I Feel You von tobiiieee (Genesis' Villain Origin Story) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- "...When you've beaten it into my head ..." EXTENDED! „Und siehst du, hier in Akt II wird die Liebe der Göttin erstmalig als ihr Geschenk angedeutet, das ist eine wirklich wichtige Stelle, sie sollte nicht unterschätzt werden, denn das tun viele, du glaubst es gar nicht, die gängigen Kommentare – ich hab einen hier, wenn du kurz – hörst du mir zu?“ Sephiroth bemerkte nur wenige Augenblicke zu spät, dass er angesprochen worden war. „Ja, doch, natürlich“, sagte er wenig überzeugend. Genesis blitzte ihn daraufhin derartig an, dass er sich schutzsuchend vom Bett erhob, auf dem sie bis eben LOVELESS erörtert hatten, und rückwärts langsam zur Tür herauszugehen begann, während er vorschlug: „Können wir’s für heute nicht einfach dabei belassen?“ Er hatte das Falsche gesagt. Genesis richtete sich in seinem Schneidersitz auf dem Bett kerzengerade auf, klappte das Buch zu und nach seiner Miene zu schließen, die er aufsetzte, als er tief Luft holte, war er gerade dabei, genügend Kraft für eine längere Moralpredigt zu sammeln. Jedenfalls witterte Sephiroth Gefahr, also startete er einen neuen Versuch: „Sieh mal, wir haben doch jetzt detailliert den Prolog und Akt I besprochen –“ Genesis neigte interessiert den Kopf; Sephiroth wich vorsichtshalber trotzdem weiter zurück. „Wir können doch später weitermachen, oder?“ Auch Genesis stand nun vom Bett auf und ging Sephiroth nach; der war mittlerweile rücklings am Tisch vor der Küchenzeile angestoßen. Mit angehaltenem Atem erwartete er sein Urteil für das Verbrechen, die LOVELESS-Lektüre unterbrochen zu haben. Genesis liebte das Stück, er war vernarrt in seine ledergebundene Ausgabe. Sicherlich hatte er alle verfügbaren Kommentare in verschiedenen Sprachen aus verschiedenen Jahrhunderten gewälzt. Dass Sephiroth nun schon nach dem ersten Akt schlappmachte, musste ihn unheimlich enttäuschen. Tatsächlich legte Genesis den Band mit einem resignierten Seufzer auf dem Tisch ab. „Wenigstens bemühst du dich“, sagte er leise, ohne ihn anzuschauen. „Das hab ich schon ganz anders erlebt.“ „Da bin ich aber froh, siehst du, morgen ist auch noch ein Tag.“ Er registrierte, was Genesis gesagt hatte. „Wen meinst du jetzt speziell?“ Genesis zögerte kurz. Er sah ihm immer noch nicht in die Augen. „Meinen Ex. Furchtbar unbelesener Kerl.“ Sephiroth wusste darauf nichts zu sagen. Zunächst mal konnte er sich überhaupt nicht vorstellen, dass Genesis sich mit so jemandem abgab. Und dann war da noch die Traurigkeit in Genesis‘ Augen, als der nun doch zu ihm aufschaute. „Es ist nicht schön, wenn Beziehungen zerbrechen, weißt du.“ "Uff." Sephiroth ließ sich auf einen der Stühle am Tisch fallen. Ein furchtbarer Ex, ja? Ob er deswegen immer so abweisend ist ...? Kapitel 1: Und schon wieder ... ------------------------------- Und schon wieder spürte Genesis Prakashs Finger in sich. Trotzdem keuchte er immer noch überrascht auf. Prakashs Finger entlockten ihm wohlige Geräusche; so schnell, wie er wieder hart wurde, konnte er überhaupt nicht hinschauen. Er begann zu stöhnen, als Prakash einen weiteren Finger einführte und immer wieder genau diesen Punkt traf. Im nächsten Moment aber fehlte etwas in ihm, als er sah, wie Prakash an ihm vorbei zum mittlerweile gut geleerten Gleitgel und den Kondomen auf dem Nachttisch griff. Er wurde auf den Bauch gedrückt. Und schon wieder war er in ihm. Genesis spürte, wie Prakash unablässig in ihn stieß, wobei er von Anfang an ein hohes Tempo anschlug. Genesis hatte den Überblick verloren, wie oft sie sich in dieser Nacht schon auf diese oder andere Weise vereinigt hatten; auf dem Rücken oder auf dem Bauch liegend; unter Prakashs Schwere begraben oder auf ihm hockend. Die schiere Menge