Scatter and Howl von yezz ================================================================================ Kapitel 24: Awaiting News ------------------------- Die Diener hatten die Bettlaken gewechselt. Renji wusste nie, wie er sich wirklich deswegen fühlen sollte. Es war höchst persönlich und ein wenig ekelhaft, doch er vermutete, dass es bei den Nachttöpfen genauso war. Er glitt unter die frische, kühle Decke und war dankbar, dass er die Arbeit nicht erledigen musste, da er nicht in der Lage dazu gewesen wäre. Er war hundemüde, bereit nach all der Verrücktheit des Abends zu kollabieren: Die Verlobung, der Streit, die Neunte, der überragende Wiedergutmachungssex… Ja, er würde in der Sekunde einschlafen, in dem sein Kopf das Kissen berührte. „Am Morgen wird der Generalkommandant vermutlich meine Inhaftierung bestätigen“, sagte Byakuya. Renji schoss sofort hoch und stammelte: „Was?“ „Oder er wird einfach nur Wachen schicken, die die Neuigkeiten verkünden und mich eskortieren“, mutmaßte Byakuya ruhig, als würden sie den morgigen Schichtplan der Division besprechen. Er saß mit dem Rücken gegen das Kopfende des Bettes. Seine Haare waren immer noch feucht und offen, er hatte einen hellblauen Yukata mit einem blassgelben Blumenmuster angezogen. „Wir sollten dennoch bereit sein. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich für Unzucht einsitzen werde.“ „Whoa, whoa! Mach langsam“, sagte Renji und rieb sich die Haare aus dem Gesicht. „Ich war nur ein paar Stunden im Knast. Wie kommst es, dass du bereits vor dem Kriegsgericht stehst?“ „Ich habe einen Handel gemacht. Kommandant Kyōraku wird für mich verhandeln“, erklärte Byakuya. Er blickte kurz in Renjis Gesicht, bevor er wieder in seine Hände starrte, die er in seinem Schoß, über der Decke, gefaltet hatte. „Es macht Sinn, Renji. Die Division – vielleicht die ganze Seireitei nach der Ryoka-Invasion – erwartet von mir, dass ich die Gesetze befolge. Aber ich schäme mich nicht für unsere Beziehung, noch habe ich vor, sie zu ändern oder dich zu versetzen. Also habe ich zugestimmt, einen Fehler gemacht zu haben, es öffentlich gestanden zu haben und werde für diese Straftat bezahlen. Im Austausch kann nichts weiter von uns verlangt werden.“ Renjis Mund arbeitete für einige lange Minuten, nur unzusammenhängendes Quieken und Grunzen zu produzieren. Dann sank er mit einem lauten Knall gegen das Kopfende des Bettes zurück. Es war schlau. Renji konnte mit Sicherheit Kyōrakus Handschrift darin sehen. Aber Gefängnis? Wusste Byakuya, worauf er sich da einließ? Hat er jemals eine Minute hinter Gitterstäben verbracht? Was zum Teufel, Haferschleim essen und sich Insassen vom Hals halten…? Nein, keine Chance, dass sie ihn irgendwohin schickten, wo es heftig zuging. Er war einer der ersten Wahren. Leute wie er gingen in ein Gefängnis, welches einem Urlaubsort glich oder so etwas, nicht wahr? „Wird es Hausarrest sein?“ „Ich habe keine Ahnung“, sagte Byakuya. Ein paar widerspenstige Haare fanden den Weg ins Renjis Mund und er kaute auf ihnen herum, während er nachdachte. Die Patrouille draußen rief die Uhrzeit aus. Es war spät. Er musste in nur wenigen Stunden zum Dienst erscheinen. „Ich wünschte mir irgendwie, dass du mir das früher gesagt hättest. Wir haben einiges zum Besprechen.“ „Die Division wird einfach sein. Ich habe vor, dich als einstweiligen Kommandanten einzusetzen“, sagte Byakuya. Renji öffnete den Mund, doch Byakuya hob eine Hand. „Du hast Bankai. Einiges Tages wirst du dir vielleicht wünschen, die Prüfung zum Kommandanten abzulegen. Eine Division geführt zu haben, egal wie kurzzeitig, wird helfen, diejenigen verstummen zu lassen, die vielleicht denken, dass du zu kopflos und unerfahren bist. Außerdem bist du mehr als kompetent genug dafür. Du bist der Einzige, dem ich diese Position anvertrauen kann. Es wird niemand anderes machen oder ich werde das Urteil nicht akzeptieren.“ Byakuya hatte das offensichtlich irgendwann durchdacht und es war genauso klar, dass er keinen Widerspruch von irgendjemandem akzeptierte. Noch nicht einmal von Renji. Also hielt Renji seinen Mund und erwähnte die Tatsache nicht, dass er niemals vorhatte, die Prüfung zum Kommandanten abzulegen. Er hatte seine Ambitionen, stärker zu werden, nicht abgelegt, doch mit den Erinnerungen von Aizen, die ihn immer noch verfolgten, hatte Renji bemerkt, dass er nicht weiter in der Hierarchie der Hofgarden hinaufklettern wollte. Ein Kommandanten-Haori war ein Zugeständnis zu 100 %. Und das war weitaus mehr, als Renji in diesem Moment gehen wollte. Nach allem, was mit Rukia passiert war, konnte er da wirklich schwören, alle Entscheidungen von Central 46 auszuführen? Auch wenn herausgekommen war, dass das Meiste der Scheiße von Aizen kam, vertraute Renji ihnen dennoch nicht. Schau, wie sie mit Isoroku gewesen waren. Das tat immer noch weh. Außerdem bei allem, was ihn Aizen im Rukongai hat machen lassen – das war alles astrein gewesen, völlig legal. Und ehrlich gesagt: Scheiß drauf. Als Renji nicht protestierte, nickte Byakuya. „Ich sehe, du stimmst zu. Gut. Die verzwicktere Sache ist mein Status als Familienoberhaupt, sobald ich inhaftiert bin.