen die Ratsmitglieder ihren Platz ein, einige tuschelten untereinander, verstummten jedoch als Satan erneut zu sprechen begann. "Ich denke ich muss niemanden erklären warum ich diese Krisensitzung einberufen habe. Selbst jene, die nicht regelmäßig an unseren Versammlungen teilnehmen...." Er hielt kurz inne und warf den Betreffenden einen strafenden Blick zu, woraufhin sie schluckten. "....dürften die Ereignisse in den letzten Monaten nicht entgangen sein. Es gab Attentate auf Adlige, Zivilisten sind verschwunden darunter auch viele Kinder oder wurden tot aufgefunden. Manche waren vollkommen blutleer. Hinzu kommen noch die Angriffe verschiedenster Kreaturen und Völker auch wenn sie normalerweise friedfertig sind und die Naturkatastrophen." Er hielt kurz inne als zustimmendes Murmeln erklang, dann fuhr er fort. "Der neueste Zwischenfall ist ein erfolgreiches Attentat auf drei Ratsmitglieder: Valefor, Moloch und Bael." Nun erhoben sich einige Stimmen und begannen durcheinander zu reden. Sie wussten zwar von dem Attentat, aber kannten nicht die Identitäten der Opfer. Nun waren ausgerechnet drei mächtige Dämonen getötet worden, einer von ihnen war sogar der Stellvertreter eines Dämonenkönigs. Lucifer warf einen kurzen Blick zu Beelzebub. Der Insektenkönig verzog zwar keine Miene, aber seine Brüder wussten, dass ihn Valefors Tod durchaus getroffen hatte. Sie selbst hatten ihn nicht besonders gut gekannt, da er es stets bevorzugte allein zu sein oder seine Zeit in den Insektengruben verbrachte. Gerüchten zufolge hatte er früher seine Kreationen an die Unterwelt verkauft und somit immer neue verrücktere und gefährlichere Arten gezüchtet. Schlussendlich waren Lucifer diese Gerüchte egal. Beelzebub hatte Valefor vertraut und er hatte seinen Job stets gewissenhaft und sorgfältig erledigt. Er zwang sich in die Realität zurück als sein Vater erneut anfing zu sprechen, diesmal verstummte das Getuschel nicht vollkommen. Das würde eine laaaaange Sitzung werden. .............................................................. Satan ignorierte das Geflüster um ihn herum. Er hatte mit einer solchen Reaktion gerechnet und er bezweifelte, dass sich die Dinge im Verlaufe der Versammlung bessern würden. Also half nur: Augen zu und durch. Möglichst ohne Ratsmitglieder einzuäschern. Das würde nicht leicht sein. Scheiße. Er wandte sich an Shax und Agares, welche seinen Monolog bisher stumm verfolgt hatten. "Ihr habt euch die Leichen angesehen. Konntet ihr die Todesursache feststellen?" Die Heiler nickten und erhoben sich. Alle Augen richteten sich auf sie. "Unsere Vermutung hat sich bestätigt. Alle drei wurden vergiftet.", verkündete Shax düster. Satan stellte schnell die nächste Frage bevor das Getuschel richtig Fahrt aufnehmen konnte. "War es euch möglich die Art des Giftes festzustellen?" Agares nickte. "In der Tat. Es handelt sich um Naga-Gift." Das war mehr als ungewöhnlich. Naga waren Schlangendämonen welche zwischen ihrer Schlangen- und Menschengestalt (meist wählten sie ein Mittelding, also einen menschlichen Oberkörper und statt Beine einen Schlangenschwanz) beliebig hin und her wechseln konnten. Was jedoch noch bemerkenswerter war, war ihre Tödlichkeit. Ihr Blut, ihre Krallen, Zähne und damit ihr Speichel (angeblich auch ihre Haare) enthielten das tödlichste Gift, was es gab. Ein kleiner Kratzer verursachte furchtbare Schmerzen und konnte sogar töten. Naga selbst waren natürlich gegenüber jeglichem Gift immun. Sie gehörten zu den Schöpfungen Liliths, weswegen sie sich damals dummerweise auf ihre Seite gestellt hatten. "Aber das würde das Aufspüren des Täters doch wesentlich einfacher machen.", mischte sich ein Dämon ein. Satan sah nicht wer