Einem fernen Tage von Silberfrost ================================================================================ Kapitel 9: Einsam und verloren (neu) ------------------------------------ Stunden später hatte Minoru die Hände in die Ärmel geschoben und döste an den Fels gelehnt, als ein Geruch ihn aus dem Dämmerzustand aufschrecken ließ. Rin regte sich nicht, doch A-Uns wacher Kopf reckte den Hals und stellte die Ohren auf. Minoru lief ein Schauer über den Rücken. Er musste sich das eingebildet haben. Außerhalb des Unterstandes regnete es Bindfäden und der Wind blies derart scharf, dass er auch die Reste jeder Witterung in Fetzen riss. Außerdem war es unmöglich, dass er hier war. So weit nördlich und am Rande eines Kriegsgebietes. Unsinn! Der Halbschlaf hatte ihm einen Streich gespielt. Minoru bemerkte, dass seine Finger von allein ihren Weg zum dem Armband gefunden hatten und in alter Gewohnheit an den roten Perlen herumnestelten. Zähneknirschend zog er die Hand zurück und zwang sich einen langen, tiefen Atemzug zu tun - an dem er sich beinahe verschluckte. Das war keine Einbildung! Sein Vater war hier! Das durfte nicht wahr sein! Nicht nach all den Jahren! Er wollte sich abwenden, die anderen wecken, als bereits eine allzu bekannte Aura über seine Haut tanzte und ihn mit dem Rücken an die Felswand weichen ließ. Grüne Augen trafen goldene und ließen Minoru das Blut in den Adern gefrieren. Der Kitsune, der aus dem Regen getreten war, hatte wenig mit dem einfachen Mann gemeinsam, an den er sich erinnerte. Er trug Armschienen und Schulterschutz über einem smaragdgrünen Kimono, an dem das Wasser in Perlen herabrann, ohne das Gewebe zu durchsetzen. Selbst der blendend weiße Unterstoff, der am Kragen hervorstach, war edler als alles, das er früher je besessen hatte. Und dennoch war es unverkennbar. Die Aura, der Geruch-! „Mino…“ Nach all den Jahren seine Stimme zu hören, versetzte Minoru einen ungeahnten Stich. Ebenso, dass er die Frechheit besaß, ihn nach allem so vertraulich und mit dieser unsäglichen Sorge anzusehen! „Ich war mir sicher, dass ich mich geirrt haben muss… aber du bist hier. Du lebst. Es tut gut, dich zu sehen. Wirklich. Du siehst… erwachsener aus.“ Der Blick des Fuchses huschte über wirres Haar, Tōtōsais geliehen Kleidung und das bisschen Gewicht, das ihn über den Winter gebracht hatte. Minoru wusste, welchen Eindruck er mit dieser zerlumpten Erscheinung vermittelte. Doch ja, er lebte - und das war mehr als er hätte vorbringen können, wenn er seine Hoffnung nur in diesen Mann gesetzt hätte. Als er nichts erwiderte, kam sein Vater auf ihn zu - und hielt abrupt inne, als sich Minoru derart heftig an den Felsen presste, dass eine Schieferkante seinen Arm aufschnitt. „Sachte, Junge! Ich will dir nichts schlechtes.“ „Geht!“ „Mino, ich bitte dich, sieh’ dich doch nur an. Du-“ „Spart Euch die Heuchelei und verschwindet! Es geht mir gut! Besser, als wenn ich darauf gewartet hätte, dass Ihr mir helft!“ Sein Vater zog kurz die Brauen empor, dann atmete er durch und strich sich das rote Haar zurück, das vom Regen dunkel geworden war. „Deswegen also kein Wort zu mir? Wegen dem, was ich nicht getan habe?“ „Das wisst Ihr sehr genau!“ „Sie ist deine Mutter, Minoru. Sie ist für dich verantwortlich. Mir sind die Hände gebunden, was ihr Temperament angeht.“ „’Temperament’“, Minoru spuckte das Wort aus. „Wenn die Verantwortung nur bei ihr liegt, weiß ich nicht, was Ihr dann von mir wollt!“ „Nun aber langsam! Seit drei Jahren bist du wie vom Erdboden verschluckt. Kein Brief, kein Hinweis, nichts. Ich habe mir wirklich Sorgen um dich gemacht, nach dir gesucht. Ich dachte, du seist tot!