Von Abenteuern und dergleichen von Yosephia (Die Geschichte eines Hobbitmädchens) ================================================================================ Kapitel 6: Worte des Zerwürfnisses ---------------------------------- Sie scheinen nicht davon berührt zu werden, ob ich sie mag oder nicht mag. Es scheint nicht wichtig zu sein, was ich von ihnen halte. Sie sind ganz anders als ich erwartet hatte – so alt und jung, und so fröhlich und traurig gewissermaßen. – Samweis Gamdschie Als Kinder hatten Faramir und Goldfranse sich blendend miteinander verstanden. Sie waren kaum voneinander zu trennen gewesen, hatten Geheimzeichen gehabt, hatten einander geradezu blindlings vertraut… Eómer konnte nicht sagen, wann seine beiden besten Freunde auseinander gedriftet waren. Vielleicht hatte es angefangen, als Faramir und Eómer von ihren Vätern Schwertkampfunterricht erhalten hatten. Oder vielleicht hatte es seinen Anfang bei Faramirs und Eómers erster Reise gehabt. Irgendwann war es einfach zu einer Distanz zwischen ihnen gekommen. Faramir war nicht so oft nach Beutelsend gereist und das strahlende Lächeln, mit dem Goldfranse ihn früher bei jedem Besuch begrüßt hatte, war verblasst. Stattdessen war mit den Jahren etwas anderes in Goldfranses Augen getreten. Etwas, das Eómer nicht richtig definieren konnte, was ihm jedoch immer Unbehagen bereitet hatte. Es fühlte sich an, als würde etwas in Goldfranse ganz langsam zerbröckeln. Eómer hatte oft versucht, mit Faramir darüber zu reden, aber der Tuk hatte sich immer davor verschlossen. Ganz so, als hätte er Angst davor. Wieso – das war Eómer auch heute noch ein Rätsel. Bislang hatte Eómer das Zerwürfnis seiner Freunde resigniert hingenommen, aber seit der einen Nacht bei der Wetterspitze schwankte er zwischen Sorge und genervter Ungeduld. Faramir und Goldfranse sprachen überhaupt nicht mehr miteinander und gingen sogar so weit, dass sie einander nicht einmal mehr ansehen wollten. Beide wirkten gleichzeitig bedrückt und wütend, was Eómer vermuten ließ, dass sie einander im Eifer des Gefechts sehr bösartige Worte an den Kopf geworfen hatten. In Sachen Taktlosigkeit und Hitzköpfigkeit standen sie einander in nichts nach, das war schon immer so gewesen – nur hatte das in ihrer Kindheit eher zu lustigen Situationen geführt und nicht zu einem mittelschweren Drama. Als sie eine Woche nach ihrem Aufbruch von Bree Bruchtal erreichten, lebte Goldfranse wieder auf. Ihr war die Neugierde nur zu deutlich anzusehen und ihre Augen wurden groß, als die Hobbits von einer kleinen Schar Elben unter der Führung der Fürsten Elladan und Elrohir begrüßt wurden. Sehr holprig erwiderte sie den Gruß der Elben in deren Muttersprache. Die beiden Fürstenbrüder sahen einander milde überrascht an und deuteten dann vor dem Hobbitmächen eine Verbeugung an. „Wie Mithrandir es schon vor langer Zeit sagte: Ihr Hobbits steckt voller Überraschungen. Hat dein Vater dich unsere Sprache gelehrt?“ „Ich habe versucht, es mir selbst beizubringen“, nuschelte Goldfranse mit geröteten Wangen. „Sehr beeindruckend“, sagte Elladan. Sie wurden in Gästezimmer geführt und eine Elbin brachte eine Truhe in Goldfranses Zimmer, in welcher sich ihrer Aussage nach Kleider befanden, die Rosi Gamdschie getragen hatte, als sie und Sam vor Jahren in Bruchtal Station gemacht hatten. Die Erwähnung ihrer Mutter schien Goldfranse Unbehaben zu bereiten, aber sie bedankte sich auf Elbisch und folgte der Elbin, um sich für das Begrüßungsbankett vorzubereiten. Merry, Pippin und ihre Söhne zogen sich die feinen Wämser an, welche sie für die festlichen Anlässe auf ihrer Reise mitgenommen hatten. Eine Stunde später wurden sie von den beiden Elbenfürsten höchst persönlich abgeholt. An der Seite der Beiden stand bereits Goldfranse. Beinahe hätte Eómer seine Kindheitsfreundin nicht wieder erkannt. Das mehrlagige und doch luftig-leichte Kleid brachte ihre weiblich-grazile Statur perfekt zur Geltung und in ihr Haar waren Bänder und Blüten hinein geflochten worden. Von Goldfranses älterer Schwester Elanor wurde einmal gesagt, dass sie einer Elbin gliche. Goldfranse stand ihr da in nichts nach. Linkisch grinsend bezogen Merry und Pippin links und rechts von ihr Stellung und führten sie zur Festhalle. Eómer und Faramir folgten. Jetzt fiel Eómer auf, dass sein Freund immer noch auf Goldfranses Rücken starrte. Amüsiert stupste er ihn im Laufen an. „Dir gefällt wohl, was du siehst, hm?“ Eine verräterische Röte schlich sich auf Faramirs Wangen und es fiel Eómer wie Schuppen von den Augen. Er fragte sich, wie er so lange etwas so Offensichtliches hatte übersehen können. Umso mehr schockierte ihn Faramirs Antwort. Ein Schnauben, abfällig, beinahe angewidert: „Ein halbes Kind, das erwachsen spielt. Was sollte mir daran gefallen?“ Beinahe gleichzeitig drehten Merry und Pippin die Köpfe und starrten Faramir an – und der blickte stur zu Boden. So war Eómer der Einzige, der bemerkte, wie Goldfranses Schultern heftig erzitterten, ehe sie sich versteiften. Für einen Moment erwog Eómer, sie tröstend in den Arm zu nehmen. Dann dachte er darüber nach, Faramir einen kräftigen Schlag zu verpassen – irgendwohin, wo es so richtig schön wehtat. Letztendlich konnten jedoch weder Eómer noch Merry und Pippin etwas unternehmen, denn sie hatten den Eingang der Festhalle erreicht, wo halb Bruchtal darauf wartete, dass zwei der Ringgefährten und ihre Kinder sich die Ehre gaben. Den ganzen Abend hatte Eómer das Gefühl, als würde sich um Goldfranse herum eine unüberwindliche Mauer aufbauen. Sie hielt sich von allen vier Reisegefährten fern, unterhielt sich stattdessen mit Elben, Zwergen und gondorianischen Hauptmännern und ließ sich mehrere Tänze beibringen – und obwohl sie lächelte und lachte, schienen ihre Augen immer voller Gram zu sein. Faramir seinerseits verschwand bereits nach dem Festgelage. Es kam Eómer wie eine Flucht vor. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)