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Perfekt

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Kapitel 23

Kapitel 23
 

„Du willst was?“, fragte Hippocrates, „wiederhole das bitte nochmal.“

„Ich möchte mich zum Heiler mit dem Schwerpunkt auf Bewegungstherapie oder wie auch immer das sich nennt, was Severus helfen würde, ausbilden lassen“, erklärte Harry zum sechsten Mal.

„Dir ist bewusst, dass eine Ausbildung zum Heiler vier Jahre dauert, selbst wenn du nur die Grundzüge mitnimmst. Dazu noch die Spezialisierung auf die Rehabilitation von Krankheiten und Flüchen, das sind mindestens fünf Jahre. Harry, das ist etwas viel für eine spontane Entscheidung“, sagte Hippocrates.

„Das ist keine spontane Entscheidung.“

„Ach, nein? Seit wann willst du denn Heiler werden? Harry, ich bin doch nicht blöd. Du willst diese Ausbildung um Severus zu helfen.“

„Auch.“

„Auch? Was noch?“

„Brauche ich denn unzählige Gründe?“, fragte Harry genervt.

„Nein aber nur mit einer albernen Verliebtheit wirst du diese Ausbildung nicht durchstehen und wahrscheinlich in wenigen Monaten abbrechen. Was ist wenn aus der Sache mit Severus nichts wird? Oder er sich nicht von dir behandeln lassen will? Willst du dich dann immer noch durch die Ausbildung kämpfen?“, fragte Hippocrates ruhig. Er verstand Harrys Beweggrund aber eine Vernarrtheit würde irgendwann verfliegen, er brauchte einen wirklichen Grund um Heiler zu werden.

„Ja, mein Hauptgrund ist gerade Severus. Ich will ihm helfen und der Kerl wird sich gefälligst von mir behandeln lassen, ich brauch doch ein Übungsobjekt. Nein, es ist noch etwas anderes. Ich habe schon vor Wochen gekündigt und lebe seitdem mehr vor mich hin als mit einem wirklichen Ziel. Entweder ich bin hier oder bei Severus aber ich habe kein Ziel mehr und das ist etwas, was ich mein ganzes Leben nicht hatte. Severus hat mir nur den Anstoß zum Nachdenken gegeben“, erklärte Harry, „nein, ich kann dir nicht garantieren, dass ich die Ausbildung durchstehe. Das hätte ich auch vor der Aurorenausbildung nicht gekonnt aber ich kann sehr hartnäckig sein und ich bin einiges gewohnt.“

„Du kannst eine Heilerausbildung nicht mit der eines Aurors vergleichen. Ja, ihr seht schreckliche Dinge aber wir hier sind mit anderen Dingen konfrontiert. Denk an die Eltern deines Freundes Longbottom. Oder an Todkranke. Kannst du Menschen gehen lassen? Kannst du den letzten Fluch sprechen, im Angesicht der trauernden Hinterbliebenen?“, fragte Hippocrates, „du willst in die Rehabilitation, was machst du, wenn du deinem Patienten nicht helfen kannst? Wenn die Schmerzen zu groß sind um die Übungen zu machen?“

„Ich weiß es nicht, Hippocrates. Das ist die Antwort, ich weiß es nicht. Aber ich werde es auch nie wissen wenn ich es nicht ausprobiere. Du willst mir doch nicht erzählen, dass sämtliche Schüler, die die Ausbildung anfangen, sie auch zu ende bringen, oder?“, fragte Harry.

„Natürlich nicht.“

„Warum dann diese Fragerei?“

„Weil ich will, dass du dir sicher bist und es nicht nur versuchst weil du langsam anfängst die Welt durch eine super kitschige rosarote Brille zu sehen.“

Jetzt musste Harry doch grinsen und sagte, „keine Angst, die hat Severus schon am Boden zerschmettert.“

„Wie meinst du das?“

„Du kennst doch Severus, glaubst du wirklich, dass er mich mit irgendwelchen beschönigten Aussagen konfrontiert. Der Kerl ist so direkt, dass es manchmal schon beleidigend ist. Glaubst du echt, dass ich da ne rosarote Brille auf habe? Wohl kaum“, sagte Harry ernst.

„Ich kenne Severus sehr gut und genau deswegen glaube ich nicht, dass er dir alles erzählt hat. Was weißt du über seine Probleme?“, fragte Hippocrates genauso ernst.