“ Er kam erneut auf Minoru zu, überging die gebleckten Zähne, das Zurückweichen und Knurren, das unmissverständlich hätte sein sollen, und legte eine Hand an seine Wange. Die andere fand seinen Arm. „Nur weil ich gegen deine Mutter keine Handhabe besitze, bist du mir doch nicht gleichgültig.“ Die Haut war warm und rau wie früher, doch was einmal angenehm gewesen war, trieb Minoru nun die Galle hoch. Wütend riss er den Kopf zur Seite und stieß seinen Vater mit aller Kraft von sich. Schmerz flammte auf, wo die schwarzen Krallen des Fuchses im Gerangel die Haut seiner Wange aufgerissen hatten. Doch das war ein kleines Problem im Vergleich zu der Angst, die die neuste Erkenntnis mit sich brachte. Sein Vater trug weitere Rüstung unter dem Kimono! Minoru presste die Hand auf seine Wange und starrte auf das Schwert, das im Obi des Kitsunes steckte. Unmöglich! Der Mann konnte unmöglich ein Krieger sein! „Verflucht, Junge! Was sollte das? Das sieht schlimm aus. Lass mich-“ „Er möchte, dass Ihr geht. Also geht.“ Sein Vater fuhr herum und sah sich sichtlich irritiert einer jungen Menschenfrau gegenüber, deren Hand am Hals eines schnaubenden Longmas lag. Minoru wurde papierweiß. Es war ausgeschlossen, dass sein Vater die anderen noch nicht bemerkt hatte. Er hatte sie lediglich als zu nichtig empfunden, um ihnen Beachtung zu schenken. Wenn es etwas gab, das sein Vater nicht ausstehen konnte, dann waren es Menschen. Darin hatte sogar seine Mutter übereingestimmt und die hatte für ihren ehemaligen Liebhaber nie mehr als Spott übrig gehabt. Schon früher hätte er nicht daran gezweifelt, dass dieser Fuchs das Ende jedes einsamen Bergwanderers gewesen wäre - und heute schien alles Harmlose an ihm wie vom Regen abgewaschen. Als er sich Rin zuwandte, war da kein gelöstes Lächeln, kein Schalk. Man konnte ihr eine gewisse Kühnheit nicht absprechen, als sie im Angesicht dieses ausgewachsenen Raubtiers nicht zurückwich und die Art, wie er sie mit seinen Blicken maß, mit gerecktem Kinn vergalt. „Und das hier ist-?“ „Ich bin Rin und er will, dass Ihr geht!“ „Menschen, Minoru? Wirklich?“ Die Stimme klang zu kalt aus seinem Mund. „Ließ sich nicht vermeiden.“ „Ah.“ Ein Lächeln schlich sich in die Mundwinkel des Fuchses. Gefährlich. Morbide. „Sag diesem plappernden Fleischsack, es soll sich benehmen. Dann darf es weiter meine Luft atmen. Dir zuliebe.“ „Rin-“ „Ihr seid ein Kitsune aus dem Süden, nicht? Das hier ist westlicher Boden. Ihr solltet nicht einmal hier sein. Das Letzte, das Ihr nun wollt, ist mein Blut an Euren Händen. Seines reicht bereits.“ Sie legte eine Hand an A-Uns Hals, als der Longma neben ihr die Klauen in den Morast grub und sich zischend aufbaute. „Minoru steht unter dem Schutz meines Herrn, des Inu no Taishōs. Er nimmt derlei sehr ernst. Ihr solltet wirklich gehen.“ Der Ausdruck in den Augen seines Vater war neu. Er starrte Rin an, als habe die ihm soeben glaubhaft eröffnet, dass am Morgen sein Kopf von allein von den Schultern rutschen würde - was die Situation vermutlich passend umschrieb. Er wandte den Kopf und betrachtete Minoru mit einem Anflug von - ja, Panik. Wirkliche und wahrhaftige Angst. „Der Schutz des Westens? Du hast Sesshōmaru getroffen?