es war, aber von der Stimme her, konnte es nur Orobas sein. "Es gibt nur noch wenige Naga, eine Handvoll arbeitet im Palast. Der oder die Schuldige dürfte sich dann schnell finden!" "Das dachten wir ebenfalls.", seufzte Shax. "Wir haben sie alle befragt, aber von ihnen kann es keiner gewesen sein-" "Das ist unmöglich!", unterbrach ihn eine Dämonin, namens Namrael. "Ihr müsst einen Fehler gemacht haben! Abgesehen davon kann man den Naga nicht vertrauen!" "Warum gab es dann noch nie zuvor Zwischenfälle?", mischte sich nun eine Erddämonin ein. "Sie haben sich alle der Situation angepasst und nie Probleme bereitet!" "Wer hat dich denn gefragt?!" "Wir sind alle Möglichkeiten durchgegangen.", erklärte Agares. "Keiner von ihnen befand sich in der Nähe oder hatte die Zeit das Attentat auszuführen." "Dann hatten sie eben Hilfe!" Satan wollte sie soeben abwürgen als eine Frau ihm zuvorkam. "Die Naga sind unschuldig. Höchstwahrscheinlich versucht man sie zum Sündenbock machen." Überrascht wandten sich die Streitenden an die Sprecherin auch Satan, jedoch hatte er die Stimme längst erkennt. Indra. Was machte bitte einer seiner Exfrauen hier? Aeshma war doch wohl hoffentlich nicht auch hier! Aus dem Augenwinkel bemerkte er , wie sich Samaels Gesicht verdüsterte, jedoch überspielte er es bevor es jemand merkte. Satan fing sich ebenfalls schnell wieder und schaffte es seine Stimme neutral klingen zu lassen. "Und wie kommst du darauf Indra?" Sie lächelte (es war eher ein Grinsen), scheinbar die Aufmerksamkeit genießend. "Bei allem Respekt, aber glaubt Ihr wirklich die Naga sind so töricht etwas zu verwenden, was wir mit ihnen in Verbindung bringen würden?" "Ach ja? Wer steckt dann dahinter und wo haben sie das Gift her?", frage Namrael bissig. "Es stimmt zwar, dass es nicht einfach ist Naga-Gift zu beschaffen, jedoch gibt es mehrere kleine Vorräte, welche zu Forschungszwecken verwendet werden. Ich nehme an hier im Palast gibt es ebenfalls  einige?", fragte Indra die beiden Heiler mit einem leisem selbstzufriedenen Grinsen. Natürlich war dies nur eine rhetorische Frage, sie kannte die Antwort. Offiziell war sie jedoch nie mit Satan zusammen gewesen und hatte nie Kinder gehabt. Es gab zwar Gerüchte, dass sie Samaels Mutter war, doch ihre und Satans Familien schwieg diesbezüglich. Demzufolge musste sie diese Frage stellen um nicht selbst verdächtig zu wirken, immerhin war es nicht selbstverständlich derartiges Gift vorrätig zu haben. Andras schien es dennoch misstrauisch zu machen. "Interessant, dass Ihr über so etwas Bescheid wisst. Ihr scheint generell viel von Giften zu verstehen, nicht wahr? Seltsamerweise konntet Ihr jedoch nichts für Euren verstorbenen Mann tun." Jeder verstand was er implizierte. Indra lächelte nur herablassend. "Wollt Ihr mir wirklich Mord anhängen? Nur weil ich mich mit Giften auskenne? Beschuldigt Ihr etwa auch Schmiede des Totschlages, weil sie Waffen herstellen?" Sie lachte. "Ihr solltet wirklich niemanden ohne Beweise beschuldigen. Außerdem habe ich keinen Grund Ratsmitglieder zu töten." Sie schaute in die Runde. "Was die Täter betrifft....es ist offensichtlich, nicht wahr?" Andras schnaubte. "Dann spuckt es endlich aus!" Indra ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. "Die meisten in diesem Raum vermuten es doch bereits, die Anzeichen sind eindeutig. Die blutleeren Toten? Höchstwahrscheinlich Alukah. Die Leute die scheinbar an zwei Orten gleichzeitig sind? Dahinter könnten nur Gestaltwandler stecken also ist dies das Werk der Rakshasa. Das Gleichgewicht der Flora und Fauna ist vollkommen durcheinander. Alles deutet auf Liliths Anhänger hin." Nun hatte sie endlich das ausgesprochen, was die meisten