Harry runzelte die Stirn, irgendwie kam ihm die Frage seltsam vor und so erklärte er, „ich weiß, dass er den Sprachtrank braucht. Dass er Stärkungstränke braucht. Ich glaube auch irgendetwas mit den Nerven und sein Bein ist frühmorgens taub.“

„Ist das alles?“

„So in etwa. Was fehlt noch?“

„Einiges aber das muss dir Severus selber erzählen, dass würde gegen die Schweigepflicht verstoßen. Harry, bist du dir sicher mit der Ausbildung?“

„Ja.“

„Gut, dann mache ich einen Termin für die Aufnahmeprüfung für dich. Ich lasse dir ein paar Bücher zukommen, ich würde dir raten sie zu lesen und zu lernen“, sagte Hippocrates, „wenn ich etwas Druck mache, solltest du die Prüfung in vier bis fünf Wochen machen können. Reicht dir das?“

„Müsste es mir reichen?“, fragte Harry misstrauisch.

„Wenn du dich reinhängst, ja.“

„Dann mach den Termin. War Severus eigentlich bei dir?“

Jetzt war es Hippocrates, der sehr überrascht schaute und dann sagte, „nein, sollte er?“

Harry schwieg eine Weile bevor er murmelte, „ja, sollte er.“

„Um was zu tun?“

„Er hat gesagt, dass er sich von dir untersuchen lässt“, sagte Harry während er sich erhob.

„Wo willst du hin?“

„Ihn in den Arsch treten und zur Not an seiner Robe hierher zerren.“

„Ich bin auf Station wenn du ihn wirklich hierher bringst“, sagte Hippocrates grinsend.

„Werde ich.“ Damit verabschiedete sich Harry und ging, sein Ziel war Hogwarts. Und diesmal würde er ihn wirklich hierher zerren.
 

Er wurde erwartet und zwar von einem Hauselfen, der vor ihm auftauchte als er den Wasserspeier gerade erreicht hatte. „Du kannst mich nicht aufhalten“, sagte Harry sofort.

Der Elf schüttelte nur den Kopf und sagte, „Master Snape schickt mich mit dem Wort, damit der Eingang zu der gewundenen Treppe sich öffnet.“

„Oh. Wie lautet es?“

„Nervensäge“, sagte der Elf und sofort knirschte der Wasserspeier hinter ihm.

„Vielen Dank.“

„Gern geschehen, Master Potter.“ Damit verschwand der Hauself und Harry machte sich auf den Weg nach oben. Es überraschte ihn wirklich, dass Severus sich keine Ausrede hatte einfallen lassen. Er hatte eigentlich erwartet, dass er die Arbeit oder sonst was vor schieben würde.
 

Harry klopfte an der Bürotür, erhielt aber keine Antwort. „Severus, ich komme rein“, rief er bevor er langsam die Tür öffnete. Doch das Büro war leer, sein Blick ging sofort zu der Tür, die in die privaten Gemächer von Severus führten. Schnell hatte er das Büro durchquert und gerade, als er anklopfen wollte, öffnete sich die Tür. „Severus?“, rief er unsicher, betrat aber dennoch das Wohnzimmer. Es war leer, der Kamin war aus und es wirkte als wäre keiner Zuhause. Harry runzelte die Stirn, Severus würde ihm nicht das Passwort geben wenn er nicht da war. Er sah sich um, es gab nur zwei weitere Türen aber er wusste nicht, wohin sie führten. Bis jetzt hatte er es nur bis ins Wohnzimmer geschafft. Nun, er würde nicht herausfinden wohin die Türen führten wenn er weiter hier rum stand. Also begab er sich zur ersten Tür und klopfte dort an, „Severus?“

Schweigen und auch sonst keine Reaktion. Er öffnete sie vorsichtig, immer auf einen Fluch vorbereitet doch seine Vorsicht war unbegründet, er sah in eine kleine, leere Küche. Blieb eigentlich nur noch ein Schlafzimmer also wandte er sich der zweiten Tür zu und klopfte dort an. „Severus? Bist du da?“ Wieder keine Reaktion bevor er die Tür langsam öffnete und sich wirklich in einem Schlafzimmer wieder fand. Hier fand er auch Severus, der im Bett saß und ihn auffordernd ansah.
 

