Wolkenwächter von Alligator_Jack (Die Chronik eines Ausgestoßenen - Teil 1) ================================================================================ Kapitel 41: ------------ An der Spitze seiner Untergebenen ritt Syndus die letzten Meter des Bergpfades hinauf, der zum Vorplatz des Wolkentempels führte. In voller Rüstung folgte ihm Rhist und weitere Reiter und dahinter bahnten sich die Fußsoldaten in Formation ihren Weg den Berg hinauf. Nachdem Loronks Machenschaften ans Licht gekommen waren, hatte der alte Ordensmeister noch am selben Abend den Befehl zum Aufbruch gegeben. Jeder verfügbare Soldat war mobilisiert worden, um sich auf den beschwerlichen Weg durch die Düstermarsch und das Tal der Asche zu begeben. Nur ein kleiner Teil der in Eydar stationierten Streitkräfte war zurückgeblieben, sorgte unter Bragis Befehl für die Sicherheit in der Stadt und bewachte die gefangenen Schmuggler und Loronks Untergebene, die man inhaftiert hatte. Der Rest war Syndus nach Norden gefolgt, selbst Fähnrich Jel hatte seinen Posten im Kerker an einen anderen Soldaten abgegeben, um Eydar verlassen zu können. Adrias gewaltsamer Tod hatte unter den Truppen große Bestürzung ausgelöst und sie gleichzeitig mit grimmiger Entschlossenheit erfüllt. Jeder einzelne Soldat wollte den verräterischen Brigadegeneral für seine Verbrechen büßen lassen und am allermeisten verzehrte sich Syndus nach Vergeltung, doch gleichzeitig wusste der Alte, dass Loronk längst nicht mehr das größte Problem war, das den Bewohnern von Adamas drohte. Brynne war der wahre Feind und er musste unter allen Umständen aufgehalten werden, ehe er sein Ziel erreichte. Syndus gab sich alle Mühe, sich seine Erschöpfung nicht anmerken zu lassen. Er hielt sich wacker im Sattel und so erreichte er als erster den Tempelhof. Erschrocken zügelte er sein Pferd und stieg ab, als er sah, dass der Vorplatz mit Toten gepflastert war. Auf dem Boden lagen die reglosen Körper zerlumpter Dunkelelfen, aber auch die Leichen mehrerer Soldaten. Es war unheilvoll ruhig, bis auf das leise Brodeln der grellen Blitze, die hoch über dem Tempel über den Nachthimmel zuckten. „Sucht nach Überlebenden“, ordnete Syndus mit rauer Stimme an und drückte einem Soldaten die Zügel seines Pferdes in die Hand. Seine Untergebenen kamen seinem Befehl umgehend nach, strömten auf den Vorplatz und liefen von einer leblosen Gestalt zur nächsten. Syndus selbst beteiligte sich ebenfalls an der Suche. Er beleuchtete das Gesicht jedes Toten mit seiner Lampe, atmete jedes Mal erleichtert auf, wenn er erkannte, dass es nicht Gancielle oder Geyra waren, die vor ihm auf dem Boden lagen, und krümmte sich gleichzeitig beim Anblick jedes gefallenen Soldaten vor Kummer. „Meister!“, ertönte plötzlich Jels Stimme. „Hier lebt noch jemand!“ Sofort raffte Syndus den Saum seiner Robe hoch und lief eilig über den Vorplatz. Feldwebel Praharin und Fähnrich Albus folgten ihm. Jel stand in einiger Entfernung ratlos neben einer schluchzenden Dunkelelfe, die über dem entstellten Leichnam eines Soldaten in die Knie gegangen war. Syndus beugte sich sorgenvoll zu der jungen Frau hinunter. „Geht es Euch gut?“, erkundigte er sich. Die Dunkelelfe schluchzte noch lauter auf. „So ein furchtbares Gemetzel“, rief sie mit erstickter Stimme und vergrub das Gesicht in den Händen. „Ich konnte nichts für sie tun.