Ein unverhofftes Familientreffen von Himikko ================================================================================ Kapitel 2: Familienbande ------------------------ Rin lief durch die dunklen Flure des Wohnheims. Die Eingangstür war fast erreicht, aber das plötzliche Auftauchen von Azazel hatte ihn gezwungen umzukehren. Er hatte gehofft, sie abhängen zu können, da er gewissermaßen den Heimvorteil hatte, doch dann fiel ihm ein, dass Mephisto das Wohnheim wahrscheinlich noch besser kannte. ‚Tja eins zu null für Team Gehenna.‘, dachte er grimmig. Wenn er aus der Nummer heil rauskommen sollte, würde er dem Clown bei der nächsten Gelegenheit die Zähne ausschlagen und ihn danach extra knusprig grillen! Er sprintete um eine Ecke und wäre fast in Amaimon rein gerannt, doch glücklicherweise schaffte er es gerade noch die Richtung zu ändern und der Erdkönig griff ins Leere. Wo war der denn hergekommen?! Vom Speisesaal aus kam man nur über den Weg, den Rin genommen hatte zu diesem Flur, daher hätte Amaimon ihn überholen müssen, um zuerst anzukommen. ‚Moment mal...‘, dachte der Halbdämon und seine Augen weiteten sich. ‚Mephisto...Samael...ach egal! Der Clown kann sich doch teleportieren. Können die anderen das auch?!‘ Wäre dies der Fall, hätte er ein noch größeres Problem. Er hörte Schritte, die sich rasch von allen Seiten näherten, ihm blieb also nichts anderes übrig als die Treppen zu nehmen. Während er hinauf lief, musste er sich grimmig eingestehen, dass er den Dämonen soeben in die Hände gespielt hatte. Nach oben zu fliehen bedeutete alle möglichen Ausgänge hinter sich lassen. Er könnte vielleicht aus einem Fenster springen, aber wenn er Pech hatte, würde er sich nur die Beine oder sogar das Genick dabei brechen und dann war es das mit abhauen. Wobei, wenn letzteres eintrat, wäre ohnehin alles egal. Natürlich wusste er von den Regenerationsfähigkeiten der Dämonen, die solche Stürze zu keinem Problem machten, immerhin besaß er sie selbst, aber er hatte keine Ahnung wie er von diesen Fähigkeiten Gebrauch machen konnte. Er hatte einmal einen für Menschen unmöglichen Sprung geschafft (Warum hatte das eigentlich keiner hinterfragt?),um Bon vor dem Reaper zu retten und Verletzungen, die ihm zugefügt worden schnell geheilt, aber dies war alles reiner Instinkt gewesen. Es gab also keine Garantie, dass eine solche Aktion gut gehen würde. ‚Also entweder springe ich aus einem Fenster und riskiere es mir sämtliche Knochen zu brechen oder gar zu sterben oder ich lasse mich zu Satan bringen...‘ Rin erinnerte sich an die Nacht als er zum ersten Mal auf den Dämonenherrscher traf, sein irres Lachen und wie er verkündet hatte, er könne ihn auch "Papa" nennen. ‚Tja ich schätze ich suche mir ein Fenster.‘ Nie im Leben würde er sich auch nur in die Nähe dieses durchgeknallten Pyromanen begeben! Dummerwiese schien Samael seine Idee erwartet zu haben, denn so sehr Rin sich anstrengte, er konnte trotz übernatürlicher Stärke kein einziges Fenster öffnen. Plötzlich stellten sich erneut seine Nackenhaare auf und er sprang instinktiv beiseite, sodass ihn Astaroths Angriff knapp verfehlte. Der Nephilim wandte sich nach links, doch von dort kam Iblis, daher bleib nur rechts. Rin rannte los, die zwei Dämonen hetzten hinterher, griffen ihn aber zumindest nicht an. Stattdessen flogen ihm jede Menge Kohletierchen ins Gesicht. Während er versuchte sie zu verscheuchen, entdeckte er am Ende des Flures einen wackligen Stapel mit