Realms torn apart von Silwyna ================================================================================ Kapitel 4: Nicht mehr als die Wahrheit -------------------------------------- Kapitel 4 - Nicht mehr, als die Wahrheit             „Ich habe gehört, was du mit Duke in der Küche besprochen hast! Über... mich!“ Begleitet wurde dieses Geständnis von dem ersten Donner, der das aufziehende Gewitter ankündigen sollte. Tea sah Yugi an, als hätte er ihr eröffnet die Welt würde in fünf Minuten untergehen. Ihr erster Impuls war Flucht und so stand sie ruckartig auf. Wer wusste schon, was sie getan hätte, wenn sie tatsächlich gegangen wäre? Bei dem Wetter draußen hätte sie sich wohl eine schlimme Erkältung geholt. Doch dank Yugi trat dieser Fall nicht ein. “Warte!“, bat er sie und griff nach ihrer Hand bevor sie außerhalb seiner Reichweite war. Er packte nicht fest zu, gerade genug um sie am Gehen zu hindern. „Bitte bleib!“ „Yugi, ich...“ „Tea! Bitte!“ Mit einem resignierten Seufzer klappte die junge Frau regelrecht in sich zusammen. Wenn Yugi diesen Tonfall auspackte, dann konnte man ihm so gut wie nichts ausschlagen. “Was genau hast du gehört?“, wisperte sie. Die Tatsache, dass Yugi immer noch ihre Hand hielt, ging nicht an ihr vorbei. “Ich hab genug mitbekommen um zu wissen, dass wir vielleicht mal reden sollten!“ Tea schwieg beharrlich und vermied es Yugi anzusehen. Die Hand, die er nicht festhielt lag auf ihrem Oberschenkel und wenn man genau hinsah konnte man erkennen wie sie zitterte. “Gut dann... r-reden wir!“, meinte sie aber zu mehr konnte sie sich im Moment einfach nicht durchringen. Die Erkenntnis, dass Yugi jedes Wort mitgehört, das sie mit Duke besprochen hatte, wirkte sich ähnlich auf ihren Körper aus, wie ein Blitzeinschlag. “Tea!“, sprach Yugi sie sanft an und strich mit dem Daumen über ihren Handrücken. „Du hast absolut nichts zu befürchten. Ich bin immer noch ich und du weißt ich würde dir nicht wehtun. Allerdings scheint es nicht so, als wolltest du den Anfang machen also leg ich mal los. Dass ich dich immer schon sehr gern gehabt habe, weiß du sicher“ Tea fühlte sich als würde ein fetter Stein in ihrer Kehle stecken, also nickte sie nur. Natürlich war das nicht an ihr vorbeigegangen, aber die Pubertät machte oft dumme Dinge mit den Verständen junger Menschen... „Dir ist wohl irgendwann auch klar geworden, dass das über Freundschaft mittlerweile weit hinausgeht oder? Ich meine, ...natürlich bist du meine beste Freundin und wirst es auch bleiben egal was hierbei herauskommt!“ „Das beruhigt mich!“, brachte Tea nun doch hervor und schaffte es endlich, Yugi ins Gesicht zu sehen. Der Blick mit dem er sie ansah jagte ihr einen warmen Schauer über den Rücken. Seine herausragendste Eigenschaft war stets seine Warmherzigkeit gewesen. Diese Wärme schlug ihr nun in großen Wellen entgegen. „Aber wie schon gesagt: Meine Gefühle für dich sind schon lange nicht mehr nur von freundschaftlicher Natur! Und wenn ich dem was ich vor ein paar Stunden gehört habe Glauben schenken kann... Stelle ich mir dann doch die Frage ob ich mir Hoffnungen machen darf, dass das zwischen uns irgendwann...“, Yugi machte eine unsichere Geste mit der Hand die wohl die ganze Situation umschreiben sollte. „Ich...“ „Du musst mir jetzt nicht sofort darauf antworten. Ich weiß, ich hab dich überrumpelt, aber nachdem ich Duke habe sagen hören, du wärst in mich verliebt... Götter, ist das umständlich!