ihrer Liebe brachte ihn um den Verstand. Und schon wieder kam Genesis. Mehrmals. Er liebte es von hinten, auch wenn er es niemals laut zugeben würde – seine körperlichen Reaktionen waren ja auch so Zeichen genug. Prakash stieß noch einige Male in ihn, ehe auch er kam. Er verblieb eine Weile ruhig in Genesis, bevor er sich mit einem Kuss auf dessen Schulter aus ihm herauszog. Genesis fühlte sich leicht und leer ohne Prakashs Gewicht auf sich und ohne ihn in sich. Prakash schälte sich noch aus dem Kondom und legte sich dann wieder zu Genesis, immer noch etwas außer Atem. Kapitel 2: Der Morgen danach ---------------------------- „Hey“, sagte Genesis müde zu Angeal, als sie sich am nächsten Morgen am Aufzug ihrer Etage trafen. „Kurze Nacht gehabt?“, fragte Angeal mit einem wissenden Grinsen. Genesis wich Angeals Blick aus. „Das kommt auf die Auslegung an.“ „Bist du heiser?“ Genesis bewegte das Halsbonbon in seinem Mund. „Kann sein.“ Es entstand eine kurze Stille, während sie weiter auf den Aufzug warteten. Dann setzte Angeal erneut an: „Ich dachte, ihr werdet vielleicht irgendwann mal fertig.“ „Oh.“ Genesis war wie erstarrt. Er meinte zu spüren, wie er rot wurde, als er zu verstehen begann, was Angeal meinte. Er hatte sie gehört – die ganze Nacht? Immerhin hatten sie früh angefangen und spät aufgehört. Wenn er nur daran dachte ... Aber Angeal schaute ihn weiter an und schien auf eine Antwort zu warten. Sein Blick wanderte hier und dort hin, als er überlegte, was er sagen könnte. „Ähm ... Ja, dachte ich auch.“ Angeal sah ihn zuerst ungläubig an; dann brachen sie beide in lautes Lachen aus. Kapitel 3: "Zero attention span, restless as a little puppy." ------------------------------------------------------------- Genesis, den Rücken zur Tür gewandt, bemerkte Prakash erst, als der sich von hinten näherte und seine Arme um Genesis‘ Körpermitte legte. Er wandte den Kopf zur Seite und sah Prakashs überraschten Blick. „Harter Bauch“, sagte der bewundernd. „Was hast du auch erwartet?“, erwiderte Genesis und brachte die Kaffeemaschine zum Laufen und schaltete den Wasserkocher ein. Prakash drückte sich von hinten fest an ihn. „Weicher Hintern“, raunte er ihm ins Ohr. Genesis schluckte schwer und klammerte sich an den Rand der Küchentheke, als Prakash ihn am Becken packte und sich leicht an ihm rieb. In einem verzweifelten Versuch, sich zu beherrschen, biss er die Zähne aufeinander, bis sich seine Kiefermuskulatur verkrampfte. „Bitte, Prakash“, presste er atemlos hervor, „hier kann jeder reinkommen*.“ Als er trotzdem nicht hören wollte, stieß Genesis ihn unsanft mit dem Ellbogen weg, wobei er sich weiterhin abwandte. „Au“, beschwerte sich Prakash. Ohne sich umzudrehen, meinte Genesis: „Du weißt ja, wer nicht hören will ...“ „Bist du etwa heiser?“, fragte Prakash ihn mit einem schadenfrohen Ton in der Stimme. Genesis warf ihm einen vernichtenden Blick über die Schulter zu. Prakash fasste ihn an die Seiten und bedeutete ihm, sich umzudrehen. Genesis folgte und schlang seine Arme um Prakashs Hals. Sie sahen sich noch kurz an, bevor sie sich sanft zu küssen begannen. Genesis schloss genießerisch die Augen und ließ Prakash einfach machen; er spürte die Bisse in seine Unterlippe und an seinem Hals; spürte Prakashs Hände an seinem Becken, die ihn an sich zogen. Ihm rauschte das Blut; aber es rauschte in die falsche Richtung. Er drückte mit einer Hand gegen Prakashs Brust, um ihm zu sagen, dass er aufhören sollte. Sie sahen sich wieder an. Langsam, um den Blick so lange wie möglich aufrechtzuerhalten, legte Genesis seinen Kopf an Prakashs Schulter und schloss die Augen. Er spürte Prakashs Lippen an seiner Wange. Ihr Atem war alles, was er für eine Weile hörte. Dann betrat Angeal den Pausenraum. „Ihr seid ja zum Anbeißen“, sagte er unüberhörbar genervt. Er