Too Strong To Die von Votani (Levi x Sakura | Kakashi x Mikasa) ================================================================================ Kapitel 4: to escape. --------------------- Orientierungslosigkeit erfasste Mikasa. Ihre Augen waren weit aufgerissen, doch nahmen nur die winzigsten Details wahr, anstatt das Gesehene zu dem zusammenzusetzen, was sich eigentlich um sie herum abspielte. Rauch befand überall um sie herum in der Luft. Er stach in ihren Lungen und in ihren Augen. Irgendwo brannte es. Vor ihr lag ein umgestoßener Tisch, was unmöglich war. Hatte sie dem Büffet nicht den Rücken gekehrt? Und wo war die Tischdecke? Mikasa stützte die Hände auf dem Boden ab, um sich aufzustemmen. Die Umgebung wankte, vielleicht war sie es aber auch. Sie musste sich den Kopf angeschlagen haben. Eine Hand hob sich, um ihrer Schläfe entlang zu tasten. Als sie diese wieder sinken ließ, waren ihre Fingerspitzen blutig. Diese Tatsache rang ihr kein Gefühl ab, da stattdessen in ihrem Inneren eine taube Leere herrschte. Sie war Mikasa nicht unbekannt, auch wenn es nicht dieselbe war, die sie tagtäglich mit sich herumschleppte. Trotzdem war sie ihr vertraut – und Mikasa blickte automatisch zu dem roten Schal hinunter, der unordentlich um ihren Hals gewickelt war. „Eren...“ Ihre Stimme klang krächzend, als hätte sie schon stundenlang nichts mehr getrunken. Ihr Mund fühlte sich auch genauso staubig an. Benommen kämpfte sie sich auf die Beine und ihre Augen wanderten über die Verwüstung, die um sie herum herrschte. Der Rauch war zu dicht, um weit zu sehen. Putz fiel von der Decke. Irgendwo weinte jemand, den Mikasa nicht entdecken konnte. Doch es waren die durcheinandergeworfenen Schreie, die eine Kakophonie bildeten, die Erinnerungen weckte. „Eren... Eren, wo bist du?“, kam es ihr über die Lippen. Ihr gehetzter Blick suchte instinktiv nach ihm, landete stattdessen jedoch auf einen Mann, der nicht unweit von ihr bewusstlos auf dem Boden lag. War er tot? Wo war Eren? Sie mussten hier weg! Die Titanen würden jeden— Doch da blieben ihre Augen an der Uniform des Mannes hängen, welche das Zeichen der Militärpolizei aufgestickt hatte. Sie befanden sich hinter Wall Sina, wurde ihr klar. An dem Tag, an dem die Titanen durch die Mauern gebrochen waren und ihren Distrikt überrannt hatten, war keine Spur von der Militärpolizei gewesen. Nur ein paar Mitglieder der Garrison hatten versucht einzuschreiten, waren jedoch in ihrem Fall viel zu spät erschienen. Doch das war Vergangenheit. Eren war tot. Diese Tatsache sorgte für einen Stich in Mikasas Herzen, klärte gleichzeitig aber auch ihre Gedanken. Es hatte einen Angriff auf die Festivitäten gegeben. Mit Adleraugen schaute sich Mikasa ein weiteres Mal um, diesmal jedoch nach bekannten Gesichtern Ausschau haltend. Sie entdeckte den sonst so ordentlich gekämmten Haarschopf ihres Vorgesetzten. Einige Gäste auf die Beine helfend schob Erwin sich an ihnen vorbei und strauchelte weiter zu Kurenai hinüber, die neben einer der Steinsäulen hockte und sich den Arm hielt. Mikasa setzte sich augenblicklich in Bewegung. „Wir müssen hier raus, Sir!