Langsam durchquerte er das Zimmer, irgendetwas stimmte hier nicht. Wieso war Severus so relaxt? Er saß im Bett, mehrere Kissen im Rücken um ihn zu stützen, ein Buch lag aufgeklappt in seinem Schoß und auf dem Nachttisch lag sein Zauberstab neben einer Tasse und einer Kanne. Misstrauisch trat Harry neben das Bett, er wurde ruhig und abwartend angesehen.

„Da du nicht sagst, gehe ich davon aus, dass du nicht reden kannst. Da du mich hier im Bett sitzend empfängst, kannst du scheinbar nicht laufen. Also was ist los?“, fragte Harry doch Severus griff nicht nach seinem Zauberstab sondern sah ihn einfach nur an. „Bist du jetzt auch taub geworden?“

Kopfschütteln und ein leichtes Grinsen.

„Was ist los mit dir? Hast du in den letzten drei Tagen das Bett überhaupt verlassen?“

Erneutes Kopfschütteln.

„Warum hast du Hippocrates nicht geeult, er hätte dir helfen können“, maulte Harry während er nach dem Zauberstab griff und ihn Severus hin streckte, „los, rede mit mir.“

Doch Severus machte keine Anstalten nach dem Stab zu greifen sondern deutete nur auf den Nachttisch.

„Nein, ich will mit dir reden. Also entweder sprichst du mit mir, was du nicht tun wirst oder du schreibst mit mir“, knurrte Harry.

Severus schüttelte den Kopf, griff dann nach seinem Stab und legte ihn wieder auf den Nachttisch.

„Hey, so war das nicht gemeint. Du sollst mit mir reden.“

Kopfschütteln.

„Verdammt Severus, was soll das? Rede mit mir.“

Severus seufzte leise, griff nach dem Stab und schrieb, „Troll, durchgefallen.“

„Bitte?“

„Deine Geduld ist miserabel und du willst Heiler werden? Also ich werde kein Patient von dir, da muss man ja mit Schlägen rechnen.“

Fassungslos ließ sich Harry auf die Bettkante sinken und murmelte, „woher weißt du das?“

„Ich weiß alles und Hippocrates hat mir geeult als du die erste Anfrage gestellt hast. Du solltest an deiner Geduld arbeiten.“

„Du hast mich verarscht“, stellte Harry fest, das breite Grinsen von Severus bestätigte seine Vermutung.

„Warum?“, fragte Harry irgendwann.

„Langeweile und ein Test, du bist mit Pauken und Trompeten durchgefallen. Du solltest dringend an deiner Frustrationstoleranz arbeiten.“

„Danke Severus, das brauche ich. So ne richtige Aufmunterung noch vor Beginn der Ausbildung. Super, echt. Du könntest mich etwas unterstützen“, maulte Harry.

„Mach ich doch.“

„Ach ja, wie?“

„Wenn du mit mir klar kommst, kommst du mit jedem Patienten klar.“

„Du würdest dich von mir behandeln lassen?“

„Nein, natürlich nicht. Ich hänge an meinem Leben. Ich schrieb, klar kommen, nicht mich behandeln lassen.“

„Du hast ja richtig Vertrauen in meine Fähigkeiten.“

Severus hob nur eine Augenbraue und grinste leicht, schrieb aber nichts.

„Toll. Egal, ich werde dich schon noch überzeugen. Themawechsel, du sitzt hier und schweigst mich an also geht es dir schlecht. Soll ich Hippocrates holen?“, fragte Harry.

„Nein.“

„Soll ich raten warum nicht oder erklärst du es mir einfach?“

„Dann sitzen wir morgen noch hier. Hippocrates kann mir nur helfen wenn er mein Bein untersucht und ich dabei etwas fühle. Das funktioniert nur leider nicht wenn mein Bein seit drei Tagen absolut taub ist.“

Harry starrte ihn fassungslos an, sein Blick ging kurz auf Severus' Bein doch dann sah er wieder auf und fragte, „kann man dabei nichts machen?“

„Nein.“

„Jetzt nochmal die Wahrheit, bitte“, forderte Harry unbeeindruckt.

