Light and Darkness von mairio ("On that land shall Darkness prevail and Light expire.") ================================================================================ Chapter 1: Confession --------------------- Das ist meine allererste Fanfic ever, also ich entschuldige mich schon mal für alle Rechtschreib- und Grammatikfehler im Voraus! Viel Spaß beim Lesen! --------------------------------------- Chapter 1: Confession   Erleichterung war wohl eher das Gefühl, was Jeanne bzw. Maron nach all den Strapazen empfand. Fin war wieder ihr kleiner Grundengel. Zwischen ihr und Miyako lagen keine Geheimnisse mehr. Der Fluch ihrer Eltern würde nach dem Kampf mit Fin endlich gebrochen sein. Alles war gut und der böse König war endlich besiegt, oder?   Nur noch eine Sache blieb für sie offen, was sie noch erledigen wollte. Die beiden Kaitos und ihre Engel waren gerade auf den Weg zu dem Treffpunkt, wo Miyako mit ihnen vorher vereinbart hatte, dass sie da auf ihre Freunde warten würde. Plötzlich blieb Jeanne stehen. „Fin, Access. Könnt ihr schon mal vorausfliegen? Chiaki und ich kommen gleich nach.“ „Was ist los?“, fragte Fin. „Keine Sorge, ich muss nur was mit Chiaki bereden“, antwortete die Diebin mit einem Lächeln. „Okay“, entgegnete Access, „aber lasst euch nicht allzu sehr Zeit, ihr Turteltäubchen!“ und flog mit den Worten eilig davon. „Hey warte!“ Total überrascht flog Fin ihm hinterher, unsicher ob sie die beiden allein lassen wollte, oder nicht.   „Alles in Ordnung, Maron?“ fragte Chiaki seinen gegenüber vorsichtig. „Ja …“, antwortete sie ihm und verwandelte sich zurück zu Maron. „Worüber wolltest du denn mit mir reden?“ Nach einem kurzen Moment der Stille fing Maron an zu reden. „Ich wollte mich bei dir nochmal bedanken.“ „Du hast dich doch vorhin schon bedankt als wir gegen den Dämonen-Schwarm gekämpft haben…“ „Bitte lass mich ausreden, Chiaki.“ Sofort war der Blauhaarige still. „Ich wollte mich für alles bedanken!“, setzte Maron fort. „Danke, dass du mir vorhin geholfen hast! Danke, dass du mir beigebracht zu Vertrauen! Nicht nur anderen zu vertrauen, sondern auch mir selbst. Dadurch habe ich gelernt, was es bedeutet mutig zu sein.“ „Ach, Maron …“ „Danke, dass du immer bei mir bist, Chiaki! Danke, dass du immer an meiner Seite bist. Selbst nachdem ich herausgefunden habe, dass du Sindbad bist und ich dich eigentlich total mies behandelt habe, warst du immer bei mir gewesen und hast mich beschützt. Danke, dass du mich immer wieder auffängst und mich jedes Mal auch wieder hochbringst! Nicht nur vorhin beim Kampf gegen Fin oder sonst irgendwelchen Kämpfen…, sondern auch damals als du mich im Park vor dem Karussell aufgefunden hattest. Nachdem ich die Nachricht meiner Eltern gehört hatte, dass sie sich scheiden lassen wollten, da brach für mich förmlich eine Welt zusammen. Ich fühlte mich so wertlos und abgewiesen…, am liebsten wäre ich im Boden versunken und nie wieder aufgetaucht. Aber plötzlich standst du vor mir und hattest mir vor Augen gehalten, dass ich anderen Menschen doch wichtig bin und geliebt werde. …Und ihr seid mir auch wichtig…, besonders du, Chiaki!“ „Maron…“, lächelte ihre Gegenüber sie sanft an.     Maron fing an leicht rot zu werden. „Chiaki, ich…ich…also ich…ehm…eh …“ Verdammt wieso kann ich es ihm nicht sagen?! Das sind nur drei ganz einfache Worte!, dachte sie sich frustriert. Mit einem amüsierten Lachen nahm Chiaki ihre Hand. „Du muss es mir noch nicht sagen, wenn du dich noch nicht wohl dabei fühlst.“ „Aber …!“ „Ich kann warten.“, setzte Chiaki mit einem Lächeln fort. „Ich liebe dich und das weißt du. Und ebenso weißt du, dass ich dich zu nichts zwingen oder drängen will! Also lass dir ruhig Zeit. Mir ist es wichtig, dass ich bei dir sein kann, wenn du eine Schulter zum Anlehnen brauchst.“ Maron sah zu ihrer Hand runter, die immer noch in der von Chiaki’s liegt. „Also… ehm … Was ist das dann nun zwischen uns? Sind wir Freund und Freundin?! Oder doch nicht? Oder … “, fragte sie verunsichert und immer noch leicht rot im Gesicht. Für einen kurzen Moment war wieder Stille zwischen den beiden. „Ach … Komm her“, mit den Worten zog er sie sanft an sich und umarmte er sie innig. Schließlich antwortete er ihr: „Wenn du das willst, dann sie wir Freund und Freundin!“ Perplex von der plötzlichen Umarmung, brachte Maron nur heraus: „O-Okay, j-ja ich will!“ Langsam löst sie sich aus der Umarmung, hielt aber weiterhin noch seine Hände fest und schaute ihren -jetzt- Freund an. Dieser schaute liebevoll zu ihr runter und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Das macht mich glücklich! Ich schwöre dir, ich werde dir immer zur Seite stehen und dich beschützen! Egal, was passiert!“ „Chiaki …“, Maron war sichtlich gerührt von diesen Worten, „mich macht das auch glücklich!“ „Komm, lass uns nun zu den anderen gehen, sonst machen sie sich noch Sorgen.“ Und so gingen sie Hand in Hand weiter Richtung Treffpunkt.   „Da seid ihr ja endlich, wo habt ihr nur gesteckt?“, rief Miyako als sie ihre beste Freundin erblickte. Die beiden Engel, die bis zu dem Augenblick in ihrer Nähe daher schwebten, flogen direkt auf ihre Schützlinge hinzu. „Maaan … Ich sagte doch, ihr solltet euch nicht so lange Zeit lassen!“, rief Access direkt. „Als ob ihr nicht zehn Minuten warten konntet.“, entgegnete sein Partner lachend. „Das waren auf keinen Fall NUR zehn Minuten!“ „Sorry Miyako, dass wir dich so lange warten ließen.“, entschuldigte sich die Braunhaarige. Diese wehrte nur grinsend ab: „Ist schon gut, ich kann ja sehen weshalb ihr -unter anderem- so lange gebraucht habt.“ Natürlich entging es keinem, wie die beiden Kaitos Händchen haltend sowie mit einer leichten Röte im Gesicht ihnen entgegen kam. „Hat ja auch lang‘ genug bei euch gedauert.“, fügte die Kurzhaarige frech hinzu.   „Ach übrigens … diese grüne und lilane Leuchtkugel, die die ganze Zeit umher schweben, die bilde ich mir nicht ein, oder?“ Erschrocken und überrascht schauen alle Beteiligte sie an. „Ehm ja, das was du wahrnimmst sind unsere Engel, die uns begleiten und uns im Grunde genommen die Kraft zur Verwandlung gaben. Access ist die lilane Kugel und Chiaki‘s Partner. Fin ist die Grüne und meine Partnerin. Sie hattest du vorhin angetroffen, als sie noch von Bösem manipuliert wurde… Aber jetzt haben wir sie gerettet und sie ist wieder ein gutmütiger Engel!“, erklärte Maron zögernd. „Kannst du sie richtig sehen, Miyako?“ Leicht enttäuscht schüttelt diese den Kopf: „Ne, leider nicht. Also die Engel selbst sehe ich nicht, nur die leuchtenden Kugeln. Ich kann sie ebenso auch nicht hören, falls du fragst.“ „Ach so …“, kam es von Maron nur noch. „Bestimmt kann sie uns jetzt wahrnehmen, weil sie eure Identitäten kennt sowie über Jeanne d’Arc und all dem Bescheid weißt, und unterbewusst einen gewissen Sinn fürs Übersinnliche entwickelt hat.“, erklärte Fin. Maron leitete das an Miyako weiter. Diese lächelte nur und sagte: „Ich glaube, ich schlafe nach dem heutigen Tag erstmal eine Nacht da drüber, weil allmählich schwirrt mir der Kopf! Und ich brauche dringend eine Dusche! Aber es freut mich, dass alles geklappt hat. Ich bin stolz auf euch! Besonders auf dich, Maron.“ Schließlich umarmte die Kurzhaarige ihre beste Freundin. „Und wir schwören uns nie wieder Geheimnisse voneinander zu haben?“ „Versprochen! Diesmal wirklich!“, lächelte Maron mit leichten Freudentränen ihre Freundin an.   „Da fällt mir ein, der Weg zwischen dem Eispalast und der Erde ist ja zusammengebrochen. Wie kommen wir dann nach Hause?“, fragte Chiaki Access. „Ehm Ja.... Gute Frage!“, brachte dieser nur heraus, total ahnungslos über dieser Problemlage. „Finnchen und ich können ja runterfliegen, das wäre kein Problem. Wie ihr runter kommt, keine Ahnung.“, und kratzte sich mit einem beschämten Grinsen den Hinterkopf. „Na super, jetzt könnte man sich wünschen, das man ebenfalls fliegen kann.“, brachte Chiaki nur entgegen. Plötzlich wurden alle fünf von einem hellen Licht umgeben, dass aus dem Boden aufstrahlte. „Was ist das für ein Licht?“, kam es von Miyako. „Das ist das Licht Gottes!“, antwortete Fin. „Fin sagt, es ist das Licht Gottes!“ „W-Wie meint sie das, Maron?!“ Und ehe Miyako sich versah, stand sie vor dem Eingang des Orléans-Wohnblockes. Sie blickte sich um. Alles war wieder belebt wie vorher, die Eisschicht war verschwunden. Jedoch war von Maron sowie von Chiaki weit und breit keine Spur zu sehen. ‚Licht Gottes, huh? … Kommt einfach nach Hause, okay?‘, dachte Miyako sich amüsiert und schaute auf dem Himmel hoch. Die Sonne ging schon allmählich runter und schließlich ging sie ins Gebäude rein, mit den Gedanken an ihre besten Freunde.   --------------------------------------- Hoffe das erste Kapitel gefällt den einen oder anderen. :') VG - M Chapter 2: Forgiveness ---------------------- So, in dem Kapitel werden paar neue Charaktere vorgestellt. Macht euch selbst eine Vorstellung wie sie aussehen, weil ich da recht einfallslos war. ^^ Viel Spaß beim lesen!   ------------------------------   Chapter 2: Forgiveness   Nachdem sie in das Licht getaucht waren, spürte Maron erstmal nur das sie sich wie schwerelos fühlte. Nach wenigen Sekunden wurde ihr es so hell, dass sie nichts mehr sehen konnte und demnach ihre Augen schloss. Und plötzlich, wie aus dem nichts landete sie unsanft auf kühlem Marmorboden. Leicht irritiert blickte sie sich um und sah das Chiaki ebenso orientierungslos war, wie sie selbst. Die ganze Zeit über hatte sie seine Hand festgehalten, worüber sie innerlich auch froh war. Wenigstens ging sie nicht alleine solche verrückten Erlebnisse durch. Die Engel erholten sich gerade ebenso von der Reise. Maron versuchte sich langsam aufzusetzen und schaute sie sich stumm weiter um. Es schien wie, als wären sie in einem riesen Raum oder Halle gelandet. Alles war in einem angenehmen weiß verfärbt und die Decke strahlte ein angenehmes Licht herab. An vereinzelten Stellen konnte sie Goldverzierungen erkennen, wie auf den Säulen oder dem großen Tor vor ihnen. ‚Wo sind wir hier denn?‘, fragte sie sich. Ihr Blick blieb schließlich an einem riesigen Rahmen hängen, durch den sie das Abbild der Erde erblicken konnte.   „Wo- Wo sind wir hier?! Da ist ja die Erde!“ „Wir sind im Himmel, bei Gott.“, antwortet Access. „Er muss uns alle soeben hierher bestellt haben.“ „Und was ist mit Miyako?“, fragte Maron besorgt. „Bestimmt hatte er sie nach Hause gebracht.“, versicherte ihr der Schwarzengel. „Was machen wir bei Gott?“, kam es von Chiaki. „Keine Ahnung, vielleicht will er sich bei uns alle persönlich bedanken für heute.“, zuckte Access mit den Achseln. Fin sah betrübt zum Boden: „Ob ich verziehen werden kann? Schließlich habe ich großes Unheil angerichtet und Gott somit verraten.“ „Aber Fin, du hattest eine Gehirnwäsche! Dich trifft in keinster Weise irgendeine Schuld! Und ...“, sprach Maron ihr zu. „Nein, Maron. Du magst mir ja verziehen haben, aber ich kann mir selbst nicht verzeihen, wie sehr ich dich verletzt habe und … dass ich dich nahezu umgebracht habe!“ „Ach Fin …“ Maron blickte ihre Freundin traurig an.    In nächsten Augenblick öffnete sich das Tor und eine Gruppe von fünf Engeln kam ihnen entgegen. Maron blickte die fünf Gestalten mit großen Augen an. Sie alle waren größer als die kleinen Engel, die sie kannte. Man könnte schätzen sie waren so groß wie gewöhnliche Menschen, eventuell sogar größer als der Durchschnittsmensch. Sie trugen alle lange, weite Roben und haben lange Haare, spitze elfen-ähnliche Ohren sowie feine, attraktive Gesichtszüge. Ebenso konnte Maron aus den Gesichtszügen erkennen, dass vier von den fünf männlicher Erscheinung waren und nur eine von ihnen ein weiblicher Engel somit darstellte. Sofort flogen Fin und Access auf sie zu und verbeugten sich zunächst tief.   Dann ergriff einer von ihnen das Wort: „Maron Kusakabe. Chiaki Nagoya. Wir heißen euch im Himmel herzlich willkommen! Access Time, Fin Fish. Willkommen zu Hause!“ Erstaunt blickten die beiden Kaitos ihn an. „Rill-sama, … ich …“, bracht Fin zögernd hervor. „Sei unbesorgt, der Herr hat dir und all deine Taten verziehen. Er ist froh dich wieder zurück zu haben.“ „Oh … Okay, verstehe.“ Fin wusste nicht ob sie erleichtert oder glücklich sein soll. Ihr plagten immer noch starke Gewissensbisse. Aber wenn selbst der Herr ihre Sünden verziehen hat und Maron weiterhin ihre Freundin bleiben will, dann kann sie es auch schaffen sich selbst zu verzeihen. „Folgt mir.“, bat der Engel namens Rill sie auf und führte alle in einen großen, langen Korridor entlang.  Maron sowie auch Chiaki wussten nicht wie sie die Situation verarbeiten müssen. Stillschweigend -und immer nach Händchen haltend- folgten sie der Gruppe an Engeln. Sie waren froh sich gegenseitig zu haben. Durch die gegenseitige Berührung versicherten sich die beiden Menschen auch, dass sie nicht träumten. Fin und Access flogen neben ihnen her, während ihre größeren Artgenossen voran schritten.   „Wer sind das alles?“, flüsterte Chiaki Access hinzu. „Der, der eben sprach ist Rill-sama, Erzengel. Unser Tutor, er ist zuständig Neuankömmlinge zu empfangen und uns Engel zu lehren. Die anderen sind auch Erzengel. Wohl eher DIE vier Erzengel höchster Stelle, bestimmt kennst du sie aus Erzählungen, wie die Bibel oder ähnliches. Michael-sama gehört zu den Anführer aller Krieger-Engel und ist die rechte Hand Gottes. Gabriel-sama stellt die linke Hand Gottes dar und hat die Aufgabe als Botschafterin und Visionärin. Dann haben wir noch Raphael-sama, der Erzengel der Heilung und trägt die Rolle des Wächters Gottes. Und schließlich ist da noch Uriel-sama, er ist sowas wie der allmächtige Richter, und urteilt über die verstorbenen, menschlichen Seelen. Er urteilt beispielweise darüber ob man als Engel wiedergeboren wird nach dem Tot, oder nicht“, belehrte der Schwarzengel sie leise. Ehrfürchtig fuhr Fin fort: „Es ist eine Seltenheit diese vier an einem Ort gleichzeitig anzutreffen. Normalerweise sind sie immer in eigenen Bereichen zuständig. Nur in besonderen Fällen werden alle vier zusammengerufen!“ ‚Wow …‘, Maron wusste nicht ob sie sich in irgendeiner Weise geehrt fühlen sollte, eher fühlte sie sich immer noch überfordert über die Gesamtsituation. Chiaki konnte ebenso nicht begreifen was hier geschah.   Der Weg zu Gott schien den beiden Kaitos eine Ewigkeit anzudauern. Mit jeden Schritt wurden sie angespannter und nervöser, ungewiss was auf sie zukommt. Am Ende des Korridors erblickten alle eine bekannte Gestalt, die vor dem Tor Gottes wartet. „Noyn! Was machst du hier?! Und- Wie- Wie kann das sein?“, fragte Maron erstaunt. Sie konnte ihren eigenen Augen nicht trauen. Der Angesprochene drehte sich überrascht um. Im Gegensatz zu seiner sonstig dunklen Erscheinung, trug er diesmal ein schlichtes weißes Hemd mit weißer Hose. Seine schwarzen Haare waren zu einem gepflegten Zopf zusammengebunden, ähnlich wie er sie als Hijiri Shikaidou trug. „Oh? Ich hoffe für euch, ihr habt den Kampf überlebt und seid nicht gescheitert.“, entgegnete er. „Ehm, keine Sorge. Wir sind nicht hier, weil wir gestorben sind, oder so ….“, versicherte ihm Maron. „Wie du sehen kannst, ist Fin wieder ein Grundengel.“ „Okay, dann bin ich erleichtert.“ „Wieso bist du überhaupt hier?“ „Wenn ich selbst wüsste.“, gab Noyn ehrlich zu. „Noyn Claude.“, sprach eine autoritäre Stimme. Es war die von Uriel. „Du stehst vor Gottes Toren, weil du als Dämonenritter viel Kraft und Energie gesammelt hast, die der eines hochrangigen Engels gleichkommen. Deine menschliche Seele konnte aufgrund der hohen Masse an dunkler Energie nicht gereinigt werden. Ebenso konntest du für deine aufopfernde Tat gegenüber der heiligen Eva-“, ‚Heilige Eva?!‘ wunderten sich Maron, Chiaki und Noyn gleichzeitig, „-nicht bestraft werden. Gleichzeitig strahlte deine Seele starke Gefühle der Reue aus, was daraufhin schließt, dass deine Seele auch noch nicht bereit ist weiter zu ziehen.“ „Das heißt … ich bin hier um meine Schuld zu begleichen?“ Noyn blickte zweifelnd und schuldbewusst auf seine Hände runter. „Aus den Gründen wurdest du auch zu Gott gerufen.“, schloss Uriel ab.   Ehe man sich versah, warf sich Noyn im nächsten Moment vor Maron und Chiaki auf die Knie, beide Hände auf dem Boden gestützt und den Kopf tief geneigt. „Chiaki! Maron! Es tut mir Leid! Ich entschuldige mich hier für all meine Taten, die euch Leid hinzugefügt haben! Auch für die Sache mit Zen will ich mich zutiefst entschuldigen! Ich weiß, dass meine Taten unverzeihlich sind… insbesondere das ich den Tot des Jungen zu verschulden habe…Und ich verlange auch nicht, dass ihr mir vergebt! Aber es wäre eine Erleichterung für mich, wenn ihr meine Entschuldigung annimmt.“, sprudelte es aus Noyn förmlich heraus. „Maron, ich verspreche hiermit auch dich...Nein- euch zu beschützen, wie ich damals meine Jeanne d’Arc beschützt habe! Ihr könnt mir vertrauen!“ Von allen ungewöhnlichen Ereignissen, die ihnen in der kurzen Zeit über den Weg kamen, war der Anblick des ehemaligen Dämonenritters der ungewöhnlichste. Das Pärchen schaute sich gegenseitig an. Dann nickte Chiaki seine Freundin zu und Maron ergriff das Wort: „Noyn. Ich danke dir zunächst einmal für die Hilfe mit Miyako, als sie nicht selbst war, und das du uns vor Fin’s Angriffen beschützt hast. Auch wenn ich mit Zen‘s allmählich abgeschlossen habe, fällt es mir schwer darüber hinweg zusehen. Weshalb ich persönlich dir noch nicht verzeihen kann…, aber ich werde deine Entschuldigungen annehmen. Du hast mein Vertrauen!“ Sie lächelte ihn sanft zu. „Danke, Maron. Ich verspreche euch, ich werde euch nicht enttäuschen!“, brachte Noyn erleichtert hervor und stand langsam auf. „Warte, nur weil ich dir mein Vertrauen schenke, heißt das nicht, dass Chiaki genauso denkt!“, unterbrach die Braunhaarige ihn. Erwartungsvoll blickte der Schwarzhaarige auf sein blauhaariges Gegenüber. „Maron hat ein gutes Herz, weshalb es mich nicht wundert, dass sie dir gegenüber so entschieden hat.“, sagte er ernst. „Ich werde zwar ebenfalls deine Entschuldigung annehmen, allein deswegen weil du uns geholfen hast und dafür auch mit deinem Leben so gut wie bezahlt hättest. Allerdings waren deine Handlungen für mich unverzeihlich! Ebenso hast du auch mein Vertrauen nicht verdient. Ich habe aus eigenem Leib gelernt, dass Vertrauen man sich erkämpfen muss und nicht einfach geschenkt bekommt.“ Mit diesen Worten schaute er auf Maron rüber und dachte an die Zeit zurück, wo er um ihr Vertrauen mehr als nur einmal kämpfen musste. „Ich verstehe. Keine Sorge, ich werde mich diesmal von meiner besten Seite zeigen und für euch als Freund und Partner da sein.“ „Okay.“, kam es von dem jungen Pärchen gleichzeitig.     Rill kam wieder zu Wort: „Wenn wir nun fortführen könnten. Der Herr warten auf euch.“, und öffnete in den Augenblick das Tor. Dahinter befand sich ein riesiger Saal, mit Schach-Brett-ähnlichem Boden, einer riesigen Treppenkonstruktion, auf den sich ein hoher Podest befand. Auf dem Podest ruhte eine hell leuchtende Energiekugel, die ein sanftes Licht ausstrahlte. Mit den Worten, „Willkommen! Tretet näher.“, empfing sie ihre Gäste. ‚Das ist Gott?!‘, dachten sich die drei Nicht-Engel.   ------------------------------ Ich ging davon aus, das Rill ein männlicher Engel ist, da im Manga keine klaren Hinweise bestehen. Glaube ich ... kann mich auch Irren. :') wer was dagegen hat, einfach weg-ignorieren oder sich einfach umdenken. ^^ ist schließlich auch nur ne Kleinigkeit ... Chapter 3: Story from the past – Part 1 --------------------------------------- Chapter 3: Story from the past – Part 1   Die Erzengel begannen sich links und rechts neben dem Podest aufzustellen. Maron fiel auf, dass noch mehr Engel, bewaffnete Engel, im Saal standen und auch vorhin zwei Paar das Tor bewachten. Die beiden Kaitos, der Grund- und Schwarzengel sowie auch Noyn blickten gespannt auf zu Gott, welcher aus der Energiekugel zu sprechen schien. „Ich habe euch hergebeten, um mich zunächst zu bedanken, dass ihr Fin zurückgebracht habt.“, begann der Herr. „Leider muss ich euch mitteilen, dass der Kampf mit dem Bösen noch lange nicht vorbei ist.“ „Was meint ihr damit, der Kampf ist noch nicht vorbei? Ich dachte, wenn wir Fin wieder zurückholen, wären die Dämonen und der böse König besiegt?“, fragte Maron. Sie konnte nicht glauben, was sie hörte. Sind meine Eltern dann immer noch besessen?   „Es tut mir leid euch das mitteilen zu müssen. Leider ist dem nicht so. Ihr müsst wissen, der Kampf mit Fin war nur ein falsches Spiel um dich, Maron, zu verletzen und um deine wahre Kraft, die in dir schlummert zu erwecken.“ „Eure Kraft …“, flüsterte Maron nachdenklich. Sie erinnerte sich an den Moment wie sie zu Jeanne d’Arc sprach und die innere Stärke wiederfand, um sich auch ohne Rosenkranz zu verwandeln. „Aber Fin war doch die Königin für die Dämonen gewesen?“, meldete sich Access zu Wort, „Dann müssten wir den bösen König doch in gewisser Weise geschwächt haben, oder Herr?“ „Leider nein. Nachdem Maron’s Kraft erweckt wurde, wurden zwar auch alle Dämonen auf der Erde gebannt, allerdings stellte das in keinstem Fall ein Rückschlag für den König dar. Es wird aber zunächst eine kurze Weile andauern, bis die Dämonen wieder zurückschlagen.“   „Also wurden meine Eltern auch von den Dämonen befreit?“, fragte Maron hoffnungsvoll. „Ja, darüber muss du dir keine Sorgen mehr machen, Maron. …So grausam es auch klingen mag, aber Fin war für den König nur eine Schachfigur in seinem Spiel, um an dich und die Kraft die in dir ruht ranzukommen. Die wahre Königin weiht noch immer unter ihnen.“ Nun wurde auch Noyn aufmerksam: „Die wahre Königin? Seit meinem Dämonenritter da sein habe ich nie eine Königin angetroffen!“ „Noyn auch du warst nur eine weitere Figur in seinem Spiel…“ „Was-…?!“ „Sagt dir der Name Lilith was?“, fragte ihn Gott. „Lilith?“ Ratlosigkeit spiegelte sich im Gesicht des ehemaligen Dämonenritters. „Lilith ist die wahre Königin der Dämonen. Sie wird auch Mutter aller Dämonen genannt. Du hast wahrscheinlich nie was von ihr gehört, weil man dich innerhalb des ersten Höllenringes eingegrenzt hat.“ „Höllenring?“, fragte Chiaki. „Die Hölle besteht aus neun Ringen. Je weiter man von außen nach innen voran dringt, desto stärker die Dämonen die man antrifft. Die Dämonen die ihr die ganze Zeit über bekämpft habt sind ebenfalls aus dem ersten Ring“, beantwortet ihm der Erzengel Michael seine Frage. Der Herr setzte fort: „Der König wusste, nachdem du ihm anschloss, dass du die Wiedergeburt Jeanne d’Arc’s aufsuchen würdest. Vor Jahrhunderten hatte er sich den Plan gesetzt, wie er die Kraft in Maron rauben kann. Angefangen von Maron’s Eltern bis zu Fin‘s Entführung…, auch du, Noyn, warst ein Baustein dafür sie zu verletzen.“ „Das bedeutete also,… in dem ich einen Keil zwischen ihr und Chiaki bringe, Chiaki als Sindbad schließlich entlarven lasse und auch all meine anderen Handlungen… Das war alles voraus geplant?“, schlussfolgerte Noyn unglaubwürdig. Maron schaute ihn mit Mitleid in den Augen an Noyn, …der Arme…   „Lass mich euch die Ursprünge erzählen, wie es zu diesem Krieg zwischen mir und dem bösen König kam.“ Alle Beteiligten hörten gespannt auf. „Alles begann vor der Schöpfungsgeschichte der Menschen. Eine Zeit in der ich mit den Engeln über die Erde wachte. Unter den Engeln gehörte zu meinen engsten Anhängern, neben Micheal und Gabriel, der Engel Lucifer. Lucifer war ein Engel höchsten Ranges, sein Dasein überstrahlte die der anderen Engel, weshalb man ihn auch unter anderem Morgenstern nannte. Seine Macht war so hoch, sie glich der meiner. Er war ein stolzer Engel, war sich bewusst über seinen Status. Ich vertraute ihm auch aufs tiefste. Eines Tages ließ ich die Erde mit Menschen bevölkern. Ich gewährte ihnen meinen Schutz. Ab den Zeitpunkt wandelte sich sein Stolz zur Arroganz. Er konnte meine Entscheidung nicht nachvollziehen, die Menschen zu schützen und über sie zu wachen. Er fühlte sich in seinem Stolz verletzt sich den Menschen unterzuordnen. Sein sündhafter Stolz ging so weit, dass er darauf anstrebte mich, als sein Schöpfer, zu stürzen und Herr des Himmels sowie Gott werden zu wollen.   Nachdem Lucifer und seine Anhänger, wie Azazel, Belial und Asmodeus, sich mir widersetzten, lösten sie einen Bürgerkrieg im Himmel aus. Die Engel, die mir treu blieben wurden von Michael geleitet. Schließlich war es auch Michael, der Lucifer bezwingen konnte.“ An der Stelle, sah man Michael stolz grinsen. "Lucifer und alle seine Anhänger, die gegen den Himmel rebellierten, wurden letztendlich vom Himmel verbannt und so wurden sie gefallene Engel. Über die Zeit entwickelten sie eine Paralleldimension zum Himmel, die Hölle und züchteten bösartige Kreaturen, wie die Dämonen.   Seit seinem Fall als Engel und seinem Aufstieg als König aller Dämonen, kannte man Lucifer unter vielen Namen: Mephisto, Beelzebub, Satan, Teufel. Alle anderen gefallenen Engel transformierten sich zu Prinzen der Hölle und Dämonenfürsten. Jeder von ihnen herrscht über einen Ring der Hölle. Im Zentrum der Hölle befindet sich 'Edom', in der Lucifer und Lilith sich befinden.    Seit Jahren versucht Lucifer Elend und Leid unter der Menschheit zu verbreiten. Sein größtes Streben war und ist nach wie vor, mich zu stürzen und all meine Macht zu rauben, um schließlich als mächtigstes Wesen über die Welten zu herrschen sowie um alles Gute zu unterordnen. Um dies zu vollbringen musste er allerdings auch an den Teil meiner Kraft herankommen, die er hier nicht vorfinden kann. Dies bringt mich zur dir, Maron, wieso nur du fähig bist, die Dämonen zu verbannen. Alles fing damit an als ich die beiden ersten Menschen schuf …“ Chapter 4: Story from the past – Part 2 --------------------------------------- Chapter 4: Story from the past – Part 2   „Eins existierte das Paradies, in der ich den ersten Menschen schuf. Ich nannte ihn ‚Adam‘. Aus den Knochen Adams schuf ich ein weiteres menschliches Abbild und nannte sie ‚Eva‘. Ich mochte die beiden sehr, besonders Eva, und das Leben im Paradies verlief friedlich. Doch der Frieden wurde durch einen Vorfall gestört. Eva wurde von einer Schlange verführt die verbotene Frucht vom Baum der Erkenntnis zu essen. Ich erfuhr im Nachhinein, dass die Schlange von Lucifer geschickt wurde. Eva brachte schließlich Adam dazu die Frucht zu essen. Beide entwickelten, als Nebeneffekt der Frucht, Gefühle und erlangten die Erkenntnis, dass sie Menschen waren. Auf natürlicherweise verliebten sich die beiden ineinander. Ich verbannte sie aus dem Paradies. Allerdings empfand ich immer noch viel für Eva, weshalb ich ihr ein Teil meiner Kraft gab, durch welches sie immer wiedergeboren werden kann und ich immer über sie wachen kann. Auch Adam verlieh ich einen Teil meiner Kraft, welche ihm die Stärke gibt Eva zu beschützen.   Seitdem sind Millionen von Jahren vergangen… und noch immer strahlst du dieselbe Güte aus wie nach wie vor, Eva.“ Es dauerte eine kurze Denkpause, bis Maron realisierte: „Ich- … Ich bin Eva!?“ „Ja.“ „Und- Jeanne d’Arc war vor langer Zeit Eva?“ „Ja.“   „Also wenn ich die Wiedergeburt Jeanne d’Arcs bin und Jeanne eine Wiedergeburt Evas, wer ist dann Adam?“, fragte sich Maron. „Adam’s Seele wurde zuletzt in Noyn wiedergeboren…“ „Was?!“, kam es im Chor. „Jedoch, als Noyn seine Seele verkaufte, so hatte er unbewusst auch Adam’s Seele an den Teufel ausgehändigt. In den letzten 500 Jahren konnte ich sie nicht mehr aufspüren, da Lucifer sie wahrscheinlich mit eine dunklen Zauber umgeben hat, die mich davon abhält…“ „Wenn der böse König also Adam’s Seele hat, dann hat er auch einen Teil euer Macht?“, schlussfolgerte Maron erschreckend. „Ja. Lucifer müsste jemanden die Seele Adams verliehen haben, um eines Tages an dich ranzukommen.“ „An mich heran kommen?“ „Adam und Eva verband selbst nach dem Tod ein starkes Band. Dieses Band hielt ihren weiteren Leben stand, weshalb beispielsweise auch Noyn und Jeanne zueinander fanden.“ Nach dem Statement war es erstmal still im Saal. ‚Meine Jeanne und ich waren vorherbestimmt? Und ich bin Schuld das die Seele Adams verloren ging!, dachte sich Noyn, sichtlich wütend über sich selbst. Maron und Chiaki schauten sich gegenseitig an. Sorge und Unsicherheit spiegelten sich in ihren Augen wider. Schließlich senkte Maron ihren Blick betrübt. Beiden ging dasselbe durch den Kopf: wer auch immer Adam ist, der ist auch Eva bzw. Maron vorbestimmt. Doch wo und wer ist Adam? Und wie gefährlich kann die Situation werden?      „Und-… wieso wurde mir die Kraft zum Verwandeln gegeben?“, durchbrach Chiaki die Stille. „Aufgrund dessen das du Access sehen konntest, wusste ich dass du eine Gabe für das Übernatürliche hattest, weshalb ich dir die Kraft gab dich in Sindbad zu verwandeln, die Dämonen zu verbannen und um Fin‘s Plan zu vereiteln.“ „Verstehe … Ich werde sie weiterhin nutzen um Maron beizustehen. Und ich werde sie vor allen Bösem beschützen!“, sagte der Blauhaarige voller Entschlossenheit.  „Ich werde sie ebenfalls beschützen!“, hörte er von Noyn. Chiaki konnte es sich nicht verkneifen, einen Funken Eifersucht zu verspüren.   „Gut…Nun wisst ihr die gesamte Geschichte. Ich bitte euch, in der nächsten Zeit für alle Gefahren offen zu sein und das ihr auf eures Wohl Acht gebt. Leider kann auch ich nicht die Zukunft beeinflussen. Ich kann euch nur mit dem unterstützen, was ich weiß und womit ich euch leiten kann.“ Selbstsicher blickte Maron zum Herrn auf: „Verlasst euch auf uns! Wir werden zusammen die Dämonen bekämpfen und eines Tages das Böse bezwingen. Ich glaube an euch und das Ihr über uns wacht.“ „Du bist hast dich kein bisschen verändert, Eva. Dafür danke ich dir. Ich werde euch in wenigen Minuten zur Erde zurück bringen.”   Noch immer gingen Maron Gottes Geschichte und die Ursprünge ihrer Kraft nicht aus dem Kopf. Auch ihre Begleiter dachten darüber nach, sichtlich erschlagen von der Masse an neuen Informationen. Rill trat auf der kleinen Gruppe zu und richtete sich an Fin und Access: „Ihr beiden werdet mit mir das Training zum Himmelsengel vollziehen, bevor ihr zur Erde zurückgeschickt werden, um eure Partner zu unterstützen.“ Beide waren ziemlich überrascht von dem Aufruf. Insbesondere Access: „Aber- Aber- Ich bin immer noch im Schwarzengelstatus! Wie soll ich in derselben Geschwindigkeit wie Fin zum Himmelsengel werden, wenn ich noch zum Grundengel aufsteigen muss?!“ „Tja, da müsstest du dich doppelt so anstrengen, mein Freund.“, kam es von dem höherrangigen Engel belustigt zurück. „Na, wenn du es schaffst …”, entgegnete Fin zu Access.   “Das heißt wohl erstmal wieder Abschied nehmen, ha Fin?“, kam es von Maron, die ihre Freundin sanft zulächelt. „Ja, aber diesmal komme ich auch wirklich wieder zurück!“, antwortete Fin mit leichten Tränen in ihren Augen. „Diesmal ist ja auch Access dabei und der dich auch zurückbegleitet!“ „Pah, dafür muss der Doofkopf erstmal die Prüfungen bestehen!“, entgegnete die Grünhaarige und wird ohne zu merken leicht rot. „Fin, du machst dir ja Sorgen um ihn!“, merkte Maron amüsiert an. Daraufhin wurde der Grundengel noch roter. „Quatsch, red‘ doch kein Blödsinn! Von mir aus kann er durchfallen, ich komme auch ohne ihn klar!“ Maron musste dabei nur lachen und umarmte den kleinen Engel zum Abschied. „Sag mal, wusstest du eigentlich Bescheid? Ich meine die Geschichte mit Adam und Eva?“ „Ehm ja, aber bevor der Herr es dir nicht selbst erzählt hat, hätte ich dir nichts sagen dürfen, wenn ich dazu gekommen wäre.“ „Ach so.“ „Ach ja, Maron. Ich muss dir noch was sagen.“, und flüsterte der Brünetten was ins Ohr. Marons Augen weiteten sich.   In der Zwischenzeit verabschiedeten sich auch Chiaki und Access voneinander. „Ich werde deine Pfannkuchen vermissen, Sindbad!“ „Und ich werde endlich Ruhe in der Wohnung haben.“, scherzte dieser zurück. „Dein freches Mundwerk werde ich aber nicht vermissen!“ „Hey, wer von uns beiden hat hier das freche Mundwerk!“ Schließlich fingen beide an zu lachen und verabschiedet sich mit einem High-Five bzw. Chiaki schlug mit seinem Zeigefinger Access Hand ab.   Noyn stand abseits der Gruppe und schaute sich stillschweigend zu wie sich die beiden Kaitos von ihren Freunden verabschiedeten. Innerlich hoffte er auch eines Tages eine freundschaftliche Ebene mit ihnen zu gelangen. Im nächsten Moment wurden die drei Nicht-Engel von einem hellen Licht eingetaucht und verschwanden.   Sie fanden sich vor dem Eingang Orléans wieder. Über ihnen war der Nachthimmel zu sehen und gemäß der Uhr im Flur war es bereits nach Mitternacht. Keiner der drei wusste was sie sagen sollten. Schließlich fasste sich Noyn wieder und ging verklemmt ein paar Schritte zur Straße. „Ehm… Also- Mein Apartment hier müsste noch vorhanden sein, also ich werde jetzt nach Hause gehen. Wir sehen uns in der Schule, ihr beiden!“ „Was meinst du mit ‚Wir sehen uns in der Schule‘?“, kam es von Maron. „Ich bin weiterhin euer Lehrer, schon vergessen? Also bis später.“ In so ging der Schwarzhaarige davon. Die beiden Kaitos schauten ihm noch hinterher, bis er aus dem Blickfeld verschwand.    „Ich hoffe, Miyako macht sich keine Sorgen.“, sagte Maron ihren Freund. „Ruf sie am besten an, wenn du Zuhause bist.“, riet dieser ihr. „Ja!“ Sie gingen beide ins Gebäude rein. Aus Gewohnheit blieb Maron an den Briefkästen stehen. „Denkst du meine Eltern sind wirklich von den Dämonen befreit?“ „Bestimmt. Habt Vertrauen!“ Daraufhin umarmte Chiaki seine Freundin tröstend. „Ja. Lass uns hoch gehen. Es ist schon spät.“ Somit gingen sie in den Fahrstuhl rein und fuhren zur siebten Etage hoch. Stillschweigend gingen sie zu ihren Wohnungstüren und blieben von ihnen jeweils stehen. „Es wird ziemlich einsam und ruhig sein ohne unsere Engel.“, bemerkte die Braunhaarige. „Naja, wir haben ja uns. Du kannst jederzeit zu mir oder ich zu dir. Dann wird es nicht langweilig.“ „Ja… Ich möchte es aber langsam angehen, verstehst du.“ Maron’s Gesicht errötete leicht. „Hey, ich sagte doch, ich will dich zu nichts zwingen oder drängen. Du gibst das Tempo an! Also mach dir keine Sorgen.“, beruhigte sie ihr Gegenüber mit einem sanften Lächeln. „Okay … Also- Bevor du rein gehst… ehm-“, mittlerweile war Maron fast so rot wie eine Tomate. Chiaki musste innerlich lachen, sichtlich berührt über seine Freundin, die sich bemühte ihre Gefühle auszudrücken. Sachte nahm er Maron‘s Gesicht in beiden Händen und versiegte seine Lippen mit ihren zu einem sanften Kuss. Es war kein langer Kuss, aber dennoch liebevoll und voller Gefühle. Als sie sich voneinander trennten, gab Chiaki seiner Freundin noch einen Abschiedskuss auf die Stirn. „Gute Nacht, mein Engel. Wir sehen uns dann.“, und ging schließlich in seine Wohnung. „Gute Nacht…“, schaute ihm Maron hinterher und ging mit Schmetterlingen im Bauch in ihr trautes Heim.      Bevor Maron sich schlafen legte, wählte sie noch Miyako’s Nummer und hoffte dass ihre Freundin noch nicht schläft. Sofort wurde am anderen Ende abgenommen: „Maron?! Bist du das?“ „Ja, ich und Chiaki sind eben wieder nach Hause gekommen. Ich wollte dir Bescheid geben.“ „Gott sei Dank.“  „Ja, wortwörtlich.“ „Hast du morgen Zeit?” „Ja, für was?” „Lass uns den Tag zusammen verbringen! Shoppen gehen, was essen und trinken… weißt schon! Und dann erzählst du mir von Anfang bis Ende alles was ich wissen will. Schließlich schuldest du mir noch einige Erklärungen.“ „Oh- Okay. Ja das machen wir!“ „Okay. Ich hole dich gegen zehn ab. Bis morgen und Gute Nacht!“ „Gute Nacht, Miyako.“, und damit legte Maron auf. Sie freute sich mit Miyako den Tag verbringen zu werden und schlief schließlich zufrieden und erschöpft ein.   Zur selben Zeit lag Chiaki noch wach in seinem Bett. Er dachte darüber nach Maron auf keinem Fall verlieren zu wollen, seien es die Dämonen oder derjenige, der mit Adam’s Seele wiedergeboren wurde. Egal was der Teufel auf sie zukommen lässt, er würde Maron beschützen. Mit dem Entschluss schlief er letztlich ein, da ihn die Müdigkeit überkam.   Draußen fiel langsam der Schnee und die Temperaturen sanken. Chapter 5: Girl's Day --------------------- Sorry für das späte Update. Bei mir persönlich ist ziemlich viel los zurzeit, weshalb ich nicht voraussagen kann wie schnell ich mit den nächsten Kapiteln vorankommen werde... ^^  Trotzdem viel Spaß beim Lesen! (auch wenn nicht viel passiert haha)   -----------------------------------------------------------   Chapter 5: Girl's Day   Es war ein schöner, sonniger Sonntagmorgen. Momokuri war mit einer weißen Schneedecke bedeckt. Die Flüsse der Stadt waren mit einer dünnen Eisschicht durchgefroren und am Stadthafen wurde der Seeverkehr zunächst eingestellt, aufgrund der eisigen Wintertemperaturen. Es war der erste Schnee seit dem offiziellen Winteranfang und die Wetterumschwünge der letzten Tage, die durch Fin’s Rückkehr verursacht wurden, waren aus den Gedächtnissen der Menschen gelöscht.  Maron wachte durch die Sonnenstrahlen auf, die ihre Augen kitzelten. Immer noch müde von den Ereignissen der letzten Tage schaute sie auf die Uhr. Mit Schrecken stellte sie fest: Oh shit, schon 9 Uhr?! Verdammt, ich muss mich noch fertig machen! Wie im Sturm stand sie auf und ging ins Bad. Dort duschte sie den Stress der letzten Tage in wenigen Minuten weg und cremte sich ein. Wie wohl das Wetter draußen ist, fragte sie sich. Mit einem Bademantel bedeckt ging Maron zurück ins Schlafzimmer, Richtung Balkon. Durch die Scheiben sah sie die winterliche Szenerie der Stadt. Ach, wie schön! Dann haben wir wahrscheinlich auch weiße Weihnacht, dachte Maron erfreut. Schließlich standen die zweiwöchigen Weihnachts- und Neujahrsferien vor der Tür. Gut gelaunt zog sie sich in warme Winterklamotten um. Ein Blick auf die Uhr sagte 9:45. Maron trug noch schnell ihr dezentes Make-Up auf und machte sich die Haare. Gerade als sie fertig wurde, kam das routinierte Klopfen ihrer Freundin. „Maron? Bist du noch nicht fertig?“ Typisch Miyako… Pünktlich wie immer. „Ich komme ja schon!“, rief die Angesprochene zurück und holte damit ihre Tasche.   Ehe Maron aus der Tür treten konnte, wurde sie von Miyako stürmisch umarmt. „Hey, wie geht’s dir? Hast du schon was gefrühstückt?“, erkundigte sich die Kurzhaarige bei ihrer Freundin „Ganz gut. Und nein… ich bin auch erst vor einer Stunde aufgestanden, hahah.“, kam es von dieser zurück. „Na, das ist mal wieder typisch Maron! Haha. Zu deinem Glück habe ich auch noch nichts gegessen, weil ich mir gedacht habe, dass du wie üblich halb-verschläfst. Wir können zusammen im Momokuri Café uns hinsetzen und brunchen. Da können wir in Ruhe auch reden. Danach muss ich aber noch shoppen und einige Einkäufe erledigen!“ „Scheinst dir ja für den Tag schon einen Plan ausgedacht zu haben, Miyako.“, merkte Maron amüsiert an, „Ich habe mit allem kein Problem. Also lass uns losgehen!“   Gerade als die beiden losgehen wollten, kam nebenan Chiaki aus seiner Wohnung raus. „Oh? Wo wollt ihr beide denn hin?“ Dabei ging er auf Maron zu und gab er seiner Freundin einen kurzen Begrüßungskuss. Diese nahm ihn peinlich berührt an. Langsam gewöhnte sie sich an die neue Situation. „Ehm, Wir gehen in die Stadt und machen uns einen entspannten Mädelstag.“, erklärte sie ihm. „Ach, das ist schön! Dann wünsche ich euch beiden einen schönen Tag.“ „Danke! Und wo gehst du hin?“, mischte Miyako sich ins Gespräch ein. „Ach, nur ein paar Einkäufe…und vorher wollte ich zu meinem Vater ins Krankenhaus. Ich muss mit ihm einige formale Sachen klären, wie Versicherungspapiere, Bankverbindungen und Geldangelegenheiten.“, erklärte Chiaki beiläufig. Bei der Erwähnung seines Vaters konnte man sehen wie unangenehm es Chiaki war, wie sich das Verhältnis zwischen ihm und seinem alten Herrn verändert hat. Maron konnte nicht anders als ihrem Freund ein warmes Lächeln zu zuwerfen. Sie war froh darüber, dass das Vater-Sohn-Verhältnis in der letzten Zeit sich deutlich verbessert hatte, seit dem Tag an dem Kaiki Nagoya besessen war. Nach dem aufklärenden Gespräch zwischen den beiden, hatte Kaiki auch seinem Sohn versprochen die gefühlslosen Ehen und Verabredungen sein zu lassen, was einen großen Teil zu der Versöhnung beitrug. Schließlich wusste Maron, wie wichtig Chiaki seine verstorbene Mutter war und das sein Vater versucht hatte mit guten Absichten zu handeln, auch wenn sie mit jedem Mal nach hinten losgingen. „Ach, dann kannst du uns ja in dem Fall runterbegleiten!“ Die erfreute Stimme ihrer Freundin rissen Maron aus den Gedanken. „Klar, wieso nicht.“, kam es von ihrem Freund grinsend.   Und so gingen die drei zum Fahrstuhl und fuhren die sieben Stockwerke gemeinsam herunter. Sie unterhielten sich vergnügt über die Schule und die aufkommende Ferienzeit. Jedoch entging es Maron nicht, dass Chiaki einen erschöpften Eindruck hinterließ, insbesondere an kleinen Momenten, wenn die Aufmerksamkeit der beiden Mädchen von ihm wegging und er sich scheinbar unbeobachtet fühlt. In den Momenten schien er in Gedanken zu versinken. Ebenso entgingen ihr die dunklen Ränder unter seinen Augen nicht. Hatte er nicht gut geschlafen? Kurz bevor sie im Erdgeschoss ankamen bemerkte Chiaki den besorgten Blick seiner Freundin und schenkte ihr sein bekanntes „Playboy“-Grinsen. Verschmitzt fragte er: „Und, vermisst du mich schon?“ Überrascht von der Bemerkung konterte Maron scherzend: „Ha! Wieso, sollte ich? Wir sehen uns heute doch eh wieder!“ Dabei streckte sie ihm verspielt die Zunge aus. Der Fahrstuhl kam endlich zum Stehen und öffnete seine Türen. Ehe die Kamikaze-Diebin sich versah, spürte sie einen Kuss auf ihre Wange und hörte die Worte „Okay, dann sehen wir uns heute Abend“ in ihr Ohr flüstern. Chiaki ging somit an die beiden Freundinnen vorbei und verließ mit schnellen Schritten als erster aus dem Fahrstuhl. Ohne sich nochmals umzudrehen lief er Richtung Ausgang.  Verdutzt schauten ihm die Mädels hinterher. „Na, der hatte es eilig. Er hätte mit uns auch rausgehen können.“, schaute Miyako verwundert hinterher. Besorgt fragt sie: „Ist irgendwas passiert?“ „Keine Ahnung… Ich spreche ihn später darauf an.“ Maron konnte das Gefühl nicht abstreiten, dass etwas nicht stimmte. „Okay, mach das. Und nun auf ins Café, ich habe schon Hunger!“ An Sonntagen wird im besagten Café immer ein Frühstücks-Brunch-Buffet zum günstigen Preis bereitgestellt. Zwar war das Lokal von vorne bis hinten mit Gästen befüllt, aber die beiden Freundinnen konnten gerade so noch einen Platz am Fenster für sich gewinnen. Nach einigen Rundgängen am Buffet war ihr Tisch reich mit japanischen und westlichen Frühstücksleckereien befüllt. Zunächst aßen sie in aller Ruhe, als Miyako letztendlich die Konversation einleitete: „Also, du hast mir einige Erklärungen versprochen… fang an zu erzählen!“ Maron war ziemlich überfordert mit der Aufforderung. Schon als sie ins Café reinging war sie sich unsicher, ob es die beste Idee von Miyako war das Gespräch in der Öffentlichkeit durchzuführen. Während sie ihr Croissant aß und sich in allen Richtungen umschaute, bemerkte sie, dass der Geräuschpegel ziemlich hoch ist. Die normalerweise entspannte Jazzmusik war relativ laut eingestellt und die Menschen um sie rum unterhielten sich dementsprechend in einer Tonlage, um die Musik zu übertönen zu können. Zum Glück saßen die Freundinnen in einer Ecke, in der sie sich gut verstehen konnten, ohne einander anzuschreien. Na gut, es wird uns bestimmt keiner zuhören, dachte Maron sich. „Ehm …also… was genau willst du jetzt wissen?“ „Wie hat es angefangen mit Jeanne der Kamikaze-Diebin? Ich weiß, dass dein Engel Fin was damit zu tun hat, aber ich möchte Details.“ Dabei wedelte die Hobby-Polizistin mit einem angebissenen Baconstück auf der Gabel vor Marons Gesicht in kreisenden Bewegungen hin und her.   „Okay … Wie du dich bestimmt erinnern kannst, tauchte Jeanne zum ersten Mal im Juni diesen Jahres auf. Ein paar Tage zuvor, kurz nach meinem 16. Geburtstag, war ich draußen spazieren gewesen und da tauchte Fin plötzlich auf. Sie sagte mir, dass Gott mich bräuchte und erzählte mir schließlich die ganze Story, dass ich die Wiedergeburt Jeanne d’Arc‘s sei und nur ich die Dämonen beseitigen kann. Wie du jetzt auch weißt, war die ganze Sache ein falsches Spiel gewesen vom Bösen König.“ „Hm…Und die Dämonen haben sich in alle Gegenstände versteckt, die du sozusagen ‚gestohlen‘ hast?