“ Syndus verzog mitleidig das Gesicht. „Helft ihr auf“, befahl er. Aulus nickte gehorsam und eilte zu Jel herüber. Gemeinsam zogen die beiden Fähnriche die zitternde Dunkelelfe sanft auf die Beine. Rhist kam über den Vorplatz gehastet. „Meister, wir konnten auf dem Platz keine Überlebenden finden“, meldete er atemlos. „Aber aus dem Tempel ist Kampfeslärm zu hören.“ „Dann halten Gancielle und Geyra noch die Stellung“, rief Syndus und wandte sich um. „Wir müssen ihnen helfen.“ „Seht nur!“, schrie Praharin erschrocken. „Der Himmel! Ihr Götter, steht uns bei!“ Syndus blickte nach oben und erstarrte. Eine tiefschwarze Wolkendecke, viel dunkler, als der Nachthimmel, braute sich drohend zusammen. Sie schwoll in unnatürlicher Geschwindigkeit zu gewaltiger Größe an und schien sich im Nu über das ganze Gebirge bis hin zum Horizont auszudehnen. Ihre Unterseite wurde vom grellen, blauen Licht zuckender Blitze erhellt. „Das ist nicht gut“, murmelte Syndus finster. „Rhist, sammelt die Truppen! Uns bleibt keine Zeit mehr. Wir stürmen den Tempel!“ „Wie Ihr wünscht, Meister!“, rief der Kommandant dienstbeflissen. Er machte kehrt, um den Befehl auszuführen, doch er kam keine zwei Schritte weit. Ein gewaltiger Donnerschlag erschütterte den Berg und ließ die Erde erbeben. Syndus sah noch, wie Praharin von einer gleißenden Lichtsäule eingehüllt wurde, da riss ihn die Druckwelle von den Beinen. Gemeinsam mit Jel, Albus und der Dunkelelfe schlug er der Länge nach hin und als er sich stöhnend wieder aufrappelte, lag Praharin direkt neben ihm. Die Haut des Feldwebels war versengt, aus seinen Ohren sickerte Blut und Funken sprühten über seinen zuckenden Körper. Dunkler Rauch fädelte von seinen Gliedmaßen auf, sein Mund stand weit offen und sein Gesicht war im Tod zu einer Maske der Angst verzerrt. Syndus japste vor Kummer, doch ihm blieb keine Zeit, den Feldwebel zu betrauern. Der nächste Blitz zuckte aus den Wolken hervor, dann ein weiterer und in kürzester Zeit ging ein regelrechter Hagel aus tödlichen Lichtkeilen nieder. Die Pferde gerieten in Panik, gingen wiehernd durch und stürmten in panischem Galopp den Bergpfad hinunter. Die meisten der getroffenen Soldaten starben sofort und ihre Todesschreie gingen im Grollen des Donners unter. Diejenigen, die überlebten, wurden von heftigen Muskelkrämpfen geschüttelt zu Boden geworfen und wanden sich vor Schmerzen, während blaue Flammen an ihren Gliedmaßen leckten und ihr Fleisch versengten. Syndus begriff sofort, dass die Blitze keiner natürlichen Quelle entsprangen. Er und seine Truppen saßen auf dem Vorplatz wie auf einem Präsentierteller und waren dem magischen Gewitter schutzlos ausgesetzt. „Zum Tempel!“, brüllte er gegen den nächsten Donnerschlag an. „Geht in Deckung! Bringt Euch in Sicherheit!“ Gancielle stand der Schweiß auf der Stirn. Die Banditen hatten ihn und seine verbleibenden Gefährten in den Gängen des Wolkentempels aufgestöbert und in die Enge getrieben. Sie hatten sich auf den Balkon direkt über dem Haupttor geflüchtet und versuchten nun verzweifelt, die Tür zu halten. Lazana stabilisierte sie mit ihren Eiszaubern, doch die magischen Kräfte der jungen Frau waren nahezu aufgebraucht und die Banditen schlugen mit Beilen immer größer werdende Löcher in die Tür. „Lange halten wir hier nicht mehr durch“, knurrte Gancielle. Ratford und Ilva standen neben ihm und hielten ihre Waffen bereit, entschlossen, sich in den Kampf zu stürzen, sobald die Tür nachgab. Wuleen presste eine Hand auf die schlimme Wunde an seinem Bein, weigerte sich aber, sich behandeln zu lassen, obwohl ihn der Blutverlust schon hatte bleich werden lassen. Craig hatte sich zusammen mit Knack, der ununterbrochen knurrte, in die hinterste Ecke des Balkons zurückgezogen. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und er sah mit kreidebleichem Gesicht zu, wie sich Geyras überlebende Soldaten verzweifelt gegen die Tür stemmten, die immer wieder von heftigen Schlägen erschüttert wurde. Die ersten Banditen stießen bereits mit ihren Schwertern blindlings durch die entstandenen Löcher, allerdings ohne nennenswerte Treffer zu erzielen. Trotzdem ermüdeten die Soldaten zusehends und als das obere der beiden schmiedeeisernen Türbänder schließlich abbrach und klirrend zu Boden fiel, setzte Craigs Herzschlag für ein paar Atemzüge aus. Da bemerkte er die zahlreichen Fackeln, die auf dem Tempelvorplatz erschienen. „Die Verstärkung!“, rief er mit leuchtenden Augen, doch noch bevor er freudig aufspringen konnte, erstarb ihm der Jubel auf den Lippen und seine aufkeimende Hoffnung zerplatzte fast augenblicklich in einem tödlichen Blitzgewitter, das vom Gipfel der Wolkenspitze auf die nahenden Soldaten niederging. „Das ist Brynne!“, japste Gancielle entsetzt. „Er hat es geschafft.“ Mit vor Schrecken geweiteten Augen starrte er hinunter auf den Vorplatz. Immer, wenn der grelle Lichtschein eines Blitztes erlosch und den Tempelhof der Dunkelheit überließ, blieb ein zappelnder und in blaue Flammen und Funken gehüllter Soldat zurück. Diejenigen, die mehr Glück hatten, als ihre Kameraden, flohen kopflos über den Vorplatz und suchten verzweifelt Schutz. Die Blitze überstiegen die Macht, die Brynne zuvor demonstriert hatte, um ein Vielfaches. Nun waren ungebändigte Urkräfte am Werk. Ein Blitz schlug mit solcher Wucht in die Fassade des Tempels ein, dass er den gesamten Komplex in seinen Grundfesten erschütterte und einen großen Brocken aus dem Mauerwerk brach. Craig spürte, wie ihm das Herz in der Brust immer weiter sank. In den Gesichtern seiner Begleiter sah er nichts als Hoffnungslosigkeit. Auf der anderen Seite der Tür ertönte Loronks grollende Stimme. „Zum Nebentor!“, brüllte der Ork. „Die Truppen aus Eydar sind hier! Lasst sie nicht in den Tempel! Brynne wird sie alle grillen!“ Zwei weitere Schläge erschütterten die Tür, doch selbst die merkwürdige Stille, die folgte, brachte keine Erleichterung. Die Soldaten, die sich gegen die Tür gestemmt hatten, sanken nun erschöpft daran zu Boden und starrten mit totenbleichen Gesichtern hinunter zum Tempelvorplatz. Gancielle sackte mit schreckgeweiteten Augen in die Knie. „Der Himmel gehorcht ihm“, keuchte er. „Wir sind erledigt.“ „Das sind wir nicht!“ Craig wandte überrascht den Kopf. Vances Stimme klang plötzlich so entschlossen, dass er sie fast nicht wiedererkannt hätte, und sein Gesicht war so grimmig, wie er es noch nie gesehen hatte. „Brynnes Machenschaften haben schon zu viele Leben gekostet“, rief Vance. „Das hat hier und jetzt ein Ende! Ich gehe zur Spitze des Tempels und halte diesen Verrückten auf.