“, ächzte er und fuhr sich übers Gesicht. Wenn er ehrlich zu sich war, dann glaubte er ein Duell mit Zorc wäre nicht halb so aufwühlend wie das was er sich gerade aufgebürdet hatte. Im Moment würde er einen Kampf mit dem Finsterling sogar vorziehen! „Eine Sache lässt mir aber keine Ruhe!“, meinte er nach einer recht langen Pause, da Tea ihre Sprache wohl immer noch nicht gänzlich wieder gefunden hatte. „Das mag jetzt etwas forsch klingen aber... ist es weil ich ihm ähnlich sehe?“ Tea sah Yugi erschrocken und fast schon ein wenig verletzt an. Zunächst war sie wirklich erschrocken, dass Yugi ihr das tatsächlich zutraute, doch dann ging sie für einen Moment in sich. Wenn man ihr Verhalten damals von außen betrachtete, hätte man wirklich glauben können, dass sie in Atemu verliebt gewesen war. Vielleicht war sie auch tatsächlich ein wenig in den Pharao verknallt gewesen, aber es war nie mehr als das gewesen. Die Schwärmerei eines Mädchens. „Nein!“, sagte sie entschlossen und blickte zu Yugi. Dessen Augen begannen bei dieser Aussage ein wenig mehr zu leuchten als sie es so schon taten. „Du warst mir schon wichtig bevor Atemu in unser Leben trat, aber...wie sehr wurde mir erst klar, als ich dich fast verloren hätte. Erinnerst du dich? Der Kampf gegen Dartz...“ „Tea, nicht...“ Yugi wollte nicht über diese Zeit sprechen. Er hatte niemandem erzählt was sich zugetragen hatte nachdem er seine Seele dem Siegel übergeben hatte. Lediglich Joey und Kaiba wussten es, aus eigener Erfahrung, und Atemu gegenüber hatte er sich geöffnet. Nur ihm hatte er auch erzählt, wo sich seine Seele aufgehalten hatte, bevor sie alle als Opfer missbraucht worden waren. Doch jedes Mal wenn er daran zurückdachte bekam er regelrechte Krämpfe im Bauch! „Ich weiß, du sprichst ungern darüber. Aber lass mich bitte ausreden! Du warst fort und das hat uns alle irgendwie vollkommen runter gezogen. Atemu besonders, aber auch ich dachte ich seh kein Land mehr! Da war auf einmal ein finsteres Loch in meinem Herzen, ich hätte am liebsten geschrien und irgendwas kaputt gemacht. Ich dachte du wärst... wärst tot und... daran zu denken tat so weh! Das hat Atemu und mich wohl dann auf eine Art zusammen geschweißt, weil wir dich beide so sehr wieder zurückholen wollten, verstehst du?“ Während sie gesprochen hatte, war es Tea so vorgekommen als hätte sich eine Schlinge um ihren Hals gelegt. Daran zu denken, dass sie Yugi um ein Haar für immer verloren hätte, trieb ihr den Tränen in die Augen. Sie erschrak als sie sich im nächsten Moment in einer sanften, fast schon beschützenden Umarmung wieder fand. „Ich bin nicht gestorben damals... und ich hab es so schnell nicht vor...ich bin hier!“, versicherte er ihr und strich ihr liebevoll durch die kurzen Haare. Tea seufzte und genoss die Nähe und auch die Geborgenheit die Yugi ihr vermittelte. „Es sind nicht die Dinge, in denen du ihm ähnelst!“, sagte sie wenige Augenblicke später und sah Yugi in die Augen. „Es sind die Unterschiede!“ Mit diesen letzten Worten tat sie etwas, was sie vielleicht schon früher hätte machen sollen. Sie ließ ihre Gedanken Gedanken sein und gab ihrem Herzen endlich einmal die Zügel in die Hand. Bevor Yugi die Antwort auch nur in Gedanken ausformuliert hatte, lehnte sie sich leicht vor -ihr Herz schlug so heftig gegen ihren Brustkorb, sie glaubt zu platzen!