“ Renji hatte darüber nicht nachgedacht. „Ja? Ich habe irgendwie gedacht, dass es keine Möglichkeit gibt, dass du nicht Familienoberhaupt sein wirst, außer nach deinem Tod.“ „Auch wenn das wahr ist“, Bykauyas Finger strichen die Falten der Decke glatt, während er sprach. „Meine Autorität, familiäre Entscheidungen zu treffen, wird für die Dauer meiner Haftstrafe aufgehoben. Das wäre weniger lästig, wenn es den Erben nicht geben würde. Da ich einen ernannt habe, sollte meine Autorität automatisch auf ihn übergehen. Doch er hatte noch nicht seine Einführungszeremonie. Ein ambitioniertes Familienmitglied könnte sich selbst als seinen Vormund bestimmen und so tatsächlich meine Macht ergreifen.“ Ein ambitioniertes Familienmitglied? Wer…? Oh. „Tante Masama.“ „Genau.“ „Nun ja, Scheiße“, seufzte Renji, ließ seinen Kopf gegen die Wand fallen. Seine Arme waren vor seiner Brust verschränkt. Er konnte spüren, wie sein Gesicht sich zu einem tiefen Stirnrunzeln verzog, wenn er daran dachte, dass Tante Masama Vollzeit ins Anwesen zog. „Wie viel Schaden könnte sie anrichten?“ „Das ist unklar“, sagte Byakuya. „Ehrlich gesagt hat mich meine Tante schon immer im politischen Sinne ausmanövriert. Als die Heiratsvermittlerin der Familie schulden viele ihr Gefallen – nicht nur innerhalb meiner Familie, sondern auch außerhalb. Bei fast jeder lohnenswerten Familie in der Seireitei. Ich hingegen bin nicht beliebt. Meine Familie empfindet mich als mühsam – starrsinnig und launisch.“ „Starrsinnig, huh?“ grinste Renji. Byakuya versuchte nicht einmal zu lächeln. Stattdessen blieben seine Lippen zu einer dünnen Linie gepresst. „Ja, da ist ein großer Teil, der mir niemals vergeben hat, dass ich meine Verlobung gelöst habe, um eine Gewöhnliche zu heiraten. Mehr sogar, ich spiele ihre Spiele nicht, noch wohne ich ihren Funktionen oder Feierlichkeiten bei oder biedere ich mich irgendwen an. Ich habe keinerlei Verbündete unter meinesgleichen.“ „Du hast immer Rukia an deiner Seite“, bemerkte Renji. „Ich… oh“, Byakuya blinzelte. „Natürlich. Rukia ist meine Schwester und eine Kuchiki. Eine nähere Verwandte könnte ich mir nicht erhoffen zu finden. Ich werde sie zum Regent ernennen.“ Byakuya stand aus dem Bett auf. „Ich werde den Brief dazu jetzt schreiben.“ Renji griff nach Byakuya, um ihn zurück ins Bett zu ziehen, um ihm zu sagen, dass er versuchen soll ein wenig zu schlafen. Doch er ließ den Arm wieder fallen. Byakuya musste das tun. Das war auch nichts, was jemand anderes für ihn tun konnte. Also schlug Renji die Decke zurück und suchte seine Shitagi auf dem Boden. „Richtig“, sagte er und zog sich den Stoff über die Schultern. „Ich hole Tee und treffe dich im Büro.“ Es war noch so früh am Morgen, dass die Küche fast leer war. Ein Fischhändler, den Renji nicht kannte, war damit beschäftigt, die Frühstücks-Makrele vorzubereiten. Er war ein gedrungener Kerl mit raspelkurzen Haaren und großen, fleischigen Armen. Doch er entschuppte den Fisch in mit schnellen, professionellen Strichen. Renji nickte dem Fischhändler kurz zu und suchte dann nach den Dingen für Tee. Er hatte gerade einen Kessel an den Haken gehangen, um das Wasser zu kochen, als Miki hereinhastete. „Renji, ich dachte mir schon, dass du es warst, der die Stufen hinunter getrampelt ist. Grundgüter, du musst uns sagen, was passiert ist!“, sagte sie atemlos von ihrem Lauf die Treppe hinunter. Sie war immer noch in ihrem Schlafgewand und ihre grellorangenen Haare standen in alle Richtungen von ihrem Kopf in, vom Schlaf geplättete, Korkenzieherlocken ab. „Und, oh du lieber Himmel, ist das das Nachmittagsservice? Was glaubst du, was du da tust?“ Renji blickte auf die Teesachen und fühlte sich schuldig. „Uh… Tee machen?“ „Nein“, sagte sie fest. „Du setzt dich hin.“ Als Renji nach den Schalen griff, um sie dorthin zu stellen, wo er sie gefunden hatte, schlug sie seine Hände weg. „Fass. Nichts. An.“ Sie deutete auf den Stuhl. „Setzen. Und erzähl mir alles. Das Abendpersonal schnatterte etwas von Arrest! Sie sagten, du hättest versucht, den Herrn umzubringen und der Kommandant der Neunten hätte dich weggeschleift.“ „Was? Ah, Gott“, Renji schüttelte den Kopf und setzte sich auf den Stuhl neben dem Feuer. „Die Gerüchteküche hier… Scheibenkleister. Ok, hör zu: Ich habe nicht versucht, jemanden umzubringen, doch die Neunte hat mich wegen Ungehorsam mitgenommen. Ich würde vermutlich immer noch im Knast sitzen, wenn Byakuya nicht entschieden hätte, allen zu sagen, dass es ein Beziehungsstreit gewesen wäre.