Nemos Vermächtnis von MarySueLosthername (Eine "Operation Nautilus" FanFiction) ================================================================================ Kapitel 17: Teil 16 ------------------- Er schloss die Augen und genoss die Wärme, die sich in ihm ausbreitete, als Singhs Finger über seinen Rücken strichen. Auf der Suche nach mehr, drückte er sich enger an ihn und vergrub sein Gesicht in dessen Halsbeuge. Seine Arme schlossen sich fest um den Inder, damit sie sich nie wieder verlieren sollten. Im Dunkeln seines Quartiers auf der Nautilus, tasteten sich Mikes Finger über Singhs Gesicht und strichen über dessen Lippen. Wie ein Ertrinkender versank er in den Kuss und wollte sich nie mehr von ihm lösen. „Ich bin so froh, dass das alles vorbei ist.“, hauchte er und sah Singh dann in die Augen, doch der Inder blickte nur traurig auf ihn herab. „Was hast du?“, fragte Mike irritiert und strich Singh über die Wange, doch dieser reagierte nicht auf die Berührung und sah weiterhin mit diesem seltsamen Blick auf ihn hinab. „Was ist los?“, wiederholte Mike schließlich. „Wir haben es überstanden, ich wurde geheilt und du hattest recht all die Zeit. Niemand ist gestorben.“ Er redete weiter, doch die Worte fühlten sich einfach hohl und nicht richtig an und Singh sah weiter wie erstarrt auf ihn hinab. „Ich bin traurig, Mike.“ „Aber… aber warum?“, stotterte er und rückte ein Stück von dem Inder weg. „Es hätte alles so schön sein können.“, sagte Singh bitter und machte eine ausholende Handbewegung. „Aber leider ist nichts davon real. Siehst du das denn nicht?“ „Was redest du da…?“, fuhr Mike auf, stockte jedoch als die Luft um ihn herum zu flimmern begannen, bis schließlich die Wände seines Quartiers verblassten. Statt auf seinem Bett, hockte er auf staubigen Boden inmitten eines dicht bewachsenen Farnwaldes. „Singh?“, rief er und konnte dabei nur sein eigenes Echo hören. Er war allein. Panik stieg in ihm auf und er musste ein paar Mal tief ein und ausatmen, eher er es wagte sich genau umzusehen. Er hatte einen Wald, wie diesen, noch nie gesehen. Mit wackeligen Beinen stand er auf und wagte sich ein paar Schritte in den unheimlichen Wald hinein. Überall um ihn herum waren Blumen und Gewächse, die ihm völlig unbekannt waren und in tausend Farben schillerten. Ihm fröstelte und die Geräusche um ihn herum beängstigten ihn; er konnte sich nicht im Entferntesten die dazugehörigen Tiere vorstellen. Zitternd strich Mike sich über die Arme und rubbelte sich über die Gänsehaut, die sich auf seinem ganzen Körper ausbreitete. Es war nun tatsächlich kalt geworden, stellte er fest und vor seinem Mund bildeten sich im Rhythmus seiner Atmung kleine Wölkchen. Verwundert sah er sich um. Der Dschungel um ihn schien eindeutig tropischer Natur zu sein; wie konnte es dann plötzlich so eisig kalt sein? Nebelschwaden krochen von allen Seiten über den Boden und direkt auf ihn zu. Mike versuchte ihnen auszuweichen, doch es gab nichts, wo er vor diesen unheimlichen Armen sicher gewesen wäre. Als sie ihn erreichten, bauten sie sich vor ihm zu einer undurchdringlichen Wand auf und umgaben ihn völlig. Hektisch drehte er sich zu jeder Seite, doch das Bild blieb gleich. Plötzlich spürte er eine Berührung am Arm und drehte sich erschrocken um. Dann sah er es, das Wesen. Und ihm gefror beinahe das Blut in den Adern. Sein Schrei erstickte ihm im Hals und selbst wenn der Nebel nicht gewesen wäre, hätte er es nicht geschafft wegzulaufen. Seine Beine gehorchten ihm einfach nicht. Das Wesen schien nur aus nebeligen Tentakeln zu bestehen und hielt sich schwerelos vor ihm. Doch nach und nach erkannte er ein Gesicht oder etwas das so ähnlich sein sollte, denn es verschwamm immer wieder und man konnte keine genauen Konturen erkennen. Je mehr das Wesen jedoch Form annahm, umso mehr schwand seine Angst vor ihm und machte seiner Neugier platz. Etwas daran kam ihm bekannt vor, aber er konnte nur noch nicht erfassen was. Aber etwas in Mike wusste, dass er dieses Geschöpf hier nicht zum ersten Mal sah. Dann fiel ihm so plötzlich ein, wo er es schon einmal gesehen hatte, dass er sich - wenn seine Arme so gewollt hätten wie er - die Hand vor die Stirn geschlagen hätte. Ganz zu beginn ihres großen Abenteuers war er ihm schon einmal begegnet; es war eines der Wesen das Serenas Volk als die Alten bezeichnet hatten. Kurz nachdem sie damals Serena nach ihrem Erwachen aus den Fängen Winterfelds befreit hatten, ergriff ein riesiges quallenartiges Wesen die Nautilus und zog sie tief auf den Meeresgrund zu einem schier fantastischen Ort. Es war eine kleine fremde Welt auf dem Grund des Ozeans, in die seit Jahrhunderten