- schloss die Augen und legte ihre Lippen vorsichtig auf seine. Yugi entkam ein überraschter Laut und so ganz verarbeitete er noch nicht, was gerade passierte. Dennoch genoss er das Gefühl, das ihn durchfloss, mit jeder Sekunde mehr! Tea küsste ihn. Tea. Küsste. Ihn! Und wie sie das tat! Die Berührung war nur ganz zart, als wollte sie sichergehen, dass er sich jederzeit zurückziehen könne, wenn er denn wollte. Doch in diesem Kuss lag so viel Gefühl, so viel Hingabe... Für Yugi fühlte es sich an, als würden tausende von kleinen Krabbeltierchen von seinem Nacken über seinen Rücken entlang rennen. Instinktiv schloss Yug seine Arme fester um ihren Körper und zog sie näher zu sich, während der Kuss an Leidenschaft gewann.   Beide rangen nach Luft als sie sich gezwungen sahen sich von einander zu lösen. 'Was war DAS denn gerade?', fragte sich Tea innerlich während sie sich redlich Mühe gab, ihre Atmung wieder unter Kontrolle zu bringen. Yugi ließ den Kopf ein wenig sinken und lehnte seine Stirn an ihre. „Entschuldige...“, flüsterte er und legte eine Hand an ihre Wange. „Ich hab wohl etwas die Kontrolle verloren!“ „Nicht nur du...“, erwiderte Tea und schloss mit einem wohligen Seufzer die Augen, als Yugi mit seinen Fingerspitzen über ihr Schläfe strich. „Ich liebe dich, Tea!“ Nach diesem kleinen Geständnis, das eigentlich keines war, riss Tea ihre Augen wieder auf und sah Yugi mit einer Mischung aus Rührung und Verwunderung an. Seine Fingerspitzen fuhren immer noch zart über ihre Haut. Wie Schneeflocken. „Ich liebe dich auch!“ Endlich war es raus! Tea fühlte als hätte man ihr eine tonnenschwere Last von den Schultern genommen. Bei Yugi hingegen war es als hätte man einen Schalter umgelegt! Sein Arm schloss sich fest um ihre Taille und im nächsten Augenblick saß Tea auf seinem Schoß, während sein Mund ihren in Beschlag nahm. Ihre Hände lagen auf seinen Schultern und sie erwiderte den Kuss mit einer Intensität, die sie beide fast von den Füßen riss.         #*+*#         Atemu konnte immer noch nicht so recht glauben, was gerade passierte, als er aus dem Fenster des Flugzeugs sah und die Wolken an ihm vorbeizogen. Kaiba saß auf der anderen Seite des Gangs. Seit sie sich auf den Weg gemacht hatten, war dem kein einziges Wort über die Lippen gekommen. Doch nicht einmal das konnte Atemu ihm wirklich verübeln, denn das was sie bei Pegasus erfahren hatten klang nun einmal schlicht weg... unmöglich!     „Also, fassen wir noch mal zusammen!“, sagte Seto und sah von einem zum anderen. „Ihr beiden behauptet, seit meinem Versuch zu Atemu zu gelangen sind fünf ganze Jahre vergangen! Und kurz nachdem ich im Jenseits gelandet war, ist diese Billigkopie von mir hier aufgetaucht! Hab ich irgendwas vergessen?“ „Für uns sind keine drei Stunden vergangen!“ „Ja, genau! Das!“ „Moment...“, schaltete sich Pegasus ein. „Ihr wollt mir weismachen, dass die Zeitspanne von mehreren Jahren für euch lediglich ein paar Stunden gedauert hat?“ „So ziemlich!“ „Faszinierend!“, meinte da der Arzt, den Seth dazugeholt hatte um die Gesundheit der unerwarteten Gäste genauer zu prüfen. Der Mann warf Atemu und Kaiba nachdenkliche Blicke zu und sah dann vor allem zwischen Letzterem und Seth hin und her. „Sie scheinen jedoch genau gleich alt zu sein. Und diese Ähnlichkeit, das ist schlichtweg verblüffend. Sind Sie beide verwandt?“ „Nein!“ „Vielleicht!“ „Das besprechen wir später!“, sagte da Atemu in der Hoffnung eine weitere Auseinandersetzung zwischen den beiden zu umgehen. „Wir müssen immer noch klären, ob wir tatsächlich einen Zeitsprung von ein paar Jahren hingelegt haben und vor allem wieso!