aufgeschichteten Möbeln wie kaputten Tischen, Stühlen und einer Kommode. Er erinnerte sich dunkel daran, dass das Bein des untersten Tisches wacklig war und bei einem starken Zusammenstoß der gesamte Stapel umkippen würde. Keine seiner besten Ideen, aber ihm gingen die Optionen aus! Er lief weiter und trat im vorbeirennen so hart gegen das Tischbein wie er konnte. Seine Idee funktionierte: Der Stapel war vollkommen aus dem Gleichgewicht, kippte um und das in genau dem Moment, als Iblis und Astaroth ihn erreichten. Rin konnte Astaroth „Nicht schon wieder!” rufen hören, während Iblis laut in einer ihm unbekannten Sprache fluchte. Ein lautes rumpeln und krachen ließ verlauten, dass die Dämonenkönige mit Voll Karacho in den Stapel gerannt waren. ‚Eins zu Eins‘, stellte er mit gewisser Genugtuung fest und musste ein Grinsen unterdrücken. Es wäre ihm jedoch ohnehin schnell vergangen, denn wie er feststellen musste, hatten die anderen aufgeholt. Immer wieder musste er auftauchenden Dämonen ausweichen, Iblis und Astaroth waren allerdings nicht dabei gewesen. Schlussendlich stand der Teenager schwer atmend vor einer Wand. ‚Oh Ver-‘ „So Endstation!", hörte er Astaroths Stimme hinter sich und Rin drehte sich widerwillig um. Dort standen Iblis, Astaroth, Egyn und Beelzebub. Zumindest hatte Rin sich zusammengereimt, dass es Egyn und Beelzebub waren. Im Gegensatz zu ihm, wirkten sie nicht mal ansatzweise erschöpft, aber dies war wohl zu erwarten gewesen. Astaroth stapfte auf ihn zu und mit einer gewissen Befriedigung bemerkte der Halbdämon, dass dessen Nase stark geblutet hatte. Um genau zu sein, sah sie aus als wäre sie gebrochen gewesen bis seine Regeneration eingetreten war. Der Baal teilte den Humor seines jüngeren Halbbruders nicht wirklich. Seine roten Augen schienen zu glühen und er wirkte mehr als angepisst. Hätte er Platz gehabt, wäre Rin einen Schritt zurückgetreten. „Jetzt ist Schluss mit lustig!”, knurrte der Dämonenkönig der Verwesung. „Meine Geduld hat Grenzen und ich habe genug von diesen Spielchen!” Wie um seinen Worten zusätzlichen Ausdruck zu verleihen, schlug er mit einer Faust in die Wand links von Rin, knapp neben seinem Gesicht und hinterließ einen tiefen Krater in der Steinmauer. ‚Oh, Oh. Ich bin tot.‘, stellte Rin resigniert fest. „Astaroth!”, rief Egyn entrüstet. „Es gibt keinen Grund für Drohungen! Jetzt beruhige dich, bevor du wieder die Kontrolle verlierst!” Iblis verdrehte nur die Augen und Beelzebub schüttelte den Kopf. „Du bist wirklich eine tickende Zeitbombe wie? Man sollte meinen dein letzter Aufenthalt in Assiah wäre dir eine Lehre gewesen. Reiß dich zusammen.” Astaroth wandte sich kurz dem König der Insekten zu und schien ihn anfahren zu wollen, überlegte es sich jedoch kurzfristig anders. „Na gut.”, murmelte er und trat einige Schritte zurück, woraufhin Rin erleichtert ausatmete. Er hatte nicht einmal bemerkt, dass er ihn angehalten hatte, denn tatsächlich war er zu beschäftigt damit sich zu fragen, ob die Dämonenkönige vielleicht bipolar waren oder sonstige psychische Probleme hatten. Wie konnte man so schnell die Stimmung wechseln?! Gerade eben noch schien Astaroth mehr als bereit ihn brutal zu massakrieren und jetzt stand er da, die Hände in den Taschen, als wäre nichts geschehen!? Es würde jedoch zumindest Mephistos Persönlichkeit erklären. „Da seid ihr also.” Lucifer bog um die Ecke, bei ihm waren die restlichen Brüder. „Na endlich...es ist so nervig rumzurennen.", grummelte