Von Abenteuern und dergleichen von Yosephia (Die Geschichte eines Hobbitmädchens) ================================================================================ Kapitel 18: Die Wälder von Ithylien ----------------------------------- Viele, die leben, verdienen den Tod. Und manche, die sterben, verdienen das Leben. – Gandalf Nach all den Feierlichkeiten und Geselligkeiten der letzten Wochen war es den Ringgefährten eine besondere Freude, von Fürst Faramir und dessen Gattin Eówyn nach Ithylien eingeladen zu werden. Zwar war es nur eine Reise von wenigen Tagen, aber nach all dem Müßiggang war sie erfrischend. Auch König Aragorn schien froh darum zu sein, dass es zu seinen Pflichten gehörte, die Südgrenze von Ithylien in Augenschein zu nehmen. Späher hatten dort eine erhöhte Aktivität der Haradhrim festgestellt und da auf die vielen Friedensversuche von Gondor und namentlich Ithylien nie eine Antwort erfolgt war, hatte Fürst Faramir es nach Rücksprache mit seinem Lehnsherrn für notwendig gehalten, die Südgrenze seines Landes zu befestigen. König Elessar wollte nun sicher gehen, dass zum Schutz seines Vasallen alles Menschenmögliche getan worden war. Legolas, Gimli und die Hobbits hatten sich dem König angeschlossen und wollten nach der Besichtigung der Südgrenze zum Hauptsitz des Fürstenpaares reisen, wo Eówyn sich bereits um ihre Kinder kümmerte und die Gelegenheit hatte, ihren Bruder und dessen Kinder als Gäste für eine Weile für sich zu haben. Vor allem wenn man bedachte, was für eine Nachbarschaft Ithylien viele Jahrhunderte lang hatte erdulden müssen, war es umso schöner, durch die gesunden Wälder und Felder des kleinen Fürstentums zu reiten. Im Osten waren immer die Berge zu erahnen, welche den natürlichen Grenzwall zu Mordor darstellten. Das Gebiet jenseits dieser Berge genas nur äußerst langsam. Noch immer war es unfruchtbar und von Orks besiedelt, auch wenn ihre Zahl langsam aber sicher zurück ging, da ihre Bruthöhlen zu veröden schienen. Diese Erkenntnisse waren Spähern zu verdanken, die sich für diese lebensgefährliche Aufgabe nur freiwillig melden durften, da waren sich Aragorn und Faramir einig – und selbst unter den Freiwilligen unternahmen sie jedes Mal eine sorgfältige Auslese. Goldfranse hörte zu, während der König und sein Vasall ihren Freunden all das erzählten, aber hing nicht so gebannt an ihren Lippen wie sonst immer. Ihr Blick schweifte des Öfteren zu Faramir, den Hobbit, ab und huschte dann schnell wieder in eine andere Richtung. Manchmal begegnete sie seinem Blick, aber dann sah sie jedes Mal schnell weg und kämpfte gegen ihre Gesichtsröte an. Immer wieder meinte sie, Faramirs Blick zu spüren, aber sie traute sich nie, es zu überprüfen. Seit Eómer sie zur Rede gestellt hatte, war eine Woche vergangen, ohne dass Faramir mit ihr gesprochen hatte, aber in einer so großen Reisegesellschaft war ein Gespräch unter vier Augen beinahe unmöglich. Doch dafür gab es Blicke und scheinbar zufällige Berührungen, die Goldfranses Herz immer wieder stocken ließen. Es wirkte fast, als wollte Faramir sie darum bitten, Geduld zu haben – und die versuchte sie aufzubringen. Die Reisegesellschaft erreichte ein großes gerodetes Feld, in dessen Zentrum ein hölzerner Turm stand. Goldfranse begriff nur langsam, was der Grund dafür war: Stünde der Turm mitten im Wald, so wäre es unmöglich, das Gebiet zu überblicken und eine Annäherung zu bemerken. „Es ist keine elegante Lösung, aber es wäre naiv, zu glauben, dass die Haradhrim nur mit ihren auffälligen Mûmakûl angreifen“, erklärte Fürst Faramir, während sie zum Turm ritten, an dessen Fuß ein großes Lager errichtet worden war. Ein Mann in den besten Jahren trat ihnen entgegen und verbeugte sich ehrerbietig und doch stolz, erst vor dem König, dann vor dem Fürsten und schließlich vor deren Begleitern. „Seid willkommen im Fuchs-Lager!