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Erinnerungen an ein Palastleben

von

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Prinzessin in Ketten

Tage waren vergangen, seit man Kasumi in den Kerker des Palastes geworfen hatte. Tage, seit denen sie weder ihre Zelle verlassen, noch Tageslicht gesehen hatte. Den einzigen Kontakt zur Außenwelt boten ihr die beiden Soldaten, die sie auf der Wiese festgenommen hatten. Tetsuo und Reiji.

Auch wenn sämtlichen Soldaten befohlen worden war, kein Wort mit ihr zu sprechen, ihre Namen hatte Kasumi aus den beiden jungen Männern heraus bekommen. Das und das Wissen darüber, dass sie versuchten sich den Umständen entsprechend gut um sie zu kümmern. So brachten sie ihr zum Beispiel mit jeder Mahlzeit einen Apfel oder ein anderes Obst, das sie gerade erübrigen konnten. Auch hatten sie ihr eine Decke organisiert, mit der sie die Kälte in diesem Kellerloch besser überstehen konnte.

Doch egal wie schlimm es auch schien. Wie sehr Kasumi unter Rückenschmerzen und Stechen in ihrem Unterleib litt. Sie ließ sich nicht klein kriegen. Immerhin gab es einen Plan, an den sie sich halten wollte. Sie musste nur irgendwie dem Taishō gegenüber treten.

„Öffnet die Zelle der Prinzessin!“

Eine ihr unbekannte Stimme ließ Kasumi auf sehen. Auch wenn sich die Soldaten nicht mit ihr unterhalten durften, so konnte sie sie doch untereinander reden hören. Ihre Zelle lag in einem so abgelegenen Teil des Kerkers, dass es kaum andere Geräusche gab. Weshalb sie jede noch so leise geflüsterten Unterhaltungen mitverfolgen konnte.

Tetsuo und Reiji hatten sich hauptsächlich für die Bewachung ihrer Zelle einteilen lassen, doch immer wenn andere Soldaten vorbei kamen oder das Essen brachten, unterhielten sie sich. Und genau dabei hatte Kasumi diese alberne Bezeichnung schon gehört. Die Soldaten nannten sie Yōkai-Prinzessin.

Die, die sie für eine schuldige Sünderin hielten, spien diesen Namen aus, wie einen schmutzigen Begriff. Eine Beleidung für ihr Kaiserreich. Doch die, die einen Funken Zweifel in sich trugen, hauchten diesen Namen manchmal wie ein kleines ehrfürchtiges Gebet. Als fürchteten sie ihren Zorn, oder den, von weitaus schlimmeren Kreaturen.

Kasumi hatte versucht den Soldaten diese Bezeichnung auszureden, doch niemand hörte ihr auch nur eine Sekunde lang zu. Sie war keine Prinzessin, würde nie eine sein und sie wollte auch nicht, dass man sie wie eine behandelte. Sie wollte nur eine Chance vor den Taishō zu treten und Frieden zu fordern. Oder zumindest ihr Leben, für das ihres Ehemannes eintauschen.

„Es wurde kein Besuch angemeldet!“, erwiderte Tetsuo scharf auf die Worte des Neuankömmlings.

Durch den Spalt unter der Tür fiel Schatten in ihre Zelle und Kasumi wusste, dass sich Tetsuo von seinem Posten neben der Tür, direkt davor aufgebaut hatte.

„Ich bin auf direkten Befehl von Taishō Maeda hier. Er wünscht die Prinzessin zu verhören. Also tretet zur Seite.“, erklärte der Mann überheblich.

Wie schon beim ersten Mal, sprach er das Wort Prinzessin wie eine furchtbar ansteckende Krankheit aus. Ein Übel, dass ausgemerzt werden musste. Kasumi atmete tief durch. Das hier würde also so eine Begegnung werden. Innerlich wappnete sie sich gegen das, was als nächstes geschehen würde. Und so als wollte Tetsuo ihr noch etwas Zeit verschaffen, zögerte er einen Moment zu lange vor der Tür, bevor er zur Seite trat und das Schloss öffnete.

Der Riegel zu ihrer Zelle wurde aufgeschoben und die Tür geöffnet. Im Fackellicht des dahinter liegenden Ganges konnte Kasumi die zwei Männer nur als Schatten erkennen. Tetsuo stand ihr am nächsten, da er die Tür geöffnet hatte. Er war klein gewachsen. Kaum größer als Kasumi, doch seine enorme Muskelmasse machte ihn fast doppelt so breit wie sie. Ansonsten erkannte sie nur noch sein strubbeliges Haar, das ihm in allen Richtungen vom Kopf abstand und das jungenhafte Lächeln, dass über seine Lippen huschte.

