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Meine Reise

Kein Traum, Hexer gibt es wirklich
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hy,
endlich ein neues Kapitel.

Ich wünsche euch viel Spaß. Komplett anzeigen

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Geständnis, Trost und Wut

Ich wollte gerade das Haus betreten, als mir ein ziemlich unangenehmer Geruch in die Nase stieg. Ich sah mich um und zog mein Silberschwert. Diesen Geruch konnte ich mittlerweile gut Nekrophagen zuordnen. Ich ging vom Haus weg und lauschte angespannt. Doch ich konnte nur mich und Tetris hören. Ich schaute vorsichtig um die Hausecke, aber auch hier war nichts zu sehen, also schlich ich weiter. Eine Windböe wirbelte Asche empor und brachte einen neuen Schwung des ekelerregenden Gestankes mit. Ich verzog das Gesicht und musste mir das Würgen verkneifen. Es stank schlimmer als sonst.

Einige Schritte weiter fand ich die Quelle des Gestanks, es waren wirklich Nekrophagen, genauer gesagt Ghule und ein Alghul. Zu meinem großen Glück aber schon tot. Nicht weit dahinter gab es einen Scheiterhaufen. Nicht so einen, wie die in Novigrad, sondern einen um Leichen zu verbrennen. Es war eindeutig jemand hier und hatte aufgeräumt. Aber war das derjenige, der die Nachrichten hinterlassen hatte, oder die Männer vom Baron, die ich indirekt hier her geschickt hatte? Aber diese würden wohl eher von den Monstern fliehen, statt sie zu erschlagen. Also eher ein Hexer. Ich hoffte das es Letho war und nicht irgendein anderer, der hier Unterschlupf gesucht hatte, aber der würde wohl eher keine Nachrichten hinterlassen, die mich hierher führten.

Ich blickte auf die Kadaver, eindeutig tot. Mir kam eine Idee, wenn ich hier schon einen toten Alghul vor mir liegen hatte, konnte ich die Situation auch nutzen. Es gab einige Zutaten, die ich aus ihm gewinnen konnte. Ich pfiff nach Tetris, er kam auch, aber einige Meter entfernt blieb er stehen.

Für ihn war der Gestank wahrscheinlich noch unerträglicher. Ich ging zu ihm und wühlte ein wenig in einer der Packtaschen. Ich hatte noch einige leere Schraubgläser darin. Ich nahm drei heraus und ging zurück zu dem Kadaver. Ich öffnete die Gläser und stellte sie auf den Boden. Ich zog einen Dolch und legte ihn daneben.

Dann zog ich das Halstuch über Mund und Nase, um mich ein wenig vor dem Geruch zu schützen. Vielleicht sollte ich mal sehen, ob ich bei einem Händler Pfefferminzöl oder ähnliches bekommen kann. Wenn ich dabei bleibe selber Tränke brauen zu wollen, müsste ich wohl auch häufiger solche ekligen Zutaten sammeln.

Ich zog noch schnell meine Handschuhe über und griff dann nach dem Dolch. Ich schnitt das Bein längs auf, es trat kaum noch Blut aus, aber dies benötigte ich auch nicht. Ich schluckte den Ekel herunter und machte mich daran, etwas Haut abzuziehen. Im Film sah das Häuten deutlich einfacher aus, aber da hingen die Tiere auch in einem Gestell oder an einem Haken von der Decke, so dass man besser ziehen konnte.

So musste ich mich deutlich mehr anstrengen und es stank erbärmlich. Nach einer ganzen Weile hatte ich genug Haut zusammen um das Glas zu füllen. Dann war das Mark dran. Daran zu kommen war noch schwerer, ich hatte weder einen Hammer noch eine Säge dabei. Ich schabte das Fleisch vom Knochen ab und legte ihn frei. Mit Hilfe meines Dolches und Schwertes, schaffte ich es den Knochen, der Länge nach zu spalten. Das Knochenmark schabte ich aus und strich es in das Glas. Auch dieses Glas verschloss ich wieder.

Ich besah mir die Kadaver der Ghule, sie sahen auch ziemlich zerschnetzelt aus und ich fragte mich, ob sie überhaupt noch Blut im Körper hatten. Ich steckte die zwei gefüllten Gläser erst einmal weg und versuchte mein Glück. Ich ging zu dem ersten und schnitt ihm die Kehle auf, ein wenig Blut floss heraus und ich fing es so gut es ging auf. Es füllte noch nicht einmal ein drittel des Glases, also ging ich noch zu den anderen.

Aber insgeheim hoffte ich, dass ich diese Zutaten nicht brauchen würde. Das die Tränke nicht wirklich gesund waren, war mir schon klar, aber solche Zutaten machten es bestimmt nicht besser.

Am letzten Kadaver konnte ich erkennen, dass dieser bereits ‚abgeerntet‘ war. Also war hier definitiv ein Hexer gewesen.

Ich verstaute auch das dritte Glas und packte meine Handschuhe dazu, hoffentlich konnte ich sie sauber bekommen, wenn nicht würde ich neue kaufen müssen. Hoffentlich nicht, ich hatte schließlich keinen unbegrenzten Vorrat an Münzen.

So jetzt aber zu meinem eigentlichen Grund warum ich hier war. Ich behielt meinen Dolch in der Hand und betrat eine der Hütten. Sie war eindeutig verlassen, überall war eine Staubschicht und Spinnenweben. Der staub auf dem Boden war unberührt, also konnte ich das Haus wieder verlassen. Ich ging in das nächste. Aber auch hier war nichts zu finden. Das dritte Haus schloss ich direkt aus, da das komplette Dach eingestürzt war.

So machte ich mich zum Haus von Hendrik auf. Vielleicht fand ich dort einen Hinweis. Der Keller wäre sicherlich ein gutes Versteck.

Bereits als ich die Türöffnete, konnte ich sehen das ich auf der richtigen Spur war. Der Leichnam war weg und überall gab es Stiefelabdrücke auf dem Boden. Die Vorratssäcke schienen durch wühlt worden zu sein. Ich ging in den Nebenraum, das Fell, dass die Falltür verborgen hielt, war immer noch zur Seite geschlagen, aber die Lucke an sich, war zu.

Allerdings war ich mir nicht sicher, wie ich den Raum zurück gelassen hatte. Aber nachsehen kostet mich ja nichts. Also öffnete ich die Lucke und kletterte in die Dunkelheit hinunter. Es brannten weder Kerzen noch Fackeln, also wäre vermutlich jetzt keiner dort unten.

Ich tastete mich bis zu dem Kerzenhalter an der Wand und entzündete den Docht. Wie vermutet traf ich dort unten niemanden, aber es war eindeutig jemand hier gewesen. Die eingelagerten Äpfel und das Gemüse fehlten, auch die Truhe schien durchsucht worden zu sein.

Aber es gab keinen Hinweis darauf, dass sich unten Jemand länger auf hielt. Ich kletterte die Leiter wieder hoch und verließ das Haus.

Tetris erwartete mich vor der Tür, er wieherte und stupste mich an. Als ich nicht darauf reagierte schnaubte er und stieß mich fester an.

„Was ist denn Tetris?“ fragte ich ihn. Er scharrte mit dem Vorderhuf und schlug mit dem Schweif, ehe er mich wieder an stupste. Es schien als wollte er mir etwas zeigen. So ließ ich mich von ihm dirigieren, hatte aber zur Vorsicht meine Hand am Schwert.

Tetris schupste mich solange, bis ich einige Meter entfernt vor einem Haus stand. Es war das hinter dem Haus von Hendrik. Ich glaube im Spiel konnte man es nicht betreten, da Gerümpel oder ein Heuwagen davor standen. Aber jetzt war die Tür frei geräumt und die Fensterläden geschlossen. „Hast du etwas gehört?“ fragte ich Tetris, dieser schnaubte darauf hin wieder.

„In Ordnung, warte hier auf mich.“ Bat ich ihn. Als Antwort blies er mir sanft an den Hals. „Ja, ich werde aufpassen.“ Ich kraulte ihn kurz über die Stirn und machte mich daran, das Haus zu betreten. Den Dolch hatte ich immer noch fest in der Hand.

Ich schob vorsichtig die Tür auf. Es gab einen minimalen Widerstand und kurz darauf lautes Gepolter. Ich fluchte still vor mich hin. Eine Falle, also war ich am richtigen Haus. Bevor ich die Tür jedoch weiter öffnete ging ich in die Hocke, für den Fall das es noch mehr Fallen gab. Vor allem welche, die nicht nur Krach machten.

Als ich die Tür ganz auf hatte, sah ich im Augenwinkel etwas. Es schien ein Flackern, wie von einer Kerze zu sein, doch als ich den Kopf dorthin wandte, war es verschwunden. Leise betrat ich das Haus. Es war dunkel und nur durch die geöffnete Tür fiel ein wenig Licht. Es war alles still und demnach, was ich erkennen konnte war hier niemand. Auf dem Tisch, gegenüber der Tür standen einige Kerzen. Ich nahm die Zündhölzer und entfachte sie. So konnte ich ein wenig mehr erkennen.

Ich kramte in meiner Tasche, vielleicht hatte ich vom Vortag noch ein wenig Schöllkraut darin.

Ich hatte Glück, ich fand noch zwei Blätter. Ich zerrieb sie, aber da ich mein Wasser am Sattel hatte, musste für jetzt ein wenig Speichel reichen. Ich rieb mir die Paste wieder von Augenwinkel zu Augenwinkel und wartete ein wenig. Ich behielt währenddessen die Augen geschlossen, um sie noch ein wenig besser an die Dunkelheit anzupassen.

Dabei lauschte ich aber angestrengt in die Stille. Nicht das sich jemand versuchte anzuschleichen. Aber es blieb alles ruhig. Als ich die Augen wieder öffnete, schien die einzelne Kerze, den gesamten Raum zu erleuchten. Zwar nicht Taghell, eher wie eine späte Abenddämmerung, aber noch genug um einigermaßen alles erkennen zu können. Das Haus war schnell überblickt. Es schien nichts darauf hinzudeuten, dass sich hier jemand aufhielt.

Ich ging zu der Stelle, wo es am Anfang aussah, als käme von unterhalb der Dielen Kerzenlicht. Ich tastete am Boden entlang. Es gab zu den üblichen längsrillen der Bretter, auch zwei die quer verliefen. Einen Ring zum öffnen einer Lucke konnte ich aber nicht finden. Dafür jedoch ein Loch, in das gerade mal zwei Finger passten.

Ich wappnete mich und öffnete die Lucke. Dort unten war es stockdunkel, dass Kerzenlicht reichte nicht bis dort.

Auf ins Unbekannte, machte ich mir still Mut und klemmte meinen Dolch zwischen die Zähne. So hatte ich ihn deutlich schneller zur Hand, als wenn ich ihn ordentlich weg stecken würde. Ich hoffte nur, dass was mich dort unten erwartete, nicht feindlich gesinnt war.

Ich kletterte langsam und vorsichtig die Leiter hinunter. Wer konnte schon sagen, ob die Leiter noch alle Sprossen hatte oder ob nicht morsche dazwischen war.

Ich hatte mit einem Fuß den Boden berührt, als ich etwas kaltes und Spitzes im Nacken fühlte. „Hände so dass ich sie sehe und keine weitere Bewegung.“ Knurrte jemand hinter mir. Ich wollte den Kopf drehen, doch sofort drückte sich die Klinger fester gegen meine Haut. Ich wagte es nicht, den Dolch fallen zulassen, um sprechen zu können, also hob ich ganz langsam meine Hände und versuchte mich sonst nicht weiter zu bewegen.

„Sieh einer an, da ist mir wohl ein kleiner Hexenjäger zugelaufen. Was mach ich denn jetzt mit dir.“ Konnte ich denjenigen hinter mir grinsen hören. Damit verriet er unbewusst, dass er ein Hexer oder zumindest kein Mensch war, denn ein Mensch konnte in dieser Dunkelheit sicherlich keine kleine und filigrane Gravur auf einem Ring erkennen.

Es war klar gewesen, das mir der Ring Schwierigkeiten bereiten würde, aber ich hatte nicht so schnell damit gerechnet. Wie sollte ich denn jetzt aus dieser Situation kommen, ohne ernsthaft verletzt zu werden. Doch dann schien ihn irgendetwas stutzig zu machen. Er griff in meinen Kragen und zog die Kette hervor, die mit dem Hexeramulett.

„Wo hast du das her?“ knurrte er ungehalten. Er schien mich immer noch nicht erkannt zu haben. „Von dir.“ Presste ich angespannt an dem Dolch vorbei, den ich immer noch zwischen meinen Zähnen festhielt. Er packte mich an meiner Schulter und wirbelte mich herum. Ich ließ den Dolch fallen und wäre selbst beinahe gestürzt, wenn mich die Hand nicht am Hals gepackt und mich direkt gegen die Leiter gedrückt hätte. Vor meinem Gesicht schwebte die Spitze seines Kurzschwertes.

„Krümel?“ fragte er überrascht. „Hallo Letho.“ Begrüßte ich ihn leise. Er senkte sein Schwert, zog seine Hand zurück und im selben Augenblick erwachten die Kerzen zum Leben und erhellten den ganzen Raum. Aber durch das Schöllkraut, waren meine Augen empfindlich, noch empfindlicher, als wenn sie sich nur natürlich an die Dunkelheit gewöhnt hätten. Zischend schloss ich die Augen und schirmte sie mit einer Hand ab.

Er stellte sich zwischen mich und die Kerze, so dass sein Körper einen Schatten auf mein Gesicht warf und zog mir die Hand von den Augen.

„Was hast du gemacht?“ wollte er wissen. Ich blinzelte vorsichtig und öffnete meine Augen nur einen Spalt breit. „Dafür gesorgt, dass ich im Dunkeln ein wenig besser sehen kann.“ Murmelte ich. Er steckte sein Schwert weg und musterte mich genauer. Sein Blick blieb kurz an der Narbe im Gesicht hängen. „Ich hoffe Geralt hat dir keine Tränke gegeben, wo ist er eigentlich.“ Ich grinste schief, „Der würde mir doch nie freiwillig Tränke geben, es war Lambert. Geralt ist auf dem Weg nach Skellige, hatte mich vorher abgesetzt. Ist viel zu ungemütlich dort.“

„Warte was? Lambert hat dir Katze gegeben? Ist er völlig verrückt?“ verlangte er zu wissen. Ich war verwirrt, wie kam er den darauf. „Von Katze habe ich nie etwas gesagt. Er gab mir verdünnte Schwalbe und Raffards Absud. Ich kann im Dunkeln ein wenig besser sehen, da ich mir zerriebene Schöllkrautblätter auf die Augen geschmiert habe.“ Erklärte ich.

Er seufzte, „Ich denke du hast viel zu erklären. Angefangen bei deiner Kleidung. Komm mit, ich denke wir sollten uns setzen.“ Ich nickte, hob meinen Dolch auf und folgte ihm. Jetzt wäre wohl ein guter Zeitpunkt, ihm die volle Wahrheit zu erzählen, aber ich fühlte mich nicht wirklich wohl bei dem Gedanken, ihm zu erklären, dass er dort wo ich her kam nur eine ausgedachte Figur war.
 

Er führte mich in den angrenzenden Raum, er hatte es sich hier gemütlich gemacht. Er setzte sich auf seine Schlafmatte und deutete mir, mich ihm gegenüber zu setzen. Er schaute mich mit einem Gesichtsausdruck an, den ich nicht deuten konnte. „Also, ich höre.“ Forderte er mich zum sprechen auf.

Ich seufzte, „Was möchtest du wissen?“ fragte ich im Gegenzug. Er überkreuzte die Arme, „Am besten alles. Vor allem was dich dazu gebracht hat, dich den Hexenjägern anzuschließen, Fräulein Menge!“ wollte er wissen. Seine Stimme klang leicht eisig.

