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Von Abenteuern und dergleichen

Die Geschichte eines Hobbitmädchens
von

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Das Hindernis im Herzen


 

Ich meine, lieben wird man am besten zuerst mal, was zu einem passt … Trotzdem, es gibt noch was Höheres und Tieferes. – Meriadoc Brandybock
 

„Heute Abend erheben wir unsere Becher auf ehrenwerte Gäste“, intonierte König Eómer vom Podest seines Thrones aus.

Die legendäre Goldene Halle war voll mit Männern und Frauen, die sich ohne erkennbare Rangordnung auf gleichmäßig angeordneten Bänken verteilt hatten. Alle hatten ihre Bierkrüge zu Ehren der erwähnten Gäste erhoben.

„Meriadoc Brandybock, ein Krieger unter dem Zeichen Rohans. Peregrin Tuk, ein Wächter der Festung von Minas Tirith. Und ihre Nachfolger. Mögen sie noch lange leben! Heil!“

„Heil!“, echote die gesamte Halle. Die Rohirrim tranken und die Feier wurde eröffnet.

König Eómer verließ seinen Thron und mischte sich mit seinen Kindern und seiner Gattin unters Volk. Wie Merry und Pippin erklärt hatten, ging es in Edoras meist weniger formell zu.

Eómer, der Hobbit, der sich ein wenig von seinem Namenspatron eingeschüchtert fühlte, saß mit seinem Bierkrug an einem Tisch mitten im Getümmel und beobachtete das Treiben um ihn herum.

Es war nun vier Tage her, seit sie Flinkbaum begegnet waren. Der Ent hatte sich gefreut, seine alten Hobbitfreunde wieder zu sehen, und hatte sich nach den Entfrauen gefragt. Leider hatten Merry und Pippin keine guten Nachrichten verkünden können. Zwar hatten sie in den vergangenen dreieinhalb Jahrzehnten viele Expeditionen in den Wäldern östlich von Bockland unternommen, aber sie hatten dabei lediglich einige Bäume gefunden, die sie im Verdacht hatten, Huorn-Bäume zu sein.

Einen ganzen Tag hatten sie mit Flinkbaum verbracht, ehe sie in Begleitung der vier Rohirrim nach Edoras aufgebrochen waren. Dem Einladungsschreiben von König Aragorn war damals auch eines von König Eómer beigelegt worden, in Edoras Station zu machen, um dann gemeinsam weiter zu ziehen. Diese Gelegenheit hatten sich die Hobbits – und ganz besonders Merry – nicht entgehen lassen wollen.

Allerdings war Eómers Stimmung bei weitem nicht mehr so euphorisch wie zu Beginn der Reise.

Vor fünf Tagen war es zum Eklat gekommen zwischen Faramir und Goldfranse und seitdem sprachen die Beiden nicht mehr miteinander. Doch während Faramir deswegen düster vor sich hingrübelte und sich nicht an den Feierlichkeiten beteiligte, steckte Goldfranse mitten im Getümmel und ließ sich von den Prinzessinnen einen Volkstanz von Rohan beibringen.

Allmählich wusste Eómer nichts mehr mit seinen beiden besten Freunden anzufangen. Keiner war gesprächsbereit, sie gingen einander immerzu aus dem Weg. Es war zum Haareraufen!

Da sie sich ihm gegenüber normal verhielten, hätte es Eómer auch egal sein können, aber er kannte die Beiden zu gut, um sich von ihrem bemüht normalen Verhalten täuschen zu lassen. Faramir hegte einen geradezu schmerzhaften Groll, während Goldfranse sich immer mehr von ihren Hobbitgefährten entfernte. Ihr Hunger nach der Fremde nahm nun beinahe krankhafte Züge an. Eómer machte sich Sorgen, wohin das alles noch führen würde.

Unter dem Gejohle der Pferdemenschen um sie herum tanzte Goldfranse nun immer schneller mit den beiden Töchtern und einer Enkelin des Königs. Sie lachte dabei ausgelassen, aber es hörte sich nicht wie ihr echtes Lachen an.

Eómer hatte genug. Er stand auf und ging zu einem der riesigen Bierfässer, die für die Feier in die Goldene Halle gebracht worden waren, und zapfte zwei Bierkrüge ab. Derart ausgestattet ging er zu Faramir und deutete mit einem Nicken zur Tür, während er ihm einen der Krüge hinhielt.

Faramir verstand die Aufforderung und folgte seinem Freund nach draußen zur geländerlosen Terrasse. Sie gingen halb um die Halle herum, bis sie alleine waren, und ließen sich am Rand der Terrasse nieder, die Beine herunter baumelnd, die Krüge auf ihren Oberschenkeln abgestützt, die Blicke auf die nahen Berge gerichtet.