“ Die Braunhaarige nickte und erklärte weiter: „Die Dämonen hatten es auf reine, gutmütige Seelen abgesehen und sammelten dadurch Kraft für ihren König. Das Gute in den Menschen gibt nämlich auch Gott Kraft und durch die gesandten Dämonen sollte dieser geschwächt werden. Im Übrigen sind Dämonen genauso unsichtbar wie unsere Engel. Aber wahrscheinlich hast du jetzt auch für die in gewisser Weise ein gespürt entwickelt…“ Die Angesprochene zuckte nur überlegend mit den Achseln. „Wieso hast du mir nie ein Wort gesagt? Ich meine, dass du Jeanne bist? Ich hätte dich eher unterstützt als dir hinterhergerannt und gegen dich gekämpft.“, hakte diese weiter nach. Schuldig senkte Maron ihren Blick. „Tut mir leid. Ich hatte eine zu große Angst, dich hintergangen zu haben… außerdem wollte ich dich vor Unheil schützen.“ „Haha, das ‚vor Unheil schützen‘ hat ja auch super funktioniert!“, kam es Miyako voller Ironie.   „Und Chiaki ist Sindbad, richtig? Hm…Wenn ich mich an die Polizeiakten richtig erinnere, kam er ebenfalls im Juni zum ersten Mal zu Vorschein…Aber vorerst hauptsächlich in dem Stadtteil, wo sein Vater jetzt noch wohnt sowie weitere in unmittelbarer Umgebung. Erst ein Monat später kam er zu uns ins Orléans und unsere Schule. Hatte das was mit dir zu tun?“ Wieder nickte Maron zur Bestätigung. „Ja, um es so zu sagen, er wusste von Anfang an meine wahre Identität. Ich habe das erst nach Monaten herausgefunden… erinnerst du dich noch an dem Tag, wo wir die Kirche sauber gemacht haben?“ „Hm... Ach ja genau, deshalb hast du dich seit dem Tag ihm gegenüber so kalt verhalten und sagtest er wäre ein gemeiner Lügner!“ „Genau. An dem Tag sind wir uns nämlich näher gekommen. Wir hatten uns Ringe ausgetauscht, die sich später als eine Falle von Noyn bzw. Herrn Shikaidou herausstellten. Um es kurz zu fassen, in derselben Nacht bekämpften wir einen starken Dämon in der Kirche und an einem Moment sah ich seinen Ring, was mir schließlich die Augen über seine Identität geöffnet hat. Ich war natürlich zutiefst geschockt und habe mich verraten gefühlt. Du musst wissen, dass Fin mir die Idee eingeflößt hat, dass Sindbad und sein Engel Access für das Böse arbeiten und daher unsere Feinde wären. Bis zu Fin’s Rückkehr, hielt ich an den Glauben fest, obwohl ich tief in meinem inneren wusste, dass ich Chiaki vertrauen konnte und er mir nie was Böses antun würde.“ Maron seufzte auf bei den Erinnerungen. „Wenn ich darüber nachdenke hätte ich fiel früher auf meine Gefühle hören sollen… Ich habe mich gestern bei ihm für mein Verhalten auch entschuldigt.“ Miyako lächelte ihre Freundin aufmunternd an. „Ich bin mir sicher, dass er dir das nie übel nahm. Also mach‘ dich nicht so runter. Das liegt alles in der Vergangenheit. Und insbesondere seit gestern, scheint es zwischen euch wieder alles in Ordnung zu sein!“ Daraufhin konnten sich beide ein Lachen nicht verkneifen. „Ach Miyako… Danke dir.“ Miyako schüttelte amüsiert den Kopf, lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und seufzte auf: „Das du Jeanne wärst hätte ich nie im Leben erwartet. Natürlich haben alle in unserer Klasse und förmlich die gesamte Schule behauptet ihr seht euch ähnlich und dergleichen, aber ich wollte es einfach nicht wahr haben…. Aber ich denke tief in meinem Inneren wusste ich, dass du die Kamikaze-Diebin bist! Irgendwie war es doch nicht zu verleugnen…“ „Oh… wie gesagt, es tut mir leid, dass du es letztendlich auf anderer Weise von mir erfahren musstest.“ Mit einer Handbewegung winkte Miyako die Entschuldigung ab. „Ach was! Du und Chiaki, ihr seid zum Teil aber auch selbst schuld!“ „Wie-?“ „Eure Ausreden manchmal! Also einfallsloser und unauffälliger ging es echt nicht! Da konnte man ja nichts anderes als Verdacht schöpfen! Natürlich hat Yamato eine längere Leitung als ich, aber so sehr solltet ihr mich auch nicht unterschätzen!“ „Oh man… Aber ich bin froh, dass alles aus dem Sack ist.“ „Ich auch! Holy crap, das ist alles so aufregend!“ Allmählich stieg in Miyako das Interesse und die Neugier für das Doppelleben ihrer besten Freundin, weshalb die kommenden Fragen förmlich aus ihr heraussprudelten: „Nun erzähl, was ist in den letzten Monaten noch alles geschehen, was ich wissen muss? Wie spürt ihr die Dämonen überhaupt auf? Mir fällt ein, wieso schickt ihr überhaupt Warnungen an die Polizei, wenn ihr euch die Arbeit doch deutlich einfacher machen konntet? War Herr Shikaidou auch ein Dämon gewesen? Und was ist gestern noch alles passiert?!“   Maron trank einen Schluck von ihrem Tee und gab sich eine kurze Gedenkpause. Dann setzte sie die Erklärungen fort: „Also, ich fange mal damit an wie wir Dämonen aufspüren. Grundsätzlich hielten unsere Engel in der gesamten Stadt Ausschau, weil sie die böse Energie, die die Dämonen ausstrahlen fühlen und spüren können. Ansonsten konnte ich auch mit meinem Amulett kenntlich machen, ob sich in meiner Nähe ein Dämon befand, oder nicht. Wenn wir einen Dämon entdeckt haben, schickten wir schließlich die Warnungen an die Polizei. Hm…Warum wir die Warnungen schicken? Ich denke, um nicht wie gewöhnliche Diebe zu erscheinen. Wir wollen den Menschen helfen und was Besonderes bei jedem Einsatz zurücklassen. Du hast ja bemerkt, wie befreit und ‚gereinigt‘ sich alle Opfer nach unserem Erscheinen gefühlt haben.“ Miyako konnte dies nur bejahen. Als zukünftige Polizeibeamtin sind ihr solche Beobachtungen nicht entgangen. „Kurze Nebenfrage: Könnt ihr eigentlich von Dämonen befallen werden?“ Eine durchaus interessante Frage, die Maron zum Nachdenken brachte. Schließlich antwortete sie: „Ich bin mir sicher, dass ich nicht befallen werden kann, da ich einen großen Teil Gottes Kraft in mir trage, aber darauf komme ich gleich noch zu. Bei Chiaki bin ich mir nicht so sicher… Um ehrlich zu sein hoffe ich, dass es nie zu einer solchen Situation kommt!“ „Das hoffe ich auch!“, sagte Miyako besorgt.   Die nächsten Minuten versuchte Maron zunächst alle relevanten Geschehnisse zusammenzufassen, wie den Vorfall mit dem herzkranken Zen, dass ihre Eltern all die Jahre ebenfalls besessen waren sowie die erste Begegnung mit Noyn, den über 500 Jahre alten Dämonenritter, der sich Wochen später als ihr Geschichtslehrer Hijiri Shikaidou offenbarte. „Wow…Der Typ war mir schon in der Schule etwas unheimlich…jetzt weiß ich sogar wieso!“, kommentierte Miyako nur. Maron dachte an seinen „Tod“ zurück und wie er sich ihr am gestrigen Tag vor die Knie warf. „Ich denke nicht dass er jemals richtig böse war. Ich würde sagten, dass Trauer, Verzweiflung und Frustration ihn zu solchen Taten gedrängt haben. Er hat Jeanne d’Arc wahrhaftig geliebt. Seine Reue zeigte sich schließlich dadurch, als er sich für uns geopfert hatte.“ Miyako dachte an die Szene zurück, wie der Mann in Schwarz den Schutzwall um sie rum aufbaute und den Energiestrahl von Fin auf sich nahm. Eine Gänsehaut lief ihr den Rücken hinunter. „Wenigstens hat er seinen Frieden gefunden.“, sagte sie. „Oh nein…er lebt wieder! Wir haben ihn gestern bei Gott getroffen und gestern kam er mit uns auf die Erde zurück.“, warf Maron beiläufig ein. Bei der Aussage verschluckte sich Miyako fast an ihrem Kaffee und rief lauter als beabsichtigt: „WIE ER LEBT?!“ In dem Moment drehten sich einige vorbeigehende Gäste zu den beiden Mädchen um und warfen ihnen urteilende Blicke zu.   Maron erzählte ihrer Freundin die Ereignisse im Himmel und was mit Gott besprochen wurde. Diese hörte aufmerksam zu und machte nach jedem Punkte größere Augen. „Meine Güte… ich hätte nicht erwartet, dass ihr in einem jahrtausendalten Krieg verwickelt seid!“, brachte Miyako geschockt heraus. Maron konnte dies nur bejahen: „Dem scheint aber so…“ Noch mehr Fragen formten sich in Miyako’s Kopf: „Warte, also Herr Shikaidou, ich meine, Noyn ist wieder am Leben? Arbeit ihr dann zu dritt zusammen gegen die Dämonen?“ Leicht mit den Achseln zuckend erwiderte ihr Gegenüber: „Mal gucken, so genau wissen wir auch nicht wie das zukünftig ablaufen soll. Aber ich vertraue ihm und bin mir sicher, dass er uns von großer Hilfe sein wird. Auch wenn Chiaki wahrscheinlich noch seine Zweifel hat…“ „Und die Sache mit Adam und Eva haut mich auch um… Wenn ich das richtig verstehe, so ist derjenige der Adam’s Reinkarnation ist auch dein ‚Seelenverwandter‘?“, fügte Miyako erstaunt hinzu. Bei den Gedanken schüttelte Maron hektisch den Kopf. „Es gibt für mich niemand besseren als Chiaki! Außerdem war Adam’s Seele in den Händen Lucifer’s… d.h. er könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit unser Feind sein. Überhaupt wäre das unmöglich! Ich bin ja mit Chiaki zusammen!“ Besorgt schaut die Dunkelhaarige ihre Freundin an, die leise hinzufügt: „Ich will gar nicht daran denken… Ich will Chiaki nicht verlieren…“ Man merkte, dass sie das Thema bedrückte. Nach einigen Augenblicken des Schweigens stand Miyako auf und sagte mit einem Grinsen: „Es wird Zeit zu bezahlen und shoppen zu gehen!“ Mit einem Nicken schaute Maron zu ihrer Freundin hoch: „Okay!“ Und so beglichen sie ihre Rechnungen und machten sich auf den Weg in die anliegenden Geschäfte und Boutiquen.     Während sie durch die Läden schlenderten und die Waren begutachteten, fragte Miyako ihre Freundin nacheinigen Rundgängen: „Mal unter uns Freundinnen, ich weiß ihr seid erst seit gestern offiziell zusammen, aber hattet du und Chiaki euch auch schon geküsst?“ Regelrecht überrascht von der plötzlichen Frage erkundigte sich diese mit einer Schamesröte: „Wie-Wieso willst du das wissen?“ Die Angesprochene beugte sich zu ihr und kontert zwinkernd: „Als deine beste Freundin darf ich doch sowas wissen. Die richtigen Frauengespräche beginnen schließlich erst.“ „Na-Na gut“, gab die Kamikaze-Diebin peinlich berührt nach, „also, wir hatten uns schon geküsst.“ Miyako konnte sich ein euphorisches Quieken bei der Information nicht verkneifen. Vereinzelte Leute warfen ihr wieder Blicke zu, die sie nicht bemerkte. „War das euer erster Kuss? Obwohl warte- oder war euer erster Kuss damals bei der Kirche??“ Verlegend wegschauend, beichtete die Braunhaarige: „Ehm… um genau zu sein, unseren ersten Kuss war als Jeanne und Sindbad, an dem Abend vor dem Turnier der Rhythmischen Gymnastik … und danach Tage später nochmals als Kaitos nach einem Einsatz.“, die Röte die in ihr hochstieg konnte sie kaum noch verbergen.  „WAS?! NICHT DEIN ERNST!“, kam wieder Mals von Miyako, lauter als beabsichtigt. Noch mehr Leute drehten sich zu den beiden Mädchen um, warfen ihnen tadelnde Blicke zu. „Mensch, Miyako! Schrei nicht immer die Bude voll!“, mahnte Maron ihre Freundin. Diese entschuldigt sich: „Ja, tut mir leid. Wieso hast du mir das nie erzählt?“  „Na überleg‘ doch mal. Wie hätte ich dir sagen sollen, dass ich von Sindbad geküsst wurde?“ „Da hast du auch Recht.“, stimmte Miyako kichernd zu und widmete sich den Klamotten, die sie anprobieren wollte. Maron seufzte tief auf. Sie war es nicht gewohnt sich derartig zu öffnen, besonders nicht über solche Themen. Gerade als sie dachte, dass die Aufmerksamkeit ihrer Freundin sich von ihr abgewendet hat, leitete Miyako die nächste Konversation ein: „Du, Maron…Du liebst Chiaki, oder?“ Perplex über die plötzliche Frage antwortete die Angesprochene: „J-Ja! Natürlich liebe ich ihn! Ehm-… Leider konnte ich ihm meine Liebe noch nicht richtig gestehen…“ „Und wieso?“, fragte die angehende Polizistin verwundert und neugierig zugleich. „Ich- ich weiß nicht …“ Man sah Maron an wie unangenehm ihr das Thema war und wie sehr sie die Fragerei überforderte. „Ich- Ich kann es ihm einfach nicht sagen! Ich meine… warst du nicht auch in ihn verliebt?!“ Maron versuchte nun die Aufmerksamkeit auf ihre Freundin zu lenken. Diese hatte den Themenwechsel so gar nicht vorhergesehen. „E-Ehm … Ja war ich, aber die Betonung liegt auf ‚war‘! Ich habe ihm meine Liebe schon vor Monaten gestanden und wurde offensichtlich abgewiesen.“, gestand sie. Mit schnellen Handgriffen schnappte sie sich ein paar Kleider und versuchte von sich abzulenken: „Wie findest du die? Ob die mir stehen werden?“   Maron fiel auf, dass Miyako recht elegante, weibliche Stücke ausgewählt hatte, die stark von ihrem normalerweise sportlichen Stil abwichen. „Sag mal Miyako, für wen machst du dich hübsch?“ Nun war es Miyako die rot anlief und anfing zu stottern. Zögernd gab sie zu: „Ehm- eh- also-… F-für Yamato. Wir haben ein Date heute Abend.“ Diesmal war es Maron die ihre Stimme um einige Oktaven zu laut hob: „WAS?! DU UND YAMATO?“ Das Blatt hatte sich zwischen den beiden Mädchen komplett gewendet. „J-Ja, ich und Yamato!“, bekräftigte Miyako, rot wie eine Tomate. „Da du und Chiaki mit euren eigenen Problemen beschäftigt wart, verbrachten Yamato und ich die Zeit oftmals zusammen. Wahrscheinlich war ich mit ihm öfter alleine zusammen als mit Chiaki, da wir euch Kaitos auch zusammen gejagt haben, und so… Wir sind uns in den letzten Wochen auf jeden Fall irgendwie näher gekommen und letzte Woche hat er mich aus gefragt.“ Das Yamato seine Gefühle für Maron nach langer Zeit des Schwärmens für sie aufgegeben hat, ließ Miyako bewusst weg. Sie wollte ihre Freundin nicht in unangenehme Gefühlslagen bringen. Diese schaute sie zunächst mit großen Augen erstaunt an und gab ihr im nächsten Augenblick eine Umarmung. „Ich freu‘ mich für euch!“, sagte Maron, wahrlich glücklich für ihre Freunde.   Die nächsten Stunden verbrachten die jungen Frauen damit für Miyako ein passendes Outift für ihr Date herauszusuchen, mit Erfolg. Am späten Nachmittag machten sie sich schließlich auf dem Weg nach Hause, mit jeweils einer Shoppingtasche in der Hand. Puh… was für ein Tag. Ich frag' mich wie es Chiaki geht…, dachte sich Maron.   Zur selben Zeit verließ dieser ein Juweliergeschäft, mit einem kleinen verzierten Päckchen in der Hand, ebenfalls sich nach Hause bewegend. Chapter 6: Beautiful World --------------------------   Chapter 6: Beautiful World   Im siebten Stock des Orléans angekommen, wünschte Maron Miyako viel Spaß bei ihrem Date, bevor sie sich voneinander verabschiedeten und in ihren jeweiligen Wohnungen gingen. Maron’s Wohnung war in einer kühlen Dunkelheit umhüllt, die mit der abendlichen Dämmerungen korrespondiert. Früher hätte sie das einsam und verlassen verstimmt. Diesmal, jedoch, ging Maron mit einem gelasseneren Gefühl in ihr trautes Heim rein, sich der Tatsache bewusst, dass sie nie einsam war, dass sie Freunde um sich rum hatte, die sie lieben. Dieses Gefühl der Zugehörigkeit, Verbundenheit und des Glückes… das habe ich allein Chiaki zu verdanken, dachte sie sich. Mehr und mehr war ihr bewusst, wie sehr sie Chiaki liebte. Nachdenklich warf Maron einen kurzen Blick durch ihre Wohnung: Es ist doch ziemlich ruhig hier, vielleicht sollten wir doch zusammen Abendessen und einander Gesellschaft leisten, solange Fin und Access nicht da sind…Schließlich habe ich mit ihm im Fahrstuhl, mehr oder weniger, vereinbart, dass wir uns heute noch sehen. Mit der Überlegung griff Maron zum Telefon und rief Chiaki’s Nummer an, um ihn zum sich einzuladen. Sie hätte auch an seiner Tür geklopft, wusste allerdings nicht ob er schon zurückgekehrt ist, oder nicht. Nachdem sie ihm die Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen hatte, ging sie in die Küche und bereitete das Essen vor.   Nach einer Stunde vernahm sie ein Klingeln an ihrer Tür. „Maron? Ich bin’s.“, hörte die Angesprochene Chiaki sagen. Schnell eilte sie zu ihrer Haustür, um ihm Einlass zu gewähren. „Hey, seit wann bist du wieder zurück?“, die Kamikaze-Diebin gab ihrem Freund einen Kuss, als er die Wohnung betrat. „Gerade eben. Ich habe deine Nachricht gehört, habe meine Sachen abgelegt und bin sofort rüber gegangen.“, sagte Chiaki augenzwinkernd. „Oh Okay, komm doch rein und mach es dir gemütlich. Ich bin auch gleich fertig mit dem Essen.“ Dies ließ sich der junge Mann nicht zweimal sagen und sofort lief ins geräumige Wohnzimmer. Dort angekommen ließ sich Chiaki förmlich auf das große Sofa fallen. Maron, die ihn dabei beobachtete, konnte den Eindruck nicht abschütteln, dass er erschöpfter wirkte als ein paar Stunden zuvor. Natürlich ist er erschöpft! Er war genauso den ganzen Tag lang unterwegs wie ich und ich bin genauso kaputt, ermahnte sie sich innerlich und schüttelte leicht den Kopf. Aus Gastfreundlichkeit fragte sie: “Möchtest du was trinken? Solange ich noch nicht fertig bin, kannst du ruhig Fernsehen gucken.” Chiaki nickte nur und antwortete: “Könntest du mir bitte einen Kaffee machen?” “Einen Kaffee um 18 Uhr? Hast du heute Nacht noch was vor, weshalb du wach bleiben musst?”, fragte Maron verwundert. Mit einem verschmitzten Grinsen antwortete dieser: “Ja, und zwar mit dem schönsten Mädchen der Welt den Abend verbringen!” Bei dem Spruch bekam Maron einen rosa Schimmer um die Wangen und all ihre Sorgen um ihren Freund wurden weggeblasen. Jetzt ist er wieder ganz der Alte…, dachte sie sich. “Na, du bist mir einer. Da wird sich die Glückliche ja freuen, dass du für sie die Nacht durchmachen willst”, brachte sie neckend entgegen und ging zurück in die Küche. Chiaki lachte dabei nur leise in sich hinein, atmete dann tief ein und schloss zur Entspannung schließlich die Augen. Im Hintergrund war mehrfaches Klirren aus der Küche zu hören. Ebenso vernahm er einen vertrauten Geruch aus dem Kochzimmer herauskommen. Was sie wohl kocht, fragte er sich. Nach wenigen Minuten vernahm er die Stimme seiner Freundin, die ihn zum Essen rief. Sofort stand der Gerufene auf.   In der Küche angekommen bemerkte Chiaki, dass der Esstisch bereits fertig gedeckt war. “Du hast ja Gratin gemacht.”, registrierte er erstaunt und nahm an seinem Stuhl platzt. Kein Wunder, dass ihm der Geruch vertraut vorkam. Auch stand eine Tasse schwarzer Kaffee neben seinem Teller. Maron nahm ihre Kochschürze ab und hing ihn über ihren Stuhl. Mit Selbstverständlichkeit antwortete sie: “Natürlich habe ich dir Gratin gemacht. Du hast es dir doch gewünscht!” Dabei referierte sie auf einer der Zettel, die Chiaki ihr vor einiger Zeit in den Briefkasten schob. Immer noch erstaunt sagte dieser: “Ja, aber ich hätte nicht gedacht, dass du das wirklich durchziehst. Damals hast du das eher als Scherz aufgenommen…” “Freust du dich nicht?”, fragte Maron mit gespielter Gekränktheit. “Doch, doch!”, versicherte Chiaki ihr, “Ich freu mich auf den Gratin! Danke fürs Kochen!” Er freute sich wirklich über die Mühe seiner Freundin. “Dann bin ich ja froh! Also lass es dir schmecken.”, sagte diese erleichtert und setzte sich ihrem Freund gegenüber hin.   Sie aßen und unterhielten sich ausgelassen darüber wie ihr Tag jeweils ablief. Maron erzählte Chiaki auch von Miyako’s Abendplänen. “Sie und Yamato? Echt?”, der Kaito konnte seine Überraschung nicht verbergen und starrte Maron mit offenen Mund an. Diese lachte vergnügt: “Ja, ist das nicht süß? Die geben auf jeden Fall ein hübsches Paar ab, finde ich.” Chiaki schloss sich daraufhin dem Lachen an und nickte. “Ich frag’ mich eher, ob Yamato mit Miyako’s Temperament auch klarkommen kann. Bestimmt wird sie eher die Hosen in deren Beziehung an haben.”, witzelte er. “Ach, ich bin mir sicher, dass Yamato sich in bestimmten Situationen auch durchsetzen kann. Schließlich hat er in den letzten Monaten deutlich an Selbstbewusstsein zugenommen.”, merkte Maron an. “Wenn du es sagst. Ich freue mich zu mindestens für die Beiden!” Insgeheim war der Blauhaarige auch froh drum, dass sein Freund und Klassenkamerad seine Gefühle für Maron aufgegeben hat. Sonst hätte es Probleme unter den Jungs gegeben.   “Und, wie war dein Tag? Wieso bist du heute Morgen eigentlich aus dem Fahrstuhl raus gerannt?”, erkundigte sich die Kamikaze-Diebin. “Was meinst du? Ich bin nicht raus gerannt…”, rechtfertigte sich Chiaki. “Naja… aber zu mindestens wolltest du schnell aus dem Gebäude raus.”, hakte Maron weiter nach. Mit einem leicht ermüdeten Stöhnen erklärte Chiaki ihr: “Ich musste mich beeilen, weil ich einen Termin mit meinem Vater vereinbart habe. Als Direktor und Oberarzt des Krankenhauses hat er offensichtlich einen vollen Terminkalender. Tut mir Leid, falls ich einen merkwürdigen Eindruck hinterlassen habe.” “Okay, verstehe…ich wollte eigentlich auch nur wissen, ob es dir gut geht, weil du so müde wirktest…”, besänftigte Maron ihn, Sorge spiegelte sich in ihren Augen. Chiaki bemerkte dies und griff über den Tisch nach ihrer Hand. Sanft fuhr er kreisende Bewegungen mit seinem Daumen über ihren Handrücken. „Mach dir keine Sorgen. Ich habe die Nacht nur nicht viel Schlaf bekommen, das ist alles.“ „Bist du dir sicher?“ „Ja, ganz sicher.“, bekräftigte er ihr und beugte sich über den Tisch, um ihr einen Kuss zu geben. „O-Okay, aber bitte versprich mir, wenn dich etwas bedrückt, dass du es mir auch sagst, ja?“ „Versprochen.“ Zufrieden mit der Antwort trank Maron genüsslich ihren Tee, nicht wissend wie sich ein schlechtes Gewissen in Chiaki aufbaute.   Chiaki bedauerte es zutiefst seine Liebste wieder angelogen zu haben, da er sich seit den neusten Ereignissen geschworen hat, ihr nie wieder die Wahrheit zu verleugnen. Schon zu oft musste er mit ansehen, wie seine Heimlichtuereien ihr Schmerzen und Leid verursacht hatten. Jedoch wollte er ihr keine unnötigen Sorgen bereiten, über Dinge, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von großer Bedeutung waren. Bestimmt ist es der Stress der letzten Tage, der sich angestaut hat und dir jetzt den Schlaf raubt..., dachte er sich voller Überzeugung.   „Und, wie war’s bei deinem Vater?“ Maron‘s Stimme rissen ihn aus den Gedanken. „Was-… Ach so, ja, so wie immer! Er und Kagura haben wieder ein Theater veranstaltet, als ich das Krankenhaus betrat und mein Vater wollte wie immer das ich bei ihm Zuhause mal vorbei komme.“ Maron musste bei der Vorstellung sich das Lachen verkneifen. „Stattdessen habe ich ihn zur Weihnachtsfeier bei Miyako am 25. eingeladen.“, fügte Chiaki hinzu. „Ach wirklich? Das freut ihn garantiert!“, sagte Maron erfreut. Ihr Gegenüber zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Hast du Miyako oder ihren Eltern Bescheid gegeben?“, fragte sie. „Ja, bevor ich nach Hause ging, ging ich noch zu ihnen. Sie hatten kein Problem damit...sie freuten sich sogar darüber, dass noch mehr Gäste kommen.“ „Voll wird es bei ihnen auf jeden Fall, Yamato und seine Familie wurden auch eingeladen.“, bestätigte Maron. Sie freute sich sichtlich die Ferien, die in einer Woche begannen, mit ihrem Freund zu verbringen.   Nach einigen Minuten hatte das Paar fertig gegessen und räumte zusammen die Küche auf. Es war mittlerweile 20:00 Uhr und wenn man aus den Fenster sah, brachte die Nacht einen sternenklaren Himmel hervor. „Komm, lass uns hoch gehen!“, rief Maron aufgeregt und zog Chiaki, wie ein kleines Kind, am Ärmel hoch zum Obergeschoss der Wohnung, welches den Schlafbereich ihrer Eltern ursprünglich darstellte. Das Geschoss war mit einem großen Bett und Sofa möbliert und große Dachfenster ermöglichen einem den perfekten Blick zum Himmel. Bei der Euphorie seiner Freundin musste er schmunzeln: Sie ist einfach zu süß!   Ehe Chiaki sich versah, Maron schaltete das Radio und hielt ihm einladend die Hand hin. „Lass uns tanzen!“, sagte sie auffordernd. Chiaki starrte Maron mit großen Augen an, wie sie im Mondlicht leuchtet. Wunderschön…, dachte er sich ehrfürchtig und nahm ihre Hand.   (BGM: https://youtu.be/3jWRrafhO7M) Im Hintergrund lief gesangsloser Jazz und Klassik. Langsam, zum Rhythmus der Musik, bewegten sie sich. Maron hatte ihre Augen geschlossen, ließ sich aus Erfahrung von den Melodien führen, wie bei der Rhythmischen Gymnastik. Chiaki dagegen konnte seine Augen von seiner Geliebten nicht lassen, wie anmutig und elegant sie sich bewegte und zugleich sorgenfrei lachte. Sanft wie ein Engel und stolz wie eine Göttin, ging es ihm durch den Kopf. Alles an ihr brachte sein Herz dazu schneller zu schlagen. Ihr Körper, ihre Haare, ihre stärkeausstrahlenden Augen, ihre Persönlichkeit und insbesondere ihr Lächeln. Seit Chiaki Maron alleine im Park fand, schwor er sie und dieses Lächeln für immer und vor allem zu beschützen. Das Paar wusste nicht, wie lange sie tanzten, doch irgendwann standen sie eng umschlungen im Mondscheinlicht. Nur noch die Musik ummantelte die Ruhe um sie rum. Chiaki hob schließlich den Kopf und gab Maron einen Kuss auf die Stirn, strich ihr dabei sanft den Rücken entlang. Hinterließ seiner Freundin ein angenehmes, kribbelndes Gefühl auf der Haut, die sich bis in den Bauchbereich zog.   Hinterher machten die beiden Kaitos es sich auf das Sofa gemütlich. Chiaki hatte einen Arm um seine Freundin gelegen, Maron‘s Kopf lehnte an seiner Schulter und beide genossen den Ausblick der Nacht. Nach einigen Minuten des Schweigens dachte Maron an die Worte zurück, die Fin ihr im Himmel zuletzt noch zugeflüstert hatte. Sie schaute zu Chiaki hoch, unsicher wie er auf das folgende Gespräch reagieren würde: „Chiaki… Ich muss dir was sagen… bezüglich unserer Beziehung… und, naja, alles was dazu gehört.“ „Hm? Was meinst du?“, fragte dieser interessiert. „Naja-… du weißt, ich war noch nie in so einer Beziehung und das du sozusagen auch meiner erster Freund bist. Demnach bist du auch mein ‚erster Alles‘, verstehst du… Also-…eh worauf ich hinaus will…”, stotterte sie, der rosa Touch auf ihrem Gesicht hat sich mittlerweile verdunkelt. Zur Beruhigung atmete Maron tief ein und wieder aus. Gefasster erklärte sie ihm: „Bevor wir zur Erde gestern zurückgeschickt wurden, hatte Fin mir gesagt bzw. davor gewarnt, dass ich Jungfrau bleiben muss, um weiterhin als Jeanne tätig zu sein bzw. um mich weiter verwandeln zu können.“ „Was…?“ „Es heißt, dass ich so meine Unschuld zu bewahren habe und dass meine Seele sozusagen rein bleibt, um Gottes Kraft weiterhin zu nutzen…“ Nach dem Maron fertig sprach herrschte zwischen ihnen beklemmende Stille. Ohje, wieso sagt er nichts?! Hoffentlich verlässt er mich deswegen nicht, dachte sie sich panisch und blickte beschämt runter zum Boden. „Wieso sollte die Reinheit deiner Seele davon abhängig sein, ob du Jungfrau bist, oder nicht?“, hörte Maron Chiaki plötzlich sagen. Überrascht schaute sie zu ihm hoch und begegnete ein Paar Augen die sanft auf ihr ruhen. Sie sprühten voller Liebe und Zuneigung.   „Für mich bist du das reinste Wesen auf der Welt!“, erklärte Chiaki ihr, drückte sie näher an sich ran und küsste ihre Halsbeule, „Außerdem kann ich damit leben. Solange ich dich und deine Seele lieben darf, reicht mir das.“ „Findest du also nicht, dass eine gewisse Intimität fehlen würde?“, fragte Maron wiederrum vorsichtig nach. „Naja, könnte tough werden in bestimmten Situationen...“, sagte Chiaki neckend und fügte lächelnd hinzu, „Mach dir keine Gedanken um mich. Dein Wohlergehen ist mir um ein vielfaches wichtiger!“ Maron seufzte auf, sichtlich erleichtert darüber wie verständnisvoll er dem Thema entgegenkam.   Neugierig und zugleich unsicher schaute sie Chiaki an und fragte: „Sag‘ mal, wie ist es bei dir? Bin ich…ehm, für dich die Erste?“ Dieser schaute sie verdutzt an. Nach kurzer Registrierung fing Chiaki an zu Lachen. „Ja bist du.“, antwortete er und schmiegte sein Gesicht weiter in ihren Nacken, hinterließ kleine Küsse auf ihre Haut. „Auch damals, im Mondlicht, warst du mein erster Kuss. Ich wusste zwar noch nicht, was ich für dich empfand…aber schon früh merkte ich, dass ich nur an dich denken musste. Für mich gibt es niemand anderen als dich, Maron. Ich bin so glücklich, dich bei mir zu haben.“, gestand ihr Freund offen. Dieses Geständnis brachte ihr Schmetterlinge in den Bauch: „Ich bin auch glücklich, dich bei mir zu haben! Du bist das Beste, was mir je passiert ist...“ Während die beiden die Nähe einander genossen, sagte Maron anschließend: „Ich hoffe, wenn wir die Dämonen und Lucifer besiegt haben, dass sich diese Sache auch gelegt hat… und wir… du weißt schon…“ Chiaki nahm beruhigend ihre Hand, strich ihr mit seinem Daum sanft über den Handrücken, legte seine andere Hand sanft gegen ihre Wange und schaute ihr tief in die Augen. „Wir werden das durchstehen. Und wenn das Böse besiegt ist, dann können wir es versuchen…aber auch nur wenn du es willst! Ohne irgendwelche Zwänge.“ „J- Ja!“   Daraufhin neigte Chiaki seinen Kopf runter, streicht seiner Liebsten sanft die Haare aus dem Gesicht, flüsterte „Du bist so wunderschön“ und „Ich werde dich für immer beschützen“. Er küsste sie auf die Stirn, die linke Wange herunter und schließlich sanft auf den Mund. Maron genoss die Liebkosungen, die Wärme auf ihrer Haut verteilten und erwiderte den Kuss. Beide hatten ihre Augen geschlossen, gaben sich der Zärtlichkeit hin. Zärtlichkeit vermischt mit Gefühl, Passion und Leidenschaft. Chiaki stützte mit einer Hand Maron‘s Kopf und fuhr mit der anderen Hand ihren entlang Rücken bis zu Taille herunter. Mit einer Bewegung ließ er seine Hand schließlich unter ihr Oberteil rutschen und an selber Stelle verweilen. All diese Berührungen ließen Maron dieses angenehme Kribbeln spüren. Als die beiden sich voneinander lösten, öffneten sie langsam ihre Augen. „Ich liebe dich.“, hauchte Chiaki seiner Liebsten entgegen. Innerlich war Maron bereit ihm ihre Liebe zu gestehen, aber auch in den Moment schaffte sie es nicht die drei großen Worte auszusprechen. Verdammt, wieso kann ich das nicht! Leichte Frustration überkam ihr. Stattdessen kuschelte sie sich in seine Arme rein. Chiaki lag mittlerweile mit dem Rücken gegen die Sofalehne, während seine Arme seine Freundin schützend ummantelten.   „Du Maron? Kann ich dich an dem Tag nach der Weihnachtsfeier zu einem Date einladen?“, fragte Chiaki. „Ein Date?“ „Ja, ein Date. Schließlich steht uns das auch noch offen.“, und schaute lächelnd auf Maron runter. „Okay.“, nahm sie der Einladung  entgegen. Maron schaute zum Nachthimmel hoch und die Sterne leuchteten wie Diamanten in der Dunkelheit. „Wunderschön…“, flüsterte sie ehrfürchtig. „Findest du nicht auch, dass unsere Welt ein wunderschöner Ort ist? Auch als ich vom Himmel aus die Erde sah…so schön… Ich möchte sie retten.“, fügte sie entschlossen hinzu. Für die Reinkarnation Jeanne d’Arc’s stand fest, dass sie die Welt um jeden Preis vor Unheil beschützen wolle.   Als Maron auffiel, dass Chiaki ihr nicht antworte, drehte sie sich sachte in seinen Armen um und stellte fest, dass ihr Nachbar tief und fest eingeschlafen war. Wow, trotz des Kaffees ist er so schnell eingeschlafen, ging es ihr durch den Kopf. Vorsichtig befreite Maron sich aus seinen Armen und stand von dem Sofa auf. Mit leisen Schritten ging sie zum Bett und holte ihrem Freund eine Decke, die sie ihm vorsichtig überlegte. Er sieht so friedlich und entspannt aus wenn er schläft, dachte sie sich als sie auf ihren Liebsten herab blickte. Leise ging sie die Treppenstufen hinunter zu ihrem Zimmer und stellte sich den Wecker. Schließlich begann am nächsten Tag die letzte Schulwoche vor den zweiwöchigen Ferien, weshalb Maron vermeiden wollte, dass sie und Chiaki verschlafen oder zu spät zum Unterricht erscheinen.   In der Nacht tauchte plötzlich Erzengel Gabriel in Marons träumen auf. Respektvoll verneigte diese sich vor der Kamikaze-Diebin und sagte: „Der Herr lässt mich eine Botschaft verkünden, Eva. Das Böse wird nicht mehr lange auf sich warten. Dunkle Energien haben sich auf der Erde bereits versammelt. Lucifers Untertanen werden unberechenbarer sein als je zuvor. Der Herr möchte, dass ihr auf euch Acht gebt und stark bleibt, wie auch immer sich das Schicksal entwickelt.“ Bevor Maron was fragen konnte, war der Engel wieder verschwunden und sie schlief friedlich, traumlos weiter. Chapter 7: Before the Storm ---------------------------   Chapter 7: Before the Storm     Am nächsten Morgen vernahm Chiaki ein dumpfes Klingeln aus der Ferne, welches ihn aufweckte. Er merkte sofort, dass er nicht in seinem Zimmer war. Langsam kamen ihm die Erinnerungen vom Vortag hoch. Oh, ich bin bei Maron eingeschlafen…ist das ihr Wecker der klingelt…, ging es dem Schüler müde durch den Kopf. Das Chiaki alleine auf dem Sofa schlief fiel ihm als erstes auf, worin er davon ausging, dass Maron in ihr Zimmer runtergegangen ist. Er war froh, dass sie seine Worte sich zu Herzen nahm und sich zu nichts zwingen lässt. Schließlich wollte Chiaki, dass es ihr so gut geht wie möglich in ihrer Beziehung.    Gedankenverloren ging er die Treppe runter. Er konnte zwar besser durchschlafen als in der Nacht zuvor, allerdings wurde er nach wie vor von Albträume geplagt. Albträume an denen Chiaki sich nach dem Aufwachen zwar nicht erinnern kann, die ihn aber mit einen Gefühl der Kälte und Hilflosigkeit zurückließen. Wie ein Schatten lassen ihn die Empfindungen nicht los.   Gerade als er an Maron’s Tür klopfen wollte, machte diese sie abrupt auf und schrie: „VERDAMMT, wie konnte ich nur den Wecker falsch stellen?!“ Verdutzt schaute Chiaki auf die Uhr. 7:00 Uhr … in 30 Minuten müssen wir da sein, kalkulierte er im Kopf, während Maron panisch durch die Wohnung rannte und sich fertig machte. Bei dem Anblick seiner Freundin musste er sich beherrschen nicht in ein Lachen auszubrechen. Sie ist wirklich zu süß, dachte er sich verliebt. „Ich gehe schnell rüber, zieh‘ mich um und hole meine Sachen, okay?“, rief Chiaki ihr zu als er sich zur Eingangstür bewegte. „Okay!“, rief Maron ihm zurück. Sie war wütend auf sich selbst, dass sie Chiaki solche Umstände bereitete.  Nach zehn Minuten hatte sie alles fertig. Währenddessen klopfte Miyako bereits ungeduldig an der Tür. Als Maron rausging kam auch Chiaki in seiner Uniform bekleidet und Schultasche auf der Schulter raus. „Na los kommt, wir sind zu spät!“, rief Miyako ihren gehetzt zu und sprintete zum Fahrstuhl, ihre Freunde ihr hinterher.   Knapp fünf Minuten vor Unterrichtsbeginn erreichten die drei den Haupteingang des Schulcampus, vor den Yamato auch wartet. „Was machst du da, Yamato? Du kommst wegen uns noch zu spät! Und du erkältest dich noch, wenn du länger draußen stehst!“, rief Miyako ihren Freund entgegen als sie auf ihn zu gerannt kam. „Dir auch einen guten Morgen.“, entgegnete Yamato gut gelaunt und gab seiner Freundin einen Kuss auf die Wange. Gestresst und rosa anlaufend packte Miyako Yamato am Kragen und zerrte ihn in Richtung Schulgebäude. „Spar dir das für später auf die Billig-Casanova! Jetzt beweg‘ deine vier Buchstaben endlich rein!“, hörte man Miyako fluchen. Maron und Chiaki konnten nur belustigt zuschauen und folgten ihnen ins Klassenzimmer.   Der Unterricht verlief über den Vormittag ganz normal. Als vor der Mittagspause Geschichte anstand waren Maron, Chiaki sowie auch Miyako überrascht ein bekanntes Gesicht wiederzusehen. „Noy-, Ich meinte-, Herr Shikaidou!“, kam es von Maron unbewusst laut. „Ja Maron? Hast du Fragen zum Stoff?“, antwortete dieser mit Professionalität zurück. „Ach- eh…nichts!“, sagte sie beschämt kleinlaut. Auch wenn Noyn es angekündigt hatte, dass er wieder als Hijiri Shikaidou zur Schule erscheint, so überraschte es sie doch in wiederzusehen. Während seines Unterrichts fiel Maron auf, dass seine langen Haare bis zum Nacken kurz geschnitten waren. Ihr war sofort klar, dass diese Geste als Zeichen für einen Neuanfang stand und dass er somit die Vergangenheit bzw. sein altes Ich hinter sich lassen wollte. Ihm scheint alles wirklich ernst zu sein, dachte sie sich.   Als die Geschichtsstunde vorbei war und Hijiri Shikaidou die Klasse verlassen hatte, beugte Chiaki sich zu Maron rüber uns flüsterte: „Wir sollten ihm folgen.“ Maron nickte und flüsterte ihm zurück: „Ja, wir sollten mit ihm reden. Ich hatte gestern übrigens einen Traum…“ Plötzlich kam Yamato auf sie zu und sagte: „Übrigens, Chiaki! Du und Kiyo ihr seid für diese Woche als Putz- und Ordnungsdienst eingetragen.“ Dieser stöhnte genervt auf: „Ernsthaft?! Hättest du als Klassensprecher mir das nicht eher sagen können? Sorry Maron, scheint so als können wir nicht zusammen nach Hause gehen diese Woche.“ Diese winkte die Entschuldigung mit einem Lächeln ab: „Ach, das macht doch nichts, wir sehen uns ja immerhin Zuhause. Hätte man ja nicht ahnen können, dass du mit Kiyo zusammen Dienst hast.“     Dabei drehte Maron sich unauffällig zur besagten Mitschülerin um, die auf ihrem Platz saß und desinteressiert ein Buch las. Kiyo Ita war ein ruhiges Mädchen, welches hinter Chiaki saß und ein paar Tage vor ihm neu in die Klasse kam. Sie war schlank, ungefähr Marons Größe, mit schneeweiße Haut, langes schwarzes Haar, ein zierliches, ovales Gesicht und trug eine große Hornbrille. Man konnte erkennen, dass sich hinter dem großen Sehgestell ein relativ hübsches Mädchen verbarg. Maron schätze Kiyo als ein ziemlich nettes Mädchen ein, die ihr auch immer freundlich entgegenkam. Bisher hatte Maron auch selten mit ihr geredet, da diese eher schüchterne Natur war und sich bei allen Aktivitäten in den Hintergrund hielt, wodurch Maron kaum was über ihre Mitschülerin weißt. Na, bei ihr bräuchte ich bestimmt nicht eifersüchtig werden, dachte Maron sich und schüttelte direkt wieder den Kopf. Was denkst du da? Wir sind alle erwachsen genug und ich vertraue Chiaki natürlich…, ermahnte sie sich.   Maron wurde aus ihrer Gedankenwelt gerissen als sie Chiakis Stimme hört, der sie rief: „Maron, kommst du?“ Chiaki stand wartet vor der Tür und mit den Kopf in den Schulgang deutete. Miyako und Yamato sind schon raus gegangen um gemeinsam Mittag zu essen. „Ich komme!“, sagte sie und folgte ihm aus dem Klassenzimmer raus. Einen letzten Blick in den Raum zeigte Maron, dass Kiyo immer noch auf ihrem Platz saß und sich ihrem Buch widmete. Was Maron nicht merkte war, wie Kiyos dunklen Augen auf das Paar fixiert waren, bis sie schließlich hinter der Tür verschwanden.   Als die beiden den Schulgang entlang liefen und vor dem Lehrerzimmer traten, kam der ehemalige Dämonenritter raus. „Hey, lass uns draußen reden…“, sagte er und deutete auf den Schulhof. Aufgrund der winterlichen Temperaturen befanden sich die meisten Schüler im Schulgebäude, weshalb die drei sich ungestört unterhalten konnten.   Draußen erzählte Maron den Männern auch von ihrer Begegnung mit Erzengel Gabriel. „Fragt sich wann die Dämonen zuschlagen werden…“, sagte Chiaki. „Wie dem auch sei…“, kam es von Noyn, „ich wollte euch sowieso anbieten, dass wir uns zusammen auf die bevorstehenden Angriffe der Dämonen vorbereiten könnten. Und wenn die Zeit gekommen ist, kann ich euch mit meinen magischen Kräften beistehen. Sie sind zwar nicht mehr so ausgeprägt wie früher, aber immer noch stark genug.“ „Danke, aber wir können ja auf uns selbst aufpassen. Schließlich hatten wir es früher auch zu zweit geschafft…“, kam es von Chiaki kühl. Noyn schüttelte bei der Bemerkung den Kopf: „Unterschätzt Lucifer nicht! Er und seine Fürsten werden stärkere und gefährlichere Dämonen loslassen als zuvor, dies bin ich mir sicher! Dies ist sich auch Gott sicher! Und der Herr oben hatte uns nun mehr als einmal gewarnt vorsichtig zu sein.“ Eher Chiaki wieder was sagen konnte, fiel Maron ihm ins Wort: „Wir nehmen deine Hilfe danken an und wissen es sehr zu schätzen!“ „Ich halte mein Wort, weshalb ihr auf mich verlassen könnt. Außerdem seid ihr auch nicht alleine in diesem Krieg involviert.“, sagte Hijiri. „Darüber sind wir froh, ehrlich.“, sagte Maron und fügte interessiert hinzu, „Mich wundert übrigens, da du kein Mensch bist und auch kein Dämonenritter mehr, was bist du dann?“ „Hm…Keine Ahnung. Da ich meine Magie behalten habe, würde ich sagen, sowas wie ein ‚Warlock‘…ein Art Zauberer, oder so.“, definierte Hijiri sich selbst achselzuckend. „Ein Warlock also.“, sagte Maron deklarierend. Während des ganzen Gesprächs stand Chiaki stumm neben seiner Freundin, die Arme vor sich verschränkt.   Einen kurzen Moment später schaute Maron auf ihre Uhr: „Oh Verdammt, Frau Pakkyaramao wollte in der Pause mit mir über das baldige Gymnastik Turnier sprechen! Das habe ich glatt vergessen. Hoffentlich erwische ich sie noch!“ Schnell gab sie Chiaki einen Kuss auf die Wange: „Ich gehe schon mal rein. Wir sehen uns in der Klasse?“ Ebenso verabschiedete Maron sich von Hijiri: „Bis später! Pass‘ auf dich auf!“   Beide Männer schauten der Brünetten hinterher, bis sie hinter der nächsten Ecke verschwunden war. Drückendes Schweigen herrschte zwischen ihnen. Was soll das bringen, dachte sich Chiaki genervt und war darauf bedacht ebenfalls zurück zugehen. „Alles okay mit dir?“, hörte er den Älteren plötzlich fragen. „Du siehst irgendwie nicht gut aus…“ „Höre ich da wirklich ‚Sorge‘ aus dir raussprechen?“, konterte der Schüler. Rechtfertigend antwortete der andere: „Hey, ich sagte, dass ich als Freund für euch da sein will und da darf man doch sowas sagen.“ Chiaki stoß einen tiefen Seufzer aus, hielt kurz inne, bevor er sich schließlich zu Noyn wandte und ihm mit ernsten Ausdruck sagte: „Maron mag dir in allem Vertrauen und wahrscheinlich in dir auch langsam einen Freund sehen, was ich ihr zu Liebe akzeptiere, aber nichtsdestotrotz reichen einfache Worte oder nette Gesten nicht aus mich zu überzeugen. Du hattest dich zwar entschuldigt, dennoch kann ich dir nicht verzeihen. Oft genug hast du Maron in Gefahren gebracht, sie versucht zu manipulieren und letztens hattest du versucht zu würgen.“ Schuldigt senkte Warlock den Kopf. Resigniert sagte er: „Auch wenn du mir wahrscheinlich nicht glaubst, aber ich kann mir selbst nicht verzeihen. Ich dachte, ich würde Jeanne und ihre Seele ehren…tatsächlich hatte ich ihr 500 Jahre lang Schande bereitet. Mittlerweile habe ich auch gelernt, dass Maron und Jeanne unterschiedliche Personas sind. Du liebst Maron und ich werde auf ewig meine Jeanne d’Arc lieben.“ „Wie auch immer, ich werde ein Auge auf dich werfen. Solltest du eine falsche Bewegung machen oder Maron in irgendeiner Weise gefährden, dann kannst du dich darauf verlassen, dass ich mich persönlich um dich kümmern werde.“, warnte ihn der Jüngere. Sprachlos schaute Noyn Chiaki an, als dieser sich umdrehte und darauf bedacht war davonzugehen. Bevor der Schüler den ersten Schritt ansetzte, fragte Noyn: „Hasst du mich so sehr?“ Ohne darauf zu antworten, drehte sich Chiaki ein letztes Mal zu ihm um und ging daraufhin schweigend davon. Zurück blieb ein verdutzter Noyn.   ***  Zur selben Zeit verließ Maron das Lehrerzimmer. Mit Frau Pakkyaramao war alles abgeklärt bezüglich der kommenden Trainingspläne für die nächsten Wettkämpfe. Gerade als sie aus der Tür schritt, lief jemand unachtsam in sie hinein. Maron und die andere Person fielen vor Schreck zu Boden. „Tut mir furchtbar leid! Bist du verletzt? Komm ich helfe dir auf!“, hörte Maron eine Männerstimme sagen. Sie erblickte eine Hand vor ihr schweben und schaute langsam hoch zu ihrem Besitzer. Vor ihr stand ein junger Mann in Schuluniform, groß gewachsen und schlanker Statur. Er hatte kurze, leicht gewellte, schwarze Haare, blasse Haut, dunkle graue Augen und feine Gesichtszüge mit markanten Wangenknochen. Ebenso trug er eine große schwarze Brille. Ein Verwandter von Kiyo?, fragte Maron sich. Er war äußerst attraktiv. „Oh.. eh- ist schon gut.“, fasste sich Maron wieder, nahm seine Hand dankend an und zog sich wieder auf die Beine. Sie schaut zu dem Fremden auf, machte sich die stille Anmerkung, dass er sogar größer war als Chiaki oder Hijiri. „Ich bin Akira Nimura. Kannst du mir vielleicht zeigen, wo das Lehrerzimmer ist? Ich bin neu an der Schule, weißt du…“, sagte ihr Gegenüber verlegen. „Das Lehrerzimmer? Du stehst direkt davor. Ich bin gerade eben rausgegangen…Oh, und ich bin übrigens Maron Kusakabe.“, sagte Maron leicht nervös. Für eine Millisekunde schlug ihr Herz schneller. Nanu?, dachte sie sich, verunsichert über die Körperreaktion. „Oh natürlich. Muss ich vor Aufregung übersehen haben, haha.“, sagte Akira und kratzte sich verlegen den Kopf. Besänftigend sagte Maron ihm: „Das macht doch nichts. Du bist schließlich neu hier. In welche Klasse bist du?“ „Erstes Jahr, B-Klasse.“, antwortete Akira. „Ah, also in meiner Parallelklasse. Ich bin auch im ersten Jahr, aber A-Klasse.“ „Cool! Freut mich dich kennengelernt zu haben, Maron.“, entgegnete Akira lächelnd und ging ins Lehrerzimmer. Maron schaute dem Jungen noch einige Sekunden hinterher, ihr Gesicht leicht rosa angelaufen und lief schließlich zurück zu ihrem Klassenzimmer. Was soll das?! Da werde ich noch bei einem Wildfremden verlegen und rot! Unbemerkt lief Maron an Chiaki vorbei, der sich hinter der Ecke versteckt und sie beobachtet hatte. Eifersucht und Misstrauen gegenüber dem Neuen brodelte in ihm.   Am späten Nachmittag ging die Schule zu Ende. Da Chiaki Maron nicht nach Hause begleiten konnte, entschied sie sich mit Miyako zurückzulaufen. „Schreib‘ mir, wenn du fertig bist oder ruf‘ mich an.