setzte sich auf eines der beiden Sofas, die den Großteil des Pausenbereichs neben einer Küchenzeile ausmachten, und schlug die interne Mitteilung auf, die irgendjemand auf dem Tisch zwischen den Sofas drapiert hatte. Genesis beobachtete ihn kurz über Prakashs Schulter hinweg, dann ließ er ihn los und machte sich wieder an den Kaffee für Angeal und sich und den Tee für Prakash. Als Genesis Prakash die Tasse mit dem Beuteltee in die Hand drückte, schaute der etwas enttäuscht drein. Genesis kannte seinen Freund nun gut genug, um zu wissen, was ihn störte. „Die Samoware waren leider gerade aus. Jetzt setz dich und trink deinen Tee.“ Prakash setzte sich murrend auf das Sofa gegenüber von Angeal, der noch immer die Notiz studierte. Genesis goss den Filterkaffee in zwei Tassen und stellte eine vor Angeal, mit der anderen setzte er sich neben Prakash. Angeal warf die Broschüre zurück auf den Tisch. „Was denken die sich eigentlich?“, fragte er erzürnt und nahm einen Schluck Kaffee. „Dass sie das Geld dafür haben?“, schlug Genesis vor. Der Blick, den Angeal ihm darauf zuwarf, hätte töten können. Genesis wusste aber, dass er recht hatte – und Angeal wusste es genauso. „Hey, werd ich jetzt ignoriert?“, fragte Prakash dazwischen. Genesis schaute ihn verwundert an. „Na ja, ihr könnt doch nicht einfach Themen anfangen, bei denen ich nicht mitreden kann.“ „Doch, find ich schon“, sagte Genesis, und mit einem Seitenblick erkannte er, dass Angeal ebenso dachte. Prakash beugte sich zu ihm. „Nein“, sagte er beschwörend. Genesis verstand den Wink. Er überbrückte den Rest und gab Prakash einen kurzen Kuss. Er nahm einen Schluck aus der Kaffeetasse und schaute noch einmal zu Prakash. Dessen Anblick brachte ihn zum Lachen. „Du bist wie so ein junger Hund, Aufmerksamkeit um jeden Preis.“ Kapitel 4: Und schon wieder ... (reprise) ----------------------------------------- Später, als Angeal gegangen war, fand sich Genesis zum wiederholten Male in Prakashs Umarmung wieder. Wie war er hier nur schon wieder hineingeraten? Prakash drückte ihn mit dem Rücken gegen die Wand und leckte über die Stellen an seinem Hals, in die er zuvor schon hineingebissen hatte. Genesis krallte sich in Prakashs Schulter fest und hatte die Augen halb geschlossen. Er spürte seinen Puls weit unter seinem Herzen, wo sein Körper und der von Prakash ineinander überzugehen schienen. Sein Atem beschleunigte sich; Gott, er wusste genau, was er mit Prakash anstellen wollte, wusste, wo er mit ihm hin wollte... Auf einmal hatte es aufgehört. Genesis blinzelte. Er sah Prakashs Gesicht vor seinem. Prakashs Stirn berührte seine. Genesis seufzte und schloss erneut die Augen. Er wartete, aber nichts passierte. Er schlug die Augen wieder auf und legte fragend den Kopf schräg. Prakash trat einen Schritt zurück. „Kein Kuss?“, fragte Genesis mit leichtem Jammer in der Stimme. „Ich küss dich doch nicht, wenn du Kaffee getrunken hast.“ Genesis stand der Mund offen. „Bitte?“ „Na ja“, sagte Prakash, nun schon wieder diesen verruchten Blick im Gesicht, „du küsst mich ja auch nicht mehr, wenn ich ...“ „Prakash“, sagte Genesis drohend. „Du weißt schon ... etwas Bestimmtes geschluckt habe.“ Er grinste verschmitzt. Genesis verdrehte die Augen. Dann legte er seufzend die Hände an Prakashs Seiten und zog ihn an sich. Er setzte einen leichten Kuss auf dessen Hals und legte seinen Kopf auf Prakash Schulter. Genesis spürte nichts als Prakashs Atem in seinem Nacken und ihre Körper sanft aneinandergedrückt. Er schloss die Augen und nahm nur noch Prakashs angenehmen Geruch wahr. In seinem Kopf entstand eine warme Dunkelheit, in der nur sie beide existierten und in der nur Platz für einen Gedanken war: „Ich liebe dich.