bereits befürchteten und die Ratsmitglieder begannen nervös zu tuscheln. Satan schwieg für eine Sekunden bis sie sich wieder beruhigt hatten, dann begann er zu sprechen. "Indras Vermutung ist korrekt. Liliths Gefolgschaft arbeitet an ihrer Rückkehr. Sie haben teilweise sogar in Assiah Fuß gefasst und veranstalten Blutjagden." Die Infiltrierung der Exorzisten ließ er vorerst aus, sie würden sonst nur wieder Krieg verlangen. "Außerdem sind bereits mehrere Siegel beschädigt. Wir haben also einen oder mehrere Verräter im Rat." "Dann tippe ich auf Indra!", rief Namrael. "Sie wusste ja offensichtlich von dem Gift!" 'Und schon geht es los mit den Anschuldigungen...' Satan fiel erst jetzt ein, dass ihr Haus und Indras Haus Rivalen waren. Indra schnaubte. "Hast du wirklich nichts besseres zu tun als Beleidigungen und sinnlose Anschuldigungen um dich zu werfen? Das steht dir nicht, meine Liebe!" "Ach ja? Sowas billiges wie du-" "Ich bin also billig? Süße, du bist gratis." Einige begannen zu lachen, andere begannen ebenfalls Anschuldigungen auszusprechen oder sich mit anderen zu streiten während der Rest stumm dahockte und sich weit weg wünschte. 'Ganz ruhig Satan, denke an deinen Blutdruck...', redete sich der Dämonengott ein. Ach, scheiß drauf. "RUHE!", donnerte er. Sofort war absolute Stille im Raum, man hätte eine Feder fallen hören können. "Ich habe euch nicht herbestellt damit ihr euch gegenseitig beschuldigt oder wie ein Haufen Kinder streitet!" Zustimmendes und entschuldigendes Murmeln erklang. Schließlich durchbrach Oriax die Stille. "Warum ausgerechnet jetzt? Sie wird doch wohl kaum so lange gebraucht haben um sich erholen. Worauf hat sie gewartet? Was hat sich geändert?" "Wenn einer von euch 'Hochgeborenen' einmal seinen Schädel verwenden würde um nachzudenken anstatt sich Stolpersteine für seine Rivalen zu überlegen, würden wir zur Abwechslung mal mit diesen Diskussionen was erreichen!", knurrte Alastor plötzlich, sichtbar gereizt. Alle wandten ihre Aufmerksamkeit ihm zu. Normalerweise hockte er stumm in seiner Ecke und wirkte bedrohlich. Es war kein Geheimnis, dass er extrem wenig von Adligen hielt, da diese mit allen Privilegien geboren worden waren, anstatt es sich zu erarbeiten oder gar zu erkämpfen. Die so ziemlich einzige Person im Raum auf die er hörte und respektierte, war Satan. Er nahm nicht mal von den Baal Befehle entgegen, was einerseits daran lag, dass sie ihre Stellung durch ihre Geburt erhalten hatten, andererseits weil er fast so alt wie Satan war und es nicht akzeptierte Befehle von 'Welpen' zu befolgen. Bis zu einem gewissen Grad tolerierte Satan dies, doch nur wenn er sich nicht öffentlich widersetzte. "Und was ist dieser Grund? Erleuchtet uns doch bitte~!", antwortete Berith hämisch. Alastor warf ihm einen abschätzigen Blick zu bevor er antwortete. "Sie schlägt jetzt zu, weil Satan nicht mehr der einzige ist, der sie befreien kann. Sie ist auf seinen Halbblut-Bastard aus und wenn man bedenkt, dass er mit den Exorzisten im Bunde steht, wird er nicht lange überlegen!" Stille herrschte, noch bedrückender als zuvor. Viele warfen Satan und den Baal nervöse Blicke zu, andere entwickelten plötzliches reges Interesse an der Architektur des Raumes. War. Das. Sein. Verdammter. ERNST?! Äußerlich zeigte Satan keine Regung, innerlich tobte er. Dass Rin früher oder später Bestandteil der Diskussion sein würde, war nur zu erwarten gewesen, aber ihn direkt als Feind hinstellen?! Was dachte er sich dabei?! Ankou war die erste, die sprach. "Ihr sprecht da einiges an Behauptungen aus, Lord Alastor. Ihr beschuldigt ein Mitglied der Königsfamilie des Verrates, dabei beruht das meiste nur auf Gerüchten." "Wenn es aber