Perfekt von demona1984 ================================================================================ Kapitel 43: Kapitel 43 ---------------------- Kapitel 43 „Sie sind zu spät“, maulte Scorpius. Sein Blick ging zum Weihnachtsbaum und den Geschenken, die er erst nach dem Frühstück auspacken durfte. Und dieses Frühstück verzögerte sich weil Severus und Harry immer noch nicht da waren. „Wie alt bist du nochmal?“, fragte Draco, der ruhig im Sessel saß und einen Tee trank. „Zu Weihnachten? Fünf“, gab sein Sohn grinsend zurück. „Das hatte ich befürchtet. Sie werden schon auftauchen, Beide haben zugesagt.“ „Sie sind trotzdem zu spät“, maulte Scorpius. „Setz dich und benimm dich deinem Alter entsprechend. Du bist achtzehn und nicht fünf.“ Murrend ließ sich Scorpius in einen Sessel fallen, die Arme vor der Brust verschränkt und schmollend. Severus und Harry tauchten eine Stunde später auf und wurden von Draco begrüßt, „ich soll euch mitteilen, dass ihr zu spät seit.“ Während Severus die Stirn runzelte, grinste Harry und meinte, „du hättest ihm schon ein Geschenk geben können.“ „Nein. In diesem Haus wurden die Geschenke immer nach dem Frühstück ausgepackt und das werden wir nicht verändern weil mein Herr Sohn denkt, dass er wieder fünf ist“, gab Draco ernst zurück. Er war ihnen in der Eingangshalle entgegen gekommen während Scorpius schon ins Esszimmer gegangen war. „Darf ich fragen warum ihr zu spät seit oder ist die Frage unangebracht?“, fragte er während sie sich auf den Weg machten. „Verschlafen“, war die knappe Antwort von Severus und seine Stimme machte deutlich, dass er keine weiteren Nachfragen zu dem Thema hören wollte. Harry zuckte entschuldigend mit den Schultern und schwieg. Auch Draco fragte nicht weiter nach sondern nahm es hin und entschloss sich dazu Harry bei ihrem nächsten Treffen alleine nochmal dazu zu befragen. Doch heute wollten sie Weihnachten feiern. Knapp zwei Stunden später saßen sie zu viert im Wohnzimmer und packten Geschenke aus. Hauptsächlich wurden praktische Dinge verschenkt, Scorpius bekam die komplette Grundausstattung, die er für seine Ausbildung benötigte. Er hatte eine Ausbildungsstelle bei Gringotts als Fluchbrecher erhalten und würde am 6. Januar anfangen. Bei Harry hatten sich alle mehr oder weniger abgesprochen, er bekam Sachen für seine Heilerausbildung. Severus wurde fast von Büchern erschlagen und Draco konnte sich über einige Dinge für sein Büro freuen. Doch dann runzelte Draco die Stirn und sagte, „wenn ich richtig gezählt habe, hat Severus ein Geschenk zu wenig. Harry?“ „Ich trau mich nicht“, gestand Harry. „Du traust dich nicht deinem Freund ein Weihnachtsgeschenk zu geben?“, fragte Scorpius etwas ungläubig nach. „Falsch. Ich traue mich nicht ihm das Weihnachtsgeschenk zu geben, dass ich gekauft habe. Ich habe Angst, dass er mich damit schlägt.“ Jetzt legte Severus den Kopf schief und murrte, „gib es schon her, ich kann es mir denken.“ „Du versprichst mich nicht zu schlagen“, forderte Harry doch Severus grinste nur bis Harry seufzte und den Stab schwang. Ein langes, schmales Päckchen erschien vor Severus, der nur den Kopf schüttelte und es auspackte, er hatte es fast geahnt. Keiner sagte etwas und Harry zog schon mal vorsichtshalber den Kopf ein als Severus den neuen Gehstock aus dem Päckchen nahm und begutachtete. Schwarzes Holz mit einer feinen rostroten Maserung, am unteren Ende ein Puffer aus magischem Silber, der sich jedem Untergrund anpasste. Der Griff war eine Sonderanfertigung und Harry war froh, dass es noch fertig geworden ist, er war sich nur nicht sicher ob er Severus gefiel. „Hatte ich dir nicht irgendwann mal gesagt, dass ich diese Tiere nicht leiden kann?