“ „Dürfte ich an dieser Stelle etwas vorschlagen?“, meinte der Arzt. „Ein Kollege von mir hat vor einiger Zeit eine Methode entwickelt um das Alter eines Menschen mittels einer Blut- und einer Speichelprobe zu bestimmen, bis auf wenige Monate genau*. Wenn Sie mir ein paar solche Proben überlassen, werde ich ihn umgehend aufsuchen und wir können feststellen ob Sie noch so alt sind wie gedacht, oder ob Sie tatsächlich gealtert sind!“ „Mit einem Schlag mehrere Jahre altern? Das ist doch absolut unmöglich!“ „Nach allem, was mir bisher gesehen und erlebt haben, stellst du das immer noch in Frage, Kaiba?“ „Ja! Aus Prinzip!“ „Ihr beiden geht mir so langsam auf die Nerven!“ Fast alle wandten sich erschrocken zur Ecke des Raumes, aus der diese Wort erklungen waren, denn es hatte jemand gesprochen, der bisher geschwiegen hatte... Bakura! „Niemand zwingt dich hier zu sein, du kannst von mir aus verschwinden!“, erwiderte Pegasus und der Tonfall den er an den Tag legte, hätte sogar Exodia zum Winseln gebracht. Bakura wirkte allerdings wenig beeindruckt und grinste ihm unbeeindruckt entgegen. „Oha, du nimmst es mir immer noch übel, dass ich dir das Milleniumsauge abgenommen habe?“ „Natürlich tue ich das, meine Tiefenwahrnehmung** ist dahin!“ „Wie auch immer! Mit deiner Aussage liegst du nur ein klein wenig daneben, mein Guter. Ich bin nämlich auch nicht gerade eben freiwillig hier!“ Er wies mit der Hand in Richtung Kaiba. „Wegen dem was der sich mit diesem komischen Würfel geleistet hatte, ist meine Welt in Gefahr und eure streng genommen damit auch, wenn ich mir die Entwicklung der Ereignisse so angucke!“ „Und was heißt das jetzt im Klartext?“, fragte Pegasus und sah Atemu an. Der blickte so finster drein, als wüsste er was Phase war und sah zu Kaiba. „Ich muss mit Yugi und den anderen reden! Das schaffen wir nie allein!“       Da saßen sie nun...auf dem Weg nach Domino. Pegasus hatte alles organisiert, vor dem Start hatte er noch eine ganze Weile mit jemandem telefoniert, während der Arzt Kaiba und Atemu etwas Blut abgenommen hatte. Bakura hatte vehement verneint als man ihn auch einbeziehen wollte, mit dem Kommentar das Ergebnis würde den Wissenschaftlern einen derben Schrecken einjagen. Atemu wurde das Gefühl nicht los, dass die Leute mit denen Pegasus gesprochen hatte auch hiermit zu tun hatten, doch er hatte im Bezug darauf geschwiegen wie ein Grab und gegrinst wie die Katze aus „Alice im Wunderland“. Ihm schwirrte der Magen, aber nicht etwa weil er im Flugzeug saß sondern weil er daran dachte, dass er Yugi bald wieder sehen würde. Zuletzt hatte er den Jungen gesehen als, er ihn vor Diva hatte retten müssen. Für ihn war nur eine kurze Weile seither vergangen, doch für Yugi musste das Jahre zurückliegen. Der Gedanke, dass der „Junge“ nun im Grunde erwachsen sein sollte -so wie er selbst aber das ging an ihm vorbei- versetzte ihm einen kleinen Stich ins Herz. Er hatte Yugi stets beschützt und die Erkenntnis, dass das vielleicht nicht mehr nötig war, erfüllte ihn einerseits mit Stolz aber dennoch mischte sich eine Spur Wehmut darunter. Auch Kaiba machte sich Gedanken, was den Zeitsprung anging. Er schwieg immer noch beharrlich, doch man konnte ihm ansehen, wie er die Sache durchdachte und dass es ihn ebenfalls belastete. Atemu füllte sich ein wenig schuldig, dass er