Nimm mein Herz und führe mich von DieLadi ================================================================================ Kapitel 37: In herbstlichen Stürmen: Sorge und Entscheidung ----------------------------------------------------------- Jakos Handy klingelte. Marti. „Jako? Du, ich möchte was mit dir besprechen.“ „Okay, schieß los.“ „Nein, nicht so. Lieber persönlich. Können wir uns nach der Arbeit treffen? Am Sonntag wurde doch der Weihnachtsmarkt bei uns um die Ecke eröffnet. An dem Platz, wo wir im Frühjahr die Erdbeeren gekauft haben. Da am Glühweinstand. Ja?“ „Gut, Marti, aber...“ Er hatte schon aufgelegt. Jako begann sofort, sich Sorgen zu machen. Marti hatte komisch geklungen. Ernst. Gehetzt. Oder so. Was war los? Jako war sich klar darüber, dass er sich viel zu viel Sorgen machte. Seit der Angst um Marti, als er befürchten musste, dass dieser Krebs hätte, sorgte er sich dauernd, und Marti nicht so extrem zu bemuttern, war ihm nicht leicht gefallen. Aber um so etwas konnte es nicht gehen... nein, Marti hatte nicht ängstlich geklungen. Gut. Also was dann? Eine kalte Hand griff nach seinem Herzen. Ging es etwa um ihre Beziehung? Hatte Marti genug von ihm? Hatte er jemanden anderen kennengelernt... oder einfach festgestellt, dass die Beziehung mit Jako ihm doch nicht das gab, was er sich ersehnte... Nein, sagte er sich. Das hätte er ihm angemerkt. Marti hatte sich heute Morgen so liebevoll wie immer von ihm verabschiedet. Und Marti war der ehrlichste Mensch, den er kannte... Er trug sein Herz auf der Zunge und war so offen und aufrichtig, dass es nicht viele Menschen gab, die ihm da gleichkamen. Reiß dich zusammen, Jako, sagte er zu sich selbst. Das wird alles halb so schlimm. Irgendwie schaffte er es, den Tag hinter sich zu bringen. Schließlich summte sein Handy, Nachricht von Marti: „In einer halben Stunde.“ Also zog er sich an und ging los. Es war der erste Dezembertag und das Wetter hatte über Nacht von herbstlich stürmisch auf winterlich gewechselt. Es war schneidend kalt. Als Jako aus dem Haus trat, fielen tatsächlich erste schüchterne Schneeflöckchen. In wenigen Minuten hatte er den kleinen, gemütlichen Weihnachtsmarkt erreicht. Es waren nur wenige Stände, aber mit einer schönen, stimmungsvollen Atmosphäre. Jako dachte zurück. Voriges Jahr hatten sie sich auch schon mal hier verabredet, zum Glühweintrinken. Sie waren umeinander herumgeschlichen wie zwei verliebte Kater, aber keiner hatte sich getraut, dem anderen zu sagen, was er empfand. Das hatten sie erst Wochen später geschafft, im kalten, nassen März. Und auch nur, weil ihre Freunde es nicht mehr mit ansehen konnten und kräftig gekuppelt hatten... Jako schmunzelte. Als er an den Glühweinstand kam, stand Marti schon dort. Er lächelte Jako an und gab ihm einen zärtlichen Begrüßungskuss. Marti war, ebenso wie Jako, warm angezogen, hatte sich in seinen Schal gekuschelt und eine warme Mütze tief über die Ohren gezogen. Nase und Wangen waren rot vor Kälte. Er sah echt niedlich aus. Er bestellte zwei Tassen Glühwein und drückte eine davon Jako in die Hand. Sie stellten sich an einen Stehtisch und wärmten sich die Hände an dem warmen Getränk. „Also Marti, was ist los?“, fragte Jako nun, der langsam ungeduldig wurde. Was immer es war, er wollte es wissen. „Tja also. Mein Sprecherprojekt ist besser vorangekommen als gedacht. Wir werden Ende der Woche schon fertig sein.“ Okay, das war es also? Marti machte sich Sorgen, weil er keinen anschließenden Job hatte? Aber Marti sprach weiter. „Ich hab nun ein Angebot für danach. Das würde zum 15. Dezember losgehen, also in genau zwei Wochen.