“ „Nein!“, keuchte Miki und tauschte das Teeservice gegen eines aus, dass gottverdammt noch mal fast identisch mit dem aussah, das Renji gefunden hatte. „Hat er nicht!“ „Hat er“, sagte Renji. Er beobachtete, wie Miki ein Gehabe um das Geschirr und das Tablett machte und fragte sich, wie weise es wäre, alle auf einen möglichen Hausarrest von Byakuya vorzubereiten. Sollte er es ihnen sagen? Alle hier unterlagen den Launen des Hausherren. Renji vermutete, dass falls er hier Diener wäre, würde er eine verdammte Panikattacke bekommen, wenn er sehen würde, dass Byakuya weggeschleift werden würde. Vielleicht war es an der Zeit, wenigstens ein einziges Mal die Gerüchteküche zu ihrem Vorteil zu verwenden. Also atmete er tief durch und sagte: „Aber Byakuya hat einen Plan. Das ist ein wenig verrückt, aber ich denke, dass es schlau ist. Er wird das Urteil wegen Unzucht annehmen, aber mit der Bedingung, dass sobald er die Zeit abgesessen hat, es damit auch erledigt ist. Dass sie uns danach nichts mehr können.“ Miki hatte das Tablett angehoben, um es Renji zureichen, doch sie setzte es wieder mit einem Keuchen ab. Selbst der Fischhändler drehte sich um, um Renji anzusehen. „Sagst du, dass der Herr ins… Gefängnis geht?“ „Vielleicht…?“, sagte Renji und stand auf, um das Tablett aufzunehmen. Sie sah zu geschockt aus, um es ihm zu geben. „Könnte Hausarrest werden. Ich weiß nicht, was der Generalkommandant verlangen wird. Doch du musst Byakuya vertrauen, Miki. Alle müssen darauf vertrauen, dass er das gut genug durchdacht hat. An alle Verantwortlichkeiten gedacht hat.“ „Erleuchteter Buddha“, quiekte sie und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Renji füllte die Teekanne mit dem Wasser aus dem Kessel und sagte: „Hey, Byakuya ist gerade ein Stockwerk über uns und klärt die Situation mit dem Erben und wer die Befehlsgewalt hat, falls er am Ende weg muss. Keine Chance, dass er etwas zulässt, was gegen seinen Interessen ist, wenn du weißt, was ich meine.“ „Zuerst verlieren wir Eishirō und nun das?“ Renji legte sanft seine Hand auf Mikis Schulter. „Es wird alles gut werden.“ „Das kannst du nicht wissen, Renji“, sagte sie und schaute zu ihm auf, Tränen formten sich in ihren Augen. „Was, wenn diese furchtbare…“ Sie stoppte sich selbst, bevor sie etwas Beleidigendes gegenüber einem Kuchiki sagen konnte, indem sie eine Hand über ihren Mund legte. Ihre Augen sagten Renji, dass sie beide an die gleiche Person dachten: Masama. „Was ich meine ist, dass ein neuer Meister uns alle feuern könnte.“ Renji drückte ihre Schulter und sagte: „Du weißt besser, wie das funktioniert, als ich es tue. Noch hat der Erbe gar nichts zu sagen? Außerdem gibt Byakuya die Regentschaft – oder wie das heißt – an Rukia. Rukia wird keinen feuern.“ „Oh?“, Mikis Hand sank endlich wieder von ihrem Gesicht. „Oh! Lady Rukia wäre wundervoll!“ „Siehst du?“ Er ließ nach einem letzten Drücken ihre Schulter los. „Es könnte doch alles in Ordnung sein.“ „Ok, Renji“, sagte sie. „Du bringst den Tee zu deinem Kommandanten. Ich mache dem Herrn ein Frühstück, damit er uns in Erinnerung behält.“ „Das ist Kampfgeist“, sagte Renji. An der Tür zu Byakuyas Büro auf dem Anwesen hielt Renji inne, um zu klopfen. Er konnte Stimmen hören – oder genauer, eine Stimme – als Byakuya seine Befehle an den stellvertretenden Hausverwalter Hitoshi weitergab. „Komm herein, Renji“, sagte Byakuya abwesend. Byakuya trug immer noch seinen Schlafyukata, doch er musste entschieden haben, dass er sich mehr offiziell fühlte mit dem Kenseikan, da er sich die Zeit genommen hatte, ihn anzuziehen. Byakuya lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf den knienden Hausverwalter und fuhr fort: „Schicke einen der schnellsten Personenschützer zu unserem Sommerhaus, um Eishirō und seine Familie zurückzuholen. Informiere ihn, dass der Rest seiner Bestrafung aufgrund der aktuellen Notfallsituation aufgehoben ist. Wenn wir irgendwelche Verbündeten innerhalb der Familie haben, wird Eishirō wissen, wer sie sind.“ Der Hausverwalter beugte seinen Kopf noch tiefer. „Ja, mein Herr.