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Nimm mein Herz und führe mich

von

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In der Sommerhitze: Sand und Freundschaft

Marti kam in Jakos Zimmer gestürmt.

„Jako, die Jungs wollen ins Schwimmbad. Rick hat angerufen. Mit Steve und Dom. Kommst du mit?“

Jako hatte eigentlich zu tun, er war schon wieder am Konzipieren für das nächste Musikprojekt.

Aber oben, auf dem Regal, zwischen den Schallplatten, da hatte sich eine kleine Sommerlaune versteckt und auf den richtigen Moment gelauert. Sie nahm Anlauf und sprang ihn an.

„Ja“, sagte er, „mach ich. Pack mal eben unsere Tasche. Meine Badehose müsste unten im Schrank sein. Musst mal schauen.“

Marti packte alles zusammen. Handtücher und was man eben zum Baden so braucht, und rief dann:

„Komm, wir können los!“

In dem Moment schellte es an der Tür.

„Oh, die Jungs sind da!“
 

Jako raffte sich auf, legte aus der Hand, was er in der Hand hatte und ging mit Marti die Treppen hinunter. Eigentlich hatte er heute etwas schaffen wollen, aber Martis Begeisterung konnte er nicht widerstehen. Es war immer noch so: sein Energiebündel schaffte es einfach, ihn aus Dingen rauszureißen. Das war nicht nur gut, es war auch von Nachteil, dass er sich so oft ablenken ließ.

Aber eigentlich war es verdammt schön. Gerade das liebte er doch so an Marti.
 

Eine halbe Stunde später waren sie im Schwimmbad. Marti hatte für sich und Jako eine Decke mitgebracht, auf der sie sich gemütlich ausbreiteten. Er hatte Getränke eingepackt und irgendwie richtig gut für alles gesorgt.

„Du bist schon prima“, sagte Jako.

„Manchmal denk ich, wenn ich dich nicht hätte, dann wär ich im Praktischen ganz schön aufgeschmissen.“

Marti errötete vor Freude.

„Na ja“, sagte er. „Für irgendwas muss ich ja gut sein.“

„Ey, du Frechdachs“, sagte Jako, „Du bist für viel mehr gut, als zum Taschen packen.“

Und er gab ihm einen liebevollen Kuss.
 

Das Wetter war herrlich. Der Sommer zeigte sich von seiner besten Seite.

Genau das richtige für Freibad und Eis und ähnliche tolle Dinge.

Die Sommerlaune flatterte aufgeregt um sie herum.
 

Marti nahm Anlauf und sprang mit einem Köpper ins Wasser. Es spritzte, und er kreischte vor Vergnügen. Jako ging hinterher.

„Hey, du verrückter“, sagte er, „ich komme!“

Und er sprang ebenfalls.

Sie tollten alle gemeinsam im Wasser herum, spritzten, lachten wie die Kinder und es war einfach nur schön.

Einige Zeit später, Rick und Steve blieben noch im Wasser, kuschelten sich Marti und Jako auf ihrer Decke aneinander. Es war schön, zusammenzusein. Es war schön, sich liebzuhaben. Es war schön, dass die Sonne schien. Das Leben war einfach nur gut.
 

Es war so gemütlich, dass sie Arm in Arm ein bisschen einnickten.
 

Marti schreckte hoch, als ihm eine Ladung Sand mitten ins Gesicht fuhr. Er schnappte nach Luft und wusste erst gar nicht, was los war. Auch Jako stand senkrecht neben ihm, völlig erschrocken und verwirrt. Vor ihnen standen zwei Jugendliche, die sich schlapp lachten, und die offensichtlich aus einem kleinen Eimer Sand über sie geschüttet hatten.

„Hahaha, haut ab ihr Homos“, rief einer der beiden, und der andere wollte sich schier kaputt lachen über die merkwürdige Aktion.

„Hey, was soll das?“, rief Marti.

„Seid ihr denn völlig hirnbefreit? Verpisst euch, ihr Idioten!“

„Ach“, rief einer der beiden Jugendlichen, „haut ihr besser ab, Homos hier im Freibad wollen wir nicht!“
 

Marti und Jako standen nebeneinander, und Marti spürte, wie Jakos Hand in seine glitt.

„Lass dich nicht ärgern“, sagte Jako.

„Die da, die sind es nicht wert.“

Plötzlich standen Rick und Steve tropfnass neben ihnen, und Rick schrie die beiden Bengels an:

„Was wollt ihr hier eigentlich, ihr Spasten! Verzieht euch!“

Dominik, der auch ein wenig geschlafen hatte, stand nun ebenfalls an ihrer Seite.

„Lasst unsere Freunde in Ruhe! Was soll die Scheiße!“
 

Die beiden Jugendlichen sahen sich auf einmal einer Übermacht gegenüber und waren plötzlich nicht mehr so großmäulig.

„Verzieht euch“, schimpfte Rick, der richtig sauer war.

Die Situation war merkwürdig und keiner fühlte sich wohl in seiner Haut.
 