ihn das hatte durchmachen lassen, immerhin war er ein normaler Mensch. Ihm selbst machte es nichts aus, dass der Körper den er im Jenseits hatte nun auch altern konnte, wenn man die ersten tausend Jahre als Geist geknackt hatte wurde es stetig einfacher. Kaiba allerdings war Sterblich und fünf Jahre Lebenszeit zu verlieren wog schwer. Hinzu kam das, was Kaiba wohl am meisten aus der Bahn warf... Mokuba! Der Junge hatte seinen Bruder fünf Jahre nicht gesehen, war nun kein Kind mehr und ihn älter zu sehen dürfte Seto Wohl einen heftigen Schlag versetzen. 'Wir haben uns mal wieder gehörig in die Scheiße geritten!, dachte Atemu und inzwischen näherten sie sich ihrem Ziel immer weiter. Während sein Cousin in Gedanken fluchte als wäre er nur dazu geboren worden, ließ sich Seth ebenfalls einiges noch einmal durch den Kopf gehen... oder versuchte es zumindest! Je mehr er allerdings darüber nachdachte, umso heftiger pochte ihm der Kopf. Mehrere Jahre auf einen Schlag zu altern kam ihm ebenfalls seltsam vor, immerhin war auch er aus dem Jenseits in diese Welt gekommen. Die Erscheinung die die Leute dort hatten waren eine Art Selbstbild, manche konnten es sogar nach belieben ändern. Dass sie nun wieder einen menschenähnliche Entwicklung machten war interessant und seltsam zugleich. 'Es muss mit dem zusammenhängen was Bakura gesagt hat, dieser-' Seth unterbrach sich selbst, ehe er etwas sehr rüdes über den ehemaligen Grabräuber gedacht hätte. Er traute ihm keinen Millimeter, egal wie zurückhaltend er sie nun zeigte. Es würde bestimmt nur eine Frage der Zeit sein, bis er ihnen allen in den Rücken fallen würde und wenn es soweit sein sollte, würde Seth alles tun um ihn aufzuhalten. Sein Blick wanderte hinüber zu seinem Doppelgänger. All die Jahre die er in dieser Welt verbracht hatte, hatte er alles erdenkliche getan um die Menschen davon zu überzeugen, er sei Seto Kaiba. Angefangen damit dass er die Sprachen gelernt hatte in denen sie sich nun unterhielten bis hin zur Imitation seines Wesens an sich. Mokuba, der ihn damals gefunden hatte, war ihm stets eine große Hilfe gewesen und er mochte den Jungen gern. Aber er hatte auch die immerwährende Trauer nicht übersehen, die ihn umgeben hatte, gepaart mit der Hoffnung, dass sein großer Bruder, der richtige große Bruder, eines Tages zurückkommen würde. Nun hatte sich seine Hoffnung erfüllt, doch wenn Mokuba wüsste zu welchem Preis...       #*+*#       Liv erwachte mit klopfendem Herzen und kaltem Schweiß auf der Stirn. Irgendwas stimmte nicht, dass wusste die junge Frau sofort. Hastig tastete sie neben sich auf dem Nachttisch nach dem Schalter des kleinen Lämpchens. Prompt wurde das Schlafzimmer von einem warmen Licht erfüllt und der Druck in Livs Herzen wich ein wenig. Ihr Zimmer sah friedlich aus, alles schien in Ordnung zu sein. Was auch immer sie geweckt haben mochte, es war vorbei oder sie hatte einfach nur schlecht geträumt ohne sich daran zu erinnern. 'Auf Toilette muss ich nicht und Durst habe ich auch keinen...Hm, seltsam!', dachte die Studentin und machte das Licht wieder aus. Sie wollte sich schon wieder in ihre Decke kuscheln und auf die Seite kullern, als sie aus dem Zimmer nebenan ein leises Wimmern hörte. „Oh Nein!