Hello!Project Online von JAKOzZ ================================================================================ Kapitel 3: Kenshuusei --------------------- Der Schock saß noch immer tief. Doch trotzdem machte sich die Gruppe unter Führung von Goto Maki auf in Richtung Trainingssäle. In Zweiergrüppchen betraten sie einen Korridor nach dem nächsten. Das Haven war definitiv ein gigantischer Ort. Ihre Führerin erzählte davon, wie sie die ersten Male durch dieses Labyrinth geirrt war. Auf die Frage hin, ob irgendwelche Hinweise oder Richtungsanweisungen existierten, gab sie lediglich ein trockenes Lachen von sich, antwortete aber nicht. Nach etlichen Türen, Gabelungen und Treppenaufstiegen erreichten sie schließlich das Ziel, welches Goto Maki für sie vorgesehen hatte. Reina, die neben der großen Kawamura Ayano bemüht war, Schritt zu halten, verspürte ein aufgeregtes Kribbeln in ihrer Brust. Sie sollten nun die restlichen Mitglieder von Grad Zero kennen lernen. Der Großteil von ihnen übte fleißig, um irgendwann einer Gruppierung zugeordnet zu werden. Allerdings hatte Goto Maki mit keinem Wort erwähnt, WAS sie eigentlich übten. Als Reina genauer darüber nachdachte, wurde ihr bewusst, dass sie noch gar keine Ahnung hatte, nach welchen Kriterien man einer dieser ominösen Gruppen beitrat. Die anderen Mädchen ihrer Generation hatten diese Frage mehrmals gestellt, doch die stetig grinsende Frau hielt sich in mysteriösem Schweigen. Reina betrachtete die hölzerne Doppeltür, die vor ihnen aufragte. Beim Anblick der hübschen Gravuren und Wölbungen wurde ihr leicht mulmig zumute. Dies hatte keinesfalls mit den bevorstehenden Begegnungen zu tun. Auf diese freute sie sich tatsächlich. Stattdessen machte ihr zu schaffen, dass fast jede größere Tür in fast jedem größeren Gang genau gleich aussah. Reina war sich absolut sicher, dass sie an keiner Therapie zugrunde gehen würde, sondern an diesem Irrgarten aus Holz, Stein und Rüstungen. Andererseits, dachte das junge Mädchen sich, könnte dies auch Teil der Behandlung sein. Vielleicht testete das Haven die angesprochenen Überlebenskünste, so wie es Pfadfindern beigebracht wurde. Die verließen sich schließlich auch auf ihren geschulten Orientierungssinn und kryptischen Richtungsangaben, die das Umfeld ihnen gab. „Yokoyama, kommst du?“ Reina schreckte beim Klang ihres Namens aus ihrer Gedankenwelt. Kawamura Ayano blickte sie fragend an. Das große Mädchen war schon ein ganzes Stück voran gegangen, wohingegen die anderen bereits komplett den neuen Raum betreten hatten. Ohne es zu merken, war Reina stehen geblieben. Innerlich fluchte sie über sich selbst, dass sie sich so schnell ablenken ließ. Bestimmt hatte Goto Maki bereits alles haargenau erklärt, wie sie sich im Haven einfach zurechtfinden könnten und Reina hatte es überhört. Nun musste sie für immer auf dem harten Boden schlafen und sich mit Teppichen zudecken, weil sie den Weg in ihr Zimmer nicht mehr finden würde. Sie schüttelte heftig mit dem Kopf. Natürlich passierte das nicht. Nach dem Weg fragen, war bestimmt nicht verboten. Rasch holte sie zu ihren Leuten auf. Sofort waren alle vorherigen Gedanken verschwunden, als sie den gewaltigen Saal betrat. Es war eine Trainingshalle, wie sie wohl professionelle Sportvereine in der realen Welt besitzen würden. Verschiedene Kreise und Linien waren zur Kennzeichnung von Spielfeldern unterschiedlichster Sportarten auf den elastischen Boden gezeichnet, welcher sich in einem dumpfen Blauton über die gesamte Fläche erstreckte. An den Seiten wimmelte es von mechanischen Geräten aller Art. Reina kannte keine einzige Bezeichnung, doch bereits der Anblick löste in ihr eine Begeisterung aus, die seinesgleichen suchte. Die Halle selbst besaß auch Zuschauerränge, die