“, sagte Maron zu Chiaki bevor sie das Klassenzimmer verließ. „Keine Sorge, ich werde mich melden. Wir sehen uns heute Abend.“, sagte Chiaki und gab Maron einen Kuss. Am anderen Ende des Zimmers stand Kiyo und beobachtete die Szene schweigend. Auf dem Weg ins Orléans wurden die Freundinnen von Yamato begleitet, der sich vor deren Wohnblock von ihnen verabschiedete und zu sich nach Hause ging. Im Fahrstuhl fragte Miyako: „Sag‘ mal Maron…Hättest du und Chiaki was dagegen, wenn ihr Yamato die Wahrheit sagt?“ „Welche Wahrheit?“ „Na eure geheime Identitäten, du Dummerchen. Zu unserem Date hatte Yamato davon geredet, dass er sich einen Plan ausgedacht hat für die SOKO Jeanne und Sindbad. Darauf habe ich ihm gesagt, dass ich aufhören werde Jeanne zu jagen und als er fragte „Wieso?“ bin ich in Erklärungsnot geraten.“, erzählte Miyako ihrer Freundin. „Er konnte auch nicht verstehen, wieso ich die Jagd aufgebe, weil ich so fest davon überzeugt war dich bzw. Jeanne schnappen zu wollen.“ „Oh je...“, sagte Maron, „Ich denke es wäre nicht schlimm ihm alles zu sagen. Wir können ja uns zu viert morgen mal zusammensetzen und dann erzählen wir Yamato alles.“ „Danke Maron! Mir war es wirklich unangenehm Geheimnisse vor ihm zu haben.“ Eine Stunde nachdem Maron Zuhause ankam, klingelte ihr Handy: „Hey, meine Liebe! Ich bin jetzt endlich fertig und gehe jetzt nach Hause.“ „Chiaki! Ich hatte mir schon Sorgen gemacht. Was hat denn so lange gedauert?“ „Kiyo und ich mussten ja das ganze Klassenzimmer sauber machen, die Toilettenräume im Gang reinigen und hatten noch auf Frau Pakkyaramao gewartet, bis sie kam und abgeschlossen hat.“ Bei der Erwähnung von Kiyos Namen verspürte Maron einen kleinen Stich in ihrem Inneren. „Hey, Maron. Da wir gestern bei dir gegessen hatten, schlage ich vor, dass wir heute bei mir essen. Ich koche auch.“, sprach Chiaki weiter. „Ah, okay. Ich warte dann auf dich. Bis später.“, sagte Maron. „Bis gleich.“ Wenige Minuten später klopfte Chiaki an die Tür. Sofort ging Maron raus, gab ihrem Freund einen Kuss und folgte ihm in seine Wohnung.   Ihr fiel auf, dass sie ihn bisher noch nie besucht hatte. Im Grunde genommen war der Grundriss wie bei ihr aufgebaut, bloß spiegelverkehrt. Trotzdem führte Chiaki sie durch sein Heim. Der Flur sowie das Wohnzimmer waren in einem modernen, minimalistischen Stil eingerichtet. Im Obergeschoss befanden sich einige Fitnessgeräte. Die Küche war geräumig und reich an Kochutensilien bestückt. Chiakis Zimmer besaß neben Balkon, Bett, Kleiderschrank und Schreibtisch, große Regale in der sich Bücher und CDs befanden. Vereinzelt waren Pflanzen in der Wohnung zu finden. Wow…Stil hat er, nicht nur klamottentechnisch…, dachte sich Maron. „Du hast bestimmt Hunger, oder? Ich habe dich schließlich warten lassen.“, sagte Chiaki. „Ach was, ist halb so wild. Hunger habe ich, aber entscheide du was es heute gibt.“, sagte Maron. „Okay, dann lass dich überraschen.“, sagte Chiaki darauf und ging in die Küche. Maron blieb in Chiakis Zimmer zurück und bestaunte die Regalinhalte. Schnell ließ sich eine bemerkenswerte Sammlung aus den Büchern, Mangas und CDs erblicken. Alle unterschiedlicher Kategorien und Richtungen. Zur Marons Belustigung fand sie auch diverse Medizinbücher und Fachliteratur. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm…da wird sich sein Vater freuen!   Als Chiaki Maron zu essen rief, war die Kamikaze-Diebin mehr als erstaunt, was sie in der Küche erblickte. Der Tisch war mit herzhaften Filets, Suppen und Salate bedeckt, die optisch einer Sternenküche gleich kamen. „Setzt dich doch.“, hörte Maron Chiaki sagen, der ihr einen Stuhl einladen rauszog. Gehorsam setzte die Braunhaarige sich hin und nahm einen Bissen von ihrem Teller. „Wow…ich wusste gar nicht, dass du Kochen kannst. Wer hätte gewusst, dass du so gut kochen kannst!“, brachte Maron schließlich hervor. Chiaki lachte dabei laut auf: „Dachtest du, ich hätte mir alles von Kagura machen lassen? Nein, ich koche gerne. Bevor meine Mutter starb, habe ich ihr oft in der Küche geholfen, weshalb ich Spaß darin fand.“ „Und…und wieso wolltest du von mir Gratin bekommen, obwohl du es dir auch selbst gemacht hättest?“, hakte Maron interessiert nach. Mit einem frechen Grinsen schaute Chiaki sie an und sagte: „Wer mag es nicht sein Lieblingsessen serviert zu bekommen?“ „Na, du bist mir einer.“ „Ich habe übrigens den Wecker für dich gestellt.“ Die restliche Woche verging wie im Zuge. Wie besprochen, hatten die vier Freunde sich zusammengesetzt und Yamato die Wahrheit über Jeanne und Sindbad erzählt. Dieser konnte zunächst nicht glauben, was er zu hören bekam, stellte mehrfach sicher, dass seine Freunde ihn nicht übers Ohr hauten, aber schon nach wenigen Tagen fand er sich damit ab. Ab und an schloss sich Hijiri der Gruppe in den Pausen an. Anfangs waren für Miyako und Yamato die Gespräche mit ihm verhalten, jedoch entspannten sie sich schnell, insbesondere durch Maron offenen Umgang mit dem Warlock. Chiaki hingegen hielt sich Noyn gegenüber weiterhin auf Distanz. Häufig kam es auch dazu, dass Maron mit den anderen Akira im Schulgang begegneten. Beim ersten Wiedersehen stellte Maron ihn ihren Freunden flüchtig vor. Diese kamen ihm freundlich entgegen. Allgemein verlaufen die Begegnungen mit Akira relativ kurz und beinhalten vorwiegend harmlose Small-Talks. Trotzdem wünschte sich Chiaki innerlich, dass der Neue sich von seiner Maron fern halten würde, da dieser auffällig oft immer ihre Nähe suchte und sie durchdringend ansah.   Nach der Schule wartete Maron immer auf Chiaki, dass er nach Hause kam und sie verbrachten den Rest des Tages zusammen, entweder bei sich oder bei ihm Zuhause. Nach jeder Kuscheleinheiten gingen sie jedoch in getrennte Zimmer zum Schlafen, da Maron sich noch nicht traute mit Chiaki in einem Bett zu übernachten, was er natürlich respektierte. Morgens war Chiaki immer derjenige der Maron weckte, um derartige Morgendebakels wie am Montag zu vermeiden. Mit jeden Tag fiel Maron mehr und mehr auf, als was für eine Gentleman sich der anscheinende Playboy entpuppte, der ihr immer die Tür aufhielt, ihr eine Jacke oder Decke gab, sobald es kühl wurde und ihr förmlich jeden Wunsch von den Lippen ablas. Je mehr Zeit verging, desto mehr lernten sie einander besser kennen und lieben.   ***    Noch immer sah Maron hoffnungsvoll in ihren Briefkasten rein, um den nach wie vor leer vorzufinden. Bis am letzten Schultag vor den Ferien. „Oh wie schön, sie hat endlich einen Brief von ihren Eltern bekommen.“, hörte Maron Miyako zu Yamato sagen, der bei den Toudaijis zum Essen eingeladen wurde. Lange Zeit schaute Maron den Brief an, nicht wissend was sie darüber denken und empfinden soll. „Willst du ihn nicht aufmachen?“, fragte Yamato neugierig. Unsicher sagte Maron: „Doch…aber ich traue mich nicht. Ich habe so lange gewartet… und jetzt ist wirklich ein Brief da...“ Leichte Freudentränen bildeten sich in ihre Augen. „Kein Wunder. Da entwickelt man schon eine gewisse Distanz bei so sechs Jahren Funkstille. Mach‘ ihn auf, wenn du bereit bist“, sagte Miyako und gab ihrer Freundin zur Aufmunterung eine Umarmung. „Danke Miyako. Ich werde ihn mit Chiaki zusammen aufmachen!“, beschloss Maron, glücklich darüber, dass der Fluch über ihren Eltern sich wahrhaftig aufgelöst hatte.   Am darauffolgenden Abend waren die beiden Kaitos wieder bei Maron Zuhause essen. Nach dem Essen und Aufräumen ging Maron leicht hüpfend auf ihren Nachbarn zu, die Hände hinter dem Rücken versteckt und sagte: „Rate mal was heute passiert ist!“ „Hmm, da du so gut gelaunt bist-“ Ehe Chiaki was raten konnte, fiel ihm Maron ins Wort und hielt dem Brief vor seinem Gesicht. „Du hast zu lange gebraucht! Hihihi. Ich habe endlich einen Brief von meinen Eltern bekommen! Ich wollte ihn mit dir zusammen aufmachen.“, sagte sie voller Freude.   Chiaki lächelte zu seiner Freundin herunter, glücklich darüber, dass ihr langzeitiger Wunsch endlich in Erfüllung gegangen ist. „Komm, setzen wir uns hin und dann machst du ihn auf.“, sagte Chiaki und nach Marons Hand, webte seine Finger in die ihrer. Als das Paar in Marons Zimmer auf dem Bett saßen, begann Maron den Umschlag langsam und vorsichtig zu öffnen. Behutsam holte sie den Brief raus und las:   》Liebste Maron, wir hoffen dir geht es gut. Es tut uns leid, dass wir uns so lange nicht bei dir gemeldet haben. Ich hoffe, du kannst uns das verzeihen.   Wir wollen dich wissen lassen, dass wir dich lieben und all die Jahre an dich gedacht haben. Ebenso haben wir uns dafür entschieden, uns doch nicht scheiden zu lassen. Um genauer zu sein sind wir uns sogar näher gekommen, die letzten Tage.   Zurzeit haben wir beide noch diverse Aufträge in Amerika und Europa, weshalb wir noch nicht wissen, wann wir zu dir zurückkommen werden, aber wir versprechen dir regelmäßig zu schreiben und anzurufen.   Bitte richte viele Grüße an die Toudajis aus und besten Dank, dass sie sich um dich gekümmert haben.   Frohe Weihnachten und eine schönes neues Jahr wünschen wir dir und deinen Freunden.   Alles Liebe Takumi & Korron K. 《   Maron bemerkte nicht, wie ihr Tränen das Gesicht herunterrannte. Tränen der Freude und der familiären Sehnsucht. Auch wenn sie ihre Eltern seit Jahren nicht mehr wieder gesehen hatte, so spürte sie trotzdem die Liebe und Fürsorge, die diese Zeilen versprühten. Chiaki, der den Brief ebenfalls las und seine Freundin still beobachtete, rückte näher an sie ran und legte einen Arm um sie. Still ließ die Kamikaze-Diebin das gewähren, und weinte sich an seiner Brust aus. Sanft strich Chiaki ihr den Rücken gleichmäßig rauf und runter.   Nach einigen Minuten löste Maron sich von ihm. „Ich bin so glücklich.“, sagte sie und kleine Tränen glitzerten noch in ihren Augenwinkeln. „Meine Eltern sind wirklich von den Dämonen befreit! Wahrscheinlich werde ich sie wiedersehen, wenn Lucifer besiegt ist.“ „Ganz bestimmt. Ich freue mich schon sie als meine zukünftigen Schwiegereltern kennenlernen zu dürfen.“, sagte Chiaki und gab Maron einen Kuss auf die Stirn. Daraufhin lief Maron rot an. „Denkst du etwa schon ans heiraten? Wir sind gerade mal 17 und 16. Außerdem ist eine Hochzeit nicht günstig.“, sagte sie perplex. „Egal, wenn ich das nötige Geld hätte, würde ich dir sofort den passenden Ring holen und ihn dir anstecken. Meinetwegen bleiben wir etwas länger verlobt als üblich ist.“, kam es von Chiaki direkt. „Du machst wieder verrückte Witze…“, sagte Maron belustigt und schaute zu Chiaki hoch.   Die Schatten unter seinen Augen hatten sich um einige Nuancen verdunkelt. Wie als hätte Chiaki an manchen Nächten gar nicht geschlafen. Überhaupt entging Maron es nicht, wie müde ihr Freund jeden Tag wirkte, sich regelmäßig einen starken Kaffee holte, auch wenn er es zu verstecken versuchte. Und wenn sie ihn darauf ansprach, streitet er es ab oder wechselte das Thema, was Marons Sorgen nicht minderten. „Ich mache keine Witze. Sowas nennt man eine Liebesklärung.“, entgegnete Chiaki ernst und guckte ihr tief in die Augen. Maron kicherte. „Dir gehen wohl die Sprüche aus, du Möchtegern-Playboy.“ Zärtlich küsste sie ihm auf den Mund und legte ihren Kopf auf seine Brust. Routiniert strich Chiaki Maron den Nacken entlang und schaute verliebt zu ihr herunter. Meine Maron…Dich gebe ich nie wieder her…   Das Wochenende verbrachte das Paar damit Geschenke für die kommende Weihnachtsfeier zu besorgen. Am Abend der Weihnachtsfeier ging das Paar zu den Toudaijis. Zu ihrer Überraschung waren die meisten Gäste, wie Miyako’s Geschwister sowie Yamato und seine Familie, bereits angetroffen und dass das junge Pärchen zu den letzten aus der Gästeliste gehörten. Zu guter Letzt stoß auch Kaiki Nagoya hinzu. „Hast du Kagura alleine Zuhause gelassen?“, fragte Chiaki scherzend. „Kagura ist bei Yashiro und ihrer Familie zum Weihnachtsessen eingeladen worden“, erklärt Kaiki seinem Sohn. „Ach, hat sie ihm nun doch eine Chance gegeben?“, fragte dieser erstaunt. Chiaki kannte Kagura seit seiner Geburt, da ihn seine Familie mit zehn Jahren als Waise zu sich aufnahm und der Schwarzhaarige seitdem den Nagoyas treu diente. Bezüglich Yashiro Sazanka, so wusste der Jüngere, dass der Krankenhaussekretär Gefühle für sie hegte, sich jedoch in den Hintergrund hielt, aufgrund der ehemals arrangierten Verlobung. Nachdem Chiaki deutlich gemacht hatte, dass er mit Maron zusammen ist, nahm Kagura all seinen Mut zusammen und fragte Yashiro aus. „Ja, die beiden hatten sich die letzten Tage des Öfteren verabredet und für Yashiro war es Zeit, dass Kagura sich ihren Eltern vorstellt. Du hättest ihn vor ein paar Stunden sehen sollen, Sohn. So nervös hatte ich den Ärmsten seit langem nicht mehr erlebt.“, sagte Kaiki bester Laune. Der Rest des Abends wurde heiter miteinander geredet und es gab reichlich zu Essen. Ebenso wurden Geschenke ausgetauscht, obwohl Chiaki und Maron sich ihren Geschenkeaustausch für das Date am nächsten Tag aufbewahrten.   ***    Nachdem Maron sich fertig gemacht hatte ging sie mit schnellen Schritten zum vereinbarten Treffpunkt. Chiaki hatte ihr am frühen Vormittag einen Zettel durch die Tür geschoben, in der er ihr anwies, dass sie sich um 17:00 Uhr vor dem Brunnen treffen sollten. Am Brunnen angekommen, stand Chiaki bereits wartend davor. Als er Maron erblickte, ging er lächelnd auf sie zu und gab ihr einen Kuss. „Du siehst wunderschön aus.“ Maron errötete bei dem Kompliment und lachte verlegen. Zärtlich strich Chiaki ihr den Arm bis zum Rücken runter und ließ seine Hand darauf sachte ruhen. „Danke“, sagte Maron peinlich berührten, „also, wo gehen wir hin?“ „Siehst du gleich.“, antwortete Chiaki geheimnisvoll und führte sie langsam Richtung Stadtpark. Mitten auf dem Weg band Chiaki Maron eine Augenbinde um. „Nun bin wirklich ich gespannt, was du ausgeheckt hast.“, sagte Maron erwartungsvoll. „Eine Überraschung…“, kam es von Chiaki kichernd. Nach einigen Metern kamen sie zum Stehen. „So, du darfst jetzt gucken.“, wies Chiaki Maron liebevoll an. Maron nahm die Augenbinde langsam ab. „Du meine Güte…“, brachte sie heraus.   Das Paar stand vor dem alten Karussell, an dem sich Marons Eltern kennengelernt hatten. Dieser war mit weißen Lichterketten verziert und leuchtete mit den Sternen im Einklang. Maron kam aus dem Staunen nicht raus. „Das- Das… ist wunderschön…“, sagte sie gerührt und ging einige Schritte auf das Gerüst zu. „Wie hast du das gemacht? In all den Jahren gab man dem Karussell kaum Beachtung mehr…“ „Ich habe meinen Vater dazu gebracht, dass er mit der Stadtverwaltung spricht. Weiß du noch letzte Woche, als ich so schnell davon rannte, wie du es nanntest? Der Termin war mit der mit ihm und einem Vertreter der Stadtverwaltung.“, offenbarte Chiaki augenzwinkernd. Glücklich drehte Maron sich um und warf sich Chiaki um den Hals. „Danke dir, Chiaki! Es ist schöner als jeder Weihnachtsbaum den ich kenne! Ich-, Ich weiß gar nicht womit ich dich verdient habe…“ Freudentränen glitzerten in ihren Augen. „Die Frage ist eher womit ich dich verdient habe.“, sagte Chiaki und küsste sie. Trotz eisiger Temperaturen wurde ihnen mit jeder Berührung wärmer. Maron schlang ihre Arme um Chiakis Hals, dieser hielt sie fest umklammert. Als sie sich voneinander trennten, waren kleine Atemwolken zwischen ihnen zu sehen. Rosa um die Wangen, sagte Maron: „Du bist unglaublich! Der beste Freund den ein Mädchen sich wünschen kann.“ Chiaki lachte: „Nein, ich bin dein bester Freund. Deiner und niemand anderes!“   Maron lachte vor Glück auf. Die beiden Kaitos setzten sich auf die Bank vor dem Karussell hin. Dann griff Maron in ihre Tasche und holte ein kleines verziertes Päckchen heraus und reichte es Chiaki: „Hier ist dein Weihnachtsgeschenk.“ Als Chiaki es aufmachte, holte er ein silber-blau verziertes Kreuz heraus, welches an einer stabilen Metallkette hing. Während Chiaki es weiter inspizierte, sagte Maron: „Ich dachte mir anstelle deines Holzkreuzes könnte dir das als Talisman dienen. Ich habe auf der Rückseite auch unsere Initialen eingravieren lassen. … Ich hoffe, es gefällt dir.“ Lachend band Chiaki sich die Kette um den Hals und gab Maron schließlich einen Kuss auf die Wange. „Das ist perfekt. Danke, mein Engel! Ich werde immer an dich denken, wenn ich es sehe.“, sagte er, auf das Kreuz herunterschauend. Erleichtert und glücklich lächelte Maron ihn an.   „Ich habe um ehrlich zu sein zwei Geschenke für dich.“, sagte Chiaki. Überrascht entgegnete Maron: „Wie, der heutige Abend und das Karussell gehören nicht zu deinem Geschenk?“ „Natürlich nicht.“, sagte Chiaki belustigt und reichte Maron ebenfalls ein kleines verzierten Päckchen verpackt. Darin befand sich eine Halskette mit einem Replikat ihres damals zu Bruch gegangenen Kreuzes als Anhänger. „Mein Kreuz…“, sagte Maron. „Wir waren wahrscheinlich beim selben Juwelier“, merkte Chiaki lachend an. Nostalgisch hielt Maron sich das Kreuz augenschließend vor die Brust. Stark, bereit, unbesiegbar, schön, entschlossen, mutig! Ein vertrautes, wohliges Gefühl ging ihr durch den Körper. Sanft lächelnd öffnete Maron wieder ihre Augen und hing sich die Kette um den Hals. „Danke, Chiaki…. Und was hast du noch parat für mich?“   Chiaki griff in seine Innentasche und holte zwei Umschläge heraus. „Das sind Tickets zum Maron Dome in Orléans, Frankreich für drei Tage. Ab morgen geht es los.“, sagte Chiaki als er Maron die Tickets überreichte. „Der- Der Freizeitpark meines Vaters… Du hast wirklich Tickets dafür geholt…“ Von allen Überraschungen des Abends, war dies für Maron die größte. „Oh mein Gott, Wir...Wir fliegen nach Frankreich morgen?!“, realisierte Maron und hielt sich die Hand vor dem Mund. Zu viele Emotionen durchliefen ihr den ganzen Abend durch, die sie nicht länger kontrollieren konnte. Vereinzelt liefen ihr die Tränen runter, die Chiaki sanft wegwischte. „Hey, nicht weinen. Denk an die schöne Zeit, die wir haben werden.“, sagte er sanft. „Ja!“, sagte Maron, die ihr Glück kaum fassen konnte. Ich habe den besten Freund aller Zeiten!     „Übrigens konnte ich nur ein Zimmer mit Doppelbett buchen…Ist das okay für dich? Ich könnte auch auf dem Boden schlafen...“, bemerkte Chiaki unsicher. Maron nahm unbefangen seine Hand. „Ach Quatsch… Mach dir keine Sorgen, ich bin bereit für den nächsten Schritt.“, sagte Maron augenzwinkernd, „Frankreich wird bestimmt schön!“   ***    Zuhause in Orléans gingen Maron und Chiaki in ihre jeweiligen Wohnungen, um ihre Koffer zu packen. Nach dem Packen, sprachen die beiden noch kurz auf dem Balkon miteinander, bevor sie schließlich ins Bett gingen.   Mitten in der Nacht leuchteten die Kreuze an den Hälsen der Kaitos sanft im himmlischen Licht auf und verebbten nach wenigen Sekunden wieder in der Dunkelheit. Chapter 8: Devil’s New Way --------------------------   Chapter 8: Devil’s new way     Maron’s Lachen füllt den ganzen Raum. Strahlte eine wohlige Wärme und ansteckende Freude aus, die alles durchdrang. Ein sanftes Sonnenlicht umhüllte das Paar. Zuvor tanzte Maron glücklich im Hotelzimmer umher. Wie ein Engel, schwebte sie federleicht über den Boden. Chiaki lachte im Einklang mit ihr mit, glücklich darüber wie viel Spaß sie hat. Anschließend griff er sanft ihr Handgelenk und zog seine Freundin zu sich, sodass Maron in Chiaki‘s Armen lag. Ihren Kopf an seine Brust eingebettet, seine Arme schützend um sie. Eine wohltuende Wärme durchströmte seinen Körper, in Verbindung mit einem angenehmen Knistern. Mein Engel…Ich liebe dich, meine Maron…, dachte Chiaki sich.   Auf einmal erstarb Maron’s Lachen.   Eine Eiseskälte breitete sich plötzlich im Raum aus.   Endlose Dunkelheit umhüllte die Umgebung.   Ein Schrei durchdrang Chiaki’s Ohren.   Maron‘s Schrei.   Als Chiaki herunterblickte, war diese verschwunden.   Stattdessen bemerkte er ein feuchtes Gefühl an seinen Händen.   Blut.   Blut klebte an seinen Händen.   Seine Klamotten waren ebenfalls mit der roten Flüssigkeit befleckt.   Angst breitet sich in Chiaki’s Körper aus.   „Maron?!“, rief er panisch.   Von Panik ergriffen schaute er sich um.   Sein Körper fing an zu Zittern.   Als er sich wieder umdrehte, lag seine Geliebte auf dem Boden.   Ihr ganze Körper blutüberströmt.   Die braunen Haare vor ihrem Gesicht verteilt.   Die Augen leblos.   Ein mit blutbedecktes Schwert fand sich in seine Hände.   Chiaki’s Augen weiteten sich.   „Ne- NEIN! MARON!“   ------------------------------------------   Abrupt saß Chiaki aufrecht auf dem Bett. Der ganze Körper angespannt. Die Hände im Bezug geklammert. Schweiß auf der Stirn glitzernd. Sein Herz rasend. Die Atmung unregelmäßig, abgehackt. „Chiaki…?“ Hörte er neben sich jemand sanft und besorgt zugleich sagen. Immer noch geistesabwesend drehte der Angesprochene seinen Kopf zögernd zur Seite. Geschockt nahm er wahr, dass Maron -ebenfalls hellwach- neben ihm saß. Eine Hand ruhte auf seine rechte Schulter. Chiaki atmete tief ein und aus, langsam fand er seinen ruhigen Rhythmus wieder und sortierte seine Gedanken. Sie befinden sich nach wie vor in ihrem Hotelzimmer.   Es war die letzte Nacht vor ihrem Rückflug. Das Paar hatte schöne drei Tage in Orléans verbracht, angefangen mit einem Besuch des Maron Domes bis hin zu einigen Stadtrundgängen und Sehenswürdigkeiten, wie die Statue von Jeanne d’Arc. Abends genossen sie die Ruhe in ihrem Hotelzimmer, welches von Chiaki’s Vater gebucht wurde. Dieser hatte die beiden Jugendliche auch zum Momokuri Flughafen begleitet und wird sie auch von dort wieder abholen. Die Verunsicherung, dass Maron bereit war mit Chiaki ein Bett zu teilen, verflog schnell als sie sich in der ersten Nacht wohltuend und entspannt in die Arme ihres Freundes reinkuschelte und einschlief.   Für Chiaki hingegen entwickelte sich die Nacht als eine Zeit voller Anspannungen und Unruhe. Von Nacht zu Nacht intensivierten sich seine Alpträume, wurden von Mal zu Mal verstörender. Träume die sich mittlerweile in sein Gedächtnis einbrannten und nie wieder losließen. Oft kam es dazu, dass Chiaki stundenlang wach blieb -manchmal sogar bis zum Morgengrauen-, um diesen Träumen zu entkommen. Ihm war auch klar, dass Maron (und seine Freunde) das nicht entging und sich permanent Sorgen machten, allerdings konnte er sich nicht dazu bringen, sich jemanden darüber zu öffnen. Stattdessen entschied er sich aus unerklärlichen Gründen dafür, das Thema immer abzustreiten, wenn man ihn über seine Augenringe, die erröteten Augen oder seinen erhöhten Kaffeekonsum ansprach.   Ebenso hatte Chiaki gehofft, dass sich dieser Zustand in einer neuen Umgebung verbessern würde, doch im Gegenteil. Schon in der ersten Nacht schreckte er schweißgebadet vom Bett auf, zu seinem Glück schlief Maron neben ihm noch friedlich weiter.   „Chiaki! Hey…!“ Chiaki hatte nicht bemerkt, dass Maron ihn die ganze Zeit rief, bis sie anfing ihn leicht an der Schulter zu rütteln, als er sich schließlich aus den Gedanken riss. Anspannung war neben Sorge in ihren Augen zu lesen. „Chiaki…Du muss mir bitte sagen was los ist!“, fing seine Freundin sachlich an zu sagen, „Ich weiß, dir geht es nicht gut, dass du kaum schläfst, dass du versuchst was zu verheimlichen, obwohl du versprochen hast mir alles zu sagen….“ Sich ertappt fühlend, zuckte dieser leicht zusammen. Maron atmete tief ein, legte ihre Hand, die noch auf Chiaki’s Schulter ruhte, sanft auf seine Hand und umwickelte ihre Finger in die seiner. „Bitte rede mit mir. Ich will dir helfen. Mir tut es mehr weh dich Leiden zu sehen, als selbst zu Leiden.“, sagte sie abschließend.   Chiaki schaute sie mit großen Augen an. Er wusste nicht wie lange sie auf dem Bett saßen und sich anschwiegen. Er wusste auch nicht, was er Maron sagen sollte, die geduldig neben ihm saß. Ihre Augen auf ihn ruhend, wartend darauf, dass er was sagte. Um ihren Blick zu meiden schaute er starr ihre Hände herunter, die immer noch Kontakt hielten. Nach einer gefühlten Ewigkeit, seufzte Chiaki müde auf und drehte sich zu Maron um, sodass sie gegenüber saßen. Die Hände weiterhin noch miteinander verbunden. Ohne ihr in die Augen zu schauen fing er an zu erzählen: „Es fing direkt in der Nacht an, als wir vom Himmel zurückkamen. Träume… Träume die mir einen Schauer bereiteten. Die ersten Nächte konnte ich mich nach dem Aufwachen noch nicht an sie erinnern. Doch ich wusste, dass sie im Großen und Ganzen dasselbe immer wiedergaben. Irgendwann wurden sie so intensiv und verstörend, dass sie sich in mein Gehirn einbrannten…“ Chiaki’s Körper verkrampfte sich bei den Bildern, die sich in seinem inneren Auge abspielte. Maron zuckte bei dem ansteigenden Druck in seinen Händen zusammen. Vorsichtig fragte sie: „Was genau passiert in deinen Träumen?“ Bei der Frage schluckte Chiaki und hielt zunächst inne, zögerte mit der Antwort. Seine Hände fingen an zu zittern. „Sie…spielen sich oft unterschiedlich ab, aber das Endresultat ist immer dasselbe. Sie fangen immer ganz schön an. Nahezu harmonisch…himmlisch. Du bist da, bei mir. Wir sind glücklich…und im nächsten Moment…ist alles dunkel. Ich bin von oben bis unten mit Blut bedeckt und du…du liegst dann Tod in meinen Armen oder in meiner unmittelbarer Nähe. Und- … wenn ich auf meine Hände runtergucke, sehe ich darin immer eine blutbefleckte Waffe-…“ Chiaki’s Stimme brach. Schmerz verzerrte sich in seinem Gesicht. Tränen schimmerten in seinen Augen, darauf wartend losgelassen zu werden. Maron schaute ihn mit großen Augen an und offenen Mund an, unfähig was zu sagen. „Das ist furchtbar…“, brachte sie letztlich leise von sich. „Maron…du weißt, ich würde dir nicht mal ein Haar krümmen…“, sprach Chiaki weiter, „Ich- Ich habe geschworen dich zu beschützen, aber-… aber wer beschützt dich vor mir…?“ „Sag‘ sowas nicht! Ich vertraue dir! Diese Träume bedeuten nichts!“ „Vielleicht werde ich eines Tages von einem Dämon besessen sein und mich erleidet dasselbe Schicksal wie Zen…“, fuhr Chiaki ungeachtet fort.   Plötzlich spürte er eine Hand gegen seine linke Gesichtshälfte passieren und Maron „Du bist ein Idiot!“ sagen hören. Überrascht blickte er hoch und traf auf ein paar tränengefüllte Augen, die in wütend fixierten. „Ein Idiot und ein Lügner! Dabei hast du mir was versprochen! Du hast versprochen mich nie mehr zu belügen! Du- Du hast versprochen mir immer alles zu sagen! Alles!! Jeder- Jeder hatte mich gefragt, ob mit dir alles in Ordnung ist und jeder Blinder sah, dass nichts in Ordnung war!“ Aufgebracht schlug Maron wie ein Kleinkind auf Chiaki ein. Dieser nahm es schmerzlos hin, da Maron nicht ihre volle Kraft einsetzte.   Nach einigen Schlägen hatte Maron sich beruhigt, zog daraufhin Chiaki unerwartet zu sich und versiegelte ihre Lippen mit den seiner. Perplex über den Sinneswandel machte Chiaki vorerst große Augen, gab sich aber dennoch den Kuss hin und schloss sie wieder. Es war ein drängender Kuss, wie als wollte die Diebin alle Negativitäten damit austreiben, die ihren Freund belasteten. Durch ihre Tränen trug er zusätzlich einen feuchten, salzigen Beigeschmack bei. Maron’s Hände, die krampfhaft sein T-Shirt festhielten, fanden sich an seinem Rücken und Nackenansatz wieder, drückten ihn näher zu sich ran, sodass ihre Oberkörper sich einander pressten. Währenddessen wanderte Chiaki mit seiner Hand -unter ihrem Shirt- sanft ihre Wirbelsäule entlang, hinterließ ihr einen brisanten Schauer mit jeder Berührung. In mitten des Kusses keuchte Maron leise wohltuend auf.   Aus Atemlosigkeit trennten die beiden sich langsam voneinander. Immer sich noch in ihren Armen befindend, lehnte Chiaki seine Stirn erschöpft an Maron’s Schulter. „Ich weiß. Ich bin ein verdammter Idiot… ich weiß, ich hätte früher mit dir reden sollen. Es tut mir Leid….“, entschuldigte er sich. Resigniert erwiderte Maron die Entschuldigung und strich ihrem Freund behutsam, in einem angenehmen Rhythmus, den Kopf. Langsam sank sein Kopf von ihrer Schulter hinab zu ihrem Schoß und betete sich da ein. Wie ein Fetus lag der Kaito zusammengerollt vor der Kamikaze-Diebin, die ihr wie eine beschützende Mutter ihm durch die Haare strich, die andere Hand schützend über seinen Kopf.   Nach wenigen Minuten vernahm sie ruhige, regelmäßige Atemgeräusche von Chiaki, um festzustellen dass er eingeschlafen war. Während Maron mit der einen Hand die monotone Bewegung weiterführte, reichte sie mit der anderen Hand zur Decke und zog sie Chiaki hoch, um ihn warm zuzudecken. Dieser schien friedlich weiterzuschlafen. Traurig schaute die junge Frau zu ihm runter und seufzte leise. Sie war nicht wirklich wütend auf ihn, sondern vielmehr darüber das ihm derartige Träume heimsuchten und ihn Leiden ließen. Ob das Böse dahinter steckt…, fragte die Wiedergeburt Jeanne d‘Arcs sich während sie durch das Fenster zum Nachthimmel rausblickte und sich am weich gepolsterten Bettkopfteil zurücklehnte. Ein weiterer Blick auf die Zimmeruhr sagte ihr: 3:00 Uhr morgens. So spät… oder früh…um 6:00 wollten wir auschecken und zum Flughafen fahren…hoffentlich bekommt er für die wenigen Stunden noch einen ruhigen Schlaf. Auch wenn Maron selbst erschöpft und müde war, so beschloss sie wach zu bleiben, um Chiaki durch ihre Gegenwart von den Albträumen zu beschützen.   ***    Wie geplant lief der nächste Morgen damit ab, dass das junge Paar aus dem Hotel auscheckte, sich ohne Problem zum Flughafen machte und im Flugzeug saß. Da Maron wahrhaftig die ganze Nacht wach blieb und sie durch Müdigkeit die Morgenstunden über so gut wie geistesabwesend war, beschloss sie -auch auf Chiaki’s Bitte hin- in den zwölf Stunden Flug zu schlafen. Bis auf einige unruhige Moment konnte ihr Freund zur ihrer Zufriedenheit durchschlafen. Besonders wenn Maron sah, dass sein Gesicht sich im Schlaf schmerzhaft verzog und seine Hände sich an dem Bettlaken verkrampften, versuchte sie ihn mit einigen Streicheleinheiten zu besänftigen. Chiaki war beim Aufwachen sichtlich überrascht Maron im wachen Zustand zusehen. Auch wenn er für ihre Handlung dankbar war und diese auch wertzuschätzen schien, tat es ihm furchtbar leid, dass er ihr den Schlaf geraubt hatte, weshalb er darauf bestand, dass sie während des Fluges schlafen sollte.   „Das hättest du nicht machen sollen…“, sagte Chiaki leise an Maron gewandt. „Ach was…“, winkte diese ab und schenkte ihm ein unbesorgtes Grinsen, „als ob ich nicht schon früher die Nacht durchgemacht habe.“ Langsam machte sich die Maschine zum Abflug bereit und hob sich nach wenigen Minuten in die Lüfte ab. Erfreut beobachte Maron die Szenerie aus dem Fenster, wie alles mit jeden Meter kleiner wurde und schließlich hinter den dichten Wolken verschwand. Sich in ihrem Sitz zurücklehnend sagte sie: „Auch wenn das ein sehr kurzer Trip war, ich würde gerne nochmal Reisen gehen. Vielleicht nach Paris, die Stadt der Liebe oder nach Skandinavien, die Nordlichter sehen oder Singapur oder- …“ „Da bräuchtest du bei so vielen Reisen entweder einen guten Job oder du müsstest reich heiraten.“, unterbrach Chiaki ihr Enthusiasmus mit einem verschmitzten Lächeln. „Fängst du schon wieder mit dem Thema ‚Heirat‘ an. Also gut, wenn du schon ‚reich heiraten‘ sagst. Wie viel verdient ein Arzt denn?“, fragte Maron vergnügt und interessiert zugleich. „Hmm…“, überlegte Chiaki schauspielerisch, „Kommt drauf an ob ich nur ein Arzt in der Weiterbildung bin oder Chefarzt. Aber so und so würde man einen ordentlichen Jahresgehalt bekommen.“ „Sieht man ja bei deinem Vater. Der lässt sich das Geld anmerken.“, entgegnete die Braunhaarige mit einem Lachen. Auch Chiaki stimmte in den Lachen mit ein. „Ja, ich brauche so einen Luxus wie mein alter Herr nicht. Ich nutze das Geld lieber um zu reisen und dir eine Freude zu machen.“, sagte er augenzwinkernd. „Als ob du als Arzt am Ende so viel Zeit zum Reisen hast.“ „Was willst du eigentlich später machen?“, fragte Chiaki interessiert. Maron überlegte einen kurzen Moment, bevor sie antworte: „Wahrscheinlich Lehrerin? Zu mindestens würde ich gerne mit Kindern arbeiten. Ihnen Rhythmische Gymnastik beibringen und so…“ Verlegen über ihre eher schlichten Zukunftspläne lief sie leicht rosa an. „Ich finde, dass passt perfekt zu dir.“, sagte Chiaki ehrlich. „Nimm dir aber ja nicht Frau Pakkyaramao als Vorbild!“, fügte er grinsend hinzu. „Keine Sorge, werde ich nicht!“ In dem Moment kam die Stewardess mit den Frühstückswagen an. Direkt nach dem Essen überkam Maron schließlich die Müdigkeit, weshalb sie die letzten paar Stunden des Fluges durchschlief. Chiaki las zu Unterhaltung ein Buch und hörte nebenbei auf sein Handy Musik.   Etwa eine halbe Stunde vor Anflug weckte der junge Mann seine Freundin. „Hey, Maron… wie sind fast da.“ Verschlafen rieb diese sich die Augen und blinzelte einige Male bis sich ihr Blick verklärt hat. Aus dem Fenster blickend bemerkte sie, dass es allmählich morgen wird im Land der aufgehenden Sonne. Die Rückkehr stimmte sie zwar glücklich, aber auch zugleich nachdenklich. Insbesondere über Chiaki’s Situation. Tief durchatmend setzte sie leise an: „Du, Chiaki…“ „Hm?“ „Ich habe nachgedacht, wegen deinen Albträumen. Ich denke, dass wir deswegen Noyn um Rat fragen sollen. Viellei-“ „Nein.“, unterbrach Chiaki sie mit Bestimmtheit. Mit beherrschter Ruhe fuhr er fort: „Ich möchte niemand anderes in meine Angelegenheiten involvieren.“ Maron hob kritisch ihr Augenbraue: „Und wie sollen wir beide alleine das fixen? Garantiert sind die Dämonen daran Schuld und-“ „Wir werden das hinbekommen. So wie alles andere auch.“, unterbrach ihr Nachbar sie wieder. Sich noch nicht geschlagen gebend hakte sie weiter nach: „Was ist mit Access und Fin, wenn sie wiederkommen? Da Access bei dir wohnt, kannst du sowas doch schlecht vor ihm verheimlichen.“ „Ach… der schläft manchmal wie ein Stein.“, antwortet Chiaki schroff zurück. „Zu mindestens könnten uns doch die Beiden helfen. Wozu sonst sind wir ihre Schützlinge?“ Es war deutlich, dass Maron nicht aufgab. Natürlich lässt sie es nicht locker...typisch für sie…, dachte der Kaito sich, seufzte und verdrehte leicht die Augen. „Okay…dann weihen wir die beiden ein, sobald sie wieder da sind.“ Zufrieden gab Maron Chiaki einen Kuss auf die Wange und sagte: „Danke. Ich will dir doch nur helfen…!“ und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Kleinlaut sagte sie: „Jetzt vermisse ich unsere Engel…“ Ohne darauf zu antworten gab dieser ihr ein Kuss auf die Stirn.   Im Flughafen Momokuri angekommen, holte das Paar ihre Koffer vom Gepäckband und machten sich auf dem Weg zum Ausgang. Es war ungewöhnlich viel los im Gebäude, ausschlaggebend dadurch, dass viele Polizisten an den Eingängen positioniert waren. Ebenso waren in den Radio- und TV-Ansagen des Flughafens diverse Warnungen zu hören:   „Wir bitten alle Passagiere, Besucher und Einwohner vorsichtig zu sein! Ein unbekannter Serienmörder treibt sich auf den Straßen Momokuri’s herum und greift junge Frauen an. Mittlerweile sind ihm acht Menschen zu Opfer gefallen. Die Leichen der Opfer wurden in einem verstörenden Zustand zugerichtet. Seit den Weihnachtstagen ist die Polizei auf Hochtouren und fahndet nach dem Unbekannten. Bisher haben sich noch keine Augenzeugen gemeldet, die Anhaltspunkte über das Äußere des Mannes vermitteln konnten. Und nun zu den aktuellsten Meldungen: in den frühen Morgenstunden kam es zu einem schwerwiegenden Busunglück im Stadtzentrum Momokuri’s. Augenzeugen berichteten, dass der Fahrer das Unglück selbst verursacht hat und-“   „Verdammt! Ernsthaft?!“ Maron, die gespannt die Ansagen hörte, wurde sofort wieder in die Gegenwart zurückgeholt, als sie Chiaki -auf sein Handy guckend- fluchen sah. „Was ist passiert?“, fragte sie ihn. Genervt antwortete dieser: „Mein Vater hatte mir eine Nachricht geschrieben. Er und Kagura können nicht kommen, weil im Krankenhaus seit Stunden viel Betrieb ist.“ „Oh… Dann müssen wir wohl ein Taxi holen.“ Wahrscheinlich wegen diesem Busunglück…, dachte sich Maron. „Ja…“, sagte Chiaki und winkte ein nahestehendes Taxi zu sich.   ***    Nachdem das Gepäck verstaut war, machte das Paar sich auf der Rückbank bequem und gaben dem Fahrer die Richtung an. „Aaah, dort mit dem französisch-namigen Gebäude?“, fragte der Fahrer neugierig. Am Steuer saß ein schlaksiger Mann mittleren Alters, mit eingefallenen Gesichtszügen und zerzausten Haar. „Ja genau.“, antwortete Maron freundlich zurück. „Schön, schön. Und was haben sie junges Pärchen gemacht? Eine Weltreise?“, fragte er weiter. „Oh, wir hatten nur einen Kurzurlaub gemacht.“, antwortete Maron weiterhin freundlich. Sie verließen das Flughafengelände und passierten die Autobahnbrücke Richtung Momokuri. Die ganze Fahrt über stellte der Fahrer ununterbrochen Fragen, die Maron alle höflich beantwortete. Chiaki war regelrecht genervt von der Fragerei und beschäftigte sich zur Ablenkung mit seinem Handy. Als er nach einigen Minuten zur Straße aufblickte fiel ihm etwas auf: „Moment…Sind Sie sicher, dass wir hier richtig fahren? Bei der Hinfahrt sind wir komplett über die Hauptstraße zur Brücke gekommen.“ „Oh keine Sorge. Ich als Taxifahrer kenne meine Abkürzungen.“, entgegnete der Mann am Steuer kühl. „Nein, mein Freund hat Recht. Wir sind komplett vom Weg abgekommen.“, mischte sich Maron ein, die erst in dem Moment ihre Umgebung mitbekam. Das Gespräch mit dem Fahrer hatte sie komplett abgelenkt. Alarmierend warf Chiaki ihr einen Blick zu, seine Hand bereits an der Türklinge positioniert.   Plötzlich fuhren die Türverriegelungen herunter. „Verdammte Scheiße!“, zischte Chiaki. Der Mann vor ihnen begann freudfröhlich zu summen. „Jackpot heute. So eine hübsche, besondere Dame...du machst dich schön in meiner bisherigen Sammlung. Leider muss ich vorher noch deinen Anhang hier aus dem Weg räumen, sonst vergrault er mir den Spaß.“, sagte er düsterer und aufgeregt zugleich. „Sie sind der Serienkiller aus den Nachrichten…“, brachte Maron hervor. Dieser kicherte zur Bestätigung mit dunkler Stimme. Im Rückspiegel sah die Kamikaze-Diebin, dass sich seine Augen -die sie begierig anstierten- plötzlich zu einem bedrohlichen Rotton überwechselten. In dem Moment war das bekannte Piepsen von Maron’s Amulett aus ihrer Tasche zu hören. Ein Dämon?! Aber- wieso hatte mein Amulett ihn vorher nicht aufgespürt…, dachte sie sich von Panik ergriffen. Chiaki saß angespannt neben ihr, versuchte die Situation zu kalkulieren.   Als der Fahrer in einen langen Straßentunnel hineinfuhr, zögerte der Kaito nicht lange und packte den Besessenen von hinten an den Hals, sodass dieser die Kontrolle über den Wagen verlor. Sie gerieten ins Schleudern und rammten in einen entgegenkommenden LKW hinein. Mehr und mehr Autos kollidierten aufeinander, überschlugen sich, bis sich eine metallische Mauer quer im Tunnel ausbreitete. Einige Autos entzündeten sich, gingen in Flammen auf. Panik brach aus, Menschen schrien um Hilfe und rannten zu den Notausgängen.   Als Maron von der Rückbank aufblickte, sah sie das Chiaki beschützend über ihr war. „Alles okay?“, fragte er, der bis auf diverse Kratze im Gesicht unverletzt war. Aufgewühlt brachte Maron nur ein Nicken zustande. Der Fahrer lag zunächst bewusstlos über sein Steuer, doch ein minimales Zucken war aus seiner Hand zu vernehmen. Schnell beugte sie sich rüber zum Armaturenbrett, um die Türen aufzuschließen. Als die beiden sich aus dem Wagen begaben, versteckten die beiden sich hinter dem naheliegenden LKW-Wrack. Es schien als wäre keine Menschenseele mehr im Tunnel außer sie. „Ein Dämon!“, sagte Maron, die ihre Sprache wiederfand. „Ja, ich weiß. Verdammter Mist! Wir müssen es irgendwie bannen!“ Verzweifelt musst der Kaito feststellen, dass sein Holzkreuz aus seinen Taschen verschwunden war und er keine Pins manifestieren konnte.   Vom Taxi hörten die beiden einen wütenden, animalischen Schrei, als die Fahrertür aufsprang und der Fahrer herauskam, allerdings war dieser nicht mehr wiederzuerkennen. Die Haut hatte sich grün-lila verfärbt und war mit echsenartigen Schuppen übersäht. Aus seinem Rücken sprangen Tentakeln hervor. Die Hände waren durch drachenartige Krallen ersetzt worden. Der Mund war nicht mehr menschlicher Natur, eine Reihe blutiger Zähne blitzten hervor und grüner Schleim tropfte herunter. Die Augen glühten mordlustig rot. „Was zum Teufel ist das…?“, flüsterte Chiaki fassungslos, unmöglich zu registrieren, was für eine Kreatur auf sie zubewegte. Als das Wesen mit seinen Tentakeln zum Schlag ausholte, warf er sich beschützerisch vor Maron, um den Angriff auszuweichen. Unsanft landeten sie auf den Boden. „Chiaki!“, rief Maron. „Keine Sorge, mir geht’s gut.“, versicherte dieser ihr und führte sie tiefer ins Autogetrümmer. „Wir können es so nicht bekämpfen!“, sagte Maron verzweifelt. „Wir können diesem Vieh auch nicht entkommen!“, fügte Chiaki hinzu. Der Dämon wütete in der Zwischenzeit umher und warf Autos in alle möglichen Richtungen. „KOMMT RAUS, KOMMT RAUS! WO SEID IHR!“, rief es wahnsinnig umher. Gerade als es zum nächsten Angriff ansetzen wollte, wurde es durch eine Energiekugel zur Seite geschleudert.   Chiaki und Maron spähten aus ihrem Versteck, um zu sehen wer ihnen zu Hilfe kam. Vor ihnen schwebte Noyn, die Hand ausgestreckt, bereit die nächste Energiekugel abzufeuern. „Noyn! Wie hast du uns gefunden?“, rief Maron ihm zu. „Mein Drache, Silk, er hat den Dämon aufgespürt und mir berichtet. Ihr müsst euch irgendwie verwandeln und das Ding bannen! Ich halte es solange in Schacht!“, sagte er und flog Richtung Dämon. „DU!! DU WARST SOWIESO NUR EIN SPIELZEUG UNSERES KÖNIGS! ICH, DIENER DES SAMMAEL, WERDE EUCH VERNICHTEN!“, schrie es wutentbrannt. Sammael…ehemaliger Erzengel des Todes und jetzt einer der Dämonenfürsten…neben Azazel und Asmodeus Lucifer’s treuster Anhänger, ging es Noyn durch den Kopf, während er die endlosen Angriffe des Dämons auswich. Abrupt blieb der Warlock in der Luft stehen, als die Kreatur aus seinem Blickfeld verschwand, um -wie aus dem Nichts- hinter ihm an der Wand zu hängen und auf dem Boden zu schleudern. Dieser minimale Moment der Unachtsamkeit nutzte der Dämon aus, um den ehemaligen Dämonenritter ans Bein zu packen und ihn immer wieder auf den Boden zu peitschen. Schmerzensschreie entkamen Noyn.   Chiaki und Maron konnten hilflos mitansehen wie der Schwarzhaarige hingerichtet wird. Gott…gib uns die Kraft, betete Maron, den Rosenkranz um ihren Hals festumklammert. Zu ihrer Überraschung leuchtete ihr Kreuz sowie auch der um Chiaki’s Hals hell auf und vergrößerten sich. Irritiert schauten sie ihre Talismane an, um dann entschlossen sich zu zunicken. Schnell verwandelten sie sich in Jeanne und Sindbad und griffen den Dämon gemeinsam an. Dieser ließ vor Schreck Noyn los. „IHR WAGT ES-“ „Deine Zeiten des Unheils sind vorbei!“, rief Jeanne und holte mit ihrem Band zum Schlag aus, welches der Dämon nicht abwehren konnte. Anschließend verwandelte sich ihr Band zu einem prachtvollen Schwert. „Im Namen des Herrn, banne ich die Ausgeburten der Finster und mache sie unschädlich! Schachmatt!“ Mit einem Schwerthieb war vom Dämon nur noch ein schmerzverzerrtes Kreischen zunehmen. Schwarzer Rauch um wirbelte ihn, welches sich zu einer weißen Säule verfärbte und sich anschließend auflöste. Vor ihnen kniete Taxifahrer, der keuchend atmete und mit ausdruckslosen Blick sagte: „Ich- ich werde mich der Polizei stellen und all meine Taten gestehen. Die Serienmorde, sowohl als auch andere Verbrechen.“ „Sie- sie sind ein Schwerverbrecher?“, fragte Jeanne fassungslos. Stumm nickte ihr Gegenüber und begann schließlich zu weinen. In der Ferne waren Sirenen zu hören. Jeanne spürte eine Hand auf ihre Schulter. Es war Sindbad, der ihr still signalisierte sich zurück zu verwandeln. Mit einem Nicken entfernten sie sich von Mann und die Kaitos verwandelten sich hinter einem Metallwrack in ihre zivile Gestalt zurück. Ihre Kreuze verwandelten sich ebenfalls in ihre ursprüngliche Form zurück. Noyn verabschiedete sich noch von ihnen bevor er sich wegteleportierte.    *** Die Polizei, darunter Miyako’s Vater und seine Kollegen, trafen zuerst ein und nahmen den Mann in Gewahrsam. Von dem Paar protokollierten sie wesentliche Zeugenaussagen. Zu ihrem Glück konnte der ehemals Besessene sich an alles bis auf den Kampf und der Transformation zum Dämon erinnern. Keine Erwähnung von Jeanne oder Sindbad oder einer dritten Person. Von Himoru Toudaiji erfuhren die Jugendlichen von all den anderen Taten, die der Mann verbrochen hatte, angefangen von Vergewaltigungen bis zu Morden. Kurze Zeit später kamen auch die Rettungsdienste und Krankenwägen, die sich im Umkreis des Geschehens versammelten. Da Maron und Chiaki mit wenigen Schrammen davon kamen, wurden sie schließlich von Haruta nach Hause gefahren, der sie in den siebten Stock begleitete und bei den Toudaijis Bericht erstattete. Miyako, die zunächst über Haruto’s Aussagen große Augen machte, erblickte im nächsten Moment ihre Freunde, rannte schnell auf sie zu und warf sich ihnen in Arme.   „Maron! Chiaki! Das ist ja furchtbar, was ihr erlebt habt.“ „In gewisser Weise wird es krasser.“, erwiderte Maron leise. Miyako verstand sofort: „Oh, okay…Ich komme später nochmal zu euch rüber. Ich gebe Yamato auch Bescheid, dass es euch gut geht! Vielleicht kommen wir zusammen.“, und ging damit sie zurück in ihre Wohnung. Auch die beiden Chiaki und Maron gingen zunächst in ihre jeweiligen Wohnungen, um auszupacken und zu Duschen. Ein paar Stunden später waren Chiaki, Miyako und auch Yamato bei Maron Zuhause und sprachen über die Geschehnisse des Vormittages. Ihre beiden Freunde konnten die Kaitos nur mit offenen Mund anstarren, nachdem sie die ganze Story gehört hatten.   „Der Mann war ein Schwerverbrecher… Ich verstehe das nicht. Normalerweise befallen Dämonen doch die, die eine reine Seele haben, oder?“, fragte sich Maron. „Dies war immer der Fall.“, bestätigte Chiaki nachdenklich. „Mein Vater kam eben nach Hause. Er hatte davon erzählt, dass dieser Kerl schwere psychische Probleme hatte im Leben, wie Depressionen und Angstzustände. Angeblich soll er ein ziemlicher Außenseiter gewesen sein.“, erklärte Miyako und fügte grimmig hinzu, „Natürlich rechtfertigt das nicht in keinster Weise seine Taten!“ „Das mit dem Busunglück heute Morgen ist auch merkwürdigt, findet ihr nicht? Der Busfahrer ist auch auf der Flucht.“, kam es von Yamato unsicher.   „Ich hätte da eine Erklärung für alles!“, sagte eine Stimme plötzlich, alle Beteiligten drehten sich überrascht um. Es war Noyn der am Fenster angelehnt war. „Tut mir leid, dass ich einfach so hereinplatzte.“, entschuldigte er sich. „Kein Problem, du kommst uns ganz gelegen.“, sagte Maron und holte ihm eine Tasse Tee. Dankend nahm der Lehrer das Getränk an und gesellte sich zu seinen Schülern. „Würdest du uns bitte mit deinem Wissen einweihen?“, fragte Chiaki misstrauisch. „Klar.“, entgegnete der Warlock selbstverständlich, „Ich vermute, dass Lucifer bzw. seine Dämonenfürsten Dämonen schicken, die sich nach den negativen Empfinden der Menschen verzehren. Negativität, die sich bei Depressionen und derartiges verstärken. Durch das Leid der Menschen verstärkt sich Lucifer’s Macht umso mehr. Eine deutlich einfachere Methode als vorher, denn Menschen tendieren schneller dazu negative Gefühle und Gedanken zu haben als positive. Ich denke, ihr wisst wovon ich rede, oder?“ Fragend schaute Noyn in die Runde, die vier Jugendliche nickten zögernd im Einklang. „Seht ihr. Menschen zerbrechen sich den Kopf über Sachen, die sie aus der Bahn werfen. Ein gefundenes Fressen für die Dämonen. Diese Negativität breitet sich so stark aus, dass die befallenen Menschen selbst zu Monstern werden.“, setzte er fort. „Nachdem Jeanne den Dämonen heute gebannt hat, so wurde die Seele bzw. das Bewusstsein des Mannes in dem Maße gereinigt, sodass seine Sünden vor Augen geführt wurden und er Reue verspürte. Das der Typ anfing zu weinen, kann man als mentalen Absturz betrachten, ausgelöst von der emotionalen Last.“ Nachdem Noyn zu Ende sprach, herrschte Sprachlosigkeit. „Verstehe…“, sagte Maron schließlich, „dass die Dämonen unantastbarer geworden zeigte sich auch, dass mein Amulett erst reagiert hatte, nachdem der Dämon sich gezeigt hatte. Wahrscheinlich muss Fin ihn neu einstellen…Unsere Verwandlungen haben sich auch etwas verändert. Ich hatte vorher noch nie ein Schwert gehalten, fühlte mich aber so selbstsicher damit.“ Diesmal war es Chiaki der ihr sachlich erläuterte: „Ich schätze mal, als Kaitos haben wir sowas wie ein Gespür für Waffen, um uns effektiv verteidigen zu können. Ich benutze zwar gerne meine Bumerangs, aber im Grunde genommen könnte ich mit jeder Waffe perfekt umgehen. Hatte sich ja damals bei der Ninja-Festung zu Nutzen gemacht. Wahrscheinlich ist das Schwert jetzt auch dein neues Instrument zum Bannen, sowie du von den Pins auf das Band wechseln musstest.“ „Oh Mann… ich könnte mir gar nicht vorstellen in eurer Haut zu stecken!“, stöhnte Miyako auf und fragte zu Noyn gewandt, „Der flüchtige Busfahrer ist ein Dämon, schätze ich?“ Dieser nickte zur Bestätigung. „Silk hält überall Ausschau und erstattet mir Bericht, sobald er was Ungewöhnliches bemerkt. Allerdings kann ich nicht die Dämonen bannen, wie die anderen beiden.“ „Dennoch waren wir über deine Hilfe mehr als froh! Danke dir!“, sagte Maron lächeln. Jetzt sind die Dämonen wieder da…Hoffentlich hat das bald ein Ende. Nach einigen Tassen Tee verabschiedeten sich Schüler und Lehrer voneinander.   ***  Es sind zwei Wochen vergangen seit die Dämonen wieder aufgetaucht sind und das neue Jahr war ebenfalls eingetroffen. Wie beim ersten Mal, kämpften die Kaitos mit Noyn zusammen gegen die Dämonen an. So hatten sie kurz nach dem Vorfall mit dem Taxifahrer, den flüchtigen Busfahrer ausfindig gemacht und dessen Dämonen ausgetrieben. Darauf folgten weitere Einsätze, wie korrupte Bankkaufleute, Mütter die ihre Kinder misshandeln, Schüler, die ihre Klassenkameraden mobben usw. Mit jeden Einsatz wurden die Dämonen unberechenbarer als zuvor und nahmen immer groteskere Formen an. Nicht selten kam es auch dazu, dass Sindbad und Noyn anfingen zu streiten, insbesondere wenn es um Jeanne’s Sicherheit ging und diese die Beiden auseinanderbringen musste. Ähnlich wie beim ersten Mal kamen alle Opfer zu Besinnung und bereuten ihre Missetaten zutiefst, stellten sich der Polizei oder gaben öffentliche Geständnisse. Abgesehen von der Dämonenjagd, verlief für alle der normale Schulalltag weiter. Bald ging das erste Jahr der Oberstufe für die vier Freunde vorbei für das kommende Schulfestival zum Schuljahresanfang mussten alle notwendigen Vorbereitungen gemacht werden. Maron telefonierte auch regelmäßig mit ihren Eltern und berichtete ihnen von ihrem Alltag. Sie und Chiaki hatten sich seit ihrer Reise mittlerweile angewöhnt in einem Bett zu übernachten, je nachdem in wessen Wohnung die Verliebten sich befanden. Wie versprochen, hatte Maron niemanden von Chiaki’s Schlafprobleme bzw. Albträumen weitererzählt, auch wenn sie weiterhin auf seine müde-wirkende Erscheinung befragt wurde. Von Tag zu Tag hoffte sie mehr auf eine baldige Rückkehr ihrer Engel, damit sie ihm helfen konnten.   Es war Freitagabend und soeben hatten Jeanne und Sindbad wieder einen Dämonen gebannt, diesmal zu zweit, da Frau Pakkyaramao Hijiri dazu überreden hatte an einer Weiterbildung in Kyoto über das Wochenende teilzunehmen. Gerade als die beiden sich auf den Weg nach Hause begaben, hörten sie eine vertraute männliche Stimme, der nach ihren Namen rief. Aus der Ferne kam eine violette Leuchtkugel auf die Kaitos zugeflogen. „Access!!“, rief Sindbad erfreut. „Sindbad! Jeanne!“, ruf dieser zurück und kam schließlich vor dem jungen Mann zum Stehen. Sindbad war zunächst froh seinen kleinen Freund und Partner nach Wochen wiederzusehen, sofort fielen ihm auch die weißen Flügel auf, wofür er ihn gratulieren wollte. Jedoch wandelte die Freude sich schnell in Besorgnis um, als er Access‘ verzweifelten Gesichtsausdruck sah. „Access, was ist los?“, fragte der Kaito. Besorgte kam Jeanne auf die beiden zu und fragte: „Wo ist Fin?“ Die Abwesenheit ihres grünhaarigen Engels ist ihr nicht entgangen.   Hilfesuchend schaute der Engel zu Ihnen hoch und sagte: „Fin…Fin ist in Gefahr!“     Chapter 9: Angelic Feelings --------------------------- Chapter 9: Angelic Feelings   „Hallooo! Access! Fin!“ Die beiden Angesprochenen drehten sich der vertrauten Frauenstimme um. „Celcia! Toki! Schön euch wiederzusehen!“, rief Fin erfreut als zwei helle Kugel auf sie zuflogen. Sie und Access waren so eben mit ihrer Trainingseinheit bei Rill fertig. Es ist bereits eine Woche her, seit sie sich von ihren Schützlingen verabschiedet hatten und Access hatte es bereits geschafft, von Schwarzengel zum weißgeflügelten Grundengel aufzusteigen. „Hey, habe ich euch vermisst!“, sagte Fin und fiel ihrer Freundin in die Arme. „Ich habe euch auch vermisst!“, sagte Cersia und beide genossen die Wiedersehensumarmung herzlichst. Plötzlich tauchte eine Rose neben Fin’s Gesicht auf, es war Toki der ihr sie hinhielt: „Besonders ich habe dich vermisst, meine hübsche Fin!“ „Hallo Toki! Vielen Dank.“, sagte die Grünhaarige peinlich berührt. „Nanu-“ Zu ihrer Überraschung sah sie zwei Paar weiße Schwingen vor sich. „Ihr seid ja auch Grundengel! Das letzte Mal als ich euch sah, wart ihr noch Schwarzengel. Herzlichen Glückwunsch!“ „Ja, wir hatten schon mitbekommen, dass ihr wieder da seid und wollten euch überraschen, bis wir hochgestuft wurden.“, sagte Cersia augenzwinkernd und fügte ehrlich hinzu: „Übrigens, auch dir herzlichen Glückwunsch für die weißen Flügel, Access!“ „Danke, wurde auch mal Zeit, was.“, sagte Access stolz. „Das du es überhaupt zum Grundengel geschafft hast wunder mich.“, kommentierte Toki amüsiert. „WAS SOLL DAS DENN BITTE BEDEUTEN!!“ Unbeeindruckt von Access’ Wutausausbruch sprach er zu Fin gewandt weiter: „Seid ihr jetzt auch zu Michael-sama unterwegs? Dann ist es ja wie in alten Zeiten, meine hübsche Fin.“ „Ja, scheint so! Es ist wirklich schön alte Freunde wiederzusehen.“, sagte Fin mit einem erfreuten Lächeln. Daraufhin nahm Toki ihre Hand und überschüttete sie mit Komplimenten. „HEY, LASS MEINE FIN LOS!“, schrie Access und schob Fin von seinen Konkurrenten weg. Dafür erntete er jedoch eine Kopfnuss von seiner Angebeteten. „Ich bin nicht deine Fin!!“, rief sie Access mit Zunge ausgestreckt entgegen und flog davon.   *** Schon bevor Fin und Access zur Erde geschickt wurden waren sie mit Cersia und Toki unzertrennliche Freunde. Dass Fin vom Bösen König manipuliert wurde und Access zu Erde geschickt wurde, um die Wiedergeburt Eva’s zu beschützen, war ihnen bekannt, jedoch sprachen sie das Thema aus Respekt vor Fin’s Gefühlen nicht an. Neben dem Training mit Rill erhielten die Azubis spezielle Trainingseinheiten von Erzengel Michael, damit sie im Kampf Jeanne und Sindbad zur Seite stehen konnten. Generell beteiligten alle Engel unter dem Erzengelsstatus sich darin, da vorausgesetzt wird, dass -für den Fall der Fälle- alle Engel Gott und den Himmel verteidigen sollten. Diejenigen die große Stärke und Mut zeigten wurden von Michael in seine Truppen eingewiesen.   „Puh, Michael-sama kann schon zu einem richtigen Monster werden, findest du nicht Fin-Schätzchen?“, sagte Access, erschöpft vom Training. „Ich denke, als stärkster und mächtigster Erzengel aller hat er einen Ruf zu bewahren. Sonst würde er uns allen nicht so ein Mammuttraining aufbrummen.“, sagte die Angesprochene ebenfalls erschöpft. „Wollt ihr was trinken? Toki und ich holen euch was!“, kündigte Cersia an und packte Toki am Arm. „Hey, hey, hey! Kannst du nicht alleine gehen? Ich wollte bei Fin bleiben!“, beschwerte sich dieser, während Cersia ihn ignoriert und gut gelaunt weiter weg flog. „Was für eine Nervensäge…“, murmelte Access leise vor sich hin, während Fin ihren Freunden belustigt hinterher schaute. „Irgendwie vermisse ich Maron…“, sagte Fin plötzlich, ihr Blick sehnsüchtig in die Ferne gerichtet. Access nickte zustimmend: „Ich vermisse Sindbad auch, aber wir sehen sie ja bald wieder. Sobald wir zum Himmelsengel aufgestiegen sind!“ „Ich hoffe dein Sindbad stellt keine Schweinereien mit meiner Maron an.“, entgegnete seine Sitznachbarin spitz. „Also! Er wird ihr schon nichts zu Leide tun! Ich kenne ihn gut!“, verteidigte Access seinen Freund. „Pah, wie der Engel so auch sein Besitzer! So wie er Maron belästigt hatte früher. Auf jeden Fall mag ich ihn nicht!“, deklarierte Fin hochnäsig. Access legte seine Arme ums Knie, stützte sein Kinn daran an und seufzte. „Genauso wenig wie mich…“, murmelte er mürrisch vor sich hin, sodass sie ihn kaum hörte. Fin drehte sich verwundert zu ihm um. Als sie was sagen wollte, kam Toki im nächsten Augenblick angeflogen mit was zu trinken und essen. „Hier liebste Fin! Ich habe alles besorgt was du magst!“   ***    Die Tage vergingen und die beiden Engel kamen ihrem Ziel zum Statusaufstieg immer näher. Auch Cersia und Toki schlossen sich kurze Zeit Rill’s Training an. Je mehr Energie sie sammelten, desto mehr wuchsen -aus unerfindlichen Gründen- Fin’s Haare und ihr Grünton verdunkelte sich. Von Tag zu Tag bekam sie -zu Access Bedauern- auch mehr und mehr Verehrer. An einem freien Nachmittag spazierte Access durch den Garten des Gottes-Palastes, genervt von Toki’s ständigen Flirtversuchen bei Fin und dass seine eigenen Versuche jedes Mal mit einer Kopfnuss von ihr endeten. Plötzlich hörte er hintern der Hecke zwei vertraute Frauenstimmen miteinander reden und kichern. „Die weißen Flügel stehen ihm ganz gut, findest du nicht?“ „Glaubst du?“ Neugierig spähte Access zwischen den Blättern hindurch. Es waren Fin und Cersia, die sich auf einer Picknickdecke niedergesessen hatten, aßen und sich ausgelassen unterhielten. Shoot!! Fin und Cersia! Hoffentlich haben die mich nicht gesehen oder bemerkt! Über wen sie wohl reden…über Toki? Frauengespräche ablauschen gehört sich ja nicht, aber ich will so gerne wissen worum es geht, dachte sich Access panisch, alle Moralen überdenkend. Letztendlich überwiegte seine Neugier und er beobachtete die Freundinnen weiter unbemerkt.   „Na klar! Ich finde die weißen Flügel machen ihn sogar attraktiver.“, sagte Cersia. Fin lief leicht rosa an. „Da hast du schon Recht, schätze ich.“, sagte Fin unsicher.   „Er gibt sich ziemlich viel Mühe um deine Aufmerksamkeit zu bekommen.“, merkte Cersia an. „Ja, aber nervig ist es schon manchmal.“, stöhnte Fin auf. „Aber…In gewisser Weise ist es allerdings auch süß…“, gab sie kleinlaut zu, ihr Gesicht rot angelaufen. Cersia kicherte und schaute ihre Freundin mit einem Lächeln an: „Also magst du ihn!“ Ertappt zuckte die Grünhaarige zusammen. „Ne- Nein! Also- Keine Ahnung! Totaler Quatsch!“, stammelte sie vor sich her, die Hände schützend vor sich gehalten. Cersia grinste bei der Reaktion noch mehr, welche für sie eine Bestätigung zu ihrer Frage war. „Ihr gebt ein hübsches Paar ab!“ Bei der Bemerkung verzichtete Fin auf eine Antwort, schaute Verlegen weg, rot wie eine Tomate und widmete sich ihrem Keks.     Access, der sich immer noch hinter der Hecke befand, war ebenfalls rot angelaufen, gespannt darauf mehr zu hören. Alter, um wem geht es hier?! Bestimmt ist um Toki, wen sonst?!?! Die große Frage für ihn war, wen liebt Fin? Plötzlich vernahm er eine bekannte Männerstimme hinter sich: „Access? Was machst du da?“ Erschrocken fuhr der Angesprochene zusammen, fiel zu Boden und schrie unbewusst auf: „TOKI! ERSCHRECK MICH NICHT SO!“ Ein Schatten breitete sich im nächsten Moment über ihn aus. „Was machst du da?“, hörte der Dunkelhaarige Fin hinter sich sagen. Zaghaft drehte Access sich um, um zwei tödlich blickende Augen anzutreffen. „Wie der Besitzer, so auch sein Engel, also.“, merkte sie trocken an. „Ehm- das ist nicht so wie du denkst!“, versuchte er sich zu retten, jedoch zu spät. „FIN-FLASH!!“ Bis in den Abendstunden lag Access noch K.O. auf dem Rasen.   Der Tag der Abreise war gekommen. Fin schaffte es von den vieren als erste zum Himmelsengel aufzusteigen, Tage später folgten Cersia und Toki, bis auch Access nach viel Mühe es schließlich geschafft hatte. Die Freude war groß, wieder auf die Erde zurückgeschickt zu werden. Fin und Access bekamen von all dem, was ihre Partner die letzten Wochen durchgemacht hatten, jedoch nichts mit. Cersia und Toki wurden ein Tag im Voraus für eine Mission auf die Erde geschickt, die ihnen Erzengel Gabriel zugeteilt hatte.   ***    „Ach, ich freue mich so wieder bei Maron zu sein!“, rief Fin gutgelaunt, als die beiden die Sphäre zwischen Himmel und Erde durchquerten. „Vergiss nicht die leckeren Pfannkuchen! Chiaki macht die Besten!“, rief Access voller Vorfreude. „Ich wette, Maron macht bessere!“ „Die Wette verlierst du!“   Auf einmal kam eine Lichtkugel auf sie zugeflogen. „Fin! Access!“, es war Toki. „Cersia wurde von einem Menschen verschleppt!“ „WAS!?“, rief Fin geschockt. „Wir müssen ihr helfen! Wo ist sie?“, fragte sie den kurzhaarigen Engel, der ihr die Richtung zeigte. „Ey, warte! Was ist mit Jeanne und Sindbad?!“, entgegnete Access und packte Fin am Handgelenk, „Wir haben doch unseren eigenen Auftrag!“ „Ja, aber ich kann meine Freundin nicht hilflos sich selbst überlassen! Außerdem können die beiden noch ein oder zwei Tage ohne uns auskommen, oder?“, sagte Fin stur und ließ von seiner Hand los. Access stöhnte verärgert auf, gab jedoch nach und flog den beiden hinterher. Zufälligerweise waren sie auf dem Weg in eine kleine Vorstadt, nicht weit von Momokuri entfernt. Toki führte Access und Fin zu einem traditionell-japanischen Grundstück, mit Schrein, Garten und Brunnen. Unmittelbar angrenzend befanden sich Wälder und Berge.   Die drei Engel schrumpften in ihre kleine Form und versteckten sich hinter einem Busch. Hier in diesem Umfeld befindet sich ungewöhnlich heilige Kraft…, merkte Fin an und schaute sich vorsichtig um. „Was machen wir?“, fragte Access. „Mein Plan ist so: du gehst rein, suchst Cersia, holst sie, während ich auf Fin aufpasse und warte.“, kam es von Toki. „Ich lasse Fin auf keinen Fall mit dir allein!“, rief Access entsetzt. „Hey, ich kann auch mich allein aufpassen!“, merkte Fin genervt an. Vor lauter Gezanke merkten die drei Himmelsengel nicht, dass sich jemand hinter ihnen näherte, bis sie vorsichtig an den Flügeln gepackt wurden.   „Ihr seid bestimmt Freunde von Cersia.“, sprach eine sanfte Männerstimme. Der junge Mann legte sie behutsam auf seine Handfläche. Er hatte nackenkurzes hellbraunes Haar, braune Augen und ein sanftes, freundliches Lächeln. Ebenso trug er eine traditionelle Yukata als Gewand. „Ich bin Sagami Kugahara.“, stellte er sich höflich vor. Bei Erwähnung seines Namens, bekam Fin einen rosa Touch um ihre Wangen und ihr Herz find an laut zu pochen. Was war das…, fragte sie sich verwundert. „Wo hast du Cersia versteckt?“, rief Toki und schwebte vor Sagami seinem Gesicht. „Genau, gib uns unsere Freundin wieder!“, schloss sich Fin an, für einen Moment hatte sie vergessen weshalb sie hier waren. Ehe man sich versah, hatte die Engel Sagami am Finger gebissen. Dieser schaute belustig zu ihnen herab. „Ich habe sie nicht entführt. Ich bringe sie zu euch.“, sagte er mit einem Lächeln. Wieder klopfte Fin’s Herz lautstark. Schon wieder…Warum...   Sagami führte sie ins Haus rein, auf einem Tisch lag Cersia, mit einem Taschentuch bedeckt, die in dem Augenblick hochschreckte. „Access! Fin! Toki!“, rief sie panisch und orientierungslos. „Geht es dir gut?“, erkundigte Fin sich bei ihrer Freundin. „Ja…Der Wechsel durch die Sphäre hat mich doch etwas überwältigt…und die Luft auf der Erde ist auch anders. Entschuldige, Leute.“, sagte Cersia beschämt. „Das macht doch nichts.“, beruhige Fin sie und zupfte ein Haar von ihrem grünen Schopf heraus. Ein Haar?, dachte sich Sagami und beobachtete das folgende Geschehen neugierig. Sobald Fin Cersia ihr Haar gab, war diese von einem Licht umhüllt und stand auf beiden Beinen. „Puh, tut das gut! Danke für deine Energie.“ Bei der Aussage weiteten sich die Augen des jungen Mannes. Fin drehte sich zu ihm um: „Sagami! Tut mir leid, dass wir dich gebissen haben…“ „Schon vergessen!“, sagte der Angesprochene gelassen und tauchte seinen blutenden Finger in ein Eimer Wasser ein. Mit Erstaunen konnten die Engel beobachten, dass die Wunde sich verschloss. „Das ist geweihtes Wasser…“, stellte Fin leise fest. „Ob ihm das die Macht verleiht uns zu sehen?“, fragte Access. Sagami der seine Hand abtrocknete, schaute kurz zu den beflügelten Wesen auf und lächelte. Wieder klopfte Fin’s Herz. „Access…Toki…Habt ihr was gehört?“ „Hm? Nein…Was meinst du?“, kam es von beiden perplex zurück. Was ist nur los…mein Herz klopft… Sie konnte sich die Reaktion ihres Körpers nicht erklären.   Der Schreininhaber bot den vier Freunden was zum Essen und Trinken an, während er ihnen einige Fragen über ihr Engelsdasein stellte. Freundlich nahmen sie die Gastfreundschaft dankend an und Fin beantwortete all seine Fragen. So waren sie auch bei dem Thema, dass Engel unterschiedliche Energiemengen haben -je nach Individuum- und wie sie einander die Energie übertragen können. So wurde auch offenbart, dass Fin von allen vier die meiste Energie besaß. „Diese Energie wird in den Haaren gespeichert! Je weißer die Haare, desto mehr Energie!“, erklärte Fin, den Zeigefinger wissend hochgestreckt. „Aber du doch grün...“, stellte Sagami amüsiert fest. Beschämt drehte sich Fin weg, während Cersia ihm leise erklärte: „Fin ist ein Sonderfall! Ihre Haare fingen von Anfang an sich grün zu verfärben…Deshalb mag sie ihre Haare nicht.“ Ich hasse meine Haare…, dachte Fin wehmütig, als Sagami vorsichtig über ihre Haare strich. Diese -nahezu liebevoll wirkende- Geste entging den beiden männlichen Engeln nicht. „Also, ich finde sie sehr schön!“, sagte der junge Mann ehrlich. Verlegen über das Kompliment, fuhr sich Fin über die Haare und bedankte sich mit einem aufrichtigen Lächeln. Mit mürrischer Miene beobachteten Access und Toki die Interaktion zwischen ihrer Herzensdame und dem Menschen.   „Fin! Lass uns gehen, Cersia geht’s wieder gut!“, sagte Toki. „Genau! Außerdem müssen wir zu Jeanne und Sindbad!“, stimmte Access ungeduldig zu, ausnahmsweise war er mit seinem Rivalen eine Meinung. Es sind mittlerweile einige Stunden vergangen, seit sie Cersia halfen. „Nein!“, sagte Fin bestimmt. „Wir bleiben bis morgen oder spätestens übermorgen, Access! Wir helfen Toki und Cersia bei ihrer Mission und helfen gleichzeitig Sagami.“ „Was ist eure Mission überhaupt?“, fragte Access interessiert. „Oh, Gabriel-sama bat uns in dieser Gegend noch einer ungewöhnlichen Kraft Ausschau zu halten und dessen Quelle ausfindig zu machen.“, teilte ihm Cersia mit. Nachdenklich schaute Toki sich um: „Ich habe, das Gefühl es hat was mit dem Weihwasser hier zu tun…irgendwas stimmt aber nicht…“ „Das Wasser stammt aus einer Quelle in der Nähe des Schreins. Oh, schaut! So viele Menschen kommen hierher für das geweihte Wasser! Sagami ist ein wahrhaftig guter Mensch…“, sagte Fin, unbeeindruckt von dem, wovon ihre Freunde sprachen und beobachtete die immer wiederkehrenden Besucher.   Rot vor Eifersucht sagte Toki: „Du darfst dich nicht in ihn verlieben!“ „Wie kommst du darauf, dass…“, wollte Fin die Behauptung abwinken als ihr Gegenüber ein Foto hervor holte. „Er hat eine Freundin! Ich habe dieses Foto gefunden!“ Darauf war ein junges hübsches Mädchen, mit langen dunklen Haaren zu sehen, die ein Kendo-Gewand trug. Ein undefinierbares Gefühl durchdrang Fin, als sie das Foto betrachtete. „Das ist…“ „Meine Schwester.“, vollendete Sagami Toki’s Satz. „Meine Schwester Natsuki ist vor drei Jahren gestorben. Ich hatte mich um sie gekümmert als unsere Eltern vor zehn Jahren verstarben. Nun bin ich seit ihrem Tod alleine.“, erklärte er traurig. „Vielleicht ist sie jetzt ein Engel!“, kam es von Cersia aufmunternd. „Ein Engel?“ „Ja! Engel waren früher Menschen!“, wendete Fin ein und erklärte, „Menschen die mit einer reinen Seele starben, haben die Chance Engel zu werden. Je reiner die Seele, desto eher wird man zu einem höherrangigen Engel. Ebenso…“ Sie hielt kurz inne und sprach anschließend sanftmütig weiter: „Sagami… Engel können auch als Menschen wiedergeboren werden, in der Näher der, die sie geliebt haben. Wenn sie viel Kraft und Energie gesammelt haben… Ich bin mir sicher du triffst deine Schwester wieder!“ Der weibliche Engel schenkte dem jungen Mann ein warmes, ehrliches Lächeln. „Danke, Fin.“ Beide lachten. Du wirst sicher auch ein Engel, Sagami. Du bist so gut, so warmherzig…wieso klopft dann mein Herz so laut?, ging es Fin durch den Kopf.   In den Abendstunden kam es zum Streit zwischen Fin, Toki und Access. Ausgelöst dadurch, als Fin beschloss Sagami ein Teil ihrer Kraft zu geben, mit dem Vorwand, dass das Weihwasser zur Neige ginge. „Du bist sowas von Stur! Du vernachlässigst unsere Mission!“, sagte Access wutentbrannt. „Dann fliege doch alleine zu Sindbad und Jeanne zurück, wenn es dich glücklich macht! Ich komme später sowieso nach!“, entgegnete Fin trotzig. „Fein! Das mache ich auch!“, und somit flog Access aufgebracht davon. „Du solltest mit ihm zurückfliegen. Wir haben ja unsere eigene Mission und wir kommen schon klar!“, versuchte Toki auf Fin eindringlich einzureden, diese lässt jedoch nicht umstimmen. Auch Cersia schloss sich Fin’s Idee an, was den Kurzhaarigen nach mehr aus der Bahn warf. Resigniert nahm er Fin’s Hand und sagte: „Ich liebe dich! Bitte, bitte bring dein Leben nicht in Gefahr! Oder…Oder liebst du diesen Menschen so sehr!“ Überwältigt von seinen Worten riss Fin sich los. „Ich gehe zu Sagami!“, sagte sie überstürzt und flog davon. „FIN!“ „So warte doch!“ Zurück blieben Cersia und Toki in Sagami's Garten stehen.   „Wie schön…wie sehr die kleine Fin mir vertraut. Ein perfektes Opfer!“, sagte eine bekannte Stimme amüsiert von hinten. Erschrocken drehten sich die beiden Engel um. Sagami stand ihnen mit einem finsteren Grinsen gegenüber, die Augen leuchtend rot. Verdammt das ist eine Falle, dachte sich Toki verbissen. Ehe sie zur Verteidigung ansetzen konnten, wurden die beiden Engel durch eine Druckwelle an die nächste Wand geschleudert. Cersia war sofort bewusstlos. Wer kann uns nur helfen? Fin ist in Gefahr! Access! Mit letzten Kräften versuchte Toki, telepathisch mit Access in Kontakt zu kommen, bis schließlich alles schwarz vor Augen wurde.   ***    Zur selben Zeit kam Access in Momokuri an und hielt nach den beiden Kaitos Ausschau, rief nach ihnen, da keiner zu Hause anzufinden war. Plötzlich hielt er mitten in der Luft inne. Vor seinem inneren Auge spielten sich fremde Bilder ab. Bilder vom Streit, wie Fin Richtung Quelle abhaute und wie Sagami sein wahres Gesicht zeigte. Toki? Cersia? FIN! Verdammt sie brauchen Hilfe, dachte er sich verzweifelt und suchte ehrgeizig weiter nach Jeanne und Sindbad. Er musste sich beeilen, seine große Liebe schwebte in Lebensgefahr! Als Access endlich sie fand und ihnen die Situation erklärte, machten sie sich sofort auf den Weg. Fin ich komme!   Dieses Gefühl…hört nicht auf…Was ist das?! Fin’s Herz raste nun wilder als vorher. Sie flog so schnell, sie merkte nicht, dass sie in der Höhle angekommen war, in der sich auch die Quelle des Weihwassers verbarg. Wieso rast ihr Herz so? Was ist das für ein unangenehmes Gefühl in ihrer Brust? Ein Stechen durchfuhr ihren Kopf. „Sagami? Sagami!“, rief Fin in die Leere und flog tiefer in den Gesteinstunnel hinein. „Komisch…wo ist er bloß?“ Unbewusst dachte sie an Toki’s Worte zurück. „Oder liebst du diesen Menschen so sehr!“ Das stimmt nicht, Toki…, Fin lächelte bedrückt, ich liebe nicht Sagami, sondern… Auf unnatürliche Weise brachen Gesteinsbrocken plötzlich auf sie herunter, die sie zu Boden drückten.   „Ah! Au…“, schmerzerfüllt versuchte Fin aufzustehen, zum Glück kamen ihre Flügel heil davon. „Ich…“, setzte sie an, stoppte allerdings sofort als aufblickte. Vor ihr war ein Mädchen in Eis gefangen. Am unteren Ende schmolz das Eis und tropfte in einem Gesteinsbecken herunter, in der es sich sammelt. „Natsuki…“, sprach Fin unbewusst. „Warum-…“ Ihr Blick wanderte von Natsuki entsetzt runter zum Wasserbecken. Das geschmolzene Eis wird zu Weihwasser…Aus dem Wasser strömt ungeheure Kraft… Das muss Gabriel-sama gemeint haben, als sie Cersia und Toki ihren Auftrag gab…Das heißt…Ich…Ich…? Fin’s Herz schlug immer wilder, lauter, gleichzeitig wurde Stechen in ihrem Kopf intensiver, nahezu unerträglich.   Sagami tauchte vor ihr auf, kam stolz auf sie zu und sagte er: „Da siehst du es…Natsuki hilft mir auch nach ihrem Tod. Sie hat sich Gott geopfert, damit das Weih-“ „DU LÜGST!“, unterbrach Fin ihn wütend „Sie hat sich nicht geopfert! Du hast sie getötet!!“ In Rage sprach sie weiter: „Menschen zahlten für das Weihwasser Millionen. Da aber das Eis so langsam schmolz, reichte das Wasser nie aus. Bis du dir dachtest, dass ein Opfer gebracht werden musste. Dasselbe Opfer, wie du auch vor zehn Jahren gebracht hattest…Wegen des Geldes mussten Natsuki und eure Eltern sterben…“ Überrascht von ganzen ihrem Wissen fragte Sagami: „Woher weißt du das?“ „Ich bin Natsuki, Großer Bruder!“, schrie Fin ihm entgegen.    Sagami fing an lauthals zu lachen. Es war ein boshaftes Lachen, dass Fin einen Schauer über den Rücken brachte. Seine Augen fingen an rot zu leuchten, blickten sie boshaft an. Schwarze Staubpartikel wirbelten um ihn herum. „So ist das also! Dann opfere dich erneut, kleine Schwester! So wie die beiden!“, er zeigte nach oben auf. Fin schaute hoch und fand zu ihrem Entsetzen Toki und Cersia ebenfalls in Eis gefangen. Nein…! Das Herzklopfen war eine Warnung! Und jetzt sich Cersia und Toki Tod! Das ist alles meine Schuld! Angst breitete sich in ihrem Körper aus, sie fing an zu zittern. „Deine Haare sind eine wertvolle Energiequelle. Mit deinen Haaren und meinem Weihwasser werde ich vollkommene Macht haben. Macht für meinen Meister!“, sagte Sagami, als er Fin packen wollte. Der Engel stieß seine Hand mit einer Energiewelle ab und versuchte panisch von ihm davon zufliegen. Dieser warf eine dunkle Energiekugel auf sie, ehe sie sich in ihre Himmelsengelform verwandeln konnte. Sie wurde unsanft an die Wand geschleudert. Als Fin zu Boden fiel, griff Sagami an ihren Haaren und zog den Engel zu sich zurück hoch, die andere Hand holte ein Messer aus der Tasche hervor. Diese versuchte verzweifelt sich gegen ihn zu wehren. „NEIN!!“ Das Messer positionierte sich näher an ihre Haare. Ist das meine Strafe für meine Sünden…? Nein…! „HILF MIR!! ACCESS!!“, schrie sie tränenüberströmt.   Wie als wurden ihre Gebete erhört, kam ein Bumerang angeflogen und traf Sagami’s Hand, das Messer fiel zu Boden. „WER WAGT ES-“ Ein Lichtstrahl kam von der Seite angeschossen und warf Sagami in die nächste Wand, er ließ Fin vor Überraschung los. Jeanne, Sindbad und Access tauchten aus dem Höhleneingang auf. „FIN!!!“, rief der Engel und fing seine Angebetete mit beiden Armen in der Luft auf. „Wir kümmern uns um ihn! Pass bitte auf Fin auf!“, hörte sie Jeanne sagen. „Acc-…Access! Jeanne! Sindbad!“, brachte diese schwach hervor. „Komm, ich bringe dich hier weg.“. Access trug Fin vom Kampffeld weg. Sagami hatte sich unterdessen in einen großen drachenähnlichen Dämon verwandelt, umhüllt von rot-schwarzen Flammen. „ARGH!!! MEIN WEIHWASSER! ENGELSENERGIE! EVA’S SEELE! GOTTES MACHT! ICH WERDE MEINEM MEISTER AZAZEL VOLLKOMMENE MACHT ÜBERREICHEN!!!“, schrie es wahnsinnig umher. „Du wirst hier keinen Unheil mehr anrichten“, rief Jeanne und setzte zum Angriff an.   Jeanne versuchte die ideale Gelegenheit zu finden, um ihr Schachmatt zu setzen, während ihr Sindbad Rückendeckung gab und den Dämon ablenkte. Benommen schaute Fin den Kaitos zu, wie sie nach viel Mühe den Schachmatt setzen konnten. „Nanu?“, kam es von Jeanne verwirrt. Der Dämon wurde wie gewöhnlich in eine Rauchsäule umhüllt, als sich diese in weiße Partikeln auflöste, war anstatt Sagami’s Körper ein Haufen Asche vorzufinden. „Wo ist er? Haben-… Haben wir ihn getötet?“, fragte Jeanne Sindbad fassungslos. „Hmm… Anscheinend wurde er selbst zu einem Dämon… über die Jahre muss nichts Menschliches in ihm übrig geblieben sein.“, erklärte er sich ruhig und gleichzeitig außer Atem. Jeanne warf Fin einen besorgten Blick zu und lief auf die beiden Engel zu, die auf dem Boden saßen. „Fin! Es tut mir leid, Sagami-“ „Jeanne…Ist schon ok. Er… Er hat seine Strafe bekommen!“, sagte der weibliche Engel, immer noch verletzt in Access Armen liegend, den Kopf an seine Brust gelehnt. Eine kleine Träne schlich sich herunter. Access drückte Fin näher an sich. Nach einer Weile sprach er auf sie ein: „Tut mir leid, dass wir uns gestritten haben…und dass ich abgehauen bin. Ich hätte bei dir bleiben sollen!“ Fin wollte was erwidern, dass alles ihre Schuld war, doch Access sprach unbehindert weiter: „Ich hätte mir nie verziehen, wenn der Kerl dir was angetan hätte. Fin…“, er atmete tief ein, “ich liebe dich! Ich liebe dich, Fin Fish!“ Mehr Tränen sammelten sich in den Augen und rollten Fin das Gesicht herunter. Zaghaft hob sie ihre Arme und schlang sie um Access. Langsam hob sie ihren Kopf und schaute ihrem Gegenüber in die Augen: „Ich liebe dich auch! Die ganze Zeit über…habe ich nur dich geliebt!“ Überwältigt von der Liebesbekundung und den aufkommenden Gefühlen, beugte sich Access herunter und versiegelte seine Lippen mit der ihrer zu einem Kuss.   Ach, wie schön…ein Happy End…, dachte sich Jeanne und schenkte dem Engelspaar ein warmherziges Lächeln. Sindbad, der sich seine Freude für seinen besten Freund nicht anmerken lassen wollte, stand cool an der Wand gelehnt mit einem leichten Grinsen im Gesicht.   Die vier schafften es die Cersia und Toki aus dem Eis zu befreien, die zum Glück noch am Leben waren. Auch Natsukis Leiche bargen sie aus den Eisschichten und begruben das junge Mädchen vor dem Höhleneingang. Cersia und Toki flogen zurück zum Himmel, da ihre Mission in gewisser Weise erfüllt wurde. Lange stand Fin nachdenklich vor dem Grab ihres vorigen Lebens, bis Jeanne ihr mit einem liebevollen Lächeln dazu bat nach Hause zu gehen. Auf dem Weg drehte sich die Grünhaarige noch ein letztes Mal zu ihrer Vergangenheit um. Ruhe in Frieden, Natsuki Kugahara …, verabschiedete Fin sich und flog mit Access Hand in Hand in die Nacht hinein.     Chapter 10: Stronger Than Heaven -------------------------------- Chapter 10: Stronger Than Heaven   „Ihr beide seid jetzt wahrhaftige Himmelsengel, richtig? Was hat der Status so alles auf sich?“, fragte Maron Fin neugierig, während sie Pfannkuchen briet und eine Kanne Kaffee und Tee kochte. Fin, die auf ihrer Schulter saß, sagte: „So einiges! Wir können zum Beispiel zwischen zwei Formen wechseln, der kleinen Hilfsengelform und der menschengroßen Himmelsengelform.“ „Oh, lass mal sehen!“ Auf Befehl entfernte die Grünhaarige sich von Marons Schulter und mit einem Puff stand sie als erwachsene Frau, in einem prachtvollen Kleid, vor ihr. Unbewusst tauchte das Bild des ehemals gefallenen Engels vor Maron‘s Augen auf, doch sofort verdrängte sie die Erinnerungen. Fin ist wieder ein guter Engel! Sogar ein wunderschöner…, ermahnte sie sich und schenke ihrer Freundin ein warmes, ehrliches Lächeln. „Ah…Du siehst wundervoll aus, Fin! Wie man sich einen Engel vorstellt!“ Vor Verlegenheit verkleinerte diese sich und setzte sich wieder auf Maron’s Schulter ab. „Danke...“, sagte Fin schließlich mit einem schüchternen, peinlich berührtem Grinsen, die Wangen leicht rosa angelaufen und setzte ihre Erklärungen fort: „Weitere Vorteile die der Status uns bringt, wären zusätzliche Fähigkeiten und Kräfte, wie Gedankenübertragung mit anderen Engeln oder Heilkräfte. Wir können auch Waffen hervorrufen! Meine Signaturwaffe ist Pfeil und Bogen, während die von Access ein Bo* ist. Das sind natürlich keine gewöhnlichen Waffen, sondern sind mit besonderen -teilweise heiligen- Elementen des Himmels versiegelt und geschmiedet.“ [*Bo = dieser langer Stab, wie Son Goku mal hatte] „Wow, das haut mich wirklich um!“, brachte Maron begeistert heraus und schwenkte die Pfanne. „Und wie lief die letzten Wochen die Dämonenjagd ab? Kamt ihr gut klar?“ „Ja, besonders mit Noyn und Silk hatten wir so gut wie keine Probleme bisher gehabt. Er hatte uns auch nahezu das Leben gerettet als der erste Dämon auftauchte.“ Maron seufzte kurz. „Würde sich Chiaki bloß nicht so oft mit ihm streiten…“ „Wow, hätte nicht gedacht, dass er wirklich sein Wort hält.“, kommentierte Fin. „Aber na gut, so wie er sich vor euch hinwarf.“, fügte sie kichernd hinzu. Die Braunhaarige stemmte die Hände auf ihre Hüfte. „Ihr könnt ihm alle ein bisschen mehr vertrauen geben.“, sagte sie mahnend und lachte anschließend ebenfalls. „Unglaublich, wie die Dämonen sich das Dunkle in den Herzen der Menschen zu Nutze machen…einfach nur schrecklich.“ Der Engel schaute bedrückt aus dem Fenster. Maron dachte an den Moment zurück als Jeanne d’Arc zu ihr sprach und sie ihre Kraft gegen Fin freigesetzt hatte. „Ob ich es schaffe die heilige Kraft nochmal zu erwecken? Sodass die Welt komplett vom Bösen befreit ist…“ Fin schaute sie nachdenklich an. „Ich weiß es nicht…damals gegen mich hattest du auch nur ein Minimum deiner Kraft erweckt.“ „Was?! Nur ein Minimum?“ Der kleine Engel nickte bekräftigend. „Dasselbe Minimum welches auch jedes Mal erwachte, wenn eine Reinkarnation von dir umgebracht wurde. Bisher hatte keine von deinen früheren Leben es geschafft Gottes Kraft komplett auszuschöpfen.“ „Und…Wie-Wieso hatte mir der Herr das damals nicht gesagt?“ „Ihr hattet erst einen schwerwiegenden Kampf hinter euch und viele Informationen wurden euch offenbart. Der Herr wollte dir auch nicht den Mut nehmen…“ Maron seufzte hörbar auf, ließ die Schultern sinken. Fin schaute aufmunternd zu ihr auf. „Lass den Kopf nicht hängen! Ich bin sicher du schaffst es die Kraft zu kontrollieren und ein weiteres Mal zu erwecken.“ Die Kamikaze-Diebin lächelte ihre Freundin dankbar an und machte die letzten Pfannkuchen fertig.    „Übrigens, du müsstest das Amulett fixen. Es reagiert nur noch wenn die Dämonen sich richtig zeigen, aber ihre allgemeine Präsenz kann es nicht mehr aufspüren.“ „Kein Problem, das werde ich schon machen!“, versprach ihr der Engel, flog auf die Arbeitsplatte zu und bestaunte die belegten Teller. „Das Frühstück sieht lecker aus! Wenn die Jungs sich noch mehr Zeit lassen, ist alles weggefuttert!“ „Ob du es glaubst, oder nicht, Chiaki ist der bessere Koch von uns beiden.“, sagte Maron lachend. „Wirklich?? Das glaube ich erst, wenn ich sie probiert habe!“, sagte Fin ungläubig, mit den Hintergrundgedanken, dass sie und Access eine Wette abgeschlossen hatten und sie diese ungern verlieren wollte. „Die wollten sich ja nur frisch machen und zurückkommen.“, merkte die Diebin an, als sie prüfend zur Tür schaute.   Es war bereits spät gewesen, als die Diebe und ihre Engel die Nacht zuvor zu Hause ankamen und da alle zu erschöpft waren, wollten sie sich ohne große Mühe schnell ins Bett begeben. Fin war nach wie vor noch angeschlagen von den Ereignissen der letzten Stunden, weshalb sie darauf bestand, dass Access sie beim Einschlafen in den Armen hielt. Dieser ließ sich die Bitte nicht zweimal sagen, weshalb er und Fin in Marons Obergeschoss schliefen und Chiaki mit Maron -wie gewohnt- in ihrem Zimmer übernachteten. Am Morgen darauf gingen der Kaito und sein Partner in die Nachbarswohnung, um zu Duschen und sich umzuziehen.    „Apropos, dein Freund…“, leitete Fin ein, „Ihr seid auch ja vorsichtig, wie ich dich gewarnt habe, oder?“ Die Augenbraue prüfend hochgezogen. Maron zuckte leicht zusammen, genau wissend worauf ihre Freundin hinaus wollte, und lief rot an. „Also Fin! Wie du gesehen hast, konnte ich mich ja noch verwandeln und Dämonen bannen. Demnach haben wir auch nichts angestellt, wenn du das hören wolltest!“ Was zwar der Wahrheit entsprach, doch als Maron sich an manche Abende zurückerinnerte, wo ihr „Rumgemache“ hitzige Höhepunkte erreichten, wurde sie noch roter. Die Küsse und Liebkosungen wurden von Zeit zu Zeit intensiver und leidenschaftlicher. Seine Berührungen brannten wie Feuer auf ihrer Haut. So kam es unter anderem nicht selten vor, dass beide oberkörperfrei im Bett lagen und dass Chiaki ihr am Hals, Nacken und anderen Körperstellen diverse rote Flecke -„seine Markierungen“, wie er sie schelmisch nannte- auf ihrer Haut hinterließ, die sie zum Glück unter ihren Haaren, mit Make-Up oder Klamotten verstecken konnte. Beide wussten, dass sie nicht weiter gehen durften, weshalb sie auch immer darauf bedacht waren, die Kontrolle über die Situation aufrecht zu erhalten. Selbst wenn die Dämonen nicht im Weg wären, so wäre Maron auch so noch nicht bereit mit Chiaki zu schlafen, was er respektierte.   „Also, ich finde der soll dir ja nicht zu nahe treten, sonst bekommt er es mit mir zu tun!“ Fin’s meckernde Stimme rissen Maron aus den Gedanken. „Du bist gemein, Fin. Wieso magst du Chiaki nicht?“ Diese zuckte trotzig mit den Schultern. „Er ist nicht nur mein Freund, sondern auch Access‘ bester Freund, dementsprechend solltest du auch mit ihm klar kommen. Wir sind schließlich ein Team!“, belehrte Maron sie augenzwinkernd. „Ihr könnt ja wenigstens Freunde werden.“ „Vielleicht…“  „Seid ihr schon fertig?“, hörten sie Chiaki’s Stimme plötzlich aus der Wohnung. Überrascht drehte Maron sich um, ließ vor Schreck fast ihre Tasse fallen. „Wie bist du denn reingekommen? Ich habe den Schlüssel nicht gehört….“, fragte sie ihren Nachbar, der in die Küche reinkam und gab ihm einen Kuss. Dieser grinste frech. „Über den Balkon geht es schneller.“ Maron verdrehte amüsiert die Augen. „Wozu habe wir uns unsere Zweitschlüssel ausgetauscht, wenn du dauernd über den Balkon kommst. Das dich noch keiner gesehen und die Polizei gerufen hat, wundert mich.“ Chiaki lachte. „Na endlich, wurde ja auch Zeit.“, sagte Fin und flog auf Access zu, der in die Küche reinkam, um ihm einen Begrüßungskuss zu geben. Ungewohnt mit ihrem neuen Beziehungsstatus lief der Dunkelhaarige rot an und grinste, wie ein Honigkuchenpferd, über beide Ohren. Die vier saßen sich hin, begannen gutgelaunt zu Frühstücken und tauschten sich untereinander aus über das, was sie in den letzten Wochen erlebt hatten.   ***   Gegen Mittag traf sich das Diebespaar mit Miyako und Yamato zum Eislaufen, da die Mädels seit längerem ein Doppeldate geplant hatten. Fin und Access begleiteten ihre Partner, flogen in ihrer kleinen Form neben ihnen her. Miyako und Yamato, die beide vor der Eislaufhalle warteten, machten große Augen als ihre Freunde allmählich dazu kamen. „Sag mal Miyako, du siehst auch solche leuchtenden Kugeln neben ihnen umherfliegen, oder?“, fragte der Klassensprecher seine Freundin leise.  „Ehm, Ja…das sind Maron’s und Chiaki’s Engel. Fin und Access heißen sie.“ „Hey, tut uns leid falls ihr lange warten musstet.“, begrüßte Maron das Paar und gab ihnen jeweils eine Umarmung.  „Keine Sorge, wir sind auch erst angekommen. Aber sage mal…“ Miyako trat einen Schritt näher und beugte sich zu den beiden vor, ihr Blick wanderte inspizierend zwischen den beiden Leuchtkugeln hin und her. Yamato tat dasselbe, die Augen jedoch weit aufgerissen. „Träume ich oder sehe ich die beiden wirklich? Die Grünhaarige erkenne ich ja wieder.“ „Ich sehe wirklich Engel vor mir!“, brachte der Braunhaarige laut hervor. „SHHH!“ Chiaki und Maron schauten sich in alle Richtungen um, stellten sicher, dass niemand den vier Jugendlichen Beachtung schenkte. „Oh, ihr könnt uns jetzt sehen.“, sagten Fin und Access beiläufig im Chor. Yamato klappte die Kinnlade herunter, vor ihm schwebten wahrhaftige Engel! Auch Miyako stand wie versteinert da. Nicht nur konnten sie sie sehen, sondern auch hören. Chiaki musste sich ein Grinsen verkneifen, während Maron über die Reaktionen ihrer Freunde herzlichst lachte. „Okay, da können wir euch ja ordentlich untereinander vorstellen. Leute, das sind Fin Fish und Access Time. Sie sind seit gestern wieder hier.“, ergriff sie das Wort. Mit einem Grinsen und Winken begrüßten die beiden Engel die Menschen vor ihnen. „Wir sollten langsam mal rein gehen, ich friere mir sonst alles ab.“, kam es von Chiaki, um zum einen, von der Faszination abzulenken und zum anderen, weil ihm wirklich kalt wurde.    Kurze Zeit später waren die vier Schüler auf der Eisfläche, unterdessen saßen Fin und Access auf der Absperrung und schauten ihnen amüsiert zu. Während die Mädels standfest auf dem Eis waren, so mussten sich ihre Freunde an ihnen oder der Absperrung festhalten. „Hahaha. Eislaufen würde ich auch gerne mal probieren! Sieht richtig spaßig aus!“ „Lieber nicht! So wie sich Sindbad eben hingelegt hat…Nein danke, will ich mir das nicht antun.“ Fin rückte näher zu Access ran und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Dieser legte liebevoll seinen Arm um ihre Taille und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.   „Irgendwie hat sich in der Zeit, in der wir nicht da waren, schon einiges verändert.“ Access schaute Fin fragend an. „Was meinst du damit?“ „Naja, zum Beispiel äußerlich scheinen alle von ihnen erwachsener und größer zu wirken. Yamato ist sogar schon einen Kopf größer als Miyako.“ „Sowas nennt man unter Menschen ‚Pubertät‘, Fin-Schätzchen.“ „Ach, lass mich doch mal ausreden! Auch innerlich hat sich was getan. Ich finde Maron viel fröhlicher, seitdem sie keine Geheimnisse mehr vor ihren Freunden hat. Total frei und ausgeglichen! Na gut, wahrscheinlich hat es auch was mit deinem Partner zu tun. Oder Yamato, als wir ihn zum ersten Mal antrafen, war er die graue Maus in Person. Jetzt ist der Junge mit Miyako zusammen! Und sie scheint ihr Temperament auch runtergeschraubt zu haben. Es gab genug Gelegenheiten, in den letzten Minuten, wo sie sich hätte aufregen können.“ „Hm. Wo du es jetzt ansprichst…Sindbad scheint mir auch glücklicher, emotional aufgeweckter. Insbesondere seit dem Tag, als er Maron kennenlernte. Vorher waren ihm seine Mitmenschen so gut wie egal und er hatte nur für sich gelebt.“ Der Engel kicherte fies. „Ich hatte mich darauf gefreut, in meiner Himmelsengelform ihm stehend auf den Kopf spucken zu können.“ Fin stieß ihrem Freund mit dem Ellenbogen gegen die Rippen. „Du bist so albern!“ Access lachte. „Zu meiner Überraschung standen wir uns fast in Augenhöhe gegenüber. Naja…ihm auf dem Kopf spucken, könnte ich immer noch fliegend.“ Auch Fin fing an zu lachen. „Du bist nicht nur albern, sondern auch super kindisch!“ Grinsend hab Access ihren Kinn hoch und gab ihr einen Kuss. Diese erwiderte ihn zärtlich.   „PPSSSSHT! Hey!“ Eine krächzende Stimme war hinter den Engeln zu hören. Verwundert drehten sie sich um und erblickten Silk hinter einem großen Werbeposter versteckt. „EINE RIESENECHSE!!“, kreischte Fin erschrocken auf. „ICH BIN KEINE ECHSE, SONDERN EIN DRACHE!“ Mit einen Puff verwandelte Silk sich in seine menschliche Form, versteckte sich allerdings weiterhin hinter dem Poster. Die vier Freunde hatten das Gekreische mitbekommen und begaben sich neugierig an die Absperrung. „Der Junge hat ja ein Horn!“, kam es von Yamato. „Ehm, ja, der ist sowas wie Noyn’s Haustier.“, erklärte Chiaki.   „Ich bin kein Haustier, sondern ein Drache!“, fauchte Silk beleidigt, während er versuchte sein Horn mit den Händen zu verstecken. „Hast du ein Dämon gefunden, Silk?“, fragte Maron mit einem freundlichen Lächeln. „Ein Dämon! Nein, sogar fünf!“ „FÜNF?“, rief Access aus allen Wolken fallend. „Ja, ist eine kleiner Yakuza-Bande am Stadtrand. Ich kann euch Rückendeckung geben, wenn ihr wollt.“ „Das ist sehr nett von dir, Danke.“, sagte Maron. „Soll ich meinen Vater dann dahin schicken?“, fragte Miyako, entschlossen ihren Freunden behilflich zu sein. „Wir geben dir Bescheid, wenn dein Vater kommen soll.“ Sofort machten sich alle auf die Jagd bereit.   „Puh…Das war anstrengend!“, sagte Sindbad zu Jeanne während sie sich mit den anderen auf den Weg nach Hause machten. Der letzte Dämon von fünf war gebannt und die Polizei war auch vor Ort, um die Yakuza zu verhören. „Ja…. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Dämonen öfters in Gruppen angreifen werden. Schließlich sind wir auch mehr geworden.“, entgegnete diese mit einem erschöpften Lächeln. „Dieses Wochenende ist nicht so unsers, oder Fin-Schatz.“, kam es von Access schlecht gelaunt, „Zuerst die Sache mit Sagami und nun wären uns fast ein paar Dämonen weggeflogen! Wieso mussten die plötzlich noch Flügel rauswachsen lassen und unglaublich schnell sein?!“ „Aber gut dass wir Silk dabei hatten. Wären er und ich nicht dabei gewesen, dann wären die uns komplett entwischt. Du machst dich ziemlich gut als Sniper!“, sagte die Grünhaarige zum Drachen ehrlich. „Wie du ihnen durch die Flügel geschossen hattest….Vielleicht sollte ich mir ein paar Techniken von dir abgucken.“ „Ehm, D-Danke.“, sagte dieser berührt, er war es nicht gewohnt Komplimente zu bekommen. „Silk, was machst du überhaupt den ganzen Tag, während Noyn nicht zu Hause ist? Bist du auch gut versorgt?“, fragte Jeanne ihn. Dieser schaute schmollend zu Boden. „Naja, ehm…hauptsächlich nur durch die Stadt wandern, nach Dämonen suchen und euch wie heute helfen, wenn es notwendig ist. Meister Noyn hat mir noch ein Vorrat an Fisch und Makrelen im Kühlschrank überlassen.“ Jeanne kicherte verhalten. „Süß, wie er sich um dich kümmert, aber du kannst doch nicht den ganzen Tag Fisch essen.“ „Ach, ehm, d-das ist schon okay! Ich bin schließlich ein Drache, da muss ich nicht auf sowas wie Ernährung aufpassen!“ „Komm, wir laden dich zum Abendessen ein. Chiaki macht heute bei sich Reis mit Curry.“ „Ehm, O-okay.“ Gehorsam folgte Silk ihnen ins Orléans.   „Wooooow!“ Der Drachenjunge schaute seinen Teller mit weit aufgerissenen Augen an. „Riecht ziemlich lecker!“ Er nahm einen gefüllten Löffel in den Mund. „WOW! Schmeckt auch gut! … Man ist das scharf!!!!!“  „Du benimmst dich wie als hättest du noch nie Reis mit Curry gegessen.“, stellte Chiaki fest, während er für die anderen die Portionen servierte. Fin und Access konnten Silk’s Begeisterung ebenso wenig nachvollziehen. „Du bist ein feuerspeiender Drache! Wie kann dir das scharf sein?“, merkte der dunkelhaarige Engel an. „Hitze und Schärfe sind komplett unterschiedliche Dinge! Außerdem hatte ich in meinem ganzen Leben noch nie was anderes gegessen als Fisch! Noyn-sama kocht auch nur Portionen für sich!“, sagte Silk, das Gesicht rot, die Nase laufend und leichte Tränen schimmerten in seinen Augen, unklar ob die von der Schärfe des Currys oder emotionalen Gründen zurückzuführen waren. „Überhaupt ist mein Meister immer so gemein zu mir.“ Maron hatte die ganze Zeit über ein Dauergrinsen aufgesetzt. „Ich bin mir sicher, dass er dich gern hat. Sonst hätte er dich sonst nicht um sich.“, munterte sie den Jungen auf. „Und wenn du willst, kannst du jederzeit bei uns vorbei kommen.“ „Wirklich? Danke!“ Überglücklich schaute Silk zu Maron rüber und schenkte ihr ein aufrichtiges Lächeln. Ein bekanntes Gesicht tauchte plötzlich vor ihrem inneren Auge auf, kleine Tränen entkamen ihren Augenwinkeln. „Ehm…habe ich irgendwas falsch gemacht?“, fragte der Drache entsetzt und vorsichtig zugleich. „Nein… Sorry, dein Lächeln eben hat mich zu sehr an Zen erinnert.“ Beschämt wischte die Kamikaze-Diebin sie sich schnell weg, Chiaki strich ihr tröstend mit einer Hand über den Rücken und warf dem Drachen einen wütenden Blick zu. Panisch stand Silk vom Stuhl auf und warf sich auf die Knie. „Tut mir leid! Wenn du mich bestrafen willst, zögere nicht!“ Für eine Millisekunde schauten alle ihn überrascht an, bis sie schließlich anfingen zu lachen. „Steh wieder auf und iss weiter! Kein Grund Panik zu schieben.“, beruhigte Maron den Drachenjungen der mittlerweile rot wie eine Tomate war und sich gehorsam wieder hinsetzte. „Ganz wie sein Meister.“, kommentierte Fin leise zu Access, der zustimmend kicherte. Nach einigen Stunden verabschiedete sich Silk von den vier Freunden, da er von Noyn -der von seinem Trip eher nach Hause kam als erwartet- einen wütenden Anruf bekam und sich sofort zurück teleportierte. „Ich sollte Noyn wirklich mal sagen, dass er netter mit ihm umgehen soll.“, sagte Maron belustigt, während sie das Geschirr in die Spülmaschine wegräumte. Chiaki zuckte gleichgültig mit den Schultern als er ihr die restlichen Teller gab. „Du hast mir übrigens etwas versprochen, Chiaki.“ Der Blauhaarige verdrehte innerlich die Augen, er wusste direkt wovon sie sprach. „Fin , Access. Es gibt da etwas worüber wir mit euch reden müssen.“ Interessiert hörten die Angesprochenen auf und so begann Chiaki über seine Albträume und dessen Inhalten zu erzählen.   ***   „Hm…Ich wollte dich vorhin sowieso auf deine und Maron’s Augenringe ansprechen, aber das hat sich ja erledigt.“, sagte Access. Maron zuckte bei der Erwähnung ihres Namens leicht zusammen, da sie nicht erwartet hatte, dass man ihre Schatten unter den Augen ebenfalls bemerken würde. Zwar sind sie nicht so dunkel wie bei dem Blauhaarigen, aber dennoch ausgeprägt genug zu sehen, wenn sie kein Make-Up trug. Seit ihren Kurzurlaub kam es ab und an dazu, dass Maron dasselbe Ritual wie in Frankreich durchführte, um Chiaki einen ruhigeren Schlaf zu bescheren versuchte oder dass sie darauf bestand mit ihm zusammen wach zu bleiben. Natürlich ging es dem Kaito durch den Strich, dass seine Freundin ihren notwendigen Schlaf und Gesundheit für ihn aufopferte, doch so stur wie so war konnte er sie nicht umstimmen. „Das hört sich schon merkwürdig an.“, fügte Access hinzu, die Augenbrauen nachdenklich zusammengezogen und die Arme vor sich verschränkt, „Ich bin mir sicher, dass jemand dir die Träume schickt.“ „Ja, dass denke ich auch! Von dem was du uns erzählt hast.“, stimmte Fin ihm zu. Auch Maron schloss sich der Aussage an. „Das kann gut möglich sein! Noyn hatte mir damals auch Albträume geschickt…“ „Und wie finden wir raus wer mir die Albträume schickt?“, fragte Chiaki. „Fin und ich könnten versuchen, die Quelle ausfindig zu machen sobald du wieder schläfst. Unsere Fähigkeiten sollten sowas ermöglichen.“, schlug der männliche Engel selbstsicher vor. „O-Okay…?“ „Das ist auch ungefährlich?“, fragte Maron besorgt. „Keine Sorge. Wir versuchen nur eine gewisse Quelle ausfindig zu machen. Denn Träume verschicken steht mit Magie und Illusion in Verbindung und wie eine Telefonleitung kann man sowas zurückverfolgen zum Sender.“, erklärte ihr Fin sachlich. „Okay, verstehe…wollen wir das mal probieren?“ Die Kamikaze-Diebin wandte sich zu ihrem Freund. Dieser schaute zunächst unsicher in die Runde und nickte schließlich. „Machen wir das.“   Kurze Zeit später saß das Diebespaar auf dem Sofa. Leichte Anspannung war in Chiaki’s Gesicht zu lesen, Maron nahm zur Beruhigung seine Hand und strich mit dem Daumen über seinen Handrücken. Gespannt schauten beide auf, gegenüber standen ihre Engel in ihrer menschengroßen Form, bereiten sich mental vor. „So, ich versetze dich jetzt in einen künstlichen Schlaf, okay? Wenn dein Körper und Geist entspannt ist, können wir leichter arbeiten.“, sagte Access und legte eine Hand über Chiaki’s Augen, nachdem dieser nickte. Kurz leuchtete seine Handfläche auf und sofort sackte der Kaito zusammen. Maron rückte sich so hin, dass sein Kopf auf ihrem Schoss ruhte. „Wir fangen jetzt an.“, kam es von Fin. Sie und Access hielten ihre Arme ausgestreckt, die Handflächen richtig Chiaki’s Kopf gerichtet und konzentrierten sich. „Da ist was!“, flüsterte die Grünhaarige nach einigen Minuten zu. Die Konzentration der beiden erhöhte sich und ein Lichtfeld bildete sich auf ihren Handflächen. Schweißperlen bildeten sich auf ihren Schläfen. Maron schaute ihren Freunden gespannt zu. „Spürst du es auch?“, fragte Access seine Freundin. Sein Atem wurde schwer. Fin nickte angestrengt. „Ja! Jetzt müssen wir herausfinden wer-…ARGH!“ Plötzlich schrien beide auf und wurden in der nächsten Sekunde, wie von einem unsichtbaren Kraftfeld an die nächste Wand zurückgeworfen. Auch Chiaki riss die Augen auf und stützte sich mit dem Ellenbogen hoch. „Was ist passiert? Hat es funktioniert?“, fragte er Maron, die verwirrte zum anderen Zimmerende blickt, wo die Engel lagen und sich schmerzlich den Kopf rieben. Ihre Gesichter waren blass und spiegelten Fassungslosigkeit sowie Verwirrung wider. Fin war die erste, die ihre Sprache wiederfand und geknickt sagte: „Es hat nicht funktioniert…unser Versuch…diese dämonische Quelle ausfindig zu machen wurde verhindert bzw. abgeblockt….“ „Zu sowas kann nur ein sehr mächtiges Wesen fähig sein. Überhaupt war es schwierig erstmal hindurchzukommen…normal hätten wir -selbst allein- keine Probleme gehabt!“, sagte Access wütend. „Außerdem wären zwei Himmelsengel fast so stark wie ein Erzengel.“ „Wenn ich euch richtig verstehe, ist derjenige der Chiaki diese Träume schickt von hohem Rang im Dämonenreich… von sehr, sehr hohem Rang? Stark genug um zwei Himmelsengel zu überwältigen? Sowas wie ein Dämonenfürst?“, schlussfolgerte Maron. Das Engelspaar nickte zur Bejahung. Die Wut und Frustration über ihren Fehlversuch war ihnen anzusehen. Chiaki seufzte und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Hey, ihr habt euer Bestes getan. Irgendwann wird sich derjenige schon zeigen und dann bekämpfen wir ihn.“ „Aber wir sind doch nicht umsonst zu Himmelsengeln geworden, um euch nicht helfen zu können!“, meckerte Access. Der Blauhaarige gab ihm ein entschuldigendes Lächeln. „Es ist schon spät. Ihr solltet auch schlafen gehen.“, sagte er, stand auf und verschwand in sein Zimmer. Maron schaute ihm leicht besorgt hinterher. „Mich frustriert die Sache dennoch.“, hörte sie Access mürrische Stimme sagen. „Aber was willst du machen? Wir wurden beide zurückgestoßen.“, sprach Fin auf ihn ein. „Ja, aber es ist sicher, dass sie irgendwo hier in Momokuri ist. Wenn wir Ausschau halten, vielleicht finden wir denjenigen.“ „Ob das so leicht ist…“ „Also werdet ihr ab morgen wieder euren alten Gewohnheiten nachgehen?“, mischte Maron sich ins Gespräch ein. „Schätze schon. Der Herr hier ist zu mindestens hochmotiviert.“, sagte Fin. „Früher oder später, muss sich der Kerl zeigen! Und dann machen wir ihn fertig! Wir sind schließlich das super-duper Quartett!“, hörten die Frauen den Engel posaunen, der eine Decke über das Sofa ausbreitete. Maron lächelte ihn an. „Da gebe ich Access Recht. Sie können sich nicht ewig verstecken. Wollt ihr nicht bei mir in der Wohnung schlafen? Ist mehr Platz als hier auf dem Sofa.“ „Es geht schon so.“ Access verwandelte sich augenzwinkernd in seine kleine Form. „So ist für mich und Fin genug Platz!“ „Geh ruhig ins Bett, Maron.“   „Schlaf gut ihr Beiden!“ „Gute Nacht!“, kam es von dem Engelspaar wie aus einem Mund.   [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=ltDGG5pdvds]  Leise öffnete die Braunhaarige die Tür, davon ausgehend dass Chiaki schon schlief. Zu ihrer Überraschung fand sie ihn vor dem Schreibtisch am Laptop. Maron schloss hinter sich die Tür, ging zu seinem Kleiderschrank und zog sich ein T-Shirt von ihm über. „Ich dachte, du schläfst schon.“ Der Blauhaarige schüttelte stumm den Kopf, ließ ein lachendes schnauben los. „Ich und Schlafen…“ „Alles okay?“, fragte sie besorgt und ging auf ihn zu. Er klappte den Laptop zu, legte sich seine Brille ab -die er meist nur benutzte, wenn er vor dem Bildschirm saß oder lernte- und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. „Ein wenig enttäuscht bin ich schon.“ Maron wusste wovon er sprach, lächelte traurig und umarmte ihn von hinten, stützte ihren Kopf auf seinen. „Auch wenn es nicht viel ist, aber wir haben einen Anhaltspunkt. Irgendwo in der Stadt wird sich diese Person aufhalten, der dir das antun.“ Chiaki drehte sich mit seinem Stuhl zu seiner Freundin um und stand auf. „Meine größte Angst ist, dass ich dir eines Tages wirklich wehtue… oder dich verliere. Dabei habe ich geschworen dich vor allen Unheil zu beschützen…“ Wie Porzellan strich er Maron über die Wange. Diese bettete ihr Gesicht in seine Hand und legte ihre Hand über seine. „Das wirst du nicht. Ich vertraue dir! Wir bleiben für immer zusammen.“, sagte sie sanft und gab seiner Handinnenfläche einen kleinen Kuss. „Für immer ist eine lange Zeit…“, sagte Chiaki lächelnd, trat einen Schritt näher, nahm Maron’s Gesicht in beiden Händen und küsste sie innig. „Ich liebe dich, Maron.“, flüsterte er in mitten des Kusses. Diese schlang ihre Arme um seinen Nacken, intensivierte den Kuss. Beide fielen seitwärts auf das nebenstehende Bett, wodurch sie sich kurz voneinander zu lösen mussten. Maron kicherte, was Chiaki auch ein Lächeln ins Gesicht brachte. Ihr Lachen verzauberte ihn jedes Mal. Egal wie mies er sich fühlte, es war immer ihr Lachen, dass ihn glücklich machte und alle Sorgen vergessen ließ. Mit ihrer Anwesenheit allein fühlte er sich wie befreit und befriedigt. Sie war sein Mittelpunkt, sein Licht im Dunkeln. Sanft drückte Chiaki Maron auf die Matratze, sodass er über ihr lag und versiegelte seine Lippen wieder mit ihren. Schnell wurden die Küsse immer leidenschaftlicher und fordernder. Leise entfuhr Maron ein Keuchen. Chiaki wanderte küssend von ihrem Mundwinkel zu ihrem Hals hinab. Besonders am Hals und an ihrer Halsbeuge verteilte er leidenschaftliche Küsse, knabberte an ihr Ohrläppchen. Maron seufzte leise genüsslich auf. Gelegentlich musste sie sich ein Lachen verkneifen, wenn sein Atmen oder sein Haare sie an manchen Stellen kitzelten, darauf bedacht nicht zu laut zu sein. Schließlich schliefen Fin und Access in ihrer unmittelbaren Nähe. Der Blauhaarige bemerkte die Zurückhaltung seiner Freundin, gab ihr ein fieses, verschmitztes Grinsen, bevor er seine Liebkosungen fortsetzte. Seine Hände wanderten ihren Körper entlang, erkundeten ihre Rundungen, schlichen sich unter ihrem Shirt, brachten Maron aus dem Verstand. Sie war am Rande ihrer Selbstbeherrschung, insbesondere als Chiaki ihr Shirt hochschob, die kalte Luft auf ihre Haut traf und er seine Küsse nicht mehr auf ihrem Hals fortsetzte. Dieser grinste innerlich, er liebte es seine Geliebte aus der Fassung zu bringen. Als er seine Küsse weiter runter wandern lassen wollte, spürte er plötzlich ein Kissen auf seinen Kopf prallen. „Argh! Hey, was sollte das?“, fragte er verspielt wütend, hinüber war die Stimmung. „Eine Präventionsmaßnahme.“, sagte Maron lachend und zog ihren Freund zu sich hoch, um ihn einen kurzen Kuss zu geben. Als sie sich voneinander lösten, umspielten ein breites Grinsen ihre Lippen. „Da hättest du dir etwas Sanfteres ausdenken sollen.“ „Ich habe doch ein Kissen benutzt.“ „Ein liebevoller Kuss wie jetzt eben wäre mir lieber gewesen.“ Er schaute sie liebevoll an. Ein leichter Schmerz fuhr ihm durch den Kopf, was sich allerdings nicht anmerken ließ. Was war das? Maron unterdessen kuschelte sich wie gewohnt an ihn ran, bekam die Perplexität ihres Geliebten nicht mit. Nach wenigen Minuten schlief sie ein, während Chiaki nachdenklich neben ihr lag, sie behutsam in seine Arme nahm und ihr sanft einen Kuss auf die Stirn gab. Dann setzte er sich vorsichtig auf, holte seine Brille, MP3-Player und E-Book vom Tisch und lehnte sich in sein Kissen zurück. In den letzten Wochen hatte er sich angewöhnt die schlaflosen Stunden halbwegs sinnvoll zu nutzen. Nach einer gewissen Zeit fielen schließlich auch ihm die Augen zu.     *** Zur selben Zeit sprach eine Stimme in die Nacht hinein: „Fast hätte ich meine Beherrschung verloren und die beiden mit meinen eigenen Händen vernichtet. Engel sind so nervig…Hätte ich ihre Präsenz nicht bemerkt, wäre ich fast aufgeflogen.“ Hinter ihr tauchte eine weitere Person auf und kicherte. „Aber nur fast. Ich wäre sonst sind ziemlich enttäuscht gewesen, hättest du dich von zwei mickrigen Himmelsengeln entlarven lassen. Dann wäre unser Ruf hinüber.“ Ein genervtes Schnauben war zu hören. „Die können meinetwegen den gesamten Himmel herholen und ich wäre immer noch stärker!“ „Was anderes würde ich auch nicht erwarten, meine Liebe.“ Die erste Person ignorierte den anderen und warf einen teilweise erstaunten Blick über die Stadt, dessen Gebäude und Lichter die Dunkelheit erleuchteten. „Dafür dass Menschen solch erbärmliche Kreaturen sind, kreieren sie schon schöne Dinge.“ Ein finsteres Kichern war zu hören. „Zu schade, dass das alles bald dem Untergang geweiht ist. Wir werden hier die Hölle auferstehen lassen.“ Die Gestalt hinter ihr stimmte ihr zu. „Finsternis soll über das Land herrschen und alles Licht auslöschen.“ Mit den Worten verschwanden beide ins nichts.       Chapter 11: Memento Mori ------------------------ Chapter 11: Memento Mori Memento Mori - Remember that you are mortal, remember you will die someday and as such, that is all the more reason to live now -------------------------------------- Am nächsten Morgen machten sich die Engel hochmotiviert auf die Dämonensuche. „Viel Erfolg! Vielleicht begegnet ihr ja auf dem Weg Silk!“, verabschiedete Maron sich bei ihnen. Fast wie zu alten Zeiten…bloß dass Fin und ich nicht mehr nur zu zweit sind.   „Wollen wir zusammen zum Friedhof gehen, Zen besuchen?“, fragte Chiaki während er die Frühstücksteller vom Tisch wegräumte. Maron überraschte das Angebot, doch abschlagen wollte sie es nicht, da sie Zen’s Grab seit längerem nicht mehr besucht hatte. „Klar, gib mir noch eine halbe Stunde, um hier fertig zu werden.“ Chiaki nickte lächelnd und gab ihr einen Kuss auf die Wange.    Es war ein sonniger, wolkenfreier Wintertag. Auch wenn es kaum mehr geschneit hat, so war es trotzdem eisig kalt in der Stadt. Gemeinsam ging das Paar zum städtischen Friedhof. Vorher kauften sie ein paar Blumen, wo -zu Maron’s Überraschung- Chiaki ebenfalls ein Strauß kaufte. „Für wen ist der?“, erkundigte sie sich als sie den Laden verließen. Der Blauhaarige schwieg zunächst und lächelte geheimnisvoll, was ihre Neugier noch mehr steigerte. Nach ein paar Metern sagte er: „Sie sind für meine Mutter. Heute ist ihr Todestag.“ Was?! Maron blieb abrupt stehen und schaute ihren Freund wie versteinert hinterher, der sorglos weiterlief. Nach ein paar Schritten drehte er sich um und rief: „Kommst du? Oder willst du Wurzeln schlagen?“ Die Braunhaarige löste sich von ihrer Starre und lief mit schnellen Schritten auf Chiaki zu, hakte sich in seinen Arm rein.  „W-Wieso hast du nicht vorher gesagt, dass heute so ein…ehm, besonderer Tag ist?“, fragte Maron verunsichert. Dieser zuckte mit den Schultern. „Sie ist schon so lange nicht mehr bei uns… und dieser Tag erinnert mich jedes Mal daran, wie schmerzhaft es damals war. Ich wollte es nicht so an die große Glocke hängen…“ Maron schaute ihn mitleidig an, auch wenn ihre Eltern in ihrer Kindheit nie da waren, so könnte sie selbst sich es trotzdem nicht vorstellen so früh ein Elternteil zu verlieren.    In der Zwischenzeit waren sie am Friedhof angekommen, welches auch einen wundersamen Ausblick zum Meer bot. Als Zen verstarb ging Maron nahezu jeden Tag hierher, um innere Ruhe zu finden. Unerwartet kamen dem Paar am Eingang zwei Gestalten entgegen. „Oh, das man sich an so einem Ort wiedersieht.“, hörte Maron Yashiro Sazanka sagen, die in Kagura’s Arm eingehakt war. „Hallo ihr beiden.“, sagte Chiaki höflich und zu Kagura gewandt, „Hast du dir mal wieder frei genommen?“ Verlegen antwortete der Krankenhaussekretär: „Ehm… Ja, Chiaki-sama. Auch wenn ich ungern ein Tag im Krankenhaus fehle, aber selbst Ihr Vater hat darauf bestanden, dass ich mir heute frei nehme.“ Chiaki gab den Älteren ein verständnisvolles Lächeln. Maron schaute zwischen den beiden hin und her. „Wir hatten auch schon Blumen vorbei gemacht.“, kam es von Yashiro lächelnd. „Das ist nett von euch.“ „Was habt ihr noch so vor?“, fragte Maron höflich. „Ach, wir gehen gleich shoppen. Kagura hatte versprochen mich zu begleiten, wenn ich meine neue Ausrüstung für das nächste Turnier aussuche.“ „Da bin ich mal gespannt. Ich müsste mir auch noch neue Sachen bis dahin kaufen.“ „Und diesmal verliere ich nicht gegen dich.“ Die Gymnastik-Rivalin schaute Maron mit einem siegessicheren Blick an. „Pass auf, am Ende gewinnt Miyako!“, sagte Maron augenzwinkernd und beide Mädchen fingen an zu lachen. Kagura verabschiedete sich von dem Paar höflich und stieg mit seiner Freundin in sein Auto rein. „Sie sehen ziemlich verliebt aus. Ich freu mich für die beiden!“ „Ja…Dass du dich übrigens so gut mit Yashiro verstehst.“, merkte Chiaki an. „Ich hatte nie wirklich was gegen sie. Miyako war ja immer diejenige die sich über sie aufgeregt hat.“, sagte Maron unschuldig und drehte sich leicht weg. „Naja, ich könnte schwören damals beim und nach dem Wettkampf ein Fünkchen Eifersucht in deinen Augen blitzen gesehen zu haben.“, neckte der Blauhaarige sie.  Daraufhin lief Maron leicht rot an und stieß ihren Freund mit dem Ellenbogen gegen die Rippen. „Autsch!“ „So ein Quatsch! Sowas wie Eifersucht gibt es bei mir nicht!“ Wie ein kleines Kind streckte sie Chiaki die Zunge raus, der sich ein schelmisches Grinsen nicht verkneifen konnte. Beide lachten und liefen über den Friedhof entlang. „Stand Kagura deiner Mutter sehr nah?“, fragte Maron neugierig. Chiaki nickte bejahend. „Kagura kommt auch fast jedes Jahr hierher. Für ihn war ihr Tod auch ziemlich schwer gewesen…Sie war für ihn wie eine große Schwester, als er von meiner Familie aufgenommen wurde.“ Er seufzte schwer. „Mein Vater hat das Grab bisher nur einmal besucht. Am Tag nach ihrer Beerdigung…“ „Hm…Ich bin mir sicher er trauert und gedenkt deine Mutter auf seiner eigene Weise.“ „Wahrscheinlich.“ ***   Zuerst legten sie Blumen an Zen Takazuchiya’s Grabstein, zündeten auch jeweils ein paar Räucherstäbchen an und machten kurze Gebete. Maron unterhielt sich noch mit ihm, berichtete über alle Ereignisse der letzten Wochen. Chiaki beobachtete lächelnd seine Freundin, er wusste wie sehr sie den Jungen vermisste. Anschließend führte er sie zum Grabstein seiner Mutter.   / Midori Nagoya – 19xx-20xx – Beloved mother, wife and friend. /   Wow…Sie starb so jung…, dachte Maron sich traurig. Beide führten dasselbe Ritual durch, wie soeben bei Zen. „Ich bin mir sicher, ihr hättet euch gut verstanden…Ihr seid euch ziemlich ähnlich….“, sagte Chiaki nachdem sie ihre Gebete beendet hatten.  Maron dachte an die Fotos zurück, die sie bei Chiaki und seinem Vater zu Hause gesehen hatte. Innerlich musste sie zugeben, dass sie mit Frau Nagoya Ähnlichkeiten hatte. Beide verbanden braune Haare und ebenfalls braune Augen. Auf den Fotos waren die Haare von Chiaki’s Mutter allerdings oftmals glatt abgebildet und ihre Augen hatten denselben Haselnusston wie Chiaki. Trotz der großen Ähnlichkeit mit seinem Vater, hatte ihr Freund auch gewisse Eigenschaften von seiner Mutter geerbt. Maron lächelte sanft auf das Grab herab. „Ihr habt dasselbe Lächeln.“, sagte das Paar wie aus einem Mund. Überrascht blickten sie einander an und fingen daraufhin an zu lachen. „Wie war deine Mutter so? Ich weiß kaum was von ihr…“ Chiaki bekam einen nostalgischen Blick und lächelte sanft herab. „In meinen Erinnerungen, war sie ein liebevoller und zugleich starker Mensch. Ehrlich, hilfsbereit und immer die Ruhe selbst. Sie ließ sich von niemanden was sagen, selbst von meinem Vater nicht und dabei war er ihr Vorgesetzter.“ Er lachte. „Meine Mutter hatte im Krankenhauslabor gearbeitet, war sogar Abteilungsleiterin dort. Mein Eltern hatten sich an einem Praktikum während des Studiums kennengelernt.“ „Wow! Medizin liegt also bei dir im Blut.“, kommentierte Maron.  „Natürlich hielten meine Eltern es professionell auf der Arbeit. Kagura meinte auch einmal, meine Mutter hätte es faustdick hinter den Ohren gehabt und ihre eigenen Regeln oftmals durchgesetzt. Zusätzlich sagte er, dass sie eine ziemlich stumpfe, direkte Art an sich hatte  und über bestimmte Themen nie ein Blatt vor dem Mund nahm…Was auch immer er meinte, zu mindestens wurde er ziemlich rot als er das erwähnte.“ Maron kicherte. „Sie hört sich nach einem wundervollen Mensch an. Ich hätte mich gefreut sie kennenzulernen.“ Sie nahm Chiaki’s Hand und verschränkte ihre Finger in die seiner. „Ob sie und Zen bei Gott sind? Als Engel meine ich.“ Der Blauhaarige zuckte ahnungslos mit den Achseln. „Ich würde es ihnen gönnen.“, gab er ehrlich zu. Maron blickte dann zur Seite, auf das Meer. „Es hat nahezu was symbolisches hier…wie als könnten die Verstorbenen in die offene Welt hinaus wandern.“ „Das hast du schön gesagt.“, sagte ihr Partner lachend und gab ihr einen Kuss. Maron kuschelte sich in Chiaki’s Armen rein, die wie eine Decke von hinten über ihre Schultern lagen. Er legte seinen Kopf auf ihren ab, gab ihren Haaren kleine liebevolle Küsse. Sie blieben noch eine Weile an Ort und Stelle stehen und genossen einander die Nähe sowie den Ausblick.   Nach einigen Minuten der Stille hörte die Diebin Chiaki’s Stimme fragen: „Hast du schon mal über den Tod nachgedacht…?“ Maron überraschte die Frage, warf sie regelrecht aus der Bahn. „Wieso…?“ Chiaki gab ihr zunächst keine Antwort, gespannt drehte die Braunhaarige zu ihm hoch und wartete. „Weißt du…Ich dachte mir, naja, weil wir so schon ein gefährliches Leben führen, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass uns der Tod auch einen von uns erwischt.“, sagte ihr Freund schließlich, ohne seinen Blick von der Ferne abzuwenden.  „Seit wann bist du so pessimistisch?“ „Ich lege nur alle möglichen Szenarien auf den Tisch.“ Früher oder später sterben wir eh alle…, fügte er stumm hinzu. „Hm… Ich will gar nicht daran denken.“, sagte Maron nach einigen Momenten der Überlegung. „Ich hoffe, dass wir dem Krieg ein Ende setzen können und dass wir zusammen dann glücklich und im Frieden leben können.“ „Und was ist wenn du dein Leben dafür opfern muss? Für den Frieden?“, murmelte der Kaito in den Haaren seiner Freundin hinein. Kurz herrschte wieder Stille. Ein leichter Wind wehte vorbei.   „Ich könnte mir nicht vorstellen in einer Welt glücklich zu werden, wo du nicht mehr existierst. Dann hätte das Leben für mich an Sinn verloren.“, hörte Maron den Blauhaarige ernst sagen. „Lieber opfere ich meins für deins auf….Schließlich muss ich dich um jeden Preis beschützen.“  Die Braunhaarige schwieg für eine Weile, bevor sie sagte: „Das Leben ist zu schön, um es einfach aufzugeben. Ich will mein Leben am besten aufs vollste genießen…Mit dir zusammen!“ Maron dreht sich in Chiaki’s Armen zu ihm um und stupste ihm mit dem Zeigefinger auf die Nase. „Deswegen untersage ich dir jetzt ab sofort, ansatzweise über sowas nachzudenken! Sonst werde ich sauer!“, sagte sie mit einem verspielt wütenden Ton. Chiaki schenkte ihr sein allbekanntes schiefes Lächeln, welches jedoch seine Augen nicht erreichten. Er drückte Maron näher an sich, strich ihr sanft über den Kopf und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Du weißt, dass ich so ein Versprechen nicht halten kann…   Die Zeit verging und das Paar beschloss nach Hause zu gehen. „Ich gehe mal in das Café gegenüber und frage ob ich die Toilette benutzen darf.“, sagte Maron „Okay, ich warte hier.“ Chiaki saß sich auf eine nahestehende Bank hin und beobachtete die Menschen auf der Straße. Besonders ein kleiner, weinender Junge fiel ihm ins Auge, der auf der anderen Straßenseite stand. Dessen Mutter sprach liebevoll auf den Jungen ein, strich ihm über die Haare, wodurch er sich sofort beruhigte und ihr ein Lächeln schenkte. Ein kurzer Schmerz durchfuhr seinen Kopf. So wie gestern Nacht… Benommen hielt er sich den Kopf. Vielleicht eine Migräne…? Nach einigen Augenblicken holte sein Handy heraus, scrollte durch seine Kontaktliste und schaute gedankenverloren auf das Display. Was wohl Vater heute macht? Das Krankenhaus ist auch nur wenige Minuten von hier entfernt… In dem Moment lief eine junge Frau an ihm vorbei. Sie trug ein professionell wirkendes Outfit, bestehend aus weißer Bluse, schwarzen Blazer, schwarzer knielanger Bleistiftrock, dunkle Strumpfhose und dazu Absatzschuhe. Da drüber trug sie einen dünnen grauen Mantel, was für die winterlichen Temperaturen eher ungeeignet war. Sie hatte weiße, blauschimmernde, schulterlange Haare, haselnussbraune Augen, helle Haut und ein schönes, erwachsenes Gesicht. In ihrem Gang und ihre Haltung strahlte sie eine gewisse Selbstbewusstheit, Eleganz und Stärke aus. Ihre Hände waren in den Manteltaschen vergraben. Unerwartet blieb die Frau stehen und drehte sich mit einem verwunderten Blick zu Chiaki um. Dieser bemerkte das und schaute ebenfalls verwundert zu ihr auf. „…Kann ich Ihnen helfen?“, fragt er höflich. Die Frau starrte ihn noch für wenige Sekunden an, bevor sie mit einem Lächeln antwortete: „Oh, Nein, nein! Sie haben mich nur stark an jemanden erinnert.“ „Oh...entschuldige, falls ich Sie verwirrt habe.“ „Ist schon okay. Es braucht Ihnen nichts leid zu tun.“ Mit einer Handbewegung winkte sie die Entschuldigung ab. Neugierig beugte sie sich zu Chiaki herunter, was ihn leicht zurückzucken ließ. „Das sind ziemlich dicke Augenringe. Sieht ungesund aus.“ „Ehm, ja…viel Schulstress und zu wenig Schlaf. Aber es sieht schlimmer aus als es ist. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.“ „Okay, wenn Sie das sagen, glaube ich Ihnen mal. Warten Sie auf jemanden?“ „Ja, auf meine Freundin.“ Normalerweise sprach Chiaki nicht gerne mit Fremden, aber irgendwie störte die Frau ihn nicht. Sie hatte was Angenehmes an sich, besonders ihr Lächeln. „Verstehe. Ich komme gerade von Krankenhaus... jemanden besuchen.“ Im nächsten Augenblick tauchte Maron hinter ihr auf. „Sorry, dass es so lange gedauert hat-… Huh?“, sagte sie, als sie sich an die Frau vorbeidrängte. Überrascht blickte die Braunhaarige zu ihr auf. Diese schaute neugierig zu ihr zurück. „Kein Problem. Gehen wir nach Hause.“ Chiaki stand von der Bank auf und wendete sich zu der Frau. „Wenn Sie uns entschuldigen…“, verabschiedete er sich mit einem höflichen Lächeln. Ehe das junge Paar losgehen wollte, hörten sie die Frau sagen: „Hey…Pass gut auf sie auf!“ Ein warmes, aufrichtiges Lächeln war auf den beiden gerichtet, die sie mehr als irritiert anstarrten. „J-Jawohl.“, antwortete Chiaki perplex und machte sich anschließend mit Maron auf dem Rückweg. „Kanntest du sie?“, fragte Maron interessiert. „Nope. War ihr eben erst begegnet.“, gestand er wahrheitsgetreu. Maron grinste. „Ich finde…sie erinnerte mich ein wenig an dich.“ „Echt…? Findest du?“, sagte Chiaki irritiert. Der junge Mann warf einen letzten Blick hinter sich. Hm… Für einen Moment...kam es mir so vor als würde ich sie bereits kennen…   Währenddessen stand die junge Frau hinter einem Baum versteckt und weinte. „Er ist zu so einem hübschen jungen Mann herangewachsen… und so eine wunderschöne Freundin… aber das ist schließlich kein Wunder, als Reinkarnation von der heiligen Eva.“ Sie kicherte und wischte sich mit den Handrücken die Tränen weg. „Er sieht so aus wie du Kaiki…. Ich bin froh, dass es dir gut geht…Wie ich mir wünsche, euch so gerne in die Arme nehmen zu können…“ Traurig lächelte sie in den Himmel hinauf. Danke, dass Ihr mir die kurze Zeit auf Erden heute genehmigt habt, Herr. Selbst wenn es auch nur für wenige Minuten war… Engel die sich an ihr früheres Leben erinnern, ist es schließlich nicht gestattet, mit ihrer Vergangenheit in Kontakt zu treten… Weiße prachtvolle Flügel tauchten auf ihrem Rücken auf und ihre Ohren wurden spitzer. Elegant erhob sie sich in die Luft. Auf dem Weg kamen ihr eine violette und grüne Leuchtkugel entgegen. „Erzengel Hope-sama…!“, rief Access erstaunt. „Hope-sama, was- was macht Ihr denn hier?“, fragte Fin respektvoll, doch nicht weniger überrascht. Hope lachte verlegen. „Oh… ich hatte nur schnell was zu erledigen. Bin jetzt auf dem Weg zurück zum Herrn! Passt auf euch und euren Schützlingen auf!“ Mit den Worten war sie verschwunden, zurück blieben zwei Himmelsengel, die der Ranghöheren verdutzt hinterher guckten. „Weshalb der Herr sie wohl herunter geschickt hat? Erzengel kommen so gut wie nie oder nur in den seltensten Fällen zur Erde herunter.“, fragte sich Access. Fin zuckte ahnungslos mit den Achseln. „Komm, ich muss Maron noch Bescheid geben, dass wir einen Dämon entdeckt haben.“   ***  Kaiki Nagoya saß nachdenklich auf seinem Schreibtischstuhl, den Kopf an der einen Hand gestützt, zwei Fotos befanden sich in der anderen. Auf dem einem Foto waren er und Midori auf ihrer Hochzeit als frisch vermähltes Ehepaar abgebildet, auf dem anderen waren sie zusammen mit dem neugeborenen Chiaki zu sehen, der in den Armen seiner Mutter lag. Beide Tage waren die glücklichsten Momente seines Lebens gewesen, insbesondere weil Midori ihm das bezauberndste Lächeln auf der Welt schenkte. Er lächelte traurig auf die Fotos herab.   Der Chefarzt dachte an ihr erstes Kennenlernen zurück. Es war am Anfang seines Medizinstudiums, als er Midori zum ersten Mal in einer Vorlesung sah. Sofort war er von ihrer Ausstrahlung fasziniert gewesen. Jedoch befand er sich bereits in einer Beziehung mit einer anderen Kommilitonin, was die Annäherungen erschwerte. Nach einigen Wochen fing er ein Praktikum in einer mittelständigen Praxis an, um zu seiner Überraschung festzustellen, dass Midori ebenfalls als Praktikantin arbeitete. Er nutzte die Gelegenheit um sie näher kennenzulernen. Nach kurzer Zeit bauten sie eine enge Freundschaft auf und Kaiki beschloss die alte Beziehung zu beenden. Dies erwies sich als einfacher gesagt als getan, denn seine damalige Freundin war ein ziemlich dickköpfiges Mädchen, welches ein „Nein“ absolut nicht akzeptierte. An einem Nachmittag, als diese ihn vom Praktikum abholen wollte und Kaiki sich davor sträubte, stellte sich Midori plötzlich zwischen ihnen und erklärte ihn vor ihr und allen anderen Anwesenden als ihr Freund. Den jungen Kaiki warf das komplett aus dem Konzept, ebenso wie -nun- Ex-Freundin, die den Arzt als Fremdgeher beschimpfte. Im Nachhinein beichtete Midori ihm, dass dieses andere Mädchen sowie weitere seiner Verehrerinnen, ihr auf die Nerven gingen und sie im Grunde genommen ihn für sich alleine haben wollte. Kaiki musste lachen und lud sie schließlich nach langer Anstrengung zum ersten Date ein. Es dauerte nicht lange, bis sie nach ihrem Studium heirateten und Chiaki auf die Welt kam. In Erinnerung schwelgend dachte er gleichzeitig an die letzte halbe Stunde zurück. Er hatte sich am Automaten einen Kaffee geholt und stieß im nächsten Augenblick mit einer Frau zusammen. Die braune Flüssigkeit hatte sich komplett auf seinen Kittel verteilt, was ihn zum Schmunzeln brachte. Sofort fragte Chiaki’s Vater um das Wohlergehen der Frau, die zum ihm aufblickte und peinlich berührt sich für den Kaffeefleck entschuldigte. Kaiki beruhigte die Frau lachend, die einen leicht rosa Touch um ihre Wangen bekam. Nach einem kurzen Small-Talk wollte er sie zu einem Kaffee einladen, denn aus irgendeinem Grund faszinierte sie ihn. Zu seiner Enttäuschung lehnte sie freundlich ab und ging mit schnellen Schritten davon. Das letzte war er von ihr sah, war ein traurig angehauchtes Lächeln, als sie ihn passierte.   Kaiki starrte wieder auf die Fotos, musterte seine verstorbene Geliebte und verglich sie gedanklich mit der anderen. Wieso musste ich die ganze Zeit an dich denken, als ich mit ihr sprach…? Für einen Moment verspürte ich dasselbe Gefühl wie du mir einst gabst. Mit einem Seufzen legte er die Fotos auf dem Tisch, stand auf und drehte sich zum Fenster um. Sein Blick in den orangenen Himmel gerichtet, ein sehnsüchtiges Lächeln umspielte seine Lippen. Hoffentlich sehen wir uns wieder, meine liebe Midori. Chapter 12: Jealousy --------------------   Chapter 12: Jealousy   Die Wochen vergingen und noch immer fand man keine weiteren Anhaltspunkte zu der dämonischen Quelle. Widerwillig hatte Chiaki zugestimmt auch Noyn in die Sache einzuweihen, nachdem dieser aus Kyoto zurückkehrte. Der Warlock lud die vier Freunde zu sich nach Hause ein -was ein teures Apartment in einem noblen Hochhaus war- und weihte sie in seine Recherchen über die Dämonen und den Einwohner der Hölle ein. „Wir wissen, dass es neun Höllenringe gibt. Jedes von denen wird von einem Dämonenfürsten regiert, sie werden auch ‚Prinzen der Hölle‘ genannt und im neunten Ring befindet sich Edom, der Zentrum der Hölle, wo Lucifer herrscht. Die Dämonen die wir bisher immer antrafen, waren Diener von Azazel und Sammael, zwei Prinzen. Es kann gut möglich sein, dass es einer von den beiden ist, oder jemand komplett anderes.“, setzte er an „Das schränkt den Kreis der Verdächtigen auf eigentlich mindestens neun ein, aber es gibt auch eine Vielzahl mächtiger Dämonen und Dämonenfürsten, die nicht von hohem Rang sind. Das macht die Suche schwieriger.“ „Also suchen wir die Nadel im Heuhaufen?“, schlussfolgerte Maron. „Ich würde gerne das Gegenteil behaupten. “ Des Weiteren griffen die Dämonen häufiger in Gruppen von mindestens fünf an, was das Bannen sowie die Suche mehr und mehr erschwerte.   Zur selben Zeit verlief die Schule für die Schüler ereignislos ab. Es wurden die letzten Klausuren geschrieben und der Winter ging zu Ende. Es war Ende Februar und alle in Maron’s Klasse freuten sich auf das kommende Schulfestival und gleichzeitig das Schuljahresende.    „Miyako und ich haben wiedermal Training. Also sehen wir uns später?“, verabschiedete die Braunhaarige sich von ihrem Freund. „Werde dich vermissen.“, flirtete dieser zurück und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Verlegen rot ging Maron mit einem Grinsen Richtung Tür, wo ihre beste Freundin auf sie wartete. Als die Diebin sich das letzte Mal umdrehte, sah sie wie Kiyo von ihrem Platz auf Chiaki zukam, der seine Sachen einpackte und fragte: „Du, Chiaki-kun. Könntest du mir vielleicht nochmal mit den letzten Matheaufgaben helfen?“ „Oh….Klar, kein Ding.“, antworte er hilfsbereit und drehte seinen Stuhl zu ihrem Tisch um.    Maron verspürte wieder Mals einen Stich in ihrem Inneren, als sie den Raum verließ. Schon vor den Weihnachtsferien gefiel es ihr nicht, wenn Chiaki erzählte, wie er mit Kiyo zusammen den Putzdienst verbracht hatte oder er einfach überhaupt nur ihren Namen erwähnte. Auch nach den Ferien kam es dazu, dass die Mitschülerin ihren Freund um Lernhilfe bat oder irgendwelche Notizen ausleihen wollte. Freundlich wie Chiaki war, bot er ihr immer seine Hilfe an. Maron versuchte bei solchen Gelegenheiten sofort das Thema zu wechseln, ohne sich die Eifersucht anmerken zu lassen. Sie schämte sich zum einen solche Gefühle zu empfinden, da sie Chiaki vertraut und sich sicher ist, dass er sie nie betrügen würde. Zum anderen misstraute sie ihre Klassenkameraden, von Tag zu Tag mehr. Maron wusste nicht wieso, aber Kiyo’s Anwesenheit bereitete ihr ein unangenehmes Gefühl im Herz. „Die nutzt ja jede Gelegenheit aus mit ihm alleine zu sein!“, merkte Miyako argwöhnisch an. „Von wem redest du?“, fragte Maron unschuldig, während sie sich dehnte. „Ach, komm! Als ob ich nicht sehe, wie du die beiden anschaust! Diese Kiyo hängt förmlich an Chiaki’s Rockzipfel! Fast das ganze Jahr saß sie ruhig in ihrer Ecke und las gelangweilt ihr Buch und plötzlich spricht sie bei ihm mehr als nur drei Worte! Natürlich ist er zu nett und will niemanden nicht vor den Kopf stoßen.“ Maron schwieg gedankenverloren, während Miyako weitersprach: „Außerdem ist der ganzen Schule klar, dass ihr beide ein Paar seid! Glaubst du, sie will ihn dir ausspannen?!“ Bei dem Stichwort schaute Maron zu ihrer Freundin auf, die Augen groß geweitet. Im nächsten Augenblick war das unangenehme Piepsen einer Flöte zu hören, die die Mädchen zu Boden warf. „Wir sind hier nicht zum Tratschen da, sondern zum Trainieren!!!!“, sagte ihre Lehrerin genervt.   Will sie mir Chiaki ausspannen? Aber sie sehen sich ja nirgendwo anderes, außer in der Schule…die restliche Zeit ist Chiaki sowieso bei mir. Betrübt ging Maron in ihre Wohnung rein, in der Chiaki bereits auf sie wartete. „Hey, da bist du ja!“ Er kam auf sie zu und küsste ihr kurz auf den Mund. „Fin und Access hatten schon gegessen und sind rausgeflogen, um nach Dämonen Ausschau zu halten. Ich habe natürlich auf dich gewartet.“ Ohne zu antworten ging sie in die Küche und saß sich hin. Dem Kaito wunderte es, wie seine Freundin sich verhielt und folgte ihre wortlos. Sie aßen schweigend, bis jedoch Chiaki die Ruhe nicht mehr aushielt, über den Tisch reichte und Marons Hand nahm: „Was ist los, Maron? Du bist so ungewöhnlich ruhig.“ Besorgt schaute er sie an, die zunächst zögerte und ihren Blick zur Seite schweifen ließ.   „Na gut. Wir wollten ja ehrlich zueinander sein...“, setzte Maron nach einigen Minuten an. Ihr Gegenüber nickte, gespannt darauf ihr zuzuhören. Die Kamikaze-Diebin holte tief Luft, bevor sie sagte: „Mir gefällt es nicht wie Kiyo dich permanent um Hilfe bittet. Um genau zu sein gefiel mir es schon nicht, dass du die eine Woche mit ihr den Putz- und Ordnungsdienst verbringen musstest…und seit dem nervt es mich.“ Chiaki schaute seine Freundin wie versteinert an, so ein Geständnis hatte er von ihr nicht erwartet. „Also…bist du eifersüchtig auf Kiyo?“, fragte er vorsichtig. Stur schnaubte die Diebin auf: „Ich bin nicht eifersüchtig! Mir gefällt es bloß nicht, wie sie andauernd sich an dich wendet, obwohl noch andere gute Schüler in der Klasse sind.“ „Sie hatte Probleme mit den Schulstoff und die Klausuren waren ja auch nicht ohne. Außerdem kann ich sie ja nicht einfach so davonschicken, wenn sie fragt.