“ „Bergil“, lachte Pippin und sprang von seinem Pony, um den Mann zur Begrüßung zu umarmen. „Beim Barte des Zauberers, du bist vielleicht riesig geworden!“ „Das kann in fünfunddreißig Jahren schon mal passieren“, erwiderte der Hauptmann ein wenig verlegen. „Zumindest, wenn man kein Hobbit ist“, lachte Pippin und drehte sich zu Fürst Faramir um. „Ihr seid ein Schuft, mir vorzuenthalten, dass Bergil hier der Hauptmann ist!“ „Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht“, erwiderte der Mann betont unschuldig, aber in seinen Augen lag ein Lächeln. Es gab eine tiefe Verbindung zwischen dem Fürsten, Pippin, Bergil und dessen Vater Beregond. Ohne den Einsatz der anderen Drei wäre Faramir damals während der Belagerung von Minas Tirith von seinem Vater bei lebendigem Leibe verbrannt worden. Hauptmann Bergil führte sie durch das Lager und erläuterte die aktuellen Bewegungen der Haradhrim. Die Gefährten waren in einer Zeit besonders starker Anspannung eingetroffen. Es waren viele Später der Haradhrim gesichtet worden, die am jenseitigen Ende des Feldes zwischen den Bäumen standen. Es machte den Anschein, als warteten sie auf etwas oder jemanden. Bergils Soldaten schliefen deshalb in voller Rüstung und waren zuweilen schreckhaft vor lauter Anspannung. Der Anblick der bunt zusammen gewürfelten Reisegesellschaft schien eine von Bergil innig willkommen geheißene Abwechslung darzustellen. Es gab viel aufgeregtes Geflüster und die müden Mienen hellten sich voller Ehrfurcht und frischen Mut auf. König Aragorn und Fürst Faramir waren nicht nur wegen ihrer Wappen wohlbekannt und wurden regelrecht verehrt. „Vielleicht solltet Ihr dennoch bald wieder aufbrechen“, schlug Bergil respektvoll vor, als sie im Kommandozelt um den taktischen Tisch mit Karten des Gebiets herum standen. Goldfranse entging dabei nicht, dass er einen flüchtigen Blick in Richtung der drei jungen Hobbits warf. Der Gedanke erboste sie und sie hätte dem auch Luft gemacht, wenn nicht der Ton eines Horns erklungen wäre. „Ein Hornstoß bedeutet Ankömmlinge auf unserer Seite“, erklärte Bergil. „Zwei Hornstöße-“ Er brach ab, als das Horn erneut erklang. „Bedeutet Feinde“, knurrte Gimli und löste seine mächtige Streitaxt aus dem ledernen Futteral an seinem Rücken. „Majestät…“ Bergil drehte sich angespannt Aragorn zu. „Ich begrüße jeden zusätzlichen Kämpfer, andernfalls könnt Ihr im Inneren des Turms Zuflucht suchen.“ „Das gilt für euch Drei“, sagte Pippin und deutete auf Goldfranse, Faramir und Eómer. Das Mädchen wollte protestieren, aber Faramir ergriff einfach ihre Hand und zog sie mit sich. Außerhalb des Zeltes herrschte ein Durcheinander, in dem dennoch jeder seinen Platz zu kennen schien. Hauptmann Bergil rief Kommandos in alle Richtungen, während er zum Turm schritt, um sich einen Überblick zu verschaffen. Faramir und Eómer eilte ihm hinterher und zogen Goldfranse dabei unnachgiebig mit sich. Dieser blieb nichts anderes übrig, als hinter ihnen her zu stolpern, aber in ihrem Inneren brodelte es deswegen vor Wut. Sie wollte kämpfen! Der Hauptmann wies den jungen Hobbits im Inneren des Turms eine Ecke zu, wo sie nicht im Weg