Es wunderte ihn nicht, dass Severus einen Moment zögerte und dann erst eine Antwort schrieb, „es geht normalerweise innerhalb einer Woche von selbst weg.“

„Das ist nicht die Antwort, die ich hören wollte. Was kann ich tun?“

„Nichts.“

Harry seufzte leise, stand auf und sagte, „Gut, du alter Sturkopf. Ich gehe jetzt zum Kamin und werde Hippocrates anflohen. Ich werde hin herholen und dann verprügeln wir dich zusammen.“

„Das wagst du nicht.“

„Abwarten.“

Severus sah ihn zweifelnd an, es war ihm aber anzusehen, dass er ihm nicht glaubte. Nun, in diesem Fall irrte sich Severus denn keine zehn Minuten später standen sowohl Harry wie auch Hippocrates in seinem Schlafzimmer.
 

Noch bevor irgendjemand Hippocrates erklärte, was eigentlich los war, schnaubte der Heiler und knurrte, „dein Bein ist taub, oder?“

Severus sparte sich an dieser Stelle eine Antwort und versuchte stattdessen Harry mit Blicken umzubringen.

„Gut, keine Antwort ist auch eine Antwort. Wie lange schon?“

Da Severus weiterhin schwieg, antwortete Harry, „er hat gesagt, seit drei Tagen. Aber es geht ja normalerweise innerhalb einer Woche von selbst weg.“

„Eine Woche...? SEVERUS!!!!“, brauste Hippocrates auf.

„Ich bin nicht taub und es ist doch immer wieder weg gegangen.“

„Du elender, missmutiger Giftpanscher, du bist so ein sturer Esel. Ich habe dir damals schon gesagt, dass Taubheit eine negative Begleiterscheinung ist, die du nicht haben solltest. Verdammt, du hättest nach der ersten längeren Taubheit sofort zu mir kommen müssen aber nein, der Herr ist sich ja zu stolz dazu“, fauchte der Heiler.

Severus sah ihn lediglich ruhig und abwartend an. Nach seinem Gesichtsausdruck könnte er kein Wässerchen trüben.

„Ich habe das Gefühl er heckt etwas aus“, sagte Harry unsicher, „Severus, ich möchte dich daran erinnern, dass ich meinen Zauberstab habe und im Gegensatz zu Hippocrates kann ich mich verteidigen. Ich bin mir sicher, dass ich es mit dir aufnehmen kann.“

Severus hob eine Augenbraue und schrieb, „nur solange ich nicht spreche.“

„Das wirst du nicht machen weil du ein verbohrter Kerl bist und der Meinung bist, dass du ohne deine richtige Stimme weniger wert bist“, mischte sich Hippocrates ein während er sich dem Bett näherte. Er blieb allerdings schnell stehen als sich die Zauberstabspitze auf ihn richtete. „Hör endlich auf damit, ich muss mir dein Bein ansehen.“

„Nur wenn er das Zimmer verlässt.“

Harry wollte widersprechen doch Hippocrates nickte, „Harry, raus. Das ist eine Angelegenheit zwischen Patient und Heiler also raus.“

„Aber ich will doch auch Heiler werden“, protestierte Harry jetzt doch.

„Aber ich nicht dein Patient, das hatten wir schon. Und jetzt raus.“

„Wir haben diese Diskussion noch nicht beendet.“

„Von meiner Seite aus schon. Du wirst definitiv nicht mein Heiler, da kann ich mir gleich mein eigenes Grab zaubern. Danke, nein.“

Harry wollte wieder protestieren aber Hippocrates mischte sich ein, „das Thema könnt ihr bereden wenn ihr alleine seit, ich will mir jetzt sein Bein ansehen also mach dich raus, Harry.“

Der Blick des Heilers war es, der Harry zeigte, dass es jetzt Zeit war das Feld zu räumen. Mit einem Murren nickte er und verließ das Zimmer.
 