„Ich weiß, was du fragen willst“, seufzte Faramir schließlich. „Aber ich habe wohl keine zufrieden stellende Antwort.“

„Lass’ es auf einen Versuch ankommen“, erwiderte Eómer und nippte an seinem Bier. „Warum hast du Goldfranse gesagt, dass sie verschwinden soll?“

„Ich wollte verhindern, dass ich noch schlimmeres sage. In meiner Wut hätte ich ihr die abscheulichsten Dinge an den Kopf geworfen. Ich bin mir nicht einmal jetzt sicher, ob ich normal mit ihr reden könnte.“

Eómer zog die Augenbrauen in die Höhe. „Wenn einer von euch Beiden wütend sein sollte, dann doch wohl eher Goldi, meinst du nicht?“

Faramir gab nur ein mürrisches Grunzen von sich und nahm einen großen Schluck Bier.

„Schon seit der Nacht an der Wetterspritze geht etwas vor zwischen euch. Was ist damals passiert?“

Finster starrte Faramir in seinen Bierkrug hinunter und mahlte mit den Kiefern. Als Eómer schon nachhaken wollte, hob sein Freund endlich den Blick.

„Ich habe sie dabei erwischt, wie sie mit einem Holzschwert geübt hat.“

Eómer zuckte mit den Schultern. „Was ist schon dabei? Das haben wir auch gemacht, als unsere Väter uns noch nicht trainieren wollten.“

„Das Problem daran ist, dass sie glaubt, dadurch tatsächlich etwas gelernt zu haben. Als die Wildlinge uns angegriffen haben, hat sie mein Schwert genommen und sich auf den nächsten Angreifer gestürzt. Sie hat überhaupt nicht auf ihre Deckung geachtet. Wären in diesem Moment nicht die Reiter gekommen…“

Faramirs Stimme verklang zu einem gequälten Hauchen, das Eómer einen Schauder den Rücken herunter jagte.

„Du bist wütend, weil sie sich in Todesgefahr gebracht hat, um dich zu beschützen…“

Grimmig schüttelte Faramir den Kopf. „Ich bin wütend, weil sie sich auch dann in Todesgefahr gebracht hätte, wenn ich gar nicht in Gefahr gewesen wäre. Ich bin wütend auf sie und auf ihren Vater und auf uns.“

„Jetzt verstehe ich gar nichts mehr“, gestand Eómer mit einem Stirnrunzeln.

„Dass sie so leichtfertig mit ihrem Leben umgeht, kann ja nur daran liegen, dass Onkel Sam sie regelrecht eingesperrt hat. Und wir haben in all den Jahren nicht gemerkt, wie sehr sie sich verändert hat.“

Verärgert stellte Eómer seinen Bierkrug ab. „Du hast das nicht bemerkt, weil du dich auch schon seit Jahren ihr gegenüber seltsam verhältst! Um genau zu sein, geht das schon so, seit wir in den Tweens sind!“

Faramirs Reaktion auf diesen Vorwurf war sehr seltsam. Er zog den Kopf zwischen die Schultern und starrte geradezu angestrengt in seinen Bierkrug. Und dann kroch auch noch eine feine Röte über seine Wangen.

Es fiel Eómer wie Schuppen von den Augen und auf einmal fühlte er sich schäbig, weil er all die Jahre nicht erkannt hatte, wie es um seinen besten Freund bestellt war.

„Du bist in Goldi verliebt! Bei meiner Pfeife, du bist sei Jahren in sie verliebt und hast es nicht geschafft, es ihr zu sagen!“

Faramirs Wangen erinnerten nun an die saftigen Tomaten aus dem Garten der Gamdschies, aber seine Gesichtszüge wirkten beinahe verzweifelt.

„Was bei allen Bierkrügen ist los mit dir?!“, drängte Eómer ungeduldig.

Faramir zögerte, rang offensichtlich um die richtigen Worte. Zittrig strich er sich durch die blonden Locken und umfasste dann seinen Krug mit beiden Händen, als müsste er sich an etwas festhalten.

„Ich hatte schon an der Wetterspitze so ein Gefühl und ich konnte es einfach nicht deuten… Aber seit der Sache mit den Wildlingen verstehe ich es…“

„Was verstehst du? Nun lass’ dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!“

Allmählich wurde Eómer richtig unruhig.

Als Faramir ihm in die Augen blickte, zuckte er zusammen. Einen solchen Blick hatte er in seinem ganzen schönen Leben noch nicht gesehen. Konnte ein einzelner Hobbit wirklich so viel Angst empfinden, wie sie in diesem Blick lag?

„Gold wird vielleicht nie wieder ins Auenland zurückkehren…“

Den Rest des Abends schwiegen die Freunde, während im Inneren der Goldenen Halle noch immer gefeiert wurde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  lula-chan
2019-02-24T10:06:40+00:00 24.02.2019 11:06
Ein tolles Kapitel. Sehr gut geschrieben. Gefällt mir.
Hm. Das beschäftigt Faramir also. Interessant. Sie sollten das wirklich unter sich klären.

LG
Antwort von:  Yosephia
24.02.2019 19:51
Das werden sie auch irgendwann... so ziemlich am Ende^^'


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