Ein unverhofftes Familientreffen von Himikko ================================================================================ Kapitel 3: Willkommen in Gehenna -------------------------------- „...zazel? Azazel! Hey, wach auf!” Azazel kannte diese Stimme. Warum ging sie ihm so früh auf die Nerven? Er wollte einfach nur schlafen, war das denn wirklich zu viel verlangt? „Noch fünf Minuten...”, nuschelte er und drehte sich auf die Seite. „Nix da!”, widersprach die Nervensäge, welche er nun als Egyn erkannte und begann ihn zu rütteln. „Na los, bewege dein faules Hinterteil hoch!” Na gut, er kapitulierte. „So nervig...”, stöhnte der ältere Dämon und richtete sich langsam auf, doch merkte sofort, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Seit wann standen im Palast seines Vaters Bäume? „Wo sind wir?”, fragte er und sah sich um. Dabei erblickte er seine Brüder, welche teils auf dem Boden saßen, teils standen und ebenfalls verwirrt drein schauten. „Das ist nicht Vaters Palast.”, stellte Iblis trocken fest. „Oh und das hast du ganz alleine erkannt?”, erwiderte Samael augenrollend. „Irgendetwas ist schief gelaufen.”, sagte Lucifer, bevor Iblis eine schnippische Antwort geben konnte. „ Wir sind an der falschen Stelle rausgekommen, aber das ist Vater noch nie passiert und normalerweise wird man nicht bewusstlos. Es scheint fast so als hätte die Gehennapforte eine Art Eigenleben entwickelt, aber das ist, soweit ich weiß, unmöglich.” Samael grinste leicht. „Mein lieber Bruder, du solltest dir solche Äußerungen abgewöhnen. Wenn du immer alles für unmöglich erklärst, wirst du es eines Tages sehr bereuen.” Lucifer ignorierte ihn. „Geht es allen gut?” Bejahendes Murmeln erklang. „Wartet...”, meldete sich Amaimon zu Wort. „Waren wir nicht mal zu acht?” Sie sahen sich an und bemerkten, dass der Erdkönig recht hatte. Einer fehlte. „Stimmt, wo ist Asta-”, begann Beelzebub, aber bevor seinen Satz beenden konnte, fiel der vermisste Dämon von dem Baum, auf dem er gelandet war und begrub Samael unter sich. „Was zum-?! Sofort runter von mir!”, knurrte dieser, schubste seinen jüngeren Bruder von sich und richtete sich grummelnd auf. „Großartig, jetzt bin ich dreckig!”   „Bei den Klamotten habe ich dir 'nen Gefallen getan!”, erwiderte Astaroth ungerührt und rieb sich den Kopf. „Autsch, ich glaube da wird mir noch ein Horn wachsen.”   „Was in aller Welt hast du auf dem Baum getrieben?”, fragte Beelzebub, den Kopf schiefgelegt, woraufhin Astaroth die Augen verdrehte. „Tja, ich wollte eben schon immer mal von einem Baum springen und einen von euch platt machen.”   „Kein Grund für Sarkasmus.”   „Ich hab keine Ahnung, ok?! Das Letzte woran ich mich erinnere ist, dass wir durch die Pforte gegangen sind, danach ist alles weg.”, knurrte der Verwesungskönig. Lucifer schüttelte nur den Kopf. Jetzt ging das wieder los. Seufzend drehte er sich zu seinen jüngeren Geschwistern um. Dabei fiel ihm auf, dass noch jemand fehlte. „Jungs? Wo ist Rin?”, fragte er langsam und die anderen erstarrten. Erst jetzt fiel auch ihnen auf, dass ihr jüngster Bruder fehlte und nur Kurikara bei ihnen war. „Oh nein. Nein, nein, nein. Ganz blöd, ganz schlecht, gar nicht gut...”, murmelte Egyn und sah sich suchend um, jedoch ohne den Halbdämonen zu entdecken. Amaimons Blick wanderte nach oben.„Vielleicht ist er auch auf einem Baum gelandet?”, schlug er vor. Lucifer schüttelte düster den Kopf. „Er ist nicht hier, sonst würden wir ihn spüren.”   „Wir konnten ihn wegen des Schwertes kaum in Assiah spüren.”, gab Iblis zu bedenken. „Da wir nun in Gehenna sind, sollten wir es können. Wir spüren ihn nicht, demzufolge er ist nicht in der Nähe.”, erklärte Samael knapp. „Also ist er weg...”, stellte Amaimon nüchtern fest. Egyn stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch. „Wollt ihr mir erzählen, dass unser jüngster Bruder mutterseelenallein umherirrt und nicht mal sein Schwert hat?!”, rief er hysterisch. „Oh Gehenna! Er könnte verletzt oder von anderen Dämonen gefressen werden oder-!” Weiter kam er mit seinem Geratter nicht, denn Azazel hielt ihm entnervt den Mund  zu. „So laut...kannst du nicht leiser durchdrehen? Ich bekomme wieder Kopfschmerzen...” Der Blauhaarige funkelte ihn wütend an und schlug seine Hand weg. „Ist es dir vollkommen egal, dass ihm etwas passierten könnte?!” Genervt verdrehte der Geisterkönig verdrehte die Augen. „Natürlich nicht. Keiner will, dass ihm etwas passiert, aber durchdrehen bringt uns nicht weiter.” „Schon alleine, weil Vater Barbecue aus uns machen würde.”, warf Astaroth ein und Azazel nickte. „Das auch, aber vergiss nicht, dass er immer noch seine Flammen hat. Die meisten Dämonen werden das Weite suchen, wenn sie erkennen wer er ist.”   „Ja oder sie werden ihn fressen und versuchen an  seine Kräfte bekommen.”, steuerte Amaimon bei. Azazel gab ihm einen "Ist das jetzt dein verdammter Ernst, ich habe ihn gerade erst beruhigt - Blick", während Egyn einen Laut ausstieß, welcher klang wie ein Tier, das gerade überfahren wird. Lucifer holte tief Luft, um sich kurz zu sammeln und nickte. „Leider muss ich Amaimon zustimmen. Er mag seine Flammen haben, allerdings ist er zu unerfahren und das kann tödlich sein. Wir müssen ihn so schnell wie möglich finden.” Astaroth schnaubte. „Wir wissen ja nicht mal, in wessen Gebiet wir gelandet sind. Wenn wir ziellos durch die Gegend stürmen, wecken wir am Ende noch irgendwas auf, was uns an den Kragen will und das wäre nur ein Haufen Zeitverschwendung.” Samael sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an, grinste dann allerdings trotzdem. „Wer hätte gedacht, dass du an Dinge logisch herangehen kannst? Ich bin beeindruckt.” Astaroth stieß nur ein leises Knurren aus und murmelte etwas unverständliches. „Genug jetzt!”, verlangte Lucifer seine Stirn massierend. Seine Nerven lagen blanker als er zugeben wollte und nun meldete sich auch noch seine Migräne. Konnte er nicht mal einen ruhigen Tag mit seinen Geschwistern verbringen? „Wir sollten keine Zeit mehr verlieren.”   „Teilen wir uns auf?”, schlug Beelzebub vor. „Aufteilen? Ernsthaft?”, fragte Astaroth mit hochgezogener Augenbraue. „Was denn? Glaubst du gleich kommt ein irrer Axtmörder ums Eck?”, hielt der Insektenkönig dagegen. „Ich hätte euch diese Horrorfilme nicht mitbringen sollen.”, murmelte Samael. „Wo wir grad bei sind: kannst du mal welche mitbringen, wo die Dämonen gewinnen? Ist voll frustrierend, wenn sie jedes Mal gegen Priester verlieren, nur weil jemand irgendwelche Kreuze hochhalten und "Die Macht Christi bezwingt dich!" rufen.", warf Iblis ein, obwohl das momentan nun wirklich ihre geringste Sorge war. „Zur Kenntnis genommen.”, seufzte Samael. Lucifer wippte unterdessen ungeduldig mit dem Fuß. „Wenn ihr eure Filmauswahl jetzt geregelt habt, können wir ja los. Wir bleiben zusammen, sonst verlaufen wir uns und finden uns nicht wieder. Iblis, du nimmst das Schwert.” Mit diesen Worten wandte er sich um und begann vorauszulaufen. „Bist du sicher, dass du da lang willst?”, fragte Egyn, was ihm einen verwirrten Blick seitens des Lichtkönigs einbrachte. „Ja, warum nicht?”   „Dann ist dieser Weg hundertprozentig falsch.”, stellte Samael fest, weswegen Lucifer entnervt eine Augenbraue hob. „Und warum bitte schön?”, fragte er ein wenig giftig. „Weil du den Orientierungssinn eines Hobogoblins in einem Betonklotz hast. Du kannst ja nicht mal Karten lesen!”, erklärte Iblis, was der älteste Baal allerdings nicht einsehen wollte. „Das ist doch gar nicht wahr! Ich kann sehr wohl Karten lesen!” Samael lachte nur und grinste amüsiert. „Das hast du auch damals in Peru gesagt und am Ende sind wir in einem Tempel wütender Inka Krieger gelandet, die uns an ihre Götter opfern wollten!”, erinnerte er den Älteren. „Das war nicht meine Schuld! Die Karte war ungenau und diese Tempel sahen alle gleich aus!", verteidigte sich Lucifer, aber Samael feixte nur. „Das lag daran, dass du Karte falsch herum gehalten hast. Wir wollten eigentlich nach Norden.” Nun wurde der Lichtdämon knallrot und versuchte erfolglos sich herauszureden. „Das war...ich meine....wir-” Schließlich gab er auf und schüttelte frustriert den Kopf. „Egal jetzt! Wir haben wichtigeres zu tun! Finden wir einfach Rin, bevor er etwas dummes tut.” Mit diesen Worten drehte er sich um und stapfte davon, woraufhin seine Brüder ihm zögerlich folgten. „Wir sind so des Todes.”, murmelte Egyn.     ..................................................................................................................     Das erste, was Rin bemerkte, war der Geruch von Laub, Holz und Erde. Er hörte unbekannte Tiergeräusche und wie der Wind durch Bäume wehte. Als nächstes spürte er, dass er auf dem Boden lag. Langsam setzte er sich auf und sah sich um. Er befand sich auf einer Waldlichtung, doch war sich nicht sicher wie er dorthin gekommen war. Gerade eben war er eindeutig noch im Wohnheim gewesen und hatte auf seine Freunde gewartet. Angestrengt versuchte er sich zu erinnern, was passiert war. Er hatte seltsame Geräusche gehört, war nachschauen gegangen und was dann? Nachdenklich schaute er gen Himmel, als würde er sich erhoffen dort die Antworten zu finden. ‚Moment mal...seit wann haben wir drei Monde?!‘, dachte er verwundert. Dann traf ihn die Erkenntnis wie ein Schlag: Er war nicht mehr in Assiah. Sofort sprang der Halbdämon auf die Füße, die innere Panik bekämpfend. ‚Nein...nein, das ist nicht echt. Das ist alles nur ein böser Traum und ich wache gleich auf oder Mephisto spielt mir irgendeinen üblen Streich und lacht mich gerade aus!‘, dachte er verzweifelt. Ein plötzliches Rascheln im Gebüsch ließ ihn zusammenschrecken. Daraus hervorgeschossen kam...ein Eichhörnchen? Zumindest sah es aus wie eins, jedoch war es grün, hatte kleine Hörner und rote Augen, welche Rin kritisch musterten. Es schnappte sich einige Beeren, die auf dem Boden lagen, fauchte Rin kurz an, als hätte er versucht dem Fellknäul das Futter streitig zu machen und kletterte auf einen Baum. Rin starrte dem Tier mit leicht offenen Mund hinterher. ‚Ich bin in Gehenna.