stimmen sollte was er sagt....", murmelte Ose. Satan erkannte, dass ihm keine Wahl bleib. Er musste das jetzt klären oder es würde gefährlich für Rin werden. Zwar konnte der Rat nicht über ihn entscheiden, doch wenn sie ihn als Gefahr ansahen, könnten sie stets versuchen ihn heimlich zu beseitigen. "Es ist wahr, dass mein zweitjüngster Sohn meine Flammen geerbt und bevor jemand fragt: ja ich habe noch einen weiteren Sohn, aber er ist vollkommen menschlich also bleibt er außen vor." "Und die Gerüchte, dass er sich den Exorzisten angeschlossen hat?", hakte ein Wasserdämon nach. 'Und los geht der Spaß...' "Die stimmen ebenfalls." Chaos brach aus. Alle redeten durcheinander, riefen Fragen oder Drohungen und ließen sich nicht beruhigen. "Ein Nephilim hat die Flammen geerbt? Lächerlich!" "So etwas wie er könnte eh nie herrschen!" "Warum haben die Exorzisten ihn nicht umgebracht?!" "Verdammter Verräter...traue niemals einem Halbblut!" "Was soll das jetzt schon wieder heißen?!" "Töten wir ihn!" "Hast du sie noch alle?!" Wie er Ratstreffen verabscheute. Das einzige was ihn noch mehr nervte, waren öffentliche Ferien an denen er sich leider nicht immer vorbei mogeln konnte. Musste er sie denn wirklich immer daran erinnern, dass er das Sagen hatte? "HALTET JETZT ENDLICH DIE KLAPPE!" Gut, das war nicht die eleganteste Art, aber immerhin war jeder still. Die hervorschießenden Flammen machten es auch nochmal um einiges einfacher. "Normalerweise würde ich euch zustimmen. Es ist Verrat wenn ein Dämon den Exorzisten hilft. Jedoch liegen hier....besondere Umstände vor." Er konnte die Ungeduld auf ihren Gesichtern sehen, doch keiner wagte zu sprechen. Als Aschehaufe enden wollte niemand. Schlussendlich wagte es Agares dennoch eine Frage zu stellen. "Versteht diese Frage bitte nicht als Angriff, Sire....warum wurde er nicht getötet? Der Vatikan hat immerhin auch seine Mutter..." Sie stockte, wohl wissend dass sie sich auf gefährlichen Terrain bewegte. "Es stimmt, dass der Vatikan alle drei tot sehen wollte." , beteiligte sich nun Samael. Er wandte sich an Satan. "Wenn du erlaubst, Vater...?" "Sicher." Wahrscheinlich sollte er die Erklärungen diesbezüglich wirklich seinem zweitältesten Sohn überlassen. Er selbst wählte meist einen Mittelweg, also ein paar Lügen gemischt mit der Wahrheit, während Samael die Kunst einen Schimmer Wahrheit mit einem Haufen Lügen glaubwürdig klingen zu lassen und auch noch damit durchzukommen, perfektioniert hatte. Normalerweise ging ihm diese Angewohnheiten tierisch auf die Nerven auch wenn er die meisten Lügen erkannte. Diesmal würde es allerdings ein Vorteil sein. Samael wandte sich dem restlichen Rat zu. "Als der Vatikan von der Schwangerschaft erfuhr, sollte sie mit ihren Kindern getötet werden. Ich wurde zusammen mit Shiro Fujimoto los geschickt um sie mit Kurikura zu beseitigen. Eigentlich wollte ich die beiden nach Gehenna bringen und notfalls Shiro töten, aber es gab Probleme. Der jüngere von beiden - Yukio - war ein Mensch, er würde also nicht lange in Gehenna überlegen. Rin dagegen hatte die Flammen, aber ihre Macht war zu viel für ihn, er wäre in kürzester Zeit gestorben. Ich hatte also keine andere Wahl als sein Dämonenherz zu versiegeln und ihn menschlich zu machen. Natürlich konnte ich es nicht verantworten einen versiegelten Halbdämon nach Gehenna zu bringen, er wäre gestorben also musste ich ihn leider in Assiah lassen." 