waren, dann erklomm er schnell die Leiter, um zur Aussichtsplattform zu gelangen. Wenig später kehrte er zurück, wies mehrere Bogenschützen dem Turm zu und verließ diesen wieder. Zwei Soldaten ließen die Tür herunter, die mit Stützen zu beiden Seite in der Höhe gehalten worden war, und verriegelten sie von innen, dann eilten sie ebenfalls nach oben und ließen die drei Hobbits alleine zurück. Um den Turm herum kehrte Ruhe ein, sodass Goldfranse nun das Gebrüll der Haradhrim hören konnte – zumindest nahm sie an, dass es von den Südländern stammte – und dann das Gebrüll eines gewaltigen Tieres. „Olifanten“, murmelte Goldfranse aufgeregt und setzte sich in Bewegung, um die Leiter zu erklimmen, aber Eómer und Faramir griffen gleichzeitig nach ihr und hielten sie zurück. „Ich will sie doch nur sehen“, protestierte sie empört. „Die Haradhrim haben auch Bogenschützen“, erwiderte Eómer streng. In den nächsten Minuten konnten sie nicht mehr tun, als zu lauschen, wie die Kämpfe begannen. Bergil rief eine Kavallerieeinheit zu sich, um eine der Bestien anzugreifen, König Aragorn die andere. Eine Gruppe Infanteristen folgte unter der Leitung Gimlis, dessen Zwergenflüche laut und deutlich zu hören waren. Fürst Faramir übernahm seiner Ansprache vor dem Tor des Turms nach die Leitung der Verteidigung des Bollwerks. Golfranse presste ein Ohr gegen die Bretter und versuchte, zu erraten, was draußen vor sich ging. Waffen klirrten, Hufe trappelten, Kommandos, Schmerzensschreie, Kriegsgeheul, Flüche, Wiehern, das Gebrüll der Olifanten. Der Gedanke, einem dieser gewaltigen Wesen so nahe zu sein und es doch nicht sehen zu können, war die reinste Qual für Goldfranse. Faramir versuchte, sie zu beruhigen, aber sie bemerkte erst nach mehreren Minuten seine Hand auf ihrer Schulter. Und dann schrien die Bogenschützen auf einmal Warnungen nach unten. Die Männer sprangen die Leiter runter und rissen die Hobbits zu Boden – und über ihnen wurde der Turm regelrecht zerrissen. Gewaltige Stoßzähne und ein dicker, lederner Rüssel rissen den stabilen Bau so mühelos auseinander, wie eine Sense durch die Halme schnitt. Bevor jemand ihren Kopf herunter drückte, erkannte Goldfranse zwischen den aufragenden Trümmern einen mächtigen Kopf mit riesigen Ohren und im Nacken des Olifanten einen dunkelhäutigen, kahlköpfigen Mann mit großen Dornen in den Wangen und gefährlichen Augen. „Raus hier!“, rief jemand und Goldfranse wurde in die Höhe gerissen und durch die Trümmer des Turms bugsiert. In all dem Chaos verlor sie ihre Freunde. Sie wurde mal hierhin, mal dorthin geschoben, immer außerhalb der Reichweite der von allen Seiten angreifenden Haradhrim. Zu Pferde kämpften die fremdartigen Männer mit langen Speeren, deren Spitzen so lang wie Goldfranses Arm waren. Die Infanteristen schwangen riesige Säbel oder stießen mit langen, gebogenen Dolchen zu. Jemand gab Goldfranse einen so kräftigen Stoß, dass sie stolperte und zu Boden ging. Als sie wieder aufstand und sich umsah, erblickte sie nicht ein bekanntes Gesicht. Überall wurde gekämpft. Etwas entfernt umkreisten mehrere Soldaten einen Olifanten ohne Reiter. Das Tier brüllte auf einmal gequält und knickte mit einem Hinterbein ein. Goldfranse wandte den Blick von diesem grausigen Schauspiel ab und erkannte zu ihren Füßen einen Haradhrim Dolch. Er war die reinste Verlockung und… die Soldaten brauchten Hilfe… Ohne noch einmal darüber nachzudenken, ergriff sie die schwere Waffe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)