“ Kapitel 5: Birdie ----------------- Es roch köstlich, als Genesis Prakashs Wohnung betrat; er steuerte auf direktem Weg die Küche an. „Bitte sag mir, dass du für mich kochst, ich verhungere“, sagte er ohne Umschweife zur Begrüßung. Prakash, der in seiner kleinen Küche am Herd stand, drehte sich nur halb, aber lachend um. „Hast du jemals keinen Hunger?“ Genesis schüttelte lächelnd den Kopf und trat zu Prakash an den Herd. Er sah Reis, Auberginen, Fleisch und Tomatensauce. Er versuchte Prakash mit einem Seitenblick stumm zu vermitteln, wie sehr er ihn anhimmelte. Der gab ein ebenso stummes Lächeln zur Antwort. Er nickte in Richtung des Tisches, der in der Ecke des Raumes stand. „Du kannst dich ja schon mal setzen.“ Zwei Teller Mittagessen später seufzte Genesis wohlig und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Prakash setzte ihnen Tassen mit dampfendem Pfefferminztee vor. In seinem satten Zustand war Genesis nicht sonderlich nach Reden. „Was machen wir mit dem Wochenende?“, fragte er stattdessen. Prakash setzte seine Tasse auf dem Tisch ab. „Heute kann ich mich ganz dir widmen“, sagte er mit einem beschwörenden Blick. „Von Samstag auf Sonntag muss ich arbeiten, dann möchte ich mich richtig ausschlafen – dann kann ich zu dir kommen, von Sonntag auf Montag übernachten.“ Genesis nickte. Er hatte eindeutig zu viel gegessen; ihm fielen fast die Augen zu. Während Prakash das Geschirr spülte, döste Genesis in seinem Stuhl etwas vor sich hin. Er öffnete gerade wieder die Augen, als Prakash sich nach erledigter Arbeit zu ihm setzte. „Und du so?“, fragte der ihn. „Hm?“, machte Genesis. „Deine Pläne fürs Wochenende.“ „Ach so.“ Genesis wurde langsam wieder wach; er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. „Es gibt da morgen so eine Ausstellungseröffnung, zu der ich gehen wollte. – Was?“ Prakash schaute ihn vorwurfsvoll an. „Ist das dein Ernst?“ „Was?“ „Du willst lieber ins Museum gehen, anstatt den Tag hier bei mir zu verbringen?“ „Was, das hab ich doch überhaupt nicht –“ „Oder dachtest du, ich komm mit? Du weißt, dass das nicht mein Ding ist.“ Genesis war hilflos. „Ich weiß nicht, was ich genau dachte.“ Er suchte nach den richtigen Worten, fand aber keine. „Was machst du überhaupt für einen Alarm?“ „Ach, es ist einfach so typisch für dich, immer drauf rumzureiten, wie klug du doch bist.“ Genesis, fassungslos, stand der Mund offen. Prakash konnte das nicht ernst meinen. Er wandte den Blick ab. „Ich will jetzt aber auch nicht streiten.“ „Fein“, sagte Prakash kurz angebunden. Eine Weile saßen sie sich schweigend gegenüber. Genesis konnte es nicht ertragen, wie sie demonstrativ in unterschiedliche Richtungen guckten. Er griff über den Tisch und berührte Prakash sanft am Arm. Der schaute zuerst auf seine Hand und lächelte ihn dann versöhnlich und liebevoll an. Gemeinsam begaben sie sich ins Wohnzimmer nebenan und ließen sich aneinander geschmiegt auf dem dortigen Sofa nieder. Genesis spürte, wie Prakash sanfte Küsse an seinem Hals verteilte, aber er konnte sich nicht darauf konzentrieren – denn er konnte ihren wenn auch kurzen Streit von eben noch nicht ganz vergessen. Nachdenklich lag er in Prakashs Armen und sah in eine unbestimmte Ferne. Prakash musste etwas gemerkt haben, denn er legte seinen Kopf auf Genesis‘ Schulter, sah ihn von der Seite an und fragte: „Bist du böse?“ „Nein“, antwortete Genesis wahrheitsgemäß – er war eher geschockt. „Du?