„So, und jetzt zu uns. Was denkst du dir eigentlich dabei?“, fauchte Hippocrates, „warum muss erst Harry zu mir kommen um mir zu sagen, dass es dir so schlecht geht? Warum hast du nicht den Arsch in der Hose um selber zu kommen? Mensch, Severus, ich bin dein Heiler, ich habe dich nicht mühsam zusammen geflickt damit du dich jetzt selbst ruinierst. Warum machst du das?“

„Wofür?“

Etwas verwirrt blinzelte Hippocrates das Wort an bevor er fragte, „wofür was?“

„Wofür hast du mich zusammen geflickt?“

„Ist die Frage ernst gemeint? Severus, das Leben ist lebenswert, egal was du dir gerade wieder zusammen spinnst. Wenn du dich endlich mal zusammen reißen würdest und dich nicht immer in Selbstmitleid ertränkst, würdest du das auch sehen“, knurrte Hippocrates. Er deutete auf die geschlossene Tür und fuhr fort, „da draußen steht ein Mann, der wirklich Interesse an dir hat und der dich wirklich gut genug kennt um deine schlechtesten Seiten zu kennen. Statt sich darüber zu freuen und zu versuchen eine Beziehung aufzubauen, ja, ich weiß, dass du dem nicht abgeneigt bist, stößt du ihn bei jeder Gelegenheit vor den Kopf. Warum tust du das? Warum gibst du ihm nicht eine Chance?“

„Eine Chance auf was? Eine Beziehung? Mit einem Krüppel? Das ist wohl kaum das, was ein Zauberer um die Vierzig anstrebt. Zudem gehört zu einer Beziehung auch eine sexuelle Komponente und auch in diesem Punkt kann ich Harry nicht das geben, was er verdient. Glaubst du wirklich, dass es leicht für mich ist?“ Severus' Gesichtsausdruck war verbittert.

Hippocrates legte fragend den Kopf schief, „seit wann geht das nicht mehr?“ Er rechnete nicht wirklich mit einer Antwort, normal wäre Severus zu stolz gewesen diese Frage zu beantworten. Aber allein die Tatsache, dass er das Thema von sich aus ansprach, zeigte ihm, wie verzweifelt Severus eigentlich war. Die Antwort überraschte aber selbst ihn.

„Seit etwa fünf Jahren.“

„Verzeih die Frage aber was hast du versucht um es zu ändern?“

„Alles. Sowohl Muggelmedizin wie auch Tränke und Zauber, Muggelfilme, Bücher, eine Therapie bei einem Muggelarzt, der auf das Thema spezialisiert ist. Es hat nichts geholfen.“

„Ein echter Mann?“

„Danke, nach dem zehnten Mal, wo ich diesen enttäuschten, angewiderten und teils belustigten Blick gesehen habe, habe ich genug von dieser Art. Bevor du fragst, ja, Männer wie Frauen. Hippocrates, sieh es ein, es funktioniert nicht.“

„Und Harry hat davon keine Ahnung“, stellte Hippocrates zögernd fest.

„Nein. Das wird auch so bleiben. Wenn du ihm auch nur ein Wort sagst, verfluche ich dich und diesmal halte ich mein Wort, da kannst du dir sicher sein.“

„Das heißt, du willst Harry einfach so lange von dir stoßen bis er genug hat und geht?“

Nicken.

„Ich nehme dir ungern deine Illusionen aber ich glaube nicht, dass diese Strategie bei Harry aufgeht. Überleg doch mal, er kennt dich seit Kindertagen an und er hat mir erzählt, wie du ihn behandelt hast. Nicht sehr nett. Dazu ist er hetero, ja, auch das hat er mir erzählt aber dennoch findet er es sehr schön bei dir zu sein, auch früh am Morgen im Bett. Er will, wegen dir, Heiler werden. Glaubst du wirklich, so ein Mann lässt sich von ein bisschen schlechter Laune aufhalten?“, fragte Hippocrates mit einem schlecht verborgenen Grinsen.

„Wohl eher nicht, oder?“

„Nein, gar nicht. Er wird zweifeln, sich dann selbst in den Arsch treten, vielleicht mach ich das auch und dann wird er von vorne anfangen. Du müsstest ihn doch auch gut genug kennen, so schnell gibt er nicht auf.“

„Was hast du davon wenn wir ein Paar werden?“

„Die Hoffnung, dass du dich richtig behandeln lässt. Damit sind wir beim Thema, Decke weg, ich will mir dein Bein ansehen. Nur links oder ist es mittlerweile auch das Rechte?“, fragte Hippocrates, der übergangslos ernst geworden war und jetzt wieder als sein Heiler hier war.