Der Soldat dahinter überrage Tetsuo um einen guten Kopf. Er wirkte schlank, doch Kasumi hatte bereits gelernt, dass die Uniform der Soldaten über den wahren Körperbau ihrer Träger hinwegtäuschen konnte. Er war sicher nicht weniger trainiert als Tetsuo. Seine Haare waren glatt gekämmt und im Schein der Fackel wirkten seine Gesichtszüge hart wie Granit.

„Prinzessin.“, sagte Tetsuo und streckte Kasumi eine Hand entgegen.

Ungesehen vom zweiten Soldaten half er ihr so auf die Beine zu kommen. Die Zeit in der kleinen Zelle konnte Kasumi hauptsächlich nur im Sitzen verbringen, was ihren Gelenken schwer zugesetzt hatte. Dazu kam die Kälte, die hier nachts herrschte. Weshalb sich Kasumi manchmal wie eine Achtzigjährige fühlte und nur schwer wieder in Bewegung kam.

„Danke sehr, Tetsuo.“, flüsterte Kasumi, bevor sie ihre Hand von seiner löste.

Außerhalb der Zelle packte sie der Neuankömmling fest am Oberarm.

„Gehen wir!“, zischte er und zog sie mit sich durch den langen Gang.

So schnell, dass sie Mühe hatte mitzuhalten. Ihr Körper war immerhin nicht darauf vorbereitet so schnell zu gehen und schmerzte von der plötzlichen Belastung.

Doch der Soldat nahm keine Rücksicht. Er zerrte sie vorbei an unzähligen Zellentüren, hinter der so mancher wimmernde Laut oder gar Rufe hervor drangen. Im Zwielicht der Fackeln kam Kasumi dieser Gang wie der Weg in die Hölle vor. Sie spürte förmlich, wie sich das Leid der Menschen um ihren Brustkorb schloss und ihr das Atmen erschwerte.

Auf ihrem Weg traten sie durch etliche Türen und kamen an einigen Wachposten vorbei, wobei sämtliche Soldaten Kasumi hinter sahen und manche auch ein paar abfällige Kommentar übrig hatten. Doch es war das Flüstern, woran sich Kasumi hielt. Die hinter vorgehaltener Hand gemurmelten Worte, die dafür sorgten, dass sich Kasumi jeden von diesen Soldaten genau ansah.

Schließlich traten sie, nach dem erklimmen einer Treppe, durch eine Tür und dahinter eröffnete sich eine vollständig andere Welt. Hinter dieser Tür befand sich ein fein polierter Holzboden, weiß getünchte Wände und eine verzierte Decke. Es gab keine Einrichtungsgegenstände in diesem Flur, doch sie mussten sich jetzt definitiv in einem Teil des Palastes befinden. Vorbei an weiteren Türen hielt der Soldat schließlich vor der vorletzten Tür des Flurs an und klopfte leise.

„Bring sie rein.“

Diese herrische Stimme würde Kasumi überall wieder erkennen. Der selbe Hass, mit dem er auf der Wiese gesprochen hatte, lag noch immer in seiner Stimme und ein kalter Schauer lief über ihren Rücken. Wenn sie sich nur vorstellte, dass ein so hasserfüllter Mensch monatelang ihren Ehemann eingesperrt und gefoltert hatte wurde ihr ganz anders. Doch jetzt würde sie ihm endlich gegenüber treten können.

Der Soldat öffnete die Tür zum Arbeitszimmer des Taishō und schob Kasumi hinein. Außer einem großen Schreibtisch, einigen Regalen und Truhen und diversen Karten des Landes, die an den Wänden hingen, befand sich nichts in diesem Raum. Keine Pflanze oder ein dekorativer Gegenstand. Funktional, war das erste, dass Kasumi beim Anblick des Raums in den Sinn kam. Das und Kälte. Kälte die ihr als Schauer über die Haut glitt.

