Meine Reise von Vegetasan (Kein Traum, Hexer gibt es wirklich) ================================================================================ Kapitel 7: Zurück nach Velen ---------------------------- Ich folgte Geralt durch das Dorf zu einem etwas abseitsstehenden Haus. Es hatte einen kleinen Vorgarten, in dem einige Kräuter und Blumen wuchsen. Dem Haus sah man sein Alter an, aber es wirkte trotzdem gepflegt. Als wir vor dem Zaun hielten, konnte ich das starren der Dorfbewohner schon fast körperlich spüren. Ein Hexer war für die meisten schon Grund genug, aber ein Hexer mit Begleitung, die auch noch blutüberströmt war, … Wir mussten schon ein ziemlich merkwürdiges Bild abgeben. Als Geralt vom Pferd stieg, blieb ich jedoch im Sattel sitzen. Er warf mir nur einen kurzen Blick zu, aber sagte diesmal nichts weiter dazu. Erst als der Hexer im Haus verschwunden war, gingen die meisten Dorfbewohner wieder ihrer Beschäftigung nach. Nur einige Kinder blieben auf der Straße und flüsterten aufgeregt mit einander. Sie blickten immer wieder zu mir rüber. Ich versuchte sie zu ignorieren, aber der Versuch wurde von den Kindern selbst sabotiert, als sie eines rüberschickten. Schüchtern blieb es einige Schritte von mir entfernt stehen. „Bist du ein Hexer?“ wollte der Junge wissen. Ich schüttelte den Kopf, „Nein, aber der Mann, der eben in das Haus gegangen ist, ist einer. Mädchen und Frauen können keine Hexer werden.“ Erklärte ich. „Aber warum reitest du dann mit einem?“ wollte es weiterwissen. Ich winkte das Kind näher und beugte mich leicht zu ihm runter. „Weißt du, der Hexer hat eine wichtige Aufgabe bekommen und ich soll aufpassen, dass er sie auch richtig macht.“ Der Junge bekam große Augen, „Wie eine Nanny?“ fragte er ungläubig. Ich nickte, „Ja so ungefähr. Ich denke so könnte man es auch nennen. Und nun ab, geh mit den anderen Kindern wieder spielen oder geh deinen Eltern helfen.“ Der Junge nickte und lief dann auch wieder zu seinen Freunden. Es war sehr wahrscheinlich das er es seinen Freunden erzählte, was er eben gerade von mir erfahren hatte. Ich musste lächeln, wie bald würde wohl das Gerücht entstehen das der große Geralt von Riva, auch bekannt als der weiße Wolf oder Schlächter von Blaviken einen Aufpasser brauchte. Ob die Gerüchte vor uns bei Rittersporn ankommen würden? Ich musste mir ein Kichern unterdrücken, als Geralt wieder aus dem Haus trat. Sein Blick war mürrisch, aber ich war mir sicher, dass es nichts mit dem zu tun hatte was ich dem Kind erzählt hatte. Dafür war ich zu leise. Es lag wohl eher an der Belohnung für den Vertrag, oder zumindest ging ich erst einmal davon aus. Geralt steckte sich einen kleinen Münzbeutel in die Tasche und bestieg dann Plötze. Ohne ein Wort zu verlieren ritt er los. Ich beeilte mich ihn einzuholen. „Nun wo als nächstes hin?“ fragte ich ihn. „Wir suchen einen Mann namens Hendrik.“ Bekam ich zur Antwort. Ah ja stimmt ja. Er war ebenfalls damit beauftragt nach Ciri zu suchen. Leider war die wilde Jagd auf ihn Aufmerksam geworden. Wie auch immer sie das geschafft hatten. Ich kramte die Karte aus einer meiner Taschen, „Hier, Hendrik, er hat ein Haus in Heidfelde.“ „Nie davon gehört.“ Murrte er und ich reichte ihm die Karte rüber. Mit einem Stirnrunzeln nahm er sie und studierte sie kurz. „Woher hast du sie und was sind das für Markierungen?“ wollte er im Gegenzug wissen. „Ich habe sie vom Kaiser bekommen und der Rest geht nur mich etwas an.“ Ich nahm die Karte zurück und stecke sie schnell wieder ein. Unter gar keinen Umständen sollte diese Karte in falsche Hände geraten. Geralt gab mir nur einen finsteren Blick, es war eindeutig das er mir noch nicht vertraute. „Sag mir nochmal, warum ausgerechnet du?“ fragte er auch gleich. Ich seufzte, „Weil ich für den Kaiser entbehrlich bin, deswegen. Ich bin genauso wenig begeistert wie du.“ Er runzelte die Stirn, „Das bringt mich zur nächsten Frage, woher hast du den Satz von heute Morgen? Es wirkt ziemlich verdächtigt.“ Ich spannte mich an, würde er gleich wieder ausflippen? Doch er schien erst einmal nur auf eine Antwort zu warten, „Ich habe Geschichten über dich gehört, dem Schlächter von Blaviken und denselben Weg durch den Wald genommen wie du, ich habe die Leichen und Kadaver gesehen und du hast nun mal ein ziemliches Chaos hinterlassen. Ich gehe davon aus, dass es immer so sein wird, egal wohin du gehst. Deswegen habe ich das gesagt.“ Versuchte ich zu erklären. Erstaunt hob er eine Augenbraue. „Das ist alles? Und glaub nicht alles was man sich über ich oder Hexer im Allgemeinen erzählt. Vieles ist übertrieben oder falsch verstanden.“ Er gab mir eine gute Vorlage. „Ja das ist alles. Erzählst du mir dann wie Hexer wirklich sind? Wenn die Geschichten nicht stimmen, dann erzähle sie mir richtig. Wie entstehen Hexer? Wo werdet ihr ausgebildet? Was könnt ihr alles? Verlangt ihr wirklich Kinder als Bezahlung? Habt ihr wirklich keine Gefühle mehr? Wie viele Hexer gibt es?“ bombardierte ich ihn mit Fragen und was machte Geralt? Er lachte einfach. „Weißt du, du erinnerst mich gerade an einen alten Freund.“ Grinste er. „Ist er auch ein Hexer?“ ich wusste eigentlich, dass er wohl keinen Hexer meinte, aber man musste den Schein ja wahren. Geralt lachte noch mehr. Die wenigen Bauern auf den Feldern sahen ihn erschrocken an. „Rittersporn und ein Hexer?“ Geralt kriegte sich nicht mehr ein. Ich befürchtete schon, dass ich ihn endgültig kaputt bekommen hatte. Doch langsam beruhigte er sich wieder. „Nein Rittersporn ist definitiv kein Hexer, auch wenn er gerne behauptet er hätte mich das ein oder andere Mal gerettet, aber eigentlich war es immer umgekehrt.“ „Nun, vielleicht ändert es sich noch mal eines Tages.“ Deutete ich an und dachte an die Ereignisse in Toussaint, die Geralt noch bevorstanden. Doch Geralt schüttelte den Kopf. „Nein ich denke nicht, er ist ein Poet, ein Barde. Mir würde keine Situation einfallen in der er mit seinem Können, mich retten könnte. Vielleicht hast du von ihm schon gehört?“ Da ich nicht genau wusste wie bekannt Rittersporn wirklich in dieser Welt war, gab ich keine eindeutige Antwort. Sie konnte man als ja oder auch als Nein interpretieren. Zumindest war Geralt jetzt etwas entspannter. Mal sehen wie lange es so bleiben würde. „Und meine anderen Fragen?“ man musste es ausnutzen so lange Geralt gesprächig war. „Wie ich schon sagte, an den Geschichten ist nicht viel dran und der Rest ist nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Wie sagtest du eben so schön, es geht nur mich etwas an und die restlichen Hexer.“ Er grinste. „Ich bin aber nicht die Öffentlichkeit!“ schmollte ich. Hm so viel zu seiner Gesprächigkeit. „Komm schon, erzähl mir etwas. Nur ein bisschen.“ Bettelte ich schon fast. Geralt schüttelte den Kopf, „Ein anderes Mal vielleicht. Schau mich nicht so an, der Blick zieht bei mir nicht!“ Jetzt schmollte ich erst recht, schweigend ritt ich neben ihm her. Ich weiß nicht wie lange wir schweigend neben einander geritten waren, aber es war Geralt der die Stille nach langer Zeit brach, „Wie geht es deinem Rücken?