“, fragte dieser gerade während er die Hand prüfend um den Griff in Form einer Fledermaus mit ausgebreiteten Flügel schloss. „Du hast einen Ruf zu verteidigen wenn du wieder als Tränkelehrer arbeitest“, warf Draco grinsend ein, er bekam dafür einen Schlag mit dem Stock. „Hey, du hast versprochen nicht damit zu schlagen“, protestierte Draco sofort. „Ich habe gar nichts versprochen und wenn dann schlage ich nur Harry damit nicht, den verfluche ich“, gab Severus zurück. Während sich Draco schmollend zurücklehnte, grinste Harry und Scorpius versuchte sein Lachen hinter einem Husten zu verstecken. „Gefällt er dir?“, fragte Harry vorsichtig. „Egal ob er mir gefällt oder nicht, ich werde ihn nutzen müssen.“ „Jetzt sag schon, dass er dir gefällt, du elender Griesgram.“ Doch Severus grinste ihn nur an. „Er gefällt ihm also, gut. Was habt ihr heute von vor?“, fragte Draco jetzt. „Nicht viel aber wenn du schon so fragst, hast du noch was vor.“ Draco nickte und sagte, „es ist eigentlich nur ein Vorschlag aber ihr könntet den Tag hier verbringen. Ein paar fiese Geschichten aus der Vergangenheit aufwärmen, ein paar Partien Schach spielen, ein paar Unterhaltungen führen, Tee und Kekse essen, einfach einen schönen Tag im Kreise der Familie verbringen.“ Harry schwieg, er wollte die Entscheidung Severus überlassen doch ihm fiel sofort ein Problem ein denn der Sprachtrank wirkte maximal bis sechzehn Uhr. Einen Zweiten würde er definitiv nicht erlauben und nach dem Blick, den ihn Severus gerade zuwarf, wusste der das ganz genau. „Es geht um deine Stimme, oder?“, fragte Draco. Zögernd nickte Severus und Draco sagte, „du könntest mit dem Zauberstab antworten oder ganz normal mit deiner eigentlichen Stimme. Ich weiß, dass die nicht mehr lange ein Geheimnis ist.“ Der Blick, der Harry jetzt traf, ließ ihn schlucken, das würde wahrscheinlich noch Konsequenzen haben. Er sollte schon mal den Verwandlungszauber für die Couch üben. „Was genau weißt du?“, fragte Severus jetzt. „Dass es ab dem nächsten Schuljahr keine Sprachtränke mehr in Hogwarts geben wird“, sagte Draco ausweichend. Severus' Blick veränderte sich bevor er sich einfach erhob und den Raum verließ, ohne den neuen Gehstock. „Tut mir leid“, sagte Draco leise, „ich dachte, er weiß, dass ich Bescheid weiß.“ „Weiß er nicht. Er wusste nicht, dass wir uns darüber unterhalten haben. Aber geht schon klar, ich geh das eben klären“, sagte Harry, der sich schon erhob. Er griff sich den Gehstock und folgte Severus. „Wird er das schaffen?“, fragte Scorpius vorsichtig. „Ja, wird er. Severus ist ein sehr stolzer Mensch. Manchmal viel zu stolz. Das Wissen, dass ich schon weiß, dass er seine eigentliche Stimme nutzen muss, ist schrecklich für ihn.“ „Warum?“ „Weil er sich damit eingestehen muss, dass ich eine weitere Schwäche von ihm kenne“, sagte Draco. „Aber das wusstest du doch schon immer. Es ist seit der Verhandlung kein Geheimnis mehr, dass er körperlich geschädigt ist und auch seine Stimme beschädigt ist. Wenn er sowieso im nächsten Schuljahr mit dieser Stimme auftritt, macht das doch gar keinen Unterschied“, konterte Scorpius. „Für uns nicht, für Severus ja.