sich in zehn Stufen nach oben hin vom Feld abwandten. Darüber befand sich eine zweite Ebene, die durch Sicherheitsgitter abgegrenzt wurde und wohl eine noch bessere Sicht auf die Fläche zuließ. Definitiv war die Sporthalle ein beeindruckendes Gebilde. Auf der gegenüberliegenden Seite der Eingangstür, wo derzeit noch die Neuankömmlinge gemeinsam mit Goto Maki standen, trainierte eine kleine Gruppe vor einem gewaltigen Spiegel. Dieser erstreckte sich beinahe über die komplette Seite. Zusammen schritten sie über das Feld und traten zu den trainierenden Mädchen. Sie befanden sich allesamt in der gleichen Altersgruppe wie die Neuankömmlinge. Doch auch sie versprühten bereits eine gewisse Aura. Es war nicht mal ansatzweise ein Vergleich zu Goto Maki, deren Wahrnehmung für Reina noch immer schwer in Worte zu fassen war. Doch trotzdem konnte man die seltsame Energie, die von den jungen Personen ausging, nicht verleugnen. „Das hier sind eure zukünftigen Gefährten, wenn man es so nennen will“. Goto Maki wies mit offener Hand auf das Grüppchen, bestehend aus sechs Mädchen. Diese beendeten sogleich ihr Training und musterten die Neuen ausgiebig. Reina fiel erleichtert auf, dass es keinesfalls strenge oder unangenehme Blicke waren. Stattdessen wurden sie warmherzig begrüßt. Ehrliche Freude umspannte die Halle und Reina fühlte ein wohliges Kribbeln, das durch ihren ganzen Körper jagte. Die erste Person, die sich ihnen vorstellte, war interessanterweise ebenfalls eine Reina. Ichioka Reina. „Super, dass wir Verstärkung bekommen. Ihr seid bestimmt sehr aufgeregt, aber keine Sorge, wir nehmen euch anfangs nicht zu hart ran. Ihr habt alle Zeit der Welt, euch einzugewöhnen.“ Ihr klares Lachen machte sie sympathisch. Als Dienstälteste unter ihnen, sie war bereits ganze zwei Jahre älter als Reina, hatte sie die inoffizielle Führung der Mitglieder des Grad Zero. „Macht euch alle aber keine allzu großen Hoffnungen, dass ihr in Morning Musume kommt. Der nächste Star dort werde nämlich ich.“ Das eindeutig jüngste Mädchen unter ihnen, Kiyono Momohime, grinste Reinas Gruppe herausfordernd an. Scheinbar sah sie die Truppe als neue Konkurrenz. In ihren Augen erkannte man flammenden Ehrgeiz. Zwei weitere junge Frauen traten hinzu. Dambara Ruru war groß und besaß ein ruhiges Auftreten, doch Reina war überrascht, was für eine unglaubliche mentale Stärke von ihr ausging. Sie war eindeutig die Person mit dem größten Potential in der Halle. Die andere Person richtete ihre ersten Worte direkt an die freche Momohime. „Du solltest erst einmal deine Schritte und Koordination richtig trainieren. Sonst denken Leute noch, dass Morning Musume eine Gruppe aus Dilettanten wäre, wenn sie so eine kleine Stolperkönigin aufnehmen.“ Die Sprecherin hieß Takase Kurumi. Sie besaß ein rundes, liebevolles Gesicht, welches nun hinter einer strengen Mine verborgen lag. Momohime schenkte ihr eine unzufriedene Grimasse und wendete dann den Blick von der Älteren beleidigt ab. Horie Kizuki, von allen liebevoll Kii-Chan genannt, war vom reinen Alter her die Älteste der Gruppe, weshalb sie von den anderen Anwesenden mit großer Wertschätzung behandelt wurde. Auch ihre Erzählungen strotzten nur so vor Erfahrung. Sie kam eigentlich aus einem anderen Therapieprogramm, das unter gleichen Voraussetzungen arbeitete wie Hello!Project. Es trug den seltsamen Namen NICE GIRL Project!  