“ wollte er wissen. Ich bewegte mich ein wenig um es zu testen, der Kratzer brannte noch immer leicht. „Soweit gut, ich habe nur nen Kratzer, aber der Sturz auf meine Rippen war nicht gut, aber gebrochen ist nichts. Ach ja falls wir an ‘nem Kräuterweib vorbeikommen. Ich bräuchte etwas.“ Geralt stöhnte. „Hättest du das nicht vorhin im Dorf sagen können? Da gab es einen Kräuterkundigen.“ Man sah ihm an, dass er mir am liebsten einen Schlag auf den Hinterkopf geben wollte. „Ich werde sehen, ob wir an einem weiteren vorbeikommen. Aber heute nicht mehr. Die Sonne wird bald untergehen.“ Ich bemerkte wie er die Umgebung jetzt genauer in Augenschein nahm. Nach einiger Zeit wich er vom Weg ab und ritt zu einer kleinen Bucht an einem Fluss. „Hier werden wir Lagern. Du suchst Feuerholz, während ich prüfe ob sich hier irgendwo Ertrunkene verstecken.“ Ich nickte nur und ließ mich dann aus dem Sattel gleiten. Wie am Vortag auch gaben erst einmal meine Beine unter mir leicht nach. Es würde wohl noch eine ganze Weile dauern bis ich mich daran gewöhnt hatte, den ganzen Tag im Sattel zu verbringen. Ich lockerte den Sattelgurt von Tetris etwas und verdrehte die Zügel so mit einander damit er beim Fressen nicht hereintreten konnte. Ich vertraute darauf, dass Tetris bei Plötze blieb und diese kam, wenn man nach ihr rief. Während Geralt am Ufer entlang schlich, ging ich in die andere Richtung. Trockenes Holz gab es nicht wirklich, aber zumindest sammelte ich ein wenig Holz. Nachdem ich den ganzen Arm voll hatte und kein weiteres mehr aufheben konnte, machte ich mich auf den Rückweg. Ich brauchte eine Weile bis ich den Lagerplatz wiedergefunden hatte, aber schließlich hatte ich keine so gute Nachtsicht wie ein Hexer. Hin und wieder blieb ich stehen, da ich mir nicht sicher war, ob ich etwas gehört hatte. Meist waren es aber Rehe oder Vögel, die sich durch die Büsche bewegten. Geralt hatte scheinbar selbst ein wenig Holz gesammelt, denn es brannte schon ein kleines Feuer. Ich ließ mein Holz danebenfallen und wischte mir dann den Dreck ab. Viel brachte es nicht und dreckig bzw. blutig war eh schon alles. Geralt schien gar nicht zur Kenntnis zu nehmen das ich wieder da war, er kniete am Feuer und kümmerte sich um seine Klingen. Er reinigte, schliff und polierte sie mit einer Hingabe, dass es schon fast meditativ wirkte. Ich setzte mich ebenfalls ans Feuer und genoss die Wärme, die es ausstrahlte. „Das Flussufer ist sicher, du kannst dich also waschen gehen, danach will ich deine Verletzungen sehen.“ Befahl er mir, ohne auch nur einmal aufzusehen. „Ach und warum? Ich sagte doch schon es ist nur ein Kratzer. Der verheilt auch so!“ ich hatte mir Geralt immer irgendwie sympathischer vorgestellt, aber zurzeit mochte ich ihn immer weniger, hoffentlich änderte es sich noch, sonst würde es eine verdammt lange Zeit werden, bis wir Ciri gefunden hatten. „Ganz einfach, weil ich sicher gehen will, dass es wirklich nur ein Kratzer ist, der schnell verheilt. Ich habe keine Lust das du krank wirst oder irgendwelche Monster anlockst, die dich für leichte Beute halten. Obwohl das bist du ja so schon. Und geh dich waschen, du stinkst wie ein toter Nekker. Das hält man ja nicht aus.“ Stänkerte Geralt weiter. Oh ja, das werden sehr lange Wochen werden. Ohne weitere Worte ging ich zu Tetris, nahm ihm die Taschen und den Sattel ab und brachte es zum Feuer. Ich kramte meine andere Hose und die Tunika heraus und ging zum Ufer. Zumindest war es weder schlammig noch sah das Wasser besonders trüb aus. Ich legte alle Rüstungsteile ab und zog die Stiefel aus, dann ging ich mit Klamotten ins Wasser. So war es am einfachsten den größten Teil des Blutes auszuwaschen. Das Wasser war eiskalt und am liebsten wäre ich sofort wieder zurück ans Ufer geeilt, aber Geralt hatte recht. Meine Sachen stanken erbärmlich. So zitterte ich wie Espenlaub und wusch meine Kleidung aus. Nachdem ich der Meinung war, das schlimmste wäre raus, zog ich es aus und spülte es nochmal mehrere Male durch, bevor ich es wieder zum Ufer brachte. Dann seifte ich mich ebenfalls schnell ein und wusch mich. Trotz des eisigen Wasser fühlte es sich gut an, sich von dem ganzen Dreck zu befreien. Ich beeilte mich und war schnell wieder am Ufer. Grob trocknete ich mich ab und zog schnell die trockenen Sachen an. Dann sammelte ich den Rest auf und ging zum Feuer zurück. Dort legte ich alles Nasse nahe ans Feuer, in der Hoffnung, dass es bis morgen trocken sein würde. Dann warf ich mir meinen Umhang über und setzte mich ebenfalls nahe ans Feuer um mich wieder aufzuwärmen. „Gehst du eigentlich immer mit Sachen schwimmen?“ fragte mich Geralt auf einmal. Mein Kopf ruckte rum zu ihm, „Hast du mich etwa beobachtet?“ fragte ich ihn erschrocken. Er grinste, „Musste ja sicher gehen, dass dich nichts angreift.“ Ich wurde rot, ob aus Wut der Scham, wusste ich nicht genau, vielleicht auch beides. „Und wieso hast du dann gesagt das es sicher sei!?“ wollte ich im Gegenzug wissen. „Man kann nie vorsichtig genug sein. Nun komm, zieh dein Oberteil aus und zeig mir deinen Rücken.“ Was sollte man dazu noch sagen. „Männer!“ grummelte ich. Ich drehte ihm den Rücken zu, legte meinen Umhang wieder ab und zog meine Tunika so hoch wie ich konnte, ohne sie ausziehen zu müssen. Mir lief ein Schauer über den Rücken, als Geralt plötzlich mit dem Finger die Wunde verfolgte. „Sie ist zum Glück wirklich nicht sehr tief, aber ich werde sie trotzdem reinigen. Wer weiß wo der Nekker vorher seine Krallen drinnen hatte. Und vorsichtshalber werde ich sie nähen. An so einer Stelle kann aus einer kleinen Wunde schnell eine große werden, da sie durch die Bewegung aufreißt.“ Er sprach so dicht an meinem Ohr, das sich mir die Nackenhärchen aufstellten. Er musste grinsen, das konnte ich an seinen nächsten Worten hören. „Es wird etwas brennen, ich habe nur Schnaps zum Reinigen da.“ Ich hörte wie er etwas aus seiner Tasche zog und eine Flasche entkorkte. „Hier trink ein paar Schlucke, das wird den Schmerz etwas betäuben.