immer wieder Schiffe entführt wurden und sich so eine eigenständige kleine Gesellschaft gebildet hatte. Doch das Wesen griff nicht wahllos nach ihren vermeintlichen Opfern. Es suchte etwas ganz bestimmtes und immer, wenn es das fand, schlug es zu. Es suchte nach Atlantern und ihren Nachkommen, die in sich noch einen Teil ihrer Magie trugen, denn diese Fähigkeiten waren gestohlen und es wollte nur zurück, was ihm gehörte. Sollte das bedeuten, dass er ebenfalls gestohlene Magie in sich trug? War das Geschöpf deshalb hier bei ihm? Aber das konnte nicht sein. Damals, auf dem Grund des Meeres, berührte es auch ihn und hätte er nur einen Funken dieser Macht in sich gehabt, so hätte es sie ihm genommen. Das Wesen hob einen seiner leuchtenden wogenden Arme und berührte seine Stirn. Es tat nicht weh und eine sanfte Wärme verdrängte den Frost, der sich um ihn gelegt hatte. Und noch etwas geschah: Seine Umgebung flimmerte erneut, der Dschungel verschwand und machte den Blick frei auf eine weite Ebene. Anders als zuvor im dichten Wald, war er hier nicht allein. Er sah eine Vielzahl von Menschen. Sie waren allesamt hellhäutig, hochgewachsen und blond; und erinnerten ihn stark an Serena. Sollten das die alten Atlanter sein? Doch ihr Volk war technisch hoch entwickelt, diese Menschen hier waren einfache Bauern. Mike lief über die weiten Felder, jedoch nahm niemand von ihm Notiz. Selbst dann nicht, wenn er direkt vor ihnen stand. Er war ein unbeteiligter Beobachter. Gebückt stemmten die Menschen ihre Arbeit, viele von ihnen sahen ausgezerrt und teilweise auch krank aus. Nie im Leben war dies das stolze Volk der Atlanter. Dann sah er ein grelles Licht vom Himmel kommen und nicht nur er bemerkte es. Die Menschen hielten verwundert in ihren Tätigkeiten inne und reckten sich zum Firmament, als der Himmelskörper herabstieg und Fremde daraus hervortraten. Ein verschrecktes Raunen ging durch die Menge der Bauern und sie duckten sich schutzsuchend oder liefen weg, wobei die kränksten und schwächsten zurückblieben. Doch die Menschen von den Sternen wollten kein Leid bringen und so heilten sie diese. Dann war es Mike, als würde jemand schnell ein Buch durchblättern und er bekäme nur immer wieder einzelne Bilder zu sehen. Er sah wie die Sternenmenschen den Bauern zeigten wie sie Arbeiten leichter verrichten konnten, ihre Krankheiten heilen und schließlich entstand eine Zivilisation, die sich darauf verstand Technologie zu verwenden, dabei lebten sie eng mit den Sternenmenschen zusammen. Für Mike waren Bruchteile von Sekunden vergangen, doch er sah für die Menschen hunderte von Jahren verstreichen. Schließlich blieb das Bild an einer Stelle stehen. Er sah die Sternenmenschen und begriff, dass sie nicht nur über unglaubliche Technologien verfügten, sondern auch über fantastische Fähigkeiten verfügten. Er wurde Zeuge wie sie Dinge mit bloßer Willenskraft bewegten oder Gedanken lasen – und es kam ihm unheimlich vertraut vor, dachte er schaudernd – und schließlich sah er, was mit ihnen passierte, wenn sie starben. Wenn ihre Körper für immer den ewigen Schlaf begannen, machte sich eine Energie frei und verschwand. Gerade als er näher heranwollte, um zu begreifen was da passierte, wurde das Buch weiter vor geblättert. Das Lichtwesen berührte ihn wieder am Arm und schob seine Aufmerksamkeit an einen bestimmten Punkt. Mike sah wie die Atlanter Maschinen bauten und er begriff sofort, für was sie waren. Die Energie der toten Sternenwesen wurden von diesen Maschinen aufgesogen und schließlich bedienten sich die Atlanter daran, um selbst über diese übermenschlichen Kräfte zu verfügen. Das Entsetzten der Wesen war groß, doch in ihrer Güte appellierten sie an die Menschen und machten ihnen begreiflich, welches Leid das für sie bedeutete. Doch die Gier nach Macht war zu groß. Und schließlich wurden auf Verbündeten Feinde, aber ein direkter Angriff war gegen alles was die Wesen glaubten. Jedoch blieb ein Ausweg: Sie verfluchten sich selbst und mit jeder weiteren Energie, die durch sie gewonnen wurde, sprang auch der Fluch des Verglühens über. Sie beschlossen die Menschen zu verlassen, doch die Krankheit blieb und ohne die Sternenwesen keine Heilung. Es dauerte zwar Generationen, aber schließlich sollten die Atlanter die Kontrolle über sich selbst verlieren und ihr Untergang war besiegelt. Mike war traurig. Und er wusste warum das Wesen ihm das zeigte. Es zeigte ihm wer, oder viel mehr, was er war. Und er war beide Seiten der Medaille. Er war Sternenwesen, das freimütig gab und Mensch, der aus Gier nahm. Er verglühte nicht nur, er wurde zerrissen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)