“ Craig ballte begeistert die Fäuste. „Das wurde aber auch Zeit!“ Vance reagierte nicht darauf. Er streckte Gancielle die Hand entgegen und Gancielle ergriff sie nach kurzem Zögern und ließ sich verblüfft auf die Beine helfen. Lazana sank erschöpft in die Knie. „Bist du dir sicher?“, fragte sie besorgt. „Diese Kraft übersteigt selbst die eines Dorashen.“ „Ich bin mir sicher“, erwiderte Vance mit fester Stimme. „Ich werde ihn stoppen oder bei dem Versuch umkommen. Ich werde meine Schuld begleichen, auf die eine oder die andere Art.“ Gancielles Gesicht war noch immer von Kummer und Entsetzen gezeichnet, doch in seinen Augen erkannte Craig einen neuen Hoffnungsschimmer. „Tja…“, seufzte er. „Ich habe gehofft, wir würden uns nicht zu sehr auf dich verlassen müssen. Aber vermutlich bist du hier der einzige, den Brynne nicht mit einer einfachen Handbewegung töten kann. Wir werden dir den Weg freikämpfen.“ „Das ist nicht nötig“, entgegnete Vance. „Helft lieber den Soldaten dort unten. Wenn die Banditen ihnen den Weg in den Tempel versperren, sind sie verloren. Und haltet Euch bloß von der Spitze des Berges fern!“ Gancielle nickte grimmig. „Gut“, sagte er leise und drehte sich zu Geyra um. „Alle, die noch kämpfen können, folgen uns nach unten.“ „Bitte verzeiht“, murmelte Lazana schwach. „Meine magische Kraft ist verbraucht. Ich fürchte, ich werde euch keine große Hilfe mehr sein. Es wird besser sein, wenn ich hierbleibe und mich erhole.“ „Hältst du das wirklich für eine gute Idee?“, fragte Ratford sorgenvoll. Er presste eine Hand an die Wunde an seinem Hals und fluchte leise, als er sah, dass sie noch immer blutete. „Wenn wir dich hier zurücklassen, bist du ein gefundenes Fressen für diese Galgenvögel.“ „Sie wird nicht alleine sein“, sagte Vance und wandte sich an Wuleen. „Mit deinem Bein kommst du nicht weit. Du bleibst auch hier und passt auf Lazana auf, falls sich einer dieser Schurken doch wieder hierher verirrt.“ Wuleen knurrte unwillig, aber schließlich hatte er ein Einsehen und setzte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf den Boden, das Schwert fest in der Hand. Ratford schien beruhigt. „Der Kerl ist vermutlich verrückt genug, um es mit gefesselten Händen mit einer ganzen Armee aufzunehmen“, brummte er und beugte sich zu Lazana hinab. Mit seinen groben, schwieligen Fingern strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die ihr an der schweißnassen Stirn glänzte. „Halte durch. Ich komm dich abholen, wenn das hier erledigt ist.“ Lazana schenkte ihm ein mattes Lächeln, doch sie war zu schwach, um ihm zu antworten. Ratford richtete sich wieder auf und schulterte seine Axt. „Also gut“, rief er grimmig. „Dann wollen wir unsere Verbündeten mal da raushauen.“ Geyra vergewisserte sich kurz, dass alle Anwesenden, in denen noch Kampfkraft steckte, bereit waren, dann nickte sie Gancielle stumm zu und stieß die lädierte Tür auf, hinter der es verdächtig ruhig geworden war. Zwei Soldaten traten mit gesenkten Speeren nach vorn, um auf einen möglichen Hinterhalt vorbereitet zu sein, doch der Gang war verlassen. Von unten drang Kampfeslärm hinauf. Das erbitterte Gefecht um den Seiteneingang war in vollem Gange. Gancielle deutete mit einem Kopfnicken auf eine breite Treppe, die nach oben führte. „Das sollte der Weg sein, der zur Spitze führt“, rief er Vance zu. „Sieht verlassen aus. Wir zählen auf dich, Dorashen. Und versprich mir, dass du nicht nach dort oben gehst, um zu sterben, sondern um zu siegen!