“ „Dir doch nicht“, sagte Prakash geschmeidig. Genesis wandte sich in Prakashs Umarmung um. Als er in dessen Augen sah, konnte er nicht anders als zu strahlen; er war so erleichtert. Er ließ sich von Prakash auf die Wange küssen und fühlte sich augenblicklich wohler. So konnte er sich zurücklehnen und noch etwas dösen. Prakash war ihm nicht böse ... Das war doch etwas ... Prakash war ihm wichtig ... Niemand sonst ... Er fuhr sich übers Gesicht und positionierte sich etwas gemütlicher ... Prakash ... Ein lautes Geräusch riss ihn aus seinem Schlummer. Plötzlich war sein Kissen weg. Kissen? Er wandte sich um. Prakash war aufgestanden und zur Tür gegangen. Genesis streckte sich im Sitzen etwas und schaute sich um. Am Fußende lag noch sein Rucksack, den er dort abgelegt hatte. Er setzte sich auf und griff danach, um das Buch herauszuholen, das er mitgenommen hatte. Es war ein zauberhaftes Buch, er hatte es eben erst entdeckt, das sogar schon über eine Fortsetzung verfügte. Genesis öffnete das Buch etwa in der Mitte und auf der Stelle vertiefte er sich in die Szene, die in einem Zug weit in Richtung Norden spielte ... Ach, solche Bösewichte kannte er auch nur zu gut ... Ha, die Ratte kam zur Rettung, wie niedlich ... Er wusste gar nicht, warum dieses Mädchen so schlecht wegkam, sie war doch für ihr Alter nur schon sehr selbstbewusst – oder war das vielleicht bloß gespielt? Er blätterte gerade um, als Prakash wieder ins Zimmer kam. „Ernsthaft?“, erboste sich dieser erneut. „Ich bin eine Sekunde weg und du musst dich mit deinem Buch beschäftigen?“ „Was hast du denn schon wieder?“ „Manchmal frag ich mich, was du hier eigentlich machst, lesen kannst du doch auch überall sonst! Kannst du das nicht ein einziges Mal lassen?“ Er kam auf Genesis zu und machte Anstalten, ihm das Buch wegschnappen zu wollen. „Nein“, sagte der. Er hielt das Buch hinter seinen Rücken, außerhalb von Prakashs Reichweite. „Jetzt krieg dich doch mal ein, was ist los mit dir?“ „Nein, was ist los mit dir? Das ist doch nicht normal!“ Es entstand eine Pause, in der Genesis Prakash geschockt anstarrte. „Das ist nicht wahr“, erwiderte er verunsichert. „Wenn du meinst.“ Prakash verließ den Raum ohne einen weiteren Blick zurück. „Das ist nicht wahr“, wiederholte Genesis, leise, für sich. Den Rest des Tages hatte Genesis das Gefühl, dass Prakash in stiller Wut vor sich hin brodelte. Genesis wusste nicht, was er tun sollte. Das Buch hatte er vorsichtshalber wieder in seinem Rucksack verstaut, auch wenn es ihm ziemlich in den Fingern juckte, die Geschichte weiter zu verfolgen. Deshalb hatte er auch gleich den Rucksack außer Reichweite im Flur abgelegt. Weil Prakash ihm aber fehlte, schlich er sich vorsichtig in die Küche, wo er ihn werkeln hörte. Prakash wandte den Kopf zur Seite und schien ihn aus den Augenwinkeln zu bemerken, ignorierte ihn aber. Genesis versuchte sein Glück. „Was machst du denn da?“ „Ich würze das Fleisch für morgen.“ Auf so viel wäre Genesis auch gerade noch gekommen. Als mehr aus Prakash nicht herauszuholen war, stellte er sich neben ihn an die Theke. Er unternahm einen erneuten Versuch. „Das kannst du gut.“ „Ja, stimmt.“ Prakash sah ihn durchdringend an. „Und das hab ich ganz von selbst gelernt, ohne Bücher.“ Genesis schlug verletzt die Augen nieder. Um einen letzten Versuch zu starten, wappnete er sich, indem er tief durchatmete. Er sah Prakash hoffnungsvoll an. „Und das Abendessen heute?“ „Du hast auch immer nur Hunger, oder?“, versetzte dieser gnadenlos. „Im Leben tust du ungefähr drei Dinge, essen, schlafen und lesen – nicht unbedingt in der Reihenfolge.“ Genesis schaute Prakash nicht mehr an. Er spürte, wie ein Muskel auf seiner Stirn zuckte; seine Augen wurden feucht. Warum nur musste Prakash so sein? Er ließ einige Augenblicke verstreichen, in denen sich sein Gesicht vor Schmerz verzog, ohne dass er etwas dagegen tun konnte. Er versuchte, seine Stimme davon abzuhalten, zu brechen, als er sagte: „Wenn du nicht willst, dass ich hier bleibe, dann sag das.“ Allerdings war auch dieser Versuch nicht vom größten Erfolg gekrönt. Prakash wandte sich um. „Och, Schatz.“ Er wischte sich die Hände ab und nahm Genesis liebevoll in den Arm. Der schlang die Arme um Prakashs Hals und drückte das Gesicht an seine Schulter. „Es ist doch alles gut.