Und in diesem kühlen Zimmer, saß der Taishō und studierte gerade das Schriftstück vor sich. Das war das erste Mal, dass Kasumi ihn aus der Nähe sah und dabei überraschte sie am meisten, dass er nicht wesentlich älter als Keiji sein konnte. So, vertieft in seine Arbeit, hätte man ihn vielleicht für ansehnlich halten können. Doch kaum hatte Kasumi den Raum betreten, sah er auf und eine Mischung aus Hass und Verachtung spielte um seinen Mund. Das war es, was sein Gesicht zu einer hässlichen Maske werden ließ, die ihn um Jahre älter machte. Und in Verbindung mit der Augenklappe über seinem rechten Auge, wirkte er wie der Teufel persönlich.

Nur würde sich Kasumi davon nicht abschrecken lassen. Mit hoch erhobenem Kopf trat sie ein und der Soldat, der sie her gebracht hatte, wollte es ihr gleich tun. Doch der General hielt ihn mit einer knappen Handbewegung zurück.

„Ich werde allein mit ihr sprechen.“, sagte er, zurück in den Papieren vor sich auf seinem Schreibtisch vertieft.

„Aber Taishō!“, widersprach der Soldat sofort.

„Hinaus!“, schrie der General und warf dem Soldaten dabei einen vernichtenden Blick zu.

Dieser erstarrte für den Bruchteil einer Sekunde, bevor er schnell einen Schritt zurück trat.

„Jawohl.“, murmelte er mehr zu sich selbst, während er die Tür schloss und zweifellos davor wie versteinert stehen blieb.

Kaum hatte sich die Tür geschlossen, legte der General seine Papiere zur Seite, stütze einen Ellbogen auf seinen niedrigen Schreibtisch und lümmelte sich halb darauf. Sein Blick aus seinem schwarzen Auge glitt über Kasumi und blieb einen Moment zu lange auf ihrem gewölbten Leib ruhen. Es kam ihr so vor, als sah sie etwas in seinem Auge brennen, als er sie so musterte, doch das Feuer war bereits erloschen, als er ihr ins Gesicht sah.

„Ihr seid also diese Frau über die ich schon so viel gehört habe.“, begann er wie beiläufig.

Als wollte er ein ganz ungezwungenes Gespräch beginnen. Kasumi hielt seinem gelangweilten Blick stand, schwieg jedoch. Und es war dieses Schweigen, welches den Taishō dazu veranlasste sich etwas weiter vor zu lehnen und eine Augenbraue fragend nach oben zu ziehen.

„Ich hoffe doch, die Folter hat noch nicht begonnen und euch die Zunge gekostet. Dann wäre dieser Besuch völlige Zeitverschwendung. Wobei ich mir vorstellen könnte, dass die Soldaten das Gewimmer einer Frau nicht ewig ertragen konnten.“, philosophierte er vor sich hin, bevor er in seine Schublade griff und eine lange Pfeife hervor zog.

Er stopfte etwas Tabak hinein und zündete sie an der Laterne auf seinem Schreibtisch an. Kasumi beobachte jede seiner akkuraten Handbewegungen, in deren Präzision eine Menge Übung steckte. Er wollte desinteressiert wirken, doch Kasumi wusste, dass das nur zur Täuschung gedacht war.

„Ich denke nicht, dass eure Soldaten wegen einer einzigen Person zu solchen Mitteln greifen würden. Andererseits kann ich mir sehr gut vorstellen, dass sie gerne etwas Ruhe hätten, so voll wie euer Kerker ist.“, antwortete Kasumi ruhig.

Bei ihren Worten verengten sich die Augen des Taishō für einen Sekundenbruchteil, bevor sich anschließend ein groteskes Lächeln auf seine Lippen legte.

„Ihr habt eine scharfe Zunge. Aber ich habe nichts anderes von der kleinen Schwester meines Neffen erwartet. Respektloses Verhalten gehört bei ihm ja zur Tagesordnung.“

Jedes seiner Worte strotzte nur so vor Selbstgefälligkeit. Nur dass kleine Schwester spie er wie einen Fluch aus. Ähnlich wie die Soldaten Prinzessin aussprachen. Voll Häme und Abscheu. Kasumi wusste ja, dass Keiji und sein Onkel sich nicht verstanden, doch wie tief dieser Hass ging, war ihr nicht klar gewesen.

„Mir wurde beigebracht zu sagen, was ich denke und zu tun und zu lassen, was ich will. Also vergebt mir bitte meine Ehrlichkeit.“

Am liebsten hätte Kasumi Keiji verteidigt. Hätte dem Taishō an den Kopf geworfen, dass er Keiji dieses Verhalten wohl selbst beigebracht hatte. Doch das war nicht ihr Kampf zu kämpfen. Zumindest jetzt noch nicht.