“ „Die letzten Monate hast du auch jedes andere Mädchen ignoriert…“, merkte Maron mürrisch an, die Augenbrauen zusammengezogen. „Ja, weil es für mich niemand anderen gibt als dich!“, sagte Chiaki ihr eindringlich in die Augen schauend. Diese schaute unbeeindruckt zur Seite, befreite ihre Hand von seiner, lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und verschränkte die Arme. „Maron… Du vertraust mir doch, oder?“ „Ja, klar vertraue ich dir…“, sagte sie kleinlaut. „Siehst du. Du brauchst dir wegen Kiyo wirklich keine Sorgen zu machen! Sie hatte auch mal davon geredet, dass sie einen Freund hat!“ Überrascht wendete sich Maron wieder zu Chiaki. „Echt?“, fragte sie skeptisch. „Ja! Sie fing an mich über uns auszufragen und an irgendeinem Punkt erwähnte sie irgendwas über ihren eigenen Freund.“, erklärte er ihr, mit der Hoffnung das sie sich überzeugen lässt. „Du kennst Kiyo doch, sogar länger als ich. Sie ist ziemlich zurückhaltend und geht nicht gerne auf Menschen zu.“ Maron nickte stumm, langsam schlich sich ihr ein schlechtes Gewissen ein für ihr Verhalten. Chiaki lehnte sich erleichtert zurück. „Eher muss ich mir wohl bei dir Sorgen machen wegen Akira!“, sprach er ungehindert weiter, hielt jedoch sofort inne, als er merkte was er soeben sagte. Habe ich das gerade wirklich gesagt? Sein Gegenüber hob fragend die Augenbraue. „Was hat Akira jetzt damit Zutun?!“ Diesmal war es ihr Nachbar der schnaubte und die Augen verdrehte. „Eine ganze Menge!“ Für eine Millisekunde überlegte er, ob er weiterreden sollte. Da wir schon dabei sind ehrlich zu sein…, dachte er sich und listete auf: „Es fängt schon an wie er dich anschaut, oder wir er immer an die klebt, wenn ihr euch im Campus begegnet, oder wie er nach der Schule angerannt kommt, oder-“ „Also bist du eifersüchtig auf Akira?“ „Ja, ich bin eifersüchtig!“, gab Chiaki offen zu, beide standen sich mittlerweile gegenüber, das einzige was sie trennte war der Tisch. „Seit dem ersten Moment an, als ihr euch vor dem Lehrerzimmer entgegen gerannt seid und du verlegen wurdest!“ Maron zuckte erschrocken zusammen, fühlte sich ertappt. „Du- du hast das gesehen?! Wieso hast du nichts gesagt?“ „Wie soll ich dich über sowas darauf ansprechen?! Dass du bei einem fremden Jungen rot und nervös wirst...“ „Das ist doch Quatsch! Akira ist ein netter Kerl, der neu an die Schule kam!“ „Und eindeutig was von dir will!“ „Du- Du vertraust mir doch, oder?!“ Das Blatt hatte sich komplett zwischen ihnen gewendet. „Ja. Ich traue aber keinem anderen Kerl über den Weg!“, gestand Chiaki, die Eifersucht förmlich in sein Gesicht geschrieben. „Oh ja, das merke ich! Insbesondere so wie du dich Noyn gegenüber verhältst…“, kommentierte Maron. „Das ich Noyn nicht vertraue, habe ich aber schon von Anfang an angekündigt.“, gab er trocken zurück. „Aber wieso?! Er hat uns schon so oft geholfen, die letzten Wochen!“, verteidigte sie den Warlock. „Was muss er noch tun, damit du ihm vertraust?! Oder hasst du ihn so sehr?!“ Genervt von der Diskussion ging er aus der Küche raus, holte seine Sachen und öffnete die Wohnungstür. „Ich brauch‘ frische Luft.“, sagte er knapp und verschwand. Maron schaute ihm wütend und traurig zugleich hinterher.   „Maron?“, hörte sie Fin’s Stimme, die mit einem besorgten Ausdruck durch das Küchenfenster kam. Sie und Access waren schon vor 15 Minuten zurückgekehrt, hatten den Streit von draußen mitbekommen und trauten sich nicht in die unangenehme Situation reinzuplatzen. Als Maron durch das Küchenfenster blickte und runterschaute, sah sie Access zu seinem Partner herunterfliegen, der soeben das Orléans verließ. Erschöpft stieß sie ein Seufzer aus, räumte schweigend mit Fin -die sich in ihre große Form verwandelte- die Küche auf. Nach einer Stunde hörte die Kamikaze-Diebin aus der Nachbarswohnung die Tür knallen, was für sie ein eindeutiges Zeichen war, dass Chiaki Abstand brauchte. Nur Access kehrte kurz zurück, um Fin Bescheid zu geben, dass er neben an übernachten würde. Immer noch schweigend machten sich die Freundinnen bettbereit. Kurz vor dem Einschlafen lief Maron eine kleine Träne herunter, die Kette um ihren Hals fest umklammert. *** Auch in den nächsten Tagen war die Anspannung zwischen dem jungen Paar nicht verflogen, welches Miyako, Yamato und den anderen Schulkameraden nicht entging. Seit dem er aus ihrer Wohnung rausgestürmt war, verhielt sich Chiaki Maron gegenüber äußerst distanziert und sprach wenn nur das nötigste mit ihr. Nicht mal einen Kuss gab er ihr zur Begrüßung. Ebenso verbrachten die beiden ihre Abende in ihren jeweiligen Wohnungen. Maron selbst war sichtlich genervt von der ganzen Sache und akzeptierte die Distanz zwischen ihnen die ersten Tage. Vielleicht brauchen wir wirklich mal Abstand voneinander…bestimmt tuen zwei oder drei Tage gut…, dachte sie sich stur. Auch bei der Dämonenjagd lief alles seinen routinierten Ablauf ab, mit dem Unterschied das Sindbad sofort -nachdem die Dämonen besiegt waren- verschwand. „Ist alles in Ordnung zwischen euch?“, fragte Noyn besorgt. Das dicke Luft herrschte fiel ihm schon in der Schule auf, abgesehen von dem Fakt, dass die halbe Schule darüber tuschelte. „Ja…“, sagte die Blonde knapp und verschwand ebenfalls, ließ den Warlock und die Engel auf dem Gebäudedach zurück. Fragend schaute Noyn Fin und Access an, die ratlos mit den Schultern zuckten.   Inzwischen sind fünf Tage her seit dem Streit, es war Sonntag und bisher hatte sich nicht viel verbessert. Frust und Traurigkeit steigerte sich bei Maron von Tag zu Tag an. Mittlerweile war sie bereit sich mit Chiaki zu versöhnen, doch dieser ignorierte sie weiterhin noch. Sie wusste nicht, wie sie mit ihn reden sollte, denn es war deutlich, dass er immer noch sauer zu sein schien. Ebenso wusste sie auch nicht, wo genau das Problem lag. Ging es um Kiyo, Akira oder Noyn? Oder um etwas komplett anderes, was ihr entgangen ist? Überhaupt kannte sie so ein derartiges Verhalten von ihrem Freund nicht. Wenn sie sich stritten -was selten vorkam- dann war er immer derjenige, der sich nach kurzer Zeit entschuldigte und alles war wieder gut. Generell kannte man so eine Kälte und Abwesenheit von Chiaki gar nicht. Seine Augen strahlten auch seit dem Streit nicht mehr dieses Warme Gefühl von Liebe und Zärtlichkeit aus, sondern wirkten hart, gefühllos und distanziert. Miyako und Fin versuchten sie immer wieder aufzumuntern, jedoch vergeblich. Auch Access versuchte auf Sindbad einzureden, ohne Erfolg. Gemäß dem ehemaligen Schwarzengel, redete der Kaito selbst mit ihm kein einziges Wort, weshalb er die meiste Zeit bei Maron und Fin verbrachte. Abgesehen davon schien ihr Nachbar seit neustem jeden Tag Nachtspaziergänge zu machen, weshalb sie ihn nie zu Hause antreffen konnte und auch ungewiss war, wo er sich befand oder wann er zurückkommen würde. Laut Access wanderte er meist nur durch die Stadt umher ohne wirkliches Ziel.   Um sich abzulenken telefonierte Maron mit ihrer Mutter. „Du klingst irgendwie gar nicht gut.“, merkte Korron am anderen Ende an. „Ja…Kann sein.“ „Hattest du und dein Freund Streit?“ „Kann man so sagen…“, Maron fing an nervös an ihrer Kette rumzuspielen, ein Tick den sie sich die letzten Tage angeeignet hatte. „Oh…wie heißt er überhaupt?“ Maron’s Eltern wussten, dass ihre Tochter einen Freund hatte, bekamen bisher aber nie genaue Details über ihn zu hören. „Habe ich das noch nie erwähnt? Chiaki Nagoya heißt er.“ Kurz herrschte Funkstille. „Hallo? Mama?“ Plötzlich kam es von ihrer Mutter nahezu schrill: „Ach! Ist er der Sohn von Kaiki Nagoya?“ „Ehm Ja. Papa und sein Vater waren befreundet, richtig?“ Die Reaktion ihrer Mutter verwunderte das Mädchen. „Genau, sie kannten sich aus Studienzeiten, gingen zur selben Uni! Ich war seit der Schulzeit mit Midori befreundet gewesen. Sie, Sakura [Miyako’s Mutter] und ich hingen immer zusammen ab, als wir jung waren. Tragisch, dass sie so früh verstarb… Ich erinnere mich an die Beerdigung als wäre es gestern gewesen…der arme Junge…“ Ach ja…, eine Erinnerung kam Maron hoch, wie ihre Eltern vor über elf Jahren von einer Beerdigung einer alten Freundin sprachen. Nie im Leben wäre sie darauf gekommen, dass es um Chiaki’s Mutter ging. „Ich war letztens mit ihm ihr Grab besuchen gewesen.“, merkte Maron an. „Wie schön... sie hätte dich garantiert gemocht! Wie dem auch sei, worüber ging es in eurem Streit?“, fragte Korron neugierig. „Oh… ehm, naja, so über gewisse Sachen wie Eifersucht und Vertrauen…“ Es war Neuland für Maron mit ihrer Mutter über Beziehungsprobleme zu reden. Schließlich kannte sie sowas wie Mutter-Tochter-Bindungen gar nicht. „Hmm... Also eines kann ich dir über Nagoya-Männer sagen, basierend darauf wie ich Kaiki kenne und davon ausgehe, dass Chiaki nicht anders ist. Wenn sie eine Frau lieben, dann nicht 100%, sondern 200%! Du glaubst gar nicht, wie verrückt Kaiki nach Midori war. Natürlich ist er in die schiefe Bahn geraten, nach ihrem Tod… aber das war auch zu Liebe zu seinem Sohn. Ich bin mir sicher, dass er sie immer noch liebt, auch wenn sie nicht mehr unter uns ist…Und dasselbe trifft garantiert auch auf Chiaki zu. Ich bin mir sicher, dass du ihn Vertrauen kannst! Garantiert tut es ihm selbst Leid, dass ihr gerade Streit habt.“ Die Worte ihrer Mutter munterten Maron überraschenderweise auf. „Danke Mama! Mir geht es schon besser!“ „Immer doch, meine Liebe! So es wird spät und ich mir muss noch ein aufwendiges Design für eine Kundin ausdenken…Die Deutschen haben echt anspruchsvolle Wünsche!“ Maron lachte. „Wäre ja auch seltsam, wenn es nicht stressfrei in der Mode-Branche abläuft.“ „Ja…Wir reden später nochmal, Liebes. Wir haben dich lieb.“ „Ich euch auch.“  Mit einer besseren Laune beschloss Maron am Montag nach der Schule zu Chiaki zu gehen und mit ihm zureden.   ***    Leider wurde nichts aus ihren Vorsätzen. Yamato war die Woche krankgeschrieben, aufgrund einer schweren Erkältung und Maron musste als stellvertretende Klassensprecherin im Schulkomitee einige organisatorische Angelegenheiten, bezüglich dem Schulfestival klären, welches in wenigen Tagen stattfand. Miyako ging nach der letzten Unterrichtsstunde sofort zu Minazuki nach Hause, um ihn zu pflegen und Chiaki war ebenfalls schon eher Heim gegangen. Frustriert verließ sie das Schulgebäude, als sie plötzlich eine Stimme hörte die ihren Namen rief. Als die Angesprochene sich umdrehte, sah sie Akira winkend auf sie zulaufen.   „Akira! Was- was machst du noch so spät hier?“ „Ich hatte noch Putz- und Ordnungsdienst.“, erklärte er verlegen grinsend, richtete sich die Brille und fragte anschließend: „Darf ich dich nach Hause begleiten?“ „Oh, ehm…machst du dadurch nicht voll den Umweg?“ Überfordert von der Frage lief Maron rot an. Anschließend fiel ihr ein, dass Akira ebenfalls ein Streitpunkt war, zwischen ihr und Chiaki. „Ach was. Ich wollte sowieso einen Spaziergang machen.“, entgegnete Akira grinsend. Maron schaute ihn skeptisch an. Ob Chiaki recht hatte…Ach was, Akira weißt natürlich auch, dass ich vergeben bin... „Okay, wie du meinst.“, antwortete sie ihm und zusammen verließen sie das Schulgelände.   Die Temperaturen sanken, es war bereits dunkel und die Straßen wurden von den Laternen beleuchtet. Als sie am Park vorbei liefen, kam ein Motorradfahrer ihnen ungebremst entgegen. Akira warf sich auf Maron, sodass beide den anliegenden Hügel herunterrollten und auf dem feuchten Gras landeten. Als Maron die Augen öffnete fand sie sich unter ihrem Jahrgangskameraden wieder, der sich über sie stützte. Eindringlich schaute er ihr in die Augen, was ihr Herzklopfen und eine Schamesröte ins Gesicht brachte. Teilweise sah sie ihr eigenes Spiegelbild in seiner Brille. „Ehm... Danke für die Rettung!“ „Kein Problem. Immer wieder gern.“, erwiderte Akira, seinen Blick nicht von ihr abwendend. Ehe Maron Anstalten machen wollte aufzustehen, spürte sie im nächsten Augenblick Akira’s Lippen auf die ihrer ruhen. Geschockt riss sie ihre Augen auf. Was zum…! Bei dem minimalen Versuch ihn von sich zu schieben, wurde die Braunhaarige vom anderen sanft zu Boden gedrückt. Akira intensivierte den Kuss und strich mit einer Hand die langen Strähnen aus ihrem Gesicht, umfasst sanft ihre Wange. Maron’s Röte verdunkelte sich. Ihr Herz klopfte wie wild und ein flaues Gefühl breitete sich in ihrer Bauchgegend aus. Trotz der kalten Temperaturen wurde ihr ungewöhnlich warm. Nach kurzer Zeit löste Akira sich von ihr, setzte sich auf und richtete seine Brille. Maron drehte beschämt weg. Was- Wieso habe ich das zugelassen? Jetzt habe ich Chiaki betrogen und fremdgeküsst!! Scheiße! Scheiße! Scheiße!, ging es Maron angsterfüllt durch den Kopf, die Hände vor das Gesicht gehalten. Wie würde Chiaki reagieren, wenn er davon erfuhr? Würde er sie hassen und mit ihr Schluss machen?   „Entschuldigt bitte.“, hörte sie Akira hinter sich sagen. Überrascht drehte sie sich zu ihm um. „Ich weiß, du hast einen Freund, aber es hatte mich in dem Moment einfach überwältigt. Weißt du…, du bist hübsch und schlau und hast eine tolle Persönlichkeit…und du hast so eine besondere Anziehung…“, Akira kratzte sich schuldig den Kopf. „Ehm. Tut mir Leid…aber ich kann deine Gefühle nicht annehmen.“, sagte Maron ehrlich und stand ebenfalls auf. Akira musterte sie für einen Moment, was sie verunsicherte. „Darf ich dich weiterhin nach Hause begleiten? Ich verspreche, ich mache auch nichts!“, sagte er, die Hände in die Höhe gehalten. Maron zuckte reflexartig zurück, beäugte ihr Gegenüber kritisch. Wieso zögere ich so? Eigentlich sollte ich auch Nein sagen, aber er hatte sich ja entschuldigt…Ich sollte definitiv Nein sagen!   „O-Okay, aber ein zweites Mal lass ich dich nicht so davonkommen!“ Maron biss verärgert sich auf die Unterlippe. Wieso kann ich nicht Nein sagen! Die Röte in ihrem Gesicht war noch nicht von ihr gewichen, ebenso wie das flaue Gefühl in ihrem Magen. Akira schenkte ihr ein schiefes Grinsen, was ihr Herz noch wilder schlagen ließ. Nun reiß dich mal zusammen, Maron, ermahnte sie sich, sichtlich frustriert. Schweigend liefen die beiden Richtung Orleans. Maron hatte ihren Blick durchgehend auf den Boden geheftet, starke Gewissensbisse plagten sie.   „Maron!“ Als die Angesprochene aufblickte, sah sie Chiaki vor dem Eingang des Orléans stehen, seine Augen auf sie fixiert, die Miene ausdruckslos. Langsam wanderte sein Blick rüber zu Akira. Verdammt, wie soll ich ihm das mit den Kuss erklären?! Maron biss sich nervös auf die Lippe. Ohne die Anspannung zu merken, drehte sich Akira lächelnd zu Maron. „Also, ich gehe dann mal. Wir sehen uns in der Schule.“, sagte er mit gut gelaunter Stimme und umarmte sie zum Abschied. Diese wollte sich schnell von der Umarmung lösen, doch der Schwarzhaarige machte keine Anstalten loszulassen, drückte sie sogar fester an sich ran. Ebenso waren ihre Muskeln wie gelähmt. Was macht er da?! Sieht er nicht wie Chiaki uns beobachtet?! Maron konnte regelrecht Chiaki’s Blicke spüren, der sie durchbohrte. Schließlich ließ Akira endlich von ihr und ging davon, ließ sie verwirrt stehen. Nachdem der Mitschüler aus dem Blickfeld verschwunden, stand das Paar immer noch wie angewurzelt draußen vor dem Wohnblock. Nur wenige Schritte trennten sie voneinander. Maron hatte den Blick von Chiaki schuldbewusst abgewendet, während dieser sie weiterhin fixierte. Sie versuchte sich ihre Nervosität und Schuldgefühle nicht anmerken zu lassen.   Chiaki war der Erste, der anfing zu reden: “Wieso hatte er dich nach Hause gebracht? Soweit ich weiß, wohnt er nicht in der Nähe.” Die Stimme monoton und emotionslos. „Es war schon dunkel und er wollte so nett sein und mich begleiten damit nichts passiert!“, versuchte Maron ihm zu erklären, ihr Magen verkrampfte sich. Seine Augen strahlten nach wie vor Kälte und Distanziertheit aus. Lange Zeit sagte Chiaki nichts, sein Gesichtsausdruck war hart wie eine Maske. „Wieso bist du so rot und nervös? Oder weichst meinen Blicken aus?“, fragte er schließlich unangenehm ruhig, die Augenbraue prüfend hochgezogen. Maron ahnte, dass er auf die Diskussion vor einer Woche ansetzen wollte. „Die ganze Sache ist doch absurd!“, brach sie aufgebracht hervor, die Hände zu Fäusten geballt. „Ich- Ich empfinde nichts für Akira, okay?! Ich- Ich weiß nicht wieso ich so reagiere bzw. mein Körper so reagiert, wieso ich nervös um ihm rum werde, aber-…“ „Ich glaube, ich weiß wieso.“, sagte Chiaki trocken. Sie hielt inne, überlegte was er damit meinte, ging einige wenige Schritte näher. Ihren Blick unsicher fragend. „Glaubst du etwa….dass Akira Adam’s Wiedergeburt ist?“ „Wäre gut möglich. Ein fremder Typ taucht plötzlich auf und wirft dich komplett aus der Bahn. Gott hat ja gesagt, dass ein starkes Band Adam und Eva verbindet.“ „Dann wäre er aber auch mit hoher Wahrscheinlichkeit unser Feind. Du weißt doch, Adam's Seele befand sich in den Händen des bösen Königs! Außerdem ist nichts bestätigt!“ Chiaki schwieg sie an. Maron stöhnt frustriert auf. In ihrem Kopf herrschte das komplette Chaos. War es wahrscheinlich wirklich der Grund, weshalb sie so verlegen in seiner Gegenwart war? Wieso ihr Herz klopfte? Und dieses flaue Gefühl im Magen…Dennoch hatte sie Akira vor paar Minuten einen Korb gegeben.   Die Kamikaze-Diebin wusste nicht was sie sagen und denken sollte. Die Gefühlslosigkeit ihres Freundes brachte sie ebenfalls aus der Fassung. Sie ging langsam auf Chiaki zu und nahm seine linke Hand in beiden Händen. Dieser machte keine Anstalten sie von ihr wegzuziehen. „Chiaki...Bitte lass uns mit den Streit aufhören. Ich vermisse dich und...“, bat sie nahezu flehend. Kleine Tränen rollten ihr Gesicht herunter. Vorsichtig schaute Maron zu ihrem Freund hoch. Ein kleiner Schmerzenslaut entfuhr ihm und er hielt sich mit der anderen Hand den Kopf. Benommen blinzelte der Kaito sie an, wie als würde aus einem tiefen Schlaf aufwachen. Erstaunt beobachtete sie, wie seine Augen weicher wurden, von der Kälte abließen und sie mit derselben Wärme anschauten, die sie kannte. Ehe Maron sich versah, zog Chiaki sie an sich, drückte sie sanft an seine Brust und umschloss sie in eine feste Umarmung. „Ich möchte auch mit dem Streit aufhören. Es tut mir leid...Es tut mir leid, dass ich so kalt zu dir war.“, sagte er leise in ihre Haare rein. „Ich habe dich auch vermisst.“, fügte er hinzu und drückte Maron noch mehr ans sich ran. Er scheint wie ausgewechselt… Jetzt ist er wieder der alte.... Die Kamikaze-Diebin erwiderte die Umarmung erleichtert. Noch mehr Tränen rollten ihr das Gesicht herunter. Sie hob ihren Kopf, stellte sich auf die Zehenspitzen und versiegelte ihre Lippen zu einem innigen Kuss. Die Sehnsucht zueinander war groß und dies ließen sie sich spüren. Das fühlt sich richtig an... Vergessen war der Kuss mit Akira. Vergessen war auch der Streit. Sie gaben sich komplett dem Moment hin.   Hand in Hand ging das Paar in Maron’s Wohnung rein. „Es ist spät... Reden wir morgen in Ruhe über alles?“, fragte Chiaki und strich Maron liebevoll über die Wange. Diese nickte, überwältigt von Gefühlen. Dann beichte ich ihm morgen was passiert ist... Dann gingen sie gemeinsam ins Bett. Fin und Access, die alles von der Ferne beobachten lächelten erleichtert auf.   ***   Auch Miyako war glücklich darüber, als sie am nächsten Tag sah, dass sich ihre Freunde vertragen hatten. Sie und Maron aßen auf dem Schuldach ihr Mittagessen, während Chiaki einen Termin bei ihrem Sportlehrer bzw. seinem Fußballtrainer hatte. „Ich bin froh, dass zwischen euch alles in Ordnung ist. Habt ihr euch ausgesprochen?“ „Nein, wir wollten heute miteinander reden, weil es gestern zu spät war.“ Maron war aufgeregt mit ihm später zu reden und auch die Sache mit Akira zu beichten, dennoch war sie froh, dass sie sich versöhnt hatten. Selbst Miyako hatte sie nichts gesagt, da sie zuerst mit Chiaki darüber reden wollte. „Okay. Ein Tag länger und Chiaki Nagoya hätte es mit mir zu tun gehabt! Dann hätte ich ihm ordentlich den Kopf gewaschen!“, sagte die Kurzhaarige ernst, zwinkerte trotzdem verspielt. “Ich gehe schon mal rein, ja? Mir wird langsam kalt.”, sagte sie als ein starker Windstoß vorbeizog und lief mit schnellen Schritten Richtung Tür. „Alles klar, ich komme gleich nach!“, rief Maron ihrer Freundin hinterher. Gut gelaunt beugte sie sich über das Geländer des Daches und schaute auf den Campus herunter, insbesondere zur Sporthalle, wartend darauf, dass ihr Freund von dort rauskäme. Sie dachte an den gestrigen Abend zurück, wie er sich den Kopf hielt und im nächsten Moment seine Augen sich veränderten. Ein wenig merkwürdig ist das schon…Vielleicht klären wir das heute Abend mit all den anderen Sachen! Die Freunde war groß als sie Chiaki aus dem Gebäude kommen sah und wollte ihn gerade rufen.   Auf einmal spürte Maron zwei Hände auf ihrem Rücken, die sie über das Geländer stießen. Sie verlor direkt das Gleichgewicht. Wie in Zeitlupe drehte sie sich im Fall um 180 Grad, um einen Blick auf ihren Angreifer zu erhaschen. Huh...?! Schwarze lange Haare wehten im Wind, bevor sie aus Maron’s Blickfeld verschwanden und alles um sie rum schwarz wurde.   Chapter 13: Creeping Hours --------------------------   Chapter 13: Creeping Hours   Chiaki verabschiedete sich von seinem Sportlehrer und gleichzeitig Fußballtrainer, der mit ihm die nächsten Trainingseinheiten für das nächste Schuljahr besprochen hatte. Eigentlich hatte der Blauhaarige dem Älteren so gut wie kaum zugehört und nur in den passenden Momenten genickt oder geantwortet. Vielmehr dachte er über die letzten Tage nach, insbesondere über Maron. Er fühlte sich wie, als wäre er aus einem langen Schlaf aufgewacht. Seit dem gestrigen Abend versuchte Chiaki die gesamte Woche Revue passieren zu lassen, vom Streit bis zum jetzigen Moment. Doch das einzige woran er sich klar erinnern konnte waren, wie die Kopfschmerzen während der Diskussion mit Maron von Sekunde zu Sekunde zunahmen und er rausgehen wollte, um frische Luft zu schnappen und um seine Nerven zu beruhigen. Aus unerfindlichen Gründen konnte sich noch nicht mal erinnern, worum es genau in dem Streit ging. Auch die Tage danach verliefen für ihn wie in einem Traum ab. Er hatte alles um sich rum wahrgenommen, konnte sich aber an keine Details erinnern. Konnte sich nicht erinnern, was genau um ihn herum passierte oder wie er sich fühlte. Es war wie, als wäre er die ganze Woche unter Wasser gewesen und neulich erst wieder an die Oberfläche aufgetaucht. Die frischeste Erinnerung war schließlich die, wie Maron traurig vor ihm stand und auf ihm einredete. Die ganze Situation brachte den jungen Mann aus dem Verstand. Was ist das bloß, verdammt?! Leide ich schon am frühzeitigen Gedächtnisverlust? Vielleicht sollte ich mir von Vater ein paar Tabletten geben…, dachte er sich frustriert, rieb sich mit einer Hand angestrengt über die Augen und kniff sich den Nasenrücken. Chiaki musste auf jeden Fall mit Maron darüber reden. Er war ihr nicht nur eine Entschuldigung, sondern auch eine Erklärung schuldig, auch wenn er selbst nicht verstand was vor sich ging. Als er das Sportgebäude verließ, verspürte er wieder Mals ein Stechen in seinem Kopf, sogar stärker als zuvor. Mit einer hastigen Bewegung lehnte er sich mit dem Rücken gegen die Wand an, wartete bis der Schmerz vorbei war.   Es war ein grauer, wolkiger Tag, mit gelegentlichem Wind. Die Bäume wedelten mit ihren Ästen und Zweigen. Als der Blauhaarige sich zum Hauptgebäude der Schule begab, war große Aufregung auf dem Schulhof. Zahlreiche Schüler rannten an ihn vorbei. „Hey! Schaut! Was passiert da?“ „Da stürzt jemand vom Dach!“ „Ein Mädchen stürzt runter!“ Waren Maron und Miyako nicht auf dem Dach?, ging es Chiaki benommen durch den Kopf. Als er aufblickte, blieb sein Herz stehen und sein Blut gefror. Wie in Zeitlupe konnte er sehen, wie Maron mit dem Rücken voraus über das Geländer fiel. Seine Augen rissen sich weit auf. Angstschweiß bildeten sich auf der Stirn. Er wurde kreidebleich. Für den Moment war er wie erstarrt. Alles andere war vergessen. „MARON!!!!“ Chiaki setzte sich in Bewegung. Verdammte Scheiße!!! Ich kann vor der gesamten Schule nicht einfach hochspringen und sie auffangen!! Zähneknirschend rannte der Kaito los und kämpfte sich an die umstehenden Schüler vorbei.   Auch im Klassenzimmer herrscht plötzliches Chaos, als Miyako es betrat. Die gesamte Klasse hatte sich an den Fenstern versammelt. Aufgeregtes Gemurmel war zu hören. Einige rannten aus dem Zimmer raus, wollten nach draußen. Neugierig lief sie zum Fenster und schaute in die Richtung, wo alle anderen auch hinblickten. Ihr stockte der Atem. „OH NEIN! MARON!“, rief sie geschockt. Sofort lief die Kurzhaarige zum Schulhof runter.   Zur gleichen Zeit bekamen auch die Lehrer von dem Tumult mit. Als Hijiri aus dem Gebäude blickte, war Maron nur noch wenige Millisekunden vom tödlichen Aufprall entfernt. Maron!! Blitzschnell schoss er unbemerkt ein unsichtbares Kraftfeld in ihrer Richtung, sodass sie unbeschadet auf dem Boden landete.   Eine Menschentraube hatte sich um die Braunhaarige gebildet, die bewusstlos auf dem Boden lag. Chiaki schob alle direkt bei Seite. „Aus dem Weg!“, fluchte er. Als er seine Freundin erblickte, rannte er auf sie zu, kniete sich vor ihr hin, hob sie vom Boden. „Maron?! Maron!! Bitte wach auf!!“ Auch Miyako zwängte sich durch und stellte sich neben Chiaki. „Maron! Chiaki! HEY! Hat einer von euch schon einen Krankenwagen gerufen?!“, rief sie aufgebracht in die Menschenmenge rein. Keiner schien zunächst auf die Polizeitochter zu reagieren. „Gafft hier nicht rum und holt Hilfe, verdammt!!! Sonst zeige ich euch alle bei meinem Vater wegen unterlassener Hilfeleistung an!!!! Das meine ich ernst!!!!“ „Ein- Ein Krankenwagen ist unterwegs!“, sagte eine Mitschülerin schließlich. Teilweise zufrieden gestellt wandte sich Miyako besorgt wieder zu Chiaki, der den Rücken zur Menge gewandt hatte und Maron immer noch in seinen Armen hielt. Dieser hatte alles um sich herum ausgeblendet. Seine Gedanken kreisten um seine große Liebe und das sie überleben solle. Mittlerweile versuchten die Lehrer die Situation unter Kontrolle zu bekommen und alle Schüler in ihre Klassen zu schicken. Kurze Zeit später war schon der Notdienst am Schulgelände angetroffen. Zwei Sanitäter trugen Maron auf einer Trage in den Krankenwagen. „Kann ich mitkommen? Sie ist meine Freundin!“, fragte Chiaki einer der Männer, der ohne Wiedersprüche nickte. „Chiaki!“, der Angesprochene drehte sich zu Miyako um, ihr Blick verängstigt, eine feuchte Spur glänzte auf ihrer Wange. Hinter ihr erblickte er auch Hijiri, der gestresst und besorgt wirkte. „Gib mir Bescheid, wie es ihr geht! Ich komme dann nach.“ Mit einem Nicken stieg der Blauhaarige in den Wagen.   Die Fahrt zum Krankenhaus fühlte sich wie eine Ewigkeit für den Jugendlichen an. Maron... Stirbt nicht! Bitte!, betete er und nahm ihre rechte Hand in beiden Händen. Dort angekommen, war es Kaiki der sie empfing. „Vater!“ „Bringt sie rein! Ich kümmere mich um den Rest!“, sagte dieser zu seinen Sanitäter, als sie Maron rein rollten. Ein paar Krankenschwestern drängten sich vorbei und gingen in den Raum rein. Im letzten Moment hielt Chiaki seinen Vater am Ellenbogen zurück. „Bitte... Rettet sie…“, flehte er ihn leise an. Hilflosigkeit und Verzweiflung zeigte sich in seinem Gesicht. Aufmunternd lächelte Kaiki seinen Sohn an und packte ihn kurz an der Schulter: „Keine Sorge. Sie ist ein starkes Mädchen.“ Mit den Worten verschwand der Chefarzt in die Notaufnahme.   ***   Es waren unterdessen drei Stunden vergangen, in der der Nagoya-Sprössling auf seinen Vater wartete und hören wollte wie es seiner Freundin ging. Mehrmals kam Kaiki raus und ließ Maron in eine andere Station schicken. Seinen Sohn hatte der Krankenhausleiter in den Wartebereich an der Rezeption geschickt, um ungestört arbeiten zu können. Der Chefarzt konnte nachempfinden was sein Junge innerlich durchmachte, schließlich war er vor vielen Jahren in einer ähnlichen Situation. Dennoch musste er seine Professionalität und innere Ruhe aufrechterhalten, insbesondere weil es sich bei der Patientin um die Freundin seines Sohnes und potentielle, zukünftige Schwiegertochter handelte, die ihm vom Tag eins an ans Herz gewachsen war. Derweil hatte Chiaki sich in einen dünnen, weißen Kapuzenpulli und graue Jeans umgezogen, die Kagura ihm aus seiner Wohnung brachte, damit er nicht den ganzen Tag in Schuluniform rumlaufen musste.   Ungeduldig saß der Kaito auf seinem Stuhl, den Blick Richtung Korridor gefestigt. Seine Hände waren auf seinen Knien abgestützt, die Finger verkrampft ineinander verschränkt, bis die Knöchel weiß wurden. Nervös kratzte er sich mit dem Daumennagel am Nagelansatz vom Zeige- und Mittelfinger bis sie blutig wurden. Plötzlich hörte er jemand nach ihm rufen. „Chiaki!“ Es war Miyako, die aus dem Haupteingang herein kam und auf den Blauhaarigen zulief, hinter ihr Inspektor Toudaiji. Auch sie war in ihren Alltagsklamotten bekleidet. „Hast du schon was gehört?“ Stumm schüttelte der Angesprochene den Kopf. Die Kurzhaarige ließ sich bedrückt neben ihm sinken. „Chiaki, ich weiß, du hast momentan größere Sorgen, aber wir bräuchten eine Zeugenaussage von dir bezüglich Maron’s Sturzes.“, sprach Himuro Toudaiji sachlich auf ihn ein. Fragend schaute der Blauhaarige ihn und seine Tochter an. „Nachdem der Krankenwagen weg war und die Lehrer alle Klassen unter Kontrolle gebracht hatten, kam mein Vater -mit Akita, Haruta und so- und hatten die gesamte Schule wegen dem Vorfall befragt. Jeder musste eine Aussage machen, was sie gesehen hatten, wen sie gesehen hatten, was sie zum besagten Zeitraum gemacht hatten, und so weiter.“, erklärte Miyako ruhig. „Bis jetzt behaupten alle, dass sie niemand anderen auf dem Dach sahen außer Maron…und mir, aber ich bin um die zehn Minuten eher reingegangen.“ „Verstehe…“, sagte er kraftlos, schaute zum Inspektor hoch und rekapitulierte nochmals die Schreckensmomente aus seiner Sicht. „Nachdem ich mit unseren Sportlehrer geredet hatte und aus der Sporthalle raus kam… sah ich Maron fallen…aber keine weitere Person befand sich auf dem Dach.“ Himuro notierte sich dies, machte eine kritische Miene und sagte: „Hm…Dann müssen wir warten, bis Maron wieder ansprechbar ist. Denn offiziell sieht es so aus als wäre sie von alleine-“ „Das würde sie niemals machen, Papa! Das weißt du!“, unterbrach Miyako ihren Vater wütend. Dieser seufzte erschöpft. „Ich weiß… aber so sehen zurzeit die Fakten aus.“ Natürlich wusste er, dass die beste Freundin seiner Miyako nicht Suizid begeben würde. Dafür kannte er das junge Mädchen lange genug, fast wie als wäre sie seine eigene Tochter. Während Vater und Tochter miteinander argumentieren und diskutierten, blockte Chiaki alles aus seiner Umgebung ab. Immer wieder wiederholte er Maron’s Namen in seinen Gedanken, betete um ihr Leben. Sofort stand er auf, als er seinen Vater erblickte, der auf sie zukam. Der Gesichtsausdruck des Arztes: besorgniserregend.   „Also. wir hatten alle möglichen Test und Untersuchungen durchgeführt -wie MRT- um insbesondere mögliche Kopfverletzungen auszuschließen. Im Großen und Ganzen ist mit ihr alles in Ordnung. Keine Knochenbrüche, keine innere Verletzungen oder Blutungen. Ihr Herz schlägt auch normal. An vereinzelten Stellen waren blaue Flecken am Arm und Bein, die aber nicht von heute kamen. Im Grunde genommen geht es ihr körperlich blendend. Ich kann mir so was nicht erklären… besonders nicht bei so einem Fall von so vielen Metern Höhe. Dass sie das überlebt hat ist auch ein Wunder! Es ist wie als wäre sie eher vom ersten Stock gefallen.“ Kaiki hielt kurz inne um tief durchzuatmen. „Wahrscheinlich hatte sie während des Sturzes einen psychischen Schock erlitten, wodurch sie das Bewusstsein verlor. Sie befindet sich momentan in einem schlafenden Zustand und sie sollte eigentlich auf natürlicher Weise aufwachen…aber wenn sie bis morgen nicht es nicht tut, könnte es kritisch werden.“ Der Chefarzt warf einen letzten prüfenden Blick auf sein Klemmbrett, um ja nichts vergessen zu haben. Miyako und ihr Vater hatten ihm fassungslos zugehört. „Maron…“ Chiaki ballte seine Hände zu Fäusten, er spürte wie sich die Fingernägel in seine Handfläche bohrten. Schuldgefühle übermahnten ihn. Verbittert drehte er sich weg, schlug sich mit der Handfläche auf die Stirn, biss sich auf die Lippe. „Es ist alles meine Schuld…! Ich-…Ich habe sie im Stich gelassen.“ Dabei wollte ich sie beschützen! Ich habe versprochen, nein geschworen, sie zu beschützten!! Ich konnte sie nicht beschützen!!! Ich konnte nichts machen!!! Er war wütend. Wütend auf sich selbst. Wütend darauf, dass er sie tagelang leiden ließ. Wütend darauf, dass er nicht für sie da war, wenn sie ihn brauchte. Was für ein elender Versager ich doch bin… Kaiki konnte die Gefühle, die in seinem Sohn vorgingen, in seinem Gesicht ablesen. Noch nie hatte er ihn so emotional aufgewühlt gesehen, besonders nicht seit dem Tod seiner Mutter. Er ging auf Chiaki zu und zog ihn mit einem Arm an sich heran. Der Jüngere ließ das Gewähren, lehnte seinen Kopf an die väterliche Schulter. Vater…hattest du dich damals bei Mutter genauso gefühlt…? Lange war es her, seit dem sein Vater ihn das letzte Mal in den Arm nahm. Für den Moment beruhigte und entspannte er sich. „Vater…Bitte. Tu alles was in deiner Macht steht…Sie… sie ist der wichtigste Mensch auf der Welt für mich…“, flüsterte Chiaki leise. Mit einem mitfühlenden Lächeln schaute der Angesprochene ihn an. „Komm setz dich zu ihr. Das wird bestimmt helfen.“   ***   Im Krankenzimmer war es ruhig. Maron lag reglos auf dem Krankenbett. Ihre Brust hob sich schwach rauf und runter. Nur das Piepsen des EKGs, welches ihres Herzschlages maß, unterbrach in einem regelmäßigen Rhythmus die Stille. Chiaki saß wie gefesselt auf einem Stuhl neben ihr, darauf wartend, dass sie aufwachte. Ihre rechte Hand war von seinen beiden umschlossen. Sanft strich er ihr immer wieder über den Handrücken. Bitte wach auf…! Miyako saß an einem Tisch am anderen Ende des Zimmers. Ihr Vater war bereits nach Hause gegangen, nachdem auch ihre Mutter kurz vorbeischaute und Blumen brachte. Ihre Eltern bestanden darauf, dass sie mit nach Hause kommen sollte, doch sie weigerte sich ihre beste Freundin zurückzulassen. Diese gaben schließlich nach und redeten mit Kaiki im Korridor darüber, die Kinder für den nächsten Tag von der Schule zu befreien. Die Dunkelhaarige hatte bereits Yamato -der noch krankgeschrieben war- per SMS darüber Bescheid gegeben, was passiert war. Dieser ließ seine besten Wünsche und Hoffnungen ausrichten. In der Zwischenzeit kamen vereinzelte Mitschüler und Klassenkameraden vorbei, die Blumen und Grußkarten brachten. Miyako empfing die Geschenke höflich und schickte ihre Altersgenossen sofort wieder weg. Sie hatte keinen Nerv für unnötige, anstandslose Fragen.   Draußen ging allmählich die Sonne unter und die Nacht brach langsam ein. Als die angehende Polizistin aufstand, um sich einen Kaffee zu holen, stand Hijiri vor der Tür. „Darf ich rein?“, fragte er vorsichtig. Die Schülerin nickte kurz -das Gesicht deprimiert und erschöpft- und lief an ihm vorbei Richtung Cafeteria. Der Rothaarige ging mit leisen Schritten ins Zimmer rein, die Hände in den Taschen vergraben und stellte sich neben Chiaki. Seitdem der Jüngere an Maron’s Bett saß, hatte er nichts mehr aus seinem Umfeld mitbekommen. Dass der ehemalige Dämonenritter neben ihm stand, nahm er nur bedingt wahr. Das wichtigste für den Jungen war das schlafende Mädchen vor ihm. Auch Hijiri schaute besorgt auf die Reinkarnation seiner großen Liebe herunter. „Du müsstest mir danken…“, fing er an zu sagen, „In letzter Sekunde konnte ich ihren Sturz so abfedern, dass sie unverletzt blieb.“ Der Schüler erwiderte nichts oder wendete seinen Blick von Maron ab. „Denkst du auch jemand hat sie runtergestoßen? Die Frage wäre dann ‚Wer‘?“ Wieder traf er auf Schweigen. Hijiri seufzte, fuhr sich unbeholfen über die kurzen Haare. Er war es gewohnt, dass der Blauhaarige kaum oder gar nicht mit ihm sprach, dennoch versuchte er immer wieder eine freundschaftliche Basis aufrechtzuerhalten. Schließlich verstand er sich mit Maron und ihren anderen Freunden gut. Selbst mit den Engeln kam er um weiteres besser zurecht, als mit dem jungen Kaito. „Kann ich irgendwas für dich tun?“, fragte er schließlich, um sich nützlich machen zu wollen. Zu seiner Überraschung antwortet ihm Chiaki mit monotoner Stimme: „Kannst du Fin und Access Bescheid geben was passiert ist? Sie müssten irgendwo in der Stadt Patrouille halten.“ Perplex schaute der Ältere auf den Jüngeren runter. Will er mich loswerden…? „Okay, wie Sie wünschen.“ Der Lehrer entfernte von dem Paar und öffnete die Tür. „Noyn….“ Halben Schrittes hielt der Angesprochene inne und drehte sich gespannt um. Chiaki saß weiterhin mit dem Rücken gewandt vor ihm, den Blick auf Maron fixiert. „Danke…“, kam es von dem Kaito kaum hörbar. Mit einem Lächeln begab sich Hijiri aus dem Zimmer und schloss mit einem „Gern geschehen.“ die Tür.   Im Flur begegnete er Miyako, die neben der Tür gelehnt war, ihren Kopf gesenkt hatte und einen Trinkbecher in der Hand hielt. „Willst du nicht wieder rein gehen?“, fragte er verwundert. Die Kurzhaarige wendete ihren Blick von ihrem Getränk ab und schaute zu Hijiri hoch. Der Warlock konnte ihren Blick nicht deuten, und schaute sie erwartungsvoll an. Wollte sie ihm was sagen? Im nächsten Moment verbeugte sich die Schülerin vor ihm, den Becher in beiden Händen fest umklammert, darauf bedacht nichts zu verschütten. „Danke, dass du Maron gerettet hast.“ Überrascht machte ihr Gegenüber große Augen. „Ich habe gehört, was du Chiaki gesagt hast… und ich bin dir durchaus dankbar dafür! Ich- ich bin mir sicher, dass Chiaki dasselbe empfindet, auch wenn er es sich nicht eingestehen will.“, fügte sie hinzu, nachdem sie sich wieder aufrichtete. „Ich habe versprochen sie zu beschützen…sie beide zu beschützen. Und das tue ich auch…meiner Jeanne d’Arc zu Liebe…“, sagte Hijiri ehrlich. Die junge Frau nickte, lächelte ihn kurz an und ging wieder ins Krankenzimmer rein. Noyn machte sich währenddessen auf die Suche nach Silk und den Himmelsengeln.   Es dauerte nicht lange bis das Engelspaar durch das Fenster reingeflogen kam. Noyn hatte sich mit Silk nach Hause begeben und ausgerichtet, er würde am nächsten Tag nach der Schule sie wieder besuchen kommen. „Maron…oh nein, oh nein, oh nein, oh nein!“, rief Fin entsetzt als sie sich auf die Fensterbank absetzte, Tränen liefen ihr das Gesicht herunter. Access legte tröstend einen Arm um sie. „Wie geht es ihr?“, fragte er seinen Partner. Miyako stand auf und gesellte sich zu den dreien. Sie legte beistehend eine Hand auf Chiaki’s Rücken. Dieser blickte kurz zu den Engeln auf. „Mein Vater sagte, sie hat keinerlei Verletzungen und dass sie von selbst aufwachen sollte. Jedoch sind es schon vier Stunden her seit sie hier liegt. Sie hatte sich bisher auch keinen Millimeter bewegt.“ Ihm entfuhr ein müdes Seufzen. Plötzlich entsprang ihm eine Idee. „Ihr habt doch Heilkräfte. Könnt ihr vielleicht was machen damit sie aufwacht?“ „Hmm…ich schau mal.“, sagte der männliche Engel, verwandelte sich mit einem Puff in seine Himmelsengelform und stellte sich auf die andere Bettseite. Seine Handflächen fingen an zu leuchten und ließ sie über Maron wandern. „Wie du gesagt hast, sie hat keine Verletzungen…allerdings scheint es wie -wie sag ich das am besten-…als hätte sich ihr Bewusstsein oder wohl eher ihr Geist zurückgezogen. Wir kommen nicht an sie ran…sie müsste, wie dein Vater bereits sagte, von alleine wieder wach werden.“ „Und…was ist wenn sie es nicht tut?“, fragte Miyako. Access zögerte mit seiner Antwort. „Hoffen wir, dass sie es tut.“, sagte er schließlich. Die Polizeitochter lief ein paar Schritte rückwärts und ließ sich geistesabwesend auf ihrem Stuhl fallen. Chiaki verstärkte für einen Moment den Druck um Maron’s Hand, ließ jedoch sofort wieder locker. „Es tut mir leid, Kumpel.“, hörte er Access neben sich sagen, eine Hand auf die Schulter gelegt. „Noch ist die Hoffnung nicht verloren…“ Der Blauhaarige gab dem anderen ein schwaches Lächeln, welches die Augen nicht erreichte. Diese spiegelten Frust und Verzweiflung wider.   ***    Kaiki machte seine letzten Rundgänge durch das Gebäude. Es war gespenstig ruhig im Krankenhaus. Die meisten Patienten schliefen und nur wenige Mitarbeiter waren wie er wach. Das letzte Zimmer in der er vorbeischauen wollte, war das von Maron Kusakabe. Leise öffnete er die Tür. Als erstes erblickte er Miyako Toudaiji, die auf dem Tisch seelenruhig eingeschlafen war. Ihre Arme dienten ihr als Kissen und eine Decke war über sie gelegt. Auf der Tischoberfläche verteilt waren Blumen in einer großen Vase, Grußkarten sowie einige Bentoboxen und Essenstabletts zu sehen. Unsichtbar für seine Augen - Access und Fin schliefen eng aneinander gekuschelt auf dem Stuhl neben ihr, Miyako’s Halstuch diente ihnen als Decke. Der Chefarzt ließ seinen Blick ans andere Ende des Zimmers schweifen. Sein Sohn saß nach wie vor in seinem Stuhl angelehnt neben dem Krankenbett und hielt die Hand der Patientin. Er hatte Kopfhörer in den Ohren. „Du solltest auch etwas schlafen.“, sagte Kaiki zu seinem Sohn sanft. Dieser nahm seine Kopfhörer ab und schüttelte schwach den Kopf. „Ich will für sie da sein, sobald sie aufwacht.“ Der Ältere seufzte kurz. „Ich weiß, dir ist es egal, aber du musst auch an dich selbst denken. Ich brauche nicht Arzt zu sein, um zu sehen wie angeschlagen du bist…und das nicht nur von heute.“ „Meine oberste Priorität ist Maron. Ihr Wohlbefinden, ihre Gesundheit, ihre Sicherheit, ihr Glück…Sie alle stehen um weiteres über meins. Sie war so viele Jahre allein und ich hatte in der Vergangenheit ihr viel Unrecht getan…Es ist nur fair, das ich alles stehen und liegen lasse und für sie da bin.“ „Chiaki…“ „Mir geht es gut, Vater. Wirklich.“, sagte der Angesprochene mit bekräftigender Stimme. Kaiki konnte seine Gefühle verstehen, dennoch machte er sich große Sorgen um die Gesundheit seines Sohnes. Nach längerem Zögern beschloss er das Thema ruhen zulassen. Es war ein emotional turbulenter Tag für seinen Jungen. Er holte ein Kissen und eine Decke aus dem Schrank, legte dem Jüngeren die Decke über die Schulter und positionierte das Kissen zwischen Kopf und Stuhllehne. Dieser schaute perplex zu seinem Vater hoch. Der Krankenhausdirektor lächelte nur auf seinen Sohn herab. Chiaki bedankte sich mit einem Nicken und zog die Decke enger um sich. Mit leisen Schritten verließ Kaiki das Zimmer und wanderte durch die Korridore entlang zu seinem Büro. Immer noch haftete das Lächeln auf seinem Gesicht. Wie der Vater, so der Sohn… Das Bild des jungen Paares erinnerte ihn an ihn selbst und Midori, wie er tage- und nächtelang nicht von ihr wich, als sie für ihre Krankheit ins Krankenhaus eingewiesen wurde. Bis allerdings zu dem Tag, als sich ihr Zustand komplett verschlechterte und sie schließlich darauf beharrte, dass er nicht mehr zu ihr ans Bett kommen sollte. „Deine letzte Erinnerung von mir, soll nicht die sein, in der ich im Sterben liege, Kaiki.“, sagte sie ihm mit ein Lächeln. Chiaki’s Vater stieß ein kurzes, leicht verbittertes Lachen aus. Letztendlich war seine letzte Erinnerung von ihr, die wie sie ihn anlächelte. Das Lächeln, in das er sich von Tag eins an verliebte. In seinem Büro angekommen ließ Kaiki sich -mit dem Rücken voraus- erschöpft auf die Couch fallen und nach wenigen Minuten schlief auch er ein, mit den Gedanken an seine verstorbene Frau und dem jungen Paar am anderen Ende des Gebäude.   Der nächste Morgen brach an. Müde kniff Chiaki sich die Augen, als die Sonne durch die Fenster schien, sich durch die dünnen Vorhänge kämpfte. Leicht geblendet hielt er sich die freie Hand vor das Gesicht. Er schaute träge auf die Uhr. 7:00 Uhr morgens…und sie ist immer noch nicht aufgewacht oder hat einen Finger gerührt. Gott…wenn du wirklich über uns wachst…Bitte lass Maron wach werden… Auf einmal spürte er etwas in seiner rechten Hand. Eine leichte Bewegung. Zuerst kaum bemerkbar, doch dann mit mehr und mehr Druck, bis sich ihre Finger angestrengt um seine schlossen. Nahezu unauffällig regte Maron ihren Kopf. Kniff ihre Augen leicht zusammen. Ihre Wimpern flatterten bei der minimalen Bewegung. Leise unverständliche Laute entkamen ihr. Sofort stand Chiaki auf, beugte sich über sie und legte seine linke Hand auf ihre rechte Wange. „Maron!