Ich ließ meinen Kopf hängen und seufzte. „Das ist alles nur ein Missverständnis.“ Fing ich an. „Du hast also keine Zauberer festnehmen lassen, die Scheiterhaufen angezündet und dann mit Menge vor aller Augen rumgeknutscht?“ fuhr er auf.

„Doch, …“ konnte ich nur leise murmeln. „Aber es war nicht so geplant. Es lief alles aus dem Ruder.“ Fügte ich eilig hinzu. Als Letho weiterhin schwieg, fuhr ich schnell fort. „Ich wusste das Menge Rittersporn gefangen hielt, also wollte ich so tun als wäre ich auf seiner Seite um ihn irgendwie davon zu überzeugen, dass er ihn frei und uns in Ruhe lässt. Aber ich war wohl zu überzeugend, Menge hat sich scheinbar in mich verliebt. Und dann kam der Angriff, als ich wieder wach wurde, war er da und organisierte alles. Er brachte mich zu sich nach Hause. In Rittersporns Taverne wollte ich nicht, damit Triss nicht in Gefahr gerät. Ich verriet Menge, wie er in die stinkende Hecke kommen würde. Ich wusste das die meisten Magier dort nicht mehr zu finden sein würden, sie hatten sich mit Triss woanders versteckt. Ich hatte nicht mit eingeplant, dass er direkt am selben Abend noch losziehen würde. Dafür konnte ich die Unterlagen, die zu dem Schatz von Dijkstra führten, finden und so dafür sorgen, dass Triss mit den Magiern nach Kovir flüchten konnte. Er wollte ihnen nur bei der Flucht helfen, wenn er sein Vermögen wieder bekommen hätte, dass Rittersporn gestohlen hatte, aber mittlerweile hatte Menge die Kontrolle darüber übernommen gehabt.“ Erklärte ich die Sache mit Menge. Letho musterte mich eine Zeitlang und ich versuchte dem Blick auszuweichen.

„Was für ein Angriff und was war mit dem Brand in den Baracken?“ wollte er schließlich wissen.

„Ich hatte einen Vertrag über einen Doppler angenommen. Er gab sich als riesige Katze aus und bestahl einige Händler, ich folgte den Spuren bis zu seinem Haus. Aber weil ich mir nicht sicher war, ob ich ihn alleine überwältigen konnte, holte ich zwei Hexenjäger dazu. Als der Doppler schließlich verhaftet war, hatten sich viele Leute vor dem Haus versammelt. Der Doppler hatte sich auch häufig als Tempelwache ausgegeben und dafür gesorgt, dass die Elfen und die anderen Nichtmenschen genug Nahrung hatten. Das Ganze führte dann zu einem Streit mit Geralt und Triss, sie ließen mich die Sache mit dem Vertrag nicht erklären und dachten ich hätte einfach jemand unschuldigen verhaftet. Geralt wollte Antworten, die ich ihm weder geben konnte noch wollte. Er fesselte mich auf einen Stuhl, knebelte mich und sperrte mich in eine dunkle Kammer. Er dachte wohl er würde mich so zum Reden bekommen. Ich konnte mich allerdings befreien. Ich lief danach ziellos durch die Stadt und fand mich in Ferneck wieder, da hatte der Doppler gewohnt. Einige der dort lebenden Elfen hatten mich bemerkt und wollten ihre Rache, an mir, an Menge, … ich hatte wohl Glück, das einige Soldaten in der Nähe waren.“ ich seufzte. „Und der Brand, das war Triss. Ich wusste, dass sie Geralt dazu überredet hatte, sie scheinbar den Hexenjägern auszuliefern. Deswegen sorgte ich dafür, dass ich ebenfalls dort war, damit nichts schief gehen würde, ich wollte dafür sorgen das Menge wirklich noch dort sein würde, wenn die Beiden ankamen. Ich hatte nicht bedacht, dass Menge unbedingt mit mir schlafen wollte. Aber zum Glück kam Geralt rechtzeitig und unterbrach ihn.“ Ich unterbrach mich, wagte es aber nicht Letho anzusehen. Ich wollte nicht sehen, wie sein, mit hass und ekel gefüllter Blick auf mir lag.

„Und wie kamst du nun zu den Hexenjägern?“ fragte er mich ruhig.

„Das war wohl die Idee von Hemmelfahrt. Ich weiß nicht warum, aber schickte mir einen Boten nach, als ich aus Novigrad verschwand. Er hatte einen Brief für mich, dabei war der Ring und das Tuch. Ich hatte eigentlich gar nicht vor das zu tragen, ich wollte nur kurz den Ring anprobieren, aber jetzt sitzt er so fest, dass ich ihn nicht mehr abbekomme, also dachte ich mir, dann könne ich auch das Halstuch tragen. Das Wetter hier ist schließlich nicht das beste und zusätzliche Wärme kann nicht schaden.“

Wir schwiegen eine Weile, es war Letho der die Stille brach. „Du erwähntest, dass Lambert dir Tränke gab? Wann warst du so schwer verletzt das du Raffards Absud brauchtest?“ fragte er mich.

„Es gab einen Serienmörder in Novigrad. Wir sind zufällig über ihn gestolpert, als er sich an Priscilla vergreifen wollte. Ich holte mir von Pastodi die offizielle Erlaubnis ermitteln zu dürfen, da ein weiteres Opfer noch in der Leichenhalle lag. Wir kamen dem Mörder auf die Spur, es war der Leichenbeschauer und ein Katakan. Ich wusste dies vorher schon, aber ich ließ mich trotzdem überrumpeln. Während des Kampfes hatte er sich angeschlichen und mir beinahe meinen Arm abgebissen. Die durch den Lärm angelockten Hexenjäger brachten mich in den Tempel, damit ich dort versorgt werden konnte. Allerdings hielten die es dort für besser die Wunde auszuschneiden, da sie wohl ziemlich ausgefranst war. Sie hielten mich eine ganze Weile gegen meinen Willen betäubt und als Geralt kam um mir eine verdünnte Schwalbe zu bringen, damit die Wunde sich schneller schloss, bekam er das mit. Wir wussten zu dem Zeitpunkt noch nicht, wie schlimm es um meinen Arm stand. Ich wollte das er blieb, damit sie mich nicht wieder mit einem Schlafmittel betäubten, aber Hemmelfahrt warf ihn persönlich aus dem Lazarett. Am nächsten morgen bekam ich erst mit, dass ich meine Hand nicht mehr bewegen konnte. Sie hatten beim ausschneiden der Wunde zu viel vom Muskel und den Sehnen weggeschnitten. Ich war nervlich ziemlich am Ende und schloss alles aus. Ein paar Tage später wurde Geralt gerufen, weil die Tempelschwestern dachten, ich sei verhext worden, weil ich auf nichts mehr reagierte. Er schaffte es mich aus meinem Zustand zu holen und ich flehte ihn an, dass Schwalbe meinen Arm reparieren könnte, Lambert war auch dort und wies darauf hin, dass ihr in solchen Fällen eher einen Absud nehmt und so flehte ich Geralt an, dass er mir einen bringen würde, aber lehnte es rigoros ab. Einige Nächte später kam Lambert und brachte mir den Absud, er hatte wohl extra nach dem ursprünglichen Rezept gesucht. Jetzt ist mein Arm zwar geheilt, aber ich kann meine Finger nur unter schmerzen bewegen. Den verdünnten Schwalbentrank gab er mir wegen der Wunde im Gesicht. Ich wollte dazwischen gehen, als Lambert sich mit einem der Hexenjäger angelegt hatte. Leider hatte der Jäger sein Schwert schon zum Schlag erhoben, als ich mich zwischen sie stellte. Lambert konnte den Hieb noch soweit abwehren, dass ich nur diese Wunde abbekam.“ Ich sah kurz zu Letho hinüber, er war mittlerweile aufgestanden und stand mit dem Rücken zu mir. „Was hast du jetzt vor?“ wollte er wissen.

„Ich war auf dem Weg nach Krähenfels, als ich deine Nachricht zufällig fand. Ich wollte Uma holen. Er ist ein verfluchter Mann. Ich will ihn nach Kaer Morhen bringen, damit ihm geholfen wird.“ Antwortete ich.

Er drehte sich mit ernstem Gesicht zu mir um, „Du deutest die ganze Zeit wissen an, dass du gar nicht haben dürftest.“ Fragte er indirekt. Ich nickte und ließ dann meinen Blick wieder Richtung Boden wandern.

„Ja, ich weiß einiges. Ich habe einiges von euch gesehen und erlebt, als wäre ich mit dabei gewesen.“ Gab ich zu. „Kannst du das beweisen? Es ist ein wenig schwer zu glauben. Erzähl mir etwas, dass dir hätte niemand erzählen können.“

Ich überlegte, was könnte ich ihm sagen, ich hatte einige Szenen mit Letho gesehen, aber es gab immer wieder Zeugen. „Ich denke, dass du Triss in Flotsam entführt hast und Geralt in den Elfenruinen hast leben lassen, zählt nicht oder?“ fragte ich. Seine Augen verengten sich leicht, als ich zu ihm hoch schielte.

Es gab eine Szene, in der es keine Augenzeugen gab, fiel mir ein. Der Mord an Demavend. „Du hast König Foltest in der Einsiedelei getötet. Du hattest dich als Mönch ausgegeben. Später hast du König Demavend auf seinem Schiff ermordet. Mit Hilfe von Shealas Magie.“ Setzte ich an.

„Das kann dir genauso gut Geralt gesagt haben.“ Entgegnete er.

Ich schüttelte den Kopf, „Aber nicht, dass du dich auf dem Schiff hinter einigen Kisten verborgen hast, deine Nase vom Meerwasser befreit und Quen gewirkt hast, ehe du die Bombe geworfen hattest, die alles einfrieren ließ. Der Hofmagier hatte ein Feuerschild beschworen um den König zu schützen. Der Bogenschütze ging ein paar Schritte, ehe unter seinen Füßen die Dielen brachen. Du stürmtest auf ihn zu. Die Narren und Ringkämpfer zerbrachen. Du bist dem Pfeil mit einer Drehung ausgewichen, ehe du den Bogenschützen und dann die beiden Schildträger getötet hast. Dann war der Magier an der Reihe. Demavend versuchte zu fliehen und du hast ihn mit zwei hieben enthauptet und seinen Kopf, wie eine Trophäe am Gürtel festgemacht, ehe du das Schiff verlassen hast, das bereits am sinken war.“ Erinnerte ich mich.

„Wie kannst du das wissen?“ Er schien wirklich überrascht zu sein. Ich sah zu ihm auf, „Weil ich es gesehen habe. Genauso wie ich gesehen habe wie Geralt Egan ermordet hatte und noch vieles mehr.“ Bei diesem Satz umfasste ich das Schlangenamulett.

Er drehte sich abrupt um, „Du wartest hier!“ befahl er mir, ehe er die Leiter hinauf kletterte. Ich konnte hören wie er die Luke zufallen ließ und wie er zur Tür ging. Ich seufzte. Hatte ich es mir mit Letho jetzt ebenfalls verdorben? Ich vermasselte einfach alles.

Die Geister der Toten in meinen Alpträumen hatten recht, ich gehörte hier nicht her, ich verschlimmerte alles nur. Eine kleine Träne löste sich aus meinem Auge.

Meine Augen weiteten sich panisch, als mir etwas anderes einfiel. Zögerlich sah ich mir meinen Schatten an, der ihm Kerzenschein hin und her flackerte, hoffentlich würde sich kein Him an mich klammern. Ein weiterer Grund, warum es gut gewesen war, nicht mit nach Skellige zu segeln. Viel wusste ich nicht mehr über einen Him, aber ich schwor mir, mein Verhalten selbst genau im Auge zu behalten. Wenn das überhaupt etwas bringen würde.

Still verzog ich mich in eine der Raumecken. Vielleicht sollte ich Geralt eine Nachricht zukommen lassen, dass er auf Skellige nicht wirklich etwas Neues herausfinden würde und ich weiß, wo Ciri ist. Dann wäre alles schneller vorbei und Ciri würde mich vielleicht nach Hause bringen können. Vielleicht könnte ich auch einen Raben davon überzeugen, eine Nachricht an Regis zu übermitteln, dann würde das Massaker in Toussaint vielleicht verhindert werden können.

Ich zog meine Beine an und umschlang sie mit meinen Armen. Meine Stirn stützte ich auf meinen Knien ab.

Ich wusste nicht was ich tun sollte. Auch wenn Geralt es verneint hatte, ich war ein Monster. In gewisser Weise hatte ich sogar Lambert vergewaltigt, er selbst hatte ja am nächsten Morgen gesagt, er hätte sich geopfert, damit ich nicht zu einem anderen gehen würde und zu Geralt hatte er ja auch gesagt, ich hätte ihn fertig gemacht. Ich schniefte.

Vielleicht wäre es besser, mich von allen fernzuhalten, mich irgendwo zu verkriechen, bis alles vorbei war. Ja ich sollte wirklich verschwinden, nicht das Letho auch noch etwas zustößt oder ich ihm etwas antue. Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und kletterte die Leiter hoch. Als ich durch die Tür trat, konnte ich Tetris nirgendwo sehen. Ich ging ein Stück in Richtung Dorfmitte, vielleicht war er ja dorthin gewandert. Aber auch dort konnte ich ihn nicht entdecken, also Pfiff ich nach ihm.

Nach einigen Augenblicken Pfiff ich erneut, aber er tauchte nicht auf. Ich fing an mir sorgen zu machen. Ich lief weiter durch das verlassene Dorf.

„Habe ich dir nicht gesagt, dass du unten warten sollst?!“ konnte ich Letho auf einmal hinter mir hören. Ich hatte nicht mit ihm gerechnet und zuckte erschrocken zusammen. Ich hörte seine Stiefel auf dem Boden knirschen und blieb daher stehen. Mein Blick schuldbewusst auf dem Boden.

„Was ist los?“ wollte er wissen, als er mich erreichte. Er legte eine Hand auf meine Schulter, doch ich wich vor ihm aus.

„Fass mich nicht an.“ Bettelte ich. Er schritt um mich rum. Ich konnte seine Stiefelspitzen vor mir sehen. „Was ist los?“ fragte er erneut. Doch ich antwortete nicht, schluchzte nur. „Bitte, ich will nicht das dir etwas passiert. Es war egoistisch von mir, hier her zu kommen.“ Ich wandte mich von ihm ab. Doch er hielt mich fest. „Bitte Letho, ich bin ein Monster. Ich muss verschwinden, ich bringe nur alle in Gefahr oder tue ihnen etwas an. Ich mache alles nur schlimmer seitdem ich hier bin.“ Weitere Tränen liefen über mein Gesicht.

Was auch immer er in den Händen hielt, stellte er auf dem Boden ab und zog mich in eine Umarmung. „Wer hat dir denn so einen Unsinn erzählt, Krümel? Wenn du ein Monster bist, bin ich es auch.“ Versuchte er mich zu trösten.

Wild schüttelte ich den Kopf, „Nein, du hast die Königsmorde begangen, weil der Kaiser dir versprochen hatte, die Vipernschule wieder zu eröffnen, du bist auf den Handel mit ihm eingegangen damit deine Brüder wieder eine Heimat haben. Ich habe das alles aus egoistischen Gründen getan, damit ich wieder nach Hause kann.“ Ich versuchte mich von ihm loszumachen, doch seine Arme umklammerten mich.

„So ein Unsinn.“ Murmelte er. Dann warf er mich über seine Schulter und hob mit der anderen Hand die Gegenstände vom Boden auf. Ich zappelte und forderte, dass er mich runterlassen sollte, doch er trug mich unbeirrt zurück ins Haus. Um mich nicht loslassen zu müssen, sprang er sogar in den Keller hinunter, statt die Leiter zu benutzen, was mich kurz aufschreien ließ.

