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Das Erwachen

Erster Arc: "Mein Name ist Yokoyama Reina"

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Gleißendes Licht umhüllte eine hagere Gestalt. Klein, schmächtig und dünn. Ihre schattenhaften Umrisse wankten durch das Nichts. Wo war sie? Wer war sie?

Rastlos, ohne Ziel vor Augen, wanderte die Gestalt umher. Bewegte sie sich vorwärts? Nein! Rückwärts? Oder doch zur Seite? Sie wusste es nicht. Sie verstand es nicht und fühlte sich jeglicher Orientierungskraft entmächtigt.

Tiefe Leere breitete sich in ihr aus. Sie war ein verlorenes Wesen. Verloren im Nichts einer endlosen Zeit…
 

„Reina…“
 


 

„Yokoyama Reina…“
 

In der Ferne erklang eine sanfte Stimme. Die schemenhafte Gestalt lechzte sich nach diesem Sein in einer nicht vorhandenen Welt. Solch einen angenehmen Klang hatte sie noch nie vernommen und doch wirkte er so vertraut.
 

„Yokoyama Reina!“
 

Die Stimme wurde lauter. Die Gestalt wusste nicht, ob sie sich tatsächlich näherte, doch so langsam breitete sich ein wärmendes Gefühl auf ihrer Haut aus. Ein Lächeln schlich sich auf das Gesicht.

Ein Lächeln…
 


 

Plötzlich erschienen vor ihr Hände. Die Person betrachtete sie langsam und erkannte, dass es ihre eigenen waren. Sanft strich sie sich über ihr Gesicht. Es fühlte sich makellos an. Weiche Lippen, Stupsnase, langes, dunkelbraunes Haar, welches sanft über ihre Schultern streifte. Sie, die schemenhafte Gestalt, war ein Mädchen.
 

„Komm zu dir, Reina!“
 

Reina? War das ihr Name? Yokoyama Reina? Leise flüsterte sie die Worte vor sich hin. Binnen weniger Sekunden hatte sich der Name regelrecht in ihr Gehirn gebrannt. Und aus irgendeinem Grund brachte sie dieses neu erlangte Wissen erneut zum Lächeln. Immer breiter musste sie grinsen, bis es schließlich zu einem schallenden, herzhaften Gelächter ausartete.

Nach einigen Minuten beruhigte sich Reina. Glücksgefühle jagten durch ihren Körper. Lachen. Was für ein angenehmer Zeitvertreib. Es kam ihr so stark vertraut vor. Und obwohl sie eigentlich in Panik geraten müsste, war sie zufrieden. Sie konnte sich an absolut nichts erinnern. Weder an ein vergangenes Leben noch an Familie, Freunde oder Pflichten. Trotzdem fühlte sie ein inneres Gleichgewicht, das Gefühl einer Waage, welches jeglichen Kummer und jede Sorge im Nu vertrieb.

Wieder betrachtete sie ihre Hände. Reina war zwar von einem hellen Hautton, doch eine leichte Bräune ließ sich nicht verbergen. Von wem sie wohl abstammte?

Nun sich etwas aufmerksamer umblickend musterte sie langsam ihre Umgebung. Das gleißende Licht war inzwischen beinahe zur Gänze gewichen. Stattdessen entdeckte sie eindeutige Konturen. Reina befand sich in einem kleinen Zimmer. Weiße Wände, deren Putz schon leicht abblätterte, umgaben sie. Ein kleiner metallener Schreibtisch mit einem Holzstuhl und einem Federbett waren die einzigen sichtbaren Utensilien im Raum. An der Decke befand sich das grelle Neonlicht, welches sie noch vor wenigen Minuten umschlungen hatte.

Das Mädchen wusste nicht, wie sie hierhergekommen war. Sie wusste auch nicht, was sie hinter der Tür erwartete, deren Schemen sich nun in einem grauen Ton an einer Ecke des Raumes bemerkbar machten. Instinktiv wandte sie sich in eben jene Richtung der Tür. Ihre linke Hand ergriff den Knauf. Sie spürte das kühle Metall an ihren Fingern.

Dann gab es einen leichten Ruck. Hallendes Quietschen erfüllte das Zimmer. Die Tür bewegte sich. Ein sanfter Luftzug strich durch Reinas Gesicht. Was erwartete sie wohl jenseits dieses Raumes?

Ein aufgeregtes Gefühl zuckte durch ihren Körper. Ein Kribbeln der Neugierde blitzte förmlich durch ihren Brustkorb. Mit weit aufgerissenen Augen schlug sie die Tür auf. Und ihr Mund öffnete sich vor Verblüffung, doch kein Ton kam heraus.
 