“ „Ich liebe dich so“, sprudelte es aus Genesis heraus, „ich kann es nicht ertragen, wenn du mir böse bist.“ „Bin ich nicht.“ „Ich will nicht streiten.“ „Ich auch nicht.“ Prakash fasste ihn an den Oberarmen und drückte ihn mit sanfter Gewalt von sich. Sie sahen sich lange an, ehe Prakash wieder das Wort ergriff. „Aber ohne Streit auch kein Versöhnungssex, das musst du zugeben.“ Genesis sah ihn ungläubig an, dann brachen sie beide in Lachen aus. „Du bist unglaublich“, sagte er, „das ist so eine Gefühlsachterbahn mit dir.“ Prakash lächelte ihn verschmitzt an. „Ich hab kein Nein gehört, oder?“ „Scheinbar nicht, nein“, räumte Genesis vergnügt ein. Prakash kam ihm jetzt ganz nahe und sah ihm wieder auf diese beschwörende Art in die Augen wie eine Schlange. „Dann lass uns doch den Raum wechseln.“ Kapitel 6: Get Out ------------------ Je länger Genesis mit Prakash zusammen war, desto mehr bekam er das Gefühl, dass sein Freund nicht viel Schlaf brauchte. Es mochte mit seinem Job als Barkeeper zusammenhängen – oder vielleicht hatte er den Job, weil er wenig Schlaf brauchte – jedenfalls saß Genesis mittlerweile vor seiner zweiten Tasse starken schwarzen Tees, während Prakash trotz der kurzen Nacht fröhlich summend ihr Frühstücksgeschirr spülte. Genesis war noch nicht in der Lage, zusammenhängende Gedanken zu entwickeln; so dachte er einerseits daran, dass er sich einen ordentlichen Kaffee wünschte, andererseits daran, dass sie sich durch Prakashs Barkeeperjob überhaupt erst kennengelernt hatten. Das eine hatte mit dem andern aber herzlich wenig zu tun. Genesis brummte undefinierbar vor Müdigkeit und leerte die Tasse zügig, woraufhin er das Gesicht verzog. „Der war sehr dunkel.“ „Ich dachte, das könntest du gebrauchen.“ Als Genesis sich erhob, um Prakash die Tasse zum Spülen zu reichen, merkte er, dass sein Geist langsam erwachte. Er unterdrückte ein letztes Gähnen und schaute Prakash zufrieden lächelnd beim Arbeiten zu. „Wieso stehst du so früh auf, wenn deine Schicht noch bis vier Uhr morgens geht?“, fragte er Prakash schließlich. Der antwortete mit einem Schulterzucken. „Ich kann ja zwischendurch ein bisschen schlafen oder in der Pause was Süßes essen oder einen starken Tee trinken, ich halt mich schon irgendwie wach. Ich bin ja auch jung.“ Er lächelte fröhlich, bevor er sich die Hände abtrocknete und Genesis mit einer Hand auf seinem Rücken an sich zog. „Und du bist nun mal tagsüber wach.“ Genesis bekam ein schlechtes Gewissen, als Prakash ihn daraufhin zärtlich küsste. Er erwiderte den Kuss nur halbherzig und zog sich schon nach wenigen Sekunden wieder zurück. Prakash sah ihn fragend an. „Du bist extra meinetwegen so früh wach ...“, begann er. „Ja, klar“, sagte Prakash unbekümmert, „und?“ „Und ...“ Prakash ließ ihn plötzlich wieder los. „Und du willst immer noch in dieses verdammte Museum gehen!“ „Prakash ...“, sagte Genesis mit einem bittenden Ton, „es ist die Eröffnung.“ „Ja, und?! Du kannst doch auch irgendwann später gehen!“ „Du verstehst nicht – die Eröffnung ist etwas Besonderes.“ „Ach, jetzt bin ich es wieder. Nicht intelligent genug für Mr. Superbrain?“ „Das hab ich doch überhaupt nicht gesagt!“ Genesis seufzte. „Hör mal, du hattest gestern schon ganz recht, warum kommst du nicht einfach mit?“ „Und was soll ich da bitte?“ „Wir machen uns schon irgendwie eine schöne Zeit.“ Prakash wirkte nicht überzeugt. Er wechselte die Spur: „Du kannst nicht oft hier sein.“ „Ich weiß ...“ „Und trotzdem willst du woanders hingehen?“ Genesis seufzte schuldbewusst. „Wo wir uns wieder verstellen müssen, damit niemand was merkt?“ „Es wären vielleicht drei Stunden. Und du kannst jederzeit zu mir kommen, da sind wir geschützt und unter uns.“ „Weißt du, ich will auch mal zu Hause sein!“ Genesis war am Ende seiner Kräfte. „Worüber reden wir hier eigentlich?