“ „Versprochen“, erwiderte Vance tonlos. „Viel Glück.“ Er zögerte noch kurz, ballte beide Fäuste und nahm dann mit entschlossenen Schritten die Treppe in Angriff. „Der Rest kommt mit mir!“, rief Geyra und wies mit ihrem Kriegshammer auf den Gang, der über ausgetretene Stufen zum umkämpften Seitentor führte. „Wir greifen diese Halunken mit aller Macht an, um unseren Kameraden den Weg in den Tempel zu bahnen!“ Sie ging voran, mit Gancielle an ihrer Seite, der sein Schwert zog, und ihren fünf verbliebenen Soldaten im Rücken. Ratford und Ilva bildeten die Nachhut. Keiner von ihnen schien zu bemerken, dass jemand fehlte. Craig blieb zusammen mit Knack am Fuß der Treppe stehen, die zur Spitze des Tempels führte. Der Knucker sah ihn vorwurfsvoll an und winselte kläglich. „Ich weiß“, murmelte Craig. „Das ist vermutlich keine gute Idee. Aber ich muss einfach dabei sein, wenn Vance mit diesem Irren den Boden aufwischt. Mein Leben lang hat man mir Geschichten von den großen Heldentaten der Vergangenheit erzählt. Jetzt bin ich mittendrin in so einer Geschichte. Und ich habe nicht vor, den Höhepunkt zu verpassen.“ Unter Loronks Befehlen hatten sich die Banditen am Nebeneingang versammelt. Vor dem Tor trieb Brynnes Blitzgewitter die Soldaten auseinander. In nackter Panik rannten sie auf den Tempel zu und trommelten verzweifelt gegen das verschlossene Haupttor. An der Seitentür erwarteten sie die Banditen mit gezückten Waffen und versperrten ihnen den Weg. Es genügten im Grunde drei oder vier Schurken, um den Nebeneingang zu sichern, denn auf ihrer kopflosen Flucht kamen die Soldaten nur in kleinen, versprengten Grüppchen an. Loronk hielt eine Hälfte der Banditen etwas zurück, denn er wusste, dass es nicht lange dauern würde, bis Gancielles geschrumpfter Haufen ihnen in den Rücken fallen würde, um den Soldaten vor den Tempelmauern beizustehen. Und tatsächlich verging nicht viel Zeit, bis oben an der Treppe die verrammelte Tür zum Balkon aufflog und Gancielle und Geyra an der Spitze ihrer Verbündeten einen Ausfall unternahmen. Loronk bemerkte zu seiner Zufriedenheit, dass weder die Eismagierin, noch der irre Schwertkämpfer bei ihnen waren. Unter den Soldaten befanden sich keine Bogenschützen mehr. Auch der Kerl, den er in die Mine verschleppt hatte, der Knirps und der merkwürdige Drache fehlten. So waren es nicht mehr als neun erschöpfte Kämpfer, die mit dem Mut der Verzweiflung zum Angriff übergingen. Loronk hob triumphierend die Kriegskeule und stellte sich den anstürmenden Soldaten in den Weg. „Die Schafe kommen freiwillig zum Schlachter!“, brüllte er und holte mit wölfischem Grinsen zum Schlag aus. Als erstes kam Geyra in seine Reichweite. Die Kommandantin wehrte sich mit ihrem Kriegshammer, doch sie war der brachialen Kraft des Brigadegenerals nicht gewachsen. Ein fataler Hieb traf ihre linke Schulterplatte, schlug eine tiefe Delle hinein und riss Geyra fast von den Beinen. Loronk wollte nachsetzen, um ihr den Rest zu geben, doch da prallten die Reihen der Soldaten und Banditen aufeinander und im folgenden Tumult wurde der Ork wieder von seinem Opfer getrennt. Fjedor hielt sich dezent zurück und besah sich das Gemetzel aus sicherer Entfernung. In einem unbeobachteten Moment glitt er in einen dunklen Nebengang. „Schlagt euch ruhig gegenseitig die Schädel ein“, flüsterte er spöttisch. „Ich habe kein Interesse daran, meinen Kopf für Brynne zu riskieren. Lieber reiße ich mir alles unter den Nagel, was ich kriegen kann.