Severus seufzte leise, schlug dann die Decke weg und schrieb, „nur links. Das rechte Bein ist allerdings sehr schwach.“

„Kein Wunder, du hattest noch nie viele Muskeln aber jetzt ist fast gar nichts mehr da“, sagte Hippocrates noch bevor er den Zauberstab zog und einen Diagnosezauber auf das linke Bein sprach.

„Und das heißt?“

„Das du Übungen für den Muskelaufbau machen musst oder dich mit dem Gedanken anfreunden, dass du bald nicht mehr laufen kannst. Nur mit Tränken kannst du auf Dauer nichts machen. Kurzfristig ja, aber auf Dauer, nein. Wenn du so weiter machst, werden sich die Muskeln immer weiter zurückbilden bis du nicht mehr laufen kannst.“

„Es gibt Stützzauber.“

Hippocrates sah die Schrift einen Moment an, schüttelte dann den Kopf und sagte, „gibt es aber die setzen eine gewisse Muskelmasse voraus, die sie stützen können. Du hast bald keine Muskeln mehr. Severus, du musst dich entweder mehr bewegen oder die Übungen machen. Am Besten Beides.“

„Falls es dir entfallen ist, ich kann gerade nicht laufen.“

„Ich kann dir auch sagen warum.“

„Bitte!“

„Da ist eine Verdickung neben einer der Hauptnerven. Je nach Durchblutung drückt es auf den Nerv und schon ist das Bein taub. Wenn die Verdickung dauerhaft wird, bleibt das Bein auch dauerhaft taub. Und wird wahrscheinlich irgendwann absterben“, erklärte Hippocrates.

„Was für eine Verdickung?“

„Keine Ahnung, ich kann dir nur sagen, was der Diagnosezauber sagt. Aber hier kann ich nichts machen, du musst ins St. Mungo.“

„Wie? Ich kann nicht laufen und ich werde mich nicht dieser Schmach aussetzen per Schwebezauber ins St. Mungo zu gehen.“

Jetzt grinste Hippocrates und meinte, „du kannst dein rechtes Bein belasten. Wir haben zwei starke Männer hier, die dich stützen können. Also, möchtest du dir noch was Anderes anziehen oder kann ich Harry rein holen? Spar dir den Blick, der wirkt bei mir nicht.“

Severus zögerte, es war ihm anzusehen, dass ihm das mehr als unangenehm war aber er sah schließlich auch die Notwendigkeit wenn er sein Bein nicht verlieren wollte.

„Nun?“

Statt einer Antwort schwang Severus den Zauberstab und murmelte etwas, die leichte Stoffhose und der dünne Pullover wurden durch seine typischen, hochgeschlossenen Roben ersetzt.

„Warum eigentlich? Er hat bei dir geschlafen, er müsste dein Schlafoutfit kennen“, sagte Hippocrates.

„Wer sagt, dass es mir um Harry geht? Hol ihn schon rein.“

Hippocrates sah ihn einen Moment seltsam an, nickte aber dann und ging zur Tür um Harry zu holen.
 

Er hasste flohen und Seite-an-Seite war es noch schlimmer, fand zumindest Harry. Doch er riss sich zusammen, schließlich musste er Severus helfen, der sich schwer auf ihn stützte. Hippocrates, auf Severus' rechter Seite, dirigierte sie in einen Behandlungsraum. Der Weg war nicht weit, sie waren direkt in Hippocrates' Büro raus gekommen. „Wie lange muss Severus denn hier bleiben?“, fragte Harry nachdem sie Severus auf die Behandlungsliege gelegt hatten.

„Das kommt drauf an wie sehr sich der Herr gegen die Therapie wehrt. Aber ein paar Tage bestimmt. Harry, ich muss dich jetzt bitten zu gehen“, sagte Hippocrates.

Diesmal gab Harry keine Widerworte sondern verabschiedete sich und ging.

„Und wir können anfangen.“

„Ich bin begeistert.“

Hippocrates grinste, schwang dann den Zauberstab und legte Severus' linkes Bein frei. Er konnte sich ein missbilligendes Schnalzen nicht verkneifen, Severus sparte sich seinen Kommentar und sah weg, so wie er es immer machte. Er wollte die Behandlung nicht sehen, wollte seine eigene Schwäche nicht sehen und wenn er nicht sah, was Hippocrates machte, konnte er sich irgendwie einreden, dass es nicht ganz so schlimm war. Allerdings würde er sich in den nächsten Tagen wohl wieder eingestehen müssen, dass es doch so schlimm war. Spätestens wenn er die Aufbautherapie anfing, und er war sich sicher, dass Hippocrates ihn dazu zwingen würde, musste er sich wieder der Realität stellen.