“ „Versteh ich nicht.“ „Musst du nicht. Los, mein Sohn, wir räumen hier etwas auf bevor sie wieder kommen“, sagte Draco während er schon aufstand und den Zauberstab zog. Sein Sohn folgte seinem Beispiel. Harry war Severus unterdessen in die Kellerräume gefolgt und hatte erstaunt festgestellt, dass es hier unten eine eigene Wohnung und ein komplett eingerichtetes Tränkelabor gab. Er hatte mit Draco nie darüber geredet und die Führung durch das Manor hatte sich auf die oberen Etagen beschränkt. Er musste ihn nicht rufen, er fand ihn in dem Labor. „Severus?“ „Warum hast du mit Draco darüber geredet?“, fragte Severus ohne sich zu ihm umzudrehen. Er stand vor einem der Regale und hatte den Blick auf die unzähligen Phiolen, Kessel und Glasbehälter gerichtet. „Weil er dein Patenkind ist und sich regelmäßig nach dir erkundigt hat und da ist es einfach zur Sprache gekommen. Er hat deswegen nicht weniger Respekt oder Achtung vor dir“, gab Harry zurück während er den Raum durchquerte und hinter ihm stehen blieb, er berührte ihn allerdings nicht. „Warum musst du jedem auf die Nase binden wie mein körperlicher Zustand ist?“, fragte Severus. „Ich binde niemanden etwas auf die Nase. Ich habe deinem Patenkind gegenüber erwähnt, dass du ab nächsten Schuljahr ohne Sprachtrank unterrichten wirst. Ich habe ihm weder etwas über deine Stimme noch über andere Probleme erzählt“, gab Harry ruhig zurück. „Und Scorpius?“ „Hat es wahrscheinlich gerade erst erfahren.“ „Warum tust du das?“, fragte Severus weiter, „warum musst du es allen erzählen? Reicht es nicht, dass ich auf diesen verdammten Stock angewiesen bin und jeder weiß, dass ich ein körperlicher Krüppel bin? Musst du auch noch allen erzählen, dass meine Stimme falsch ist?“ Harry trat noch einen Schritt näher und umarmte ihn vorsichtig, „weil ich stolz auf dich bin.“ „Stolz? Auf was könntest du stolz sein?“ „Auf dich und zwar von ganzem Herzen. Severus, du hast in der Vergangenheit Großartiges geleistet und Schreckliches durchgemacht. Ich bin stolz auf die Fortschritte, die du gemacht hast. Darauf, dass du wieder fast normal laufen kannst. Dass du der Welt mit Gehstock entgegen trittst und dich nicht mehr versteckst. Ich bin stolz auf dich, dass du endlich aus deinem Schneckenhaus raus gekommen bist und allen zeigst, was für ein wunderbarer Mann und fantastischer Lehrer du bist“, sagte Harry, der sich einfach an seinen Rücken schmiegte. „Ist das dein Ernst?“ „Jedes einzelne Wort. Severus, du hast dich fast zwanzig Jahre in deinem Büro versteckt, es wird Zeit, dass du der Welt zeigst, dass du noch genauso sein kannst wie früher. Du hast es nicht nötig dich zu verstecken und ich bin stolz auf dich, dass du diesen Weg gehst. Und genau das möchte ich eigentlich allen entgegen schreien aber ich beherrsche mich ja“, sagte Harry. Er spürte wie Severus seine Arme von sich löste, sich umdrehte und seine Arme dann wieder um sich legte, die Umarmung wurde jetzt erst erwidert. „Du bist ein sentimentaler Trottel“, murrte Severus. „Ich weiß und dafür hast du mich ganz, ganz doll gerne“, gab Harry grinsend zurück. „Nein, habe ich nicht.“ „Nicht?“ „Nein.