“ Rhist erreichte das Tor und sah sofort, dass er von mehreren Banditen erwartet wurde, die ihm den Einlass verwehren wollten. Einige Soldaten lagen tot zu ihren Füßen, entweder erschlagen von Brynnes Blitzen oder aufgespießt von den rostigen Klingen der Banditen. Rhist wusste, dass es ihm ähnlich ergehen würde, solange er sich unter freiem Himmel befand. Mit einem markerschütternden Kriegsschrei hielt er sich den mächtigen Turmschild vor den Körper und stürmte wie ein angriffslustiger Stier auf den offenen Nebeneingang zu. Die Banditen wichen erschrocken einen Schritt zurück, blieben dann aber stehen und reckten dem Kommandanten ihre Schwerter entgegen. Rhist stürmte direkt in ihre Reihen hinein. Metall klirrte, schartige Klingen schrammten kreischend über den Turmschild und die Banditen gaben erstickte Laute von sich, als sie durch Rhists Angriff gegen ihre Hintermänner gedrückt wurden. Der Kommandant presste ihnen die Luft aus den Lungen und schleuderte sie von den Beinen. In seinem Windschatten retteten sich mehrere Soldaten ins Innere des Tempels, nur um sich im nächsten Augenblick von Banditen umzingelt zu sehen. Brothain begriff sofort, dass der forsche Auftritt des Kommandanten das Schlachtenglück wenden konnte. Schnell bahnte sich der Dunkelelf einen Weg durch die dicht gedrängt stehenden Reihen der Banditen. Sein Dolch blitzte auf und traf Rhist, der sich gegen drei Feinde gleichzeitig verteidigen musste, in den Bauch. Mit einem schmerzerfüllten Stöhnen stolperte er zurück und ging in die Knie. Brothain sprang mit ausdruckslosem Gesicht nach vorn, um ihm den Gnadenstoß zu versetzen, doch Jel stellte sich ihm entschlossen in den Weg. Der Dolch des Dunkelelfen war viel schneller als das Schwert des Kerkermeisters und bald blutete Jel aus zwei Wunden, doch er hielt sich wacker auf den Beinen und ließ Brothain nicht vorbei. Da entdeckte Ilva den Mörder ihres Kapitäns. Mit einem schnellen Schwertstreich entledigte sie sich eines Banditen, der sie bedrängt hatte und den sie mit Genugtuung als einen der Meuterer erkannte, bückte sich und hob den Speer eines Soldaten auf, der Loronks Keule zum Opfer gefallen war. Sie nahm Maß, holte weit aus und schleuderte die Waffe mit aller Kraft von sich. Der Speer beschrieb in der Luft einen Bogen, rauschte über die Köpfe der Banditen hinweg und senkte sich gerade rechtzeitig, um Brothain direkt zwischen den Schulterblättern zu treffen. Der Dunkelelf japste überrascht und erstarrte in seiner Bewegung. Seine Beine gaben nach und er kippte nach vorn, wo er direkt gegen Rhists Schild prallte und leblos zu den Füßen des Kommandanten liegen blieb. In diesem Augenblick ertönte das ohrenbetäubende Rumpeln einer Explosion und in einem Nebengang loderte heller Feuerschein auf. „Das ist Albus!“, rief Jel begeistert. „Es ist ihm gelungen, das Tor zu sprengen!