“ Renji bückte sich, um den Tee neben Byakuyas niedrigem Schreibtisch auf dem Boden abzustellen. Er setzte sich so leise, wie er konnte. Er versuchte nicht einmal, Seiza zu sitzen, trotz der furchtbar formalen Atmosphäre im Büro. Die Stunden würden sich ziehen, wenn sie alles besprachen, also dachte Renji, dass er es sich genauso gut bequem machen konnte. Byakuya arbeitete eine lange Liste von Dingen ab, die Hitoshi vorbereiten und erledigen sollte. Renji hörte aufmerksam zu, für den Fall, dass er irgendetwas erneuern oder die Leute daran erinnern musste, doch das Zeug, über das sie redeten, war in einem Bereich weit außerhalb seiner Liga. Da war das Gerede von Konten, die geschlossen werden sollten und das Vermögen umdirigiert werden. Es klang, als würde sich Byakuya auf eine finanzielle Belagerung vorbereiten. Auch, wenn Renji wusste, dass es wichtig war, war es stumpfsinnig und scheiße langweilig. Um sich selbst vom weg dösen abzuhalten, kümmerte sich Renji um den Tee und schaute den neuen Hausverwalter zum ersten Mal aufmerksam an. Es war unmöglich, das Alter von irgendwem in der Soul Society zu schätzen, doch da waren stahlgraue Strähnen in Hitoshis Haaren, die er offen, in einer Art Pagenjungen-Bobschnitt trug. Der Haarschnitt erinnerte Renji fast schon an den von Yumichika. Außer der Tatsache, dass das, was an Yumichika gut aussah, irgendwie deplatziert an Hitoshi zu wirken schien. Fast, als würde er vergeblich den Stil eines jüngeren Mannes zu kopieren versuchen. Das war besonders erkennbar, da Hitoshis Gesichtszüge runzelig und erschöpft wirkten. Zu irgendeinem Zeitpunkt in Hitoshis Leben hatte jemand seine Nase geplättet und sein ganzes Gesicht schien… in Form gedrückt zu sein, als hätte er vielleicht seine Jugend als Boxer oder Schläger verbracht. Hitoshi sah nicht direkt wie die Sorte aus, die den Butler für eine der mächtigsten Adelsfamilien in der ganzen Seireitei spielten. Doch Renji war entschlossen, mit dem Typen nicht das zu tun, was die meisten Leute taten: Irgendein vorschnelles Urteil über seine Fähigkeiten anhand seines Aussehens fällen. Wenn Eishirō diesen Kerl empfohlen hatte, dann war er gut. Gleichzeitig sah Hitoshi ziemlich panisch aus, dachte Renji. Er schien genauso erleichtert wie Renji zu sein, als Byakuya endlich seine Anordnungen stoppte und sagte: „Ich habe das meiste davon auch hier aufgeschrieben“, Byakuya hielt Hitoshi ein Blatt Papier hin. „Bitte schaue es dir aufmerksam an. Wenn du irgendwelche Fragen hast, würde ich bevorzugen, dass du sie so schnell wie möglich stellst. Ich kann nicht wissen, wann ich zum Gehen aufgefordert werde.“ Mit bebender Hand griff er nach dem Papier. „Ja, mein Herr.“ Renji reichte Byakuya eine Schale Tee, die er bereitgehalten hatte. „Frühstück kommt“, sagte er. „Ich habe Miki von der Situation erzählt. Ich dachte, dass es vielleicht besser ist, wenn das Personal weiß, was kommt und dass du einen Plan hast. Ich hoffe, das war in Ordnung.“ „Das ist in Ordnung“, sagte Byakuya und nippte fast schon gedankenverloren an seinem Tee. Er zog ein weiteres Blatt Papier von dem Stapel vor ihm. „Ich habe einige Kopien von dem Brief gemacht, der die Bestimmung von Rukia als Vormund des Erben beinhaltet. Kuriere werden die Kopien verteilen, die an die Vertreter meiner Familie gehen müssen. Doch ich möchte, dass du einen zu Rukia bringst. Überbringe einen auch bitte persönlich Central 46 zur Absicherung, falls es einen Konflikt geben sollte. Ich denke nicht, dass meine Familie darüber Krieg führen wird, aber die Hofgarden sollten von der Möglichkeit wissen.“ „Meinst du das ernst?“, fragte Renji. Er nahm die Kopien und steckte sie in die Innentasche seiner Shitagi. „Du denkst, deine Familie würde wortwörtlich Rukias Ernennung bekämpfen? Also mit einer privaten Armee?“ Byakuya nahm einen erneuten Schluck von dem Tee. Er blickte zur Schale, als wäre er über die Stärke oder den Geschmack erfreut. Dann seufzte er. „Es wäre selbst für sie heftig, doch wenn sie wissen, dass die 13 Hofgarden bereitstehen, um meine Regentenwahl zu verteidigen, wäre es doppelt so abschreckend.“ „Ugh“, grunzte Renji. „Das möchte ich schwer hoffen.“ Die Kuchikis hassten ihn bereits jetzt schon. Das letzte, was Renji wollte war, persönlich dafür verantwortlich zu sein, Nicht-Shinigami-Soldaten auseinanderzunehmen. Es wäre ein verdammtes Schlachtfest. „Alles erscheint mir klar genug“, sagte Hitoshi kleinlaut, auch wenn Renji dachte, dass er einen Hauch von wachsendem Selbstvertrauen bemerkt hatte. „Soll ich beginnen, mein Herr?“ „Ja, mach das“, sagte Byakuya. Mit einer Menge Verbeugungen machte sich Hitoshi auf den Weg nach draußen. Als die Tür zugeschoben war und die besockten Füße den Flur hinuntergingen, schloss Byakuya die Augen und beugte den Kopf. „Ich wünschte, Eishirō wäre hier. Ich befürchte, dass Hitoshi für die Aufgaben nicht bereit ist.“ „Ja, nun ja, das ist schon irgendwie zu viel für einen Stellvertreter. Aber manche Stellvertreter wachsen damit“, sagte Renji und dachte dabei an Ichigo. Er nahm einen Schluck von seinem eigenen Tee und fuhr fort: „Doch ich bin mir ziemlich sicher, dass auf Hitoshis persönlicher Agenda ziemlich weit oben steht, Eishirō hierhin zu bekommen, pronto.