“ „Was dann?“, fragte Harry, der den Kopf jetzt von seiner Schulter nahm und ihn ansah, seinem Blick wurde ausgewichen. Kurz darauf löste sich Severus von ihm und griff nach dem Gehstock um zu gehen. „Lass uns zurück zu Draco und Scorpius gehen“, sagte Severus ohne ihn anzusehen. Harry seufzte leise, er hätte gerne eine Antwort bekommen aber er wusste, dass er erst recht keine Antwort bekam wenn er ihn bedrängte also schob er die ausstehende Antwort beiseite und folgte Severus. Sie verbrachten den Tag wirklich zu viert im Wohnzimmer, Severus erst noch etwas zurückhaltend doch sowohl Draco wie auch Scorpius gingen nicht näher darauf ein und so blieb ihm nichts anderes übrig als sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Gegen halb zwei wurde das Treiben allerdings unterbrochen, von einem schweren Hustenanfall von Severus. „Was sollen wir machen?“, fragte Draco. In seiner Stimme schwang die gleiche Panik mit, die in Scorpius' Gesicht geschrieben stand. „Warten und ein Glas Milch bereitstellen“, gab Harry zurück, der sich neben Severus aufs Sofa setzte und ihm leicht über den Rücken strich. Doch er spürte sofort, dass sich Severus nur immer weiter verkrampfte und er wusste warum, sein Freund versuchte krampfhaft eine aufrechte Position bei zu behalten. „Könntet ihr kurz raus gehen?“, fragte er leise. Zwar wurde er seltsam angeguckt doch dann stand Draco auf und zog seinen Sohn hoch. „Wenn ihr etwas braucht, ruft einfach nach uns oder einem Hauselfen“, sagte er beim Rausgehen. „Danke“, rief ihm Harry hinterher bevor er sich an Severus wandte, „jetzt hörst du bitte mit deinem falschen Stolz auf.“ Severus warf ihm nur einen Blick zu, dann gab er den Kampf gegen die Nachwirkungen des Trankes auf. Wie schon immer rutschte er einfach vom Sofa und kniete sich auf den Boden, das Husten fiel ihm fast sofort leichter und die Schmerzen nahmen deutlich ab. „Warum nicht gleich so?“, seufzte Harry, der sich neben ihn kniete und wieder über seinen Rücken strich. Er konnte nur warten, so wie immer. Knapp zwanzig Minuten später schwang Harry den Zauberstab um Severus' Roben wieder zu trocknen, er hatte sie schlicht und einfach durchgeschwitzt. Er fragte nicht, ob er Hilfe beim Aufstehen brauchte sondern griff ihm unter die Arme und half ihm vorsichtig auf. „ Ich bräuchte mal einen Hauselfen hier“, rief er während er Severus auf die Couch half. Hinter ihm ploppte es, „was braucht Master?“ „Ich hätte gerne ein Glas Milch“, sagte Harry während er sich umdrehte. Die Hauselfe nickte und verschwand, kurz darauf tauchte auf dem Tisch ein Glas Milch auf. Wortlos griff Severus nach dem Glas und leerte es, dann lehnte er sich zurück und schloss die Augen. Er sah nicht nur geschafft aus, er war es auch, wie Harry sehr gut wusste. „Wollen wir gehen?“, fragte er sanft. „Willst du?“, war die Gegenfrage, wesentlich krächzender als Harry gewohnt war. „Dein Körper stößt den Trank ab, oder?“, fragte er. „Wie kommst du darauf? Ich habe dir doch gesagt, dass er sich daran gewöhnen muss.“ „Lüg mich nicht an. Er wirkt kürzer, die Anfälle sind stärker und es greift deinen Körper mehr an. Also liegt der Schluss nah, dass dein Körper sich dagegen wehrt und ihn abstößt“, erklärte Harry. Severus hob den Kopf und sah ihn an, er musste nichts sagen, sein Blick sagte alles. „Also, wollen wir gehen?