“, entwich es ihr, als sie Erwin und Kurenai erreichte. Erwin warf ihr einen flüchtigen Blick zu, während er sein Jackett abstreifte und es Kurenai um den blutenden Arm wickelte. „Noch nicht“, verkündete er und die Autorität in seinem Ton ließ Mikasa zurückschrecken. Er drehte sich zu ihr um und packte sie an den Schultern. Blaue Augen bohrten sich in ihre hinein. „Was wichtig ist, ist unsere Königin“, zischte er ihr entgegen. Wie auf ein stummes Kommando hin, wurden die Türen eingetreten und Männer mit Schwertern und Pistolen marschierten in den Saal, mitten durch das ausgebrochene Feuer, den Rauch und die Zerstörung. Sie trugen dunkle Kleidung und Tücher und Masken, damit sie unerkannt blieben. Mikasas Augen weiteten sich, doch Erwins Hand berührte ihre Wange, um ihren Blick wieder auf sich zu lenken. Kein Muskel zuckte in dem Gesicht vor ihr, es war hart wie Stahl. „Egal, was passiert“, presste er hervor. „Historia Reiss’ Sicherheit ist am Wichtigsten.“ Ein spitzer Schrei übertönte sämtliche anderen, endete jedoch in einem atemlosen Ächzen. Die Schwertklinge eines Angreifers wurde aus dem Körper der Frau vor ihm gezogen und sie sackte in sich zusammen. Der Rauch ließ Mikasas Augen tränen, während Erwins Worte ihr durch den Kopf hallten. Hinter wem waren sie her? Historia Reiß? Der Gedanke lag nah, doch die Konsequenzen waren zu groß und zu ausschlaggebend, um sie auch nur zu erahnen. Erwin hatte recht. Mikasa salutierte hastig, den Tumult und die panischen Rufe der Überlebenden ausblendend. Ihre Füße setzten sich von allein in Bewegung, wie es so oft der Fall war, wenn ihr Instinkt die Kontrolle an sich riss. Man musste kämpfen, um zu überleben. Das hatte Eren ihr beigebracht und er lebte in ihr weiter. Was hätte sie für ihre Schwerter gegeben...! Der Rauch schränkte ihre Sicht ein, weshalb sich Mikasa auf ihr Gedächtnis verließ. Sie strauchelte über Schutt und Asche hinweg, an Leuten und Leichen vorbei, als sie sich den Weg zum Podest bahnte. Bereits auf halbem Weg dorthin sah sie, dass es eingestürzt war. Shikamaru Nara stand inmitten des Schutthaufens und räumte die Trümmer beiseite. Sein Haarband hatte sich gelöst und die dunklen Strähnen klebten an seinen schweißnassen Schläfen. „Wo ist die Königin?“, blaffte Mikasa ihn an, das Husten, das in ihrer Kehle steckte, unterdrückend. Der königliche Berater hob den Blick und trotz der Umstände stand ihm die Genervtheit ins Gesicht geschrieben. „Wo soll sie sein? Hilf mir lieber!“ Er deutete hinter den breiten Holzbalken, der vor ihm lag und Mikasa erhaschte einen Blick auf einen blonden Haarschopf. Sogleich packte Mikasa den Holzbalken, um ihn zusammen mit Shikamaru ein Stück anzuheben. „Ich hab ihn“, presste Mikasa hervor. Das Holz biss in ihre Handflächen und ihre Knie schmerzten unter dem Gewicht. „Zieh sie raus. Beil dich.“ Shikamaru sackte auf die Knie und zog die kleine Königin unter dem Schutt hervor. „Ich hab sie. Du kannst den Balkon runterlassen.“ Viel länger hätte ihn Mikasa ohnehin nicht halten sollen. Er fiel zu Boden, doch das Krachen ging in den restlichen Tumult unter. „Irgendjemand ist in den Saal eingedrungen“, informiert Mikasa den jungen Mann, der nicht sehr viel älter als sie sein konnte. „Sie metzeln alle ab, die ihnen in den Weg kommen.“ Kratzer zogen sich an den Wangen und den Armen von Historia Reiss entlang und auch von der Krone war nichts zu entdecken. Shikamaru hievte die bewusstlose Frau über seine Schulter, obwohl sein Gesicht kein Geheimnis daraus machte, wie sehr ihm diese Situation missfiel. „Ich glaube nicht, dass sie sich besser als ich in diesem Schloss auskennen“, entrann es ihm aber doch nur. „Ich wusste ja, dass so was irgendwann mal passieren wird.