In dem Raum, in dem er sein Versteck eingerichtet hatte, setzte er mich wieder auf den Boden. „So hier bleibst du sitzen und beruhigst dich erst einmal.“ Brummte er.

Jetzt konnte ich auch sehen, was er die ganze Zeit getragen hatte. Es war meine Bettrolle und meine Satteltaschen. Deswegen war Tetris nicht gekommen. Er war bei Letho gewesen.

Er breitete meine Bettrolle aus und stellte meine Satteltaschen daneben.

„Wir werden morgen zusammen aufbrechen. Vor Einbruch der Dunkelheit würdest du Krähenfels heute nicht mehr erreichen. Wir werden morgen diesen Uma holen und dann Richtung Kaer Morhen aufbrechen, allerdings werden wir in den Sturmfeldern einen kleinen Umweg machen. Ich habe dort noch etwas zu erledigen. Keine Widerrede, ich werde dich begleiten, wer weiß was dir sonst unterwegs zustößt.“ Beschloss er. Ich grübelte kurz, die Sturmfelder, die lagen doch östlich von Oxenfurt.

„Ich kann nicht.“ Antwortete ich. „Ach papperlapapp. Natürlich kannst du.“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich befürchte Lambert sucht nach mir und ich habe eine falsche Fährte bis in die Sturmfelder gelegt.“ Erklärte ich zögernd.

„Warum solltest du dich vor Lambert verstecken müssen?“ wollte er wissen. Mit rotem Gesicht kramte ich in einer der Satteltaschen und zog ein Notizbuch hervor. Ich reichte es ihm rüber. „Deswegen.“ Er nahm es entgegen und blätterte darin herum. Seine Augen wurden immer größer. „Du hast ihm seine Aufzeichnungen geklaut?“ fragte er mich ungläubig. Ich wischte mir die letzten Tränen aus den Augen, „Nein, es sind nicht seine, sondern die von seinem toten Freund und ich habe sie nicht gestohlen, ich habe sie mir nur ungefragt ausgeliehen. Ich hatte keine Zeit mehr gehabt ihn dazu zu bringen, sie mir freiwillig zu geben. Geralt wollte am nächsten Tag nach Skellige aufbrechen und hatte keine Ambitionen mit ihm zu reisen.“ Erklärte ich.

Letho lachte, „Wenn du das sagst. Und was willst du damit? Dir etwa selbst Tränke brauen?“ scherzte er. Ich nickte, „Ganz genau das. Meine Theorie ist, wenn ich eine verdünnte Schwalbe und einen veränderten Absud vertrage, könnte ich vielleicht auch andere Rezepte verändern. Außerdem könnte ich durch eine tägliche, sehr geringe Einnahme meine Gifttoleranz erhöhen.“ Letho stockte in seinem lachen. „Das meinst du nicht ernst!“ meinte er geschockt. „Doch. Da wo ich herkomme, gibt es viele Berichte, dass dies mit dem Gift funktioniert. Schlangenbeschwörer zum Beispiel, geben ihren Kindern täglich eine so geringe Menge Gift, das es keine Auswirkung hat. Mit der Zeit wird die Dosis erhöht und später können sie einen Schlangenbiss ohne Probleme überleben, der für jeden anderen Menschen tödlich wäre.“ Erklärte ich meine Theorie.

„Nein! Auf keinen Fall. Ich werde nicht zulassen, dass du mit Giften experimentierst. Das ist viel zu gefährlich.“ Knurrte er. Ich verschränkte die Arme vor der Brust, „Ich habe dich nicht um Erlaubnis gefragt. Ich werde es trotzdem machen. Ich hatte eigentlich gehofft das du mir vielleicht helfen könntest, wenn wir zusammen unterwegs sind. Aber ich mache das auch alleine.“ Schmollte ich.

Letho seufzte, „Krümel, ich weiß wie verlockend es für euch normale Menschen sein muss, einfach Tränke nehmen zu können, aber als Hexer wurden unsere Körper verändert. Nicht nur die offensichtlichen Augen, oder wie bei Geralt die Haare, auch unsere Organe unterscheiden sich. Wir können viel besser mit den Giften umgehen und vertragen auch viel mehr, aber das hatte einen Preis.“ Versuchte er zu argumentieren. „Ich will ja nicht alle nehmen können. Ich weiß das ich mit vielen überhaupt nichts anfangen kann, selbst wenn ich die Tränke verträglich kriegen würde. Nehmen wir zum Beispiel den Donner-Trank, meine Muskeln würden die Kraft vermutlich gar nicht aushalten können. Oder alle Tränke, die sich auf eure Zeichen auswirken. Die würden genauso wenig bringen, schließlich kann ich ja keine wirken. Außerdem weiß ich, dass ich Raffards Absud und weiße Möwe vertrage und die verdünnte Variante von Schwalbe. Deswegen möchte ich zumindest versuchen, das Rezept von Schwalbe anzupassen. Es wird doch sicherlich möglich sein, bestimmte Zutaten auszutauschen. Einige Zutaten fallen ja in mehrere Kategorien, vielleicht wäre es möglich, alle Zutaten gegen Albedo Zutaten oder zumindest ungiftige Zutaten auszutauschen. Natürlich müsste man dann darauf achten, dass man nicht in allen Fällen weiße Möwe als Basis nehmen kann.“ Argumentierte ich weiter.

Letho verdrehte die Augen, „Ich glaube ich will gar nicht wissen, wie du an dieses Wissen gekommen bist. Behalte es aber bitte für dich, du kannst damit höchstens mit einem anderen Hexer drüber sprechen. Aber da ich sehe, dass du dir bereits Gedanken darüber gemacht hast, werde ich ein Auge darauf werfen und drauf achten das du dich nicht selbst umbringst.“ Gab er nach.

Ich blinzelte ihn an, hatte ich ihn richtig verstanden? Sein Lächeln sagte ja. Ich sprang auf und warf mich in seine Arme, „Danke Letho. Danke, danke, danke.“

„Schon gut Krümel. Ich kann es ja schlecht zulassen, dass du dich versehentlich selbst umbringst. Aber ich habe ein paar Bedingungen.“ Forderte er. Fragend sah ich ihn an. „1. Du hörst mit dem Unsinn auf, dass du ein Monster seist. 2. Du fängst an regelmäßig zu meditieren, da du scheinbar ziemlich Stimmungsschwankungen hast und 3. Wir beide trainieren zusammen, damit du erst gar nicht in die Verlegenheit kommst, dass du die Tränke brauchst.“ Stellte er die Regeln auf. Ich nickte, „In Ordnung.“ Stimmte ich verlegen zu.

„Muss ich sonst noch etwas wissen? Könnte noch jemand hinter dir her sein?“ wollte er dann noch wissen. Mit einem roten Gesicht zog ich mich zurück. „Ich glaube Triss hasst mich und von Geralt habe ich mir auch etwas ungefragt geliehen und ich denke ich sollte mich von allem was Alraune enthält fernhalten. Ach ja, sobald Emhyr hört, dass ich nicht mehr mit Geralt zusammen nach Ciri suche, könnte er ziemlich ungehalten werden.“ Gestand ich.

„Oh man Krümel, du weißt wie man sich Freunde macht, oder?“ scherzte er. Ich blickte verlegen zur Seite. „Und was hat das mit der Alraune auf sich?“ wollte er noch wissen. „Ich hatte dir ja von dem Angriff erzählt, einer der Ärzte im Hospital hatte mir ein Pulver gegen die Schmerzen mit gegeben. Ich hatte es wohl ausversehen überdosiert und war völlig neben der Spur. Später, als ich darauf gewartet hatte, dass Lambert und Geralt genügend Alkohol getrunken hatten, damit sie einschliefen und ich an ihre Sachen konnte, habe ich gehört wie Lambert erzählte, er hätte das Pulver untersucht und festgestellt das es hauptsächlich Alraune und Mohn enthielt.“ Hoffentlich fragte er jetzt nicht, was ich in meinem Rausch getan hatte.

Doch sobald er seinen Mund öffnete wusste ich, dass er es wissen wollte. Falls es ging wurde ich noch röter im Gesicht. „IchhabemitLambertgeschlafen.“ Nuschelte ich so schnell, dass er mich nicht verstand. „Nochmal langsamer. Ich habe nichts verstanden.“ Forderte er. Ich konnte seinem Blick nicht länger stand halten und schaute auf den Boden. „Ich war so erregt, dass ich wohl jeden Mann besprungen hätte und da hat sich Lambert ‚geopfert‘ wie er meinte.“ Gab ich zu.

Eine schwere Hand landete auf meinem Kopf und wuschelte mir durchs Haar. „Ach Krümel. Ich hoffe er hat dir nicht weh getan?“ fragte er nur. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, es war ganz gut.“ Gestand ich.

„Na wenigstens etwas. Aber du hast recht, keine Alraune für dich. Und das mit den anderen kriegen wir auch wieder hin.“ Meinte er nur. „Danke Letho.“ Murmelte ich darauf hin. Er stand auf und sah auf mich herunter. „Na komm, noch ist es hell genug draußen. Wir werden noch ein wenig trainieren, danach eine kurze Meditation und wenn du dann noch kannst schauen wir uns die Unterlagen mal genauer an.“ Er half mir hoch und ich folgte ihm die Leiter hinauf. Draußen wartete er bereits auf mich. Ich hatte erwartet, er würde wie Geralt mir irgendwelche Techniken im Schwertkampf bei bringen, doch ich lag Meilenweit daneben. Er ließ mich viele Runden durch das Dorf laufen, hin und wieder hielten wir an, aber nicht um Pause zu machen, sondern Liegestütze und Kniebeugen oder Situps, danach hieß es gleich wieder weiter laufen. Gelegentlich baute er ein Hindernis mit ein, über das ich klettern oder springen musste. Als die Sonne endlich unterging, stand ich keuchend und mit zitternden Beinen am Brunnen. Letho war ein unbarmherziger Trainer, sobald ich langsamer wurde, trieb er mich immer wieder an. Jeder Hexer, den er vielleicht ausgebildet hatte, tat mir irgendwie leid und ich hatte dem ganzen auch noch Freiwillig zugestimmt.

Meine Beine waren kurz davor nach zugeben, als ich plötzlich eine eisige Dusche abbekam. Erschrocken sprang ich auf und sah wie Letho grinsend den Eimer wieder senkte. „Na komm, genug Pause gehabt. Jetzt wird meditiert.“ Oh was für ein Sklaventreiber. Aber ich wagte es nicht zu murren und folgte ihm zurück ins Haus und dort in den Keller.

„Zieh dir etwas Trockenes an und Such dir dann eine bequeme Position. Wenn du die gefunden hast, versuche alles andere auszuschließen und dich nur auf deinen Körper zu konzentrieren.“ Wies er mich an. Er selbst kletterte noch einmal die Leiter hoch und schien die Falle neu aufzubauen. Ich suchte mir ein Hemd und eine Hose aus der Satteltasche und zog mich schnell um, die nassen Sachen und die Rüstung packte ich zur Seite, damit sie trocknen konnten. Ich setzte mich auf meine Bettrolle in den Schneidersitz. Ich musste ein bisschen hin und her zuppeln, ehe ich wirklich bequem saß. Dann tat ich, was Letho mir erklärt hatte.

Allerdings war das gar nicht so einfach. Ich konnte die ganze Zeit hören wie Letho über mir hin und er ging.
 

Keuchend riss ich die Augen auf. Ich hatte schon wieder einen Alptraum gehabt. Allerdings hockte in der Dunkelheit jemand über mir und seine Augen leuchteten unheilvoll. Ich schrie.

„Krümel, ganz ruhig. Ich bin es Letho, du hattest einen Alptraum.“ Ich blinzelte und tatsächlich, es war Letho der sich über mich gebeugt hatte, scheinbar um mich zu wecken. Seine Augen hatten den Schein einer einzelnen Kerze reflektiert und deswegen schien es so, als würden sie leuchten.

Er setzte sich zurück auf seine Schlafstelle und ich konnte ihn kaum noch erkennen. Ich gähnte, ich war hundemüde, doch ich hatte angst wieder einen Alptraum zu bekommen. So schaute ich zu Letho hinüber.

Er seufzte, „Na gut, komm her.“ Murmelte er und legte sich bereits selber wieder hin. So schnell es meine schmerzenden Muskeln zuließen, zog ich meine Bettrolle zu ihm rüber und legte mich dann neben ihn. Schnell schlief ich wieder ein.

Als ich das nächste Mal wach wurde, lag ich mit dem Rücken an Lethos Brust und mein Kopf auf seinem Arm, sein anderer Arm war um mich gelegt. Beinahe wie auf dem Rückeranwesen, nur das uns jetzt weder ein Geralt noch eine Keira stören würden.

Ich wollte die Ruhe noch ein wenig genießen und schloss die Augen noch ein bisschen.

„Kommt mir ziemlich bekannt vor.“ Flüsterte Letho einen Moment später in meinen Nacken. Schade, er hatte wohl doch mitbekommen das ich wach war.

Ich nickte, „Hm und ist noch genauso bequem.“ Antwortete ich. Ich wollte mich noch ein wenig einkuscheln, doch Letho machte sich daran, aufzustehen.

Er zog seinen Arm unter meinem Kopf weg und stemmte sich hoch. „Na los, etwas Training, dann essen und dann ab in Richtung Krähenfels.“ Bestimmte er. Ich stöhnte, schon wieder Training? „Mir tun die Beine immer noch weh!“ jammerte ich. Doch er hatte kein Mitleid mit mir. „Du warst damit einverstanden, also hoch mit dir. Du kannst dir auch aussuchen, ob von nun an morgens oder abends laufen willst.“ Schlug er vor.

„Wenn ich sage, abends laufen, kann ich dann jetzt noch ein bisschen liegen bleiben?“ wollte ich leise wissen. Doch sein Blick sagte alles. „Habe ich mir schon gedacht.“ Murmelte ich vor mich hin und quälte mich hoch. Ich hatte einen ordentlichen Muskelkater, aber vielleicht hatte ich Glück und die Bewegung würde tatsächlich ein wenig helfen.
 

Zum aufwärmen ließ er mich diesmal zum Glück nur eine Runde laufen und dann zeigte er mir einige Übungen mit dem Schwert und auch dem Dolch. Allerdings wurde schnell klar, dass mein linker Arm bei weitem noch nicht so gut verheilt war, wie ich es hoffte.

Die Muskeln krampften sich wieder zusammen und ich konnte meine Hand kaum nutzen, das ließ Letho erst einmal ein Einsehen haben und wir unterbrachen das Training.

Während er etwas für das Frühstück zusammen suchte, schmierte ich mir das Heilmittelchen der alten Frau auf den Arm und massierte es leicht ein. Letho war an mich ran getreten und besah sich die Narbe.

Spaßeshalber hielt er seinen Arm mit der Bissnarbe von mir daneben. „Na da kann ich ja wohl von Glück reden, dass du kein Vampir warst.“ Scherzte er. Ich wollte ihn gegen den Arm boxen, doch er wich geschickt aus. „Dafür Krümel, brauchst du noch sehr viel mehr Übung.“ Lachte er über meinen bösen Blick.