“ „Nein, hol die Zwei rein. Ich will euch nicht den Tag verderben“, sagte Severus, der allerdings in seine Tasche griff und eine Phiole zum Vorschein brachte. „Du willst nicht noch einen Sprachtrank nehmen, oder?“ „Hatte ich eigentlich vor. Harry, ich kann das nicht und ich will nicht den ganzen Tag mit dem Zauberstab schreiben. Es ist nur ein Trank“, sagte Severus. „Der dich körperlich wieder angreift. Severus, der Trank ist nicht nötig. Du kennst Draco seit seiner Geburt, er mag und respektiert dich, egal wie es dir geht“, sagte Harry, der langsam wütend wurde. Er verstand diese Halsstarrigkeit im Bezug auf Draco nicht. „Aber mir ist das nicht egal. Warum verstehst du das einfach nicht? MIR ist es nicht egal“, knurrte Severus, „mir ist nicht egal, wie mich die Leute sehen. Wie mich Draco sieht. Ich will nicht, dass er mich so sieht, dass er diese Stimme hört.“ „Aber das ist doch Blödsinn. Er wird nicht weniger Respekt vor dir haben. Du stellst dich einfach nur an.“ Noch bevor Severus antworten konnte, klopfte es an die Tür und Draco fragte, „ist bei euch alles in Ordnung? Können wir wieder rein kommen?“ „Moment“, rief Harry bevor er zu Severus sagte, „Ich will nicht, dass du den Trank nimmst. Nimm halt den Zauberstab wenn es unbedingt sein muss aber keinen Trank. Stell dich deinem Patensohn, du bist doch kein Kind mehr.“ „Das scheinst du vergessen zu haben“, knurrte Severus leise. „Was habe ich vergessen?“, fragte Harry verwirrt. Severus sah ihn seltsam an, trank dann plötzlich die Phiole leer und fuhr ihn dann an, „dass ich nicht dein Kind bin. Ich bin erwachsen, ich weiß, was ich meinem Körper zumuten kann und was du willst, ist mir in diesem Fall egal. Ich habe mich in den letzten Monaten ständig nach dir gerichtet, alles, was du wolltest, hast du durchgesetzt. Ich benutze diesen dreimal verfluchten Stock und ich habe dir zugesagt, dass ich den Trank ab nächsten Schuljahr nicht mehr nutzen werde und das alles für dich. Aber das reicht dir anscheinend nicht, du willst mich auch noch vor meinem Patensohn demütigen. Warum kannst du nicht verstehen, dass mir das zu schnell geht? Warum kannst du es nicht mal auf etwas beruhen lassen? Ja, der Trank schadet mir aber noch mehr schadet mir momentan mein Freund, der mich in alle möglichen Lebenslagen pressen will ohne zu beachten, dass ich das nicht will.“ Mit jedem Wort war er lauter geworden und mittendrin war er sogar aufgestanden und war wütend hin und her gelaufen, mehr gehumpelt als gelaufen aber die Botschaft war klar. Harry starrte ihn nur fassungslos an, damit hatte er nicht gerechnet, genauso wenig wie mit den nächsten Worten, „Ich gehe jetzt, ich denke, ich brauche etwas Abstand. Das wird mir alles zu viel.“ „Was?“ „Du hast mich verstanden“, knurrte Severus bevor er sich einfach umdrehte und ging. Als er die Tür aufriss, trat Draco sicherheitshalber einen Schritt zurück denn er hatte die Worte natürlich gehört und hielt ihn jetzt lieber nicht auf. Er spürte wenig später wie jemand durch die Schutzschilde disapparierte. Mit einem Seufzen betrat er das Wohnzimmer und setzte sich Harry gegenüber, der ihn einfach nur verwirrt anstarrte. „Ich geh lieber in mein Zimmer“, sagte Scorpius hinter ihm, Draco nickte nur wortlos. „Hat er Recht?“, fragte Harry irgendwann, „du hast doch alles gehört, hat er Recht?