Vor ihr erstreckte sich eine weite Halle, gehüllt in warmes Licht, welches von gewaltigen Kronleuchtern ausgesandt wurde. Rote und weiße Fahnen woben sich ineinander und erschufen ein faszinierendes Farbenspiel. Auf der anderen Seite, direkt gegenüber von Reina, erstreckte sich eine marmorne, strahlend weiße Treppe in die Höhe. Mindestens 200 Stufen, überschlug Reina blitzschnell im Kopf und ihre Faszination nahm noch mehr zu. Wer wohnte hier?
 

„Ab heute wird dies dein Zuhause sein, Yokoyama Reina.“
 

Vollkommen überrascht, dass sie nicht allein war, drehte sich das junge Mädchen zur Seite. Aus einer der vielen Türen, die sich links und rechts an den Seiten der großen Halle über nicht zählbare Ausmaße erstreckten, trat eine junge Frau auf sie zu. Das braunblonde Haar wehte anmutig, ebenso wie ihr Gang. Stolz und achtsam zugleich. Jeder Schritt versprühte Sicherheit und Würde.
 

„Mein Name ist Goto Maki. Und du gehörst ab heute zu meinen Schülerinnen.“
 

Reinas Augen weiteten sich.
 

„W-Was? Deine Schülerin? Wie meinst du das? Schülerin von was?“
 

Die Frau namens Goto Maki lächelte verschmitzt. Ihre Aura besaß etwas Außergewöhnliches. Reina fühlte sich beinahe von dieser unfassbaren Ausstrahlung erschlagen.

Schließlich standen sie sich direkt gegenüber. Das junge Mädchen war definitiv nur ein paar Zentimeter kleiner als die Fremde, doch die gewaltige Präsenz, die von Goto Maki ausging, war überwältigend. Reinas Knie fingen an zu zittern. Was war plötzlich mit ihr los?

Die Frau schien die Unsicherheit zu bemerken. Ein geradezu mütterlicher Ausdruck zierte ihr Gesicht.
 

„Keine Angst! Du wirst bald alles erfahren. Am besten du begleitest mich. Wir haben dich nicht sofort hier erwartet. Doch wie heißt es so schön: Lieber zu früh als zu spät, nicht wahr?“
 

Goto Maki blickte Reina fröhlich an, doch schien sie keine Antwort zu erwarten. Stattdessen machte sie auf dem Absatz kehrt, winkte mit der Hand, ein Zeichen, dass Reina ihr folgen sollte, und ging auf grazile Art und Weise in Richtung der marmornen Treppe.

Vollkommen perplex schritt Reina ihr hinterher. Was erwartete sie jetzt? Wer war die Frau mit dieser unglaublichen Aura?

Das Mädchen spürte erneut die aufkommende Neugier in ihr. Die Frau behauptete, dass dies nun ihr neues Zuhause wäre. Das bedeutete, dass es auch eine frühere Heimat geben musste. Doch kein einziger Gedankengang wies eine Erinnerung aus einem vergangenen Leben auf. Es fühlte sich seltsam an, darüber nachzudenken. Sie hatte das Gefühl, dass es eine klare Vergangenheit für sie gab. Doch sie konnte einfach nicht danach greifen. Jeder Versuch, eine Erinnerung zu erzeugen, scheiterte. Doch aus irgendeinem Grund machte ihr das gar nichts aus.

Gedankenversunken hafteten ihre Augen am Boden. Die goldgelben Karomuster der Fließen verwirrten sie. Ihr rechtes Auge zuckte.
 

„Seltsam…“
 

Reina erschrak stumm. Goto Maki hatte die Augen auf das Mädchen gerichtet und blickte sie geheimnisvoll an. Reina hatte dies gar nicht bemerkt, während sie in ihren Gedanken schwelgte, und blieb schlagartig stehen. Besorgt fragte das Mädchen:
 

„Was i-ist seltsam?“
 

Reina fühlte sich regelrecht durchbohrt von diesem intensiven Blick, der ihr galt. Für eine kurze Zeit verharrten sie an einer Stelle. Die Frau schien keine Anstalten zu machen, eine Antwort zu geben oder zumindest weiterzulaufen.

Als Reina sich schließlich dazu entschlossen hatte ein weiteres Mal zu fragen, entspannten sich die Züge ihrer Begleitung.
 

„Es ist nichts. Ich fand es nur interessant, dass du dich so bereitwillig mit der Situation zufriedengibst. Ich kenne da ziemlich gegenteilige Beispiele.“
 

In näherer Erinnerung schwelgend machte sich Goto Maki wieder auf den Weg. Ein Grinsen lag auf ihrem Gesicht. Reina beruhigte dies ungemein. Die Frau schien eine gute Person zu sein. Ihr Lächeln war ehrlich, empfand das Mädchen.

Viel entschlossener als noch zuvor folgte sie ihrer neuen Bekanntschaft. Ungewissheit und Spannung begleiteten sie Hand in Hand.



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