Der Taishō starrte Kasumi einen Augenblick lang an und sie konnte sehen, wie es in seinem Gehirn arbeitete. Wie er ihre Worte verarbeitete.

Sicher kannte er kaum eine Frau, die ihm offen ihre Meinung sagte. Wahrscheinlich gab es keine einzige Frau, die ihm jemals widersprochen hatte. Bei dem Gedanken huschte ein kleines Lächeln über Kasumis Lippen.

„Dann sagt mir doch, wohin ist der Inu-Daiyōkai verschwunden?“, fragte der Taishō nach einem weiteren langen Augenblick.

Bei seinen Worten lehnte er sich langsam wieder in seinem Stuhl zurück und dieses selbstgefällige Lächeln kehrte auf seine Lippen zurück. Bevor er genüsslich an seiner Pfeife zog.

„Das ist mir leider nicht bekannt, doch selbst wenn, würde ich es euch sicher nicht sagen!“

Kasumi sprach ruhig und gelassen. Als würde sie vom Wetter berichten. Doch ihr entging nicht, wie die Hand des Taishō zuckte. So als wollte er aus Wut nach seinem Katana greifen, dass üblicherweise an seiner Hüfte hing. Nur dass es jetzt hinter ihm an der Wand lehnte.

Diese Reaktion war so minimal, dass sie einem weniger aufmerksamen Auge vielleicht entgangen wäre, doch Kasumi achtete auf solche Kleinigkeiten. Und sie sammelte all diese Informationen, für den Moment, in dem sie sie brauchen könnte.

„Wie dem auch sei.“, begann der Taishō, nach einem Moment wieder in völliger Ruhe.

„Ich habe sowieso nicht vor ihm hinterher zu jagen. Ganz im Gegenteil. Ihr werdet ihn zu mir führen!“

„Und wieso glaubt ihr, sollte ich das tun?“

Das selbstgefällige Grinsen, das sich auf seinen Lippen ausbreitete verursachte bei Kasumi ein flaues Gefühl in der Magengegend. In einer geschmeidigen Bewegung erhob sich der Taishō und kam um seinen Schreibtisch herum. Erst als er direkt vor ihr stand blieb er stehen und sah verachtend auf Kasumi herab.

„Meine Liebe, ihr müsst gar nichts tun. Er wird von ganz allein hier her kommen um euch zu holen. Oder besser gesagt: das, was von euch übrig ist!“

Bei diesen Worten verfinsterten sich die Augen des Taishō und schneller als Kasumi reagieren konnte hatte er den Kragen ihres Kimonos gepackt und riss den feinen Stoff in zwei.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo zusammen,

als keines Ostergeschenk habe ich ein neues Kapitel für euch :)
Leider kein so erfreuliches, aber ich hoffe es gefällt euch trotzdem.

Gruß
C-T-Black Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Kandy2015
2019-04-28T18:27:18+00:00 28.04.2019 20:27
Nicht war...
Dein ernst????
Du folterst uns...
Wie kannst du uns das antuen???
Jetzt müssen wir wieder Tage ode Wochen warten bis es weiter geht. Das ist nicht fair...😣🤤😢😭

Schreib schnell weiter
Antwort von:  C-T-Black
01.05.2019 17:29
Ja, es ist wirklich gemein *hämisches kichern* aber es geht auch schon weiter…
Von:  Anitasan
2019-04-20T12:47:52+00:00 20.04.2019 14:47
WAS?
Du hörst HIER auf?
Das ist aber jetzt nicht dein Ernst.
Am spannendsten Punkt stoppst du.
Das ist so fieß 😭
Mach bitte schnell weiter.
Ich will wissen was als nächstes passierte.
LG Anitasan.
PS: Frohe Osternund schöne Feiertage.😄
Antwort von:  C-T-Black
20.04.2019 14:59
Ich weiß! Tut mir Leid, aber es hat so schön gepasst ^^ Ein bisschen Spannung für die nächste Zeit. Wobei ich fleißig am Weiterschreiben bin. Wenn es klappt, lässt das nächste Kapitel nicht so lange auf sich warten. 

Ich wünsche dir auch schöne Feiertage!

Gruß
C-T-Black


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