Azazel und streckte sich. Rin hätte nie gedacht auf einen Dämonen (oder generell auf eine Person) zu treffen, welcher noch gelangweilter erscheinen konnte als Amaimon, aber der drittälteste Dämonenkönig heimste in dieser Kategorie eindeutig die Lorbeeren ein. „Wundervoll, du hast dich wirklich nicht verändert.”, murmelte Mephisto trocken und wandte sich Rin zu. „Und er ist zur Abwechslung unverletzt. Beeindruckend.” Der Spott in seiner Stimme war eindeutig, was Astaroth als verbalen Angriff gegen sich aufzufassen schien. „Ist das euer schieß Ernst?! Wollt ihr mir das jetzt wirklich die nächsten Jahrhunderte vorhalten?!”, fauchte er. „Abgesehen davon solltest du mal ruhig sein, immerhin warst du es, der ihm diesen Exorzisten und Amaimon auf den Hals gehetzt hat. Wenn wir schon dabei sind über "Zwischenfälle" zu reden, könnten wir uns ja mal darüber unterhalten wie Egyn und Amaimon einen deiner Phantomzüge in meinen Palast gedonnert haben!” „Ach komm, wir haben uns tausendmal entschuldigt! Was willst du denn noch?! Blumen?!”, erwiderte Egyn schnippisch. „Stimmt aber schon...die waren wochenlang mit dem Wiederaufbau beschäftigt.”, meldete sich Beelzebub zu Wort. Egyn schaute ihn fassungslos an. „Dafür sind deine Insekten Viecher Amok gelaufen!” Rin blinzelte überrascht, denn mit sowas hatte er nicht gerechnet. Es ging allerdings weiter. „Aber er hat noch nie sein komplettes Gebiet durch eine Wette verloren...nicht wahr, Iblis?~”, merkte Samael mit Genugtuung an. Der Clown genoss diese Streitereien natürlich in vollen Zügen und konnte es nicht lassen noch mehr Benzin ins Feuer zu kippen. „Stimmt...ich erinnere mich. Vater hat fast den Thronsaal abgefackelt, als er davon erfahren hat...und Iblis gleich mit. Das war lustig.” Amaimon schien nicht der Einzige mit dieser Meinung zu sein, denn Egyn und Astaroth begannen ebenfalls zu grinsen, wobei sich der Wasserdämon immerhin Mühe gab, es zu verbergen. Lucifer versuchte seine Brüder wieder unter Kontrolle zu bringen , jedoch waren sie nun vollkommen in ihrem Element und die verschiedensten Vorfälle wurden ans Licht gebracht, von Amaimons versehentlichen Erdbeben bis hin zu Azazels Orkanen und Egyns Überschwemmungen. Während der Lichtkönig nach wie vor auf sie einredete, Samael das Ganze grinsend beobachtete und Azazel etwas murmelte, das verdächtig nach „Ich bin von Idioten umgeben...” klang, fühlte sich Rin immer mehr in die Enge getrieben. Unter anderen Umständen wäre es vielleicht ganz lustig gewesen zu erfahren, was die Dämonenkönige schon alles angestellt und wie Satan (noch weiter) in den Wahnsinn getrieben hatten, aber im Moment war sein einziger Gedanke die Flucht. Er wusste, dass er in der Falle saß, weigerte sich jedoch aufzugeben. Verzweifelt suchte er nach einem Ausweg. Die acht waren so mit sich selbst beschäftigt, da würde sich doch wohl eine Möglichkeit finden! Die Hoffnungen des Halbdämonen wurden ebenso schnell zerstört wie sie kamen. „Du suchst immer noch nach einem Fluchtweg? Du bist ziemlich optimistisch, das muss man dir lassen.” Großartig, scheinbar hatte zumindest Beelzebub noch auf ihn geachtet. „Schluss jetzt! Hört endlich auf mit dem Gezanke, ihr benehmt euch wie Kleinkinder!” Lucifer hatte es endlich geschafft die anderen zum Schweigen zu bringen und wandte sich nun an Rin. „Es gibt keinen Ausweg mehr, also gib auf. Komm einfach mit und niemand muss zu Schaden kommen.” „Sonst was?”, fragte Rin angriffslustig. „Nun entweder du kommst