"Was wäre, wenn..." - Noch ein Miraculous-Adventskalender von Bloonaa ================================================================================ Kapitel 23: Dreiundzwanzigstes Türchen -------------------------------------- Tag der Helden   Was wäre, wenn Ladybug der Mut verlassen hätte?   „Alles ok Ladybug?“, rief Adrien sicherheitshalber nachdem er sich zurückverwandelt hatte. Seine Stimme hallte in der Kanalisation wieder, begleitet vom Rauschen des Wassers.   „Hawk Moth hat noch nie so viele Leute auf einmal wieder akumatisiert. Irgendwas ist anders“, antwortete seine Lady nachdenklich von der anderen Seite der Wand. Beide hätten sich sowieso jeden Moment zurückverwandelt, darum waren sie jeder in einen Ausläufer des Hauptrohres geflüchtet, dass sich zum Glück direkt vor ihnen aufgeteilt hatte. Nicht, dass es Adrien etwas ausgemacht hätte, aber er nahm immer noch Rücksicht auf die Wünsche seiner Partnerin. „Vielleicht kann er seine Kräfte jetzt verstärken. Genau wie wir“, überlegte er laut, während Plagg neben ihm seinen Käse aß.   Marinette überlegte einen Moment. Sie war nicht der Typ, der so einfach Aufgab. Aber im Moment sah es gar nicht gut aus. Es waren so viele mit so vielen Fähigkeiten. Außerdem hatten sie die anderen Miraculousträger, die sie rekrutiert hatte, verloren. „Denkst du, wir können trotzdem gewinnen?“, fragte sie und ihre Stimme hatte einen seltsamen Tonfall angenommen, als würde sie ihr jeden Moment versagen.   „Wie du sagtest, nicht die Hoffnung verlieren!“, erwiderte Adrien etwas selbstsicherer zwar als er sich fühlte, aber er glaubte dennoch fest daran. Er legte seine Hand an die kalte, steinerne Wand, die ihn von seiner großen Liebe trennte, weil er ihr sich so näher fühlte. Gern hätte er mehr getan - irgendetwas, um ihr wieder Kraft und Mut zu geben. „Die Leute verlassen sich auf uns.“   Trotz aller Aufmunterung ihres Partners überkamen sie gerade Unmengen an Zweifel. Würden sie ohne neue Kräfte und ohne Verbündete lange durchhalten können? Hatten sie überhaupt eine Chance? Was würde geschehen wenn nicht? Sie hatten die Verantwortung für so viele Menschen, sie durften sie doch nicht enttäuschen. Aber so intensiv sie auch nachdachte, ihr fiel einfach keine Lösung ein und das frustrierte sie. „Aber… unser Team ist zerfallen.“   „Dann sind wir das, was immer funktioniert hat; ein Duo. Du und ich gegen die Welt, My Lady.“ In dem Maße, in dem ihre Zuversicht schwand, stieg scheinbar exponentiell die seine an. Da sie nach dieser Antwort nichts sagte, beschloss er, dass er etwas unternehmen musste. Viel Zeit hatten sie nicht, aber Ladybug durfte auf keinen Fall akumatisiert werden, denn dann war alles verloren.   „Vertraust du mir?“, fragte er sie schließlich, schon mit einer konkreten Vorstellung im Kopf, was zu tun war.   „Natürlich“, kam es verdutzt von der anderen Seite. Was sollte die Frage jetzt?   „Dann schließ die Augen!“ Bevor sie etwas sagen oder tun konnte, hörte sie bereits den Hall seiner Schritte und ahnte was er vor hatte. Hastig schloss sie die Lider und wartete. Tapp, tapp… Sie hörte, wie er langsam näher kam und seine Hand an der Wand entlangfuhr um nicht vom Weg abzukommen. Er sah also auch nichts. Das erleichterte sie etwas. Sein Atem ging rasch und in der Kühle der Kanalisation konnte sie seine Wärme direkt vor ihr spüren. Vorsichtig tastete er nach ihr und berührte mit seiner Hand ihren Arm. Dann ging es ganz schnell. Er zog sie an seine Brust und schlang die Arme um sie. „Alles wird gut, wir schaffen das!“, sagte er leise und sein Atem kitzelte sie am Ohr.   Sofort spürte sie, wie sie sich entspannte. Sorgen, Ängste, Zweifel…alles schien zu schrumpfen, wurde kleiner und schwächer. Bis sie kaum noch wahrnehmbar für sie geworden waren. Sie waren nach wie vor da, aber sie bestimmten nicht mehr ihr komplettes Denken. Dankbar erwiderte sie die Umarmung und drückte sich fester an ihn. Das war genau das, was sie gebraucht hatte. Eine starke Schulter an sie sie sich anlehnen konnte, einen Moment durchatmen und wieder Mut fassen.   