“ Byakuyas Augen waren nach unten gewandt, seine Lippen dünn und hart. Würde er die kleinen Wellen auf der Oberfläche des Tees nicht sehen, wäre Renji sich nicht sicher gewesen, ob Byakuya überhaupt atmete. „Du musst dich ein wenig entspannen, Kommandant“, sagte Renji. „Eishirō wird in kürzester Zeit hier sein. Das Gerücht verbreitet sich nicht so schnell. Ich vermute, deine Familie wird davon erst in ein paar Tagen erfahren. Selbst die ambitionierteste Person wäre nicht in der Lage, irgendeine strategische Attacke innerhalb so kurzer Zeit zu fahren. Du hast mindestens noch eine Woche Zeit.“ Byakuyas graue Augen blickten auf. Es war kaum nicht bemerkbar, doch Renji konnte spüren, wie sich Byakuya leicht entspannte, seine Gesichtszüge änderten sich von steinhart zu nicht-ganz-so-hart-wie-steinhart. „Ja, du hast natürlich recht.“ „Ich weiß, dass es nicht dein Stil ist, dich bei uns anzulehnen, aber du brauchst nur Rukia oder mich zu rufen, wenn dir etwas einfällt, was du hättest tun müssen oder was auch immer. Ich meine, selbst im Madennest lassen sie jemanden Besucher haben, wenn es wichtig ist, weißt du?“ „Ja, ich habe deinen Bruder dort besucht“, sagte Byakuya. Seine Stimme klang hohl bei der Erinnerung. Renji zuckte wegen seiner eigenen Taktlosigkeit zusammen. Er hätte nicht direkt zur schlimmsten Möglichkeit übergehen sollen. Himmel, das Madennest war der schlimmste Albtraum von jedem Shinigami. „Ich denke nicht, dass sie dich dorthin schicken“, sagte Renji und versuchte damit mehr als alles andere, sich selbst zu beruhigen. „Also zum Madennest, meine ich. Diese Beleidigung wäre es nicht wert, dir Senbonzakura abzunehmen. Außerdem, wenn man Hisagi Glauben schenken kann, sitzt jeder die Zeit in der ihm übergeordneten Division ab. Keine Chance, dass Yamamoto so ein super harter Hund bei dir ist.“ „Es sei denn natürlich, dass er ein Exempel an uns statuieren möchte“, sagte Byakuya und trank einen weiteren Schluck Tee. „Er könnte diese Gelegenheit nutzen und die Leute daran erinnern, dass es Konsequenzen hat, wenn man die Unzuchtsregel verletzt.“ „Ich bin mir ziemlich sicher, dass der eigene Vize vom Generalkommandant ziemlich geil auf ihn ist.“ „Renji!“, mahnte Byakuya, doch ein schemenhaftes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Ich sag es ja nur“, sagte Renji. „Wie auch immer, war es die Idee hinter deinem ganzen Handel, dass du, nachdem du deine Zeit abgesessen hast, weitermachen kannst? Falls der Generalkommandant dazu eine Bemerkung abgibt, dann würde es ein wenig seltsam wirken: ‚Wenn du gewillt bist, deine Zeit abzusitzen, fühl dich frei, gegen das Gesetz zu verstoßen?‘ Keine Ahnung. Könnte nach hinten losgehen. Ich kann schon sehen, wie einige präventiv hingehen, um einen Freifickschein zu bekommen.“ Byakuya schnaubte. „Niemand würde das tun, Renji.“ „Ich denke, du unterschätzt die Verdorbenheit der Elften, Kommandant“, sagte Renji. Byakuya gab endlich einem echten, kurzen Lächeln nach. Doch seine Augen waren immer noch nach unten gewandt, als er sagte: „Ich werde dich furchtbar vermissen. Weißt du das?“ „Hey, hey, hey, fang jetzt nicht an, so zu reden“, sagte Renji. Er setzte seine Schale ab, in dem Vorhaben, Byakuyas Hand zu nehmen. Er hielt inne, dachte daran, dass sie nicht von jemandem dabei erwischt werden wollten, wie sie Händchen hielten. Doch dann dachte er, scheiß drauf, und griff nach ihr. „Es könnte am Ende auch einfach Hausarrest sein und wir hatten das letzte Mal Spaß, als ich unter Hausarrest stand, erinnerst du dich? Beschränkt auf das Quartier. Heh, deins.“ „Oh, Renji. Ich habe das vielleicht ein wenig verdient“, gab Byakuya mit einem Kopfschütteln zu. Renji lächelte liebevoll. Er küsste Byakuyas Fingerknöchel, bevor er die Hand losließ. Er füllte Byakuyas Teeschale wieder auf und sagte: „Ja, weißt du, ich hasse es, das zu sagen, doch es könnte gut für die Moral der Division sein. Nun, da die Leute von uns wissen und alldem… nun ja, zu sehen, dass du jetzt hervortrittst? Ja, es könnte genau das sein, um alles in Ordnung zu bringen.“ „Ja, ich denke genauso.“ Byakuya nahm seinen Tee auf. „Das ist der Grund, warum ich entschlossen bin, es durchzuziehen.“ Das Klopfen an der Tür ließ sie beide zusammenfahren – tatsächlich sprang Renji auf seine Füße, Hand auf Zabimaru; Byakuya zuckte leicht zusammen, seine Teeschale klirrte, als er sie mit Nachdruck abstellte. „Frühstück, mein Herr“, ertönte Aios Stimme. Renji fühlte sich gleichzeitig dämlich und zutiefst erleichtert, dass es nur sie war. Er setzte sich wieder hin, als Byakuya Aio wissen ließ, dass sie reinkommen konnte. „Du kannst mich nicht vor der Haft verteidigen“, sagte Byakuya, als Renji Zabimaru zurechtrückte, damit er bequem sitzen konnte. „Ich möchte nicht, dass du wegen Ungehorsam zurück zur Neunten, oder schlimmer noch zur Ersten, musst.