„Meinst du in Kaer Morhen gibt es ein Rufhorn oder so was Ähnliches?“ wollte ich von ihm wissen. „Wie kommst du denn jetzt darauf?“ wollte er verwirrt wissen. Ich grinste, „Ich will mich bei Geralt noch für eine Weckaktion bedanken. Er meinte, wenn ich Rache dafür will, muss ich früher aufstehen. Ich denke, wenn er dort seine Brüder wieder trifft, wird er dem Alkohol wahrscheinlich sehr zuträglich sein und danach schön seinen Rausch ausschlafen wollen. Da werde ich wohl deutlich vor ihm wach sein.“

Letho grinste jetzt auch, „Du kleiner Teufel. Aber Vesemir dürfte so etwas sicherlich haben, wenn nicht gibt es noch genügend andere Dinge die laut sind.“ Er wuschelte mir durch die Haare, „Na komm. Frühstücken und dann die Pferde fertig machen.“ Meinte er. Ich setzte mich zu ihm und er reichte mir etwas rüber. Zu meinem Leidwesen war es Trockenfisch. Dazu ein wenig Brot.

Widerwillig quälte ich mir den Fisch rein. Er schmeckte genauso schlecht wie der erste, den ich mit Geralt zusammen gegessen hatte. Das Brot machte das Ganze etwas erträglicher. Dazu trank ich jede Menge Wasser, um den Fisch herunter zu spülen. Als ich mein Mahl beendet hatte, wollte ich mich aufraffen um meine Sachen zusammen zu suchen, doch Letho behielt mich auf meinem Platz und drückte mir noch einen Fisch in die Hand.

Ich wollte ablehnen, doch er meinte, ich würde die Energie noch brauchen. So quälte ich mir diesen Fisch auch noch hinunter, während er bereits anfing seine Sachen zu packen. Wieder hatte ich das Gefühl, dass der Fisch beim kauen mehr wurde. Als ich dann endlich den letzten Bissen herunter gewürgt hatte, packte ich schnell meine Bettrolle zusammen und packte die nun wieder trockene Kleidung, vom Vortag wieder ein. Ich überprüfte ob ich alles eingepackt hatte und trug meine Sachen nach oben.

Ich musste noch kurz warten, ehe Letho mit Tetris und einem mir unbekannten Pferd zurück kam. „Das ist aber nicht Ree.“ Stellte ich fest. „Stimmt, das ist Kiran. Wir wurden kürzlich von einen brütenden Basilliskenpärchen überrascht und Ree wurde dabei schwer verletzt. Ich musste ihn erlösen.“ Ich wusste nicht was ich dazu sagen sollte. „Hey, ist schon gut. Ree war eh schon recht alt und hat mich lange begleitet, er hat sich seinen Frieden jetzt verdient.“ Meinte Letho. Ich nickte darauf hin einfach nur. Tetris stupste mich an und schnaubte. Ich strich ihn über den Kopf.

Ich ging zum Brunnen und füllte noch die Wasserschläuche auf und im Eimer mit dem Kalten Wasser versuchte ich den Ring abzustreifen, doch irgendwie saß er immer noch ziemlich fest.

„Was machst du da?“ fragte der Hexer mich. „Ich will den Ring loswerden.“ Grummelte ich. Doch Letho zog meine Hand aus dem Wasser. „Lass doch, er kann bestimmt noch nützlich werden.“ Er grinste mich kurz schelmisch an, „Wenn ein Dorf unterwegs uns nicht reinlassen will, oder sonst wie ärger macht könntest du einfach behaupten ich wäre dein Gefangener.“ Ich schaute ihn ungläubig an, „Das ist nicht dein Ernst. Dabei könnte so viel schief gehen.“ Entgegnete ich. „Krümel, ich bin schon lange auf dem Pfad und vieles gewohnt. Mich kann kaum noch etwas überraschen und halte auch so einiges aus. Keine Sorge.“ Wollte er mich beruhigen. Dazu konnte ich nichts sagen und streiten wollten ich auch nicht. Darum schwieg ich.

Da ich den Ring scheinbar eh nicht abbekommen würde, ließ ich es sein und packte die Wasserschläuche weg.

Letho musste mir beim verschnallen der Bettrolle und der Satteltaschen helfen, da meine Hand noch nicht wieder so wollte wie ich. Anschließend prüfte ich die Gurte und schaute mir die Hufe von Tetris an, aber es war alles in Ordnung.

Als wir endlich im Sattel saßen, folgten wir dem Weg Richtung Süden aus dem Örtchen heraus. Letho hatte seine Kapuze aufgesetzt, damit man ihn nicht sofort erkennen würde. Aber theoretisch würde ihn jeder erkennen, der ihn kannte, die Rüstung und seine Statur waren doch sehr leicht zu erkennen.

„Die Basilisken, die du vorhin erwähnt hast, ich hoffe sie haben dir nicht noch mehr Probleme gemacht?“ fragte ich ihn. Er verzog das Gesicht, „Wie man es nimmt. Du solltest dich auf jeden Fall von ihnen fern halten. Sie sind tödlich giftig. Und nein ein Spiegel hilft nicht gegen sie.“ Lachte er zum Schluss. Ich schmollte leicht, „Auch wenn ich mich vielleicht hin und wieder in Schwierigkeiten bringe, blöd bin ich deswegen trotzdem nicht. Ich weiß das man Basilisken nicht mit einem Spiegel besiegen kann, außer vielleicht man zerschmettert ihn auf deren Kopf.“ Das brachte Letho noch mehr zum lachen, „Ach Krümel, so war das doch nicht gemeint. Ich wollte nur klar stellen, dass mit ihnen nicht zu spaßen ist. Ich hatte Glück das ich einen goldenen Pirol dabei, das Weibchen hatte mich am Bein erwischt. War ziemlich knapp. Deswegen will ich auch, sollte ich dir unterwegs sagen du sollst warten, dich verstecken oder die Beine in die Hand nehmen, dass du das auch machst. Es gibt viele Monster da draußen, die selbst für uns Hexer sehr gefährlich sind, ich will dich nicht in der Nähe von solchen wissen. Ist das klar?“ forderte er, doch ich schwieg, konnte ich ihm das versprechen? Ich wusste es nicht, was wäre, wenn Letho in Gefahr wäre, so wie Geralt mit den Bogenschützen, da könnte ich bestimmt nicht einfach so zusehen.

„Ich will wissen ob das klar ist Alanya?“ forderte er erneut mit einer ziemlich ernsten Stimme und schreckte mich damit aus meinen Gedanken. Er nannte mich nie bei meinem Namen. „Ja Letho.“ Gab ich leise Antwort. „Gut und wehe, wenn nicht, dann brauchst du dir nämlich keine Gedanken mehr darüber machen, ob du das Monster überlebst.“ Fügte er an. Ich schluckte, nun vielleicht sollte ich doch einfach mal lieber auf meine Hexer Begleitung hören.

Schweigend ritten wir weiter. Der Weg wurde so schmal, dass wir nicht mehr nebeneinander reiten konnten. Ich beobachtete seinen Rücken, hin und wieder schien er auf etwas zu lauschen. Ich überlegte, aber mir fielen spontan keine Monster ein, die sich hier angesiedelt hatten. Naja, zumindest nicht im Spiel, aber mittlerweile war ja schon vieles durcheinander gekommen. Also könnte es genauso gut sein, dass es mittlerweile hier welche gab.

Bei dem Gedanken spannte ich mich unwillkürlich an, hoffentlich keine Endriagen oder so. Letho verlangsamte sein Pferd in einen ruhigen Trab. Es ließ mich staunen, wie ruhig er den Trab aussitzen konnte. Sein Pferd würde sich bestimmt nicht beschweren, nicht so wie Plötze. Der Gedanke ließ mich erneut grinsen. Geralt hielt sich für einen guten Reiter und bekommt später einen Dämpfer von seinem eigenen Pferd.

„Zieh dein Schwert!“ zischte Letho auf einmal. Hatte er einen Gegner ausmachen können? Er sagte nicht welches Schwert, so wartete ich kurz um zu sehen, welches er ziehen würde. Wider meiner Erwartung zog er nicht sein Silberschwert.

Also tat ich es ihm gleich und zog mein normales Schwert und behielt es locker in der Hand. Angespannt schaute ich mich um, doch ich selber konnte ich weder etwas sehen noch hören. Ich war völlig angespannt und reagierte daher völlig instinktiv, als Letho auf einmal „Deckung!“ brüllte. Da kam meine Ausbildung als Soldat durch und ich duckte mich sofort so flach auf den Pferdehals wie es ging. Wenn ich nicht auf einem Pferd gesessen hätte, hätte ich mich vermutlich völlig automatisch in den nächsten Busch geworfen. Keine Sekunden später flog ein Pfeil über mich hinweg. Einige Augenblicke später stürmten drei Reiter auf den Weg. Sie drängten sich zwischen mich und Letho.

„Jetzt seid ihr dran! Macht sie fertig!“ rief einer von ihnen, vermutlich der Anführer. Tetris stieg beinahe und ich hatte mühe ihn wieder zu beruhigen. Ich wich einen Schwerthieb aus, in dem ich mich seitlich vom Sattel rutschen ließ. Ich war froh, dass ich die zusätzlichen Riemen am Sattel angebracht hatte, denn so landete ich jetzt nicht im Dreck, sondern konnte mich im Steigbügel halten. Ein hoch auf das Voltigieren damals. Sobald der Reiter außer Reichweite war, schwang ich mich wieder in den Sattel und wendete Tetris, so dass ich ebenfalls zu einem Hieb ausholen konnte. Ein reiterloses Pferd drängelte sich an mir vorbei, Letho hatte den Reiter wohl erwischt, denn der Sattel glänzte rötlich, der andere Reiter hatte mittlerweile auch wieder gewendet und kam erneut auf mich zu. Ich wehrte seinen Hieb ab und brachte ihn aus dem Gleichgewicht, ich nutzte den Schwung und traf ihn. Er war verwundet aber vermutlich nicht tödlich, trotzdem reichte es aus, ihn in die Flucht zu schlagen. Was aber wahrschlich auch daran lag, dass seine beiden Kumpanen tot waren.

„Interessanter Trick, ich hatte zuerst befürchtet, er hätte dich erwischt.“ Sprach Letho mich von hinten an. Verlegen grinste ich, „Nun, ähm danke. Man tut was man kann.“ Stammelte ich. Die Durchsuchung der Banditen brachte nur einige Kronen, der Rest war Müll.

Ehrlich gesagt hatte ich diese drei Räuber vergessen, obwohl sie im Spiel immer wieder auftauchten, egal wie oft man sie besiegte.

„Am Ende des Weges an der Kreuzung nach Schwarzzweig, steht ein einzelnes Haus, es könnte sein, dass dort noch mehr Wegelagerer warten. Die haben mich schon einmal erwischt, aber ich hoffe das die Männer des Barons sich mittlerweile um sie gekümmert haben.“ Erzählte ich Letho und rieb mir unbewusst über die Narbe des Pfeils am Oberschenkel. Wenn Letho dies bemerkt haben sollte, sagte er jedoch nichts dazu.

„Wir werden sehen, wenn nicht mache ich das. Weißt du noch wie viele ungefähr das waren?“ wollte er wissen. Ich schüttelte den Kopf. „Vielleicht fünf? Ich weiß es nicht mehr, aber mindestens einen Bogenschützen.“ Letho nickte. Der Weg wurde langsam wieder breiter, so dass wir wieder neben einander reiten konnten.

„Wie kamst du eigentlich auf die Kekswerbung?“ wollte ich von dem Hexer neben mir wissen. „Es gab hier früher wirklich jemanden, der Gebäck verkaufte, aber sie ist schon lange Tod.“ Erwiderte er. „Aber ihre Kekse waren recht gut.“ Grinste er. „Und wie kommt es, dass du noch nicht in Richtung Kaedwin unterwegs warst?“ fragte ich weiter. „Nun ich hatte noch einige Sachen zu erledigen und dann habe ich deine Nachricht über Yennefer erhalten. Da dachte ich mir, ich lege dir eine Spur die Fremde nicht so einfach finden würden. Ich hatte erst befürchtet, du würdest sie auch nicht finden. Aber du standest auf einmal in meinem Versteck.“ Ich wurde rot, „Nun über die in Maulbeertal bin ich nur zufällig gestolpert, wenn mich der Dorfälteste nicht um einen Gefallen gebeten hätte, würde sie dort immer noch hängen. Und die in der Ruine habe nicht ich, sondern Tetris gefunden. Auch zum Haus hat er mich gelotst, ich hätte sonst jedes Haus durch suchen müssen.“ Gab ich zu.

Letho lachte und gab Tetris einen Klaps auf die Kruppe, „Na dann kann ich ja von Glück reden, dass du so ein intelligentes Pferd hast.“

Tetris schnaubte zustimmend, was mich zum lächeln brachte. „Die Sache mit den Hexenjäger haben wir ja schon geklärt, aber was ist mit der weißen Rose, sie erinnert doch ziemlich an den Orden.“ Wollte Letho auf einmal von mir wissen. „Oh, das ist ganz einfach, das ist mein Nachname.“ Antwortete ich. „Du heißt weiße Rose?“ fragte er verwirrt, ich nickte. „Ja, Trandafirul, es bedeutet weiße Rose. Aber bisher hatte niemand gefragt, sie stellten immer gleich die Verbindung zum Orden her.“ Erklärte ich. Letho grinste, „Dann wäre es interessant, wie die Elfen darauf reagieren würden, die haben nämlich auch eine Verbindung zu einer weißen Rose.“ Ich schüttelte den Kopf, „Ich denke es wäre besser, wenn wir uns von ihnen fern halten. Bei dir wegen Flotsam und Iorweth und bei mir wegen Novigrad und der Geschichte mit Menge.“ Zwinkerte ich ihm zu. Er verdrehte als Antwort nur die Augen. Es tat gut mal nicht darüber nachdenken zu müssen, was ich sagte. Ich denke, hoffe dass es eine gute Entscheidung war, ihm zu erzählen, dass ich bestimmte Dinge wusste. Er wusste zwar noch nicht alles, aber Letho würde bei Andeutungen nun bestimmt nicht sofort misstrauisch werden.

Langsam kam der große Baum auf der Kreuzung in Sicht. Aber bisher schien es ruhig zu bleiben. Auch Letho schien leicht angespannt, aber als wir uns der Kreuzung noch weiter näherten, schien es als hätten wir uns unnötig Gedanken gemacht. Auf der Bank vor dem alten Häuschen saß ein alter Mann. Ich wusste, er würde dort nicht sitzen, wenn die Wegelagerer hier noch hausen würden.

Still nickte ich ihm freundlich zu und ritt mit Letho weiter. Die Bäume lichteten sich langsam und in der Ferne konnte man Burg Krähenfels erkennen.

Hoffentlich würde mir, uns, der Baron Uma übergeben. Ich hatte keine Lust auf irgendwelche Streitereien und Ärger. Aber zur Not könnte ich ihm ja immer noch sagen, wo er seine Tochter und seine Frau finden würde. Aber wie das ganze im Sumpf ausgehen würde konnte ich nicht sagen. Ich wusste nicht ob Geralt am Flüsterhügel war. Aber vermutlich nicht. Vielleicht würde er später noch darüber stolpern. Ich wüsste auch nicht wirklich, ob er die Mutter der Muhmen befreien sollte oder lieber vernichten. Im Spiel tauchte sie nicht weiter auf, die Befreiung hatte nur die Konsequenz, dass die Kinder zwar lebten und Tamaras Mutter am Ende stirbt, aber wie es sich weiter auf diese Welt auswirkte, darüber hatte ich keinerlei Hinweise gefunden. So in Gedanken versunken hatte ich nicht bemerkt das Tetris ein wenig langsamer wurde und Letho nun wieder vor uns ritt.

Ich schreckte erst aus meinen Gedanken, als ich das Gezeter einer alten Frau hörte. Innerlich stöhnte ich auf, nicht diese Alte. Ich würde bestimmt nicht für sie durch die Gegend reiten und irgendwelche Schreine reparieren. Was machte sie überhaupt hier? Geralt traf sie im Spiel an einer ganz anderen Stelle. Hier stand zwar ein Schrein, mitten auf der Kreuzung, der einen Weg wies, wenn man in der Taverne am Scheideweg die Männer des Barons angriff und sich durch den Brunnen Zugang zur Burg beschaffen musste. Es war ein großer Holzklotz, in dem mehrere kleine geschnitzte Skulpturen standen.