“ Er kämpfte sich auf die Beine und stolperte los. Mikasa war ihm dicht auf den Fersen, ergriff jedoch einen eckigen, schweren Stein, der von der Decke gefallen sein musste. An dem Tag, an dem Eren gestorben war, hatte sie auch einen solchen Stein in der Hand gehabt. Bilder zuckten vor ihren Augen vorbei, doch Mikasa schüttelte den Kopf. Dafür war keine Zeit. Sie holte mit Shikamaru auf, der die hintere Wand ansteuerte, die halb in sich eingefallen war. Nur die zwei Säulen hatten sie einigermaßen aufrecht erhalten. Doch erst als sie eine von ihnen umrundet hatten, gaben sie eine schmale Passage frei, die hinaus aus dem Thronsaal und tiefer ins Schloss führte. Der Gang war dunkel und das Gestein schien den Lärm, der im Saal herrschte, zu verschlucken. Ein letzter Blick ging über ihre Schulter zurück, bevor Mikasa Shikamaru folgte. ♙ Einen Moment lang war Levi dabei nach einem der Champagnergläser zu greifen, die Sakura dem Kellner abgeluchst hatte. Im nächsten wurde er von einer Druckwelle zu Boden geschleudert, während eine Explosion seine Trommelfälle zu zerreißen drohte. Der Sturz presste Levi die Luft aus den Lungen und irgendetwas knallte ihm gegen den Hinterkopf. Ein Fluchen lag auf seinen Lippen, als er sich mit den Händen auf dem Boden abstemmte. „Was zum Teufel…?“ Seine Stimme drang leise und verzerrt an seine Ohren, in denen es noch immer klingelte. Er fasste sich an die Stirn, bis der kurze Schwindel sich legte. Eine Hand packte seinen Arm und zerrte an seinem Ärmel. Levi blickte zur Seite, genau in grüne, weit aufgerissene Augen. Schock war aus ihnen herauszulesen. Sein Blick huschte über Sakuras dreckiges Gesicht, die verwuselten Haare, über ihren Körper, bis sie an dem Riss in ihrem Kleid hängen blieben. Ein Stück Glas steckte in dem bleichen Fleisch ihres Oberschenkels, während Blut um die Wunde hervorquoll und in den Stoff sickerte. Die Schreie verstummten kurzzeitig in Levis Kopf. Er befreite seinen Arm aus ihrem Griff und ein Wimmern drang aus Sakuras Kehle. Sich gänzlich in ihre Richtung drehend wandte er sich dem Glasstück zu. „Nicht“, presste Sakura mit zittriger Stimme hervor, bevor er entschieden hatte, aus welchem Winkel er das Stück am besten herausziehen sollte. „Wenn du es herausziehst, blutet es mehr“, erklärte sie und stolperte über ihre Worte. Sie schloss die Augen, um tief einzuatmen und ihre Nerven zu stählern. „So kannst du nicht laufen“, sprach Levi das Offensichtliche aus, während seine Augen durch den zerstörten Innenraum wanderten. Vermummte Fremde hatten den Raum gestürmt und Levi dankte dem umgefallenen Tisch, der ihnen wenigstens ein bisschen Schutz bot. Hinter wem waren sie her? Wahrscheinlich der Königin. Kümmerte es sie? Warum sollte es? Immerhin war sie nichts weiter als eine Marionette in den Händen der Militärpolizei. „Ich kann so oder so nicht auftreten“, flüsterte Sakura. „Der Glassplitter hat die Muskeln und wahrscheinlich auch den Knochen erwischt. Jedenfalls nach dem Schmerz zu urteilen.