“ Minoru nickte langsam und hoffe inständig, dass ihn das nicht irgendwann einholen würde. Sein Vater setzte an, etwas zu sagen, letztlich biss er jedoch nur die Zähne zusammen und spannte die Hände an, bis es knackte. Nur einen Augenblick später löste er sich in einer grünen Flamme auf, die in Form einer Kugel in den Sturm hinausschoss und verschwand. Minoru starrte leer auf die Stelle, an der er eben noch gestanden hatte, und wusste mit der Welt nichts anzufangen. Erst als A-Un ihn sanft anstieß und den Kopf an ihm rieb, löste er seinen Blick und legte dem Longma eine Hand in die Mähne. Der Dämon schnaubte und schob auch den zweiten Kopf näher. Sie hatten darauf verzichtet, einen neuen Unterschlupf zu suchen. Der Sturm wütete nach wie vor und zu Fuß wären sie bei Wind und Regen, die Geruchsinn und Gehör täuschten, ein gefundenes Fressen. Außerdem konnte Minoru auf den Gedanken verzichten, seinen Vater ein weiteres Mal unvermittelt vor sich zu haben. Ihn nach all den Jahren wiederzusehen, war befremdlich gewesen. Mehr noch, da er in diesen geschniegelten Stoffen, gerüstet und bewaffnet gradliniger gewirkt hatte als üblich. Natürlich hatte Minoru gewusst, dass sein Vater in der südlichen Armee diente. Die meisten Kitsune taten das. Doch er hatte eine Anstellung als einfacher Soldat in den Stallungen, nicht mehr. Nichts, dass diese Extravaganz hätte finanzieren können, die wenig mit dem Mann gemeinsam hatte, der sich stets lächelnd seiner Gefährtin unterordnete. Minoru erinnerte sich dunkel, dass sein Vater, bevor die Stimmung Zuhause katastrophale Züge angenommen hatte, einmal direkt vom Dienst nach Hause gekommen war. War es wirklich nur einmal gewesen? In den frühen Kindheitstagen wirkte alles wie ein Einzelerlebnis und Minoru hätte Mühe, sich die Details ins Gedächtnis zu rufen. Er war Grund für einen Streit zwischen seinen Eltern gewesen – etwas, das erstaunlich selten vorgekommen war, wenn man bedachte, dass er in den Augen seiner Mutter eine wandelnde Enttäuschung darstellte. Er hatte mit einem Freund im angrenzenden Hügelland kleine Unterstände aus Holz gebaut, die zugegebener Maßen nicht einmal gegen den ersten Windhauch gefeit gewesen wären. Satoshi hatte seinen am Hang errichtet, Minoru weiter im Tal. Diese erbärmlichen Hütten hatten kaum Platz zum Hineinkriechen geboten, aber es waren ihre Burgen gewesen und sie kaum älter als drei. Mit Zähnen und Stöcken hatten sie gegeneinander gekämpft, aber nie wirklich ernst, und Satoshi war so verdammt stolz auf seine ‘taktisch günstige’ Hanglage gewesen, dass Minoru bis heute die Augen rollen wollte. Taktisch günstig - als seine Mutter aus heiterem Himmel aufgetaucht war, hatte sie das Spiel schneller beendet, als der Wind die Hütten hätte zerschlagen können. Ihre übermäßigen Schichten an Kimonos waren unter ihrer Wut aufgebauscht. Mit kaum mehr als einem Blick hatte sie Satoshi nach Hause gejagt, Minoru den Stock aus der Hand gerissen und ihm damit eine schallende Ohrfeige verpasst, ehe sie ihn wortlos nach Hause gezerrt hatte. War er damals noch versucht gewesen, sich zu wehren? Er konnte sich nicht daran erinnern. „Krieg ist kein Spiel!“, hatte sie ihn schließlich angefaucht. „Niemals! Du wirst nicht kämpfen. Nicht heute und auch in Zukunft nicht. Das ist barbarisch! Sieh dich nur an! Gras und Erde und voller blauer Flecke! Du bist beschämend!“ Er hatte in diesem Falle nicht den meisten Ärger bekommen. Als sein Vater einige Tage später nach Hause gekommen war, hatte es so gekracht, dass Minoru sich in einer Ecke verkrochen und nicht gewagt hatte, auch nur ein Geräusch von sich zu geben. Sie hatte seinem Vater verboten, je wieder mit Rüstung und Waffe zu erscheinen und seinen Sohn damit auf dumme Gedanken zu bringen – so in etwa der Konsens. Was sie ihm alles an den Kopf geworfen hatte, wusste Minoru nicht mehr, aber seither kannte er seinen Vater nur in Yukata und Strohsandalen. Er tastete nach den Wunden auf seiner Wange, die immer noch wie Feuer brannten. „Machst du dir Sorgen, dass er zurückkommt?“ Rin war in der Dunkelheit näher herangekommen. Er schüttelte den Kopf, auch wenn er sich damit nicht sicher war. Das abrupte Entschwinden seines Vaters hinterließ eine miese Grundlage für Spekulationen. „Du bist von Zuhause weggelaufen, nicht wahr?