„Hey, hilf einer alten Frau!“ forderte sie von Letho. Dieser hielt an. Ich blieb hinter ihm. „Was gibt es denn?“ wollte er von der Frau wissen. „Du musst die Schreine reparieren.“ Keifte sie. „Ich bin aber kein Zimmermann.“ Entgegnete Letho gelassen. Ich konnte sehen, wie die Frau ihre Fäuste in die Hüfte stützte. „Du hast zwei Schwerter und trägst ein Amulett auf der Brust. Also bist du ein Hexer. Und Hexer bekämpfen das Böse. Und wer auch immer die Schreine zerstört, muss ein Monster sein. Also ist es deine Aufgabe, die Schreine der Herrinnen mit zu beschützen und wieder aufzubauen.“ Argumentierte sie. Sie schien Letho ziemlich sprachlos gemacht zu haben, den von ihm kam keine Erwiderung. Wie bei Geralt im Spiel.

Ich ritt neben Letho, „Komm richten wir die Skulptur wieder auf, dann können wir weiter.“ Sprach ich ruhig zu ihm und schwang mich von Tetris. Ich ging um Kiran herum und auf die am Boden liegende Skulptur zu, während Letho sich ebenfalls aus dem Sattel schwang.

Ich hockte mich gerade zu der Holzfigur hinunter und wollte Letho helfen, als die alte Frau ich auf einmal anfuhr. „Finger weg! Ich lasse nicht zu das Jemand wie du die Herrinnen beschmutzt!“ schrie sie mich an und fuchtelte mit ihrem Gehstock vor mir herum. Überrascht zog ich die Hände zurück, nicht das die Frau noch auf die Idee kam, auf mich einzuschlagen.

„Wahrscheinlich warst du das, oder einer deiner abscheulichen Kameraden. Ihr Hexenjäger würdet doch am liebsten jeden auf den Scheiterhaufen bringen, der euch nicht in den Kram passt. Aber das lasse ich nicht zu! Die Herrinnen schützen uns, euer Feuer kann sich niemals mit ihnen messen.“ Wetterte sie weiter. Sie hatte sich sogar demonstrativ zwischen mich und die Skulptur gestellt, damit ich ihr auch ja nicht zu nahe kommen konnte. Ich wusste gar nicht wie ich darauf reagieren sollte. Mit so einer Reaktion hatte ich niemals gerechnet. „Wenn ein Hexenjäger das gewesen wäre, hätte er das hässliche Ding angezündet und nicht nur umgeworfen!“ grummelte ich vor mich hin. „Blasphemie!" schrie die Alte jetzt.

„Ist ja gut Mütterchen. Alanya wir den Schrein nicht anfassen und ich habe die Skulptur wieder aufgerichtet.“ Wollte Letho sie beruhigen, doch scheinbar hat mittlerweile auch mein Name die Stadtmauern von Novigrad verlassen. Sie verengte die Augen noch mehr, als sie ihren Stock wieder hob, wich ich vorsichtshalber einen Schritt zurück. „Du bist das! Die Hure von Menge! Ihr Beide seid doch die schlimmsten von allen, aber zum Glück ist er ja bereits selbst im Feuer umgekommen. Ich bete für den Tag, dass dies euch allen passiert!“ fluchte sie. Ich starrte sie böse an, knirschte mit den Zähnen und ballte die Fäuste, so eine alte Vettel.

Ruckartig drehte ich mich um und ging zu Tetris. Ich wollte nur verhindern das ich irgendwas tat, dass ich später bereuen würde. Aber scheinbar wirkte es auf die Beiden anders. „Alanya, …? Fragte Letho. „Lass gut sein. Die Alte soll froh sein, dass sie nicht an einen meinen sogenannten Kumpanen geraten ist, die hätten sicherlich ganz anders reagiert.“ Sprach ich lauter als nötig, so dass die Frau mich auch wirklich verstand. Ich stieg auf und ließ Tetris antraben.

„Und du Hexer, solltest dich schämen, mit so jemanden zusammen zu arbeiten!“ konnte ich die Alte noch rufen hören. Letho hatte mich schnell eingeholt. „Krümel?“ sprach er mich vorsichtig an. „Ich wusste nicht, dass sie so auf deinen Namen reagieren würde. Ist alles in Ordnung?“ Ich verlangsamte Tetris wieder. „Ja, alles gut. Ich hätte mit solchen Anfeindungen rechnen sollen, aber sie hatte mich kalt erwischt. Es ist nicht deine Schuld.“ Ich ließ ihn aufholen und versuchte ihn mit einem lächeln zu beruhigen, doch er zog nur eine Augenbraue hoch. „Ich sehe zwar wie ein dummer grobschlächtiger Kämpfer aus und nutze diese Tatsache gelegentlich, aber wenn du wen zum reden brauchst ich bin da.“ Bot er an. „Danke Letho. Und nein du siehst nicht so aus. Du kannst zwar beängstigend wirken, aber ich weiß, dass das nur deine Schale ist.“ Erwiderte ich. „Ach und woher willst du das wissen?“ fragte er nach.

„Nun, du hast dich um mich gekümmert, als wir auf dem Rücker Anwesen waren und meine Tugend vor Geralt geschützt, du hattest dich zu mir gelegt, als ich dich darum bat und dies nicht ausgenutzt. Außerdem hast du mich heute Nacht aus einem Alptraum geweckt und mich bei dir schlafen lassen. Daher weiß ich das.“ Zählte ich ihm auf. „Das finde ich ziemlich süß an dir.“ Gestand ich noch sehr leise, aber er hatte mich wahrscheinlich trotzdem gehört. Aber er sagte nichts und ich traute mich nicht ihn anzusehen.

Stur gerades aus schauend ritt ich weiter. Letho schwieg ebenfalls, aber ob es an meinem Geständnis lag, konnte ich nicht sagen. Die Burg erhob sich vor uns und ich war erleichtert, dass ich gleich eines meiner selbstgesetzten Etappenziele erreicht haben würde. Ich hoffte nur, dass Uma nicht zu anstrengend sein würde, schließlich war er im Moment geistig ziemlich eingeschränkt.

Wir näherten uns der ersten Brücke, die ursprünglich in das Dörfchen vor Krähenfels geführt hatte. Ich überlegte gerade, ob ich nicht so lange, wie wir in Krähenfels waren, das Halstuch ablegen sollte. Es war vielleicht doch zu auffällig und der Baron hielt mich für einen Nilfgaarder und es war weithin bekannt, dass die Hexenjäger zu Radovid standen. Ich griff also nach meinem Halstuch um es abzunehmen, als uns ein Mann eilig entgegen gelaufen kam.

„Oh endlich.“ Keuchte er, als er uns erreichte. „Endlich jemand kompetentes. Bitte ich brauche eure Hilfe.“ Fuhr er fort. Mein verzweifelter Blick huschte zu Letho der aber nur grinsend mit den Schultern zuckte.

„Was willst du?“ fuhr ich den Mann vor mir an. Er zuckte zurück. „Ich bitte um Entschuldigung. Aber ich bin schon die ganze Zeit auf der Suche nach einem Hexenjäger.“ Versuchte er sich zu erklären. „Und wofür? Warum bist du nicht nach Novigrad oder Oxenfurt gegangen?“ wollte ich von ihm wissen. Mittlerweile war ich genervt. Das Schicksal wollte wohl nicht, dass ich heute mein Ziel erreichte und dabei war ich quasi schon auf der Zielgeraden.

„Ich wurde nicht eingelassen, ich habe keinen Passierschein. Aber es ist wirklich wichtig.“ Erklärte sich der Mann. Ich wollte gerade etwas erwidern, als Letho sich einmischte. „Was ist denn so wichtig?“ wollte er wissen. Der Mann bekam große Augen, als er Letho richtig ansah. Das Amulett und auch das Silberschwert verrieten fast genauso gut, dass er ein Hexer war, wie die neugierigen katzenhaften Augen, die unter der Kapuze hervorblitzten.

„Ihr reist mit einem Hexer. Dann seid ihr bestimmt Alanya?“ fragte der Mann aufgeregt. „Und wenn es so wäre?“ grollte ich. „Dann habe ich direkt die richtige gefunden. Ich habe im Sumpf etwas Seltsames gefunden. Es ist bestimmt ein Hexenwerk, ein verzaubertes Artefakt. Ihr und euer Hexer könnten sich bestimmt der Sache annehmen.“ Flehte er. Im Augenwinkel konnte ich Lethos finsteres Gesicht sehen. Er war bestimmt nicht begeistert darüber, als mein Hexer zu gelten.

„Und warum sollte ich das tun?“ wollte ich wissen. Der Mann rang mit seinen Händen, „Bitte, ich habe so viele Geschichten über euch gehört. Ihr wärt wahrscheinlich die beste Person um mit so einem Werk um zugehen. Ich bitte Euch, seht es Euch an, ehe es in die falschen Hände geraten sollte.“ Flehte er weiter.

Ich seufzte, „Gut, dann zeig das Stück mal her.“ Bat ich. „Nun, es ist so, ich habe es nicht bei mir. Es war mir zu gefährlich es anzufassen.“ Stammelte er. Ich grummelte vor mich hin und erschreckte den Mann so anscheinend.

„Wie sieht es denn aus?“ wollte Letho wissen. „Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Es sah aus, als ob es sich von alleine Bewegen würde und ich glaube das ich ein Summen gehört habe, wie bei einem Bienenstock. Ich konnte noch nicht einmal erkennen, woraus es gemacht war. Es war definitiv kein Holz, kein Stein und auch kein Edelmetall oder Edelsteine.“ Beschrieb der Mann.

„Und wo soll es sich genau befinden. Im Sumpf ist hier in Velen keine sehr genaue Beschreibung.“ Wollte ich nun wissen. „Ein alter Pfad führt dort hin. Über eine kleine Steinbrücke. Dort ist ein alter Wachturm, der den Fluss und die Brücke bewachen sollte, aber von der Brücke steht kaum noch etwas. Es ist östlich vom Grenzposten, der am Fluss liegt.“ Erklärte er. Ich seufzte, „Ich glaube ich weiß welche Ruine er meint.“ „Ist es weit?“ wollte Letho wissen. „Wir müssten zum Hauptarm des Pontars zurück.“ Antwortete ich nur.

„Ihr schaut es Euch also an? Ich danke Euch vielmals!“ freute sich der Mann. Ich sah zu Letho, dieser nickte. „Ja, wir werden es uns ansehen.“ Antwortete er. „Danke, danke. Ich wusste man kann auf euch zählen.“

Ich hatte genug und trieb Tetris an. Wäre ja auch zu einfach gewesen, wenn es mal keine Ablenkung vom Plan gäbe. Ich könnte jetzt zwar immer noch Uma abholen, aber mit ihm dort hin zu reiten, würde es alles noch komplizierter machen. Letho folgte mir, erst als ich an der Brücke nach Krähenfels weiter ritt, sprach er mich an. „Wollten wir nicht diesen Uma holen?“

„Ja, eigentlich schon. Aber ich werde nicht mit ihm, in einem Sumpf voller Monster nach einem unbekannten Artefakt suchen.“ Erwiderte ich grummelig.

„Warum nicht? Wir werden so einen ziemlichen Umweg machen.“ Fragte er weiter. „Weil Uma ein kleiner verfluchter und unterbelichteter Bastard ist, der zurzeit nicht einmal die Intelligenz eines Kleinkindes hat. Deswegen.“ Fluchte ich.

„Du brauchst mich deswegen nicht gleich so anzufahren. Schließlich wusste ich nichts davon.“ Letho klang nicht sehr erfreut über meinen Ausbruch. „Tut mir leid. Du hast ja recht, aber wieso willst du nach diesem Artefakt suchen? Dort wo es ist, stört es doch keinen.“ Entschuldigte ich mich bei ihm.

„Ganz einfach, es könnte vielleicht etwas Nützliches sein und wenn nicht zahlt vielleicht eine der Zauberinnen gut dafür. Außerdem, du hast ja gesehen, wie die Alte vorhin auf dich reagiert hat, wenn jemand nun erfreut darüber ist, dich zu treffen, solltest du ihn nicht vor den Kopf stoßen.“ Erklärte er sich. „Hm, vielleicht hast du recht.“ Stimmte ich zu. „Natürlich habe ich recht. Na los, Wettreiten bis zum Fluss!“ rief er und ließ sein Pferd in einen schnellen Galopp fallen. Natürlich holte ich ihn nicht mehr ein, sein Pferd war verdammt schnell. „Das war unfair.“ Beschwerte ich mich im Ziel. „Ach hat dein Hexer dich besiegt. Was für ein herber Schlag Frau Hexenjäger!“ lachte er. „Ja, ja, sehr witzig.“ Schmollte ich. „Sollte ich nicht eigentlich beleidigt sein? Schließlich wurde ich als dein Hexer bezeichnet. Nicht anders herum?“ fragte er grinsend. „Gewöhn dich dran, Geralt wurde auch bereits als mein Hexer bezeichnet. Aber er fand es nicht so lustig.“ Warnte ich ihn. Er grinste noch einmal und wechselte dann das Thema, „Wie geht es nun weiter? Welchen Weg wollen wir nehmen?“ fragte er, als wir die Brücke überquert hatten. Ich deutete nach rechts, „Wenn wir nach links reiten, wäre es etwas kürzer, aber ich will nicht schon wieder durch Maulbeertal. Wer weiß was die sonst wieder wollen, außerdem hatte mich dort der Bote getroffen, er hatte eine unschöne Botschaft von Lambert dabei. Wer weiß was der Bote ihm gesagt hat, wo er mich getroffen hatte. Auch wenn ich ihn bat, einen anderen Ort zu nennen.“ Schlug ich vor.

„In Ordnung, mit den ganzen Schwarzen hier, ist es vermutlich keine so schlechte Idee, Orte wenn möglich zu meiden.“ Willigte er ein. Gemütlich folgten wir den Weg am Fluss entlang, ehe wir in Richtung Norden abbogen.

„Wie kommt es eigentlich, dass du dich hier so gut auskennst?“ fragte mich Letho auf einmal, nach dem wir schweigend neben einander her geritten waren. „Ich habe die Karte lange genug dafür studiert. Aber alles weiß ich auch nicht, aber ich habe genügend Kartenmaterial in der Tasche, falls ich mal nicht weiter weiß.“ Antwortete ich ihm. „Das führt mich zu meiner nächsten Frage, du weißt scheinbar wo Kaer Morhen liegt, aber wie wolltest du alleine dort hin kommen?“ diese Frage war berechtigt. Ich überlegte kurz, „Nun ich hatte mir gedacht, sobald ich Uma habe, würde ich versuchen in Oxenfurt ein Schiff zu bekommen, dass mich vielleicht bis Ard Carraigh mit nimmt und von dort würde ich den Fluss bis in das Tal folgen.“ Erklärte ich meine Reise Pläne.

Er schüttelte den Kopf, „Wenn es nur so einfach wäre. Erstens würdest du vermutlich kein Schiff finden, dass dich bis dorthin fahren könnte und wenn wäre es vermutlich ein nilfgaardisches, was zweitens ziemlich ungünstig wäre, sollte der Kaiser auf die Idee kommen das du abtrünnig geworden bist. Sie könnten dich einfach aus deiner Kabine heraus festnehmen. Außerdem verläuft dort gerade die Front, auf einem Schiff wärst du in zu großer Gefahr. Wir werden reiten. Dann können wir viel besser auf Veränderungen reagieren und außerdem ist Kaedwin nicht gerade friedlich. Wir werden uns am Fuße des Kestrell Gebirges halten, bis wir die Front hinter uns gelassen haben.“ Erzählte er und zerstörte somit meinen schönen Plan.