“ Er reichte mir die Flasche über die Schulter. Mit einem Stirnrunzeln nahm ich sie ihm ab. So groß oder tief hatte sich der Kratze gar nicht angefühlt. Aber Geralt hatte eindeutig mehr Erfahrung was Verletzungen durch Monster betrifft und so glaubte ich ihm. Es war ja auch nicht so als hätte ich Spiegel hier um das ganze selbst beurteilen zu können. Ich roch kurz an der Flasche, das war ein starker Schnaps, soviel war sicher. Ich nahm zwei Schlucke und musste dann husten. Das Zeug war wirklich stark und brannte in der Kehle. Ich nahm einen weiteren Schluck und reichte Geralt die Flasche zurück. Er hatte mittlerweile ein sauberes Tuch und Nähzeug bereitgelegt. Ich konnte hören wie er das Tuch mit dem Alkohol tränkte und musste dann einen kleinen Schrei unterdrücken, als er es auf den vermeintlichen Kratzer drückte. Das brannte wie Höhle. Schlimmer als reines Jod auf einer Schürfwunde. Ich wollte vor dem brennenden Gefühl weg weichen, aber er hielt mich an meiner Schulter fest und drückte mit der anderen Hand immer noch das Tuch auf die Haut. Ich biss mir auf die Lippe, denn ich wollte jetzt nicht anfangen zu jammern wie ein kleines Kind. Nach einer gefühlten Ewigkeit nahm Geralt endlich das Tuch weg. Dafür reichte er mir die Flasche noch einmal rüber. Auch wenn das Zeug widerlich schmeckte und im Hals brannte, nahm ich noch einige Schlucke. Nachdem ich die Flasche wieder absetzte, musste ich keuchend Luft holen und so langsam konnte ich spüren wie der Alkohol anfing zu wirken. Kein Wunder, normalerweise trank ich so gut wie keinen und schon gar nicht auf nüchternen Magen. Ich gab Geralt die Flasche zurück und er nahm ebenfalls einen Schluck, im Gegensatz zu mir musste er allerdings nicht husten. Er war es wohl schon ziemlich gewohnt. „Du legst dich am besten auf den Bauch, dann kann ich ruhiger und sauberer arbeiten, wenn du nicht weg zucken kannst.“ Ich wollte es nur schnell hinter mich bringen und tat diesmal direkt ohne Widerworte was er sagte. Ich verschränkte die Arme und legte meinen Kopf darauf. Er kniete sich an meine Seite, doch jedes Mal, wenn er sich über mich beugen wollte, stieß er gegen meine geprellten Rippen, was mich zischen und wegzucken ließ. Er seufzte nur und wechselte die Position. Ich dachte er würde mich rüber steigen um sich auf meine andere Seite zu knien, aber ich hatte falsch gedacht. Er kniete nun so, dass er beinahe auf meinem Hintern saß. Eine Position, die damals immer mein damaliger Freund einnahm, wenn er mir den Rücken massieren wollte. Als ich Geralts kräftige Beinmuskeln an meinen Oberschenkeln Spüren konnte, wurde ich rot und versteckte mein Gesicht in meinen Armen. Hoffentlich hatte er es nicht gesehen. Aber ich war schließlich auch nur eine Frau und Geralt nun mal ein recht ansehnlicher Mann. Einen den ich schon häufiger im Spiel ausgiebig gemustert habe. Geralt gab mir eine kleine Warnung, bevor er erst noch ein wenig Alkohol auf die Wunde gab und dann bereits die Nadel ansetzte. Eigentlich hatte ich es vermeiden wollen, aber jetzt jammerte ich doch. Der Alkohol brannte, die Nadel stach und als er den Faden durch die Haut zog, gab es ein unbeschreibliches, ekliges Gefühl. War ich froh, als Geralt endlich fertig war. Ich wollte meine Tunika wieder runterziehen, doch Geralt hielt mich auf, auch hatte er sich noch nicht von seiner Position erhoben. „Warte, ich will mir deine Prellung ansehen.“ Meinte er nur. Was will er sich den da groß ansehen, es tut weh und ist blau. Nichts das sich entzünden kann. Das sagte ich ihm auch, aber er wollte nicht auf mich hören. Vorsichtig strich er mit seiner Hand über die einzelnen Rippen, aber natürlich musste er mir recht geben, das nichts gebrochen war. Er stand also endlich auf und ich konnte meine Kleidung richten. Nachdem ich mich aufgesetzt hatte, griff ich nach der Flasche. Da ich eh schon angeheitert war, konnte ich mich auch gleich ganz betrinken, so würde ich vielleicht gut schlafen können. Ich hatte gerade einen Schluck getrunken, als Geralt mich aufforderte meine Hose auszuziehen. Natürlich prustete ich vor lauter Überraschung den Alkohol wieder raus. „Wie bitte! Ich mag zwar angeheitert sein, aber so betrunken bin ich nun auch wieder nicht, um dich in meine Hose zu lassen!“ fuhr ich ihn an, wobei ich wahrscheinlich eher lallte. „So war das gar nicht gemeint! Ich habe gesehen, dass du einen Verband am Oberschenkel trägst und ich sagte dir ja das alle Verletzungen sehen will. Also auch die am Bein.“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust, so eine dumme Ausrede! „Na los, du hast selbst gesagt das du einen Kräuterkundigen brauchst, da du nicht so wirkst als wärest du krank oder dass du große Schmerzen hast, kann ich mir gut vorstellen das es mit der Wunde unter dem Verband zusammenhängt. Also zeig sie mir.“ Ich grinste, ich würde die Hose nicht ausziehen, die Hosenbeine waren weit genug, so dass ich es ohne Probleme hochziehen konnte. So tat ich es auch. Geralt zucke mit den Schultern, „Nun, so geht es auch.“ Er nahm den Verband runter und besah sich die Wunde. Er runzelte die Stirn. „Wann ist das passiert und was für eine Waffe war das?“ wollte er von mir wissen. „Der Tag an dem ich in die Gefangenschaft der Nilfgaarder geriet. Ein Rudel wilder Hunde hatte mich angegriffen.“ Erklärte ich ihm leichthin. „Hm und wann war das? Nacheinem Biss sieht das aber nicht aus, auch ein Schwert würde nicht so eine ausgefranste Wunde hinterlassen.“ Ging Geralt gerade davon aus das die Nilfgaarder das verursacht hatten? Scheinbar. „Nein keine Waffe, das waren die Krallen von dem Hund, der versucht hatte mir die Kehle rauszureißen. Ich hatte ihn irgendwie am Kopf gepackt und hielt ihn fest und er hatte wohl versucht mehr halt zu finden, dabei hatte er sich in mein Bein gegraben.“ Der Alkohol machte mich redselig. Bevor er jedoch ein weiteres mal fragen konnte, fuhr ich mit meiner Antwort fort. „Hm das war ungefähr vor zwei Wochen, etwas länger vielleicht.“ „Es hätte schon mehr verheilt sein müssen.“ Meinte Geralt. Ich schüttelte den Kopf, „Ich bin kein Hexer Geralt. Bei mir dauert es länger zum verheilen.“ Er schnaubte, „Ich weiß das du kein Hexer bist, ist ja offensichtlich. Aber da es genäht wurde, hätte die Wunde mittlerweile geschlossen sein müssen.“ Ich lachte, „Ja, wenn sie nicht zwischendurch wieder aufgerissen wäre, dann ja.“ Geralt holte einen Tiegel raus und schmierte etwas von dem Inhalt auf die Naht. „Das hält die Haut geschmeidig und sollte ein aufreißen verhindern.“ Erklärte er und wickelte den Verband wieder rum. „Danke, aber was war das?“ wollte ich wissen. „Bärenfett.“ Er grinste als er sah das ich das Gesicht verzog. „Ich hätte auch Hundetalk, wenn dir das lieber ist?“ schnell schüttelte ich den Kopf. „Morgen Abend schmierst du dir wieder etwas von dem Fett drauf, aber ich verstehe das du nach einem Kräuterkundigen gefragt hattest, die Naht sollte nicht so gerötet und heiß sein. Ich könnte die einige Kräuter empfehlen, aber ich wäre mir bei einer passenden Dosierung für dich nicht sicher. Ich behandle normalerweise keine Menschen.“ Ich zog das Hosenbein wieder runter und wickelte mich in meinen Umhang. Die Nacht war deutlich kühler als der Tag, obwohl der auch nicht sonderlich warm war. „So lange ich kein Fieber kriege, sollte das in Ordnung sein.“ Geralt nickte. Dann reichte er mir die Flasche wieder rüber. Ich nahm einen großen Schluck, mittlerweile brannte es nicht mehr so und durch meinen erhöhten Alkoholpegel, nahm ich den Geschmack auch nicht mehr deutlich war. „Morgen fangen wir mit deinem Training an, wenn du mich wirklich begleiten sollst, musst du dich auch vernünftig verteidigen können. Ich kann nicht immer auf dich aufpassen. Du brauchst auch eine Silberklinge. Ich bin ein Hexer und daher wird der Nekkerauftrag nicht der Einzige bleiben, solange wir unterwegs sind. Deine Rüstung muss auch geändert werden. Im Kampf gegen Menschen mag sie gut schützen, aber gegen Monster bringt sie nicht viel, außerdem ist sie zu laut und ich höre herannahende Angreifer vielleicht zu spät. Wir müssen nur einen Meisterschmied finden.