“ Renji wollte sich beschweren, dass er nur aus Instinkt seine Hand auf seinem Zanpakutō hatte, doch Byakuya würde im Moment weder die Widerworte, noch die Meinung dazu zu schätzen wissen. „Ja, Kommandant“, sagte er daher pflichtbewusst. „Tatsächlich ist es vielleicht sogar das Beste, wenn du nicht da bist“, sagte Byakuya. „Es wird schwierig genug für mich sein, das durchzustehen, vor allem, wenn ich weggeschickt werde. Ich möchte, dass du dich nach dem Frühstück auf den Weg machst, um die Briefe auszuliefern.“ Ein widerwilliges Wimmern verließ Renjis Mund, bevor er sich aufhalten konnte. Er hasste den Gedanken daran, weggeschickt zu werden, wenn Byakuya so etwas Ernsthaftem entgegentreten musste, doch Byakuya hatte vielleicht recht. Selbst wenn er jedes Gramm an Disziplin aufbringen konnte, den er hatte, würde es hart sein zuzusehen, wie Soldaten Byakuya mitnahmen und er nichts tun konnte, um sie zu stoppen. Außerdem würde es auch hart für Byakuya werden und selbst wenn Renji es schaffte, dort zu stehen, würde er es nicht stoisch hinnehmen können. Jede Emotion würde auf seinem Gesicht geschrieben stehen. Jede verdammte. Er konnte verstehen, wie das vielleicht für Byakuya herzzerreißend sein konnte, zusätzlich zu allem anderen. „Ja, in Ordnung“, grummelte Renji zustimmend, während Aio mit großen Augen das Essen für sie bereitstellte, ganz klar neugierig. Renji lächelte ihr ein wenig zu und nickte. „Ich denke nicht, dass Rukia in den nächsten Stunden wach wird, doch ich kann mich auf den Weg machen und zuerst zu Central gehen. Dort ist immer jemand im Dienst.“ „Ja, genau mein Gedanke“, sagte Byakuya. Aio verbeugte sich ihren Weg hinaus und Byakuya dankte für das Essen. Renji war nicht überrascht, die Makrele zu sehen. Sie war gegrillt und roch ein bisschen pfeffrig, als hätte Miki sie vielleicht in etwas mariniert oder eine würzige Sauce hinzugefügt. Offensichtlich war die Schärfe für Byakuya. Doch Renji hatte jede Menge anderer Dinge, die er essen konnte. Da war Reis und eingelegte Gurke, genauso wie eine sehr hübsche Miso-Suppe mit gedämpften, geöffneten Muscheln. Byakuya runzelte die Stirn, als er den Fisch probierte. „Er ist zu scharf für dich. Ich werde ihn zurückgehen lassen.“ „Nein, wage es ja nicht“, sagte Renji schnell. „Miki hat ihn extra für dich gemacht. Sie wollte, dass du ihre Küche vermisst.“ Byakuyas Mund öffnete sich, doch bevor er es verstecken konnte, zeigten sich auf seinem Gesicht eine Reihe von Emotionen: Schock, Kummer und schlussendlich Dankbarkeit. „Du wirst ihr von mir danken“, sagte er und schaffte es, wieder total herrschaftlich und emotionslos zu klingen. „Natürlich“, sagte Renji und nahm sich eine große Portion von der Suppe. Die Realität von Byakuyas potentieller Abwesenheit begann an ihm zu nagen. Tage ohne ihre morgendliche Routine würden hart für ihn werden, was wäre, wenn es Monate werden würde? Renji musste sich selbst zurückhalten und erinnern, dass die Dinge schlimmer stehen könnten. Auch wenn der alte Mann auf irgendeinem Grund das Gesetzbuch nach Byakuya werfen und ihn für mehrere Monate ins Madennest schicken würde, es sprach niemand davon, dass sie ihre Ränge oder ihr Leben verlieren würden. Sie würden das überleben. Am Ende war es das Einzige, was zählte. „Du bist hinter Gittern gewesen“, sagte Byakuya ruhig. „Wie ist das?“ Renji schaffte es, nicht anzumerken, dass seine längste Inhaftierung hier, in der Sechsten, gewesen war und vollkommen von Byakuyas Anweisungen abhängig gewesen war. „Nun ja, ich habe die meiste Zeit damit verbracht, mich von Verletzungen zu erholen. Es war anders, denn meine Untergebenen haben mich ziemlich ausflippen lassen mit…“ „Nein, ich meinte, als du im Rukongai warst. Als du tätowiert worden bist.“ Renji hatte gerade einen Löffel voll Suppe zu seinem Mund gehoben und seine Hand hing für eine lange Zeit in der Luft, steif vor Schreck. Dann ließ er sie mit einem Knall fallen. „Wer hat dir davon erzählt? Niemand weiß davon. Nicht einmal Rukia.“ „Die Tätowiererin weiß davon“, sagte Byakuya. „Sie sagte, ihr Meister wäre derjenige gewesen, der das meiste deiner früheren Arbeiten gemacht hat, inklusive der ersten Strafbänder.“ Renji verschränkte die Arme vor seiner Brust, Hände verdeckten die Kreise, die um seine Arme verliefen, direkt über seinen Ellbogen. Nicht, dass sie unter der Uniform sichtbar wären, aber die Bewegung, um sie zu verdecken war unbewusst. Sofort als er bemerkte, was er tat, schüttelte er sich selbst aus. „Das ist ein Geheimnis. Das darf nicht rauskommen, weißt du. Die Hofgarden möchten keine Diebe als Vizekommandanten.“ „Diebstahl? Das war dein Verbrechen? Ich hätte gedacht, dass solch eine Bestrafung für etwas Beträchtlicheres sein müsste.