‘, dachte er dumpf. Es überraschte ihn, dass er so ruhig blieb. Wahrscheinlich war die Erkenntnis noch nicht richtig angekommen, denn alles was er momentan verspürte, war eine Art Resignation. Er hatte sich die Welt der Dämonen allerdings ganz anders vorgestellt. Mal abgesehen von dem grünen Eichhörnchen, den drei Monden, den bunten Sternen und dem violetten Himmel, wirkte der Wald nicht anders als jene in Assiah. Allerdings war Gehenna eine Spiegelwelt, daher war es naheliegend, dass es nicht allzu viele Unterschiede zwischen den beiden Reichen gab. Noch wichtiger war jedoch die Frage, wo die Dämonenkönige waren. Rin war sich sicher, dass sie bei ihm gewesen waren. War er ihnen zuvor entkommen und dann bewusstlos geworden? Waren sie selber bewusstlos gewesen und er hatte die Chance ergriffen wegzulaufen oder waren sie einfach an einer anderen Stelle gelandet als er? Eine weitere Möglichkeit wäre wohl, dass sie ihn allein gelassen hatten und aus sicherer Entfernung zusahen, wie er versuchte abzuhauen. Er würde dem Clown diese Spielchen zutrauen, andererseits war das eher unwahrscheinlich. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Lucifer oder Satan derartige Verzögerungen dulden würden. Nein, wenn schon denn schon, erschienen ihm die ersten beiden Optionen wahrscheinlicher. Er musste also einen Ausweg finden und seinen älteren Psychobrüdern ausweichen. Klasse. Mit jedem Tag der verging, bekam Rin mehr und mehr das Gefühl irgendeine höhere Macht verärgert zu haben oder vielleicht gab es ja doch einen Gott und dieser hatte es sich in den Kopf gesetzt, dem jüngsten Sohn Satans das Leben zur Hölle zu machen. ‚So, ich sitze in Gehenna fest, habe die acht Dämonenkönige im Nacken und wenn ich erwischt werde, schleifen die mich zu Satan, der offensichtlich nicht mehr alle Nadeln an der Tanne hat und gerne Dinge anzündet. Wo ist eigentlich Yukio, wenn ich ihn mal brauche?‘, dachte Rin entnervt. ‚Na gut, genug rumgejammert. Jetzt brauche ich erst mal einen Plan.‘ Natürlich leichter gesagt als getan, denn Pläne waren leider nicht seine Stärke. Er überlegte gerade, ob er einfach auf gut Glück eine Richtung einschlagen sollte, als ihm ein lautes Klicken auf seiner rechten Seite die Entscheidung abnahm. ‚Ok, ich schätze das ist mein Stichwort abzuhauen.‘ Hastig lief er nach links und betete, dass was auch immer er gehört hatte, ihm nicht folgen würde. Nach einigen Stunden laufen und fluchen, hatte Rin leider noch immer keine nennenswerten Fortschritte gemacht. Alle Bäume und Wege sahen gleich aus, immer wieder hörte er Geräusche unbekannter Kreaturen und hatte durchgehend das Gefühl beobachtet zu werden. Erschöpft sank er gegen einen Baum. ‚Ich bin so am Arsch.', dachte er zum wievielten Mal auch immer. Er hatte keine Ahnung wo er war, wie er aus dem Wald finden sollte oder nach Hause kam. Seine Füße taten ihm weh und seine Erschöpfung machte sich immer bemerkbarer. Wie spät es wohl inzwischen war? Moment! Er hatte ein Handy! ‚Hoffentlich hat es den Weg überstanden!‘ Er griff in seine Tasche und tatsächlich war sein Telefon unbeschadet geblieben. Das Display zeigte 22:50 Uhr. ‚Ich bin schon seit fast vier Stunden hier?‘, dachte Rin entsetzt. Er hatte während des Laufens jegliches Zeitgefühl verloren. Allerdings war es möglich, dass er mehrere Stunden bewusstlos gewesen war, nachdem er angekommen war. Rin wurde aus seinen Gedanken gerissen, als sein Handy klingelte. ‚Warte...es klingelt?!‘ Mit weit aufgerissenen Augen starrte Rin auf sein Handy. Tatsächlich: "Eingehender Anruf: Yukio"   ‚Ich habe Handyempfang in Gehenna. Ich kann telefonieren, obwohl ich in der Hölle hocke. Klar, warum auch nicht.