“, sagte sie und es fiel ihr wieder ein. Ihre beste Freundin schlief im Nebenzimmer und musste wieder einmal einen Alptraum haben. Liv warf die Decke zurück und machte das Licht wieder an. Barfuß tappste sie hinaus in den Flur, der ihr nun vorkam wie ein dunkler, bedrohlicher Tunnel. Diesen Gedanken schob sie schnell in die hinterste Ecke ihres Gehirns, ihre Ängste waren sekundär. Vor der Tür blieb sie stehen und lauschte. Wieder hörte man ein Wimmern, gefolgt von einem Schluchzer und unverständlichen Worten. 'Es scheint einer von der schlimmen Sorte zu sein!', dachte Liv besorgt ehe sie so lautlos wie möglich versuchte die Türklinge herunter zu drücken. Einmal hatte sie die Tür einfach gedankenlos geöffnet und ihre beste Freundin war ihn sprichwörtlich an die Kehle gesprungen, noch in den Fesseln des Traumes gefangen, voller Trauer und Zorn. Liv konnte sich glücklich schätzen, dass sich damals kein waffenartiger Gegenstand in Reichweite befunden hatte... Auf Zehenspitzen ging sie zu dem Bett in der Ecke des Raumes und setzte sich leise an die Bettkante. Die Person darin lag wie zusammengekauert da, eine Hand in ihre wirren roten Locken gekrallt, die andere lag auf ihrem Bauch. Tränen glänzten auf der Wange der jungen Frau und sie stammelte weiterhin unverständliche Worte, die Liv nur teilweise deuten konnte. Aber eines hörte sie deutlich heraus, einen Namen. „Nicht schon wieder...“, seufzte sie erschöpft, ehe sie ihrer Freundin sanft sie Hand auf die Stirn legte und beruhigend auf sie einredete. „Ylva!“, flüsterte sie leise, aber eindringlich. „Ylva, das ist nicht real! Wach auf!“ Ihre Augen öffneten sich mit einem Schlag und sahen Liv an, als wäre sie der Tod persönlich. Ylvas Atem ging hastig, als wäre sie sieben Stockwerke die Treppen hochgerannt und ihre Lippen bebten unter dem Druck, die Tränen zurückzuhalten. „Àsa...“, wisperte sie und die Hand auf ihrem Bauch krallte sich in den Stoff ihres Shirts. Liv reichte das als Erklärung. Sie legte ihre Arme um den Körper ihrer Freundin und richtete diese ein wenig auf, so dass sie sich nun gegenüber saßen. „Ach, Ylva...“, seufzte sie und schloss ihre Freundin in ihre Arme. Das brach den Damm nun engültig. Die aufgelöste junge Frau schluchzte erneut auf und erwiderte die Umarmung von Liv fest, während ihr die Tränen ungehindert über die Wangen liefen. Liv schwieg und ließ Ylva Zeit, sich wieder zu beruhigen, strich ihr lediglich durch die Haare und flüsterte leise beruhigende Worte. „Ihr geht es gut, das weißt du doch...“ „Ich weiß! Aber dennoch... in meinen Träumen ist es als sei sie gerade erst-“ Liv hielt ihr den Mund zu und sah sie ernst an. „Sprich es nicht aus, Ylva! Das macht es nicht leichter...“ Ylva nickte, schweigen und legte ihren Kopf erschöpft auf den Schultern ihrer Freundin ab. Nun da sie sich halbwegs wieder beruhigte, schämte sie sich bis auf die Knochen. „Es tut mir leid, Livia! Vergib mir!“ „Ist schon gut!“, meinte ihre Freundin, registrierte die Erwähnung ihres vollen Namens und lächelte. Ylva nannte sie nur so, wenn sie sich unsicher fühlte, so wie jetzt. „Ist es nicht!“, brummte die Rothaarige und sah sie ernst an. „Es ist mehr als tausend Jahre her und dennoch bin ich so schwach wie das Mädchen von damals, wenn es mich in meinen Träumen heimsucht!“ „Du bist nicht mehr das Mädchen von damals! Du hast mich... Nichts wird uns trennen!“, versuchte Liv sie aufzumuntern und tatsächlich zupfte ein leichtes Lächeln an Ylvas Mundwinkel. „Nichts wird uns trennen!