“ Geralt machte mich sprachlos, er scheint gerade einen leichten Sinneswandel zu vollziehen. „Du willst mich trainieren?“ fragte ich nur. „Mir bleibt nichts anderes übrig, außerdem haben wir bis Heidfelde genug Zeit.“ Ich schluckte, theoretisch ja, denn selbst im Spiel kam Geralt zu spät um Hendrik zu retten. Er würde so oder so von der Wilden Jagd getötet. Ich wusste wo das Buch lag mit den Informationen zu Ciri, es würde nicht allzu viel bringen. Ja Keira würde in Kaer Morhen helfen, aber ihre Abwesenheit würde nichts ändern. Alle bis auf Vesemir würden trotzdem überleben. Alle außer Vesemir, er hatte es nicht verdient so zu sterben, er hätte der erste Hexer sein sollen, der in seinem Bett stirbt. Ob ich es vielleicht verhindern könnte? Würde dafür wer anderes sterben? „Hey, alles in Ordnung mit dir?“ fragte Geralt mich auf einmal, „Du bist plötzlich so still geworden.“ Ich schaute ihn nur kurz an, „Ja alles ok. Ich musste eben nur an etwas Trauriges denken. Schon in Ordnung. Was meinst du, wie lange werden wir bis Heidfelde brauchen?“ wechselte ich schnell das Thema. Er überlegte kurz, „Alleine würde ich wohl etwa eine Woche brauchen, aber ich benötige auch kaum schlaf, du hingegen schon. Außerdem werde ich dich trainieren, aber unsere Kontaktperson wird schon nicht weglaufen.“ Ich grinste schief, „Nein, das ist ziemlich unwahrscheinlich. Da fällt mir ein, ich hatte einige Soldaten gehört, wie sie darüber sprachen, dass es auf Burg Krähenfels einen guten Schmied geben soll. Einen Zwerg und seine Gehilfin.“ Versuchte ich ihn zu lenken. Von Hendrik konnte ich ihn nicht weglenken, aber von der Hexe, bzw. Keira. Sie war nicht nötig und würde nur ablenken. Aber Uma würden wir später brauchen. Also musste Geralt nach Krähenfels, er musste sich später an ihn erinnern können, sonst hätte ich versuchen können, dass wir direkt nach Norvigrad reisen. „Gut wir werden sehen was Hendrik zusagen hat und dann vielleicht auf Krähenfels vorbeischauen, wenn wir nicht vorher eine passende Waffe für dich finden.“ Ich nickte. Während unseres Gesprächs war die Flasche immer wieder hin und her gewandert. Geralt wirkte noch recht nüchtern, aber bei mir machte sich der Alkohol deutlich bemerkbar. Das Kribbeln meiner Unterlippe, welches mir immer zeigte, wenn ich genug getrunken hatte, war bereits seit einiger Zeit anwesend. „Jetzt wo ich so langsam akzeptiere, dass ich dich nicht so schnell wieder loswerde, finde ich sollte ich etwas mehr über dich wissen. Fangen wir doch damit an, warum die Nilfgaarder dich verhaftet hatten.“ Wollte Geralt von mir wissen. „Hmm, sie dachten ich wäre ein Spion.“ Antwortete ich. „Und bist du es? Ein Spion meine ich?“ fragte er weiter. „Ja, … Nein, … ich meine, nein nicht wirklich.“ Redete ich mich um Kopf und Kragen. Geralt hob eine Augenbraue. „Was denn nun? Ja oder nein?“ Erst jetzt wurde mir bewusst, was ich gesagt hatte, „Nein, kein Spion. Zumindest nicht hier.“ Ich schlug mir die Hand vor den Mund, ich hatte eindeutig zu viel getrunken und Geralt nutzte das jetzt anscheinend voll aus. „Und wo genau kommst du her?“ setzte er neugierig hinter her. Oh ich hatte ihn durchschaut, er hatte absichtlich versucht mich abzufüllen. Ich stand auf und wankte vom Feuer weg, der konnte mich mal gernhaben, doch ich kam nicht weit, schnell war er mir nachgeeilt und hielt mich fest. „Wo willst du denn jetzt noch hin?“ Ich versuchte mich vergeblich loszureißen, „Weg von hier.“ Lallte ich. „Du bist wie alle Männer, ein riesiger Arsch. Wenn sie nicht bekommen was sie wollen, greifen sie zu miesen Tricks oder zu Gewalt!“ warf ich ihm vor. Wie geschlagen zuckte er zurück, „Ich habe …, ich wollte nicht, … Deine Reaktion heute Morgen, wurdest du während der Gefangenschaft, … ich meine, haben dir die Soldaten oder Wachen etwas angetan?“ stotterte er. Ich lachte bitter auf, „Das kannst du doch sehen. Der blaue Fleck erhielt ich für eine offensichtliche Antwort auf eine dämliche Frage, die Platzwunde dafür das ich etwas gesagt hatte, ohne gefragt zu werden. Dafür das ich in der Zelle nicht den ekligen Brei essen wollte, wurde ich getreten. …“ zählte ich ihm auf. Er wollte seinen Arm tröstend um meine Schultern legen, doch ich stieß ihn weg. „Hatte sich dir ein Mann aufgedrängt? Deine Panik heute Morgen, zuerst hatte ich es nicht damit in Verbindung gebracht, aber jetzt. … Ich weiß du traust mir nicht, aber vielleicht würde es dir helfen, wenn du darüber sprichst.“ Schlug er vor. Ich schüttelte den Kopf, „Nein, er hat schon bekommen was er verdient und wehe ihm, falls ich ihn noch mal treffen sollte. Und die anderen erwische ich auch noch. Jetzt lass mich endlich in Ruhe!“ wehrte ich ihn ab, doch irgendwie hatte er es geschafft mich zurück zum Lagerfeuer zu geleiten. Er setze mich auf meine Schlafrolle. „Leg dich hin, schlaf ein wenig. Morgen wird die Welt anders aussehen, außerdem wird es für dich anstrengend.“ Zu gern gab ich jetzt den Worten nach. Ich legte mich hin und kuschelte mich unter die Decke. Obwohl ich das Feuer fest im Blick hatte, konnte ich nicht sagen, wann ich eingeschlafen war. Der nächste Morgen kam früh und laut. Ich hatte tierische Kopfschmerzen und das Gefühl ein Hamster würde auf meiner Zunge schlafen. Geralt war schon wach und tigerte durch unser provisorisches Lager. Ich konnte nicht feststellen was genau er machte. Ich setzte mich auf, doch dies schien keine gute Idee gewesen zu sein. Schlagartig drehte sich alles um mich und mir wurde kotzübel. Ich kroch zu den Büschen hinüber und übergab mich ausführlich. Geralt der das alles mitbekommen hatte, reichte mir etwas Wasser. „Hier, spül den Mund aus und trink dann ausgiebig. Dann komm, wir wollen gleich mit deinem Training anfangen.“ Ich trank einige Schlucke Wasser, bis mir in den Schädel sickerte was er gesagt hatte. Ich starte ihn finster an, ich hatte den größten und übelsten Kater überhaupt in meinem Leben und er wollte das ich mit ihm trainiere?! Immer noch auf allen vieren, kroch ich zurück zu meiner Schlafstelle und rollte mich wieder zusammen. Als ich die Augen geschlossen hatte, packte Geralt mich an der Schulter und rüttelte mich. „Na komm, Zeit zum Aufstehen. Wir haben nicht den Luxus ewig im Bett liegen zu bleiben.“ Versuchte er mich wieder zum Aufstehen zu bewegen. „Lass mich, ich kann nicht, bin krank.“ Brummelte ich und zog die Decke über den Kopf. „Wer trinken kann wie ein großer, der kann auch so aufstehen!“ argumentierte er. Aber er hatte mit seinem schnellen Hexerstoffwechsel gut reden. Ich gab nur ein weiteres Grummeln von mir und hielt die Decke über meinem Kopf fest. So konnte ich das hinterhältige Grinsen vom Hexer nicht sehen. Blitzschnell hatte er mich gepackt und bevor ich überhaupt reagieren konnte, hatte er mich in das Flusswasser fallen lassen. Keuchend und prustend kam ich wieder an die Oberfläche, „Na jetzt wach? Sei froh, dass du kein Adept unserer Schule bist, Vesemir hatte deutlich fiesere Methoden uns aus dem Schlaf zu holen.