„Wenn du das sagst. Du warst ja sicherlich schon einmal dort.“ Stimmte ich widerwillig zu. „Ja, aber es ist lange her, dass ich in Kaer Morhen war. Lambert gab es damals noch nicht und Geralt und Eskel waren noch nicht dort für den Winter. Ich hoffe Vesemir hat mich nicht in zu schlechter Erinnerung behalten.“ Grinste er.

„Ich hoffe nur, dass ich vor Lambert und Geralt dort bin, damit Vesemir mir zumindest erst einmal neutral entgegen tritt. Ohne irgendwelche Geschichten die die Beiden ihm erzählen würden.“ Gab ich zu. „Ich denke da brauchst du dir bei ihm keine Gedanken machen. Er ist die Neutralität und vermutlich auch der Anstand in Person.“ Bei diesem Kommentar musste ich kichern. So anständig kann er ja gar nicht sein, wenn er aus dem Fenster fliehen musste, dachte ich mir.

Wir unterhielten uns noch eine Weile und er erzählte mir von einigen seiner Verträge, die er in der letzten Zeit angenommen hatte. Wir behielten unser gemütliches Tempo bei, nur das Stück bei Maulbeertal ritten wir etwas schneller.

Die Gelegentlich auftauchenden wilden Hunde ignorierten wir weites gehend, vorausgesetzt, sie griffen uns nicht an.

Erst als der Weg langsam wieder in einen Wald führte und schmaler wurde, mussten wir erneut zu unseren Schwertern greifen. Ein Rudel griff uns an, doch sie waren schnell besiegt. Sie waren ziemlich ausgezerrt und daher auch kraftlos. Uns anzugreifen war vermutlich eher eine Verzweiflungstat.

„Interessant dich in einem echten Kampf zu beobachten.“ Meinte Letho, als ich mein Schwert von dem Blut reinigte. Verwundert schaute ich zu ihm. „Man merkt das Geralt dich ein wenig unterrichtet hat, man merkt die Ähnlichkeit im Stil.“ Erklärte er weiter. Ich zuckte nur mit den Achseln. „Kann sein. Hab vorher immer nur mit Schild gekämpft. Dort hinten müssen wir hin.“ Ich zeigte auf die Ruine, die man zwischen den Bäumen bereits erkennen konnte. Aber leider war eine Abkürzung nicht möglich, da wir oberhalb einer Klippe standen.

Hinter der Ruine konnte man den Tempel und die Skyline von Novigrad erkennen. Der Turm ragte hoch über die Häuser und so konnte man ihn von vielen Orten aus sehen. Wir ritten weiter und kurze Zeit später kamen wir an einem Häuschen vorbei. Es war alles ruhig und aus dem Schornstein kam der Rauch eines Herdfeuers. Die Elfe lebte hier also noch in Ruhe. Ich zögerte nicht und ritt einfach weiter. Wer weiß wann die Banditen hier auftauchen würden und selbst wenn ich die Elfe warnen würde, wäre es zweifelhaft ob sie mir glauben würde.

Der Weg führte uns vor ein zerstörtes Dorf, direkt davor war die Abzweigung zur Brücke, die natürlich schon zerstört war. Wir hielten unsere Pferde vor dieser Brücke an. „Wir könnten darüber springen.“ Schlug ich vor. Doch Letho schüttelte den Kopf, „Lieber nicht, die Steine sehen rutschig aus und wer weiß wie fest die Abbruchkante ist. Ich möchte keines unserer Pferde riskieren. Aber ich will sie hier auch nicht zurück lassen. Schauen wir im Dorf, ob wir irgendwie darüber kommen.“ War Lethos gegen Vorschlag. Dagegen konnte ich nichts sagen. Also stiegen wir ab und wollten unsere Pferde durch die wenigen verbrannten Ruinen führen, allerdings wurden sie sehr schnell unruhig. Der Grund dafür zeigte sich ebenso schnell. Es streiften einige Ghule umher, durch die Leichen und die immer noch schwelenden Holzbalken, habe ich sie nicht wahrnehmen können.

Wir ließen die Pferde stehen und zogen unsere Silberklingen, Letho warf mir ein Fläschchen mit Nekrophagenöl zu, dass ich schnell auf meiner Klinge verteilte. Wir teilten uns auf, damit wir uns auf den engen Wegen nicht gegenseitig im Weg stehen würden. Letho ging in die Richtung, aus der er mehr Ghule gehört hatte, ich nahm die andere Richtung.

Ich schaute mich immer wieder um, damit mich der Ghul auch ja nicht überraschen konnte. Ich hörte wie er über einige verkohlten Balken, der Hausruine kletterte. Sobald er mich bemerkte, beeilte er sich, zu mir zukommen. Er dachte wohl, ich würde eine gute Mahlzeit abgeben. Aber ich würde mich nicht so schnell oder einfach fressen lassen.

Ich hoffte nur, dass mich mein Arm jetzt nicht im Stich lassen würde. So ein Ghul war schließlich ein ganz anderer Gegner als so ein wilder Hund. Auch wenn ich jetzt mit diesen relativ gut umgehen konnte. Aber bei Ghulen hatte ich noch nicht viel Erfahrung sammeln können und Geralt war stets in Sichtweite gewesen, wenn wir gegen Monster gekämpft hatten. Diese Rückendeckung hatte ich jetzt nicht.

Der Ghul stürmte jetzt auf mich zu, ich schluckte und umfasste mein Schwert so fest es ging. Als mein Gegner auf mich zu sprang, drehte ich mich zur Seite um den Angriff so zu entgehen. Ich wirbelte herum und traf ihn mit der Klingenspitze an der Seite. Aber da ich nur einen relativ kleinen Schnitt setzen konnte, hielt das den Ghul nicht wirklich auf und machte ihn dazu noch wütend. Er brüllte und drehte sich blitzschnell wieder zu mir um. Ich erwartete ihn mit erhobener Klinge und ließ sie nieder sausen, als er in Reichweite kam. Ich traf ihn am Vorderbein und schlug es ihm tatsächlich ab. Der Ghul brüllte und übelriechendes Blut spritzte überall hin. Theoretisch bräuchte ich jetzt nur noch zu warten, bis der Ghul verblutet war und der Kampf wäre gewonnen, aber natürlich würde er nicht solange ruhig stehen bleiben, also machte ich mich auf einen weiteren Angriff gefasst. Diesmal traf ich ihn am Hals. Mein Hieb war nicht stark genug um ihn zu köpfen, aber immerhin war der Schnitt so tief, dass dem Ghul nur noch wenige Augenblicke blieben, ehe er fast tot zusammen brach.

Ich wollte gerade zum Todesstoß ansetzen, als ich hinter mir etwas hörte.

Ich drehte mich so schnell um wie ich konnte und so streiften mich die Klauen des anderen Ghuls nur an der Seite. Ich spürte zwar die Wucht, aber keinen Schmerz, also hatte meine Rüstung gehalten. Mit weit aufgerissenem Maul schnappte der Ghul nach mir, doch zum Glück erreichte er mich nicht. Ich hatte mich rechtzeitig in eine andere Richtung bewegt. Dieser Kampf war anstrengender, oder zumindest wirkte er so auf mich. Ich schüttelte meinen Arm, da ich spürte, wie die Schmerzen langsam in den Muskel krochen.

Leider gab dies dem Ghul genügend Zeit, für einen weiteren Angriff, den ich zu spät bemerkte. Ich konnte nur noch die Arme hochreißen, um mich zu schützen. Ganz klasse, die Situation kam mir irgendwie vertraut vor. Ich lag auf dem Rücken, mit einer wilden Bestie über mir. Ich versuchte zu verhindern, dass der Ghul mich mit seinen Zähnen zu packen bekam. Seine Krallen gruben sich in das Kettengeflecht meiner Schultern. So schnell wie möglich versuchte ich an einen meiner Dolche zu gelangen. Als ich meine Hand so verlagerte, dass ich ihn möglichst nur mit einer Hand gehalten bekam, jaulte der Ghul auf einmal auf. Und seine Haut begann unter meiner Hand blasen zu werfen. Zuerst verwirrte mich das, bis mir klar wurde, dass es wohl an meinem Ring lag. Er musste aus einer Silberlegierung sein. Schnell zog ich mit meiner anderen Hand einen Dolch und stach damit immer wieder auf den Ghul ein. Ich zielte hauptsächlich auf seinen Kopf und seinen Hals.

Sein Blut spritzte und sprudelte überall hin, natürlich auch auf mich. Auf meine Arme, meine Rüstung und auch auf mein Gesicht. Einiges lief in meinen Mund und lief wie Tränen von meinem Augenwinkel in Richtung Ohren hinab. Ich fluchte wie ein Rohrspatz und beleidigte den Ghul während ich weiter auf ihn einstach und er mich voll blutete. Nach einer gefühlten Ewigkeit bemerkte ich wie die Muskeln des Ghuls nachgaben. Ich versuchte meine Beine unter ihn zu ziehen, um ihn von mir wegstoßen zu können. Ich hatte es gerade geschafft und schob ihn von mir, als sein Gewicht plötzlich von mir verschwand. Es war, als wäre er von mir gerissen worden.

Durch das ganze Blut sah ich wie durch roten Nebel. Ein Schemen tauchte über mir auf und da ich ihn nicht wirklich erkennen konnte, tastete ich nach meinem fallengelassenen Schwert. Doch die Suche musste ich schnell aufgeben und auch die Gestalt war mir plötzlich ziemlich egal, alles woran ich auf einmal nur noch denken konnte, war die Übelkeit, die in mir aufstieg. Ich drehte mich zur Seite und stemmte mich au die Knie, bevor ich anfing zu würgen. Anscheinend hatte ich das Blut, das in meinen Mund gelaufen war, versehentlich geschluckt.
 

Meine Augen brannten und tränten, als nur noch Magensäure kam. Das Adrenalin ließ nach und ich wollte mich nur noch zur Seite fallen lassen und mich ausruhen. Ich fühlte mich ziemlich schlecht, wie durchgekaut und wieder ausgespuckt. So langsam nahm ich meine Umgebung wieder war. Ich spürte, wie mich zwei starke Arme hielten und jemand auf mich einredete. Meine Augen waren verklebt und ich wollte sie reiben, damit ich wieder etwas sehen konnte, doch meine Hand wurde aufgehalten.

„Krümel, hörst du mich? Sag doch was!“ verstand ich endlich. „Hm. Alles ok.“ Murmelte ich. „Gut wir werden sehen. Ich werde dir erst die Augen ausspülen, versuch so lange ruhig zu bleiben und reib sie nicht.“ Ich hörte wie eine Flasche entkorkt wurde und einen Augenblick später lief mir eine kühle Flüssigkeit übers Gesicht. Ich konnte spüren, wie er meine Augenlider leicht hochzog damit auch dort das ekelhafte Blut fortgespült werden konnte. Als das erledigt war, half er mir auf und führte mich zu einer kleinen, aber sauberen Wasserquelle, so dass ich selbst weiter reinigen konnte. Danach ging es mir ein wenig besser. Wir sammelten unsere Pferde ein und führten sie über die sumpfige Wiese hinter dem Dorf. Dort kamen wir wieder auf unseren ursprünglichen Weg.

Dort standen die beiden verlassenen Zeltdächer. Vermutlich ein verlassener Militärposten.
 

Letho beschloss das wir hier lagern würden und so machten wir uns daran, die Unterstände wieder ein wenig herzurichten. Ich spannte die Plane nach, während Letho sich um die Kisten und den anderen Kram kümmerte.

Er stapelte alles so, dass es beinahe eine kleine Mauer an zwei Seiten wirkte. Da ich mit dem Abspannen deutlich schneller fertig war, suchte ich mir einen Platz wo ich nicht im Weg sein würde und machte mich daran, meine Klingen zu reinigen und zu schärfen. Letho gesellte sich irgendwann zu mir und so kümmerten wir uns zusammen um unsere Waffen. Die Pferde standen jetzt unter der anderen Zeltplane und kauten auf ihrem Futter rum.
 

„Weißt du, du sollst nicht in jeden und alles reinbeißen, das dich in die Enge treibt.“ Scherzte Letho auf einmal. Ungläubig starrte ich ihn an, meinte er das jetzt wirklich ernst? „Sehr witzig. In so etwas beiße ich bestimmt nicht freiwillig.“ Murmelte ich. Er grinste bloß.

„Sag mal, woraus wird eigentlich Schwarzes Blut gemacht? Als ich dich gebissen hatte, schmeckte dein Blut fast genauso widerlich wie das von dem Ghul.“ Wollte ich von ihm wissen. Das Rezept für den Trank hatte ich mir noch nicht angeschaut. „Das könnte daran liegen, dass der Trank hauptsächlich aus Ghulblut besteht. Aber das ist interessant zu wissen. Ein Vampir würde uns vermutlich nie Antworten, wenn wir fragen würden, wonach unser Blut schmeckt, nach dem er uns gebissen hatte.“ Meinte er. „Es schmeckt auch anders, wenn ihr keine Tränke intus habt. Es schmeckt dann nicht nur nach Kupfer, sondern ist auch etwas scharf.“ Erzählte ich weiter. Er hob eine Augenbraue, „Ah ja. Merkwürdige Erkenntnisse die du da hast.“ Merkte er an. Ich zuckte mit den Schultern, „Mittlerweile alles Erfahrung.“ Erklärte ich kurz. Er schüttelte nur den Kopf darüber.

Als ich meine Klingen fertig gefettet hatte, um sie vor Rost zu schützen, steckte ich sie wieder weg. Letho war auch fast fertig mit seiner Klinge.

Ich sammelte etwas Holz, damit wir uns ein Lagerfeuer entfachen konnten. Leider fand ich kein trockenes, was in einem so sumpfigen Gebiet vermutlich aber auch ein Wunder wäre. Ich schichtete das Holz für ein Feuer auf und Letho entzündete es mit einem Igni. Dann setzten wir uns, „Wie geht es dir jetzt?“ wollte er wissen.

„Besser, aber mir ist immer noch ein wenig Übel.“ Gab ich ihm die ehrliche Antwort. „In Ordnung, dann lassen wir das Training heute Abend aus, morgen wird anstrengend genug. Wie es scheint haben sich ein paar Harpyien in der Ruine eingenistet und ein Nekkernest ist auch nicht weit. Ich hoffe nur, dass sie sich in der Nacht nicht her trauen. Aber du wirst trotzdem etwas lernen. Bevor ich dich überhaupt irgendeinen Trank brauen lasse, wirst du mir anhand von Ölen beweisen müssen, dass du nicht nur theoretischen wissen hast. Hol deine Tasche, dann können wir feststellen, welche Zutaten noch gesammelt werden müssen.“ Gab er sein Vorhabend für die nächste Zeit an. Ich nickte und holte die entsprechende Satteltasche. Ich stellte sie zwischen uns auf den Boden und fing an, die Zutatengläser hervor zu holen. Letho sortierte gleich einige aus und stellte sie auf seine andere Seite. „Ich nehme an, die hast du nicht alle selber gesammelt?“ fragte er mich skeptisch. Ich schüttelte den Kopf.

„Du wirst dafür sorgen, dass all diese Gläser immer gefüllt sind und sobald wir in Kaer Morhen sind, gibst du sie zurück. Und diese hier wirst du auf keinen Fall anrühren. Verstanden?“ Er deutete auf die Gläser, die er zur Seite genommen hat. Darin waren verschieden farbige Substanzen, die mich an Schleim erinnerten. Ich betrachtete sie etwas genauer und musste feststellen, dass ich Geralts gesamten Vorrat an Mutagenen mit genommen habe. Ich nickte.