“ Das hatten sie sich damals geschworen, als Ylva in ihr Leben getreten war und Liv die anfängliche Scheu vor der sonst recht selbstbewussten Frau überwunden hatte. Selbst die Tatsache, dass Ylva nun auf ewig in dieser Welt gefangen war, tat der Zuneigung der beiden Frauen keinen Abbruch. Sie hatte vor fünf Jahren die Möglichkeit gehabt heimzukehren, doch sie hatte sich bewusst dagegen entschieden. Sie bereute es nicht ein einziges Mal!       #*+*#       „Hast du eine Ahnung, warum er uns ausgerechnet hierher bestellt hat? Er ist doch in Amerika, wäre es nicht einfacher gewesen, wenn wir dorthin fliegen?“, fragte Marik und sah seine Schwester neugierig an. Sie drei waren vor gut zehn Minuten am Flughafen von Domino angekommen, mit der Bitte von Pegasus, dort auf sie zu warten. „Ich denke es ist wegen Mokuba und Yugi. Sie werden sie sehen wollen!“, schlug Ishizu vor und schüttete sich ein Tütchen Zucker in den Cappuccino. Wer sie jetzt sah und nur von früher kannte, hätte wohl bezweifelt, dass es sich bei ihr um dieselbe Ishizu Ishtar handelte, die damals so halb-irgendwie zusammen mit Seto Kaiba das Battle-City Turnier ins Leben gerufen hatte -die Idee war immerhin von ihr gekommen, er hatte es umgesetzt-. Statt des langen weißen Kleides und des Schleiers, der hin und wieder ihr Gesicht verborgen hatte trug sie nun eine gewöhnliche Bluse mit einer dunklen Jeans, allerdings trug sie eine langärmelige Bluse, denn es ging straff auf die kühlere Jahreszeit zu. „Da wäre etwas dran!“, griff Odion den Vorschlag auf. Er sah immer noch haargenauso aus wie früher: groß und ein wenig einschüchternd. „Mokuba hätte zwar noch nach Amerika fliegen können, aber ob Yugi das so einfach hinbekäme...“ „Ist ja auch egal, jetzt sind wir hier und gut!“, seufzte Marik. Er hatte als einziger kein Getränk bestellt, sondern die Arme auf dem Tisch verschränkt und seinen Kopf mit dem Kinn darauf abgelegt. Er sah aus, als könnte er eine große Menge Schlaf vertragen. Verübeln konnte es ihm keiner, es war normalerweise die Zeit, zu der er schlief. „Verfluchte Zeitzonen!“, brummte er. „Ich bin erstmal gespannt, auf die Geschichte, die dahinter steckt!“, meinte Ishizu ungewohnt trocken. „Fünf Jahre verschollen und dann taucht er einfach so wieder auf... mit dem Pharao der eigentlich seinen Frieden gefunden haben sollte und der Verkörperung des Bösen schlechthin! Irgendwas ist doch da gehörig faul!“ „Oh... hast du das ganz ohne dein Kettchen herausbekommen?“, hörten die drei eine Stimme, die in Hohn ertränkt zu sein schien. Doch ehe sich auch nur einer von ihnen Fragen konnte, zu wem diese Stimme wohl gehören mochte, setzte sich die Person einfach zu ihnen, mit einem gehässigen Grinsen auf den Lippen und einen Arm über die Rückenlehne gelegt, gab er das Sinnbild einer Person ab, die sich kräftig amüsierte. Die drei Geschwister reagierten gänzlich verschieden: Ishizu verzog ein wenig missmutig das Gesicht, hatte aber noch so viel Anstand und Selbstbeherrschung um nichts zu sagen. Odion sah den Neuankömmling an, als hätte er ihn am liebsten in Stücke gerissen, blieb aber auch still. Marik hingegen stand auf, wie von einem Skorpion gebissen und sah den Mann vor sich ungläubig an. „DU?!“, rutschte es ihm glatt heraus und das fasste auch schon die gut einhundert Fragen zusammen, die ihm im Kopf herum tanzten. „Überraschung!“, trällerte Bakura, der durch sein Erscheinen für mächtig Verwunderung gesorgt hatte. Die Geschwister wussten zwar, dass er mit von der Partie war, aber ihn dann in Fleisch und Blut vor sich zu sehen war ein ganz anderes Kaliber von Überraschung! „Ich freu' mich auch, dich wiederzusehen, Marik!