“ Levi besah sich die Verletzung. Das Glasstück schien nicht nur groß, sondern auch lang zu sein. Dies entnahm er zumindest Sakuras Erklärung. Ein Schuss zerriss die Luft. Sie zuckten zusammen und Levi packte Sakura an der Schulter, um sie tiefer zu drücken. Er schielte über den Tisch hinweg. Nicht nur, dass diese Leute Schwerter mitgebracht hatten, aber scheinbar trugen einige wenige sogar Schusswaffen mit sich. Sie waren vorbereitet, das stand fest. „Wir können nicht hier sitzen bleiben, so viel ist klar“, entrann es Levi, während er umherspähte. Es gab nur eine Tür im Saal, durch welche diese Kerle gekommen waren und durch die sie verschwinden konnten. „Ich weiß“, murmelte Sakura. Hätte Levi sie nicht bereits in Aktion hinter den Mauern erlebt, hätte er vielleicht an ihr gezweifelt, doch sie hatte bereits bewiesen, dass sie niemand war, der einfach tatenlos an der Seitenlinie stand und aufgab. Daher packte er ihren Arm, legte ihn sich um die Schultern und hievte sie auf die Beine. Sakura biss die Zähne zusammen und presste die Lippen aufeinander, um kein Geräusch von sich zu geben. Ob dieses in dieser Konfusion überhaupt hörbar gewesen wäre, war ungewiss. Leute schrieen und rannten durcheinander, stürzten über Trümmer oder taumelten durch den vom Feuer erzeugten Rauch. Auch Levi brannte er in den Augen. „Die Säulen bieten einiges an Deckung“, raunte er und stützte Sakura von ihrer Deckung hinter dem umgefallenen Tisch hinüber zu der ersten Säule, welche die Decke an den Stellen aufrecht hielt, an denen sie noch nicht eingestürzt war. Blut rann Sakuras Bein hinunter und tränkte mehr von dem rotweißen Stoff ihres Kleides, als die Bewegung mehr von der Flüssigkeit aus der Wunde presste. Levi konnte nur annehmen, wie schmerzhaft es sein musste, das Glasstück beim Gehen noch im Bein stecken zu haben. Sie suchten sich den Weg von einer Säule zur nächsten, bis sie sich der breiten Doppeltür annährten. Eine Frau lag ihnen mit weit ausgerissenen Augen zu Füßen, doch ihrem bewegungslosen Gesicht nach zu urteilen war sie längst tot, während Blut eine Lache um sie herum bildete, als es aus dem Schwertschnitt in ihrem Magen sickerte. Ihr Mörder stand nicht unweit von der Säule entfernt, das blutige Schwert hocherhoben und nur nach Überlebenden Ausschau haltend. Ein weiterer Mann mit einer Stoffmaske auf dem Gesicht stand einige Meter neben ihm, eine Schrottflinte im Anschlag haltend. Wahrscheinlich bewachten sie die Tür, damit niemand floh, während ihre Kameraden sämtliche anderen ermordeten, nahm Levi an. Ungünstig war nur, dass der Kerl mit der Waffe zu weit wegstand, um ihn einfach zu überwältigen. Zunächst müsste sich Levi um den Mann mit dem Schwert kümmern, obwohl dies unmöglich war, ohne seinen Kameraden über seine Aufmerksamkeit zu informieren. Sakura lehnte sich neben ihm gegen das Gestein der Säule, das Gesicht bleich und schweißgebadet. „Ich kann sie ablenken“, schlug sie kurzatmig und heiser vor, auch wenn sie auf Levi wirkte, als könnte sie keinen einzigen Schritt mehr tun. Levi schenkte ihr einen unbeeindruckten Blick. „Bleib hier“, brummte er. Auf ihre Proteste wartete er nicht, sondern schlüpfte aus seinem Jackett heraus und schlich auf lautlosen Sohlen um die Säule herum, bis er schräg hinter dem Mann mit dem Schwert stand. Blitzartig stürzte Levi auf ihn zu, stülpte ihm das Jackett über den Kopf und packte ihn im Schwitzkasten. Das Schwert fiel seinem Gegner aus den Händen, als er diese hob, um zu aus Levis Griff zu befreien. Ein Röcheln drang aus seiner Kehle und sie beide kämpften um die Oberhand. Aus den