„Und sobald es die Gelegenheit zulässt, wirst du dich bei ihnen entschuldigen. Bei Geralt und auch bei Lambert.“ Forderte er streng. Ich nickte erneut, „Ja Letho.“

Er sortierte die Gläser und Fläschchen und ließ mich dann bestimmen, was darin enthalten war. Denn keines von ihnen war beschriftet. Die Blüten waren relativ leicht, aber einige der tierischen Zutaten konnte ich nicht bestimmen, die Flüssigkeiten überhaupt nicht. Und so lange wie ich sie nicht ohne Zweifel bestimmen könnte, ließ mich Letho nur bestimmte Öle fertigen und auch nur unter strenger Aufsicht. Sprich, ich durfte nur mit ungiftigen Zutaten hantieren und musste jeden Schritt erklären und von Letho absegnen lassen.

Da wir am nächsten Tag wohl gegen Harpyien antreten mussten, sollte ich Hybridöl herstellen, für die Nekker würde Letho das Öl herstellen und das verbrauchte Nekrophagenöl musste auch ersetzt werden.

Letho zeigte mir wie ich, welche Zutat in welcher Menge bearbeiten musste, damit die Wirkung möglichst groß war. So zerkleinerte ich die Blüten der weißen Myrte zuerst mit einem Messer, um sie dann in einer Schale noch weiter zu zerstoßen und zu zerreiben. Dann wurde etwas Hundetalg aufgekocht und mit dem Pflanzenbrei vermischt. Dann wurde das ganze erneut erhitzt und in ein Fläschchen abgefüllt. Letho der natürlich viel mehr Erfahrung hatte, war deutlich schneller fertig damit, zusätzlich hatte er aber die Möglichkeit, alles mit einem kleinen gezielten Igni zu erhitzen, während ich nur die Flammen des Lagerfeuers hatte, die scheinbar nicht so heiß waren wie ein magisch erzeugtes Feuer.

Als die Dämmerung hereinbrach, waren wir mit den Ölen gerade fertig und sammelten noch etwas Holz für das Feuer, damit es in der Nacht nicht ausgehen würde. Dann schickte mich Letho zum meditieren, aber mit dem Hinweis, dass ich dabei nicht wieder einschlafen sollte. Ich setzte mich mit dem Rücken zu den Kisten und das Feuer vor mir. Allerdings war es gar nicht so leicht, sich nur auf seinen eigenen Körper zu konzentrieren, wenn jemand die ganze Zeit um einen herum war und mit irgendetwas herum hantierte.

Ich weiß nicht wie lange ich dort so gesessen habe, aber irgendwann sagte Letho bescheid, dass wir jetzt essen würden. Langsam öffnete ich meine Augen wieder und Letho hielt mir eine Schale hin. Ich griff danach und schaute hinein. Er hatte tatsächlich eine Suppe gekocht. Allerdings konnte ich nicht genau sagen, was sich alles darin befand. Irgendwelche Wurzeln, Kräuter und etwas das Fleisch sein könnte. Vorsichtig probierte ich sie, die Suppe schmeckte fad, aber das war sicherlich nicht ungewöhnlich, als Hexer gab man vermutlich sein hart verdientes Geld lieber für die Reparatur der Ausrüstung aus, als für Gewürze.

Aber eine fade Suppe war mir alle mal lieber, als Trockenfisch. So aß ich alles brav auf und zum Nachtisch reichte mir Letho noch ein Apfel. Während des Essens hatten wir geschwiegen, obwohl ich mich lieber unterhalten hätte. In der Ferne konnte man nämlich sehr gut das Kreischen der Harpyien und das Keckern der Nekker hören. Ich hoffte das sich in der Nacht nicht noch Neblinge dazugesellten.

Nun da die Sonne bereits untergegangen war, wurde es merklich kühler. Darum nahm ich mir meinen Umhang und warf ihn mir über.

„Du solltest dich schlafen legen. Der Schlaf wird dir gut tun.“ Riet Letho mir. Ich hätte zwar gerne noch mit Letho am Feuer gesessen, aber ich wusste nicht, was ich erzählen sollte, also machte ich was er mir sagte. Ich holte meine Bettrolle und legte sie neben das Feuer, auf die andere Seite als Lethos. „Nein, leg sie neben meine Krümel. Es ist hier nicht ganz sicher und ich würde lieber rechtzeitig wissen, wenn sich uns jemand nähert.“ Wies er mich. Deswegen hatte er zwischen seiner Bettrolle und dem Feuer soviel Platz gelassen, dachte ich mir. Ich zog meine Schlafmatte rüber und setzte mich drauf. Ich legte meine Schwerter griffbereit auf den Boden und die Gurte zur Seite. Meine Rüstung lockerte ich nur ein wenig, damit ich bequemer liegen konnte, zog sie aber nicht aus. Wenn wir wirklich in der Nacht überrascht werden sollten, wäre keine Zeit mehr sie überzuziehen. Da meine Rüstung und meine Kleidung nicht gerade sauber waren, wickelte ich erst meinen Umhang um mich, ehe ich die Decke über mich zog. Ich wünschte Letho noch eine gute Nacht und schloss die Augen. Ich hörte noch wie er Holz ins Feuer legte und die Glut anheizte.
 

Ich wachte aus meinem Dämmerschlaf, als Letho sich hinter mich legte. Er hatte wohl gemerkt, dass ich wieder aufgewacht war, denn er sprach mich an. „Du hattest mich ziemlich erschreckt, als ich gesehen hatte wie der Ghul über dir stand, aber dann habe ich dich Fluchen hören.“ Ich konnte sein Grinsen förmlich hören. „Er hat dich auch wirklich nicht verletzt?“ wollte er wissen. „Doch.“ Murmelte ich. Er richtete sich leicht auf, „Warum hast du nichts gesagt? Wo?“ wollte er sofort wissen. „Meinen Stolz.“ Gab ich leise zu und drehte mich zu ihm um. Seine Augen funkelten im Schein des Feuers. „Es hat mich an den Angriff der Hunde erinnert, ehe mich die Nilfgaarder gefangen genommen haben.“ Erzählte ich ihm. Mein Kopf hatte ich auf meinen Arm gelegt und schaute zu ihm hoch, da er immer noch auf seinen Ellenbogen gestützt war. „Sie hatten mich anfangs für einen Mann gehalten und der eine hat tatsächlich gefragt ob ich ein Hexer sei, wegen dem Wolfskopf auf dem Wimpel.“ Lachte ich. „Und was hattest du ihm geantwortet?“ fragte er mich. „Ich sagte, dass ich ja wohl keine Katzenaugen hätte und sich ein Hexer wohl eher nicht von einem Rudel hungriger Hunde beinahe fressen ließe. Sie nahmen mir nur mein Schwert und den Dolch, mit dem ich auf den Hund eingestochen hatte, so wie auf den Ghul vorhin. Sie kamen nicht mal auf den Gedanken, dass ich noch mehr Waffen bei mir hatte. Du hättest das Gesicht des Soldaten sehen sollen, der mich zum Lazarett gebracht hatte, als ich noch vier weitere Dolche bei mir hatte und er merkte, dass ich eine Frau bin.“ Er lachte mit mir. „Ich kann es mir vorstellen. Ich hoffe sie haben dich anständig behandelt?“ fragte er. Ich verzog das Gesicht, „Vermutlich anständiger als jede andere Frau. Einer hat etwas versucht, aber ich konnte mich rechtzeitig befreien, ich denke er hat seine Strafe bekommen, aber wehe er würde mir noch einmal über den Weg laufen, jetzt habe ich keine auf den Rücken gefesselten Hände mehr.“ Drohte ich dem Soldaten.

Letho zog mich an sich, „Wenn wir ihn treffen, helfe ich dir gerne. Niemand darf so etwas einer Frau antun.“ Er wischte mir eine Träne von der Wange, die ich bis dahin gar nicht bemerkt hatte und dann kuschelte ich mich an seine Brust, so gut es eben ging, wenn beide eine Rüstung trugen. „Danke Letho.“ Er strich mir über den Kopf, „Schon gut Krümel. Schlaf etwas, ich passe auf dich auf.“ Versprach er und tatsächlich schlief ich darauf hin schnell ein.

Ich musste recht tief geschlafen haben, denn als ich aufwachte, lag Letho nicht mehr neben mir. Ich setzte mich auf und rieb mir die Augen. Sie brannten etwas, ich musste einige Male blinzeln ehe es erträglich wurde.

Ich schaute mich in unserem kleinen Lager um, Letho kniete neben dem Feuer und meditierte, er trug bereits seine Schwerter, was darauf hindeutete, dass er bereits länger wach war. Ich schaute zu den Pferden rüber, die noch ein wenig dösten, doch dann blieb mein Blick an etwas hängen, dass ein Stück weiter hinten lag. Gestern lag es dort eindeutig noch nicht. Ich versuchte etwas genauer hin zuschauen, waren das Kadaver?

„Na gut geschlafen?“ wurde ich aus meiner Überlegung gerissen. „Hm, und scheinbar ziemlich tief.“ Vermutete ich, ließ mein Blick aber auf den Kadavern. Ich schaute erst weg, als ich hörte wie Letho aufstand. „Ja, dafür hatte ich gesorgt. Ich hatte dir etwas zum schlafen und gegen Schmerzen ins Essen gegeben, da ich befürchtet hatte, das du sonst ziemliche Krämpfe in der Nacht bekommen könntest.“ Gestand er. Wie sollte ich jetzt darauf reagieren? Es war zwar nett, dass er sich so sorgen machte, aber ich wurde schon wieder gegen meinen Willen betäubt, was offensichtlich in der Wildnis ziemlich gefährlich werden konnte. „Falls sowas noch mal nötig sein sollte, sag es mir bitte.“ Bat ich daher einfach. Er nickte. „Deine Augen sind noch ziemlich gerötet, dass sollten wir beobachten.“ Meinte er noch, ich nickte nur und gähnte herzhaft. Ich zog mir meine Stiefel an und stand ebenfalls auf. Ich nahm einen Wasserschlauch und spritzte mir ein wenig Wasser ins Gesicht, um auch richtig wach zu werden und die Müdigkeit zu vertreiben. Ich verstaute meine Klingen und räumte meine Schlafstelle auf. Dann sah ich abwartend zu Letho rüber.

„Fertig?“ fragte er mich, als ich es bestätigte, erklärte er mir unser nächstes vorgehen. Da er hier schlecht mit mir laufen könnte, würde das morgendliche Training das beseitigen des Nekkernestes beinhalten. Ich verzog das Gesicht, das würde nasse Füße und Stiefel bedeuten. Und das konnte ganz schnell zu wunden und entzündeten Füßen führen. Letho ließ mich vorgehen und blieb einige Schritte hinter mir, vielleicht dachte er, ich würde mich drücken wollen, überlegte ich. Als ich an der kleinen, kaputten Steinbrücke ankam, zog ich mein Silberschwert und wollte schon in das Gewässer treten, als Letho mich aufhielt.

„Hast du nicht was vergessen?“ fragte er mich. Ich überlegte kurz, doch mir fiel nichts ein. Meine Rüstung hatte ich wieder geschnürt und einen störenden Umhang hatte ich auch nicht um. „Ich glaube nicht.“ Antwortete ich ihm. Er schüttelte seufzend den Kopf und warf mir dann ein kleines Fläschchen zu. Mit mühe fing ich es und sah es verwirrt an. Es war nicht beschriftet und so blickte ich zu Letho auf, der sich mittlerweile auf der Brücke positioniert hatte. „Klingenöl.“ Erwiderte er ruhig. „Ups.“ Sagte ich kleinlaut, aber zu meiner Verteidigung sei gesagt, ich war es einfach nicht gewohnt, so etwas zur Verfügung zu haben, Geralt hatte mir nur selten welches zur Verfügung gestellt.

Ich strich das Öl auf meine Klinge und verstaute das leere Fläschchen. „Gut, du wirst dich um die Nekker kümmern und ich werde dir dabei Anweisungen von hier geben. So können wir Fehler direkt ausmerzen. Außerdem werde ich dir Fragen stellen, die du mir beantwortest, ohne den Kampf zu unterbrechen.“ Verkündete Letho. Mir blieb der Mund offen stehen, bitte was? Oh man, auf was hatte ich mich da mit dem Training bei Letho nur eingelassen. Ich seufzte, atmete einmal tief durch und nickte Letho zu.

Na dann, auf in den Kampf. Sobald ich knietief im Wasser stand wurden die Nekker aufmerksam auf mich. Letho rief mir wirklich ständig irgendwelche Anweisungen oder Fragen zu, Ausweichen, in welche Kategorie fallen Ghule? Drehung, Konter, Nenne mir einige Albedo Zutaten, Hieb, Parade, nicht stehen bleiben, Welches Öl setzte man gegen Waldschrate ein, hinter dir! Und was ihm sonst noch so einfiel. Am Ende stand ich bis zum Bauch im Wasser, das mittlerweile Rosa vom Blut war. Ich war fix und alle, doch wundersamer Weise, hatte ich nur ein paar Kratzer abbekommen. Als ich mich einige Meter vom Nest entfernt hatte, warf Letho eine Bombe hinein. Ich stakste ans Ufer und er half mir aus dem Wasser. „Na siehst du, war doch gar nicht so schlecht.“ Lobte er mich. Ich lächelte schwach und reinigte meine Klinge vom Blut.

„Wie geht es deinem Arm?“ fragte er einige Zeit später, probehalber bewegte ich ihn etwas mehr. Die Muskeln waren ein wenig verkrampft. „Ich habe gar nicht gemerkt, dass er Probleme machte.“ Gab ich erstaunt zu. „Das ist alles Kopfsache, wenn du dich auf etwas anderes konzentrierst, kann dein Körper Schmerzen ignorieren.“ Erklärte er und tippte sich an den Kopf. Ich nickte, ja mein Ausbilder bei der Bundeswehr sagte auch immer, alles Kopfsache. Wir waren zum Lager zurück gekehrt und ich hatte mich ans Feuer gesetzt und meine durchweichten Stiefel aus gezogen.

Es kam ein ganzer Schwall von Wasser raus, als ich sie auskippte. Meine Socken waren natürlich auch völlig durchnässt und legte sie zu den Stiefeln ans Feuer.

Letho hockte sich neben mich und kramte etwas aus seiner Tasche hervor. „Als du heute Morgen noch geschlafen hast, habe ich etwas vorbereitet.“ Er holte einen Becher hervor und füllte ihn mit Wasser, dann nahm er zwei Phiolen hervor und ließ von jedem jeweils einen Tropfen in das Wasser fallen. Dann reichte er mir den Becher rüber. „Danke, aber was ist das?“ wollte ich von ihm wissen. „Schön, dass du fragst. Du solltest nämlich nicht sofort alles trinken, was dir jemand gibt.“ Er zeigte mir die Phiolen, die eine enthielt eine rote Flüssigkeit und die andere eine lilane Flüssigkeit. „Ich denke, dies könnte Schwalbe sein.“ Ich deutete auf die rote, „bei dem weiß ich nicht, aber ich glaube es ist eigentlich ein Trank für eure Zeichen.“ Vermutete ich. Letho nickte, „Ganz genau, Schwalbe und Waldkauz. Allerdings ist der Waldkauz nicht nur für Zeichen, es vermindert auch Erschöpfung und Müdigkeit, die nicht durch das einsetzen von Zeichen entstanden sind.“ Erklärte er. „Du musst mir allerdings sofort sagen, wenn du Nebenwirkungen merkst, vor allem wenn sie über leichte Übelkeit, minimale Bauchschmerzen und leichtes Unwohlsein hinausgehen.“ Bat er mich. Als ich ihm das versprochen hatte, ließ er zu das ich den Becher nahm und ihn austrank. Das Wasser schmeckte muffig und doch gleichzeitig leicht nach Kräutern. Es brannte auch auf der Zunge, was sich aber schnell zu einen prickeln abschwächte. Ich verzog das Gesicht, war das widerlich. Doch weitere Auswirkungen bemerkte ich vorerst nicht.

