Joeys steiniger Weg! von Onlyknow3 (Geschunden, Verloren und Aufgefangen) ================================================================================ Kapitel 76: Entschlossenheit ---------------------------- Kapitel 76 - Entschlossenheit Serenity blickte mit tränennassem Gesicht ihren großen Bruder an, der vor ihr kniete und versucht hatte ihre Stimmung zu retten und wieder anzufachen. Doch nachdem sie seinen Rücken gesehen hatte, mit all den Narben, war ihr alles andere als zu lachen zu Mute. Auf ihre Frage, was ihr Vater ihm nur angetan hatte, hatte der Blonde seinen Blick zwischen sie gesenkt und schien darüber zu sinnieren, was er ihr antworten sollte. "Warum willst du mir nicht antworten, Brüderchen?", fragte sie ihn verzweifelt. Doch selbst diese direkte Anrede brachte den Blonden nicht dazu wieder zu ihr aufzuschauen. Sie sah, wie ihr großer Bruder schluckte. Einmal. Zweimal. Dreimal. "E... es ist nicht so, dass ich nicht wollen würde.", kam es mit brüchiger, leiser Stimme von Joey. "I... ich kann es dir nicht erzählen, weil ich mich selbst kaum und nur sehr sporadisch erinnere." "Aber du erinnerst dich ein wenig... an was erinnerst du dich?", hakte die junge Frau nach. Wieder senkte Joey seinen Blick. Man merkte, dass er nicht gewillt war ihr diese Frage zu beantworten. "Brüderchen...? Was macht dir nur solche Angst?" Seto und Jack waren hinter Joey getreten und er neigte den Kopf ein wenig so, als würde er um die Ecke hinter sich schauen können. "Na komm schon, Grinsekatze...", kam es leise von Joey. "Es ist doch ein viel zu schöner Tag, um ihn sich durch sowas jetzt verderben zu lassen..." Seto ging neben ihm in die Hocke und legte sanft seine Hand auf die des Blonden. Joey wusste, das Seto dafür war, Serenity alles zu sagen. Doch das wollte Joey nicht. "Brüderchen... wieso willst du mir nicht davon erzählen?", kam es verzweifelt von der Brünetten, die ihn flehend anblickte. "Serenity.", kam es jetzt behutsam von Seto. "Joey hat noch mit niemanden über diese Woche im Sommer gesprochen." "Was...?", kam es entsetzt von der kleinen Schwester. "Aber wieso nicht, Joey?" Der Blonde wandte seinen Blick von seiner kleinen Schwester. Doch sie legte beide Hände an seine Wangen und richtete seinen Blick wieder auf sie. Sanft und behutsam versuchte sie ihn anzulächeln. "Oh, Sunnyboy... warum schämst du dich nur so sehr?", hakte sie weiter unaufhörlich nach. Joey entkam eine Träne aus seinem Auge, die sich langsam über die Wange zog, bis sie von Serenitys Daume sanft weggewischt wurde. Dann umarmte die Brünette ihren Bruder eng und inniglich. "Du kannst mir alles erzählen, Brüderchen... ich bin deine Schwester und ich werde dich immer - IMMER - lieb haben, hörst du?" Jetzt nahm Joey seine Schwester fest in den Arm und drückte sie an sich. Als sie sich langsam von einander lösten blickte sie ihn und sein unförmig vor der Brust hängendes Shirt lange an. Dann, wie in Zeitlupe, griff sie nach dem Fetzen Stoff und begann ihn langsam über Joeys Kopf zu ziehen. Gerade als sie das Shirt endgültig von ihm ziehen wollte hielt Joey sie auf. Er musterte sie lange, bevor er ihre Hände freigab und sich das Shirt von der Brust und den Armen ziehen ließ. Als Serenity sah, was für Spuren diese Woche im Sommer auf dem Körper ihres Bruders hinterlassen hatte begann sie zu ahnen, dass man ihr etwas Essenzielles vorenthalten hatte. Ihr Vater war ein Säufer und ein Schläger, aber diese Spuren gingen weit über das Maß dessen hinaus, zu was ihr Vater fähig war... oder? Konnte sie das wirklich mit Gewissheit behaupten? Wie gut kannte sie den Mann, den sie als Vater all die Jahre angesehen hatte, überhaupt? Vorsichtig streckte sie ihre Hand einer langen Narbe an Joeys Seite aus, doch bevor sie diese berühren konnte zuckte Joey nach hinten weg. Sie versuchte ihn aufmuntern anzulächeln, doch es fiel ihr schwer. Diese Ungewissheit nagte einfach an ihr. Dennoch wollte sie ihren Bruder nicht länger bedrängen. Sie hatte das Gefühl, würde sie weiter bohren würde ihr Bruder