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Nimm mein Herz und führe mich

von

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Unter der Frühlingssonne: Schmetterlinge und Küchendienst

Eine andere Parkbank, die selben jungen Männer.

Glücklich, verliebt und jeder ein Eis in der Hand.
 

Ein Tropfen geschmolzenes Schokoeis floss an Martis Mundwinkel hinunter. Er wollte ihn mit der Zunge abschlecken, aber Jako ließ es nicht zu. Das erledigte er. Genussvoll fuhr seine Zunge die Spur des Tropfens entlang und begehrte dann Einlass in Martis Mund.

Marti  zog den Kopf zurück.

„Lass uns erst mal aufessen, okay?“

Jako grinste.

„Schade ...“
 

Marti grinste ebenfalls. Es war einfach schön, hier mit Jako zu sitzen. Mit ihm war alles schön. Er genoss jeden Augenblick.

Während er das köstliche kalte Eis verspeiste, erging er sich in Träumereien. Er wünschte sich so sehr, dass er mit seinem Freund sein Leben verbringen würde. Sein ganzes Leben. Bis irgendwann das Ende kam. Zusammen alt werden. Ein kitschiger Gedanke, aber wunderschön.

Jako riss ihn aus seinen Gedanken.
 

„Marti?“

„Ja?“

„Ich ...“

„Was?“

„Ich möchte dich was fragen.“

„Spucks aus, Jako.“

„Nein. Erst du. Du hast vorhin gesagt, du wolltest noch was loswerden.“

„Ja, aber das ist kompliziert. Nicht mit einem Satz zu sagen.“

„Versuchs.“
 

„Also Jako, Ich liebe dich. Und ich bewundere dich. Für so vieles.“

Er zögerte.

„Weil du so stark bist. Du bist so gelassen. Ruhig. Wenn ich mal wieder am Rad drehe ... rumhibbele ... was auch immer. Du bist dann mein Fels, du gibst mit Kraft, du lässt mich ruhiger werden. Allein dadurch, dass du da bist.“

Er schaute versonnen in die Ferne.

„Du tust mir gut, und ich weiß, dass es der richtige Weg für mich wäre, wenn ...“
 

Er zögerte erneut.

„Ich versuchs anders. Es gibt einen alten Film, aus den achtziger Jahren. Mit Al Pacino. Sea of Love. So 'ne Art Thriller. In diesem Film gibt es ein Gedicht.“

Er setzte sich gerade.

„Die Übersetzung des Gedichts ist zwar nicht besonders gelungen. Egal. Die letzten Zeilen lauten:
 

Ich sehne mich nach warmen Händen,

die mein verlorenes Herz berühren.

ich sehne mich nach gütigen Händen,

die mich behutsam durch's Leben führen.“
 

Er holte tief Luft.

„Jako, genau das ist es, was ich möchte. Ich möchte, dass du meine Hände in deine nimmst und mich durchs Leben führst. Dass also du die Führung übernimmst. Oder anders ausgedrückt: ich fühle mich geborgen, beschützt, geliebt ... wenn du in unserer Beziehung den Ton angibst.“
 

Jako schwieg lange. Marti sah zu Boden. Er hatte sich noch nie so sehr geöffnet, noch nie so sehr sein Innerstes nach außen gekehrt. Und nun hatte er ein wenig Angst. Wie würde Jako das aufnehmen?
 

„Marti, ich habe immer dich als den Starken von uns beiden gesehen.“

Auch er sprach zögernd und langsam. In Martis Bauch begannen sich ein paar Schmetterlinge zum Tanz aufzustellen. Sie entschieden sich für einen langsamen Walzer.
 

„Du bist so  sehr du selbst. Du bist, was du bist, und tust was du tust, so völlig ohne Zweifel an dir selbst. Und du bist einfach du, egal was passiert. Das habe ich schon gnadenlos bewundert, als wir noch gar nicht zusammen waren. Und was du mir gerade gesagt hast ...“
 

Jako strich ihm sanft übers Haar. Die Schmetterlinge gingen zu einem Tango über.
 