„Bereit?“, fragte Hippocrates ruhig.

Severus nickte nur und im nächsten Moment spürte er den Betäubungszauber auf seinem Bein.
 

Er hatte die Station kaum betreten als er schon hörte, dass etwas nicht stimmte. Denn Severus' Stimme war sehr deutlich. „WENN ICH SAGE, DASS ES WEH TUT, DANN TUT ES WEH. UND ES IST MIR EGAL OB DAS BEI DER ÜBUNG MÖGLICH IST ODER NICHT!!!“

Kurz darauf explodierte etwas, dunkler Rauch quoll aus einem der Zimmer und machte ein Weitergehen fast unmöglich. Pfleger und Heiler kamen von allen Seiten angerannt, eine Frau bat ihn zur Seite und dann wurde der Rauch per Zauber entfernt. Zwei Heiler gingen vorsichtig vorwärts, aus dem Zimmer stürzte gerade ein junger Mann, der eine tropfende Blutspur hinter sich herzog.

„Nicht schon wieder.“

Harry drehte sich zu Hippocrates um und fragte, „was ist los?“

„Was soll schon los sein? Severus ist los“, fauchte der Heiler.

„Naja, wenn er wirklich Schmerzen hat und der Heiler die Übung wirklich durchsetzen will, wäre ich auch stinkig.“

„Aber Schmerzen sind bei dieser Übung nicht möglich.“

„Das sieht Severus anders“, sagte Harry vorsichtig.

Hippocrates wollte antworten, schloss aber den Mund sofort wieder als er sah, dass Severus den Flur betrat. Das linke Bein war steif und er zog es nach, er musste sich auch an der Wand abstützen aber er hielt dennoch den Zauberstab erhoben. Doch schließlich fand er seine Stimme doch wieder, „Was machst du hier? Du hast strenge Bettruhe.“

„Die werde ich Zuhause einhalten.“

„Severus, du kannst nicht gehen“, sagte Hippocrates während er sich ihm vorsichtig näherte, die restlichen Heiler und Pfleger versuchten sich möglichst unauffällig zu entfernen. Zwei Heiler hatten sich zwischenzeitlich dem Verletzten angenommen.

„Ich werde gehen!“

„Severus, bitte. Du musst die Therapie machen, du bist viel zu schwach und deine Muskeln sind fast nicht vorhanden. Ich kann dich nicht guten Gewissens gehen lassen“, sagte Hippocrates, er klang fast schon verzweifelt.

„Hippocrates, ich sage es dir ein Mal im Guten, ich will dich nicht verfluchen aber ich werde es tun. Ich werde jetzt zum nächsten Kamin gehen und nach Hause flohen und ich werde mich von dir nicht aufhalten lassen“, knurrte Severus.

„Das ist Wahnsinn.“

Harry sah sich das Ganze schweigend an, er sah die Entschlossenheit bei Severus und die Verzweiflung bei Hippocrates. Er war sich allerdings sicher, dass der Heiler ihn nicht aufhalten könnte. „Vielleicht kann ich helfen?“, mischte er sich daher ein.

„Wie willst du helfen? Du kannst die Übungen nicht und dieser Trottel wird sich von dir nicht helfen lassen“, fauchte Hippocrates.

„Trottel?“

„Natürlich, Trottel du Trottel. Du gehörst ins Bett, mit medizinischer Versorgung und nicht alleine in dein Haus.“

„Ich könnte ihm Gesellschaft leisten und du könntest mir zumindest die wichtigsten Übungen zeigen. Ich bin mir sicher, dass Severus und ich uns schon irgendwie arrangieren werden“, schlug Harry vor.

„Ach, glaubst du?“, fragte Hippocrates mit einem skeptischen Blick auf Severus, der sich noch nicht weiter bewegt hatte. Er wusste auch warum, er sah von hier aus den kalten Schweiß, der auf Severus' Stirn stand. Allein das Stehen musste ihn enorm viel Kraft kosten.