irgendwann zusammen klappen. Das war das Letzte, was sie wollte. Auch wenn sich alle die größte Mühe gaben locker und fröhlich zu sein, so recht wollte sich eine ausgelassene Stimmung nicht mehr einstellen. Es war noch keine acht Uhr am Morgen, als Serenity mit einer Boutiquentüte im Foyer zur Haustür schritt. Sie wollte die Tür gerade öffnen, als sie hinter sich die Stimme des Jungunternehmers hörte. "So früh schon auf?", fragte er überrascht. "Oh, guten Morgen, Seto.", begrüßte sie ihn mit einem überwältigend Lächeln. "Hm... dieses Lächeln muss in der Familie liegen!", stellte Seto trocken fest. "Immer wenn Joey mich von etwas ablenken möchte, lächelt er mich genauso an." "Ablenken? Wovon sollte ich dich ablenken wollen?", konterte die Brünette kess. "Keine Ahnung.", gab Seto zu und betrachtete sie nachdenklich. Heute hatte die junge Frau eine Jeans und ein Shirt an, dass sie sorgfältig in die Hose gesteckt und den Übergang mit einem Gürtel verdeckte. "Willst du etwas umtauschen?" "Ja.", log Serenity ihn eiskalt an. "Ich hab mir da gestern ein Kleid gekauft, von dem ich heute einfach nicht mehr so überzeugt bin." "Dann warte einen Augenblick. Ich lass ein Fahrer mit einem Wagen kommen.", bot Seto ihr an. "Das ist nicht nötig... so ein kleiner Spaziergang wird mir gut tun.", versuchte Serenity sein Angebot auszuschlagen. "Nichts da... kleiner Spaziergang? Wenn dein Bruder in zehn Minuten aus der Dusche kommt und mich fragt, wo du bist und ich ihm sage, dass ich dich zu Fuß in die Stadt laufen gelassen habe, reist er mir den Kopf von den Schultern.", erklärte Seto und wirkte wirklich für einen Moment so, als habe er Angst vor Joeys Reaktion. Serenity schmunzelte sanft und nickte dann einlenkend. Keine fünf Minuten später fuhr ein Wagen der gehobenen Mittelklasse vor und ein Fahrer stieg aus, um die hintere Tür zu öffnen. Serenity begrüßte ihn freundlich, stieg ein und wartete darauf, dass der Fahrer ebenfalls einstieg. Als er endlich eingestiegen war und losfuhr fragte er, wo die Boutique lag. "Ja... die Boutique... nun ja... ich würde gerne zum Bezirksgefängnis!", kam es endlich von Serenity. Der Fahrer nutzte den Rückspiegel um sie kritisch zu mustern. Dann nickte er und wendete den Wagen. Serenity rutschte nervös auf der Rückbank hin und her. Sie wusste, dass es keine gute Idee war, dass sie das direkte Gespräch mit ihrem Vater suchte. Doch seit der Poolparty nagten Fragen an ihr, die sie beantwortet haben wollte. Seto hatte versucht ihr zu erklären, warum Joey nicht in der Lage war darüber zu sprechen, doch auch bei diesem Gespräch hatte sie das Gefühl, dass der andere ihr etwas nicht gesagt hatte. Sie war kein Kind mehr und es ärgerte sie, dass ihr Bruder und dessen Freund meinte sie bevormunden oder vor was auch immer beschützen zu müssen. Daher hatte sie beschlossen ihren Vater besuchen zu gehen. Auch hier war ihr bewusst gewesen, dass wenn sie ihr Vorhaben offen ausgesprochen hätte, alle sofort versucht hätten es ihr auszureden. Daher hatte sie sich an ihre kleine Lüge gestern erinnert, als ihr die Narbe an Joeys Handgelenk das erste Mal aufgefallen war und er nachgefragt hatte, worüber sie sich den Kopf zerbrach. Genau diese Lüge hatte sie nun erneut aufgegriffen und hatte sich somit - erfolgreich - aus dem Haus gestohlen. Schließlich wurde nach nur einer halben Stunde Autofahrt der Wagen langsamer und parkte auf einem großen Parkplatz. Ihr Blick fiel sofort auf den Betonkasten, der die schöne, ländliche Umgebung völlig entstellte und störte. Ein flaues Gefühl in ihrem Magen entwickelte sich und sie fragte sich noch einmal, ob sie das wirklich tun wollte. Was wäre, wenn ihr Vater nicht bereit war auf ihre Fragen zu antworten oder er ihr irgendwelche Lügen erzählte? Doch jetzt war sie schon einmal den gesamten Weg hier raus gekommen, jetzt zu kneifen wäre völlig unsinnig und lag nicht in ihrer Natur. Also strafte sie sich, stieg aus und marschierte auf den Besuchereingang des Gefängnisses zu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)