“ „Oh, also kennst du den Teil nicht? Super“, sagte Renji reuevoll. „Ja, es war für Diebstahl. Ich wurde geschnappt, als ich etwas gestohlen habe, was einem Teehaus gehörte.“ „Zu einem Teehaus? Aber das würde bedeuten…“, Byakuyas Gesicht wurde blass. „Oh, ich verstehe.“ Er kaute einen Moment nachdenklich auf seinem Fisch herum und nickte dann. „Ja, der Rechtsweg ist schwierig in solchen Situationen. Aus einem Vertrag herauszukaufen ist teuer, selbst für mich. Ist sie entkommen oder hast du dabei alles verloren?“ Ok, also wusste Byakuya noch nicht, dass es Rukia gewesen war. Das war eine Erleichterung. Nicht, dass es Renji viel bedeuten würde, wenn Byakuya es wusste, doch Rukia würde es vielleicht etwas ausmachen. „Ja, sie ist entkommen. Einige meiner Freunde hatten nicht so viel Glück. Sie starben, weil wir gegen die Mafioso in Unterzahl waren. Es war ein einziges Abschlachten.“ Byakuya nickte. „Ich verstehe nicht, warum du das vor mir verheimlicht hast, vor allem als wir über deine Einwände gesprochen haben, einen Jungen aus dem Teehaus anzuheuern. Ich hätte das verstanden.“ „Ja, nun ja, ich mag meine Tinte“, erklärte Renji. „Ich möchte nicht, dass jemand sie in einer anderen Weise ansieht, weil sie plötzlich wissen, dass es nicht meine Wahl war. Ich brauche kein Mitleid. Vor allem nicht für meine Tattoos. Ich hätte es eh gemacht, nur wären es nur Tigerstreifen geworden. Wie auch immer, der alte Hiroshi hat gute Arbeit geleistet. Niemand kann sagen, dass sie nicht von Anfang an so gemeint waren.“ „Nein, absolut nicht. Sie sind makellos“, sagte Byakuya. „Ich habe niemals eine Ähnlichkeit zu Bestrafungstätowierungen gesehen, bis es mir erklärt wurde.“ Renji grunzte. „Toll.“ „So ist es nicht“, beharrte Byakuya. „Was ich sagen will, ist dass ich das nicht sehe. Nicht einmal, nachdem ich von ihrer Herkunft wusste, hat es ihre Schönheit geschmälert.“ „Nun ja, das ist schon mal was“, sagte Renji mit einem halbherzigen Lächeln. Byakuya lächelte leicht zurück. Sie wandten sich für einen Moment wieder ihrem Frühstück zu, bevor Byakuya sagte: „Aber du musst Zeit in Gewahrsam verbracht haben. Wie war das?“ „Ah, Rukongai-Knäste sind kein Vergleich zu dem, was du sehen wirst“, sagte Renji. Doch ehrlich gesagt waren seine Erinnerungen wieder aufgefrischt worden, nachdem er das erste Mal Seichi wiedergesehen hatte. Daher sagte er: „Erinnerst du dich an die Barracken, in denen Seichi zuerst war? So in der Art war es. Viele Kerle, die auf ihre Bestrafung warteten, alle schwirrten herum und verursachten so viel Ärger, wie sie in der Zwischenzeit konnten. Wanzen. Flöhe. Schläger. Doch mit wesentlich weniger Insassen, denn keiner von uns war dort für lange Zeit. Rukongai hat keine Gefängnisse. Niemand hat die Kraft, die für eine längere Zeit aufrechtzuhalten. Ironischerweise, wenn du es hart erwischt hast, wirst du hierhin geschafft – in die Seireitei – oder direkt vor Ort hingerichtet. Also bekommen die Meisten ihre Zeichnung und Prügel und wurden innerhalb von wenigen Tagen wieder losgeschickt. Manchmal sind Leute nur für Stunden drin, wenn die Straftat gering war und der Tätowierer verfügbar. Ich meine, ich wäre tot gewesen, wenn ich nicht das Schwein gehabt hätte, dass jemand die Ordnungshüter gerufen hatte und zufälligerweise eine Patrouille Shinigami vor Ort gewesen war. Die Ordnungshüterin, so vermute ich, hat die Sache der Yakuza zugeschrieben.“ „Vielleicht war deine Freundin diejenige, die nach Hilfe gerufen hat“, mutmaßte Byakuya zwischen zwei Bissen Reis. Rukia? Natürlich, es war vermutlich sie, die die Leute gerufen hatte. Sie hatte vielleicht gehofft, dass sie rechtzeitig da gewesen waren, um das Leben aller zu retten. Stattdessen war nur er übrig gewesen, als sie endlich eintrafen. Sie hatten über sein Schicksal diskutiert. Die Shinigami schienen nicht besonders besorgt darum gewesen zu sein, Renjis Leben zu schützen. Sie waren wegen einer anderen Mission dort gewesen und hatten ziemlich verstimmt gewirkt, dass sie irgendeine lokale Streiterei schlichten mussten. Renji hatte dem Ordnungshüter sein Leben zu verdanken. Die Frau hatte sich darüber ausgelassen, dass die Shinigami dort in ihren Uniformen stehen konnten und keinen feuchten Dreck dafür gaben, das Geschäft von ein paar Yakuza auffliegen zu lassen… und sich selbst noch an der Beute bereicherten. Es war Renjis erste Einsicht, dass Rukias Traum vielleicht doch eine dunkle Seite haben konnte. Manchmal fragte sich Renji, was gewesen wäre, wenn das ihr die Freude über ihre ersten Akademietage genommen hätte – das Herausfinden, was es wirklich bedeutete, ein Shinigami zu sein. Er hatte sich immer dafür die Schuld gegeben, als er herausgefunden hatte, dass