Augenwinkeln sah Levi, dass der Kerl mit dem Schrottflinte auf sie aufmerksam wurde. Verwirrung zeigte sich in den Augen, die als einzigstes zu sehen waren. Er schwenkte den Lauf der Waffe herum und ein Schuss klingelte in Levis überstrapazierte Ohren, als er in dem Körper vor ihm eindrang und ihn zurückstolpern ließ. Dass Levi keinen Schmerz in seiner eigenen Brust verspürte, sagte ihm, dass er richtig erahnt hatte und sie alle eine Art Schutzweste trugen. Er schubste den Halbtoten nach vorn, bis dieser zu Boden fiel, sprang über ihn hinüber und warf sich gegen den zweiten Angreifer. Sie rangelten um die Schrottflinte, ehe sich ein weiterer Schuss löste. Levi trat dem Mann zwischen die Beine, der krümmend in sich zusammensackte, bevor Levi ihn mit dem Griff der Waffe einen über den Schädel zog. „Ist das nicht der berühmte Levi Ackerman?“, zischte vor ihm eine weitere Person, die ähnlich schwarze Kleidung trug und ein Tuch um die untere Gesichtshälfte gebunden hatte. Die Pistole in seiner Hand deutete auf Levis Stirn, während eine Gehässigkeit in den dunklen Augen geschrieben stand. „Ich hab irgendwie gedacht, dass du größer bist.“ Levi unterdrückte ein Augenrollen. Diesen Spruch hatte er schon so oft gehört, dass er langweilig war. Das war auch nicht das, was er als letztes im Leben hören wollte... Die ergatterte Schrottflinte blieb gesenkt, denn bevor er sie heben könnte, hätte er längst eine Kugel im Kopf. Erst bei diesem Gedanken erhaschte er einen Blick auf rosafarbigen Haare. Sie konnte aber auch nie auf ihn hören, wie es den Anschein hatte... „Irgendwelche letzten Worte, Ackerman?“, fragte sein Gegenüber, während Sakura von der anderen Seite hinter der Säule hervorgekrochen kam. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt und sie schliff ihr verletzten Bein viel eher, als dass sie tatsächlich auftrat. „Das sollte ich viel eher dich fragen“, erwiderte Levi tonlos und fühlte glatt einen Hauch Belustigung bei der Verwirrung, die sich in den Augen des anderen widerspiegelte. Als dieser begriff was geschah und herumwirbelte, hatte Sakura ihn bereits erreicht. Ihr Fausthieb traf ihn direkt auf die Nase und ließ ihn zurückstolpern. Levi nutzte den Moment, um ihm eine Ladung Blei in den Magen zu verpassen, während Sakura schwer atmend zu Boden sank. Ein Blick durch die Halle verriet, dass das Feuer sich ausgebreitet hatte, denn inzwischen war der gesamte Raum voller Rauch und Levi konnte nicht mehr als gelegentlich Schemen ausmachen. Er machte einen Schritt in Sakuras Richtung, aber bevor er sie erreichte, tauchte bereits eine andere Person auf und reichte ihr die Hand. „Nicht schlecht“, erklang die kühle Stimme von Sasuke Uchiha. Der Uchiha-Sprössling trug ein Schwert in der Hand, welches er nun wegsteckte, während Blutflecke seine Uniform beschmutzt hatten. Trotzdem war ein Stolz in sein markantes Gesicht gemeißelt, das schon fast an Arroganz grenzte. Levi behielt die Schrottflinte im Anschlag, den Finger am Abzug, während Sakura zu ihm hinaufblinzelte. „Sasuke...