“ Meinte er grinsend. Das würde ich ihm irgendwann heimzahlen. Zwar war ich wach, aber die Kopfschmerzen waren noch da und zusätzlich waren meine Sachen nass. Hoffentlich waren die vom Vortag mittlerweile trocken. „Hoffentlich weißt du, dass du das irgendwann zurückbekommst!?“ knurrte ich ihn müde an. „Nun dann musst du aber deutlich früher aufstehen.“ Meinte er nur gelassen. Ich grinste schief, ich würde schon eine Gelegenheit finden. Zurück am Feuer stellte ich fest, dass fast alles trocken war. Nur mein Gambeson war noch etwas Klamm. Ich zog meine trockenen Sachen an, ganz sauber waren sie nicht geworden, aber sie stanken wenigstens nicht mehr. Ich war gerade fertig mit umziehen, als Geralt mir eine dampfende Tasse hinhielt. Misstrauisch nahm ich sie entgegen und roch an der Flüssigkeit. Wenn ich jetzt noch etwas im Magen gehabt hätte, wäre mir das jetzt wohl hochgekommen. Es sollte wohl irgendeinen Tee darstellen, aber die Kräuter konnte ich nicht erkennen. Skeptisch blickte ich Geralt an, „Sagtest du nicht, dass du normalerweise keine Menschen behandelst?“ fragte ich vorsichtig. „Ja, aber Rittersporn hatte oft genug einen Kater, dass wir verschiedenste Mittelchen dagegen testen konnten. Dieser Tee half ihm wohl am besten.“ Ich schluckte, das soll das Ergebnis von Experimenten von Geralt und Rittersporn sein? Und das soll ich wirklich trinken? Vorsichtig schielte ich in den Becher, nicht das mich der Inhalt vielleicht doch noch ansprang. „Na los, trink oder lass es bleiben, aber ich wollte mit deinen Übungen mal langsam anfangen.“ Drängte Geralt. Augen zu und durch dachte ich mir und hielt mir vorsichtshalber auch die Nase zu. Das Gebräu schmeckte genauso widerlich wie es roch. Aber irgendwie hatten alle Kräutertees, die ich bislang bekommen hatte, das gemeinsam. Ich hatte kurzzeitig Probleme es drinnen zu behalten, aber mein Magen beruhigte sich allmählich. Sonderlich gut fühlte ich mich noch nicht, aber vielleicht würde es mir langsam besser gehen. Da ich noch nie wirklich einen Kater erlebt hatte, konnte ich nicht aus Erfahrung sprechen. Geralt schien auch nicht länger waren zu wollen, denn er warf mir mein Schwert zu. Seufzend wollte ich nach meinem Schild greifen, doch Geralt ließ es nicht zu. Er war davon überzeugt das es mich nur behindern würde. Für unseren ersten Übungskampf hatte er nicht nach seiner Klinge gegriffen, sondern nach einem stabilen Ast. Nachdem Geralt mich zum zehnten Mal mit den Worten „Falsch! Beinarbeit!“ zu Boden brachte, weil er meine Füße unter mir wegschlug hatte ich genug. Ich schmiss hin, „Verdammt Geralt! Ich bin es nicht gewohnt so zu kämpfen. Ich komme mir vor wie ein blutiger Anfänger.“ Maulte ich vom Boden aus zu ihm hoch. Meinen Kater hatte ich ganz schnell vergessen, nach dem Geralt den Kampf angefangen hatte. Allerdings war es auch sehr frustrierend, kein einziges Mal kam ich überhaupt nah genug heran, um auch nur über einen Treffer nachdenken zu können. Er half mir hoch, „Gut, machen wir eine kurze Pause, wir essen eine Kleinigkeit und dann zeigst du mir dein Können mit dem Schild. Dann sehen wir weiter.“ Schnell stimmte ich dem zu. Ich holte etwas Proviant aus meiner Satteltasche und gab Geralt etwas davon ab. Er hatte zwischenzeitlich unsere Wasservorräte aufgefüllt und so nahm ich schnell ein paar gierige Schlucke. Irgendwie nagte diese Situation an meinem Gedächtnis, aber ich konnte nicht sagen weshalb. „Wie viel haben wir gestern eigentlich getrunken, irgendwie fehlen mir Teile des Abends und so nen Kater hatte ich noch nie.“ Fragte ich zwischen zwei Bissen Trockenfisch. Geralt horchte auf, „Wir haben die ganze Flasche leer gemacht.“ Grinste er. „An was erinnerst du dich denn?“ setzte er nach. „Ich glaube das letzte ist, das wir uns über nen Schmied unterhalten hatten. Und irgendwas mit Hendrik und Krähenfels glaube ich.“ Ich überlegte, aber der Rest des Abends fiel mir nicht mehr ein. „An mehr nicht?“ hakte Geralt nach, aber ich konnte nur den Kopf schütteln. Wirkte es nur so, oder hatte Geralt gerade erleichtert aufgeatmet? „Wieso, war noch etwas Wichtiges? War was passiert?“ fragte ich schnell. „Nein, nein. Wir hatten uns nur ein wenig unterhalten und dann sind wir schlafen gegangen.“ Er steckte sich gerade sein letztes Stück Fisch in den Mund und wischte sich dann die Hände ab. Ich brauchte etwas länger. Ich hatte noch nie Trockenfisch gegessen und wenn es nicht unbedingt nötig wäre, würde ich es auch nicht mehr. Trockenfleisch mochte ich gerne, aber der Fisch schmeckte einfach nur salzig, war zäh wie Schuhleder und wurde beim Kauen immer mehr. Aber so trank ich wenigstens genug. Nachdem ich mein Frühstück ebenfalls beendet hatte, nahm ich mein Schild und mein Schwert und ging wieder in Position. Diesmal schaffte er es nicht so leicht mich zu Boden zu schicken. Ich konnte ihn auch ein oder zwei Mal beinahe Treffen. Allerdings brachte er mich am Ende damit aus dem Konzept, dass er sich gegen mein Schild warf. Ich hatte mit so etwas überhaupt nicht gerechnet und so konnte er mich doch zum Fall bringen und hielt mir seinen Stock an die Kehle. Ich hatte wieder verloren, aber mein Gegner war auch kein ‚normaler‘ Mensch, sondern ein Hexer. Er zog mich abermals hoch. „Komm brechen wir auf, unterwegs gebe ich dir meine Einschätzung.“ Damit war ich einverstanden. Ich machte Tetris fertig, sammelte mein Gepäck zusammen und schnallte es hinten an den Sattel. Zwischendurch steckte ich Tetris und Plötze eine Möhre zu, die sie genüsslich kauten. Nachdem wir nochmal die Gurte und Riemen kontrolliert hatten, schwangen wir uns in die Sättel. Wir ritten eine ganze Weile schweigend nebeneinander her, aber zwischendurch blickte ich immer mal wieder erwartungsvoll zu Geralt rüber. Er wollte ja noch über das Training sprechen, aber bislang blieb er sehr schweigsam. Als wir durch das nächste Dorf ritten, erkundigte sich Geralt nach neuen Verträgen, aber in diesem Ort gab es keine. Irgendwie ließ mich das erfreut aufatmen. Ich hatte keine Lust schon wieder mit irgendwelchen Monstern kämpfen zu müssen. Die würden auch von alleine früh genug ankommen, ohne dass wir sie aufstöberten. Natürlich bekam Geralt wieder jede Menge misstrauischer Blicke und böser Kommentare. Ich hingegen wurde von fast allen ignoriert. Nur vereinzelt bekam ich neugierige Blicke, was mich fragen ließ, ob ich nicht auf dem Weg nach Wyzima als Gefangene durch das Dorf kam. Aber ich konnte mich nicht daran erinnern. Wir waren durch zu viele gekommen. Wir hatten das Dorf hinter uns gelassen, als Geralt beschloss endlich mit mir zu reden. „Ich denke, so lange du noch nicht vernünftig ohne Schild kämpfen kannst, lasse ich dir dein Schild. Aber ich werde dich trotzdem jeden Tag in meinem Kampfstil trainieren lassen. Sobald wir für dich ein Silberschwert haben, wirst du dich an die Trageweise auf dem Rücken gewöhnen, du kannst keine zwei Schwerter am Gürtel tragen. Und das ist nicht verhandelbar!