“ Was half es zu leugnen, was längst auf der Hand lag? „Vor ein paar Jahren.“ „Deswegen bist du so vehement dagegen, dass der Fürst dich nach Hause bringen lässt… das solltest du ihm sagen.“ „Ja, das wird ihn ganz bestimmt interessieren.“ „Er hat meine Entscheidungen respektiert, als ich halb so alt war wie du. Vielleicht wird er einen Grund hören wollen, vermutlich aber nicht. Er wird dich nicht zwingen. So ist er nicht.“ Sie lehnte sich neben ihm an die Wand. „Dieser Kitsune -“ „Vergessen wir das.“ „Was für ein Unsinn, Junge!“ Minoru zuckte heftig zusammen, als die Männerstimme unmittelbar neben seinem Ohr losfauchte. Er wandte den Kopf und starrte den Flohgeist an, ehe er nach ihm schnappte. „Bissig wie ein Tier!“, schimpfte der kleine Mann und hüpfte von ihm weg. „Aber du bist weit davon entfernt, mir zu imponieren! Ich habe Dämonenfürsten gedient, lange bevor du diese Welt betreten hast - und die waren schneller!“ „Man sollte meinen, du hättest dann gelernt, dass man sich nicht an andere heranschleicht, Floh.“ Minoru knurrte. „Wo kommst du jetzt her?“ „Ich war natürlich die ganze Zeit über bei euch!“ Er nahm seinen kleinen Hut vom Kopf, schüttelte ihn, bis ein einzelner Tropfen zwischen den winzigen Strohfasern hervorquoll und legte ihn in seinen Schoß. „Einer muss ja auf euch unvernünftige Kinder aufpassen! Ich meine – ach, was rede ich, völlig egal! Ihr könnt ihn nicht einfach vergessen. Ein Kitsune auf westlichem Boden und das zu Kriegszeiten! Der Fürst wird Fragen stellen und die Antworten sollten besser so ausfallen, dass er nicht postwendend an den Generalleutnant schreibt und die Armee gen Süden marschieren lässt!“ „Für einen unbedeutenden Soldaten?“ Minoru hob eine Braue. „Das wäre doch sehr überzogen.“ Der Floh rutschte unbehaglich auf seiner Schulter umher. Dann setzte er eine gefasste Miene auf: „Man sollte Risiken gut abwägen, wenn man mit dem Taishō verkehrt. Was also hast du mit diesem Kitsune zu schaffen?“ „Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“ „Es wird uns alle etwas angehen, wenn der Fürst diesen Grenzübertritt als Angriff auf seinen Schutzbefohlenen wertet, Junge.“ „Ich habe nicht um seinen Schutz gebeten.“ Dem Alten stieg die Zornesröte ins Gesicht. „So ein stures Kind ist mir wahrlich selten untergekommen. Gut möglich, dass du so noch einige Jahre überleben kannst, aber irgendwann wirst du deine Entscheidungen noch bereuen! Wie oft bist du in den letzten Wochen fast umgekommen? Dieser Umstand wird sich in den nächsten paar hundert Jahren nicht ändern, Kleiner. Es sind immer Kinder wie du, die daran umkommen, dass jemand schnellen Hunger oder Wut stillen will. Du kannst nicht alleine bleiben, wenn du überleben willst. Es ist nicht ausreichend, den gefährlichen Personen aus dem Weg zu gehen - und allen, die dir helfen könnten. Rin kennt den Fürsten und meine bescheidene Wenigkeit ist mit der politischen Lage vertraut. Also nochmal: Woher kennst du den Mann?“ Das war Wahnsinn. Auf keinen Fall konnte er ihnen sagen, in welcher Verbindung sie zueinander standen. Wenn sie dem Fürsten berichteten, dass er der Sohn einer gemischten Verbindung aus Inu und Kitsune - „Er ist dein Vater, oder?“ Er presste die Kiefer aufeinander und weigerte sich, Rin anzusehen, die neben ihm von den Fersen auf die Ballen und zurück wippte. „Er wirkte so entsetzt, dich zu sehen. Besorgt.“ „Er ist ein Kitsune. Täuschen fällt ihm nicht schwerer als atmen.“ Rin schüttelte den Kopf. „Es war mehr als das. Euer Gespräch - er ist keine schlichte Bekanntschaft.