freiwillig oder wir müssen dich zwingen. Und nein, Option drei steht diesmal nicht zur Debatte, sie war ohnehin nie ernst gemeint.” Samaels selbstzufriedene Stimme irritierte den Teenager mehr als alles andere. Dieser Clown hatte vielleicht Nerven! Er würde ihm zu gern wenigstens einen Schlag ins Gesicht verpassen! Leider würde er es nie schaffen nahe genug heranzukommen. „Wir würden dich nur ungern gewaltsam mitnehmen, aber wenn es nicht anders geht, tun wir es.” Der König des Lichts versuchte nun etwas diplomatischer vorzugehen, Rin schnaubte allerdings nur verächtlich. „Versucht es doch!”, rief er herausfordernd. Vielleicht war es das Adrenalin, das ihn zu solchem Wagemut trieb, wahrscheinlich war es schlicht und ergreifend seine manchmal etwas streitsüchtige Persönlichkeit oder gar sein Temperament. Es spielte keine Rolle, ihm war jetzt alles egal. Wenn er schon unterging, dann mit wehenden Fahnen! Die älteren Dämonen wechselten Blicke, einige hatten die Augenbrauen angehoben und eine Art stumme Kommunikation schien zwischen ihnen abzulaufen. Schließlich zuckte Iblis mit den Schultern. „Gut, wie du willst.” Er übergab Astaroth Kurikara und trat auf Rin zu. Dieser versuchte zurückzuweichen, aber die Wand verhinderte es. Er bereitete sich innerlich darauf vor zusammengeschlagen zu werden, doch was dann passierte, überrumpelte ihn vollkommen! „Hey, was zur-! Lass mich runter verdammt nochmal!” Iblis hatte ihn nicht angegriffen, sondern ihn ohne einfach hochgehoben und über seine Schulter geworfen. Nun hing der Halbdämon wie ein bockiges Kind, welches nicht auf seine Eltern hören wollte, über der besagten Schulter. In gewisser Weise war das gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt. Rin spürte wie er rot wurde. Als ob er nicht genug in seinem Leben gedemütigt worden war! „Lass. Mich. Runter!”, wiederholte er wütend und versuchte auf den Dämon einzuschlagen, doch diesen schien das nicht mal ansatzweise zu stören. Er lief einfach stur weiter. „Hör auf dich zu bewegen oder willst du lieber bewusstlos sein?” Mehr Reaktionen bekam er nicht. „Na, alles in Ordnung da oben, Kleiner?”, fragte Astaroth grinsend. Rin gab ihm einen Todesblick, welcher Yukio oder gar Satan alle Ehre gemacht hatte, aber weder antwortete er, noch wehrte er sich gegen Iblis, denn auf Bewusstlosigkeit konnte er verzichten. Schließlich kamen sie endlich draußen an und die warme Abendluft wehte dem Halbdämon ins Gesicht. Zu seinem Pech war leider Neumond, es war also stockfinster. Iblis hatte sich inzwischen erbarmt und ihn runtergelassen. Er hielt wieder Kurikara, aber noch bevor Rin irgendwas versuchen konnte, hielten Amaimon und Egyn ihn bereits fest. Hervorragend. Er versuchte erneut sich zu befreien, jedoch ohne Erfolg. Zwar bereiteten sie ihm keine Schmerzen, aber ihr Griff war unnachgiebig. ‚Ein Hoch auf Dämonenstärke.‘ Zynismus war ungewöhnlich für Rin, aber er hatte ja nicht mehr viel zu verlieren. Egyn schien seine Anspannung zu bemerken und seufzte leise. „Nun hör schon auf, dich zu wehren, es ist alles in Ordnung. Weder wir, noch Vater werden dich fressen.” Die einzige Antwort, die er erhielt, war der Blick mit dem der Exwire bereits Astaroth beglückt hatte. Amaimon schenkte ihm dagegen keine große Beachtung, er wandte sich mit seinem typischen gleichgültigem Gesichtsausdruck an Azazel. „Wie lange noch bis sich die Pforte öffnet?” Der Geisterkönig schaute kurz auf sein Handy. „Es müsste gleich so weit sein. Ich