“ Es war mehr eine rhetorische Frage. „Darüber, dass du die kurze Zeit, die du alle paar Wochen hier sein kannst, für irgendwelche völlig nutzlosen Dinge verschwenden möchtest.“ „Schön!“ Genesis reichte es. Er hatte nicht vorgehabt, sein Wochenende im Streit zu verbringen. „Ich weiß nicht, was seit gestern mit dir los ist, aber mich brauchst du ja scheinbar nicht.“ Und er verließ die Küche, schnappte seinen Rucksack und stapfte aus der Wohnung, die Treppen vom dem achten Stock aus herunter und zur Haustür heraus in einen stürmischen Herbsttag. Schon an der nächsten Straßenkreuzung tat ihm leid, was er gesagt hatte und dass er gegangen war. Nachdem er die Straße überquert hatte, hielt er kurz inne und überlegte, was er jetzt tun sollte. Sicher, er hatte bis zuletzt ernsthaft vorgehabt, sich diese Eröffnung anzusehen, aber jetzt war er viel zu geladen, um sie noch genießen zu können. Und trotzdem ihn langsam Schuldgefühle beschlichen, war er auch zu geladen, um zu Prakash zurückzukehren und sich zu entschuldigen. Wenn er so sauer war, war es vermutlich eine gute Idee, wenn er sich ins Hauptquartier begäbe, um alles mit Angeal zu besprechen – aber auch der hatte dieses Wochenende Besuch. Damenbesuch. Mit der Aussicht, später vielleicht noch ein Gespräch mit Angeal zu führen, machte sich Genesis, nun etwas weniger sauer als zuvor, doch auf den Weg zum Museum. Von Prakashs Wohnung aus war es fast ein Weg durch die halbe Stadt. Prakash ... pah ... Genesis grummelte vor sich hin, während er auf einen Zug in Richtung Stadtzentrum wartete. Mit jedem Meter aber, den der Zug zurücklegte, und mit jedem bösen Wort, das Genesis leise vor sich hin brummte, wurde er weniger zornig. Langsam begann er Prakash zu verzeihen. Sie hatten ja im Grunde nur aneinander vorbei geredet. Alles war ein großes Missverständnis. Sie liebten einander doch. Gut, Prakash war eifersüchtig geworden – auf Genesis‘ Wochenendpläne – war das nicht eigentlich bloß ein besonders niedlicher Ausdruck seiner Liebe? An der Endstation stieg Genesis aus dem Zug aus. Von hier aus fuhr ein Bus bis in Laufnähe des Museums, in dem die Ausstellung eröffnet wurde, aber Genesis zögerte. Wenn er sich entscheiden musste, ob er allein in die Ausstellung ging oder den Rest des Tages mit Prakash verbrachte – dessen gewürztes Grillfleisch wirklich nicht zu verachten war –, dann zog ihn sein Herz eindeutig wieder zurück zu Prakash. Es stimmte, die Ausstellung konnte er sich auch später noch ansehen, und wen kümmerte es, wenn er die Eröffnung verpasste – irgendwann würde es schon wieder eine Eröffnung geben, zu der er gehen konnte, vielleicht sogar mit Prakash. Genesis sah auf die Bahnhofsuhr. Seit er wütend, aber etwas unentschlossen Prakashs Wohnung verlassen hatte, war mittlerweile fast eine Stunde vergangen. Sicherlich hatte auch Prakash sich in der Zwischenzeit beruhigt. Genesis nickte, mehr für sich selbst als für irgendwen sonst, wechselte den Bahnsteig und machte sich doch auf den Weg zurück. Wieder am Ausgangspunkt angelangt, konnte Genesis gerade so die Haustür noch aufhalten, bevor sie ins Schloss fiel, weil scheinbar kurz zuvor jemand hindurchgegangen war. Dafür schlossen sich aber auch die Aufzugtüren exakt in dem Moment, in dem er das Wohnhaus betreten hatte. Genesis seufzte. Zwar war Laufen schon immer seine stärkste Disziplin gewesen, aber die Treppen in den achten Stock hochzugehen ... Er seufzte erneut. Es war schneller zu laufen, als auf die Rückkehr des Aufzugs zu warten und ihn wieder hochzujagen. Etwas lustlos machte sich Genesis an den Aufstieg. Irgendwo zwischen dem fünften und sechsten Stock meinte er fast, von weiter oben Prakashs Stimme zu hören. Er hielt inne. Doch, keine Frage. Die Person, die vor ihm im Aufzug nach oben gefahren