“ „Womit?“ „Damit, dass ich ihn drängen würde ohne auf seine Gefühle Rücksicht zu nehmen. Ich will doch nur sein Bestes.“ „Seins oder Deins?“, fragte Draco leise. „Wie meinst du das?“ „So, wie ich es sage. Harry, willst du das alles um seinetwillen oder damit er besser in der Öffentlichkeit dar steht und du dich nicht für ihn schämen musst? Dass du es vor deinen Freunden besser rechtfertigen kannst? Harry, versteh mich nicht falsch, ich freue mich sehr, dass ich wieder Kontakt zu meinem Paten habe aber ich verstehe ihn auch in gewisser Weise. Du hast ihn in den letzten Monaten sehr bedrängt, vielleicht etwas zu sehr. Und ich frage mich ob du das wirklich seinetwillen tust oder für dich“, erklärte Draco, „oder lass es mich anders formulieren, könntest du auch mit ihm zusammen sein und leben wenn er das alles nicht macht? Wenn er nicht wieder Lehrer wird sondern es vorzieht sich weiter in seinem Büro zu verstecken? Wenn er nicht auf Sprach- und Nerventränke verzichten will? Würdest du dann auch noch mit ihm zusammen sein wollen?“ „Ja, würde ich und ich glaube, ich verstehe es langsam. Aber so war das nicht gemeint, ich wollte ihn nicht zu irgendetwas drängen, ich wollte nur sein Bestes“, sagte Harry, der mittlerweile sehr nachdenklich aussah. Er dachte an die letzten Monate zurück und er musste sich leider eingestehen, dass sowohl Severus wie auch Draco Recht hatten. Er hatte seine Vorstellungen sehr rücksichtslos durchgesetzt. Er hatte zwar die Widerworte gehört aber sie nicht wirklich akzeptiert und sich immer wieder darüber hinweg gesetzt. „Ich habe seine Bedürfnisse wirklich ignoriert“, seufzte Harry schließlich leise. „Und warum?“ „Weil ich sein Bestes will. Er braucht die Tränke nicht, er kann alles auch ohne sie tun ohne sich für irgendetwas schämen zu müssen. Warum versteht das keiner? Er ist ein großartiger Mann, er hat es nicht nötig sich zu verstecken oder irgendetwas vor zu täuschen. Draco, du hättest ihn sehen sollen als er von den Unterrichtsstunden in den UTZ-Kursen erzählt hat. Er hat förmlich gestrahlt, du hättest ihn bei den Strafarbeiten sehen sollen, er ist wieder aufgeblüht. Er lebt wieder, er vegetiert nicht mehr vor sich hin, er lebt wieder, er hat wieder Freude am leben“, sagte Harry ernst, „ich war auch mit ihm zusammen als er noch in seinem Schneckenhaus gewohnt hat. Ich liebe den Mann und nicht das, was er kann aber ich sehe es nicht ein, ihn in seinem falschen Wahn zu unterstützen.“ „Welcher Wahn?“, fragte Draco dazwischen. „Weißt du eigentlich, dass er mir bis heute nicht glaubt, dass ich ihn nicht verlasse weil er körperlich und geistig beeinträchtigt ist?“, fragte Harry mit einem traurigen Lächeln. „Geistig? Er ist doch total klar.“ „Das meine ich nicht. Hast du zufällig von dem Vorfall mit meiner Ex und den Auroren in Hogwarts gehört?“ „Ja, so am Rande“, gab Draco ausweichend zu und Harry war sich sicher, dass er den gesamten Vorfall sehr genau kannte. „Er ist danach, als alle weg waren, zusammengebrochen. Nach Oliver hat er ein schweres Trauma von Askaban und das hat er bis jetzt vor mir verborgen. Erst an diesem Tag habe ich das erfahren und ich bin immer noch mit ihm zusammen“, sagte Harry. „Das wusste ich nicht aber was hat das mit seinen Vorwürfen zu tun?