“ Im nächsten Moment stürmte der Kriegsmagier mit flammenden Fäusten an der Spitze mehrerer Soldaten aus dem Seitengang herbei und fiel den Banditen in die Flanke. Die Schurken saßen in der Falle und sie verließ augenblicklich der Kampfesmut. Einige flüchteten sich tiefer in den Tempel, während andere in ihrer Verzweiflung ihre Waffen zu Boden warfen und sich widerstandslos ergaben. Loronk erkannte sofort, dass sich das Blatt zu seinen Ungunsten gewendet hatte. Seine einzige Chance war, sich zur Spitze des Tempels durchzuschlagen und sich an Brynnes Seite zu retten. Gegen den Sturmmagier konnte auch die geballte Kampfkraft der in Eydar stationierten Truppen nichts ausrichten. Also ging Loronk den Weg des geringsten Widerstands. Zwischen ihm und der Treppe zur Tempelspitze standen nur Gancielle und Geyra. Mit aller Wucht schlug Loronk nach der Kommandantin von Khaanor, die den Arm mit der lädierten Schulter in Schonhaltung vor ihren Körper hielt. Er überrumpelte sie und traf sie unterhalb der Brust. Die Dornen der Kriegskeule sprengten ihren Plattenpanzer und Geyra schnappte nach Luft, taumelte schmerzverzerrt zurück und sank schließlich röchelnd auf die Knie. Loronk wirbelte herum, um sich auf Gancielle zu stürzen. Dieser fing seinen Hieb mit dem Schwert ab, doch der Ork drosch mit solcher Gewalt auf ihn ein, dass Gancielle schon beim ersten Schlag in die Knie ging. Bei Loronks zweitem Hieb hielt er schützend seinen Arm vor den Kopf. Der Brigadegeneral traf ihn mit vernichtender Kraft und unter dem ekelerregenden Knacken von Knochen knickte sein Unterarm in unnatürlichem Winkel von seinem Ellenbogen ab. Gancielle brüllte vor Schmerz, doch sein Schrei blieb ihm im Hals stecken, als Loronk ihn mit einem kräftigen Tritt zu Boden. Halb wahnsinnig vor Pein wollte sich Gancielle auf allen Vieren aus der Reichweite des Orks retten, doch Loronk setzte seinen Fuß auf seinen gebrochenen Arm und verlagerte sein Körpergewicht darauf. Glühende Schmerzen schossen durch Gancielles Körper. Ihm wurde übel und das Bild vor seinen Augen drohte zu verschwimmen. Er sah noch, wie Ratford seine verzweifelte Lage erfasste und ihm zu Hilfe kommen wollte, doch Loronk stieß dem anstürmenden Axtkämpfer die Faust vor die Brust. Ratford verlor das Gleichgewicht und stürzte, sich mehrmals überschlagend, die Treppe hinab. Da nutzte Geyra den kurzen Moment der Ablenkung, rappelte sich röchelnd auf und schwang unkontrolliert ihren Kriegshammer. Die Wucht ihres Angriffs riss sie fast selbst von den Beinen, aber sie traf Loronk am Unterkiefer. Der Ork gab ein überraschtes Grunzen von sich, taumelte zur Seite und prallte gegen die Wand. Noch ehe er sich von seiner Benommenheit erholen konnte, kam Gancielle ächzend auf die Beine und stieß Loronk sein Schwert in die Seite. Der Brigadegeneral gab einen erstickten Laut von sich und die Kriegskeule glitt ihm aus den fleischigen Fingern. Er streckte die Arme aus, als wollte er Gancielle mit seinen letzten Atemzügen die Hände um den Hals legen und ihn ersticken, doch schließlich erschlaffte sein Körper und er glitt an der Wand zu Boden. Gancielle sackte sofort wieder in die Knie, ließ das Schwert los, das noch immer in Loronks Flanke steckte, und stützte sich mit seinem gesunden Arm ab. „Das…tat gut“, krächzte er, während er mit schmerzumschleiertem Blick dem Ork ins Gesicht sah, der ihn noch im Tod unverwandt anstarrte. „Viel besser, als ein Schlag ins Gesicht.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)