'Wow, was für einen Haufen Mist, den er da auftischt und auch noch mit ernstem Gesicht. Man könnte wirklich meinen, dass das der Grund war." , dachte Satan grimmig. Widerwillig musste er zugeben, dass er durchaus beeindruckt war. Er selbst konnte genauso gut lügen, aber Samael war wesentlich jünger und bekam es trotzdem hin. Sollte ihm das Sorgen bereiten? Eventuell. "Und Fujimoto hat das einfach so hingenommen?", hakte Ankou nach. "Glaubt es oder nicht: er war es, der sich weigerte sie zu töten. Scheinbar konnte er sich nicht dazu bringen Neugeborene zu töten, zumal er auch noch mit deren Mutter befreundet war. Ich habe also die Chance genutzt, ihm eine kleine Wette vorgeschlagen und schon hatte ich jemanden der sich um sie kümmert. Ich selbst konnte das nicht übernehmen, weil der Vatikan hellhörig geworden wäre wenn ich mich freiwillig um zwei Kinder kümmere." "Das klingt...einleuchtend.", murmelte jemand und die meisten stimmten zögerlich zu. Alastor und einige andere Dämonen sahen nicht überzeugt aus, waren jedoch nicht so dumm es auszusprechen. Schließlich meldete sich Belial zu Wort, welcher den Tartaros leitete. "Das ist ja alles schön und gut, aber das bedeutet auch, dass der Paladin ihn jahrelang-" "Und genau da wird es interessant.", unterbrach ihn Samael mit seinem typischen Grinsen. "Shiro hat Rin nie etwas gesagt. Bis vor kurzem hatte er keine Ahnung von seiner Herkunft oder Gehenna. Er ist in vielerlei Hinsicht vollkommen ahnungslos." "Er hat also all die Jahre trivial als Mensch gelebt?", fragte Indra nachdenklich. "Wie...prekär." "Ihr wollt uns wirklich weismachen, dass der Paladin auf die Gelegenheit verzichtet hat sich eine Waffe gegen uns zu sichern? Für wie dumm haltet ihr uns?!" knurrte eine Feuerdämonin deren Name Satan grad nicht einfallen wollte. Na egal. "Shiro war nicht wie die anderen Exorzisten.", mischte sich Azazel ein. "Er vertrat die Ansicht, dass Vergängliche und Dämonen zusammen leben können." "Warum hat er sich dann schlussendlich den Exorzisten angeschlossen?", fragte Leraje. "Weil wir Rin nach Hause holen wollten und Fujimoto dabei getötet wurde.", antwortete Satan ruhig. "Besser gesagt, hat er Suizid begannen als ich von ihm Besitz ergriff." "Er hat sich töten können obwohl er von Euch übernommen war?", fragte Ankou mit einem Hauch von Anerkennung in der Stimme. "Ja und dummerweise hat Rin alles gesehen. Er hält die Dämonen nur für das Problem, weil er es nicht besser weiß." "Und wie wollt Ihr ihm das Gegenteil beweisen?", fragte Indra. "Der Vatikan weiß inzwischen wer er ist und haben ihn nur am Leben gelassen, weil sie ihn als Waffe einsetzten wollten also habe ich ihn hergeholt." "Ihr habt ihn hergebracht?!", entfuhr es Nybbas. Satans Blick durchbohrte ihn. "Muss ich mich jetzt seit neuesten vor euch rechtfertigen?" "N-natürlich nicht, S-Sire...ich meinte nur....", er brach ab, Satans Blick nicht länger ertragend. "Er wird früher oder später begreifen, dass wir nicht die Feinde sind. Außerdem ist er nach wie vor versiegelt, er stellt keine Gefahr dar." "Und was wenn doch? Er könnte sowohl Gehenna als auch Assiah ins Verderben stürzen-" Iblis schnaubte. "Hah! Der ist doch noch ein Kind! Wenn der sowas zustande bringt, dann küsse ich Egyn!" Der Blick des Wasserkönigs verriet, dass er die Einstellung seines Bruders nicht teilte, blieb jedoch still. "Abgesehen davon weiß er gar nicht was er mit seinen Kräften alles anstellen kann, geschweige denn wie er sie nutzen soll.", steuerte Beelzebub bei. "Er stand hier unter ständiger Beobachtung und es ist mehr als offensichtlich geworden, dass er keine Ahnung hat was ihn ihm steckt." "Wie alt ist er überhaupt?", fragte eine Dämonin. "Er wird dieses Jahr 16.", antwortete Samael. "16?!" Samael zuckte mit den Schultern. "Menschen leben nicht mal ein Jahrhundert. Als Halbblut altert er bis er sein unsterbliches Alter erreicht, vollkommen normal." Alastor verschränkte seine Arme, sagte jedoch nichts. Auch die restlichen Dämonen schwiegen. "Wenn wir das geklärt haben, können wir ja weiter machen.", sagte Satan. Zumindest eine Sache die halbwegs gut verlaufen ist. ........................................................ Rin lag auf seinem Bett und starrte die Decke an. Seit Satans Besuch hatte er seine Ruhe gehabt. Scheinbar waren wirklich alle Mitglieder der Königsfamilie bei diesem Ratstreffen. Er hatte eigentlich geglaubt erleichtert darüber zu sein, doch inzwischen musste er sich eingestehen, dass ihm stinklangweilig war. Er hatte sich vorgestellt in Gehenna in ständiger Angst zu leben, nur Schmerz, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit zu verspüren doch nun sehnte er sich beinahe nach Gesellschaft. Vorhin war Agares kurz vorbei gekommen und hatte ihm endgültig die Verbände abgenommen, sodass er endlich duschen gehen konnte. Danach hatte er sich wieder auf das Bett geworfen. 'Ich frage mich worum es in dieser Versammlung geht...", überlegte er. 'Was ist das überhaupt für ein Rat? Ich dachte immer Satan und die Baal herrschen absolut über Gehenna...zumindest glaube ich, dass es absolut war, ich habe in Geschichte nie wirklich aufgepasst. Andererseits weiß der Orden so gut wie gar nichts über Gehenna. Waren überhaupt schon mal Menschen hier?' Er erschauderte als ihm Azazels Worte einfielen. Falls sich Menschen ob nun Exorzist oder nicht jemals her verirrt und auf der Speisekarte der Dämonen geendet waren.... Er schob den Gedanken schnell beiseite. Jetzt sollte er wirklich nicht über so etwas nachdenken! Seufzend setzte er sich auf. Er wünschte sich fast, dass einer Baal oder Shax und Agares vorbeikamen. 'Eigentlich schienen sie ganz in Ordnung zu sein und es würde die Langeweile vertreiben-' Moment...wo kam das bitte her?! Kopfschüttelnd stand er auf. Dieses ganze Grübeln brachte ihm gar nichts, seine Gedanken drehten sich nur im Kreis. Er dachte an das, was Satan ihm gesagt hatte. Wenn er nicht gelogen hatte -und leider hatte Rin das Gefühl, dass er die Wahrheit gesprochen hatte- konnte er nie nach Assiah zurückkehren außer er würde sich erschießen, verbrennen, kreuzigen oder wie auch immer man laut Regelbuch den Sohn Satans hinzurichten hatte, lassen wollen. Er dachte erneut an Yukio, seine Freunde und an Kuro. Er vermisste sie wahnsinnig. Vermissten sie ihn auch so sehr oder waren sie froh ihn los zu sein? Yukios Worte kamen ihm in den Sinn. Er hatte das nur im Eifer des Gefechts gesagt, richtig? Er vermisste ihn doch bestimmt auch? Rin beschloss, dass es so sein musste. Sie waren Zwillinge, sie hatten sich immer nahe gestanden! Warum fühlte es sich dann so an als würde er sich das einreden? 'Schluss jetzt!', rügte er sich. 'Ich sollte nicht so schwarz sehen. Ich lebe noch, werde hoffentlich nicht so schnell den Löffel abgeben und vielleicht kann ich doch irgendwie nach Hause ohne gleich umgebracht zu werden. 'Aber du bist doch längst zuhause...du hast endlich eine Familie, wirst nie wieder für deine Herkunft diskriminiert...warum willst du zurück?', schien ihm eine Stimme zuzuflüstern. Rin ignorierte sie. Er wusste nicht wo diese Gedanken herkamen, es war ihm ohnehin egal. Er brauchte jetzt wirklich eine Beschäftigung sonst würde er noch durchdrehen! Zögerlich begann er sich im Raum umzusehen. In den Bücherregalen waren (Wer hätte es gedacht?) verschiedenste Bücher mit einer großen Reichweite an Themen. Er erkannte Geschichtsbücher, Bücher über Dämonen, Assiah und über verschiedene Kreaturen. Einige waren auf Japanisch, er erkannte aber auch Englisch, Russisch, Latein und andere Sprachen aus Assiah. Viele Bücher enthielten jedoch Schrift, welche er noch nie zuvor gesehen hatte, aber dennoch ein Gefühl von Vertrautheit auslöste. 