sie es nicht in die Elitetruppe geschafft hatte. Er wusste, dass sie viel Energie verbraucht hatte, als sie sie beide durch die Barrieren der vielen Distrikte gebracht hatte. Die ersten paar Barrieren waren hart gewesen – das Kidō, die sie benötigten um durchzugehen war stärker, je weiter draußen man war und Renji war verletzt gewesen, erholte sich von seiner Tracht Prügel. Er hatte gerade genug Reiatsu übrig, um sich von den Effekten zu schützen. Sie hatte die Kraft gehabt, die beide zu schützen. Sie war so sicher gewesen, dass sie zu einem besseren Ort gingen. So überzeugt, dass das Leben eines Shinigami nichts von der Hässlichkeit in Inuzuri hatte. Und dann waren sie direkt angebellt worden. Sie hatte ihren Kopf hochgehalten, sicher, dass es aufhören würde, sobald sie offiziell Kadetten werden würden. Ja, nicht wirklich. „Hast du immer noch Kontakt zu ihr?“, fragte Byakuya, seine Stimme schnitt durch Renjis Erinnerungen. „Mit wem?“ „Deiner Teehausfreundin“, sagte Byakuya. „Ich habe gedacht, du hättest sie zurückgelassen, als du zur Akademie gegangen bist. Doch in Anbetracht des Ärgers, den du für ihre Freiheit durchgemacht hast, finde ich es überraschend, dass ich noch nicht einmal ihren Namen kenne. Dass du niemals von ihr sprichst.“ Als sich ihre Augen trafen, war Renji sich sicher, dass seine Antwort auf seinem Gesicht geschrieben stand. Selbst wenn Byakuya es nicht erraten konnte, würde Renji immer wieder lügen müssen, um Rukias Geheimnis zu bewahren. Und sie hatte das niemals von ihm verlangt. Scheiße, sie hatten danach nie wieder darüber geredet. Nicht einmal in den ganzen eineinhalb Jahren, die sie bis zu den Toren der Akademie gebraucht hatten. „Ich habe sie niemals zurückgelassen. Ich habe sie ein paar Mal gehen lassen – öfter, als ich es hätte tun sollen, doch ich bin ihr immer so schnell gefolgt, wie ich konnte.“ Byakuyas Augen weiteten sich. „Rukia?“ Er nickte. Byakuya wurde dieses Mal weiß wie ein Bettlaken. Renji wollte Byakuya versichern, dass niemand Rukia misshandelt hatte, als sie in den Händen dieser Hurenhändler gewesen war, aber… nun ja, das war genau der Grund, warum sie niemals darüber sprachen. Er wollte es nicht wissen, denn er war Sturköpfig genug um zu denken, dass er zurückmüsste und ein paar Köpfe rollen lassen müsste, falls sie das hätten. Nicht zu vergessen, dass Rukia damals schon Kidō hatte und jeden in die Luft hätte jagen können, der es versucht hätte. Es zu wissen, hätte ihn beschützerisch und mitleidig gemacht und ehrlich gesagt verdiente sie so oder so Besseres von ihm. Wie immer zeigte sie ihm, wie man sich verhielt, indem sie kein Gewese über seine Verletzungen machte und so tat, als würde sie die Tinte nicht sehen. Das einzige was sie jemals getan hatte war, für ihn einen Yukata mit längeren Ärmeln zu stehlen, kurz bevor sie es an die Tore geschafft hatten. Wie auch immer, Renji hatte gedacht, dass Byakuya der Letzte sein würde, der über den Scheiß sauer werden würde, der in den Bordellen ablief. Er besaß vier davon. Außerdem hatte er Hisana in einem getroffen. Doch es würde Renji nicht im Geringsten überraschen, wenn Byakuya gedacht hätte, dass es eine Sache von sozialem Rang war – dass die einzigen Plätze, wo der grobe Scheiß ablief, weiter außerhalb war. „Ich habe dir doch erzählt, dass am ersten Tag, an dem ich Rukia getroffen habe, sie einen Typen K. O. geschlagen hat, der mindestens doppelt so groß war wie sie. Oder nicht? Diese Mönche haben ihr krasse Bewegungen beigebracht. Sie war ein angriffslustiger Kämpfer, immer schon gewesen“, bemerkte Renji wegen Byakuyas düsterer, grüblerischer Stille. „Sie hatte auch schon starkes Kidō. Wie jetzt.“ Byakuya legte die Essstäbchen ab. Er stand auf, offensichtlich fertig mit dem Essen und ihrem Gespräch. „Wenn ich aus der Haft zurückkehre wird meine erste Amtshandlung sein, dass ich die Kuchiki endlich von den Teehäusern befreie.“ Renji sprang auf die Füße, erwartete, dass er entlassen wurde, doch Byakuya stand für einen Moment da. Sein Reiatsu bebte vor unausgesprochenen Worten. Schlussendlich sagte er: „Ich vertraue dir, dass du die Division schützt, wie du es auch immer mit meiner Ehre gemacht hast.“ Es war eine ungeschickte Art von… Anerkennung von Renjis Beziehung zu Rukia. Doch sehr typisch für Byakuya anzudeuten, dass Renji es irgendwie für ihn getan hatte, bevor er ihn überhaupt kennengelernt hatte, doch Renji verstand den Sinn. Er konnte spüren, was Byakuya zu sagen versuchte. „Ich stehe hinter dir, Kommandant.“ Byakuyas Reiatsu liebkoste Renjis, langsam, sorgsam, als versuche er die Form seiner Seele in seine Erinnerungen zu brennen. „Ja, das hattest du immer.“ „Und das werde ich auch immer.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)