“, murmelte sie. „Nun mach schon“, forderte dieser und Sakura ergriff seine Hand, um sich beim Aufstehen helfen zu lassen. Für einen Moment schien der Schmerz glatt vergessen zu sein, bemerkte Levi. „Für euer Turteln haben wir keine Zeit“, mahnte er und packte Sakuras Arm, um ihn sich erneut um die Schultern zu legen. Vielleicht hatte Sakura es vergessen, aber sie mussten hier weg. Und solange sie nicht wussten, wer hinter dem Angriff stammte und was das Motiv war, traute Levi niemanden über den Weg. Nicht einmal einem überheblichen Mitglied der Militärpolizei. Sakura schnappte nach Luft, protestierte jedoch nicht. Stattdessen ließ sie sich Richtung Ausgang stützen, obwohl Levi sich sicher war, dass ein Blick über ihre Schulter zurück zu Sasuke ging, der mit seinem Schwert an seiner Hüfte im Rauch verschwand, um nach seiner Königin zu suchen. ♙ Die Umgebung wankte. Auch Sakuras Zeitgefühl spielte verrückt, aber sie nahm an, dass dies alles mit dem Schmerz in ihrem Bein zusammenhing. Bruchstückhaft erinnerte sie sich, wie sie gemeinsam mit Levi den Ausgang aus der Feste gesucht hatte. Den Trümmern nach zu urteilen hatte es auch in anderen Teilen des Schlosses Explosionen gegeben. Niedergemetzelte Diener und anderes Personal kreuzten ihren Weg, bis sie schlussendlich in die Nacht hinausstolperten. Dort herrschte ebenfalls Aufruhe. Soldaten und Menschen hatten sich auf dem Schlosshof gesammelt, während Flammen an einigen Stellen den Steinmauern entlang leckten und die Dunkelheit erhellten. Levis Körper, der dicht an ihren gepresst war, war ihr Anker, ebenso wie seine Wärme die herbstliche Frische ein wenig verscheuchte. Eine Gänsehaut breitete sich auf Sakuras Haut aus, doch es war das stechende Ziehen in ihrem Oberschenkel, welches sich bei jedem Schritt bemerkbar machte und ihre Wahrnehmung fast vollständig einnahm. Die geprellten Rippen während der Exkursion waren nichts im Vergleich zu dieser Verletzung, obwohl diese ihr ebenfalls einige schlaflose Nächte bereitet hatten. Kurz standen sie im Freien, bevor jemand Levis Namen rief. Ein Moment der Schwärze folgte, ehe Levi sich mit ihr durch eine schmale Tür zwängte und Sakura sich sitzend auf einer Holzbank wiederfand. Ein Wiehern drang an ihre Ohren, bevor alles von einem kleinen Erdbeben erschüttert wurde. Eine Schmerzwelle brach über Sakura hinein, bevor ihr Kopf zur Seite rollte und die Schwärze sie vollständig umhüllte. Das nächste Mal, dass Sakura die Augen aufschlug, sah sie sich mit einer trostlosen Steindecke konfrontiert. Müde blinzelte sie, bevor sie den Kopf vom Kissen hob und sich umsah. Der Raum beinhaltete einige Betten und weiße Vorhänge, die diese voneinander abschirmten, ebenso wie Schränkchen mit allerlei Instrumenten auf ihnen. Sakura befand sich in der Krankenstation im Stützpunkt des Aufklärungstrupps. „Sakura, wie fühlst du dich?”, fragte eine helle Stimme und Sakuras Blick huschte zu der Person, die neben ihrem Bett auf dem Stuhl saß. „Petra…“, entwich es Sakura und ihre Stimme klang furchtbar rau. Sie räusperte sich. „Wo… wo ist Levi?“ Das sollte nicht ihre erste Frage sein, aber sie schlüpfte ihr ungefragt über die Lippen. Im selben Augenblick bereute sie dies sogleich wieder, als das besorgte Lächeln auf Petras Gesicht etwas an Traurigkeit gewann. „Ich glaube, er ist draußen”, sagte Petra und nickte zum Fenster hinüber. „Es ist Erwin. Er ist noch nicht zurückgekehrt. Von Mikasa und Kurenai fehlt ebenfalls noch jede Spur.” Sie bettete die Hände in ihrem Schoß und ihre Finger waren so verkrampft, dass ihre Knöchel scharf hervorstanden. Ein Pochen ging durch Sakuras Bein und erinnerte sie an die Geschehnisse. Sie schlug die Bettdecke beiseite, um es sich ansehen zu können, doch die blutige Wunde mit dem Glasstück in ihrem Fleisch war durch einen dicken weißen Verband ersetzt worden. Anstatt sie in ihrer Bewusstlosigkeit umzuziehen, hatte man den unteren und blutigen Rand ihres Kleids abgeschnitten. Sakura wandte sich wieder an Petra. „Wie sind wir hierher gekommen?