‘, dachte Rin kopfschüttelnd. Ihn überraschte inzwischen fast nichts mehr. ‚Wahrscheinlich haben die auch noch WLAN.‘ Egal, er würde nehmen, was er bekam. Vielleicht war das sein Ticket aus diesem Albtraum. Rin nahm den Anruf entgegen, hielt das Handy an sein Ohr und brüllte so laut, dass es fast Yukios Trommelfell zerriss. „HILFE!”     ......................................................................................................................................     „In Ordnung Okumura, das war der Letzte.”, hörte Yukio einen der Exorzisten sagen. Er erkannte ihn als Masao Yamamoto, einen Aria zweiten Ranges. „Wirklich? Haben wir auch keinen übersehen?”, fragte er etwas zweifelnd. Sie waren vor einigen Tagen von einem Kloster kontaktiert worden, welches ein Geister Problem hatte. Es lag schwer zu erreichen in den Bergen, also war die Reise äußerst mühsam gewesen und die Exorzisten hatten eigentlich damit gerechnet, mehrere Tage für die Austreibungen zu benötigen. Yamamoto schüttelte den Kopf. „Scheinbar war das Problem bei weitem nicht so groß wie angenommen. Es ist alles erledigt. Die anderen platzieren noch ein paar Bannkreise, um ganz sicher zu gehen.”   „Verstehe.”, erwiderte Yukio. Wenn es wirklich so schnell erledigt war, dann umso besser. „Ich gehe und sage dem Prior Beschied, dass alles geregelt ist. Ich empfehle dir bald ins Bett zu gehen, wir kehren morgen in aller Frühe zur Heiligkreuz-Akademie zurück. Gute Nacht!” , verabschiedete sich der ältere Exorzist. „Gute Nacht.”, antwortete Yukio und verließ den Raum. Er beschloss, noch einmal Rin anzurufen, bevor er ins Bett ging. Nach einigem Suchen fand er den Klostergarten und hatte sogar das Glück Empfang zu haben, auch wenn es nur ein Balken war. ‚Egal, es wird sowieso nur ein kurzer Anruf.‘ Er wählte die Nummer seines Bruders und wartete darauf, dass er abnahm. Es dauerte einige Sekunden, doch als Rin endlich den Anruf entgegennahm, brüllte er so laut, dass Yukio vor Schreck beinahe sein Handy fallen ließ. „HILFE!” Yukio hielt das Telefon schnell eine Armlänge von sich entfernt und rieb sich mit der anderen Hand sein Ohr. Was war jetzt wieder in seinen Bruder gefahren?! „Rin! Was sollte das-?”, fauchte er, wurde jedoch unterbrochen. „Halt den Mund und hör mir zu! Ich sitze echt tief in der Tinte, ich-”, begann Rin, aber wurde unterbrochen. „Warte! Was? Ich bin gerade mal einen Tag weg und du machst wieder Ärger!”, rief Yukio verärgert. Konnte er ihn denn keine fünf Minuten alleine lassen?! „Was hast du jetzt wieder angestellt?”   „Wenn du mich mal zu Wort kommen lassen würdest, könnte ich's dir sagen.”, knurrte der Nephilim. „Und es ist nicht meine Schuld, dass ich in Gehenna festsitze!” Yukio brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, was sein Bruder soeben gesagt hatte, wollte es allerdings nicht glauben. Konnte er jetzt nicht einmal mehr die Welten unterscheiden? „Rin. Das hier ist Assiah, nicht Gehenna. Das solltest sogar du wissen-”, setzte er an, aber diesmal wurde er unterbrochen. „Nein, ich meine es ernst! Ich bin nicht mehr in Assiah, sondern in Gehenna!” Der jüngere Zwilling spürte wie sämtliche Farbe aus seinem Gesicht wich. Nun war er es, der mit schreien begann. „Was zur Hölle dachtest du dir dabei?! Was machst du dort?! Du weißt, dass so ziemlich jeder Dämon hinter dir her ist und Satan dich benutzen will, um Assiah zu erobern und