'Das muss Gehennisch sein. Ich hoffe, die erwarten von mir nicht, dass ich das lesen kann?!' Er stellte das Buch zurück ins Regal, griff ein weiteres mit rotem Einband und schlug es auf. Es war scheinbar über verschiedene Kreaturen, welche in Gehenna lebten. Sylvani..Basilisk...Harpyie...Baobhan-Sith (Die hatten doch sicher nichts mit Star Wars zu tun, oder?)...Larvae...Aswang... Er überflog einige Texte. Zwar war er kein großer Bücherfreund, aber er musste zugeben, dass einige von diesen Viechern ziemlich interessant aussahen. Vielleicht würde er sich das später mal genauer ansehen...oder auch nicht. Er legte das Buch beiseite und sah sich weiter um. Viel konnte er in dem Zimmer nicht tun, elektrische Geräte gab es nicht also beschloss er sich seine Sachen näher anzusehen. Er öffnete die Taschen und begann darin zu kramen. 'Hoffentlich haben sie mir nichts weggenommen!' Dies schien jedoch nicht der Fall zu sein. All seine Klamotten und persönlichen Besitztümer waren da, inklusive seiner Manga und Coolness Liste, nur Kurikura fehlte. Er weigerte sich allerdings auszupacken, denn das würde bedeuten er hätte seine momentane Lage akzeptiert! Schließlich zog er das heraus, was er inzwischen als seinen wichtigsten Besitz neben dem Kurikura ansah: ein Fotoalbum. Er, Yukio, Shiro und die Mönche im Kloster hatten es vor Jahren angefangen. Insgesamt gab es drei, eins für Shiro, eins für Yukio und eins für Rin. Die Bilder darin waren seine schönsten Erinnerungen. Wie er zusammen mit Yukio im Hof oder dem Spielplatz spielte, ihre Einschulung, Ausflüge ins Schwimmbad, Trips zu verschiedenen Schreinen, Rin und Shiro beim Kochen und viele mehr. Es war alles was ihm von den alten Mann und nun auch von Yukio und den anderen Klosterbewohnern geblieben war. Gedankenverloren begann er darin zu blättern als plötzlich 2 Fotos herausrutschten. Hatten sie sich gelöst? Er bückte sich, hob die Fotos hoch und betrachtete das oben liegende. Zu seiner Überraschung war darauf eine ihm unbekannte Frau zu sehen. Sie hatte lange braune wellige Haare, türkise Augen und einige Muttermale im Gesicht. Sie saß auf einer Blumenwiese, umgeben von...Dämonen? Dennoch schien sie keine Angst zu haben, im Gegenteil. Sie lachte und genoss die Gesellschaft. 'Sie sieht aus wie...Wo kommt das her?!' Seine Hände zitterten als er das zweite Foto betrachtete. Wieder war die Frau darauf zu sehen, doch diesmal war sie nicht allein. Sie hielt zwei Babys in den Armen, welche in Decken gehüllt waren. Sie wirkte erschöpft, aber glücklich. Rin starrte das Bild an. Das linke Baby war von blauen Flammen umgeben. Es traf ihn wie ein Schlag. Das waren er und Yukio, was bedeuten würde, dass diese Frau... Noch immer mit zitternden Händen drehte er das Bild herum und bemerkte, dass jemand etwas auf die Rückseite geschrieben hatte. Es war ein Datum, gefolgt von einer kurzen Nachricht. Yuri, Rin & Yukio - 24. Dezember 2002    Das sind die einzigen Bilder eurer Mutter, welche noch existieren. Ich habe sie aufbewahrt und dachte mir, dass du sie wahrscheinlich haben möchtest. Euer Großvater hat alle anderen vernichten lassen. Passe also gut darauf auf~! P . S: Sehr reizende Kindheitsfotos! Ich erkenne ganz neue Seiten an dir~! (=∩_∩=) Rin erkannte die Handschrift nach kurzem Überlegen. Meph- nein, Samael. Normalerweise wäre er vor Scham gestorben, denn manche der Bilder waren mehr als peinlich, aber alles was er tun konnte, war die Nachricht, dann die Fotos und dann wieder die Nachricht anzustarren. Seine Mutter. Er spürte wie seine Augen zu brennen begannen, doch er wischte energisch mit dem Ärmel darüber und betrachtete weiterhin die Fotos. Der Alte hatte gelegentlich von ihr