Kii-Chan wurde, nachdem das Partnerprogramm aus unerfindlichen Gründen geschlossen werden musste, neben einigen anderen Mädchen, zur hier ansässigen Therapie transferiert. Reinas Augen waren weit geöffnet vor Verblüffung. Sie konnte nicht umhin, beeindruckt von all diesen Persönlichkeiten zu sein, mit denen sie alsbald ihre Zeit verbringen würde. Sie alle standen, genau wie Reina selbst, noch am Anfang ihrer Therapie. Sie alle verfolgten dasselbe Ziel: Den Beitritt in eine der großen Gruppierungen. Macht euch alle aber keine allzu großen Hoffnungen, dass ihr in Morning Musume kommt. Der nächste Star dort werde nämlich ich. Die Worte von der jungen Momohime blitzten in den Gedanken von Reina auf. Morning Musume? War dies eine dieser ominösen Gruppierungen? Plötzlich fiel ihr Blick auf eine Person, die nicht zu ihnen getreten war. Ein Mädchen mit kurzen schwarzen Haaren. Sie war größer als Kawamura Ayano, dachte Reina. Das flache, rundliche Gesicht wirkte zeitlos. Man konnte das Alter des Mädchens nicht genau bestimmen. Die Stirn war gerunzelt. Scheinbar war sie hochkonzentriert bei der Sache. Ohne auch nur einen Augenmerk an die Neuankömmlinge zu verschwenden, führte sie eine flüssige Bewegung nach der nächsten aus. Sie zog ein elegantes Kreismuster, mit Beinen und Armen in vollkommener Harmonie. Reina konnte sich der Schönheit des Augenblicks nicht entziehen. Vor Verblüffung klappte ihr die Kinnlade hinunter. Das war das Mädchen, was sie auf dem Bild von Goto Makis Vortrag gesehen hatte. War es ein Tanz, den sie aufführte? Es waren solch gleichmäßige Richtungswechsel. Mal schnell. Mal langsam. Doch immer im Einklang mit dem Rhythmus des Herzschlages, den Reina in sich spürte. Das junge Mädchen fühlte eine starke Verbundenheit. Sehnsucht erwachte in ihr… „Kaedi! Mach doch endlich eine Pause und komm her!“ Takase Kurumis Stimme hallte zu Reina und dem fremden Mädchen herüber. Beide erschraken und wurden aus ihren unterschiedlichen und doch gleichen Trancen gerissen. Reina schüttelte heftig den Kopf vor Verwirrung. Sie hatte gar nicht mitbekommen, wie sie sich von der Gruppe entfernt hatte und auf das faszinierende Mädchen immer weiter hinzugeschritten war. Eben dieses Mädchen betrachtete sie für einen kurzen Moment. Ihr ernster Blick streifte den Reinas. Verwirrung war in beiden Gesichtern abzulesen. Dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit der Gruppe zu, allen voran Takase Kurumi. Mit einer ruckartigen Verbeugung brachte sie eine hastige Entschuldigung hervor: „Es tut mir leid. Ich habe nicht bemerkt, dass die Neulinge schon da sind.“ Momohime schlug ihr lachend auf den Rücken. „Ja ja, Kaedi! Wir wissen doch, dass du nicht genug vom Training kriegst.“ Die Angesprochene kratzte sich leicht verlegen am Kopf, sagte jedoch nichts dazu. Goto Maki klatschte zufrieden in die Hände. „Nun, es sind zwar nicht alle Kenshuusei hier, aber das macht nichts. Wir…“ „Kenshuusei?“ Nishida Shiori schien verwundert. Die anderen Neuankömmlinge tauschten ebenfalls verwirrte Blicke aus. Goto Maki runzelte die Stirn, aufgrund der Unterbrechung. Dann erkannte sie das Problem. „Dies hier ist eure kleine, aber feine Einweihungsfeier. Ihr seid ab heute Mitglieder der Hello!Project Kenshuusei. Mit dem Aufstieg in diesen Rang seid ihr nun offiziell im Haven anerkannt. Ab morgen beginnt ihr gemeinsam mit euren Kameraden“, sie blickte lächelnd in die große Runde, „das Training. Dies ist Grad Zero, von dem ich euch bereits erzählt habe.“ Nishida Shiori, die zuvor noch Goto Maki unterbrochen hatte, war nun vollkommen still. Kawamura Ayano und Yoshida Marie musterten die erfahreneren Mädchen mit leicht ängstlichem Blick. Hashisako Rin musste erneut die Tränen zurückhalten. Doch Yamazaki Yuhane versprühte enorme Entschlossenheit. Ein selbstsicheres Lächeln umspannte ihr prägnantes Gesicht. Reina konnte diese Gefühlsregung absolut nachvollziehen. Auch sie spürte die riesige Vorfreude in sich aufkeimen. Es gab keinen Grund für Trauer oder Bedenken. Das hier war ein Abenteuer. Und sie durften es allesamt gemeinsam erleben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)