habe Vater gebeten, das Tor hier zu öffnen...ich hasse es herumzurennen...” „Du sitzt doch eh fast den ganzen Tag in deinen komischen Hosen rum...”, murmelte Egyn. „Die nennen sich Shorts und sind vollkommen legitim!”, konterte der Geisterkönig, doch der Wasserkönig ließ nicht locker. „Die trägst du auch, wenn du schläfst.” „Fangt gar nicht erst an.", fuhr Lucifer dazwischen. „Hatte ich nicht vor...” , sagte Azazel und zuckte mit den Schultern, während sich der Lichtkönig kopfschüttelnd an Samael wandte. „Kommst du mit nach Hause oder bleibst du in Assiah?” Dieser überlegte nicht lange. „Ich denke, ich bleibe bei euch, zumindest für eine Weile. Zugegebenermaßen habe ich Gehenna schon ein wenig vermisst und mein letzter Besuch ist ja recht kurz ausgefallen. Davon abgesehen könnte ich wirklich Zeit ohne Angel vertragen. Wie ein Idiot wie er die Position des Paladins erhalten hat, ist mir wirklich ein Rätsel. Shiro würde im Grabe rotieren...Na egal. Nach ein paar Wochen dürfte auch Gras über die Sache gewachsen sein.” Beelzebub legte den Kopf schief. „Werden die dir nicht nach den heutigen Ereignissen auf die Schliche kommen?” Nun war es der Schulleiter, der verächtlich schnaubte und eine wegwerfende Handbewegung vollzog. Seine Handschuhe hatte er ausgezogen, sodass Rin einen guten Blick auf seine langen, schwarzen Fingernägel (Krallen) hatte. „Diese Narren sind mir die letzten Jahrhunderte schon nicht auf die Spur gekommen. Ihr habt doch gesehen wie sie reagiert haben. Wahrscheinlich könnte ich mir ein Schild umhängen und sie würden es nicht hinterfragen. Sie realisieren nicht einmal, dass Vater sie schon längst vernichten, Assiah erobern und in Schutt und Asche legen hätte können, wenn er wirklich daran interessiert wäre. Das weckte das Interesse des Exorzisten in Training. „Aber ich dachte, das wäre sein Plan!?” Alle Augen richteten sich auf ihn. „Ist es nicht.”, murmelte Azazel. „Würde er Assiah vernichten wollen, könnte er auch einfach uns schicken. Er braucht keine Gefäße oder apokalyptische Reiter dafür. In Ägypten lief es damals ja nicht anders.” Rin war verwirrt. „Ägypten?” Iblis nickte. „Japp. Schon mal was von den zehn Plagen gehört? Dreimal darfst du raten, wer die verursacht hat. Das war nicht Gott und es waren auch keine Juden, die fliehen wollten. Der damalige Pharao war mit den Exorzisten verbündet oder besser gesagt ihre Marionette, auch wenn die Ritterschaft damals noch nicht existierte. Jedenfalls nicht in der heutigen Form. Sie hatten mehrere Halbdämonen gefangen genommen und als Sklaven gehalten, was damals für eine Menge Aufregung in Gehenna gesorgt hat.” Rin war sprachlos. Halbdämonen? Die zehn Plagen? Er hatte von Shiro einige Dinge zu den Religionen gelernt und Kindergottesdienste besucht, jedoch war er nie großartig interessiert gewesen. Er hatte stets einen gewissen Widerwillen empfunden und der Grund war wohl inzwischen mehr als offensichtlich. Allerdings meinte er sich dunkel an eine Geschichte mit 10 Plagen erinnern zu können. „Jedenfalls hat Vater mehrmals ihre Freilassung verlangt, aber er hat sich geweigert, also haben wir ihm gedroht und als das wieder nicht funktioniert hat, haben wir eben etwas Druck gemacht.”, sprang Astaroth ein. „Krankheiten, Finsternis, Insekten, Blut zu Wasser...hat echt Spaß gemacht. Die Exorzisten und generell alle Religionen haben gerne mal die Geschichten umgeschrieben, damit wir ja nie als Opfer oder als Helfer darstellen. Es gibt keinen Gott, es gibt keine Engel und es gab auch keinen Jesus und wie sie alle hießen. Das ist alles reines Hirngespinst und Propaganda.” Rin schwieg. ‚Der lügt doch, oder? Ich habe nie wirklich an Gott geglaubt, also schockt es mich nicht, dass er nicht existiert. Aber der Rest...hatten die Exorzisten diese Leute als Sklaven gehalten nur wegen ihrer Abstammung?