Von einem Handtuch ein paar Meter entfernt stand in diesem Moment ein Mann auf und gesellte sich zu ihnen. Er war offensichtlich ein Familienvater, der mit Frau und Kind hier war. Er kam zu ihnen rüber, stellte sich neben Jako, schaute die beiden Jugendlichen an und sagte:

„Habt ihr noch irgendwas zu sagen? Seht zu, dass ihr das Freibad verlasst. Ich will euch hier nicht mehr sehen. Wenn ich euch hier noch mal erwische, dann könnt ihr euch ein Pfeifchen anstecken. Und jetzt raus hier!“

Von den umliegenden den Handtüchern kam Beifall auf. Klatschen und Pfiffe und „Raus mit Euch Idioten“...
 

Die beiden Bengels, sie mochten so um die 15 sein, waren ziemlich erschrocken, dass nun auch jemand, der ganz offensichtlich nicht zu der Gruppe gehörte, sich gegen sie stellte. Sie fanden ihre Aktion auf einmal gar nicht mehr so gelungen. Sie hatten sich damit irgendwie profilieren und ein paar Mädchen beeindrucken wollen. Aber das war ihnen anscheinend nicht wirklich gelungen.

Sie zogen ab mit hochroten Köpfen, und man sah, wie sie hektisch ihre Sachen schnappten und in Richtung Ausgang verschwanden.
 

Jako drehte sich zu dem Typen um , der sie so unterstützt hatte und sagte:

„Danke, Mann.“

Der guckte sie an und sagte:

„Hey Jungs, lasst euch doch von solchen Pennern nicht verschüchtern. Habt einfach euren Spaß hier.“

Er drehte sich um und ging zurück zu seiner Familie.
 

Die Sommerlaune war weg. Sie hatte sich beim ersten Anzeichen von Ärger in ein Erdloch verkrochen.

„Puuuh“, sagte Marti.

„Ich glaube, ich habe keine Lust mehr auf Freibad. Lass uns gerade noch ein bisschen Schwimmen, um den Dreck vom Körper zu kriegen.“

„Ja“, sagte Jako. „Lass uns einmal ins Wasser. Aber ganz ehrlich – ich will mich nicht vertreiben lassen. Schon gar nicht von solchen ...“

„... ins Hirn gefickten!“, ergänzte Rick, dessen Schimpfwort- Repertoire am breitesten war.

„Mal abgesehen davon...“, Jako schaute sich um, „scheinen das hier tatsächlich die einzigen Idioten zu sein.“

Und wirklich, von Leuten, die sich vorher nicht eingemischt hatten, kamen jetzt Daumen nach oben, und weiter hinten rief jemand:

„Gut gemacht, Jungs!“
 

Es schien also tatsächlich keinen Grund zu geben, sich über irgendetwas zu ärgern, und so taten sie das, was sie am besten konnten, und was in einer solchen dummen und absurden Situation vermutlich immer das beste ist.

Sie lachten.

Es fing an mit einem Kichern und ging über in das absolut schallende Jako-und-Marti-Gelächter, das ihre Freunde inzwischen nur zu gut kannten, und von dem alle wussten, es würde in einem hemmungslosen Lachflash enden.

Und genau das geschah.

Und weil es eben so ansteckend war, lachten auch Rick und Steve und Dom und paar Leute ringsum.
 

Und so dauerte es nicht lange, und die Wolke, die sich kurzzeitig vor diesen Sommertag geschoben hatte, war verjagt. Der Tag war wieder so schön wie zuvor.

Und die Sommerlaune war aus ihrem Loch gekrochen, übergoss sie mit prickelnden Sonnensprenkeln und plusterte sich auf, als hätte sie die Lage gerettet. Niemand nahm es ihr übel, denn sie war nun mal eine Laune, und Launen sind, wie jedermann weiß, Diven. Man muss sie hofieren, dann zeigen sie einem ihr Lächeln .
 

Sie gingen nicht aus dem Freibad. Sie blieben. Den ganzen langen wunderbaren Nachmittag. Sie tobten im Wasser, sie holten sich Eis, sie genossen ein kühles Bier auf der schattigen Terrasse.

Und sie gingen erst, als das Freibad irgendwann schloss.
 

„Vielleicht wird uns so etwas immer wieder begegnen“, sagte Jako, als sie Hand in Hand nach Hause schlenderten, in den wunderbaren Sommerabend hinein.

„Vielleicht auch noch unschöneres. Die beiden heute waren nur dumme Jungs. Aber machen wir uns nichts vor. Auch echte Homophobie werden wir mit Sicherheit irgendwann zu spüren bekommen.“

„Was ändert das?“, fragte Marti.

„Klar, es macht mich traurig und wütend. Aber es ändert nichts daran, dass wir uns lieben. Und dass ich mit dir zusammen sein will. Und das auch zeigen will.“

„Du hast Recht“, sagte Jako.
 

„Und außerdem bin ich stolz auf unsere Freunde. Und dankbar“, sagte Marti.

„Oh ja, ich auch.“

Jako lächelte.
 

Zu Hause wollten sie den herrlichen Abend nicht im Haus verbringen. Und so kam es, das sie noch lange mit Felix und Frodo im Hof saßen, ein paar Bierchen tranken und redeten.

Über Gott und die Welt und Götter und Welten.
 

Und so kam es, dass der unschöne Missklang, den der Tag mit sich gebracht hatte, klein und unwichtig wurde.

Weil sie in ihrem Leben soviel Gutes hatten.
 

Liebe.

Freundschaft.

Musik.

Die Aussicht auf ein schönes Morgen.
 

Aber vor allem: ein wunderbares hier und jetzt.



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