“ Chapter 14: War of Hearts -------------------------   Chapter 14: War of Hearts     I can't help but love you Even though I try not to I can't help but want you I know that I'd die without you   [Ruelle – War of Hearts]  ---------------------------------------------------------   Der Himmel war mit dunklen Wolken bedenkt, welches ihn schwarz verfärbte. Es regnete in Strömen. Die Menschen begaben sich sofort in ihren Häusern. Im Einklang fielen die Türen und Fenster zu.   Ein Junge, ungefähr 16 Jahre, saß inmitten der leeren Straßen, an einer Hauswand angelehnt, ungeschützt vom Regen. Seine Arme ruhten auf die angewinkelten Beine. Seine Kleider waren zerfetzt und mit Flecken übersäht. Sein Blick war leblos. Sein Kopf war leer. Seine kurzen, schwarzen Haare klebten ihm im Gesicht. Sein Gesicht war mit blauen und roten Flecken sowie Kratzern bedeckt, die er sich bei einer Prügelei mit einigen adeligen Landesjungen eingeholt hatte. Als ‚stinkenden Bettler‘ hatte man ihn beschimpft, was er nicht auf sich sitzen ließ. Dabei war er alles andere als nur ein Bettler, er war ein Überlebender. Jemand der mit jedem Tag überleben wollte. Doch für was wollte er Leben? Er seufzte, lehnte seinen Kopf an seine Arme an und schloss die Augen. Innerlich hoffte er, dass der Tod doch kommen würde. Der Junge blendete alles um sich rum aus. Er hörte die Schritte und Pferdehufen nicht, die sich ihm näherten und anhielten. Plötzlich spürte er etwas, was ihn zusammenzucken ließ und in die Gegenwart zurückbrachte. Erschrocken blinzelte er auf, seine lila-grauen Augen weiteten sich. Ein junges Mädchen, ungefähr seines Alters, stand vor ihm. Sie hatte dem Jungen eine Decke über den Kopf gelegt und lächelte freundlich auf ihm herab. Für eine Millisekunde dachte er, ein Engel stände vor ihm, so hübsch war sie. Sie trug einen großen, wärmespendenden Umhang, darunter war ein vornehmes Bauernkleid zusehen. Allein an ihren Klamotten sah er sofort, dass sie aus einer wohlhabenden Familie stammte. Ihr langes silbernes Haar, war nach hinten gebunden und war von der großen Kapuze des Umhangs geschützt. Ihre hellgrauen Augen hatten einen festen, starken und zugleich einfühlsamen Blick. Hinter ihr war ein weißes Pferd, welches ungeduldig schnaubte und mit den Hufen schabte. „Du stirbst sonst, wenn du dich nicht vor dem Regen schützt.“, sagte sie mit ruhiger Stimme. Der Junge verzog verärgert das Gesicht und zischte. „Was hast du dich einzumischen!“, fauchte er sie an. „Außerdem…! Es würde niemanden interessieren, wenn ich sterbe.“ „Hm? Dem Herrn würde es interessieren.“ „Dem Herrn?“ „Ja, Gott.“ Der Junge machte sich die stille Anmerkung, dass ihre Stimme was Angenehmes, Sanftes und zugleich Entschlossenes an sich hatte. „Gott hat dir das Leben geschenkt. Das kannst du nicht einfach wegwerfen!“ „Ach ja…?“ Er zog eine Augenbraue hoch. „Und wenn ich keinen Sinn mehr in meinem Leben sehe, welches er mir ‚schenkte‘?“ Es war kurz still zwischen den beiden Jugendlichen. Das Mädchen setzte sich in die Hocke, sodass sie mit ihrem Gegenüber auf Augenhöhe war. „Wieso? Wieso soll es keinen Sinn mehr machen zu leben?“, fragte sie unschuldig sowohl auch neugierig. Der Junge zögerte mit seiner Antwort und schaute zum Boden herunter. Als er sprach, war seine Stimme mit Bitterkeit und Trauer gezeichnet. „Meine Eltern wurden vor meinen Augen von diesen englischen Barbaren getötet. Ich verlor alles. Meine Familie, mein Zuhause, meine Existenz. Seit drei Jahren lebe ich auf der Straße und kämpfe um mein Leben. Doch…Was hat das für ein Sinn? Wofür lebe ich? Nur um jeden Tag halb verhungert aufzuwachen und hilflos durch die Stadt zu wandern, wo Menschen wie mich mit Dreck gleichgestellt werden? Wieso würde Gott einem das Leben schenken, wenn man nur am Leiden ist?“ Das Mädchen legte ihre Hand sanft auf seine. Die Berührung ließ ihn zusammenfahren. In dem Moment, als sich ihre Hände berührten, spürte er ein undefinierbares Gefühl auf seiner Haut. Ein warmes, angenehmes Kribbeln, was er noch nie verspürt hatte. „Ich verstehe deinen Verlust…Das mit deinen Eltern tut mir leid. Ich bin mir sicher, dass Gott um sie getrauert hatte und wünscht sich nun, dass du weiter kämpfst und weiter lebst.“ Der Dunkelhaarige entriss sich von ihrer Berührung und schwieg sie an. Er wollte kein Mitleid von ihr. Insbesondere nicht von jemanden aus dem noblen Sozialstand. „Du sagtest ‚englische Barbaren‘. Meintest du die Engländer?“, hörte er sie nach einer Weile sagen. Er verzog genervt das Gesicht und schaute sie direkt an. „Genau, die Engländer! Seit Jahrzehnten befinden wir uns mit diesen Dämonen im Krieg! Das weißt doch das ganze Königreich!“ „Ich weiß. Und ich werde unser Königreich vom ihnen befreien.“, kam es von ihr ruhig. Diese Aussage brachte ihrem Gegenüber komplett aus dem Konzept. „Ha?! Wovon redest du? Und wieso du?!“ „Der Herr und sein Engel haben zu mir gesprochen. Sie sagten, ich werde mit einem Schwert die ‚Dämonen‘ vertreiben und den Krieg beenden.“ Ihre hellgrauen Augen hafteten durchdringend auf seine, ließen sich nicht von seiner Perplexität beirren. „Welcher Engel?“, fragte der Junge prüfend. „Michael.“, kam es von ihr ohne Überlegung und Zögern. „Der Erzengel?“ „Ja, von ihm habe ich auch mein Schwert bekommen.“ Sie deutete auf ein großes, längliches, in Stoff eingepacktes Gepäckstück, welche an ihrem Pferd hing. „Und sie sagen dir, dass du den Krieg beendest? Ein Krieg der seit sonst wie vielen Jahrzehnten andauert?“, hakte er nach. Sein Gegenüber nickte. Der Junge musterte sie nachdenklich, spielte mit den Gedanken, ob er sie für verrückt erklären sollte, oder nicht. Allerdings sah sie nicht aus wie jemand, der nicht mehr ganz bei Sinnen war oder den Verstand verloren hatte. Der Schein kann aber auch trügen. „Du spinnst!“ „Ich spinne nicht.“ „Dann lügst du!“ „Ich lüge nicht. Ich bin gerade auf dem Weg, um meine Mission, die mir der Herr gab, anzutreten und zu erfüllen. Ich werde den König von meinen Visionen berichten und ihn um sein Vertrauen bitten.“ Die Entschlossenheit des Mädchens brachte den Jungen komplett aus der Fassung. Er starrte sie mit offenen Mund an. Für einen Moment wollte er ihr Glauben schenken, doch dann schüttelte er wild den Kopf. Tropfen spritzen aus seinen nassen Haaren. „Du bist aber ein Mädchen! Nur Männer dürfen Rüstungen tragen und für den König kämpfen!“ „Wer sagt, dass ich das nicht ändern kann?“ „Und was wenn man dich für eine Lügnerin oder Ketzerin hält? Du kannst in große Schwierigkeiten kommen?“ Sie schüttelte bestimmt den Kopf. „Der Herr wird mir beistehen.“ Zwischen den beiden herrschte angespanntes Schweigen. Auf einmal stand der Junge abrupt auf, die Decke rutsche ihm runter und fiel zu Boden. Er streckte dem Mädchen seine Hand aus, die überrascht aufblickte. „Ich komme mit dir! Wer weiß, was dir am Ende zustoßen wird. U-Und-“ Er zögerte weiterzusprechen. Seine Wangen liefen rosa an. „E-Ein Mädchen, wie du, kann nicht einfach ungeschützt durch das Land reisen! Überall lauern gefährliche Kreaturen in menschlicher Gestalt herum! D-Du brauchst auf jeden Fall eine männliche Begleitung. Nicht das du noch entführt wirst, oder schlimmer…“, fügte er schließlich kleinlaut hinzu. Sie schaute ihn mit großen Augen an, nahm schließlich lächelnd seine Hand und stand mit seiner Hilfe auf. Wieder verspürte er dieses warme Kribbeln, als sich ihre Hände berührten. „Danke! Ich weiß deine Gutherzigkeit sehr zu schätzen. Mein Name ist übrigens Jeanne. Jeanne d’Arc.“ Das Lächeln, was sie ihm schenkte, ließ seine Röte um paar Nuancen dunkler werden. „N-Noyn Claude.“, stotterte er verlegen. Jeanne setzte sich seitlich auf ihr Pferd auf. „Freut mich deine Bekanntschaft zu machen, Noyn Claude. Ich bin mir sicher, der Herr hat mich zu dir geschickt!“, sagte sie ehrlich erfreut. Nachdem dieser die Decke vom Boden nahm und eingepackt hatte, setzte er sich hinter ihr auf. Gemeinsam galoppierten sie aus der Stadt. Der Regen lichtete sich und die ersten Sonnenstrahlen brachen durch die dicke Wolkendecke. Jeanne nahm ihre Kapuze vom Kopf und nahm einen tiefen Atemzug von der frischen Regenluft. Sie löste ihren Zopf, sodass ihre Haare in einem edlen Silber über ihre Schulter glänzten. Noyn blieb für einen Augenblick der Atem stehen, er konnte seinen Blick nicht von ihr lösen. Wunderschön…wie ein Engel…oder eine Göttin, ging es ihm durch den Kopf. Ein -ihm bisher unbekanntes- Gefühl breitete sich in seiner Bauchgegend aus und ließ sein Herz schneller schlagen. Er schüttelte unbemerkt seinen Kopf und ließ seinen Blick nachdenklich über die Landschaft schweifen. Ein Regenbogen breitete sich über den Horizont aus. Ein Feld weißer Lilien war zu sehen. Es war merkwürdig. Vor einigen Minuten wollte Noyn den Tod willkommen heißen und nun folgte er diesem mysteriösen Mädchen auf ihrer -sogenannten- göttlichen Mission. Er wusste nicht was ihn erwartete, doch einst wusste er: diese Jeanne d’Arc gab ihm einen neuen Sinn im Leben.   *** Als Maron zu sich kam, wusste sie nicht wo sie sich befand. Doch sie spürte samtweiches Gras unter sich, die Grashalme kitzelten ihre Haut wie winzige Federn. Die Luft war erfrischend und trug denselben wohltuenden Duft mit sich, wie als wenn es geregnet hatte. Als Maron ihre Augen öffnete, fand sie sich auf einer Wiese wieder. Sie war in einem sättigendem moosgrün gefärbt und war teilweise mit weißen Lilien bedeckt. Sie blickte sich um. Vor ihren Augen erstreckte sich eine wunderschöne Landschaft mit einem großen See. Der Himmel war in einem grau-blau-magenta gefärbt und mit dünnen Wolken bedeckt. Hinter den Wolken strahlte schwach die Sonne. Maron konnte nicht einschätzen, welche Tageszeit in dieser Umgebung herrschte. Wo bin ich? Was ist passiert? Mein Kopf brummt… Sie rieb sich benommen den Kopf. Sie versuchte die jüngsten Erinnerungen sich ins Gedächtnis zu rufen. Ich…Ich war auf dem Schuldach mit Miyako…und dann? Was geschah dann? Als sie zu sich herunterblickte, stellte sie irritiert fest, dass sie ein weißes Kleid trug, anstatt ihre Schuluniform.   „Maron.“ Eine sanfte Frauenstimme vernahm sie neben sich. Es war Jeanne d'Arc, die ein elegantes, langes, metallisch-graues Kleid trug, welches gleichzeitig einer Rüstung glich. [x][x][x] Ihre Hände waren hinter dem Rücken verschränkt, ihre Augen in die Ferne gerichtet. Obwohl kein Wind wehte, so bewegten sich die kurzen Strähnen ihrer Haare sachte rauf und runter.   „Jeanne! Was machst du hier? Und wo sind wir?“, die Kamikaze-Diebin blickte sich fragend um. Zu ihrer Überraschung hatte das Umfeld sich mit dem Erscheinen der französischen Nationalheldin verändert. Neben dem See und der idyllische Natur, konnte Maron zu ihrer linken Seite Häuser und eine Kirche erkennen. Häuser, die nicht aus ihrer Kultur oder Zeit stammten. Bin ich wieder im französischen Mittelalter? „Du bist hier bei mir. In meiner Zeit…“, beantwortete Jeanne Maron’s Fragen und murmelte zu sich selbst, „Dieser Ort bringt Erinnerungen mit sich…“   „A-Aber wieso? Wieso bin ich hier?“ Die andere zuckte lachend mit den Schultern. „Vielleicht um etwas zu lernen?“ Sie wandte sich zu ihrer Reinkarnation und fragte mit einem wissenden Grinsen: „Gibt es etwas, dass du wissen möchtest, Maron?“ ***   „Oh, Ihr habt Euch die Haare geschnitten!“ Noyn riss überrascht die Augen auf, als Jeanne sich ihm näherte. „Ja. Ist praktischer…So kann man mir nicht an die Haare packen und der Helm passt auch besser.“ Jeanne fuhr ihre rechte Hand durch die kinnlangen Haare und nahm eine Strähne zwischen ihren Zeige- und Mittelfinger, begutachtete leicht besorgt die Spitzen. „Findest du, es sieht schlecht aus?“ Sofort wurde der -vor kurzem neu geschlagene- Ritter rot. „N-Nein…S-Sieht gut aus! E-Euer Gesicht kommt gut zur Geltung…“ Unbeholfen blickte Noyn zur Seite und sah auf einem kleinen Beet weiße Lilien wachsen. Er kniete sich kurz hin, pflückte eine Blüte raus und steckte sie der jungen Frau hinter dem linken Ohr. Er schenkte ihr ein liebevolles Lächeln. Jeanne’s Wangen bekamen einen rosa Schimmer. Sie ließ von ihrer Strähne los und verschränkte lächelnd die Arme hinter ihrem Rücken. „Danke! Da bin ich sehr froh! Und wie oft soll ich dir sagen, dass du die Formalitäten bei mir ablegen sollst. Als wir uns kennenlernten, hatten wir schließlich auch alles informal gehalten. Seit ich damals die Audienz im Königshof erhielt, bist du so übertrieben respektvoll zu mir.“ „W-was sollen die anderen auch denken, wenn ich euch keinen Respekt erweise! Außerdem, wenn unser Truppenanführer davon mitbekommt, könnte es Ärger geben.“, versuchte er sich rechzufertigen. „Ha? Was redest du da? Ich bin die Anführerin unserer Truppe.“ Geschlagen von dem Argument drehte Noyn sich weg und kratzte sich verlegen den Nacken. Jeanne fing an zu lachen, was sein Herz ein paar Sprünge versetzten ließ. Sie lachte ihn sichtlich aus und zog ihm am Ärmel hinter sich her. „Komm, wir brechen gleich auf!“   Es war über ein Jahr her, seit die beiden sich an dem regnerischen Tag begegneten. Seitdem war viel Geschehen. Jeanne d’Arc erhielt nach wenigen Tagen eine Audienz beim König, um ihre göttliche Botschaft zu vermitteln und erhielt dessen Vertrauen sowie Unterstützung. Auf königlichem Befehl wurde sie fürs Schwertkämpfen ausgebildet und erhielt eine ranghöhere Stellung als die eines Ritters. Kurze Zeit später führte sie die ersten Truppen an, die zur Befreiung Orléans führte und wofür sie erstmalig als Heldin gefeiert wurde. In der Zeit lernte auch Noyn von der Existenz richtiger Dämonen kennen und erfuhr, dass sie sich in den Herzen des Feindes eingenistet hatten. Wie Jeanne voraus sagte, so konnte sie diese Dämonen mit ihrem Schwert bannen. Schnell stellte sich heraus, dass auch Noyn die Seelen der Menschen von Dämonen befreien konnte. Er ließ sich zum Ritter ausbilden und trainierte mit Jeanne zusammen, um an ihrer Seite zu kämpfen, ihr beizustehen und sie zu beschützen. Nicht nur stand er ihr im Krieg zur Seite, sondern auch im normalen Leben als ihr bester Freund und Gefährte. Seit sie nach Orléans gezogen sind, lebten beide auch Tür an Tür in einer Pension nebeneinander. Egal wo sie sich befanden, Jeanne und Noyn traf man nur zu zweit an. Sie waren unzertrennlich.   „Kämpft weiter, Soldaten! Kämpft!! Der Herr wird uns bestehen und wir werden unser Land von den Engländern befreien!!“, rief Jeanne d’Arc den Männern hinter sich zu, als sie sich der gegnerischen Basis näherten. Ihre Soldaten brachen ein kollektives Motivationsschrei aus, zogen alle ihre Waffen in die Höhe, als sie das Gebiet betraten. Sofort gingen die englischen Truppen in die Offensive über, setzten die ersten Angriffe an und schossen mit Pfeilen auf die Franzosen. Ein brutaler Kampf brach aus. Das Klirren von Schwertern und die Schreie der Männer waren über das ganze Feld zu hören. Ein metallischer Geruch breitete sich langsam aus und der Boden färbte sich rot.   Jeanne bemerkte nicht, wie ein Pfeil von hinten direkt auf sie zuflog. „JEANNE!“ Jemand warf sich auf ihr und stoß sie vom Pferd herunter. Mit einem kurzen Schmerzensschrei landeten sie hart auf dem Boden. Ihr Helm fiel ihr vom Kopf und rollte einige Meter von ihr weg. Als die Kämpferin aufblickte, sah sie, dass Noyn schützend über ihr lag. Vor Schreck bemerkte sie einen Pfeil in seinem Rücken. „NOYN!“ „Seid Ihr verletzt?“, fragte dieser schweratmend. „Nein, aber du! Du muss verarztet werden!“ Sie wollte sich aufsetzen, doch noch mehr Pfeile kamen auf sie angeschossen. Blitzschnell stellte sich der Ritter mit beiden Armen ausgestreckt beschützend vor ihr. „Jeanne!! Begebt Euch in Sicherheit! Macht Euch um mich keine Sorgen!!“ „Nein, ich lasse dich nicht zurück, Noyn!!“ Sie konnte sich nicht bewegen, ihr Körper war wie erstarrt. Fassungslos sah sie, wie sein Gesicht Fürsorge und Entschlossenheit ausstrahlte, aber auch versuchte die ansteigenden Schmerzen zu unterdrücken. Noyn biss sich angestrengt auf die Lippe, um vor Schmerz nicht loszuschreien. Um die beiden herum, fielen noch mehr der französischen Soldaten. Die Engländer gewannen allmählich die Oberhand.   In der nächsten Sekunde sackte Noyn kraftlos auf die Knie, er blutete an mehreren Stellen und noch mehr Pfeile hatten sich durch seine Rüstung gebohrt. Er keuchte vor Schmerz, hustete Blut. „Jeanne…“, brachte er schwach hervor, bevor er das Bewusstsein verlor. Jeanne kniete sich zu Noyn hin und nahm ihn in ihre Arme. „Noyn! Bitte stirb nicht! Bleib bei mir! Bitte!!“ Eine Träne lief ihr das Gesicht herunter. Plötzlich wurden die beiden für einen Augenblick von einem hellen Licht umhüllt. Ein Großteil von Noyn’s Wunden verheilte auf übernatürliche Weise. Wieder kam eine Welle von Pfeilen auf die beiden zugeflogen, doch diese prahlten auf halben Wege mitten in der Luft ab. Jeanne blickte hoffnungsvoll auf. Gottes Schild! Der Herr beschützt uns! Alle gegnerischen Soldaten schauten fassungslos in ihre Richtung, jeder von ihnen war von einer dunklen Energie umgeben. „GREIFT SIE AN! TÖTET SIE! TÖTET DIESE JEANNE!“, rief ihr Anführer wütend, seine Augen leuchteten rot. Auf Befehl liefen mehrere Männer auf Jeanne zu, doch sobald sie sich ihr näherten, wurden sie von ihrem Himmlischen Schutzschild abgeblockt. Diese ließ Noyn behutsam zu Boden sinken, stand langsam auf und zog ihr Schwert hervor. Ihre Augen strahlten vor Mut und Stärke. „Im Namen des Herrn…!!“   ***   „Was ich wissen will…?“ Maron saß nach wie vor auf der Wiese und schaute nachdenklich auf den See. Die Knie angezogen und die Arme um ihre Beine gewickelt. Für einen Weile herrschte Schweigen zwischen beiden Frauen. Jeanne stand geduldig neben ihr, den Blick geradeaus gerichtet zum See. Die Haare wehten im unsichtbaren Wind rauf und runter. Das sanfte Lächeln haftete noch auf ihrem Gesicht.   „Eins möchte ich von dir wissen.“, sagte die Diebin schließlich und drehte ihren Kopf zu ihrem vorherigen Leben hoch. Diese ließ ihren Blick von der Wasserquelle ab und schaute ihre Reinkarnation fragend an. „Der Herr sagte, dass Adam und Eva ein starkes Band verbindet, welches über alle weiteren Reinkarnationen standhielt. Wusstest du, dass Noyn Adam war?“ Als Jeanne die Frage hörte, lachte sie kurz auf und setzte sich zu Maron runter. „Die Geschichte von Adam und Eva wurde erstmalig dir offenbart, Maron. Demnach wusste ich natürlich nichts von ihnen. Dass ich einst Eva war oder Noyn Adam.“ „Oh. Stimmt…Tut mir lei-“ „Was ich wusste war, dass ich Noyn Claude liebte. Ich liebte Noyn vom ganzen Herzen und gab es niemand anderes, der mir dieses Gefühl geben konnte.“ „Wie würdest du dieses Gefühl beschreiben?“, fragte Maron interessiert. Jeanne schloss ihre Augen und schwelgte in Erinnerungen. „Warm. Wie als würde die Sonne auf dich herabstrahlen, deine Haut kitzeln. Bloß noch stärker. Seine Augen strahlten immer so vor Liebe und Fürsorge. Sie gaben mir Kraft und Stärke. Kraft, um für Gott und die Menschheit weiterzukämpfen. Stärke, um weiterzuleben.“ Maron dachte bei der Beschreibung an Chiaki zurück und lächelte verliebt in sich hinein. Genauso würde ich es auch beschreiben…   Ein Anflug an Traurigkeit und Schuldgefühlen überkamen sie plötzlich und ihre braunen Augen bekamen einen dezenten Glanz. Sie blinzelte mehrmals, um die Tränen zurückzuhalten. Nach knapp drei Monaten Beziehung habe ich es immer noch nicht geschafft, ihm meine Liebe zu gestehen…Wieso fällt es mir nur so schwer diese drei Worte ihm wiederzugeben? Eine kleine Träne entkam ihr aus dem Augenwinkel. Sie bettete für einen Moment ihren Kopf in ihre Arme und atmete tief ein und aus. Chiaki…Es gibt so vieles, was ich dir sagen muss! So vieles, was mir am Herzen liegt…Ich liebe dich, Chiaki…vom ganzen Herzen! Ich möchte…Ich möchte, mit dir an meiner Seite leben und glücklich werden!  „Maron…Weißt du, bevor ich Noyn traf, da widmete ich mich allein dem Herrn. Ich war nicht unglücklich, aber fühlte mich dennoch allein. Dieses Gefühl der Einsamkeit verschwand mit dem Tag, in der ich Noyn kennenlernte. Sei es Adam oder nicht, denjenigen den du liebst und der dich auch zurück liebt, ist auch derjenige der dich stark macht. Der dich glücklich macht. Derjenige der immer an deiner Seite ist…sowie Noyn immer an meiner Seite war.“, sprach Jeanne auf sie ein. „Aber…letztlich wart ihr zusammen…wie das Schicksal es vorher bestimmt hat, oder nicht? …Ich- Ich meine….“, wendete diese unsicher ein. Jeanne schüttelte darauf bestimmt den Kopf und schaute Maron ernst an. „Das mag zwar war sein, dennoch bestimmen wir unser eigenes Leben, unser eigenes Schicksal. Die Zukunft steht nicht festgeschrieben. Selbst der Herr weißt nicht, was die Zukunft bringen wird. Wir entscheiden selbst über sie. Welchen Schicksalspfad wir nehmen, ist allein uns überlassen. Maron…Wir sind nicht Eva. Du bist auch nicht ich. Wir haben alle unser eigenes Leben, unsere eigenen Entscheidungen, unsere eigene Zukunft. Eventuell verknüpfen sich unsere Wege mit dem Schicksal, aber der Weg dahin ist unser, den wir selbst in die Hand nehmen müssen.“ Die Schülerin nickte nachdenklich. In ihren Kopf drehte sich alles, zu verwirrt war sie. „Ich kann dir nicht sagen was passieren soll, wenn du auf ‚Adam‘ triffst…. Ich kann dir nur immer wieder sagen: Höre auf dein Herz, Maron. Vertraue auf die Stimme deines Herzens.“, bekräftigte die junge Frau letztlich. Die Schülerin seufzte. Auf mein Herz hören…was sagte mein Herz mir denn...   ***   Es war ein sonniger Herbsttag. Noyn und Jeanne saßen unter ihrem Lieblingsbaum am See, hatten die Köpfe aneinander angelehnt, schliefen friedlich im Schatten der Natur. Eine leichte Brise ließ die Blätter leise rascheln. Einige lösten sich von ihren Ästen und fiel auf die jungen Menschen herab. Ihre Hände waren übereinander gelegt. Nach einigen Stunden zogen die Schatten an ihnen vorbei und die Nachmittagssonne schien hell auf sie herab. Stark blinzelnd wachte die junge Frau als erste auf, gefolgt von dem Ritter neben ihr. Von dem Sonnenlicht geblendet, hielten beide sich synchron die Hände vor den Augen.   „Oh…wir sind eingeschlafen.“, kam es von Noyn träge, während es sich die Augen rieb. „Dabei wollten wir uns nur kurz hinsetzen und die Ruhe genießen….“ Jeanne kicherte und nahm ein Blatt vom seinem Kopf. Dieser errötete leicht. „Ein wenig mehr Schlaf können wir uns gönnen.“, entgegnete sie, stand auf und setzte sich am Rande des Seeufers hin, welcher nur wenige Schritte entfernt war. Der See glitzerte wie als wäre es mit Edelsteinen besetzt. Fische schwammen darin umher. Eine Entenfamilie quakte vorbei. Im Himmel sah sie Vögel, die über den Horizont in die Ferne flogen. Jeanne genoss den friedlichen Anblick der Natur. Weg vom grausamen Bild des Krieges.   Noyn saß noch am Baum und beobachtete sie von hinten mit einem verliebten Blick. Sie möge zwar als Heldin Frankreichs gefeiert werden, doch er sah immer noch das wunderschöne, engelsgleiche Mädchen, welches im Regen zu ihm sprach. Er kannte sie in und auswendig. Sogar die Seiten, die sie niemand anderen zeigte. Er kannte sie als starke Kämpferin, aber auch als zerbrechliche, junge Frau mit einer großen Verantwortung auf ihren schmalen Schultern. Er wusste nicht seit wann er sie liebt, jedoch seit dem Moment in der sich ihre Hände zum ersten Mal berührten, konnte er dieses wohltuende Gefühl auf seiner Haut nicht vergessen. Nach kurzer Zeit wurde dieses Gefühl von Tag zu Tag intensiver, bis ein einfacher Blick von Jeanne ausreichte, um den jungen Mann aus dem Verstand zu bringen. Noyn schätze und liebte Jeanne als Frau, weshalb er ihr jeden Tag eine Blume -bevorzugt eine weiße Lilie- schenkte, um ihrer Weiblichkeit, Reinheit sowie seine Liebe zu ihr, Ausdruck zu geben. In Gedanken versunken betastete der Schwarzhaarige den Inhalt seiner Jackentasche. Seit langem ging ihm etwas durch den Kopf, doch nie fand er den richtigen Augenblick es anzusprechen. War dieser Augenblick vielleicht jetzt gekommen?   Der Ritter nahm all seinen Mut zusammen, holte eine weiße Lilie aus seiner Innentasche hervor und ging auf seine Angebetete zu. „Jeanne.“, sagte er mit einem liebevollen Lächeln. Die Angesprochene drehte sich mit einem Grinsen zu ihm um. Die Blume steckte er ihr routiniert ins Haar, hinter das Ohr. „Ich könnte für immer hier sitzen und die Natur beobachten. So wunderschön…“, sagte Jeanne mit einem sehnsüchtigen Unterton in ihrer Stimme, als sie zu ihrem Partner hochschaute. „Da fällt mir ein…!“ Sie abrupt stand auf, nahm seine Hände in die ihrer und schaute ihm tief in die Augen. Sorge spiegelte sich in ihrem Blick wider. „Wie geht es deinen Wunden? Ich vergaß komplett zu fragen…Es- Es tut mir so leid, dass du dich wegen mir solche Gefahren begeben musstest! Wieso musst du auch jedes Mal so waghalsig Dinge tun?! Fast wärst du gestorben! Ich…Ich dachte, ich hätte dich für immer verloren! Ich hatte solche Angst um dich gehabt!“ Die Bilder vom letzten Kampf schossen ihr durch den Kopf, wie sich Noyn schützend vor sie gestellt hat und schließlich bewusstlos auf die Knie fiel. Letztlich hatte die französische Armee dank Jeanne gesiegt und seitdem sind einige Tage vergangen. Der Ritter zog sie näher an sich ran, nahm ihre beiden Hände und führte sie an sein Lippen ran, hauchte ihnen einen sanften Kuss entgegen. „Bitte macht Euch keine Sorgen. Dank Euch sind sie so gut wie verheilt, demnach habe nicht nur ich Euch gerettet, sondern Ihr auch mich. Außerdem muss ich Euch doch beschützen. Das habe ich mir geschworen.“ Er strich ihr mit einer Hand zärtlich die Wange. Sie bettete ihr Gesicht in seine Handinnenfläche und legte ihre Hand über die seiner, ihre Finger verflochten sich leicht. „Dennoch solltest du dein Leben nicht aufs Spiel setzten. Das tut mir mehr weh, als jede Wunde die man mir zufügen würde.“ „Ich könnte mir selbst nie verzeihen, wenn Ihnen was zustößt. Ohne Euch könnte ich nicht mehr weiterleben…“   Plötzlich kniete Noyn für ihr hin und nahm ihre rechte Hand in beiden Händen. Jeanne hielt den Atem an. „Jeanne d’Arc…Ich frage Euch, wollt Ihr meine Frau werden und für immer im Bunde der Liebe mit mir zusammenleben? Ich schwöre Euch, Euch immer zu schätzen und zu lieben, bis zu meinem Lebensende.“ Mit einer Hand griff der Ritter in seine Jackentasche und holte zwei prachtvoll verzierte, goldene Ringe hervor. „Noyn…!“ Jeanne atmete hörbar auf, hielt sich ihre freie Hand vor dem Mund. Sie war sprachlos. Ihre hellgrauen Augen weiteten sich, leuchteten vor Glück. Ihr Herz machte Freudensprünge. Die Glücksgefühle waren ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Nie im Leben hätte Jeanne von Noyn erwartet, dass er um ihre Hand anhalten würde. Dieser lächelte sie hoffnungsvoll an, seine Augen begannen zu strahlen. Zu seiner Überraschung beobachtete er, wie sich ihre Freude in Bedrücktheit umwandelte. Vorsichtig, doch zugleich bestimmt, entriss Jeanne ihre Hand aus seiner und drehte sich beschämt um, wandte ihm den Rücken zu. „Noyn…Es tut mir leid!“ „Was…A-Aber…“ Die Ablehnung traf den jungen Mann hart, fassungslos ließ er die Ringe fallen. „Ich…Ich muss eine reine Jungfrau bleiben, um die Seelen der Menschen weiterhin von den Dämonen befreien zu können…“, erklärte sie ihm mit leiser Stimme. „Was…?“ „So sagte man mir es.“   Zwischen den beiden herrschte beklemmte Stille. Dann ging Noyn langsam wenige Schritte auf Jeanne zu, sodass seine Brust sich an ihren Rücken schmiegte. Gefühlvoll fuhr er mit den Fingerspitzen ihren Arm entlang. Am liebsten hätte er sie richtig umarmen wollen, doch er wollte die Situation nicht gefährden. Jeanne hingegen war wie gelähmt. Auch wenn Stoff ihre Haut voneinander trennte, so spürte sie trotzdem das warme Kribbeln seiner Berührungen. Die Zeit blieb für sie in der Instanz stehen. Ihr Herz klopfte laut, übertönte ihre Gedanken. Sie spürte seinen warmen Atem auf ihren Kopf. Ihre Wangen färbten sich rot. „Ich sehne mich so nach Euch. Mit jeder Faser meines Dasein möchte ich Euch in meinen Armen halten…Euch berühren…Euch küssen…“, wisperte Noyn auf sie ein. „Seit dem regnerischen Tag damals, kann ich an nichts anderes mehr denken als an Euch. Ihr gabt mir einen neuen Sinn zum Leben….Ihr seid der Grund, um für mich weiter zu existieren.“, Noyn hielt kurz inne, überlegte sich seine Worte gut, eher er weitsprach. „Bitte verleugnet Eure Gefühle nicht. Ich bitte Euch… könnt Ihr nicht mich anstelle von Gott wählen?“, seine Stimme nahm einen leicht flehenden Ton an. „Ich werde Euch beschützen, Euch glücklich machen, für immer für Euch da sein!!“ Jeanne entfernte sich ein paar Schritte von ihm. Bedrückt schaute sie zu Boden.   „Es geht nicht! Ich- Ich kann meine Gefühle für dich nicht über die des Herrn stellen. Ich kann meine Mission nicht einfach aufgeben!“ Sie stoppte sich für einen Moment, hielt sich ihre Hände vor die Brust -die zu zitterten begannen- und sprach mit leiser Stimme weiter. „Mein Herz sagt mir, ich muss weiter machen. Ich kann nicht einfach aufhören und den Herrn im Stich lassen!“ Die Worte trafen dem Ritter wie ein Stich durchs Herz. Er konnte nicht begreifen, wie Gott ihr mehr bedeuten kann als er selbst. „Ihr…Ihr setzt Euer Leben für diese Mission, für Gott, aufs Spiel!!!“, zischte er mit unterdrückter Wut. „Dann möge dem so sein!“, konterte sie emotional aufgebracht. „Und…was ist mit mir? Existiere ich in deinem Herzen gar nicht?!“ Es war das erste Mal seit langem, dass Noyn sie wieder duzte. „Ich bitte dich, Jeanne…Ich liebe dich! Bitte…“ Seine Stimme brach ab. Die Angesprochene drehte ihren Kopf abrupt zu ihm um, in ihre Augen glitzerten Tränen. Ohne auf seine Frage oder seinem Liebesgeständnis zu antworten, rannte sie davon und ließ einen verwirrten Noyn zurück. Sie rannte die Straßen der Stadt entlang, beachtete die Menschen um sich herum nicht. Inmitten des Weges, ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Schließlich war sie an ihrem Ziel angekommen: die Kirche.   Noyn, der immer noch wie versteinert am See stand, ging die letzten Minuten zwischen ihnen nochmal durch den Kopf durch. Er schaute bedrückt zu Boden, wo die Ringe lagen. Immer wieder stellte er sich dieselben Fragen. Wieso konnte sie seine Liebe nicht erwidern? Wieso stellte sie Gott über ihre eigenen Empfindungen? Warum stand Gott über ihr eigenes Glück? Warum war Gott wichtiger als ihr eigenes Leben? Er versuchte Jeanne sowie ihre Entscheidungen und Gefühle zu verstehen. Schließlich überkam ihm eine Erkenntnis. Der Ritter knirschte wütend mit den Zähnen, seine Hände ballten sich zu Fäusten, bis sie zitterten. Hass und Verachtung breitete sich in seinem Inneren aus. Verdammt sei Gott!!! Wie kann er es wagen sich zwischen uns zu stellen?! Er ist an allem schuld, wieso wir -nein- wieso Jeanne nicht glücklich werden kann! Wieso Jeanne nicht normal als Mensch leben kann! Ihm sind Jeanne’s Gefühle und ihr Glück komplett gleichgültig! Das einzige was ihn interessiert, ist der Kampf gegen die Dämonen!! Sie ist für ihn nur eine Marionette!   Jeanne betrat das alte, menschenleere Gebäude und ging auf dem Altar zu. Auf ihrem Gesicht war an jeder Seite eine dünne, feuchte zusehen, welches sie sich mit ihrem Handrücken, wegwischte. Sie kniete sich hin, die Hände vor sich verschränkt und sprach im Stillen zu Gott. Herr…wieso habt Ihr uns Menschen Gefühle gegeben? Wieso habt Ihr uns ein Herz gegeben? Wieso lässt ihr zu, dass wir solche Schmerzen empfinden? Schmerzen, die mehr wehtun als ein Schwert durch die Brust… Schmerzen, die einem das Herz zerreißen… Hätten wir Menschen doch kein Herz, so würden wir weniger leiden…Wieso antwortet Ihr mir nicht, Herr?   Sie wusste nicht, wie lange sie zu Gott sprach, wie lange ihre Fragen unbeantwortet blieben. Der Herr blieb stumm. Die junge Frau begann zu weinen. Frustration und Verzweiflung stiegen in ihr hoch. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen, ihr Herz schmerzte. Ihr Schluchzen füllte die Stille der Kirche. Plötzlich verspürte sie einen warmen Luftzug durch die offenen Kirchenfenster. Das wilde Rascheln von Blättern und Zweigen war draußen zu hören. Kleine Staubwolken bildeten sich über den Boden. Jeanne’s Haare wurden zur Seite geweht. Sie atmete tief ein und aus, versuchte sich zu fassen, ihre Nerven zu beruhigen. Mit einer Hand wischte sie sich die letzten Tränen aus den Augen. Nach einigen Augenblicken blickte sie zum Mosaikfenster vor ihr hoch, welches glanzvoll in der roten Abendsonne leuchtete. Trotz des Glases spürte sie die angenehme Wärme der Strahlen auf ihrer Haut. Ein entschuldigendes Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab.   Verzeiht mir, Herr. Ich…Ich vertraue darauf, dass Ihr mir beisteht und über uns alle wacht. Ich werde das Land und die Menschheit von Teufel befreien sowie den Frieden zurückbringen. Und dann…möchte auch ich zu mein Glück finden…ein normales, friedliches Leben führen. Zusammen mit den Menschen die mir wichtig sind. Ich glaube an Euch, Herr…und an mein Herz. Mein Herz wird mich leiten. Für einen Moment sah Jeanne Noyn’s Gesicht vor ihrem inneren Auge. Sie nahm die Lilie aus ihrem Haar und betrachtete sie für eine Weile. Sie liebte die Lilien, die Noyn ihr immer schenkte. Sie wusste euch zu gut, welche Bedeutung die Blume mit sich trug. Ein verliebtes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Der alleinige Gedanke an ihrem Ritter löste in ihr dieses warme, angenehme kribbelnde Gefühl aus. Noyn…so gern, hätte ich dir gesagt, dass ich dich auch liebe… Ihr Lächeln bekam einen traurigen Akzent. Auch wenn du mich oder Gott vielleicht hasst, Noyn… Ich werde auch an dich glauben! Der Gedanke an dich wird mich stark machen! Deine Liebe zu mir… und meine Liebe zu dir, wird mich stark machen und mir Kraft geben! Bitte hab noch etwas Geduld…dann möchte ich mit dir zusammen glücklich sein. Dann werde ich auch ‚Ja‘ sagen. Eine Vision blitzte vor ihrem inneren Auge auf. Die Lilie fiel ihr aus der Hand. Nachdem Jeanne wieder zu Sinnen kam, seufzte sie traurig auf und schloss die Augen. „Herr, worin mein Weg mich auch führen wird…ich werde es akzeptieren.“ Sie hielt kurz inne. „Ich werde an Euch glauben…egal, welches Schicksal ihr mir offenbart, ich werde Euch und Eurer Kraft in mir Vertrauen….“   Seit dem Tag am See war das Verhältnis zwischen Noyn und Jeanne angespannt. Noyn ließ seine steigende Abneigung gegenüber Gott und ihrer Mission deutlich spüren, was Jeanne innerlich mehr belastete machte, als sie dachte. Für den jungen Mann war jeder Tag mit ihr wie eine innere Tortur. Immer wieder musste er an die Ablehnung seines Antrages denken, was sein Herz bluten ließ. Letztlich wurde der Ritter mit einigen seiner Kameraden auf eine königliche Mission in die Nachbarsstadt geschickt. Teilweise war er froh darüber, für ein paar Tage von Jeanne und seinem Kummer wegzukommen und sich abzulenken. Doch gleichzeitig war er sich unschlüssig darüber, ob er sie wirklich allein lassen sollte. Was soll schon passieren? Bisher lief alles so wie es sein sollte. Außerdem wird Gott sie schon beschützen!, dachte er sich. Dies war das einzige -und letzte- Mal, wo Noyn dem Herrn sein Vertrauen geschenkte. Die tragische Geschichte nahm seinen Lauf. Jeanne war sichtlich verletzt von Noyn’s Abwesenheit ihr gegenüber. Mehr und mehr Menschen um sie herum -mit unter der König- fingen an sich gegen sie zu stellen, hinterfragten ihre Glaubwürdigkeit als Gesandte Gottes. Mit jedem weiteren Tag wurde sie von ihren Mitmenschen und Vertrauten mehr und mehr im Stich gelassen und hintergangen. Das Gefühl von Schmerz, Verrat und Einsamkeit vermehrte sich in ihr, ihr Himmlischer Schutzschild wurde instabil. Bis schließlich der Tag kam, in der die Jeanne verhaftet und wegen Ketzerei sowie Gotteslästerung als Hexe verurteilt wurde. Noyn befand sich zu dem Zeitraum nach wie vor auf seiner königlichen Mission. Nur durch das Gemurmel und Geflüster seiner Mitmenschen bekam er von den Gerichtsverfahren seiner Geliebten mit. Der Schock saß tief. Wieso half Gott ihr nicht? Wieso konnte er das Mädchen, welches ihn so verehrte nicht beschützen? Von seinen Gefühlen geleitet, begab der Ritter sich sofort nach Orléans zurück. Doch am Ende war es zu spät.   ***   Auf einmal fängt alles um die beiden Frauen herum an zu drehen. Wie in Zeitraffer zog die Wiese, der See, die Häuser, alles um sie rum zog an ihr vorbei und verschwammen ins nichts. Die weißen Lilien verwelkten bis sie zu Staub zerfielen. An ihrer Stelle wuchsen rote, spinnenartige Blumen, die Maron nicht kannte. „Wa-Was passiert hier? Jeanne?“, fragte sie irritiert. Die Angesprochene stand nach wie vor neben ihr, unbeeindruckt von dem was um sie herum passierte. Ihr Gesicht war zu einer ausdruckslosen Miene verhärtet. Die Umgebung verdunkelte sich, wurde leer. Eine unangenehme Kälte umgab die Luft. Unheimliche Stimmen und Geflüster waren zu hören. Maron konnte ihre Worte nicht deuten. Jeanne hatte sich von der Jüngeren weggewandt, entfernte sich einige Meter von ihr. Sie beugte sich leicht nach vorne, ihre Arme waren vor ihrem Oberkörper übereinander verschränkt, wie als würde sie selbst sich umarmen und festhalten wollen. Ihre Hände umklammerten krampfhaft ihre Oberarme. Sie fing an zu zittern. Maron konnte zwar Jeanne’s Gesicht nicht sehen, dennoch war das Bild der starken, legendären und stolzen Heldin verschwunden. Stattdessen stand vor ihr eine zerbrechliche, unsichere und verängstigte junge Frau.   „Diese Welt…ist falsch…voller Verrat und Schmerz…“, flüsterte Jeanne kaum hörbar. Ihre Stimme hatte einen rauen Ton angenommen. Maron zuckte leicht zusammen. „Haben mich die Menschen im Stich gelassen…oder war es Gott? Wie viele Jahre muss ich noch leiden…? Wann kann ich endlich Frieden finden? Diese Welt ist so falsch…Oder habe ich alles falsch gemacht? Lasst mich endlich raus…! Wann- wann finde ich endlich Erlösung...? Wann hören diese Qualen auf?“ Jeanne befand sich wie in eine Trance. Einzelne dunkle Partikel schwebten unbemerkt in der Luft. Was geht hier vor?!, dachte sich Maron. Sie konnte den plötzlichen Sinneswandel ihrer Vorgängerin sowie die zusammenhangslosen Worte, die sie von sich gab, nicht verstehen. Vorsichtig ging sie auf die junge Frau zu, die ihr immer noch den Rücken zuwandte. „Jeanne…Was- Was ist plötzlich los mit dir?“ Wimmern und Schluchzen war von der jungen Frau zu hören. „Ich…habe Noyn enttäuscht…“ „Was…?“ „Ich habe ihn enttäuscht, sein Herz gebrochen…ich konnte seine Gefühle nicht erwidern. Wie- Wie sehr wünsche ich mir, nochmal bei ihm zu sein…seine Stimme zu hören…mit ihm zu lachen…in seine Arme zu liegen…das Leben mit ihm zu führen, dass wir uns insgeheim gewünscht hatten…“ Die zitternde Stimme der Älteren brach ab. Maron legte zögernd eine Hand auf ihre Schulter, um Trost zu spenden. Mitleid gegenüber der anderen zeigte sich in ihren braunen Augen. Als sie was erwidern wollte, sprach Jeanne ungehindert weiter.   „Ich habe auch vor Gott versagt…“ Unerwartet drehte sie sich zu ihrer Reinkarnation um. Tränen liefen ihr das Gesicht herunter. Ihre hellgrauen Augen waren trüb und von Schmerz gezeichnet. Die Kamikaze-Diebin atmete hörbar auf und starrte Jeanne schockiert an. Nicht weil sie weinte, sondern ihre Haut am ganzen Körper dunkle Flecke bekam und Brandnarben sich abzeichneten. „Ich- Ich konnte meine Mission nicht erfüllen….Ich habe Frankreich von den Engländern befreit…doch zu spät merkte ich, dass die Menschen um mich herum, die Einwohner des Landes, besessen waren. Nachdem ein Wärter eines Nachts in meine Zelle kam…und mir die Unschuld nahm…Ich konnte nichts mehr tun…Selbst wenn ich geflohen wäre, ich war nutzlos. Meine Reinheit wurde beschmutzt…“ „Jeanne…!“ „Die einzige Möglichkeit war mich hinrichten zu lassen, damit die heilige Kraft des Herrn erwachte und die Dämonen bannte.“   Für einen Weile herrschte betroffenes Schweigen. Dann ging Maron einen Schritt auf Jeanne zu, packte sie am Ärmel und ohrfeigte sie.    „Hör zu!! Ich verstehe nicht, was hier plötzlich von sich geht! Aber eins will ich dir sagen: Auch wenn man dir deine Unschuld nahm, deine Reinheit kann man dir nicht nehmen!!“, brachte Maron aufgebracht hervor. „Wa-“ Überrascht hielt sich Jeanne ihre Wange. Ihr Blick verklärte sich. Die Flecke und Narben auf ihrer Haut verblassten langsam. „Solange man dir deinen Glauben nicht genommen hat, bleibst du immer noch rein! Dein Herz bleibt nach wie vor rein, solange dein Glaube an dich selbst besteht! Solange du dir treu bleibst, bleibt deine Seele rein!“ Nun fing auch Maron an zu weinen. „Du hast dein Bestes für den Herrn getan. Nun werde ich deine Mission fortführten! Du- Du bist so stark…im Vergleich zu dir bin ich nur ein kleines, schwaches Mädchen.“ Sie stoppte sich kurz. „Und…ich hoffe, du und Noyn, ihr werden bald wieder zueinander finden…Er ist ein guter Mann. Seine Gefühle zu dir haben sich nicht geändert...“   Jeanne fasste sich wieder und lächelte ihr Gegenüber an. „Du bist nicht schwach, Maron…Ich sehe es in deinen Augen. Du bist vielleicht stärker als ich es jemals war.“ Ein kurzes Lachen entfuhr ihr. „Wir sind uns ähnlicher als wir denken, findest du nicht?“ Der Raum wurde wieder heller. „Scheint so wie als hättest du noch etwas gelernt…“, fügte sie geheimnisvoll hinzu. „Nun…Es wird Zeit aufzuwachen, Maron Kusakabe!“ Die Angesprochene schaute ihr Gegenüber verwirrt an. „Aufwachen? Wovon redest du? Ich bin doch wach. Oder…?“ Überrascht musst Maron feststellen, dass Jeanne sich langsam in Luft auflöste. „JEANNE, WARTE!“ Die Kamikaze-Diebin streckte ihre Hand aus, griff jedoch ins Leere. Unsicher schaute sie auf ihre leere Hand herunter. „Ich muss aufwachen?“ In der Ferne sah sie plötzlich ein kleiner Lichtfunken, aus der sie eine Stimme hört. Sie rief nach ihr. Es war eine vertraute Stimme. Eine Stimme, die ihr Herz schneller schlagen ließ. Sie lief darauf zu und verschwand im Licht.     Chapter 15: Clueless --------------------   Chapter 15: Clueless   „Maron! Maron…! Wach auf, ich bitte dich!“ Wieso ist es plötzlich so dunkel…? Jemand ruft nach mir…Warte…Diese Stimme…Chiaki’s Stimme. Chiaki! Langsam schaffte die Angesprochene es ihre Augen zu öffnen. Es war hell, zu hell für ihre Augen. Sie blinzelte benommen. Sie wollte ihre Hand heben, doch ihre Muskeln fühlten sich träge an. Ihr Blick fokussierte sich allmählich. Jemand war über sie gebeugt, schaute besorgt zu ihr herunter und sprach auf sie ein. „Chi-…Chi-a-ki…“ Dieser war für den Moment wie erstarrt. Maron schaffte es mit Mühe sich langsam aufzusetzen. „Was ist-“ Ehe Maron weiter sprechen konnte, zog ihr Freund sie fest in seine Arme. Die Kamikaze-Diebin war komplett überfordert. Sie wusste nicht wo sie sich befand oder was passiert war. Ein Piepsen war zu hören, welches mit ihrem Herzschlag im Einklang war. Sie schaute sich flüchtig um. Ein Krankenzimmer…? An der Wand vor ihr hing eine digitale Uhr mit Kalendereinstellung. 28. Februar? Hatten wir nicht den 27.? Warte…Also bin ich seit gestern hier… wie bin ich hierhingekommen? Am anderen Ende des Zimmers fand sie Miyako und die Engel schlafend an einem Tisch. Maron wollte vom Bett aufstehen und zu ihren Freunden gehen, doch Chiaki hielt sie immer noch fest. „Chiaki! Du erdrückst mich…Lass bitte kurz los.“ Wie auf Kommando lockerte ihr Freund seine Umarmung, ließ aber nicht von ihr los. Realisierend, dass ihr Freund nicht loslassen wird, stützte Maron -mit einem kleine Seufzer- ihren Kopf auf seiner Schulter ab und schlang ihre Arme um ihn. Ach Chiaki…Habe ich dir solche Sorgen bereitet? Sanft strich sie mit den Fingerspitzen seinen Rücken rauf und runter.   „Hmm?“ Miyako und die Engel bemerkten die veränderte Geräuschkulisse und richteten sich müde auf. Als sie die Braunhaarige sahen, schoss ihnen sofort das Adrenalin hoch. „Maron!!“, rief Miyako überglücklich und ging auf ihre Freundin ans Bett zu. „Dem Herrn sei Dank, du bist wach!“, kam es von Fin, die direkt angeflogen kam und die Wange ihres Schützlings umarmte. Freudetränen rannten dem Engel das Gesicht herunter. „Dem Herrn sei Dank. Hey, Sindbad, erdrück sie nicht so!“, kommentierte Access als letzter. „Leute…!“ Maron lächelte ihre Freunde erfreut an. Die Tür öffnete sich und Kaiki spähte lächelnd rein. „Ich habe mich schon gewundert, wieso es so plötzlich laut hier ist.“, sagte er als er das Zimmer betrat. „Wieso bin ich im Krankenhaus?“ „Du bist gestern vom Schuldach gestürzt.“, kam es von Miyako. W-W-Was?! „Ja, seit gestern Mittag bist du hier im Krankenhaus.