‘ Falls dies wirklich stimmte, hatten die Exorzisten weit mehr Dreck am Stecken als er es sich je hätte vorstellen können. „Ich glaube wir haben ihn aus Versehen gebrochen...”, stellte Amaimon fest und wedelte mit seiner Hand vor Rins Gesicht. Dieser riss sich aus seiner Trance. „Behalte deine Pfoten bei dir!” Er wandte sich an Astaroth und Iblis. „Und euch glaube ich kein Wort!” Iblis verdrehte die Augen. „Wie konnte dieser Orden nochmal fortbestehen? Nein, besser gesagt: Warum hat Vater ihnen erlaubt weiter zu existieren?! Sie sind nichts weiter als ein Haufen Insekten...” „Vater wird dir alles erklären Rin.”, mischte sich Lucifer ruhig ein, doch Rin sah das gar nicht ein. „Danke, aber kein Interesse. Jetzt lasst mich gehen!” Astaroth schnaubte. „Als ob. Hast du eine Ahnung wie wütend Vater war, als ich mit leeren Händen zurückgekehrt bin?! Von der Demütigung mal ganz abgesehen!” Rin schnaubte nur. „Du hast versucht, mir eine glühende Eisenstange ins Gesicht zu pressen, da hält sich mein Mitleid in Grenzen!” Anstatt wütend zu werden, wie Rin es erwartet hatte, kratzte sich Astaroth am Kopf. Er wirkte beinahe...verlegen? „Ja, tut mir leid. Ich bin manchmal etwas...übereifrig.”, grummelte er. „Übereifrig?!” „Manchmal?!”, rief Egyn im selben Moment, doch Astaroth ignorierte ihn. Rin versuchte es nun mit Drohungen. „Egal, jetzt lasst mich endlich gehen oder ich röste euch die Hintern!” Die anderen waren nicht beeindruckt. Iblis lachte nur und hielt Kurikara hoch. ‚So nah und doch so fern.‘, dachte Rin wehmütig. „Nicht ohne das hier. Du gehst nirgends hin!” ‚Team Gehenna zwei Punkte, Rin Okumura einen: Team Gehenna gewinnt.‘ „Ich glaube das Tor öffnet sich!”, kommentierte Lucifer plötzlich und in der Tat ertönte das schon bekannte Rumpeln. Eine teerartige Masse begann aus dem Boden zu quellen, woraufhin sich Rins Magen verkrampfte. Er hatte gehofft die Gehennapforte nie wieder sehen zu müssen, denn er hatte von jener Nacht noch immer Albträume. Am Ende wachte er stets schweißgebadet und/oder weinend auf. Beelzebub trat auf das Tor zu. „Dann nichts wie los, bevor die Exorzisten aufkreuzen.” Die Anderen nickten. „Vater wird erfreut sein.”, merkte Amaimon an. Mit diesen Worten zogen sie Rin Richtung Gehenna.     ....................................................................................................................................................     „Sind wir jetzt endlich da?”, maulte Bon entnervt. Er und die anderen Adepten waren gerade auf dem Weg zum Wohnheim der Okumura Zwillinge, aber die Dunkelheit und die Tatsache, dass sie nur eine Taschenlampe hatten, erleichterten dieses Unterfangen nicht gerade. „He he, dauert es Bon Bon zu lange?”, lachte Shura. Bon warf ihr einen vernichtenden Blick zu. „Was, ist dir 'Gockel-Kopf' lieber?” Warum sie überhaupt hier war, wusste keiner so wirklich, alle dachten sie wäre beim Treffen in der Vatikanstadt. Allerdings hatte es die Exorzisten geschafft sich loszueisen, indem sie darauf bestanden hatte, als Wächterin hierzubleiben und auf Rin zu achten, denn immerhin könnte er eine Menge anstellen oder die