“ „Es klingt als würdest du einen Hexer aus mir machen wollen.“ Scherzte ich. Doch Geralt blickte mich finster an, „Das ist vollkommen unmöglich, aber wenn ich dich schon mitschleppen muss, will ich mich wenigstens auf ich verlassen können. Und das kann ich hoffentlich, wenn du einen vernünftigen Kampfstil hast. Na los komm, wir legen wir einen Zahn zu, dann schaffen wir es vielleicht rechtzeitig ins nächste Dorf.“ Er ließ Plötze in einen zügigen Galopp fallen und ich tat es ihm mit Tetris gleich. Unterwegs trafen wir ein paar nilfgaardische Soldaten und ich machte mir einen Spaß daraus, Slalom um sie herum zu reiten. So konnte ich auch den Ausbildungsstand meines Pferdes prüfen, denn je geschmeidiger er meinen Hilfen folgte und sich in eine Versammlung reiten ließ, desto gesünder war es für das Pferd. Geralt nahm das Ganze nur schmunzelnd als Unfug war. Doch bei Gelegenheit würde ich schauen, inwieweit hier Kriegspferde ausgebildet wurden, ob sie die „hohe Schule über der Erde“ beherrschten. In meiner Welt war das zwar „nur“ noch Dressur, aber im Ursprung waren diese Figuren auch als Waffe genutzt worden. Als sich der Abend immer mehr näherte, war allerdings immer noch kein Dorf in Sicht. Dafür schien es ein kleines Militärlager zu geben. Wir hatten einen der Patrouillenreiter dazu befragt. Das nächste Dorf wäre noch etwa eine halbe Tagesreise entfernt und vor Einbruch der Dunkelheit würden wir es nicht erreichen können. Dafür beschrieb er uns den Weg zu ihrem Lager, als er hörte das wir im Auftrag des Kaisers unterwegs waren. Geralt war alles andere als froh über die Aussicht, dass wir dort schlafen würden. Mir war es egal, ich wollte nicht im freien Schlafen, wenn es andere Möglichkeiten gab. Vor allem bei dem nassen Wetter in Temerien. Murrend folgte mir Geralt, mir war es relativ egal, denn so hatte ich die Möglichkeit, den ersten Bericht an den Kaiser zu schicken. Viel gab es nicht zu berichten, außer den Ärger, den mir Geralt bereitet hatte. Aber der Kaiser wollte schließlich jede Kleinigkeit wissen. Unsere Pferde trabten den Weg entlang, während ich überlegte, ob ich die Stille brechen sollte, die zwischen uns herrschte. „Sag mal Geralt, das Mädchen was wir suchen, Cirilla, was kannst du mir über sie erzählen? Ich weiß wie sie aussieht und wie sie heißt, aber ansonsten kaum etwas.“ Brach ich dann doch die Stille. „Sie ist kein Mädchen!“ knurrte er, „Ciri ist eine starke, junge Frau. Sie ist etwas Besonderes.“ Diese Erklärung brachte mich auch nicht weiter. Natürlich wusste ich mehr über Ciri, aber ohne Erzählungen über sie, durfte ich nicht zeigen, dass ich dieses Wissen hatte. „Selbstverständlich ist sie etwas Besonderes, sie ist schließlich die Tochter des Kaisers.“ Versuchte ich es weiter. „Auch wenn sie nicht Emhyrs Tochter wäre, … Ich kenne sie seit sie ein kleines Mädchen war.“ Geralt stockte, er schien in Gedanken zu sein. Ein stolzes Lächeln zierte seine Lippen. „Sie war stur und wollte immer ihren Kopf durchsetzen. Hat selbst den alten Vesemir um den Finger gewickelt.“ „Vesemir?“ fragte ich. „Der Hexer, der mich und meine Brüder ausgebildet hat. Er ist wohl der älteste Hexer, den es gibt.“ Meinte Geralt darauf hin. „Aber wenn Cirilla, … Ciri, die Tochter des Kaisers ist, was hattet ihr Hexer mit ihr zu tun?“ fischte ich nach mehr Informationen. „Oh ganz einfach, sie ist mein Schicksal, mein Überraschungskind.“ Lächelte er. „Wie kam es dazu?“ wollte ich wissen, oder eher hören, wissen tat ich es ja schon. „Dazu befragst du mal lieber deinen Kaiser, es ist seine Geschichte. Und jetzt nichts mehr davon, wir haben das Lager gleich erreicht.“ Ich seufzte, der würde mir das garantiert nicht erzählen. Wir parierten unsere Pferde in den Schritt durch und näherten uns der Wache. „Militärlager! Kein Zutritt für Zivilisten!“ meinte dieser als wir vor ihm zum Stehen kam. „Ich will den Kommandanten sprechen.“ Gab ich zurück. Die Wache schüttelte den Kopf, „Nein, kein Zutritt für Zivilisten.“ Wiederholte er. „Nun wir sind definitiv keine Zivilisten. Lass uns durch, oder du wirst demnächst nur noch die Latrine reinigen.“ Ich zog eines der Pergamente aus der Tasche und hielt es ihm vor. „Siehst du das! Das ist das kaiserliche Siegel, wir sind in seinem Auftrag unterwegs, also lass uns jetzt endlich durch.“ Meine Laune sank im Sekundentakt. Als die Wache nachdem Zettel greifen wollte, entzog ich es, seiner Reichweite. „Nur anschauen. Und das tut man nicht mit den Fingern!“ ich wurde langsam ungeduldig. Scheinbar wurde auch innerhalb des Lagers, dieser kleine Tumult bemerkt, denn ein weiterer Soldat kam hinzu. „Was ist hier denn los?“ wollte der Neuankömmling wissen. Die erste Wache salutierte kurz und gab dann Antwort. „Diese Leute verlangen Zutritt, behaupten sogar, dass sie im Auftrag des Kaisers unterwegs wären. Als ob unser Kaiser einen Mutanten einstellen würde!“ die letzten Worte spuckte er in Richtung Geralt. Dessen Miene blieb allerdings ausdruckslos. Ich hielt dem Zweiten ebenfalls das Dokument vor, sein Blick ging vom Siegel, zu mir, dann zu Geralt und dann wieder zurück. „Ich will mit dem Kommandanten sprechen.“ Verlangte ich erneut. Der Soldat nickte, „Ja natürlich, folgt mir bitte.“ Bat er uns, dann gab er der Torwache einen Hieb an den Hinterkopf, „Das wird noch ein Nachspiel haben.“ Knurrte er ihn an. Wir folgten dem Soldaten in das Lager und er führte uns zu einem offenen Zelt. Dort stiegen wir ab und gingen hinein. Ohne große Worte legte ich ihm die Dokumente vor, die aussagten, dass wir im Auftrag des Kaisers unterwegs wären und er uns Unterschlupf für die Nacht gewähren sollte. Der Offizier nahm sich jedes einzelne und las es sich genauestens durch. Dann nickte er unsere Bitte ab. „Es gab kürzlich einen Boten aus Wyzima, er hatte Nachricht für alle Lagerführer. Es wurde angekündigt das womöglich jemand mit Hexer Begleitung vorbei käme und jegliche Unterstützung bekommen sollte, die benötigt würde.“ Erklärte er. „Ausgezeichnet, wir brauchen aber nicht viel, nur einen Schlafplatz und ein wenig zu Essen.“ Bat ich. Doch Geralt mischte sich zu meinem Erstaunen auch ein, „Ein Platz zum Trainieren wäre nicht schlecht. Meine Begleiterin mag vielleicht nicht allzu schlecht sein, aber um mir bei Monsterangriffen helfen zu können hat sie eine völlig falsche Technik.“ Mit zusammengezogenen Augenbrauen schaute ich zu Geralt rüber, sollte ich mich geschmeichelt fühlen, für das versteckte Kompliment oder eher beleidigt? Der nilfgaardische Offizier überlegte einen Moment. „Solange das Ganze nicht ausufert, könnt ihr gerne den freien Platz hinter den Zelten dafür nutzen.“ Geralt nickte, „Ich denke nicht das etwas passieren könnte.“ Der Offizier schien mit der Antwort zufrieden zu sein. „Gut, gut. Jemand wird sich um eure Pferde kümmern. Ihr könnt im Verpflegungszelt Nahrung bekommen und ein Zelt zum Schlafen wird sich auch noch finden.