„Du bist bereit, dich völlig hinzugeben, bis zur letzte Faser deines Seins. Du gehst das Risiko ein, verletzt zu werden, und doch bist du dazu bereit, ohne Bedingungen, ohne Abstriche. Das ist in meinen Augen Stärke.  Und das ist es, was ich, neben vielem anderen, an dir bewundere. Vielleicht bin ich stark. Aber du bist dann eben ... anders stark.“
 

Ein dunkles Augenpaar und ein blaues begegneten sich, hielten sich aneinander fest, tranken die Blicke des jeweils anderen. Zwei Lippenpaare näherten sich, versanken ineinander, küssten sich, erst sanft, dann leidenschaftlich. Die beiden schmiegten sich aneinander, hielten sich fest.
 

Als sie sich voneinander lösten, flüsterte Jako: „Ich finde das schön, Marti. Ich möchte gerne deine Hände in meine nehmen und dich ... behutsam durchs Leben führen.“

Glücklich  versanken sie erneut in einen Kuss. Die Schmetterlinge in Martis Bauch legten einen fetzigen Jive aufs Parkett.
 

Einige Minuten später.

„Jako?“

„Ja?“

„Und jetzt du.“

„Mh?“

„Du wolltest was fragen.“
 

„Ach so. Ja. Also ... Ich habe genug davon, abends ohne dich schlafen zu gehen und morgens ohne dich aufzuwachen. Ich möchte nicht immer nur zu Besuch  bei dir sein oder dich zu Besuch haben. Ich möchte alles mit dir erleben: Das Wäschewaschen, Kochen, einkaufen, erschöpft sein, krank sein, morgens gemeinsam frühstücken und abends gemeinsam Zähne putzen. Den ganzen Alltagsscheiß. Alles. Und deswegen möchte ich gerne, dass wir uns eine Wohnung suchen. Und zusammenziehen.“

Martis Schmetterlinge entschieden sich zu einer spontanen Massenkollision. Er selber küsste Jako, so sehr, dass dieser überhaupt keine Luft mehr bekam, und als er sich schließlich von ihm löste, sagte Marti leise und glücklich:

"Das wäre großartig, Jako. Das wäre wunderschön.“
 

Als sie kurze Zeit später Hand in Hand aus dem Park schlenderten, sagte Marti mit schelmischem Grinsen:

„Zu mir oder zu dir?“

Jako grinste ebenfalls.

„Zu mir. Felix kocht nachher. Dominik und Rick kommen auch. Und Steve.“
 

Marti kicherte.

„Ich schätze, Felix wird mich nicht in der Küche helfen lassen.“

„Nein, das schätze ich auch“, sagte Jako.

Und dann, mit einer Stimme, so gespielt autoritär und streng, wie es ihm möglich war:

„Ich glaube, in unserer neuen Wohnung wirst du erst einmal Küche putzen üben.“

Sie guckten sich an, prusteten los, lachten schallend und konnten sich den ganzen Weg zurück nicht mehr einkriegen. Als sie die Tür zur WG öffneten, und Felix sie mit „Hallo“ begrüßte, kam der nächste Lachflash.
 

„Was ist denn mit denen los?“, fragte Frodo, der aus seinem Zimmer schaute.

„Keine Ahnung“, sagte Felix. „Wahrscheinlich zu viel Sonne abgekriegt, die  beiden.“ Kopfschüttelnd, aber schmunzelnd über so viel ungebändigte Fröhlichkeit, ging er zurück in die Küche und schob das Blech mit den Rosmarin-Kartoffeln in den Ofen.
 

Die Frühlingssonne, die an der guten Laune der beiden sicher ihren kleinen Anteil hatte, schaute neugierig zu, was unten geschah. Sie sah eine große Freundesrunde zusammensitzen, reden, lachen, gut essen und Spaß haben.

Und sie sah zwei unter den vielen, die Arm in Arm saßen, und Pläne machten. Pläne für die gemeinsame Wohnung, ein ganzes langes gemeinsames Leben. Für gute und auch schlechte Zeiten. Sie freute sich darüber, denn ihre Strahlen sahen tagtäglich neben Freude auch Kummer und Schmerz. Und sie wusste, dass die Freude größer, der Schmerz aber leichter zu tragen ist, wenn man einen Menschen hat, der alles mit einem gemeinsam trägt.
 

Schmetterlinge – und Küchendienst.



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