„Alles in Ordnung?“ wollte Letho wissen. „Brennt nur auf der Zunge und im Hals.“ Beschrieb ich ihn. „Das kommt vermutlich vom Krabbspinnengift.“ Nickte er, meine Augen wurden groß, „Krabbspinnengift?“ quiekte ich. Als ich darüber sprach meine Gifttoleranz zu erhöhen, meinte ich eigentlich nicht solche Gifte.

„Keine Sorge, solltest du ernsthafte Symptome zeigen, habe ich einen goldenen Pirol bereit.“ Beruhigte er mich. Dann wurde sein Blick aber ernster. „Aber du musst es mir auch wirklich sagen. Ich habe die Tränke zwar verdünnt, wie du gesehen hast, aber nur mit Wasser und sie waren Konzentrierter als die von Lambert oder Geralt, schließlich brauche ich da eine ganz andere Dosis, als die Beiden.“ Ich nickte. Letho hatte deutlich mehr Körpermaße, natürlich könnten da die Tränke von den anderen zu ‚leicht‘ für ihn im Notfall sein.

Ich hatte keine Ahnung wie das Gift wirkte und ob ein menschlicher Körper es abbauen konnte, oder ob es sich in den Organen einlagern würde, wenn letzteres der Fall wäre, wäre es äußerst dumm, sich so eine Toleranz antrainieren zu wollen. Ich hoffte es das meine Leber dazu im Stande war, es abzubauen.

„Gut, da ich dir noch ein wenig Zeit zum ausruhen geben will, wirst du jetzt eine Liste anfertigen, welche Zutaten wir verbraucht haben und dem entsprechen neu gesammelt werden müssen.“ Ich seufzte. Besser so lernen, als gar nicht lernen, dachte ich mir und zog mein kleines Büchlein hervor, ebenso wie ein Kohlegriffel.

Dann überlegte ich, gestern hatte ich für das Klingenöl Myrte und Hundetalg verarbeitet. Letho hatte Nekrophagenöl gemacht, wobei dies vermutlich bereits auch schon wieder alle sein könnte. Ich griff nach Aidens Unterlagen und blätterte darin herum, bis ich auf die Rezepte für die Klingenöle stieß. Für das einfache Nekrophagenöl brauchte man Pusteblume und auch Hundetalg. „Hattest du heute Morgen oder in der Nacht auch ein Öl verbraucht?“ wollte ich von Letho wissen, er nickte. „Ja, das Nekrophagenöl. Vergiss nicht das für Ogroiden, das du bei den Nekkern benutzt hast.“ Wies er mich hin. Ich nickte und notierte auch noch Bärenfett und Ignatiablüten, nachdem ich es nachgeschlagen hatte.

„Merk dir diese Liste gut, wenn wir später unterwegs sind, wirst du diese Kräuter sammeln, bei dem Talg und dem Fett werde ich dir zeigen wie es gewonnen wird. Du kannst dich schon drauf freuen, es wird nicht sehr appetitlich werden.“ Warnte er mich. Ich nickte widerwillig. Das abernten der Ghule in Heidfelde war schon nicht sehr prickelnd, da würde mich das andere vermutlich nicht mehr so schocken. Hoffentlich.

„Gut, dann zieh dir deine Stiefel wieder an. Sie werden eh gleich wieder nass. Wenn wir das Artefakt haben, kannst du sie von mir aus wieder aus ziehen.“ Forderte er. Ich zog mir die Nasen Socken und dann die Stiefel wieder an. Hoffentlich würde ich mir jetzt keine Blasen laufen, aber das Stück Weg war zum Glück nicht lang. Wir überprüften noch kurz die Pferde und machten uns dann auf den Weg. Ich folgte Letho, der immer öfters in den Himmel schaute, je näher wir der Ruine kamen. Er wollte vermutlich sicher gehen, das die Harpyien uns nicht von oben überraschten.

Als wir ans Wasser kamen bedeutete er mir allerdings per Handzeichen, zu warten und still zu sein. Er lauschte angespannt. Er selber kletterte auf der anderen Seite wieder hoch und schaute sich kurz um, ehe er zurück kam. „Es gibt hier nicht nur Harpyien. Im unteren Teil scheinen einige Endriagen zu hausen. Ich konnte aber zum Glück nur Arbeiterinnen entdecken. Vermutlich suchen sie nach einem neuen Brutplatz für ihre Königin. Hast du schon einmal gegen sie gekämpft?“ fragte er mich. Ich schluckte und schüttelte den Kopf, nicht wirklich, ich denke im Spiel zählt hier gerade nicht. Gegen solche Viecher wollte ich auch gar nicht kämpfen, nicht gegen die, die Gift und Säure spucken konnten.

„Gut, halte dich vor allem seitlich von ihnen. Dann ist die Gefahr geringer, etwas von ihrem Gift abzubekommen. Sollte sie dich beißen, musst du sofort das hier trinken.“ Er drückte mir ein kleines Fläschchen in die Hand. „Aber was ist mit dir?“ wollte ich protestieren. „Ich werde an dem Gift nicht so schnell sterben, im Gegensatz zu dir. Solltest du etwas auf die Haut bekommen, wische nicht mit der Hand daran rum, sondern spüle es schnellst möglich mit Wasser ab. Verstanden?“ ich nickte. „Gut, ich hoffe du denkst dran. Und wenn ich sage das du dich zurück ziehen sollst, machst du das!“ Ich nickte hastig. Ich wollte eh nicht gegen die Insekten kämpfen. Ich steckte den Trank ein und wir teilten uns das Klingenöl. Letho hatte nicht genug für uns beide dabei, aber so würde es wenigstens einen kleinen Vorteil bringen.

Als mir Letho half auf der anderen Seite auf die Brücke zu klettern, merkte ich wie mein Herz an fing zu rasen und mein Kopf anfing leicht zu werden. Durch mein Körper raste merklich eine große Menge Adrenalin. Wenn ich meine Hände ausstrecken würde, wäre die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, das sie zittern würden.

Ich zog mein Silberschwert und packte den Griff fest. Meine Instinkte schrien nach Flucht und nicht nach Kampf. Als die ersten Endriagen auf uns zu kamen, hätte ich am liebsten mein Schwert fallen lassen und wäre ganz weit gelaufen, so schnell ich konnte. Aber leider konnte ich das nicht. Hoffentlich würde ich das überleben, wenn ich durch das Herzrasen schon nicht an einem Herzversagen sterben würde. Hier kennt man sich bestimmt nicht mit Kammerflimmern aus. Die Endriage kam immer näher, Letho hatte sich mittlerweile ins Kampfgetümmel geworfen, während ich hier wie festgewurzelt stand und in Schweiß ausbrach. Ich wischte mir noch einmal schnell die Hände trocken, ehe das Monster bei mir war. Die letzten Meter sprang es auf mich zu und ich konnte mich gerade so, aus seiner Reichweite entfernen. Ich hieb auf seinen Körper ein, doch so wirklich schien es die Endriage nicht zu stören. Sie drehte sich zu mir und richtete sich auf, ein untrügliches Zeichen dafür, dass sie ihr Gift einsetzen wollte. Schnell machte ich einen Hechtsprung zur Seite.

Man gut, das ich dies Gelegentlich im LARP machte, so konnte ich mich selbst mit gezogenem Schwert und einem Schild am Arm, abrollen.

Der giftige Sprühnebel verfehlte mich und ich stellte mich wieder auf die Beine. Vielleicht hätte ich mein Schild holen sollen. Damit hätte ich einen gewissen Schutz vor dem Gift und den Greifzangen der Endriagen gehabt. Hinter mir hörte ich Letho fluchen, doch ich war so auf meinem Gegner konzentriert, dass ich ihn nicht verstand.

Ein Phänomen, das mir in der Fahrschule bereits aufgefallen war. Die ersten Male, die ich hinter dem Steuer saß, war ich so konzentriert, dass ich das Radio gar nicht hörte, obwohl ich wusste, das es an war. Ich war damals einfach zu sehr auf die Straße und eventuelle Anweisungen von meinem Fahrlehrer konzentriert, dass ich alles andere um mich herum ausblendete. Das war aber auf jeden Fall für mich ein Vorteil bei der Fahrprüfung. So unterschied ich nicht, zwischen Prüfer und Lehrer.
 

Ich hatte mich erneut vor dem Sprühnebel in Sicherheit gebracht, als ich auf einmal zur Seite geschleudert wurde. Ich rollte über die Abbruchkannte der Steinbrücke und fiel ins Wasser. Nach Luft schnappend setzte ich mich auf und schaute nach oben, die Endriage schaute auf mich herab, ehe sie davon stakste.

Was war gerade passiert? Ich hatte keine Ahnung, ich wischte mir das schlammige Wasser aus dem Gesicht, als mir klar wurde, das ich mein Schwert verloren hatte.

Fluchend tastete ich mich durchs Wasser, doch ich fand es nicht. Egal wie lange ich den Boden abtastete, meine Hände griffen immer nur in Schlamm und Pflanzen.

„Suchst du das hier?“ hörte ich Letho über mir fragen. Ich schaute zu ihm hoch und wollte schon erleichtert auf atmen, dass er mein Schwert in der Hand hielt, als ich seinen zornigen Gesichtsausdruck sah.

Er warf es vor meine Füße ins Wasser. „Du wartest dort und wehe wenn nicht.“ Grollte er und verschwand aus meinen Sichtfeld. Ich hob das Schwert auf und steckte es weg, nachdem ich es grob abgewischt hatte.

Warum war Letho auf einmal sauer auf mich? Ich hatte keine Idee. Ich ging zu der Schräge, die aus dem Wasser ragte und setzte mich darauf. Ich wollte schließlich nicht die ganze Zeit im kalten Wasser hocken bleiben, auch wenn die nassen Sachen nicht viel besser waren.

Vor kälte zitternd saß ich auf der eingestürzten Brücke und wartete darauf, das Letho zurück kam. Als ich nach einiger Zeit das Kreischen der Harpyien hörte, war mir klar, das er ohne mich gegen sie kämpfte. Hatte ich mich so dumm angestellt im Kampf, das er mir nicht zutraute, das ich ihn dort oben nicht behinderte? Fragte ich mich selbst. Und wie war ich überhaupt hier unten gelandet? Die Endriage hatte mich auf jeden Fall nicht getroffen, es war eher wie eine sehr starke Windböe? War Letho das gewesen? Hatte er mich mit einem Aard zur Seite geworfen, aber warum? Ich müsste ihn wohl fragen wenn er zurück kommt.

Ich wäre ihm am liebsten nach gegangen, oder zurück zum Feuer, aber er schien so schon ziemlich wütend gewesen zu sein. Als es nahe im Unterholz knackte, sprang ich erschrocken auf, doch zum Glück war es nur ein Reh das dort lang hüpfte. Es schien ebenso erschrocken zu sein wie ich.

Ich fing an mich ein wenig zu bewegen, um mich warm zu halten. Ich hüpfte auf der Stelle, aber als ich auf den feuchten Steinen beinahe wegrutschte, lief ich kleine Kreise. Hoffentlich käme Letho bald zurück, damit wir nach diesen verdammten Artefakt suchen konnten.

Aber es dauerte noch eine ganze Weile, bis Letho sich wieder blicken ließ. Ich hatte schon beinahe den Verdacht, das er sich extra viel Zeit ließ.

Als er endlich auftauchte, pfiff er einmal laut um meine Aufmerksamkeit zu bekommen und zeigte dann nur mit einem Wink seines Kopfes, dass ich kommen sollte. Doch er sagte kein Wort, auch nicht als ich endlich bei ihm auf dem anderen Brückenabschnitt stand.

Er ging nur Richtung Ruine und ich folgte ihm zitternd. Na dann suchen wir mal, nach was auch immer. Dabei wusste ich nicht wie das Ding aussah das wir suchten, noch nicht einmal wie groß es war.

Ich wollte schon den Mund auf machen um etwas zu sagen, doch der Blick von Letho hielt mich davon ab. Er brachte mich sogar dazu, meinen Kopf einzuziehen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So ich hoffe ihr hattet spaß beim lesen. Wenn einer von euch erraten kann, warum Lettho auf einmal so richtig sauer ist, schreibt es doch in die Kommentare.

Hier meine Aufgabe zu diesem Kapitel:
Nun.... Willkommen in Heidfelde!
Es fällt schnell auf, dass die Leichen alle verschwunden sind. Ein Scheiterhaufen am Dorfende lässt ahnen, was aus ihnen wurde. Nekrophagen findest du dort auch, allerdings erschlagen. Die Leichen sind bereits erkaltet. Durchsuche das Dorf. Vielleicht auch den geheimen Keller, indem du vorher die Hinweise auf Ciri fandest. Wenn du den finden konntest, doch sicher auch Letho und ein gutes Versteck gäbe es sicher ab, oder? - Tatsächlich scheint nämlich jemand dort gewesen zu sein. Dreckige Stiefelabdrücke verraten es. Während du ein verlassenes Haus durchsuchst, stößt du auf einen Keller, an den du dich aus dem Spiel nicht erinnern kannst. Hier wartet auch eine Überraschung auf dich, nämlich in Form eines guten Freundes: Letho! Er steht mit gezogener Klinge bereit, um den Eindringling aka dich, niederzumachen, falls nötig, erkennt dich aber schnell.
Letho wird sich freuen, dass du seine Hinweise fandest und ihnen hierher folgtest und dich dafür loben. Früher, wird er scherzen, habe es hier wirklich eine Dame gegeben, die hervorragende Kekse backte, doch die sei schon lange tot. Er wird ein bisschen Plaudern von den Aufträgen in letzter Zeit. Offenbar eine Menge Probleme mit einem Basiliken Pärchen und dessen Brut. Eine neue Narbe am Unterschenkel zeugt davon.
Berichte ihm knapp von deinen Erlebnissen, immerhin wird er sich über diese Hexenjägeraufmachung wundern. Mit der Erklärung allerdings nimmt er es locker hin und findet es sogar vorteilhaft. Er witzelt, notfalls könntest du ihn wie einen Gefangenen abführen, sodass niemand ihn hinterfragt, wenn ihr durch ein Dorf kommt. Offenbar plant er, dich zu begleiten, ehe es nach Kaer Morhen geht.
Vorher möchte Letho allerdings noch etwas erledigen. Was genau, da bleibt er vage. Es gehe um eine alte Sache und es würde nicht lange dauern. Dafür müsse er jedoch zu einem Hof in den Sturmfeldern. Das könntet ihr auch erledigen, nachdem ihr Uma geholt habt. Er wolle das nur erledigt wissen. Wenn du nachfragst, meint er, dir später mehr zu erklären.
Macht euch auf den Weg, um Uma zu holen! Unterwegs wird euch die alte Frau anquatschen, die unbedingt will, dass ihr Götterbilder aufstellt - bis sie dein Halstuch sieht, dann wird sie unfreundlich und abweisend. Dafür reagiert jemand anderes freundlich, nämlich ein wandernder Händler, der ein "verhextes Relikt" fand und möchte, dass du dich der Sache mit "deinem Hexer" annimmst. Letho findet diese Formulierung zum Schreien komisch, wie er dir später erzählt, obgleich er den Händler dafür sehr finster anstarrte.
- Entscheide, ob du erst zum Baron und Uma reisen willst oder nach dem ach so bösen alten Relikt schauen willst, das unweit bei der Hindwacht zu finden sei. Dass es dort auch Monster gibt, erwähnt der Händler nicht, aber du weißt das ja schon. Komplett anzeigen

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