“ „Ganz einfach, den Termin bei Oliver habe nicht ich gemacht sondern er. Ich habe ihn nicht gezwungen mit Oliver zu reden, dass hat er ganz alleine entschieden“, erklärte Harry. „Warum hast du nicht darauf bestanden?“, fragte Draco. „Weil es keinen Sinn macht und ich genau wusste, dass es zu viel für ihn war. Ja, ich bestehe auf viele Dinge, die für Außenstehende vielleicht nach Zwang aussehen aber ich sehe was Severus leisten kann. Ich kenne ihn wohl besser als jeder Andere, ich sehe Fortschritte, wo andere nur Stillstand sehen. Ich kenne seine Macken, seine Anfälle, geistig wie körperlich und ich komme mit allem klar.“ Draco seufzte leise und fragte dann, „Was hast du jetzt vor? Willst du hier schlafen? Ich habe genug Gästezimmer.“ Harry lachte, schüttelte den Kopf und meinte dann, „Lieber nicht, ich schlafwandle und ich möchte morgen früh nicht in deinem oder noch schlimmer in Scorpius' Bett aufwachen. Ich werde nach Hause gehen.“ „Grimmauldplatz?“ „Das war das Zuhause von Sirius, mein Zuhause ist Hogwarts oder Spinner's End.“ „Hat er nicht eben gesagt, dass er Abstand braucht?“, fragte Draco zweifelnd. „Ja, und jetzt sitzt er wahrscheinlich in irgendeinem Sessel und denkt darüber nach wann ich ihn nach dieser Aussage verlasse“, murrte Harry. „Glaubst du?“ „Weiß ich. Wir hatten so ein ähnliches Gespräch letzte Nacht. Er ist der felsenfesten Meinung, dass ich ihn verlasse weil ein bestimmter Aspekt unserer Beziehung nicht so funktioniert wie es wohl normal wäre“, sagte Harry ausweichend. Draco hob eine Augenbraue doch er fragte nicht nach, er konnte sich fast denken worum es ging. „Würdest du?“, fragte er stattdessen. „So ein Schwachsinn, fang du nicht auch noch damit an. Ich habe so viel mit ihm durchgemacht, ich werde ihn garantiert nicht verlassen weil es ein paar kleine Probleme in unserer Beziehung gibt.“ „Willst du gleich nach Hause?“ „Nein. Er bekommt den Abstand, den er haben möchte. Ich bleibe bis heute Abend hier und flohe dann nach Hause.“ „Meinst du, das geht gut?“, fragte Draco, „vielleicht macht er sich Vorwürfe?“ „Er möchte Abstand, den kann er bis heute Abend haben, danach kann er sich wieder mit mir auseinander setzen. Wenn er nicht mit mir reden will, ist das sein gutes Recht, dann schlafe ich eben auf der Couch. Aber ich werde mich nicht von meinem Freund fern halten. Wir sind erwachsene Menschen, wir müssen über jedes Thema normal reden können und das verlange ich auch“, erklärte Harry. „Ob er das auch so sieht?“ „Werden wir sehen. Wollen wir Scorpius wieder runter holen? Der arme Kerl muss nicht den ganzen Tag in seinem Zimmer hocken.“ Etwas verwirrt über den plötzlichen Themawechsel brauchte Draco einen Moment um zu reagieren doch dann nickte er. „Ich hole ihn“, sagte er während er sich schon erhob. Er wollte Harry die Möglichkeit geben sich kurz zu sammeln auch wenn er nicht glaubte, dass die Stimmung wieder aufkommen würde. Aber sie würden das Beste aus dem Tag machen. Nach dem Abendessen machte sich Harry aufbruchsbereit, Draco drückte nochmal seine mögliche Gastfreundschaft aus doch Harry lehnte ab. Er hatte im Laufe des Abends ein immer schlechteres Gefühl bekommen und er wollte nach Severus sehen. Und so begleitete Draco ihn in die Eingangshalle um ihn zu verabschieden, Scorpius hatte das schon im Esszimmer getan. „Ich bin noch eine ganze Weile auf, wenn was ist, schick mir eine Eule oder wenn es sehr eilig ist einen Patronus. Du kannst auch jederzeit herkommen“, sagte Draco. „Danke aber ich denke, ich schaffe das schon.