“ „Ein paar von unseren Leuten standen bereit, nur für den Notfall. Sie haben euch gefunden und sogleich hierher transportiert“, erklärte Petra im ruhigen Ton. „Was genau passiert ist, weiß ich ebenfalls nicht. Scheinbar war keiner in Erwins ganzen Plan eingeweiht. Nicht einmal Captain Levi.” Diese Erklärung verwirrte Sakura viel eher, als dass sie ihre Fragen beantwortete. Nicht einmal Levi war in Erwins Plan eingeweiht worden? Es passte zu dem Ruf, den Erwin Smith hatte. Angeblich stimmte es, dass er allen immer mindestens einen Schritt voraus war. Sie alle waren nur Figuren in diesem Schachspiel, auch wenn Sakura ihre eigene Rolle nicht verstand. Was bedeutete es, dass Erwin Soldaten für den Notfall in der Nähe gehabt hatte? Hatte er einen Angriff auf die Festivitäten erwartet? Galt der Angriff ihm oder dem Aufklärungstrupp, anstelle der Königin? Gingen Levi ähnliche Fragen durch den Kopf? Sakura sackte nach hinten und bettete den Kopf wieder auf dem Kissen, während ihr Blick wieder an die Decke ging. „Jedenfalls bin ich froh, dass es dir—“ Doch weiter kam Petra nicht, da die Tür zur Krankenstation aufgestoßen wurde. Hektische Schritte und aufgeregte Stimmen zerschnitten die Ruhe, während eine Handvoll Soldaten Erwin hineintrugen und auf eine der Liegen ablegten. Levi, Hanji und die Ärzte gingen hinter ihnen, gefolgt von Kurenai, deren Gesicht voller Ruß war, während auch ihr dunkelrotes Gewand an einigen Stellen angesengt wirkte. Sie hielt ihren Arm, der rot und angeschwollen war, auch wenn ihr Gesicht ruhig und wachsam blieb. „Was ist passiert?“, fragte Shizune, mit der Sakura schon ein- oder zweimal zusammengearbeitet hatte und die Hauptärztin der Scouts war. „Die Säule ist eingestürzt”, erklärte Kurenai und Hanji griff nach ihren Schultern, um sie zu einem Stuhl hinüber zu bugsieren. „Er hat mich aus dem Weg gestoßen“, fügte sie kopfschüttelnd hinzu, während Levi ihr ein Glas Wasser eingoss und ihr reichte. Fast ein wenig so, wie er das bei ihr an dem Tag ihrer ersten Begegnung getan hatte. Die unangebrachte Erinnerung tauchte ohne ihren Willen in Sakuras Kopf auf und ihre Hände verkrampften sich in der dünnen Bettdecke, als sie tatsächlich einen Hauch an Eifersucht spürte. Shizune und Marian kümmerten sich um Erwin, zogen jedoch den weißen Vorhang zu, der Sakura die Sicht verwehrte, während sie Erwin untersuchten. Wie konnte dieser Abend nur solch eine Wendung nehmen? Sie hatte gedacht, dass ein Wiedersehen mit Sasuke das Schlimmste war, was ihr bevorstand, aber sie hatte sich offenbar getäuscht. Schlimmer war jedoch die Tatsache, dass hinter den Mauern Titanen herumliefen, die sie ausrotten wollten, aber Menschen sich noch immer einander bekriegten. Sakuras Augenwinkel brannten und ihre Sicht verschwamm, während sie auch weiterhin den weißen Vorhang anstarrte, als könnte sie durch ihn hindurch sehen, wenn sie sich bloß mehr Mühe geben würde. Lächerlich. „Was machst du für ein Gesicht?”, blaffte Levi und riss sie aus ihren nutzlosen Gedanken. Sakura