Sie und er, sie waren schon so lange ein Team, Partner und Freunde. Sie wusste, dass er Gefühle für sie hegte, solche, die sie nicht erwidern konnte. Aber sie liebte ihn, wie sie es bei einem Bruder womöglich getan hätte. Wobei der Vergleich ihr nicht hundert Prozent zusagte. Irgendwas in ihr sträubte sich gegen die Vorstellung. Aber sie fühlte sich so wohl bei ihm, so geborgen. Seltsamer weise kamen ihr sowohl dieses Gefühl seiner Umarmung, als auch dieses Gefühl des Wohlbefindens überraschend bekannt vor. Wie konnte das sein?   „My Lady, ich kann es dir nicht erklären, aber irgendwas sagt mir, dass wir uns aus dem echten Leben kennen. Es ist wie ein Déjà-vu…“ Er sprach leise, aber sie verstand jedes Wort und es war, als hätte er genau ihre Gedanken ausgesprochen. „Ich weiß genau was du meinst“, hauchte sie.   „Ich weiß, du möchtest nicht, dass wir unsere Identität kennen, aber ich…“, begann er mit trockenem Mund und einem dicken Kloß im Hals. Er sehnte sich so sehr danach die Wahrheit zu erfahren, dass es ihn einfach überkommen hatte sie jetzt und hier noch einmal zu fragen.   Sie hatte Angst es zu erfahren und auch Angst, dass er es erfuhr, aber zur gleichen Zeit würde sie es wahrscheinlich nicht ertragen, wenn das so weiter ging wie bisher. Vor allem nicht jetzt und hier in dieser Umarmung mit ihm, die ihr so vertraut vorkam. Ihr Entschluss stand fest. Sie löste sich zögerlich  von ihm und nahm sein Gesicht in ihre Hände. Es schien zu glühen.   Sie atmete noch einmal tief durch und sagte schließlich: „Schau mich an.“ Es war heraus und sie konnte es nicht mehr rückgängig machen. Womit sie aber zögerte, war selbst die Augen zu öffnen.   Als sie sie schließlich doch aufschlug, musste sie kurz blinzeln. Dann fokussierte sich ihr Blick auf ihren Partner, der immer noch seine Arme um sie gelegt hatte. „A-Adrien?“, entfuhr es ihr, bevor ihr die Stimme versagte.   Er hatte schon einen Augenblick länger Zeit gehabt sich seine Lady anzuschauen und sofort war ihm klar geworden, dass es der Tanz auf Chloés Party war, der dieses vertraute Gefühl in ihm ausgelöst hatte. Marinette war also die ganze Zeit seine Lady gewesen? Wie unerwartet…unerwartet erfreulich. Ja er freute sich und das spiegelte sich auf seinem Gesicht wieder.   Das war jedoch überhaupt nicht das, was sie erwartet hatte. Dieser liebevolle Blick mit dem er sie bedachte, brachte sie komplett durcheinander. „Du… ich…also…“, begann sie in ihrer üblichen Stotterei und lief knall rot an, bevor sie den Blick senkte. In ihrem Kopf materialisierten sich verschiedene Bilder. Wie er sie aus brenzligen Situationen rettet oder sie ihn, wie sie Händchenhalten und eng an ihn gedrückt auf den Glaciator zu liefen, wie sie ihn küsste, um Dark Cupids Fluch zu brechen… Oh Gott… das war alles Adrien gewesen, stellte sie gerade fest und wollte am liebsten im Boden versinken.   Adrien verfolgte das Mienenspiel auf ihrem Gesicht und legte seine Hand an ihr Kinn, damit sie ihn wieder ansah. „Bitte My Lady zerbrich dir jetzt nicht den Kopf über das, was bisher war. Ich würde sagen, wir denken jetzt an das, was vor uns liegt und weißt du was? Ich fühle mich jetzt stärker denn je.“ Er lächelte und sah, dass auch sie sich etwas entspannte. „In Ordnung“, antwortete sie, wenn auch ziemlich leise.   „Ich kann dich nicht hören“, sagte er mit einem schelmischen und Cat Noir typischen Grinsen auf dem Gesicht und einer Hand an seinem Ohr. Sie puffte ihn in mit der Faust in den Oberarm und musste nun auch lächeln. „Machen wir sie fertig!“ Hosted by Animexx e.V. 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