“ „Wo wirst du hingehen? Hogwarts?“ „Nein, Spinner's End. Da wollten wir zumindest vor dieser Sache die Weihnachtsferien verbringen. Vielleicht tauche ich aber nochmal bei dir auf, so um ein paar Stunden oder Tage tot zu schlagen“, sagte Harry. „Gerne, du bist jederzeit willkommen und Severus natürlich auch.“ Harry nickte nochmal und verschwand dann mit einem Knall. Er wurde erwartet, von einem völlig aufgelösten Hauself und einem komplett zerstörten Wohnzimmer. „Was ist denn hier passiert?“, entfuhr es Harry. „Master Snape“, war alles was Fino leise sagte. „Er war das? Warum hast du mich nicht geholt?“, fragte Harry, der die Lampen an machte und sich genauer umsah. Das Wohnzimmer sah aus als hätte jemand einen Orkanzauber darin ausprobiert. „Master Snape hat einen Bann über Fino gesprochen. Fino kann seine magischen Kräfte nicht benutzen. Fino wollte helfen aber Master Snape hat ihn angeschrien und ist in den Keller gegangen. Master Snape hat die Tür versiegelt, Fino kann nicht zu ihm“, sagte der Hauself aufgeregt. „Hat er da unten auch etwas zerstört?“ „Fino hat böse Geräusche aus dem Keller gehört. Fino hat an die Tür geklopft aber Master Snape hat nicht aufgemacht.“ „Noch etwas?“ Fino nickte und trippelte zur Vitrine, die er öffnete. Harry sah auf den ersten Blick, dass die zwei Flaschen Feuerwhisky fehlten und Finos nächste Worte bestätigten seinen Verdacht, „Master Snape hat beide Flaschen Whisky mitgenommen.“ „Danke Fino. Kann ich den Bann irgendwie von dir nehmen?“ „Nein, das kann nur Master Snape. Trotzdem dankt Fino Master Potter“, sagte Fino. „Wenn er beide Flaschen getrunken hat, wird er den Bann erst morgen von dir nehmen können. So lange wirst du warten müssen“, sagte Harry entschuldigend. „Das macht Fino nichts aus. Kann Master Potter Master Snape helfen?“ „Das hoffe ich. Danke Fino.“ Damit wandte sich Harry ab und ging in die Kellerräume. Scheinbar war Severus doch stärker abgestürzt als er gedacht hatte. Das Labor, Severus' geheiligtes Labor, dass er mit sehr viel Liebe und Sorgfalt eingerichtet hatte, war schlicht und einfach zerstört. Harry blieb fassungslos in der Tür stehen und starrte auf das Chaos, welches sich vor ihm ausbreitete. Es gab nicht eine ganze Phiole mehr in diesem Raum, Zutaten lagen wahllos verstreut, zusammen mit ganzen Lachen von Tränke in den unterschiedlichsten Farben, zerbeulte und zerstörte Kessel, Waagen und Schneidebrettern. Selbst der schwere Tisch, den Severus zur Vorbereitung genutzt hatte, war in mehrere Stücke gesprengt. Genau wie Teile der Wandverkleidung und der Sitzecke, die er hier für ihn eingerichtet hatte. Regale waren umgeworfen und zerstört. Das steinerne Becken, in dem Kessel gereinigt wurden, war gespalten, Wasser tropfte aus dem verbogenen Wasserhahn und mischte sich mit den Tränken auf den Boden. Mitten drin hockte Severus, auf den Knien, mit dem Rücken zu ihm und von schweren Schluchzern durchgeschüttelt. Harry sah eine Flasche Feuerwhisky neben ihm liegen, leer, direkt daneben sein Zauberstab, in zwei Teile zerbrochen. Er seufzte leise, das hier hatte er nicht erwartet. Zumindest nicht in diesem Ausmaß. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)