blinzelte und wischte sich im selben Atemzug die Feuchtigkeit vom Gesicht, die ihren Augen entkam. Er stand nicht unweit vom Bett entfernt, die Arme vor dem Brustkorb verschränkt, während Petra ihm ein Lächeln schenkte, das Sakura nicht deuten konnte. „Du hast mein Leben gerettet“, sagte sie stumpf, da ein Teil von ihr nicht zugeben wollte, dass sie es ohne seine Hilfe nicht aus dem Schloss geschafft hätte. Nicht, wenn er noch immer so überheblich mit ihr sprach und sie so ausdruckslos ansehen konnte. Kein Muskel zuckte in seinem Gesicht, wie es auch nicht anders zu erwarten gewesen war. „Du meinst, nachdem du mein Leben gerettet hast?“, fragte er. „Ich kann es nicht fassen!“, rief Hanji aus, die den Vorhang beiseite fegte und mit langen, raschen Schritten auf sie zukam. „Ich kann es nicht fassen“, wiederholte sie und etwas Fiebriges lag in ihrem Blick, das nichts mit der Aufregung einer neuen Entdeckung zu tun hatte. „Sie haben Erwin außer Gefecht gesetzt. Erwin Smith. Ausgerechnet das Oberhaupt des Aufklärungstrupps. Das werden sie doch ausnutzen, um uns endlich zu stürzen. Sie werden—“ „Jetzt mach mal halblang, Vierauge“, brummte Levi und Hanji atmete tief ein und aus. „Noch ist Erwin nicht tot.“ „Shizune vermutet, dass es innere Blutungen sind“, erklärte Hanji und richtete ihre Brille. „Scheinbar sind einige Tests nötig und Operationen, aber er weiß, ob er die übersteht.“ „Solange hast du das Kommando, Brillenschlange“, machte Levi sie darauf aufmerksam, gab jedoch äußerlich keinen Hinweis darauf, ob ihm missfiel oder nicht. Auch Sakura wusste nicht, wie sie damit umgehen sollte. Natürlich war es klar, dass jeder von ihnen bei jeder Exkursion hinter die Mauern umkommen konnte, aber... es war so furchtbar schnell gegangen. Sakura verstand noch immer nicht, was eigentlich geschehen war und was der Grund für den Angriff darstellte. „Erwin hat mir etwas gesagt. Es ist schon eine Weile her“, entrann es Hanji und eine Denkfalte grub sich in ihre Stirn. „Er hat gesagt, dass er einen Brief in der Schublade seines Büros hat. Und dass ich ihn lesen sollte, wenn ihm jemals etwas zustoßen sollte. Aber ich habe es mit einem Lachen abgetan und nie ernst genommen…“ Levi hob eine Augenbraue. „Ist das der richtige Zeitpunkt?“, erkundigte sich Petra zögerlich. „Ich meine, wie Captain Levi bereits sagt, Erwin ist nicht tot.” „Aber Erwin hätte es nicht gesagt, wenn er nicht mindestens etwas geahnt hätte”, entwich es Levi und eine Härte schlich sich in seine Stimme. „Auch die Soldaten, die heimlich das Schloss im Visier gehabt haben. Da steckt mehr dahinter. Und ich habe keine Lust auf Erwins Erwachen zu warten, wenn es eine mögliche Erklärung gibt.” Er drehte sich um und marschierte aus der Krankenstation. Hanji schloss sich ihm an, während Petra und Sakura einen Blick miteinander austauschten. Alles schrie in Sakura aus dem Bett zu klettern, um ihnen zu folgen und herauszufinden, ob sie etwas Nützliches fanden, doch sie bezweifelte, dass es ihrem Oberschenkel gut tun würde. Außerdem war sie nur eine Ärztin und damit wahrscheinlich nicht einmal qualifiziert genug, um diesen von Erwin hinterlassenden Brief zu lesen. „Ich bin sicher, dass sie es mit uns teilen, wenn sie etwas Wichtiges finden“, sagte Petra und Sakura schenkte ihr ein halbherziges Lächeln. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)