„Ja, glaube ich. Oder Severus? Ich bin das geringere Übel.“

„Wieso?“, fragte Severus.

„Naja, Hippocrates wird dich nicht wirklich gehen lassen, du bist zu krank. Also entweder schlägst du dich weiter mit den Heilern hier rum oder du schlägst dich mit mir in deinem eigenen Haus rum. Ich kann sogar mehr oder weniger kochen und ich bin doch so lieb“, grinste Harry.

„Du bist eine Landplage“, konterte Severus trocken.

„Und du hast mich lieb“, gab Harry noch breiter grinsend zurück.

„Ich hasse dich.“

Hippocrates' Anspannung fiel von ihm ab, er konnte sich ein amüsiertes Schmunzeln nicht verkneifen und schließlich sagte er, „ich sehe schon, ihr habt euch wirklich lieb. Gut, dann nimm ihn mit. Bring ihn nach Hause, leg ihn ins Bett und komm dann wieder, ich zeige dir die wichtigsten Übungen. Und ich gebe dir dann die genauen Anweisungen. Verschwinde Severus.“

„Geht doch“, murrte Severus, bewegte sich aber nicht. Alle wussten warum aber keiner sagte etwas.

Harry löste sich von seinem Platz, trat an Severus' linke Seite und legte sich kurzerhand seinen Arm um die Schultern, der eigene Arm fand den Halt an seiner Taille. „Wo finde ich dich?“, fragte er Hippocrates.

„Irgendwo auf der Station, frag dich durch. Wenn es schlimmer wird, melde dich bitte!“

„Mach ich. Komm Severus, schaffen wir dich heim.“

Severus sagte nichts, wehrte sich aber auch nicht als Harry vorsichtig los ging sondern stützte sich schwer auf ihn. Hippocrates zog es vor zu schweigen denn noch hatte Severus den Zauberstab erhoben und egal wie schwach er war, Kraft zum fluchen würde er immer finden.
 

„Du kannst mich jetzt loslassen“, knurrte Severus als sie den Kamin verließen.

„Klar und dann sammle ich dich wieder vom Boden auf weil du nicht stehen kannst. Severus, ich spüre wie stark du zitterst und deine Roben sind völlig nass geschwitzt, du bist am Ende deiner Kräfte. Couch oder Bett?“, fragte Harry.

„Couch.“ Die Antwort war klar, Severus würde den Weg nach oben nicht schaffen.

Ein Plopp ließ sie aufsehen, Fino sah sie mit großen Augen an und fragte, „Wie geht es Master Snape? Was kann Fino tun?“

„Einen Tee“, bat Severus, der sich schwer auf die Couch fallen ließ.

„Kann ich dich eine Weile alleine lassen? Ich muss mir bei Hippocrates meine Anweisungen abholen“, sagte Harry.

„Brauchst du nicht. Ich komme klar.“

„Natürlich. Also, kann ich dich allein lassen?“

„Ich werde nicht weglaufen.“

Harry nickte und flohte dann zurück ins St. Mungo.

Severus wartete bis die Flammen wieder ihre normale Farbe hatten bevor er mit einem tiefen Seufzen in sich zusammen sackte. Er hatte höllische Schmerzen und kaum noch die Kraft die Augen auf zu halten. Sein Blick ging kurz zur Treppe, er verwarf den Gedanken aber sehr schnell wieder, er würde die Treppe nie bewältigen können.

„Master Snape?“

Etwas überrascht wandte sich Severus dem Hauselfen zu, der gerade eine dampfende Tasse auf den Tisch stellte.

„Kann Fino noch etwas für Master Snape tun?“, fragte Fino sichtlich traurig.

„Eine Decke“, murmelte Severus, „und einen Schmerztrank.“ Er war so müde, er wusste, dass er eigentlich dringend aus den verschwitzten Sachen raus musste aber das überstieg momentan seine Kräfte. Während Fino kurz verschwand, schwang er den Zauberstab und sprach einen einfachen Reinigungszauber, und selbst das überstieg schon fast seine Kräfte. Mit einem Seufzen legte er den Zauberstab weg, legte sich vorsichtig hin und schloss die Augen, er wollte nur ganz kurz ausruhen und dann wirklich duschen gehen. Er spürte nicht mehr wie Fino die Decke über ihm ausbreitete, er schlief fast augenblicklich ein.



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