Dämonen würden die Gunst der Stunde ausnutzen, auch wenn es höchst unwahrscheinlich war. Niemand machte ihr jedoch einen Vorwurf. Nach dem was sie gehört hatten, waren diese Versammlungen sterbenslangweilig. „Da ist es doch schon.”, rief Renzo fröhlich. „Endlich...warum ist das Wohnheim auch so weit weg? Er hätte einfach zu uns kommen können!”, beschwerte sich Izumo. Shiemi öffnete den Mund um etwas zu erwidern, lief dabei jedoch in Shura rein, die wie angewurzelt stehen geblieben war. „Shura-” „Ruhe!”, zischte sie. Sämtliche Albernheiten waren verflogen. „Versteckt euch und schaltet die Lampe aus!” Sie kamen der Aufforderung ohne Fragen zu stellen nach. Sie hatten inzwischen gelernt sich auf die Exorzisten zu verlassen. „Autsch...”,murmelte Konekomaru, welcher von der Exorzistin ins Gebüsch gezogen worden war. „Was ist los-?” „Ruhe habe ich gesagt!”, fauchte der Rotschopf leise. „Schaut hin!” Sie taten wie ihnen geheißen wurde und ein kalter Schauer lief ihnen über den Rücken. Am Fuße der Treppe vor Rins Wohnheim, standen zwei Gestalten und die hatten dort normalerweise nichts verloren. „Ist das...Herr Pheles?”, flüsterte Shiemi verwundert. „Was macht er denn hier?” „Würde ich auch gerne wissen...und Amaimon ist bei ihm!”, zischte Bon. „Da kommen noch mehr.”, wies Shima sie hin und deutete auf die Treppe. Tatsächlich kamen mehrere Personen diese herunter. Eine Gestalt trug ein Schwert, welches ihnen allzu bekannt war und eine zweite trug eine weitere Person. „RIN?!”, entfuhr es Shiemi lauter als geplant. Renzo hielt ihr schnell den Mund zu, aber glücklicherweise hatte niemand etwas gehört. Rin stand inzwischen wieder auf seinen Füßen, wurde jedoch von Amaimon und einem weiteren Teenager festgehalten. „Wer sind die?”, flüsterte Konekomaru. „Und was machen sie mit Rin?” „Streng doch mal deine grauen Zellen an, ich dachte du wärst so schlau!”, fauchte Izumo. „Es sind insgesamt acht Personen, einer von ihnen ist Amaimon, ein Dämonenkönig. Wer sind dann wohl die anderen?!” Die Augen der Jugendlichen weiteten sich. „Aber das würde ja bedeuten, dass Mephisto...ein Dämonenkönig ist?!”, stieß Bon hervor. „Scheint so.”, nickte Shura. „Verdammt nochmal!” Fluchend schlug sie mit der Faust auf die Erde. „Wie konnten wir das übersehen!? Es macht alles Sinn! Warum Amaimon so leicht innerhalb der Barriere auftauchen konnte, dass er nach dem Kampf mit Rin wie vom Erdboden verschluckt war...und nein, das war kein Wortwitz!” Der letzte Teil war an Shima gerichtet, welcher gerade seinen Mund geöffnet hatte. Inzwischen hatten die Dämonen begonnen auf Rin einzureden. Sie konnten sehen wie dieser versuchte sich zu befreien und lauthals fluchte. Shura lauschte angestrengt. „Könnt ihr hören, was sie sagen?” Alle schüttelten den Kopf. „Egal, wir müssen Rin helfen!”, flüsterte Shiemi verzweifelt und machte Anstalten aufzustehen, als sie von Izumo zurückgezogen wurde. „Bist du jetzt vollkommen bescheuert?! Du kannst nicht einfach so auf die Dämonkönige losgehen! Du kannst ja nicht mal kämpfen oder kennst ihre Todesverse!” „Aber Rin-” Bon unterbrach sie. „Hey, wir wollen ihm genauso helfen wie du, aber wenn wir jetzt da hin stürmen sind wir tot! Amaimon ist der zweitjüngste und trotzdem haben wir es nicht mal annähernd geschafft ihm zu schaden, da will ich seine älteren Brüder nicht kennenlernen!” Da hatte er Recht. Wäre Rin nicht gewesen, hätte Amaimon sie vernichtet oder Behemoth zum Fraß vorgeworfen. Theoretisch wäre Amaimon