war, schien sich mit Prakash zu unterhalten. Genesis versuchte, sich nichts weiter dabei zu denken. Prakash konnte sich mit andern Leuten unterhalten, kein Problem. Nur dass er nichts von Besuch gesagt hatte ... Kurz bevor Genesis im achten Stock angekommen war, schlug eine Wohnungstür zu, dann war Stille. Auf dem Treppenflur sah Genesis allerdings niemanden mehr. Er zögerte. Irgendetwas stimmte hier so gar nicht und er war sich nicht sicher, ob er es herausfinden wollte. Wie in Trance ging er langsam Schritt für Schritt auf Prakashs Wohnungstür zu. Er drehte den Knauf. Die Tür öffnete sich wie immer. Genesis tat sachte einen Schritt in die Wohnung. Auf der linken Seite des Flurs stand die Tür zum Schlafzimmer offen. Im Türrahmen sah er Prakash. Und Genesis blieb das Herz stehen. Prakash, den Oberkörper schon entblößt, war gerade dabei, einen anderen Mann zu küssen. Es gab keinen Zweifel. Dort stand er, die Arme um einen anderen Körper geschlungen. Lippen hungrig aneinander knabbernd. Und das Gesicht im Profil vom nach vorne gefallenen Haar verdeckt. Genesis ließ die Wohnungstür ins Schloss fallen. Prakash, immer noch beschäftigt, wandte sich halb zur Seite, fuhr dann aber schockiert zurück, als er erkannte, wen er vor sich hatte. Er fluchte, schien aber ansonsten keine Worte zu finden. Auch Genesis wusste eigentlich nichts zu sagen. Er begann am ganzen Körper zu zittern. „Du solltest dir angewöhnen, die Tür abzuschließen“, hörte er sich selbst wie aus weiter Entfernung mit schwacher Stimme sagen, „wenn du ... so was machst ...“ „Genesis.“ Prakash hatte seine Stimme wiedergefunden. Hinter ihm erschien ein hübscher junger Mann im Flur, blond und groß. „Ich kann dir das alles erklären.“ „Ok“, erwiderte Genesis mit nachwievor matter Stimme, „schieß los.“ Diese Antwort hatte Prakash offenbar nicht erwartet. Sprachlos starrte er Genesis nur an, unfähig etwas zu sagen oder zu tun. Der andere schaute zwischen ihnen hin und her und schien sich selbst auf die Situation den richtigen Reim zu machen. Als das Gefühl wieder in seine Beine zurückkehrte, wandte Genesis sich zum Gehen. „Ich bin durch mit dir.“ Und er öffnete die Tür, um hindurchzutreten, doch noch bevor er sie wieder schließen konnte, folgte ihm jemand. Schon drauf und dran, Prakash, der ihn vielleicht überzeugen wollte, doch zu bleiben, anzuherrschen, wirbelte Genesis herum, doch es war nicht Prakash, sondern dieser verdammte andere Kerl. „Hör mal“, begann dieser, als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, „ich wusste hiervon nichts.“ „Ist ok“, erwiderte Genesis steif. „Ist ja nicht deine Schuld, dass ich ...“ Aber er konnte den Satz nicht vervollständigen. „Ihr wart also richtig zusammen?“, erkundigte sich der andere. „Zumindest dachte ich das ...“ Der andere zögerte kurz, bevor er weiterbohrte. „Und wie lange lief das mit euch?“ „Seit April.“ Genesis‘ Augen füllten sich mit Tränen. „Oh, wow.“ Er fuhr sich ungläubig durchs Haar. „Ich war heute auch nicht zum ersten Mal da, weißt du.“ „Klar, erzähl’s mir auch noch.“ „Nein, ich meine nur – sorry.“ Genesis sah ihn an. „Es tut mir wirklich leid. Wenn ich das gewusst hätte ... Er hat mich vorhin angerufen, ob ich spontan vorbeikommen kann.“ „Ist ok.“ Genesis glaubte nicht mehr ertragen zu können. Die Teile würden sich schon früh genug zusammensetzen. Im Moment wollte er sich nur darum kümmern, den großen Eisklotz zum Schmelzen zu bringen, der sich in seinem Innern gebildet hatte. Ohne ein weiteres Wort ließ er seinen blonden Nebenbuhler stehen und machte sich auf den Weg, die Treppen wieder nach unten zu laufen. Er wollte nichts als raus, raus aus diesem Treppenhaus, raus aus dieser Situation, raus aus diesem Albtraum. Raus aus diesem Schmerz. Raus aus der Erinnerung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)