“ Marti kaute auf der Unterlippe. „Marti, das ist doch Klasse! Was hast du denn?“ „Ach Jako, das wäre für ein Projekt beim Fernsehen. Die Moderation einer Kindersendung. Dafür habe ich mich beworben, als wir beide noch nicht zusammen waren. Es hat so lange gedauert, aber jetzt muss ich mich ganz kurzfristig entscheiden, ob ich das machen will. Bis übermorgen.“ Er schloss kurz die Augen. „Jako, das wäre für diesen Kinderkanal. Und ich müsste dafür... für drei bis vier Monate... nach Köln.“ So, jetzt war es also raus. Marti stand da mit gesenktem Kopf und schaute unglücklich drein. Jako lief ein Schauer über den Rücken. Drei bis vier Monate... getrennt von Marti. Fuck. „Jako, was mach ich denn jetzt? Ich muss die Entscheidung treffen, und zwar zügig. Ich will das so gerne machen, das wäre eine Riesenchance, und Spaß machen würde es auch, ich würde so viel dazu lernen... Aber ich will es andererseits auf gar keinen Fall, weil ich nicht ein paar Monate getrennt von dir sein will... Ach Mann.“ Er schmiegte sich an Jako. „Ich habe zu Anfang mal gesagt, dass ich dir gehorchen will, aber bei großen und wichtigen Sachen mir das Recht vorbehalte, selber zu entscheiden. Also da, wo es echt um viel geht.“ Jako nickte. „Ja, Marti, das ist ganz klar.“ Marti fuhr fort: „Das ist nun so eine wichtige Entscheidung. Und nun steh ich hier und denke: wenn ich könnte, würde ich diese Entscheidung gerne dir überlassen. Aber das kann ich nicht von dir verlangen.“ Er seufzte enttäuscht. Sie standen eine Weile schweigend da und tranken ihren Glühwein. Marti mit gesenktem Kopf, unglücklich, unentschlossen. Egal, wie er sich entschied, er würde mit der Entscheidung nicht zufrieden sein, so oder so. Würde er nach Köln gehen, würde er denken: Scheiße, warum bin ich nicht bei Jako geblieben. Und würde er nicht gehen, würde er bereuen, die Chance verpasst zu haben. Noch nie im Leben war er so unentschlossen gewesen und so wenig bereit, eine Entscheidung mit all ihren Konsequenzen zu treffen. Weil es eben nicht nur ihn, sondern auch Jako betraf. Er sehnte sich danach, die Entscheidung Jako überlassen zu können. Er seufzte sehnsüchtig. In dem Augenblick begann Jako zu sprechen. „Marti, wenn du das willst, also wirklich und mit allen Konsequenzen willst, bin ich bereit, dir diese Entscheidung abzunehmen. Aber das tue ich nur, wenn ich hundertprozentig sicher sein kann, das es das ist was du möchtest.“ Marti sah ihn völlig verblüfft an. Das würde Jako für ihn tun? Das würde er auf sich nehmen? Er nickte. Erst zögernd, aber dann entschlossen. „Ja, Jako. Das möchte ich. Bitte.“ „Marti, es muss dann aber klar sein, dass ich meine Entscheidung zwar erklären, aber nicht diskutieren werde und absoluten Gehorsam verlange.“ Marti nickte. „Ja. Das ist mir klar. Wenn du das wirklich für mich tust, dann werde ich deine Entscheidung akzeptieren. Ohne irgendwie zu maulen oder so.“ „Gut, dann möchte ich, dass du mir jetzt in die Augen schaust und sagst: Jako, ich möchte, dass du entscheidest. Und wenn du das gesagt hast, gibt es kein Zurück mehr. Also überlege dir das gut. Ich werde mir dann Zeit lassen bis morgen früh. Die Sache überdenken.“ Marti holte tief Luft. Sah Jako in die Augen. Und sagte dankbar und entschlossen: „Jako, ich möchte, dass du entscheidest.“ Jako nickte bedächtig. Er brauchte die Bedenkzeit eigentlich nicht. Er würde zu Martis bestem entscheiden. Er hatte die Entscheidung längst getroffen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)