auch nicht aufgetaucht, wenn Rin nicht gewesen wäre, aber das war jetzt egal. Keiner wollte sich ausmalen wie der Rest der Familie drauf war. „Was sollen wir dann tun?”, fragte Konekomaru. „Die hochrangigen Exorzisten sind alle in Italien und selbst wenn wir es schaffen sie zu kontaktieren, werden die Dämonen längst über alle Berge sein.” Shura begann sich langsam nach hinten zu bewegen. „Wir haben keine Wahl. Alleine besiegen wir sie nie. Wir holen Verstärkung und dann-” Was auch immer sie hatte sagen wollen, wurde von einem lautem Geräusch unterbrochen und zu ihrem Entsetzten sahen sie, wie sich eine schwarze Flüssigkeit ansammelte und langsam eine große blubbernde Masse bildete. „Ist das...” Shima stockte. Das war übel. „Die Gehennapforte...”, flüsterte Izumo. Shura fluchte so laut es angesichts der Dämonen möglich war. Sie hatten keine Wahl als zuzusehen wie Rin von den Baal zum Tor geschliffen wurde und darin verschwand. Die übrigen Söhne Satans folgten. Nach einer Minute schloss sich das Tor bereits wieder und Stille herrschte. Hätten sie nicht alles mit eigenen Augen gesehen, könnte man meinen nichts wäre passiert. Shura sprang auf. „Los jetzt!”     .................................................................................................................................................     Unter anderen Umständen wäre ein Ausflug nach Italien der Höhepunkt des Jahres gewesen. Keiner der Exwire hatten Asien geschwiege denn Japan jemals verlassen. Nun waren sie im Herzen des Exorzistenordens, aber es blieb keine Zeit für Bewunderung. Gemeinsam sprinteten sie durch die Hallen des Vatikangebäudes. Einige Leute riefen ihnen etwas in verschiedensten Sprachen zu, aber sie ignorierten es. Shura schien zu wissen wo es lang ging. Plötzlich erschien vor ihnen eine Frau und versperrte den Weg. „Weg da!”, rief Shura unwirsch. „Lo siento, pero es no posible-” „Ich spreche kein Spanisch verdammt!”, fauchte Shura frustriert. Die Frau schien dafür kein Japanisch zu sprechen, denn sie schaute die Gruppe verwirrt an. „Ähm...É una...emergency, por favor?!” Shuras verzweifelter Kommunikationsversuch war ein Kauderwelsch aus Italienisch, Spanisch, Englisch und schlechter Grammatik sowie schlechter Aussprache. Die Frau schien nun noch verwirrter als je zuvor, also ließ Shura sie einfach stehen und stürmte trotz lauter Proteste zur Tür. Die Adepten waren ihr dicht auf den Fersen. Endlich erreichten sie den Ratssaal des Vatikans, wo sie erneut auf ein Hindernis stießen. Dieses sprach Japanisch, war jedoch mindestens genauso nervig. „Halt!”, verlangte Angel gebieterisch. „Der Vatikan tagt gerade! Es ist eine Angelegenheit höchster Wichtigkeit!” Tatsächlich waren die Anwesenden nach wie vor damit beschäftigt sich mit dem Wächter über die Dämonenkönige zu streiten. Shura platzte nun endgültig der Kragen. Sie stieß Angel beiseite, trat nach vorn und schrie so laut sie konnte. „HEY, IHR OSTEREIER!!! RIN IST VON DEN DÄMONENKÖNIGEN NACH GEHENNA ENTFÜHRT WORDEN UND MEPHISTO IST EINER VON IHNEN!” Es herrschte absolute Stille im Saal. Alle Augen waren auf Shura gerichtet, manche voller Entsetzen, andere drückten einfach nur Verwirrung aus. Eine fallende Stecknadel wäre zu hören gewesen bis... „ICH WUSSTE ES!” Die Stimme des Wächters überschlag sich beinahe, als er den Zeigefinger anklagend auf alle Anwesenden richtete. „ICH HABE ES GESAGT, ABER AUF MICH HÖRT JA KEINER!” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)