“ „Vielen Dank. Ich komme später noch einmal kurz auf Euch zu. Dann können wir das mit dem Zelt besprechen.“ Geralt runzelte zwar die Stirn, aber der Offizier schien verstanden zu haben, dass ich noch ein Anliegen hatte, von dem der Hexer wohl nichts wusste. Der Hexer und ich verließen den Offizier und schlenderten durch das kleine Lager. Das Verpflegungszelt war schnell gefunden und es roch angenehm nach gebratenem. Wir traten ein und gingen zur Essensausgabe. Zwar wurden wir merkwürdig beäugt, aber bekamen ohne weitere Zwischenfälle unser Essen. Es waren angenehm große Portionen und ich begrüßte das nach dem langen Ritt, wo ich zwischendurch eher nur kleine Snacks zu mir genommen hatte. Schweigend aßen wir nebeneinandersitzend unser Mahl. Dann und wann kam der eine oder andere Soldat hinein, um es uns gleich zu tun. Doch alle mieden unseren Tisch. Mich störte es nicht, denn so hatte ich meine Ruhe und Geralt war es gewohnt. Nachdem wir beide aufgegessen hatten, was ein wenig länger dauerte, da Geralt sich einmal Nachschlag geben ließ, schickte ich ihn zu den Pferden. Er sollte kontrollieren ob sie gut versorgt wurden und es ihnen gut ging. So ganz wollte ich die Beziehung zwischen ihm und Plötze ja doch nicht zerstören und als Hexer war er schließlich auf sein Pferd angewiesen, da sollte es schließlich in seinem Interesse liegen, das es gut versorgt war. Ich hingegen ging zum führenden Offizier. Ich überreichte ihm das Schreiben für den Kaiser, auch darüber schien er informiert worden zu sein, denn er stellte keinerlei Fragen. Mir war es recht so, schließlich wollte ich nicht Allen Rechenschaft ablegen müssen. Danach zeigte er mir ein Zelt, das er mir und Geralt zur Verfügung stellte. Es war am äußersten Rand und deutlich nicht mehr das neueste, aber es war dicht und hielt somit Wind und Wetter draußen. Ich bereitete meine Schlafstelle vor und überließ es dem Hexer mich zu finden. Doch Geralt kam erst lange nach Sonnenuntergang zu unserem Zelt, bevor er mich gesucht hatte, ist er wohl über eine Horde trinkender Soldaten gestolpert, denen er sich kurzerhand angeschlossen hatte. Jedenfalls stank er wie eine Brauerei. Da ich schon am Schlafen gewesen war, schaffte er es natürlich auch, mich zu wecken und da sagte man Hexer seien so leise. Grummelnd drehte ich mich einfach nur um und versuchte wieder einzuschlafen. Zu meinem Pech allerdings erwies sich Geralt heue Nacht als Schnarcher. Schnarchende Zimmergenossen konnte ich überhaupt nicht leiden. Es machte mich sogar teilweise richtig aggressiv. Meine ehemaligen Partner konnten ein Lied davon singen. Da Geralt weiter fröhlich vor sich hin schnarchte und ich somit nicht wieder ein Auge zu bekam, zog ich mich an kroch aus dem Zelt. Draußen war es still und natürlich noch dunkel, aber am Horizont konnte man erahnen das es sehr langsam hell wurde. Da ich nicht wirklich wusste was ich machen sollte, beschloss ich nach der Ausrüstung der Pferde zu sehen. Ich machte mich also auf den Weg durch das Lager und suchte die Pferde. Sie waren am anderen Ende des kleinen Lagers untergebracht. Alle Pferde waren an einem langen Seil festgebunden, das zwischen Pfosten gespannt war. Immer versetzt, so dass sie sich nie direkt gegenüberstanden. Unter dem Seil lagen noch die letzten Heu Reste, die sie am Abend bekommen hatten. Plötze und Tetris standen ziemlich weit außen. In ihrer Nähe befanden sich alle Sättel und Trensen. Alle in unterschiedlichen Zuständen. Einige Soldaten schienen nicht bemüht um ihre Ausrüstung. Nach einigem hin und her suchen fand ich meinen Sattel und die Trense. Oberflächlich schien es relativ sauber, aber das Gebiss der Trense musste dringend gesäubert werden. Man konnte deutlich die Futterreste daran kleben sehen. Ich schnappte mir einen Eimer mit Wasser und legte die Trense so hinein, dass zwar das Gebiss im Wasser hing, aber der größte Teil des Leders trocken blieb. Während das ganze einweichen konnte, befasste ich mit dem Sattel. Ich drehte ihn um, so dass ich die Unterseite begutachten konnte. Natürlich sah alles ein wenig anders aus, als die Sättel, die ich gewöhnt war, aber das Prinzip blieb dasselbe. Die Polster waren gleichmäßig befüllt und es gab keine Schrauben oder Nägel, die hervorstachen. Aufgrund der Satteldecke gab es auch keine groben verunreinigen die Druckstellen verursachen konnten. Deshalb wischte ich nur mit einem feuchten Lappen den Staub und den Schlamm von der Oberseite ab und schon sah er wieder sauber aus. Lederpflegemittel gab es hier keines, aber vielleicht könnte ich später irgendwo Bienenwachs herbekommen. Nachdem die Trense ein wenig einweichen konnte, hatte ich keine Probleme die Futterreste abzuwischen. Bei Geralts Sachen schaute ich auch, obwohl ich diese am liebsten nur mit einer Kneifzange angefasst hätte. Wo hat er die gefunden, im Müll? Ich reinigte nur das Gebiss, denn dafür konnte Plötze ja nicht wirklich etwas. Den Rest konnte Geralt bei Gelegenheit selber saubermachen. Vielleicht bekam ich ihn dazu, seine restliche Ausrüstung so sorgsam zu pflegen wie seine Schwerter. Nun wo das alles erledigt war, wurde es auch langsam merklich heller. Ich kontrollierte noch Tetris und Plötze, beide dösten friedlich vor sich hin. Da ich nicht wusste wie spät wir es hatten, aber davon ausging, dass der Hexer spätestens bei Sonnenaufgang aufstehen würde, ging ich schon mal Frühstücken. Über einen guten Kaffee hätte ich mich gefreut, aber scheinbar gab es hier noch nicht einmal etwas Vergleichbares. Jetzt wo ich hier alleine saß, ohne den Hexer, trauten sich auch einige Soldaten zu mir an den Tisch. Sie versuchten zwar, mich zu einem Gespräch zu bringen, aber ich ignorierte sie zu meist. Ich gähnte ausgiebig, bevor ich mein benutztes Geschirr wegbrachte und langsam zum Zelt zurück ging. Ich setzte mich vor das Zelt und genoss die ersten Sonnenstrahlen des Tages, wer wusste schon, wie das Wetter später im Laufe des Tages werden würde. Einige Zeit später kam Geralt aus dem Zelt. Ich kicherte leise, denn er hatte noch ein Kissenabdruck im Gesicht. Nur in seiner Hose und Stiefel bekleidet streckte er sich ausgiebig und ging dann sich erleichtern. Das nahm ich zumindest an. Wenige Minuten später kam er zurück. Seine Haare waren komplett nass und er sah im Allgemeinen so aus, als ob er seinen Kopf in einen Wassertrog getaucht hatte. Vielleicht hatte er das auch, war zumindest eine Möglichkeit wach zu werden. Ich überlegte kurz einen Spruch zu bringen, aber spontan fiel mir keiner ein. Dafür inspizierte ich möglichst unauffällig seinen Oberkörper. Es gab mehr Narben, als sie im Spiel zu sehen waren, was aber vielleiht daran lag, dass sie so fein waren, dass man sie kaum sehen konnte. Nachdem Geralt sich fertig angezogen hatte, forderte er mich auf, zum Trainingsplatz zu gehen. Im Gegensatz zum Vortag, fing er mit den Grundlagen an. Es Unterschied sich deutlich, von dem wie ich sonst gekämpft hatte, aber das war klar