“, sagte Bakura und schlug nonchalant die Beine übereinander. „Was guckts du denn so erschrocken? Wir waren doch mal so ein gutes Team!“, zog er ihn auf und Marik rutschte demonstrativ ein Stück von ihm weg. „Lass den Scheiß!“, fuhr er ihn an und wusste in diesem Moment einfach nicht, was er von der Sache zu halten hatte. Gewiss wären ihm noch ein paar unfeinere Dinge über die Lippen gekommen, wenn nicht in diesem Moment ein paar andere Personen hinzugekommen wären. „Ich sagte doch, wir dürfen diesen Irren nicht allein herumlaufen lassen!“ Das war eindeutig Seto Kaiba. Ishizu sah in die Richtung aus der die Stimme gekommen war und glaubte für einen Momen sie sähe doppelt, bis ihr einfiel, dass sich ja Seth auch bei Pegasus aufhielt. Ihn hatte sie zuletzt vor zwei Jahren gesehen, nachdem sie und ihre Brüder beschlossen hatten, dass dessen Japanisch gut genug war, um im Notfall als Seto Kaiba durchzugehen. Aber dank Pegasus und Odions Unterstützung -er arbeitete als Sicherheitsdienst und hatte ein paar Gefallen eingefordert- war es nie soweit gekommen, dass er mit Pressevertretern oder dergleichen hätte reden müssen. Nun war Seto Kaiba also direkt mit seinem Antiken Alter Ego in Kontakt gekommen. Seiner Mimik nach war er nicht gerade eben glücklich darüber! „Wer im Glashaus sitzt, Kaiba...“, murrte Bakura lediglich beließ es aber dabei. In jenem Moment fiel Ishizus Blick auf Atemu. Sie hätte den Pharao auch nach fünf Jahren überall wiedererkannt, wohl vor allem wegen seiner extravaganten Frisur. „Mein Pharao!“, rutschte es ihr aus reiner Gewohnheit heraus und sie machte Anstalten aufzustehen, doch Atemu gab ihr mit einer knappen Geste zu verstehen, sie möge das lassen. „Bleib sitzen!“, bat er sie und sah sich ein wenig unbehaglich um. Doch die meisten Leute auf dem Flughafen waren so mit sich selbst beschäftigt, dass keiner Ishizu gehört hatte. Es nahm nicht einmal jemand Notiz davon, dass er Yugi so ähnelte. „Und lass den Titel weg!“ „Wir Ihr wünscht...äh... wie du willst!“ Atemu kommentierte das mit eine herzlichen Lächeln, ehe er jedes Mitglied der Familie Ishtar einzeln begrüßte. Bakura verdrehte mit dermaßen genervter Miene die Augen, dass Odion ihm einen warnenden Blick zuwarf und er ließ es bleiben. Mariks großer Bruder mochte „nur“ ein Mensch sein, doch er war immer noch ein Hüne von Kerl und Bakura wollte es nicht unbedingt darauf ankommen lassen. „Also, was genau ist eigentlich passiert?!“, wollte Marik wissen, kaum dass alle sich begrüßt hatten un sah zwischen Seto, Atemu und Pegasus hin und her. Bakura sah er bewusst nicht an. „Das lässt sich schwer erklären!“, seufzte Pegasus. „Wir sollten das auch eventuell in etwas vertraulicherer Atmosphäre bereden!“ „Ich wüsste da was!“, hörte man die Stimme eines Jungen und alle drehten sich um. Keine drei Meter von ihnen entfernt stand ein Junge von vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahren. Er hatte langes, schwarzes Haar, dass sich nur schwer zähmen ließ weshalb er es mittlerweile in einem Zopf trug. Dunkelgraue Augen sahen ein wenig amüsiert in die Runde. Als sein Blick Seto fand trat zunächst Erkenntnis und dann Freude in sein Gesicht. Auch Seto schien den Jungen erkannt zu haben und er fühlte sich für einen Moment so als hätte man ihn geschlagen. „Mokuba!“       Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)