trotzdem-” Er stockte und blinzelte. „Warte mal, du hast Empfang in Gehenna?!” Rin ignorierte die letzte Frage. „Ach weißt du, Mephisto hat mir erzählt, Gehenna wäre um diese Jahreszeit besonders schön, also habe ich einfach - natürlich nicht! Das schiebt mir keiner in die Schuhe! Ich kann nichts dafür, wenn plötzlich die Dämonenkönige mitten im Wohnheim auftauchen! Ich meine, ich habe mich nur fertig gemacht und dann waren da diese Geräusche und ich dachte mir "Was kann das schlimmstenfalls sein?", also habe ich nachgeschaut. Da waren die plötzlich in der Küche und haben mich gejagt, dann ist der Stapel umgekippt und dann kam Ägypten und die Plagen und Mephisto ist Samael-” Ohne es zu bemerken hatte Yukio sein Telefon immer fester umklammert und inzwischen lief es Gefahr zerdrückt zu werden. Er hatte keine Ahnung, was Rin ihm versuchte zu erzählen. Er ratterte alles in Höchstgeschwindigkeit herunter, das meiste vollkommen zusammenhangslos. „Ok, ok, jetzt warte mal. Wenn du so mit mir redest, verstehe ich kein Wort, also hole nochmal tief Luft, beruhige dich und erkläre, was passiert ist.” Glücklicherweise leistete Rin seinen Anweisungen ausnahmsweise Folge und erzählte wie die Dämonenkönige aufgetaucht waren, Mephisto sich als Samael zu erkennen gegeben hatte, sie ihn verfolgt und gefangen hatten. Was Yukio jedoch mit am meisten schockierte war, dass in den letzten Jahrhunderten niemand Mephisto auf die Schliche gekommen war. Er selbst hatte dem Schulleiter nie über den Weg getraut und war oft von ihm genervt gewesen, aber dass er ein Dämonenkönig ist, hätte er nie zu träumen gewagt, auch wenn es im Nachhinein betrachtet, einiges erklärte. „Wenn sie mit dir durch das Portal gegangen sind, wo sind sie dann jetzt?”, hakte er nach. „Keine Ahnung, aber bin nicht scharf drauf, es rauszufinden.”, kam die Antwort, welche wohl verständlich war. Yukio seufzte leise. „Weißt du zumindest, wo du bist?”   „Stell dir vor, Gehenna ist nicht bei Google Maps aufgeführt. Sauerei, nicht wahr?”, antwortete Rin bissig. „Hätte ja sein können, dass du es weißt.”, erwiderte Yukio. „Also irgendwelche Vorschläge wie ich hier wegkomme?”, erkundigte sich der Halbdämon und ausnahmsweise wusste der Brillenträger nicht weiter. „Na ja, der einzige, der ein Tor zurück nach Assiah öffnen kann, ist Satan-” „Oh ja super.”, redete Rin dazwischen. „Ich werde gleich mal zu ihm gehen, wenn ich ganz nett frage, öffnet er es bestimmt für mich! Wenn wir schon dabei sind, können wir ja gleich ein Familienessen mit den restlichen Verrückten veranstalten!” „Hey, lass mich ausreden!”, erwiderte Yukio scharf. Er war selbst überrascht, dass es ihm so gut gelang, die Fassung zu bewahren. Vielleicht redete sich sein Verstand immer noch ein, alles wäre ein schlechter Scherz. „Erinnerst du dich noch, wie er damals die Pforte geöffnet hat?”   . „Ist schwer zu vergessen wenn man bedenkt, dass er dafür Blut benutzt.”, kam die gemurmelte Antwort. „Dann tu es.”, verlangte Yukio. „Bitte was?”, fragte Rin vollkommen überrumpelt, woraufhin Yukio mit erklären begann. „Du hast seine Flammen und damit seine Kräfte. Vielleicht bist du ebenfalls dazu in der Lage die Pforte zu öffnen.” Es war nur eine Theorie, doch etwas anderes fiel Yukio nicht ein und das frustrierte ihn. „Ich habe keine Ahnung was ich danach tun muss! Muss ich irgendwas aufsagen oder an einen bestimmten Ort denken? Wie kontrolliere ich überhaupt, wo ich rauskomme?! Bei meinem Glück lande ich irgendwo in Island!”, rief Rin, etwas hysterisch klingend. „Ich...Ich weiß es auch nicht. Keiner weiß wie es geht nicht mal Me-...ich meine Samael. Wenn er es wissen sollte, hat er es uns nie gesagt.” Rin schwieg, Yukio fuhr also ungehindert fort. „In Ordnung, versuche es so: du verwendest dein Blut und denkst dabei an den Ort zu dem du willst. Wer weiß, wenn du das Tor wirklich öffnen kannst, schaffst du es vielleicht sogar instinktiv.”   „Also keine Beschwörung oder so?”, hakte Rin nach.   „Wenn dir nichts einfällt, dann nein.”   „Wie wäre es mit: Ich bin so erledigt?!"   „Mit dieser Einstellung auf jeden Fall. Jetzt komm, versuche es!”   „Ok, ok.” Stille folgte. Yukio trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Was wenn es schief ging? Ihm fiel keine andere Möglichkeit ein, Rin zu retten. „Es bringt nichts.”, meldete Rin sich frustriert. Yukio rutschte das Herz in die Hose. „Bist du sicher, dass-?”, fragte er vorsichtig, aber der Nephilim schoss die Idee sofort ab. „Ja, ich hab alles durchprobiert. Nichts hat funktioniert, ich sitze hier fest.”, seufzte er resigniert. „Wage es ja nicht aufzugeben!”, knurrte der Jüngere entrüstet. „Wir kriegen dich da raus und wenn ich persönlich rüberkommen und dich zurückschleifen muss!”   „Aber......Gehenna....Dämo...............S....”   „Rin? Rin!”, rief Yukio, jedoch wurde die Stimme immer verzerrter und undeutlicher bis der Anruf plötzlich abbrach und nur noch das vertraute Tuten ertönte. Er blickte entgeistert auf sein Display, nur um festzustellen, dass sein Empfang weg war. Großartig. Sofort stürmte er zurück ins Gebäude und rannte dabei beinahe Yamamoto um. „Okumura? Was treibst du denn so spät noch hier?”, fragte er überrascht. „Keine Zeit für Erklärungen!”, sagte Yukio ernst. „Ich kehre zur Heiligkreuz-Akademie zurück. Noch heute.”     ...............................................................................................................................     „Vier Stunden. Ich sitze hier schon, ohne jegliche Kenntnis über den Verbleib meiner Söhne, seit vier Stunden. Würdest du mir sofort erklären, warum ich seit vier Stunden ohne Kenntnisse über den Verbleib meiner Söhne hier sitze?!” Der angesprochene Dämon zitterte, denn wenn Satan schlechte Laune hatte, war das für die Personen, die ihn umgaben nie gesundheitsförderlich. Der Herrscher Gehenna saß auf seinem Thron und nippte aus dem Weinglas in seiner Hand. Der Diener hatte keine Ahnung wie viele Gläser er schon getrunken hatte, jedoch hoffte er im Stillen, dass er nicht noch mehr trinken würde. Ihm beizubringen, dass der Weinkeller so gut wie leer war, wollte er sich wirklich ersparen. Andererseits war es verständlich, dass ihn die lange Abwesenheit seiner Kinder nervös machte. Jedes Mal wenn sie längere Zeit verschwunden waren, stellten sie irgendetwas an, was ihr Vater wieder gerade biegen musste. Er konnte sich nur zu gut an Satans (irgendwo gerechtfertigten) Ausraster erinnern, als Iblis sein Gebiet im Kartenspiel verwettet hatte. In letzter Zeit hatte es einige Zwischenfällen gegeben, was auch eine der Hauptursachen für den Zustand ihrer Weinvorräte war. „I-Ich weiß e-es nicht mein Lord.”, antwortete der Dämon mit zitternder Stimme, ohne zu wagen in die Augen des Dämonengottes zu sehen. „Wir haben die Nachricht erhalten, dass sie auf dem Weg sind, aber seitdem haben wir nichts mehr von ihnen gehört.” Er spürte den bohrenden Blick Satans und sah sich bereits als Häufchen Asche. Entsprechend war seine Erleichterung, als sich Satan zurücklehnte und nachdenklich in sein Glas starrte. „Ich hoffe um deinetwillen, dass du mich nicht anlügst.”   „Nein, niemals mein Lord!”, quiekte der Dämon und kniete noch tiefer. ‚Schleimer.‘, dachte Satan abfällig. „Nun gut, ich glaube dir. Jetzt gehe mir aus den Augen.”, sagte er mit einer unwirschen Handbewegung. Der Diener war sichtlich erleichtert. „Natürlich Majestät, sofort!” Auf seinem Weg nach draußen verbeugte er sich noch viele Male. Satan widerstand der Versuchung die Augen zu verdrehen oder etwas (vorzugsweise Flammen) nach ihm zu werfen. ‚Wenn er weiter so macht, rutscht er noch auf seiner Schleimspur aus', stellte er angeekelt fest. Er wollte zwar, dass seine Untertanen ihm Respekt entgegenbrachten, aber Kriecher verabscheute er. Sie waren nicht nur nervig, sondern auch in der Regel jene, die zu Verrätern wurden. „Jetzt verschwinde endlich, bevor ich dich als Zielübung benutze!” knurrte er bedrohlich, seine Geduld sichtbar schwindend. Der Dämon schluckte und lief schnell aus dem Saal. Der Dämonenherrscher erlaubte sich, aufzuatmen. Endlich war dieser Versager fort. Dummeweise waren Glas und Weinflasche leer. „Vaya!” Eine junge Dämonin kam in den Saal gewuselt und verneigte sich vor Satan. Sie gehörte Azazels Sippe an und hatte daher blasse Haut, weiße Augen und lange schwarze Haare, welche sie geflochten hatte und bis zu ihren Hüften reichten. „Ihr habt mich gerufen, mein Lord?”   „Ich brauche mehr Wein.”   „Oh...tut mir leid, unsere Weinvorräte sind erschöpft.” Ihre Entschuldigung klang aufrichtig, dennoch war der Dämonengott irritiert. Was war das denn für ein Saftladen hier?! Oh Moment, es war sein Saftladen. Mist. „Und warum ist das so?”, fragte er entnervt. „Na ja, Ihr habt in den letzten Wochen einiges getrunken...”, sagte Vaya langsam, während ihr Gesicht knallrot wurde.  „Also ich meine...”, setzte sie hastig nach, als sie bemerkte, wie die diese Aussage klang. „Ich meine damit natürlich nicht, dass Ihr ein Alkoholiker seid oder dass ich Euch Vorschriften machen will...also...ähm...” Irgendwie schaffte sie es noch röter zu werden. Satan seufzte innerlich. Er kannte Vaya und ihre Schwester seit sie Kinder waren, beide waren zuverlässig und hart arbeitend, aber wenn Vaya mit Vorgesetzten reden sollte, besonders mit Männern, war alles aus. Sie stolperte über ihre Wörter und brachte irgendwann keinen geraden Satz mehr zu Stande. Wahrlich das komplette Gegenteil ihrer Schwester. Manchmal war es kaum zu glauben, dass sie Zwillinge waren. Andererseits waren Rin und Yukio auch wie Tag und Nacht, das hatte zumindest Samael behauptet. Er beschloss sich zu erbarmen. „Also gut, du kannst gehen.”   „Mein Lord?”, fragte sie überrascht. „Sorge nur dafür, dass er wieder aufgefüllt ist, wenn ich wiederkomme.”, fuhr Satan fort und erhob sich von seinem Thron. „Natürlich. Ihr geht also aus?”, hakte sie nach. „Gewissermaßen. Es wird Zeit die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.”   ‚Wenn man will, dass es richtig gemacht wird, tut man es lieber selbst.‘   „Bezüglich des Weines oder Eurer Söhne?”, fragte Vaya verwirrt. „Beides.” Damit verließ er den Thronsaal und ließ das Mädchen allein zurück. Sie seufzte leise. ‚Hoffentlich geht das gut.‘ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)