“ Als Minoru erneut nichts sagte, räusperte sich Myōga. „Damit könnte es als Privatangelegenheit durchgehen. Seinen ausgerissenen Sohn zur Rede zu stellen, wird ihm niemand vorhalten. Zumal er sich unmittelbar zurückgezogen hat, als er von den Ansprüchen des Fürsten erfahren hat. Er war ganz offensichtlich nicht an einem politischen Eklat interessiert.“ Der Floh seufzte schwer. „Und spätestens diese Vorsicht wird den Generalleutnant auf ihn ansetzen. Ein hochrangiger, südlicher Soldat nahe der östlichen Grenze, während die Panther aufbegehren. Wenn es da keine Verhandlungen gegeben hat, soll mir zwei Arme abfallen.“ Der Wind fuhr mit einem Mal noch eisiger über Minorus Haut. Hochrangig - als ob. Aber egal wie die beiden die Ereignisse darstellen würden, er musste so viele Wegstunden wie möglich zwischen sich und den Fürsten bringen, ehe Rins Plappermaul diese Verbindung hinausposaunte. Wenn jetzt noch die Vermutung hinzukam, sein Vater habe mit den Panthern konspiriert, würde man ihm Beteiligung unterstellen - oder Schlimmeres! „Und dein Freund ist wirklich aus dem Norden, ja? Kein Panther, der an der Grenze auf deine Ankunft wartet? Es war nur Zufall, dass du und dein Vater durch den Westen wandern?“ Minoru schloss für einen Moment die Augen und seufzte. Die Anschuldigungen hatten ja nicht lange auf sich warten lassen. „Er ist Ōkami. Ich habe außerdem schon gesagt, dass ich keine Loyalität zum Westen habe. Wenn ich euch hätte hinters Licht führen wollen, wäre das wohl die dümmste Aussage gewesen.“ „Oder eine clevere Täuschung, wie man sie von einem Kitsune erwarten würde.“ Ehe Minoru etwas erwidern konnte, schnalzte Rin abfällig: „Das ist doch Unsinn. Minoru hat so viel von einem verschlagenen Kitsune wie ich. Sein Vater könnte ein Drache sein und es würde keinen Unterschied machen.“ Myōga zuckte zusammen. „Das bezweifle ich stark.“ „Na gut, Drache ist ein schlechtes Beispiel. Aber ihr wisst, was ich meine?“ „Nein“, erwiderte Minoru kühl. „Absolut nicht.“ „Bei allem nötigen Respekt“, fuhr der kleine Floh auf und wedelte mit seinen vier Armen, als könnte er damit den Spuk vor seiner Nase beenden. „Warum sollte es dem Herrn des Westens gleichgültig sein?“ Rin begann wie auf Geheiß unschuldig zu lächeln, bevor ihre Stimme einen leisen, fast provokanten Ton anschlug: „Möchtest du damit andeuten, Sesshōmaru-sama interessiere sich dafür, ob ein Kitsune sich mit einer Hundedämonin eingelassen hat, die nicht mit ihm verwandt ist?“ „Natürlich nicht!“, fuhr der Alte auf und sprang wütend umher. „Die verwandtschaftliche Beziehung zu einem neutralen Fürstentum wird ihn nicht kümmern - es sei denn, die verhandeln hinterrücks mit dem Feind!“ Minoru ließ sich an der Wand herabsinken und versuchte die aufgebrachten Gestikulationen des Flohs auf seiner Schulter nicht als Hintergrundtanz zu seinem Untergang zu werten. Die entbrennende Diskussion schwappte über ihn hinweg. Wie einfach war doch die Welt vor wenigen Augenblicken gewesen, als er noch befürchtet hatte, für die Mischung seines Blutes angeklagt zu werden. Das hier - „Minoru… du bist leichenblass…“ Rin war neben ihm in die Hocke gegangen und auch Myōga sah ihn nun mit dem Anflug eines schlechten Gewissens an. „Das ist nichts persönliches, Junge.“ Rin legte ihm eine Hand auf den Arm, den er sofort zurückzog. Sie seufzte. „Glaubst du, der Westen bestehe nur aus Inu? Sieh dir die Kappa an. Die haben dich aus dem Fluss gezogen, der Fürst hat sich deiner angenommen und dich meiner Obhut anvertraut. Du müsstest ihm schon mehr Anlass geben, das alles zurückzunehmen und damit sein Urteilsvermögen in Frage zu stellen. Myōga übertreibt.“ Minoru wechselte einen knappen Blick mit dem winzigen, alten Dämon, der sichtlich bestrebt war, eine ausdruckslose Miene aufzusetzen, die Bände sprach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)