gewesen. Leider zog unser Training auch einige Schaulustige an. Es war nervig, ich hatte versucht sie zu ignorieren, aber es gelang nicht immer und so wurde meine Konzentration des Öfteren gebrochen. Auch wenn das Training anstrengend war, tat es mir relativ gut. Es war ein guter Ausgleich von dem ganzen Tag im Sattel zu verbringen. Nachdem das Training beendet war und die Zuschauer sich wieder verstreut hatten, nahmen wir noch einen kleinen Imbiss ein und verabschiedeten uns vom Lagerkommandanten. Die Nachfolgenden Tage verliefen ähnlich. Tagsüber ritten wir immer weiter nach Norden. Morgens und abends bekam ich meine Lektionen in Sachen Hexerschwertkampf und nachts rasteten wir. Auch wenn ich es deutlich vorzog, in einem Haus oder zumindest Zelt zu schlafen, war dies mir nicht immer gegönnt. Selbst Geralt schien mittlerweile den Vorteil zu erkennen, den ich in der Hand hielt. Es gab immer wieder Gastwirte, die Geralt kein Zimmer geben wollten, unter dem Vorwand es sei alles belegt, aber wenn ich die Papiere vorlegte, wurden sie alle Handzahm und ihnen fiel ein, dass sie doch noch ein kleines Zimmerchen zur Verfügung hatten. Da viele dieser Zimmer nur ein Bett hatten und ich nicht sonderlich scharf darauf war, es teilen zu müssen, hatten wir uns darauf geeinigt, uns abzuwechseln. Mal schlief er auf einigen Fellen am Boden, mal ich. Natürlich hatte ich Geralt zwischendurch darauf hingewiesen was eine schlechte Reitausrüstung für ihn und vor allem Plötze bedeutete und er bemühte sich, sie einigermaßen in Schuss zu halten. Während Geralt für das eine oder andere Dorf einen kleinen Vertrag erledigte, blieb ich meist im Dorf. Das dritte das wir durchquerten, hatte einen Kräuterkundigen. Ich besuchte ihn und erzählte ihm von der gereizten und leicht entzündeten Wunde, die nicht richtig heilen wollte. Auch die am Rücken zeigte ich ihm, er war erstaunt wie sauber sie versorgt wurden war, als ich ihm erzählte ein Hexer hätte sich darum gekümmert. Er gab mir eine Paste und einige Kräuter, die ich als Tee aufgegossen zu mir nehmen sollte. Bei anderen Gelegenheiten stockte ich die Vorräte auf, kaufte einige Kleinigkeiten oder ließ Sachen reparieren. Am liebsten hätte ich auch noch andere Kleidung gekauft, welche die nicht sofort nach Nilfgaard schrie, aber so etwas wurde nicht angeboten. Kleidung hätte ich zwar schon bekommen, aber keine welche die den Strapazen unterwegs gewachsen wäre. Die würde ich wohl nur in einer größeren Stadt bekommen und die nächsten wären erst Oxenfurt oder Norvigrad. Wenn wir das Glück hatten, in einer Taverne zu nächtigen, nutzte Geralt natürlich die Möglichkeit, um dem Alkohol zu frönen. So kam es auch dazu, dass ich langsam trinkfester wurde, aber natürlich vertrug ich um Längen weniger, als Geralt. Der hatte ja aber auch den Vorteil eines schnelleren Stoffwechsels. Mehrmals fragte er auch nach einer Partie Gwent oder Würfelpoker, aber ich lehnte jedes Mal ab. Ich war nie gut darin gewesen. Bei Gwent hätte ich vielleicht eine kleine Chance gehabt, aber nur wenn ich ein gut ausgestattetes Nilfgaard Deck hätte, mit einigen Heldenkarten, aber dies stand mir nicht zur Verfügung. Ich hatte mich beim Gwent an die Spionkarten gewöhnt und meine Spielweise darauf aufgebaut, klappte im Spiel so lange, bis ich auf das Skellige Deck stieß. Unterwegs hatte ich Geralt solange genervt bis er mir ein wenig von sich, Ciri, den anderen Hexern und den Zauberinnen erzählte. Endlich musste ich nicht mehr extremst darauf achten, dass ich mich nicht verplapperte. Bei einigen Anekdoten musste ich aber trotzdem an mich halten, damit ich nicht mit einem Kommentar preisgab, dass ich deutlich mehr wusste, als ich wissen dürfte. Allerdings konnte ich ihn wegen der Zeichen und der Tränke so lange nerven wie ich wollte, da blieb er stur. Wenn er neue Tränke oder Öle vorbereiten musste, wartete er sogar häufig so lange bis ich am Schlafen war, da ich anfangs immer versucht hatte, heimlich zu zuschauen. Wir waren jetzt fast zwei Wochen unterwegs, als ich feststellte, dass der Boden links und rechts des Weges immer sumpfiger wurde. Es war eindeutig das wir uns langsam Velen näherten. Auch trafen wir immer häufiger auf Schlachtfelder, die noch nicht ‚aufgeräumt‘ waren, sprich die Toten Krieger lagen immer noch auf dem Feld und dienten als Futter für Leichenfresser. Das bedeutete auch für uns, dass wir vermehrt auf Ghule, Alghule und Ähnliches trafen. Alleine für meine Sicherheit, hoffte ich, dass wir bald eine Silberklinge finden würden. Mit meinem Stahlschwert waren meine Chancen gegen solche Monster gleich Null. Das Training mit Geralt hatte bereits einige Fortschritte gezeigt und gegen einzelne Nekkar konnte ich mittlerweile bestehen, doch auch nur wenn Geralt sich zuvor um die anderen gekümmert hatte. Das erste Mal hatte Geralt mich geschockt, in dem er einen am Leben ließ und mir dann sein Schwert in die Hand drückte. Zur Vorsicht hatte er sein eigenes Stahlschwert ebenfalls gezückt und achtete darauf, dass ich nicht zu großen Schaden nahm. Aber die Freude war riesig, als ich den ersten Nekkar alleine bewältigen konnte. Auch ließ er es nicht zu, dass ich kämpfen mit Wölfen oder wilden Hunden auswich. Schließlich brauchte man für diese kein Silber. Dies schulte zwar mein peripheres Sehen und wie ich den Überblick über eine Gruppe nicht verlor, allerdings musste Geralt mich mehrmals retten, weil ich nicht auf meinen Rücken geachtet hatte und eingekreist wurde. Doch da Geralt schnell genug eingriff, erlitt ich höchstens ein paar Schrammen, Prellungen und ein wenig verletzter Stolz. Im Ganzen konnte ich also froh sein, einen solchen Lehrer zu haben, egal wie unsympathisch ich ihn gelegentlich fand. Geralt erzählte mir gerade die Geschichte, wie er in eine kleine Stadt kam, um dort gerade noch rechtzeitig Rittersporn und Zoltan vorm Galgen retten konnte. Ich tat interessiert, wusste aber, dass obwohl er den Namen der Stadt nicht nannte, es sich um Flotsam handeln musste. Er verriet aber auch nicht alles was dort geschehen war, klar wer würde auch zu geben, aus einem Gefängnis ausgebrochen zu sein, in dem man saß, weil man als Königsmörder galt. Oder dass man alle Nilfgaarder Abgesandten abgeschlachtet hatte, weil diese Triss gefangen hielten. Mir fiel etwas ein, bei einigen Sachen könnte ich einfach den Kaiser als Ausrede nutzen, falls mir doch etwas rausrutschen sollte. Über das Massaker in Loc Muinne wusste der Kaiser garantiert Bescheid, über die Königsmorde auch. Es wäre sicherlich nicht zu verwunderlich, wenn er mir darüber einige Informationen gegeben hätte, da ich mit einem der beteiligen Hexer reisen musste. Er war gerade dabei zu erzählen, wie er gegen den Kayran gekämpft hatte, als sich am Horizont eine riesige Palisade und Wachtürme abzeichneten. Wir waren wirklich endlich in Velen, das Zentrallager der Nilfgaarder Armee lag vor uns. In einigen Tagen würden wir auf die Leiche von Hendrik treffen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)