erzählt, jedoch waren seine Auskünfte stets äußert vage gewesen. Auch hatten sie nie ihr Grab besucht oder von irgendwelchen anderen Verwandten gehört. Wenn es um ihren Vater gegangen war, war Shiro noch mehr in die Defensive gegangen, was im Nachhinein betrachtet nachvollziehbar war. Irgendwann hatten weder Rin noch Yukio nach ihren Eltern gefragt auch wenn Rin immer neugierig geblieben war. Seufzend schob er die Bilder vorsichtig zurück in das Album und packte es zurück in seine Tasche. Er durchstöberte sie weiter, fand jedoch nichts besonderes außer seinen Wecker, den er eh nie benutzte. Er zeigte 18:30 Uhr an. War es wirklich schon Abend? Ein wenig zögerlich stand er auf und ging zu einem der Fenster. Die Scheiben waren geschwärzt, weswegen er relativ nahe heran treten musste um etwas zu erkennen. Tatsächlich erkannte er, dass die zwei Sonnen (ja Gehenna hatte zwei Sonnen und drei Monde) so gut wie untergegangen waren. Allerdings verspürte er keinerlei Müdigkeit, sein Schlafrhythmus war inzwischen sowieso komplett durcheinander. Entweder konnte er hier also weiter rumsitzen oder er könnte sich einmal draußen umsehen. Dort würden zwar überall Wachen sein, aber immerhin konnte er sich dadurch ein genaueres Bild von seiner Umgebung schaffen, was ihm bei seiner späteren Flucht helfen könnte. Er versteckte seinen Schwanz unter seinem Hoodie, öffnete vorsichtig die Tür und trat auf den Gang. Es herrschte Totenstille. Der Boden bestand aus einem dunkelblau-schwarzem Gestein, darauf lag ein noch dunklerer Teppich. Die Wände waren mit schwarzem Holz verkleidet. Mehrere Fenster, identisch mit denen in seinem Zimmer, zogen sich an der Wand entlang, davor waren dunkelblaue Vorhänge. Um das 'gruslige-Dämonenschloss-direkt-aus-dem-Horrorfilm-Thema' zu vervollständigen, standen mehrere dunkle Rüstungen zwischen den Fenstern, an den Wänden hingen Spiegel mit dunklen und silbernen Rahmen sowie Bilder, welche ihm nicht ganz verständliche Darstellungen boten. Unbekannte Pflanzen standen herum, einige schienen sich sogar zu bewegen. Das Ganze wurden von Kristallen an der gewölbten Decke und Fackeln in der Wand in ein blaues Licht getaucht. Inzwischen schien auch das Mondlicht herein und machte alles noch unheimlicher. Super. Zögerlich wandte er sich nach rechts und begann langsam dem Gang zu folgen. Irgendetwas fühlte sich komisch an. Hatte Satan nicht gesagt, dass Wachen in der Nähe postiert waren? Die hatten ja wohl kaum eine spontane Pause eingelegt! Zu seiner linken war die Wand mit den ganzen Fenstern, zu seiner rechten waren dunkle Türen. Sollte er sich vielleicht in den Räumen umsehen? Die Türen lagen sehr weit auseinander, demzufolge musste der Raum dahinter relativ groß sein und wenn man bedenkt, dass Rins Zimmer auf diesem Flur lag... 'Sind das die Zimmer der Dämonenkönige?' Es war das einzige was Sinn machte, immerhin lagen die Schlafzimmer in einem Schloss nah beinander. So war das zumindest im Film. 'Was soll schon passieren?' Er trat an eine Tür und versuchte sie zu öffnen, nur um festzustellen, dass sie verschlossen war. Er probierte die anderen Türen aus, ebenfalls erfolglos. 'So viel dazu...' Seufzend wollte er weitergehen als er plötzlich von hinten gegriffen wurde. Er wollte schreien, doch sein Angreifer hielt ihm den Mund zu. Rin versuchte sich aus dem Griff zu befreien, doch es gelang ihm nicht. Er erkannte seinen Angreifer als einen Mann, denn er beugte sich hinunter und flüsterte ihm leise etwas ins Ohr. "Ganz ruhig, wir wollen doch keine Wachen alarmieren, oder?" Er lachte auf. "Andererseits sind die meisten ohnehin tot." Warum wollte man ihm einfach keine Pause gönnen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)