“, ergänzte der Chefarzt und stellte das EKG ab. „Du hast die ganze Zeit geschlafen. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht, wenn du heute nicht aufwachen würdest.“ „Oh…“ Maron versuchte zu rekapitulieren, was geschehen war. Die Diebin erinnerte sich genau, dass sie mit ihrer besten Freundin auf dem Dach war. Miyako ging als erste wieder rein, doch was danach geschah, wusste sie nicht mehr. Alles danach war blank in ihrem Gedächtnis. Stattdessen ging ihr der Traum mit Jeanne d’Arc durch den Kopf. Es war nur ein Traum…oder? „Chiaki, ich müsste Maron mal kurz untersuchen. Könntest du bitte für einen Moment von ihr loslassen?“, hörte sie Kaiki zu seinem Sohn sagen. Der Angesprochene schüttelte wortlos den Kopf. Maron warf ihren Freund einen besorgten Seitenblick zu. „Es ist schon okay. Mir geht es gut!“, versicherte sie seinem Vater. Dieser lachte nur. „Na gut, ich habe heute noch ein-zwei wichtige Operationen, aber ich komme später nochmal vorbei für das Check-Up und bringe dir auch die Entlassungspapiere, damit du spätestens heute Abend auch wieder nach Hause kannst. Bestimmt willst du nicht noch ein Tag hier verbringen. Eine Schwester wird gleich auch das Frühstück vorbeibringen und dich von den Kabeln befreien. Ruhe dich aus, denn dein Körper kann sich erstmal träge und schlaff anfühlen, da du die ganze Zeit gelegen hast. Ich würde dir auf jeden Fall empfehlen, zwei bis drei Tag von der Schule frei zu nehmen.“ „Okay, danke vielmals!“ Damit war der Krankenhausdirektor wieder verschwunden. Auch Miyako räusperte sich kurz. „Ich gehe mal raus und rufe meine Eltern und Yamato an. Sie haben sich natürlich auch Sorgen gemacht. Meine Mama hatte dir ein paar Sachen aus deiner Wohnung mitgebracht.“ Sie deutete mit einer Kopfbewegung auf eine Tasche neben dem Bett. „Und mein Vater muss dich auch wegen dem Sturz befragen, falls du dich an etwas erinnern kannst. Ich hoffe, dass ist nicht zu viel Stress für dich.“ „Okay, kein Problem, Miyako. Tut mir leid, dass ihr euch wegen mir solche Sorgen machen musstet.“ Die Dunkelhaarige winkte die Entschuldigung ab und nahm die Engel sachte an den Flügeln. „HEY, Hey, Hey! Vorsichtig!!“ „Was soll das, Miyako? Fin will bei Maron bleiben! Buuuuh!“ Die Polizeitochter ignorierte die kleinen Proteste und sagte grinsend: „Lassen wir die Turteltauben mal allein. Ich kauf euch aus der Cafeteria was Süßes zum Essen, Okay?“ Mit den Worten ging sie aus der Tür raus. Ach…Die beiden…Was für ein Paar.       Eine gefühlte Ewigkeit verharrte das Paar noch in der Umarmung. Es wurde heller im Zimmer. Maron spürte die angenehme Wärme der Sonne auf ihrem Rücken. „Chiaki? Hast du gehört? Mir geht es gut…du kannst ruhig loslassen.“ Chiaki schwieg nach wie vor und regte sich nicht.   „Weinst du, Chiaki…?“, fragte Maron ihn nach einer Weile. Allmählich löste der junge Mann sich einige Zentimeter von ihr, sodass sie sich ansehen konnten. Maron blickte liebevoll in seine braunen Augen. Tränen waren in ihnen zu sehen. Sie strich ihm die Haare von der Stirn und legte ihre Hand zärtlich auf seine Wange. „Es tut mir so leid…Danke, Chiaki. Vielen Dank für alles…Ich bin wieder zurück.“ „Maron…“ Seine Stimme war nur ein Flüstern. Er nahm ihr Gesicht in beiden Händen, strich ihr sanft mit den Daumen über die weiche Haut. Maron beugte sich zu ihm hoch und sie küssten sich innig.   ***   „Du siehst fertiger aus als sonst…“ Maron’s Stimme nahm einen vorwurfsvollen Ton an, als sie seine Augenringe sah, die dunkler waren als sonst. Schuldig blickte Chiaki zur Seite. Seine Freundin boxte wie ein kleines Kind auf seine Oberarme und Brust ein. „Au! An Kraft fehlt es dir anscheinend nicht, mein Engel!“, merkte er lachend an „Kannst du nicht mal an dich denken, als nur an mich?“ Er schenkte ihr sein schiefes Lächeln. „Das ist leider nicht möglich.“, sagte Chiaki ehrlich und küsste sie auf die Stirn. „Ich hatte solche Angst um dich. Ich dachte, ich hätte dich für immer verloren. Ich fühlte mich so hilflos…“ Ihre Finger verschränkten sich ineinander. „Maron…Es tut mir so leid. Dass ich dich allein gelassen habe. Nicht nur gestern, sondern auch die Tage zuvor…Ich habe dich im Stich gelassen. Es tut mir so furchtbar leid. Dabei wollte ich dich doch beschützen…Ich- Ich kann mir das alles selbst nicht erklären. Ich war nicht ich selbst…Nichts kann mein Verhalten wieder gut machen.“ „Du brauchst dich nicht zu erklären. Bitte, mache dich selbst nicht so fertig! Ich verzeih dir. Mir…Mir tut es auch furchtbar leid! Ich- Ich schätze, ich war tatsächlich auf Kiyo eifersüchtig.“, gab Maron kleinlaut zu und schaute auf ihre Hände herunter. Sie strich mit ihrem Daumen über seinen Handrücken. „Du weißt, ich habe Angst vor dem Alleinsein…und das schlimmste wäre…wenn du mich verlassen würdest. Insbesondere wenn du mich für jemand anderes verlassen würdest…Ich hatte mich wegen ihr unsicher gefühlt, wollte es mir jedoch nicht eingestehen.“ Chiaki schaute sie mit einem verständnisvollen Blick an und strich ihr mit der freien Hand die langen Haare aus dem Gesicht. „Für nichts und niemanden auf der Welt würde ich dich jemals verlassen. Du bist der wertvollste Mensch auf Erden für mich. Dich an meiner Seite zu haben, bei dir sein zu dürfen…dieses Gefühl, dass du mir gibst…Für nichts auf der Welt will ich es missen. Vom ersten Tag an hat Jeanne die Kamikaze-Diebin mir mein Herz gestohlen…und ich würde es nicht zurückhaben wollen. Ich liebe dich mit jeder Faser meines Daseins und nichts wird sich daran ändern.“ Er küsste sie liebevoll. Maron lächelte ihn berührt an und blinzelte sich die Freudetränen aus den Augen. Ich liebe dich auch…Ich habe mir im Traum versprochen ihm endlich meine Liebe zu gestehen!   „Chiaki. I-Ich muss dir auch etwas sagen. Ich-…“ Ein Klopfen ließ die beiden zusammenzucken. Eine Krankenschwester mittleren Alters stand mit den Essenswagen vor der Tür. „Guten Morgen. Frau Kusakabe, es wird Zeit fürs Frühstück. Chiaki, du müsstest als Besucher in der Cafeteria dir was holen.“ „Kein Ding.“, sagte dieser höflich und nahm Maron’s Frühstückstablett an. „Sie sind also die Glückliche, die mit dem Sohn des Direktors zusammen ist. Dr. Nagoya lässt keine Gelegenheiten offen, über Sie und Chiaki vor der ganzen Belegschaft zu schwärmen. Und dann noch so ein hübsches junges Paar! Ach…junge Liebe ist doch was Schönes.“, kam es von der Frau amüsiert, während sie Maron die Kabel entfernte, die EKG-Maschine aus dem Zimmer brachte und die Essenstabletts vom Tisch aufräumte. Das Paar lief bei der Bemerkung der Frau rosarot an. Er ist so ein Waschweib, ging es dem Nagoya-Sprössling fremdschämend durch den Kopf. „Ach ja, fast hätte ich was vergessen!“ Die Schwester holte einen Blumenstrauß hervor, welches auf dem Essenswagen lag. „Ein Mitschüler hat die vorbeigebracht und mich vorhin gebeten sie Ihnen zu geben.“ Sie überreichte Maron die Blumen, die sie freundlich entgegen nahm. Für einen Augenblick pochte das Herz der Braunhaarigen laut auf. „Ein Mitschüler?“, fragte Chiaki mit hochgezogener Augenbraue. „Ja, er trug die Schuluniform der Momokuri Akademie. Ein sehr hübscher junger Mann. Sehr groß gewachsen, mit Brille und schwarzen Haaren.“ Maron fuhr bei der Beschreibung innerlich zusammen. Akira! Wie ein Blitz fiel ihr auch der Kuss ein. Verdammt, den Kuss hatte ich fast vergessen!! Sie warf einen Seitenblick zu ihrem Freund herüber, der sichtbar das Gesicht verzog und die Blumen argwöhnisch beäugte. Auch er hatte sofort erkannt, zu wem die Beschreibung gehörte. „Hier ist noch eine Vase, die stell ich auf dem Tisch zu den anderen Blumen. Nun denn, ich habe noch weitere Zimmer der Station vor mir. Alles Gute euch beiden!“, verabschiedete sich die Krankenhausangestellte und verschwand. „Der Typ nervt…“, murmelte Chiaki mürrisch. Maron schaute auf den kleinen Strauß in ihren Händen herab. Er bestand aus weißen Lilien und einer weiteren, roten Blumenart, die sie nicht kannte, ihr aber vertraut war. Dieselbe rote Blume aus dem Traum! Aus unerfindlichen Gründen brachten die Blumen ein deprimierendes Gefühl in ihr hoch. Na toll…ich kann die Sache mit Akira unmöglich jetzt ansprechen…Wir haben uns eben erst ausgesprochen und da brauche ich nicht Zündstoff für den nächsten Streit. Mit dem Gewissen kämpfend legte sie die Blumen zur Seite. „Was wolltest du vorhin eigentlich sagen, Maron?“, hörte die Angesprochene Chiaki neugierig fragen. „Oh…ehm, ach so! Ich- Ich wollte mich bei dir bedanken! N-Nichts weiter!“ Sie nahm seine Hand fest in ihre. Ihr Herz klopfte vor Aufregung. Jetzt ist mir der Mut verloren gegangen…und die Blumen von Akira konnten nicht an einem ungünstigeren Moment kommen! Vielleicht doch besser morgen…? „Danke, nochmal! Dass du bei mir geblieben bist.“ Er lächelte sie verliebt an. „Nichts zu danken, mein Engel.“ Wieder klopfte es an der Tür. Diesmal kamen Miyako und die Engel zum Vorschein, mit einem neuen, gut gefüllten Essenstablett. „Maron! Chiaki! Habt ihr schon Hunger? Ich habe uns allen was mitgeholt. Oh, die alten Tabletts sind ja weg.“ „Danke Miyako! Chiaki kann sich von dem was nehmen. Ich habe von der Krankenschwester eben mein Frühstück bekommen.“ „Ich hoffe, ihr habt euch ausgeturtelt?“, kam es von Fin die sich auf Maron’s Schulter niederließ. Ihr Schützling verdrehte lächelnd die Augen. Access setzte sich lachend auf Chiaki’s Schulter ab. „Fin hat die ganze Zeit rum gezickt und genörgelt! Gut, dass niemand anderes sie hören konnte.“, sagte Miyako, während Maron vom Bett aufstand und sich an den Tisch hinsetzte. Gemeinsam frühstückten die Freunde in Ruhe. „Ich gehe draußen mal kurz einen Kaffee holen. Bin gleich wieder da“, kündigte Chiaki an, gab seiner Geliebten einen Kuss auf die Wange und ging aus der Tür raus. „Hättest du was gesagt, hätte ich dir einen Kaffee geholt! Die Cafeteria ist jetzt bestimmt voll!“, rief Miyako ihm hinterher, was er jedoch nicht mehr hörte.   *** Der Kaito ging zuerst zur Cafeteria, um sie zu seinem Pech überfüllt vorzufinden. An den Tresen standen zu viele Leute an und der Betrieb schien langsam zu laufen. Na toll… Eigentlich wollte ich Automatenkaffee vermeiden, aber aufs Anstehen habe ich auch keine Lust. Und so wie es aussieht, würde ich eine Ewigkeit da stehen. Widerwillig ging der junge Mann zum nächststehenden Automaten und ließ sich von der Maschine einen Becher befüllen. „Yo, bist du das Chiaki?!“, hörte er unerwartet jemand sagen. Überrascht drehte der Angesprochene sich zur Quelle der Stimme um. „Ryuji! So ein Zufall.“, entgegnete er verdutzt und gleichzeitig erfreut. „Alter, könnte man so sagen! Dass wir uns ausgerechnet im Krankenhaus deiner Familie wiedersehen, alter Kumpel!“, grinste der Andere breit zurück und legte seinen Arm lässig über die Schulter des Blauhaarigen. Dieser musste aufpassen, dass er seinen heißen Kaffee nicht verschüttete. Ryuji Hanamura, ein enger Freund von Chiaki aus der Mittelstufe, mit den er zusammen auch die Biwa High besuchte, bevor er umzog und die Schule wechselte. Zusammen mit Yashiro gingen sie in eine Klasse. Ryuji hatte sich in den letzten Monaten seit Chiaki ihn das letzte Mal sah, nicht verändert. Er hatte immer noch die kurzen, spitzen, blond gefärbten Haare, mit einem leichten schwarzen Ansatz in der Mitte, war schlaksig, aber auch sportlich gebaut und hatte dieses freche Dauergrinsen auf dem Gesicht. Typisch für ihn, waren auch immer die bunt bedruckten T-Shirts mit Comic-Sprüchen, welche er unter der Biwa High-Jackett trug, sowie auch jetzt. Seit der Mittelstufe hatte Ryuji den Ruf einen „Problemschülers“, aufgrund seiner rebellischen, impulsiven Art und seinem hitzigen Temperament. Allein die individuellen T-Shirts unter der Schuluniform brachten den Jugendlichen schon oft Ärger ein. Notenmäßig war er auch mittelmäßig unterwegs gewesen. Trotz des lauten, ungestümen Charakters war der Junge jemand, den man als treuen Hund bezeichnen konnte, wenn es um Freundschaft ging. Als Chiaki ihn kennenlernte, hatten sie zunächst ihre Schwierigkeiten miteinander gehabt, aber nach einiger Zeit verstanden sie sich besser und wurden die besten Schulfreunde. Oft gingen die beiden Teenagers zusammen in Ryuji’s Lieblings-Ramen-Shop essen, spielten bei dem Blonden zu Hause Videospiele oder gingen zusammen Sport machen. Wenn Chiaki es sich genau überlegte, waren Access und er sich in gewisser Weise ähnlich, was die Persönlichkeit anging. „Was machst du hier? Wie geht es dir überhaupt? Irgendwas Neues?“, fragte Chiaki ihn interessiert. „Ich hatte mir vor ein paar Monaten das rechte Schienbein gebrochen…War ein dämlicher Unfall mit dem Fahrrad.“, sagte Ryuji mit einem leicht verbitterten Unterton und ließ von Chiaki los. „Meinem Bein geht es besser! Bin hier für mein regelmäßiges Check-Up. Ich warte gerade auf Dr. Tameki. Sie hat mich seit meinem Unfall gut betreut. Die kann ich jedem empfehlen! Sonst gibt es bei mir nichts Neues, ganz ehrlich. Die Schule ist öde und alles andere ist so wie immer.“ „Autsch…das mit deinem Bein tut mir leid. Ja, ich kenne Dr. Tameki. Sie ist eine gute, kompetente Ärztin. Musstest du aus dem Leichtathletikteam austreten?“ „Quatsch! Mein Trainer und die Jungs im Team sind super. Sie haben mich drin behalten und unterstützten mich auch beim Heilungsprozess. Seit einigen Wochen kann ich auch wieder mitmachen. Das Laufen fühlt sich nicht mehr so an wie früher, aber das kommt mit der Zeit bestimmt wieder zurück.“ „Das hoffe ich für dich. Dann bin ich froh. Leichtathletik und Sport waren dir ja schon immer sehr wichtig.“, kam es von Chiaki ehrlich, während er an seinem Becher nippte. „Schön zu hören, dass du das nicht vergessen hast! Danke.“ „Wie geht es deiner Mutter? Richte ihr viele Grüße aus.“ „Werde ich machen, ab und an hatte sie nach dir gefragt. Sie würde sich freuen, dich wiederzusehen. Ansonsten geht es ihr super gut. Sie hat sich Anfang des Jahres endlich von dem Alkohol-Arschloch aka mein Erzeuger getrennt bzw. lässt sich scheiden! Wurde auch endlich Zeit!“ Ryuji warf dankend seine Hände in die Höhe. „Ich war schon so kurz davor ihn selbst aus der Bude rauszuschmeißen. Aber das war’s von mir, kommen wir zu dir! Wie geht’s dir? Du hättest dich auch mal bei mir melden können, seit du letzten Frühling plötzlich die Schule gewechselt hast und umgezogen bist! Oder wenigstens deiner alten Schule, oder besser gesagt mir, einen Besuch abstatten!“, kam es von dem Blonden gespielt vorwurfsvoll und hob tadelnd den Finger. „Das letzte was ich von Yashiro gehörte habe, war das eure Verlobung aufgelöst wurde. For real?! Wie kam das denn?? Und du gehst jetzt in die Momokuri Akademie, richtig?? Und wo wohnst du überhaupt?!“ Ryuji überflutete seinen alten Freund regelrecht mit Fragen. „Nun mach mal langsam!“, lachte sein Gegenüber und setzte sich auf einer freien Bank hin. Sein ehemaliger Schulkamerad nahm neben ihm Platz. „Sorry, dass ich mich die letzten Monate nicht bei dir gemeldet habe. Es war ziemlich viel los bei mir. Das mit dem Umzug und dem Schulwechsel….“ Der Blauhaarige machte grinsend eine dramatische Pause. Ryuji schaute ihn erwartungsvoll an. „Ich wollte nur mal was ausprobieren! Ich hatte mich ja nicht so gut mit meinem Vater verstanden, Yashiro hatte zu sehr geklammert und ich brauchte einfach Abwechslung.“, log er ohne mit der Wimper zu zucken. „Und sowas konntest du mir nicht sagen? Du glaubst gar nicht, wie die anderen -insbesondere Yashiro- mich genervt hatten mit Fragen. ‚Wohin ist Chiaki gezogen?‘, ‚Wieso hat er die Schule gewechselt?‘ und so weiter und so fort. Und dabei hatte ich selbst keine Ahnung! Du hattest ja auch all deine Nummern geändert!“ „Naja, es war eine ziemlich spontane Entscheidung. Tut mir leid.“ Chiaki gab ihm ein entschuldigendes Lächeln. Ryuji nickte akzeptieren. Die Wahrheit war, dass Chiaki ziemlich egoistisch zur damaligen Zeit war und nicht über die Gefühle anderer gedacht hatte. Dass sein Verschwinden so einen starken Einfluss auf seinen Freund hatte, bedauerte er sehr. „Na gut, nehme ich mal so hin. So nachtragend bin ich schließlich nicht. Bestimmt herrscht zwischen dir und dein Vater noch dickere Luft als vorher, oder? Obwohl, dann wärst du nicht hier…! Und was war nun mit Yashiro? Also, klar, die Verlobung war von euren Eltern arrangiert und Yashiro war -wie jedes andere Mädchen in unsere Klasse- von Kopf bis Fuß in dich verknallt, aber wie hat sich das alles geändert? Hattest du in deiner neuen Schule etwa jemanden gefunden?“ „Könnte man so sagen.“ Chiaki versuchte kurz und knapp zusammenzufassen, was in den letzten Monaten gehen war, ohne natürlich sein Doppelleben als Kaito zu verraten. Sein Sitznachbar machte große Augen und starrte ihn mit offenen Mund an. „Aaaah! Von Maron Kusakabe habe ich gehört! Ich erinnere mich, wie Yashiro sich über dich und die Mädels aus der Momokuri Akademie aufgeregt hat, vor und nach dem Gymnastikwettkampf. Gott, hat sie rum gezickt und gemeckert! Besonders über eine Miyako Toudaiji? Lustig, dass sie jetzt mit euren Butler zusammen ist. Daraus macht die Zicke auch keine Geheimnisse.“ „Kagura ist kein Butler!“ „Wie auch immer.“, sagte Ryuji lachend. „Und diese Maron ist deine Freundin?“ Chiaki nickte mit einem Lächeln bestätigend „WOW! Da freue ich mich für dich! Wirklich, Kumpel! Auch dass du dich mit deinem alten Herrn vertragen hast. Hätte ich niemals für möglich gehalten!“ „Habe ich alles Maron zu verdanken.“ „Sie muss was ganz besonderes sein.“ „Ja, das ist sie.“ „Wow, ich hätte nicht erwartet, dass du dich mal an jemand bindest. Irgendwie dachte ich, du bleibst auf ewig der kalte Junggeselle, oder so.“ „Hey, was soll das heißen ‚kalter Junggeselle‘?“ Ryuji lachte in sich hinein, verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und lehnte sich an die Banklehne zurück. „Ich muss sagen, irgendwie wirkst du auch anders als früher. Also im positiven Sinne.“ „Danke, schätze ich?“ Chiaki grinste schief. „Und du scheinst mir immer noch derselbe dusselige Chaot wie früher zu sein.“ „Hey, was soll das heißen?!“ Beide lachten ausgelassen. „Und weshalb bist du eigentlich im Krankenhaus?“, erkundigte sich der blonde Schüler neugierig. Sein Sitznachbar seufzte kurz und sagte knapp: „Maron wurde gestern hier eingeliefert, weil sie schwer gestürzt ist. Es geht ihr aber wieder besser.“ „Oh…dann wünsche ich ihr gute Besserung.“ „Werde ich ausrichten!“ Im nächsten Augenblick kam Dr. Tameki auf die Jugendliche zu. „Herr Hanamura, Sie können schon ins Untersuchungszimmer gehen, ich komme gleich nach.“ Auf Befehl stand der Blonde auf und streckte sich kurz. „Okay. Also, Chiaki, bis demnächst. Vielleicht können wir ja auch mal zusammen abhängen, oder so. Wie zu alten Zeiten! Ich würde auch gern Maron mal kennenlernen.“ „Versprochen. Ich melde mich demnächst bei dir.“ Die Jungs tauschten sich noch schnell die Nummern aus und verabschiedeten sich mit einem Handschlag voneinander.    *** „Ihr seid echt süß.“, kommentierte Miyako nachdem Chiaki aus dem Krankenzimmer verschwand und Maron die Grußkarten ihrer Klassenkameraden, Mitschüler und Clubmitglieder las. Maron konnte sich ein Grinsen bei dem Kommentar nicht verkneifen. Miyako fielen daraufhin die neuen Blumen auf. „Oh. Von wem sind die denn?“ Die Engel bestaunten den Strauß neugierig, als Maron sie nahm und in die Vase steckte. „Akira, schätze ich. Die Krankenschwester hatte sie vorbeigebracht und laut ihrer Beschreibung klang es nach ihm. Ich erkenne darin nur weiße Lilien wieder. Keine Ahnung, was das für rote Blumen sind….“ „Das sind rote Spinnenlilien, auch Lycoris genannt.“, kam es von Fin wie aus der Pistole geschossen. „Sie hat Recht. Voll die merkwürdige Mischung, muss ich sagen…vor allem weil beide Symbole für den Tod sind.“, sagte Miyako. „Hah? Ich dachte, weiße Lilien haben eher positive Bedeutungen, wie Hoffnung oder Reinheit oder-…“ Maron verkniff sich in letzter Sekunde das Wort ‚Liebe‘ zu sagen. „Ja schon, aber bei Beerdigungen siehst du doch auch weiße Lilien auf den Gräbern, oder nicht. So, und Spinnenlilien werden hauptsächlich mit dem Tod assoziiert, da sie in Asien und Japan oft an Friedhöfen wachsen. Ich glaube, die stehen auch für Wiedergeburt, oder so…“ Miyako blickte nachdenklich hoch, ehe sie weitersprach. „Ich habe auch mal gelesen, dass das Verschenken von Spinnenlilien wie eine Aufforderung sei den jetzigen Partner zu verlassen und mit dem Schenkenden durchzubrennen.“ „WAS?“ Sichtlich erschrocken fuhr Maron zusammen und starrte ihre Freundin mit offenen Mund an. Diese beäugte ihre beste Freundin mit einem verwirrten Blick und lachte dann laut auf. „Jetzt verfall nicht direkt in Panik, Maron! Schau dir die Blumen der anderen an, die gestern vorbei kamen! Wenn alles nach der Blumensprache gehen würde, hättest du bestimmt dreißig Liebeserklärungen!“ Miyako nahm den kleinen Strauß in ihre Hand und dreht ihn um 180 Grad hin und her. „An sich sind die Blumen ja hübsch. Bestimmt hat er sie einfach willkürlich, nach dem Aussehen ausgewählt. Welcher Kerl kennt sich schon mit Blumen aus? Die meisten kennen ja nichts anderes als rote Rosen.“ Denkst du…?, fragte sich die Kamikaze-Diebin still. Sie dachte an das Geständnis von Akira zurück. In dem Moment kam Chiaki wieder rein, mit einem mild-dampfenden Becher Kaffee in der Hand. „Access kennt sich mit Blumen und Pflanzen sehr, sehr gut aus!“, beantwortete Fin im selben Augenblick die rhetorische Frage kichernd. „Das ist gar nicht wahr, Fin! Ich habe so gaaaar keine Ahnung von Pflanzen!!“, versuchte dieser seine Männlichkeit in Schutz zu nehmen. „Ach, und wem verdanken wir den super-gesunden Garten beim Herrn?“ „Keine Ahnung wem?! Vielleicht ist Michael-sama heimlicher Hobbygärtner??“ „Und was erklärt den Anblick, wie du wöchentlich fröhlich singend mit einer Mini-Gießkanne meine Pflanzen bewässerst?“, schloss Chiaki sich den Neckereien an als er sich zu den anderen hinsetzte. „Du hast dir ziemlich viel Zeit gelassen mit deinem Kaffee.“, sagte Maron zu ihrem Freund. „Ja, ich musste mir am Automaten was holen und habe zufällig einen alten Schulfreund aus der Mittelstufe getroffen mit dem ich auch zusammen zur Biwa ging.“ „Du hattest vor uns Freunde?“, fragte Miyako scherzend. „Klar hatte ich vor euch Freunde. Wieso fragst du?“ „Naja, du redest nie über deine alten Schulen…Da kann man sowas vermuten.“ „Da muss ich Miyako zustimmen.“, sagte Maron lachend. Chiaki verdrehte die Augen. „Wenn ihr meint…Ryuji Hanamura heißt er. Wir haben uns eine Weile unterhalten, weil wir seit meinem Schulwechsel keinen Kontakt mehr hatten. Irgendwann stell ich euch einander mal vor.“ „Ach, der blond gefärbte Chaot?“, kam es von Access. „An den erinnere ich mich.“ „Seht ihr! Access bestätigt es sogar.“ Alle lachten amüsiert. Kurze Zeit später kamen Miyako’s Eltern. „Es tut mir leid, dich das Fragen zu muss, Maron, aber woran kannst du dich erinnern, vor und als du gestürzt bist?“, erkundigte Himuro Toudaiji sich nach einer Weile und holte seinen Notizblock heraus.  „Es macht mir nichts aus, Inspektor. Ehm-, Ich war mit Miyako auf dem Dach… und sie war eher reingegangen, weil ihr kalt wurde. Danach stand ich noch eine Weile an dem Geländer…ein starker Wind wehte vorbei…und an mehr kann ich mich nicht erinnern.“ „Und es gab niemand anderen mehr auf dem Dach? Bist du dir sicher?“ Die Schülerin nickte. „Ich war alleine…Tut mir leid, falls ich Ihnen nicht von großer Hilfe bin.“ Maron lächelte entschuldigend.  „Hm…meine Vermutung ist jetzt, dass du aufgrund des Windes, dein Gleichgewicht verloren hattest.“ Miyako’s Vater kratzte sich mit seinem Stift ratlos über den Kopf, warf einen letzten Blick auf seine Notizen und steckte sie mit einem Seufzen in seine Manteltasche. „Belassen wir es bei einem Unfall…ich möchte dich oder die anderen auch nicht weiter damit belästigen.“ Er wandte sich zu seiner Tochter. „Übrigens, du und Chiaki, ihr müsst ab morgen wieder in die Schule. Wir konnten euch nur für heute entschuldigen.“ „Okay, Papa.“ Nach einigen Minuten verabschiedeten sich der Erwachsenen von den Jugendlichen. Miyako ging mit ihren Eltern ebenfalls nach Hause.    *** Am späten Nachmittag kam anschließend Hijiri mit Silk auf seinen Schultern zu Besuch, wie er am Tag vorher versprochen hatte. „Du hast uns ein ziemlichen Schrecken eingejagt, Prinzessin.“, sagte der Rothaarige als er reinkam. „Mir geht es gut, also keine Sorge. Ich werde auch erstmal zu Hause bleiben.“ „Hm…Ich lasse dich ungern allein, Maron.“, sagte Chiaki besorgt. „FIN WIRD MARON BESCHÜTZEN!“, kam es von dem grünhaarigen Engel, die vor dem Gesicht ihres Schützlings umher flog. Access grinste breit über den Enthusiasmus seiner Freundin. „Keine Sorge Sindbad. Wenn Fin auf Jeanne aufpasst, dann wird schon nichts schiefgehen!“ „Genau! Keiner wird meiner Maron was zu Leide tun, solange ich da bin!!“, deklarierte Fin mit erhobenen Hauptes. „Siehst du, Chiaki. Ich werde nicht allein sein. Also mach dir keine Sorgen, ich bin ja in sicheren Händen. Maximal zwei Tage will ich auch nicht fehlen, auch wenn das Schuljahr sowieso nächste Woche zu Ende geht.“, entnahm Maron ihrem Freund die Sorgen. „Zum Schulfestival werde ich auf jeden Fall wieder dabei sein.“ „Ach ja…das steht auch noch an. Ist mir komplett entgangen.“, stöhnte der Kaito auf und fuhr sich durch die Haare. „Ruhe dich ruhig aus. Du wirst sowieso nichts wichtiges verpassen.“, stimmte der Lehrer ihr lachend zu. Als er zur Seite blickte, sah er die neuen Blumen liegen. Er nahm eine weiße Lilie aus dem Strauß heraus. Regungslos stand er da und starrte auf die Pflanze in seiner Hand herunter. Das Silk auf seiner Schulter zappelte bekam er nicht mehr mit. Seine braun-roten Augen bekamen einen sehnsüchtigen, zugleich traurigen Touch. Ohne dass er es merkte, rollte ihm eine einzelne Träne die Wange herunter. Alle Anwesenden schauten den Warlock verwundert und erstaunt an. „Alles okay mit dir?“, fragte Maron schließlich. Nach einen Moment fasste sich der ehemalige Dämonenritter wieder und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. „Ehm, Ja, ja…Die Blumen haben nur Erinnerungen aus alten Zeiten wiedererweckt.“ „Oh…“ Erinnerungen an Jeanne? Im Traum war die Wiese auch mit weißen Lilien bedeckt…Ob die Blume die beiden miteinander verbindet? „Wie dem auch sei…“, der Ältere räusperte sich kurz. „Kannst du dich an irgendwas oder irgendwen erinnern, als du auf dem Dach standst?“ Die Braunhaarige schüttelte bedauernd den Kopf. „Gar nichts…In meinem Kopf ist alles schwarz, wenn ich versuche mich zu erinnern.“ „Wir alle gehen schon davon aus, dass es kein Unfall gewesen war. Schließlich kann es unmöglich sein, dass niemand sich daran erinnern kann ob jemand weiteres mit dir auf dem Dach war.“, sagte Chiaki mit unterdrückter Wut. „Wenn ich denjenigen in die Finger kriege…“ Seine Hand ballte sich zur Faust. „Seit einigen Tagen gab es auch keine Dämonenaktivitäten mehr.“, merkte Access überlegend an. „Was die wohl aushecken?“ „Kannst du und Silk nicht einfach der Hölle einen Besuch abstatten und in Erfahrung bringen, was die planen?“, fragte der Kaito zu Noyn gewandt. Silk krächzte verängstigt bei dem Vorschlag. „Wir könnten immer noch dahin reisen, aber den Rest kannst du vergessen. Da ich mein Status als Dämonenritter verloren habe, Silk mein Partner ist und wir jetzt Gott helfen, sind wir nicht mehr willkommen dort. Man würde uns auf der Stelle töten. Und glaub ja nicht, dass unsere Kräfte und Fähigkeiten für ein ganzes Volk von Dämonen ausreichen.“, antwortete der Ältere ihm.  „Hm…wir können nichts tun außer Abwarten, oder nicht?“, sagte Maron abschließend. Die anderen stimmten ihr nickend zu. Ein Klopfen unterbrach die Ruhe. Sofort versteckte sich Silk in Hijiri’s Jacke. Kaiki kam rein und atmete erschöpft aus. „Tut mir leid, dass du solange warten musstest, Maron. Die anderen Patienten hatten etwas mehr Zeit in Anspruch genommen als erwartet. Wir machen nur eine schnelle Untersuchung, sehen ob alles in Ordnung ist und dann gebe ich dir deine Entlassungspapiere. Oh, ist Miyako schon gegangen?“ Einen kurzen Blick warf der Arzt in den Raum rein und hielt bei Hijiri verwundert inne. „Sind Sie nicht ein Lehrer von den beiden? Der junge Referendar?“ Hijiri lächelte freundlich. „Ja, Hijiri Shikaidou. Ich kenne Maron’s Vater, weshalb ich mich nach ihrem Wohlergehen erkundigen wollte.“ Eine altbekannte Lüge, die die Diebin zwar überhaupt nicht mochte, aber für den Moment erstmal akzeptierte. „Ja, mein Vater und er haben sich in Frankreich getroffen.“, bekräftigte sie. „Aha, verstehe. Nett Sie kennenzulernen Herr Shikaidou, Dr. Kaiki Nagoya. Takumi ist auch ein alter Freund von mir.“ Die beiden Männer reichten sich die Hand. Anschließend führte Kaiki sein Check-Up durch. „Es scheint alles in Ordnung zu sein, wie als wäre nichts geschehen. Wir können also alle unbesorgt sein. Wenn aber irgendetwas ist, dann ruf mich sofort an, okay Maron? Sei es körperlich oder psychisch….“ Die Angesprochene nickte lächelnd. „Gib mir noch zehn Minuten, ich hole deine Unterlagen und dann kannst du deine Sachen packen und gehen.“ „Okay. Vielen Dank, Dr. Nagoya.“ Dieser lachte. „Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du mich Kaiki nennen sollst und darfst?“ Schüchtern zog die Freundin seines Sohnes ihren Kopf ein. Grinsen verließ er das Krankenzimmer. Chiaki folgte ihm nach draußen. „Vater?“ „Was gibt’s, mein Junge?“ Dieser zögerte kurz als er dann schließlich fragte: „Kannst du mir ein paar Migräne- oder Schmerztabletten geben? Am besten welche von der starken Sorte.“   Chapter 16: Suspicions ---------------------- NOTE: Manchmal haue ich einfach mitten drin mal ein paar Musik-Links rein, wo ich mir denke die passen zur Szene als Hintergrundmusik :') (BGM = background music!) Hatte ich in ein-zwei Kapiteln vorher auch gemacht (bei manchen Stücken ist die Dauerschleife komisch gemacht…)   ----------------------------------------------   Chapter 16: Suspicions   [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=d-l4TtGFT9o] Erzengel Gabriel befand sich im Gottes Saal und kniete auf den Schach-Brett-ähnlichem Boden. In Anwesenheit aller anderen Erzengel sprach sie zu Gott, der sich auf den hochkonstruierten Podest befand. Ihr Gesicht war besorgniserregend: „Ich hatte eine Vision, Herr. Eine große Finsternis wird kommen und die Welt in ihren Schatten umhüllen. Eine Dunkelheit, die Euch sowie uns Engel vernichten wird. Die den Tod bringen wird, Herr. Alles Licht wird ausgelöscht sein.“ Ein Raunen ging durch den Raum. „Ihr werden von Tag zu Tag schwächer, Herr…Was können wir nur tun?“ Es dauerte eine Weile, bis Gott ihr mit ruhiger Stimme antwortete: „Selbst in der tiefsten Dunkelheit wird es immer ein Fünkchen Licht geben… Die Zukunft steht nicht festgeschrieben, Gabriel…Selbst ich weiß nicht, was uns erwarten wird. Ich vertraue darauf, dass das Licht diese Dunkelheit erhellen wird und uns vor einer finsteren Zukunft bewahrt.“ Der Engel nickte, richtete sich auf und verbeugte sich. „Ich hoffe, Ihr habe Recht, Herr.“   Unter der Menge befand sich auch Hope, die ihren Blick unbeholfen durch den Raum wandern ließ. Ich habe so ein ungutes Gefühl....Chiaki, ich hoffe dir geht es gut... *** Chiaki wachte schweißgebadet auf. Er saß aufrecht auf dem Bett, versuchte seinen Atem zu regulieren. Ich muss wieder eingeschlafen sein…, dachte er sich. Müde schaute er sich um. Er befand sich in seinem Zimmer, ein schmaler Sonnenstrahl brach durch die Fenstervorhänge hindurch. „…Chi-…a-…ki…“, hörte der Blauhaarige neben sich Maron schwach sagen. Ein leises Wimmern war darauffolgend zu hören. Der Angesprochene seufzte. „Tut mir leid, falls ich dich wieder geweckt ha -“, Chiaki stockte, als er sich zu ihr umdrehte. Seine Augen weiteten sich schockiert. Sein Gesicht verlor an Farbe. Sein Herz hörte auf zu schlagen. Was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Neben ihm lag das Mädchen seiner Träume, einen Arm über ihren Kopf gelegen, der andere neben ihrem Körper. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt, tränenüberströmt und mit dunkelroten Spritzern bedeckt. Ihre braunen Augen blickten direkt in seine, ein qualvolles ‚Warum‘ war in ihnen abzulesen. Sie atmete schwach, rang nach den letzten Atemzügen. Ihr ganzer Körper war voller Blut. In ihrem Bauch klaffte eine große offene Wunde. Ihre Klamotten sowie die weiße Matratze waren in Blut getränkt. Chiaki wollte ihr zur Hilfe eilen, doch plötzlich spürte er etwas in seiner rechten Hand. Etwas schweres, feuchtes, metallisches. Zittern hob er seinen Unterarm. Fassungslos starrte er auf den blutüberströmter Doch herab. NEIN!!   „MA-“ Chiaki fand sich wieder aufrechtsitzend und schwer atmend in seinem Bett wieder. Sein Herz raste wie bei einem Marathon. Verwirrt versuchte er seine Gedanken und Erinnerungen zu sortierten, versuchte abzuschätzen ob er träumte oder sich in der Realität befand. Bilder seiner blutüberströmten Freundin blitzten vor seinem inneren Auge. Was zum-? Maron!!! Mit einer hastigen Kopfbewegung drehte er sich zu seiner linken. Zu seiner großen Erleichterung schlief die Kamikaze-Diebin seelenruhig in der weißen Bettdecke eingekuschelt. Er atmete hörbar auf, ließ seine angespannten Schulter wieder sinken. Nach einigen kräftigen Atemzügen hatte sich auch sein Herz beruhigt. Ein Traum…Es war vorhin nur ein verdammter Traum… Das ist jetzt die Wirklichkeit! Zur absoluten Sicherheit kniff er sich noch fest in den Handrücken, bis es kurz schmerzte. Beruhigt schloss er kurz die Augen, ließ sich ins Kissen fallen und drehte sich zu Maron hin. [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=NyLoifSkIVA] Liebevoll strich er der Schlafenden eine Strähne aus dem Gesicht, um einen besseren Blick auf ihr friedliches Gesicht werfen zu können. Ein verträumtes Lächeln umspielte Maron’s Lippen. Chiaki beobachtete sie für eine Weile. Schlafend sah seine Geliebte aus wie ein Engel, welches sich auf einer weichen Wolke gemütlich gemacht hatte. Teilweise waren ihre Haare mit ihrer goldenen Kette, die er ihr zu Weihnachten schenkte, verheddert, doch das schien seiner Schönheit nicht zu stören. Ihr goldenes Kreuz lag flach auf der Matratze und glänzte im schwachen Licht prachtvoll.  Chiaki umfasste zur zusätzlichen Beruhigung sein eigenes Kreuz um seinen Hals. Dann drehte er sich um 180 Grad und schaute zu seinem Nachttisch rüber auf die Uhr. Freitag, der zweite März, 4:27 Uhr morgens.   Chiaki stand vorsichtig vom Bett auf, darauf bedacht seine braunhaarige Freundin nicht zu wecken. Der Kaito beschloss in den frühen Morgenstunden joggen zu gehen, um einen klaren Kopf zu bekommen und um Dampf abzulassen. Leise ging er zu seinem Kleiderschrank und holte ein graues Sportshirt, eine dunkelblaue Sportjacke und eine lange, schwarze Laufhose heraus und ging mit den Sachen ins Bad. Dabei lief er im Wohnzimmer an Fin und Access vorbei, die es sich angewöhnt hatten auf seinem Sofa zu schlafen, wenn Maron bei ihm war. Manchmal wünschte er sich die beiden würden permanent im Obergeschoss der Nachbarswohnung übernachten, aber stur wie die Engel waren, so wollten sie immer in unmittelbarer Nähe ihrer Schützlinge bleiben. Auch wenn die beiden das Paar nie störten, so wünschte Chiaki sich trotzdem etwas mehr Zweisamkeit außerhalb der vier Schlafzimmerwände. Nach wenigen Minuten hatte er sich umgezogen, seine kabellosen Kopfhörer in die Ohren gesteckt und seine Sportuhr um das Handgelenk gelegt. Der Jugendliche ging zurück ins Schlafzimmer, drückte seiner großen Liebe einen sanften Kuss auf die Stirn und hinterließ ihr auf seinem Nachttisch eine kurze Notiz. Bevor er das Zimmer verließ, warf er noch einen letzten Blick auf das Foto, welches eingerahmt auf seinem Schreibtisch stand. Darauf waren Chiaki und Maron herzhaft lachend vor den Eingangstoren des „Maron Domes“ abgebildet. Der Blauhaarige konnte sich ein verliebtes Grinsen nicht vermeiden. Wie sollte er auch? Jedes Mal wenn er sie glücklich sah, war er der glücklichste Mensch auf Erden. Ein letztes Mal lief er im Wohnzimmer an Fin und Access vorbei und verließ mit leisen Schritten seine Wohnung. Am Eingang des Orléans angekommen lief der junge Mann direkt die Straße entlang los.   Die Straßen Momokuri’s waren ruhig, die Busse und Bahnen lagen noch still und nur wenige Autos fuhren an dem 17-jährigen vorbei. Wie auf Autopilot eingestellt joggte er durch die Stadt, lief nach einigen Kilometern durch den Park, am Hafen und am Strand vorbei. Die Luft war frisch und der Himmel war in einem angenehmen Morgengrau bedeckt. Einzelne Vögel konnte man über den Horizont fliegen sehen. Es waren nun zwei Tage her, seit Maron aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Wie versprochen blieb sie zu Hause und nahm sich von der Schule frei, während Fin auf sie aufpasste. Die beiden genossen die freie Zeit unter Freundinnen, wie aus alten Zeiten. Maron beschloss ihren Eltern nichts vom Sturz zu erzählen, um ihnen keine unnötigen Sorgen zu bereiten. In der Schule fragten seine Klassenkameraden nach Maron’s Wohlbefinden und ließen ihre Grüße ausrichten. Yamato hatte sich von seiner Erkältung mehr als erholt und ging seine letzten Klassensprecherpflichten für das Schuljahr an. Seit der Begegnung im Krankenhaus hatte Chiaki mit seinen Freund Ryuji ein paar Nachrichten ausgetauscht und sie würden sich in den kommenden Schulferien zum gemeinsamen Joggen verabreden – gegebenenfalls würde Maron mitkommen und die beiden würden einander kennenlernen.  Alles lief nahezu zu friedlich ab. Dennoch trog der Schein, denn die Dämonen ließen sich aus unerklärlichen Gründen nicht mehr blicken und alle waren sich einig, dass Maron’s Sturz keinem gewöhnlichen Unfall zurückzuführen war. Wiedermal gab es keinerlei Anhaltspunkte. Ebenso plagten Chiaki weiterhin noch Albträume, doch die Kopfschmerzen vergingen erstaunlicherweise mit dem Moment, in den er die Tabletten von seinem Vater nahm. Vielleicht lag es doch nur am Stress und Schlafmangel? Und was ist mit den komischen Gedächtnislücken…?   Was Chiaki am meisten besorgte war das Maron etwas belastete, sie ihm jedoch nichts sagen wollte. Immer wieder erwischte der Schüler seine Freundin mit einem bedrückten, nachdenklichen Blick, war für einige Augenblicke komplett geistesabwesend und sobald er sie darauf ansprach, setzte sie ihr Maron-typisches Lächeln auf und lenkte vom Thema ab. Chiaki kannte Maron gut. Er kannte sie viel zu gut. Er würde sofort erkennen, welches Lächeln von ihr ehrlich war und welches nur dazu diente Anderen keine Sorgen zu bereiten und Stärke vorzutäuschen. Der Kaito blieb nach einigen Abbiegungen an einer Brücke im Park stehen, lehnte sich mit den Oberkörper voraus an das Geländer an und schaute auf sein Spiegelbild im Wasser herunter. Vereinzelt schwammen Fische im Fluss herum. Chiaki atmete tief ein und aus. Schweiß glitzerte ihm im Gesicht bei der aufkommenden Morgensonne. Maron…was verheimlichst du mir…?, ging es ihm bedrückt durch den Kopf. Natürlich würde er Maron zu nichts drängen und würde darauf vertrauen, dass sie von selbst auf ihn zukomme. Er wusste, dass sie für vieles ihre eigene Zeit brauchte. Allerdings dachte Chiaki sich auch, dass es ihm gegenüber unfair war, wenn er keine Geheimnisse vor ihr haben dürfte, sie ihm jedoch Dinge vorenthielt. Ach Quatsch!, ermahnte er sich und warf die negativen Gedanken wieder weg. Wenn sie bereit ist es mir zu sagen, dann wird sie es auch tun! „Bist du dir sicher?“, hörte der junge Mann plötzlich jemand durch die Musik sagen. Überrascht drehte Chiaki sich um. Es war niemand hinter ihm. „Was zum Teufel…“, murmelte er zu sich selbst und raufte sich durch die Haare. Werde ich schon schizophren und höre Stimmen?... Nein, hast du dir bestimmt nur eingebildet! Chiaki stellte für einen Moment die Musik in seinen Kopfhörern ab, lehnte sich wieder am Geländer der Brücke an und schloss die Augen. Er genoss das Rauschen und Plätschern des Gewässers sowie die Ruhe der Natur. Ein erfrischender Wind wehte vorbei und gab ihm die wohltuende Abkühlung, die er brauchte. Die Blätter der umstehenden Bäume raschelten sanft hin und her. Der Jugendliche verweilte einige Minuten an Ort und Stelle. Als er schließlich auf seine Uhr schaute war es 5:37. Die nächsten zehn Minuten joggte er wieder zum Orléans zurück.   Zu Hause angekommen, kam Maron verschlafen aus dem Schlafzimmer raus und ging auf ihn zu. Die Engel schliefen nach wie vor ungestört weiter. Beide hatten einen außergewöhnlich festen Schlaf, musste Chiaki feststellen. Und ich dachte, Access würde wie ein Stein schlafen… „Du bist aber früh wach.“, begrüßte er das braunhaarige Mädchen leise und gab ihr einen Kuss. „Extra früh aufgestanden, um mit mir duschen zu gehen?“ Seine Nachbarin rollte schmunzelnd mit den Augen und hielt sich daraufhin gähnend die Hand vor dem Mund. „Ich sage doch, deine Sprüche werden von Mal zu Mal schlechter.“ „Das sagst du bloß so, weil du nicht zugeben willst, wie attraktiv und charmant die mich machen.“ Chiaki zog seine Jacke und sein Sportshirt aus, warf sie in den Wäschekorb und holte sich mit einem Handgriff ein Handtuch aus dem Badezimmerregal, welches er sich über den Nacken legte. Sein schlanker, durchtrainierter Oberkörper glitzerte vom Schweiß und einzelne Strähnen klebten ihm auf der Stirn. Maron errötete bei dem Anblick leicht. Sie hatte ihn schön öfter oben ohne gesehen, doch jedes Mal wurde sie dennoch etwas verlegen. Ihr Freund sah aber auch unbeschreiblich gut aus, da würde selbst ein griechischer Adonis alt aussehen! „J-Ja klar, das glaubst aber auch nur du allein, Mister Prince Charming! Pass auf, wenn du noch mehr solche Sprüche raushaust, muss ich Putzeimer und Mob rausholen.“, sagte sie ihm neckend, pikste ihm mit dem Zeigefinger auf die Brust und ging in die Küche. „Du warst nicht im Bett und ich hatte mir Sorgen gemacht, wodurch ich vorhin erst aufgestanden bin und deine Nachricht gelesen habe.“, erklärte Maron und reichte Chiaki eine Flasche Wasser. Dieser trank sie in einem Zug leer. „Danke. Ich musste mich ein wenig auspowern und am frühen Morgen war für mich die perfekte Zeit. Überall freie Straßen und keine Menschenseele weit und breit.“ „Typisch.“, lächelte sein Gegenüber amüsiert und stellte die Kaffeemaschine an. In der nächsten Sekunde schaute Maron etwas geistesabwesend auf die Maschine herunter. Wieder dieser nachdenkliche Blick. Ihre schönen rehbraunen Augen wirkten unsicher und traurig. „Alles Okay?“, fragte Chiaki sanft. „Was? Oh eh- Ja, ja. Es ist nichts.“ Aus den Gedanken gerissen, schüttelte die Kamikaze-Diebin kurz mit den Kopf und begann schließlich in den Schubladen und Schränken Pfannen und Kochutensilien rauszuholen. „Bist du dir sicher? Dich beschäftigt doch die ganze Zeit schon irgendwas.“ Maron schien seinen prüfenden Blick zu vermeiden. „Ja, Chiaki, mir geht es gut!“, sagte sie mit gereizter Stimme. Schließlich schaute sie zu ihm auf, ihre braunen Augen direkt in seine fixiert. Ein Seufzen entkam ihr und sie ließ ihre angespannten Schultern sinken. „Sorry, ich bin noch nicht ganz wach, schätze ich. Schließlich stehe ich ja nie so früh auf.“, redete Maron sich mit einem breiten Lächeln heraus. Chiaki beäugte seine Freundin weiterhin skeptisch, schenkte ihr jedoch im nächsten Augenblick sein altbekanntes, schiefes Grinsen. „Okay, mein Engel.“ Zärtlich drückte Chiaki ihr einen Kuss auf die Lippen. Er vertraute ihr. Wenn sie ihm etwas zu sagen hatte, dann wird sie es ihm sagen, dem war er sich sicher. „Ich mache mal das Frühstück. Heute gibt es French Toast. Und da du jetzt ein paar tausend Kalorien verbrannt hast, gibt es für dich die doppelte Portion.“, kündigte die 16-jährige an und band sich ihre Haare zu einem Zopf. „Wie aufmerksam von dir.“, entgegnete der Andere grinsend. „Da fällt mir ein… Haben wir- Ich meine, hast du nicht heute Sport in der letzten Stunde?!“ Maron drehte sich verwundert zu ihrem Freund um, der sich auf den Weg ins Bad machte. „Dann bin ich ja perfekt dafür aufgewärmt!“ *** Es herrschte große Verwunderung als Miyako, Yamato, Chiaki und ihre Klassekameraden die Turnhalle betraten und bereits eine Klasse vorfanden. Ihre Parallelklasse um genau zu sein, in der auch Akira sich befand. Chiaki’s Augen verengten sich zu Schlitzen, als er den Schwarzhaarigen sah und sich ihre Blicke trafen. Sein Mitschüler grinste ihn einfach an und winkte kurz. Diese Überfreundlichkeit nervte den Blauhaarigen. Er war froh, dass Maron nicht da war. „Was macht ihr denn hier? Wir haben jetzt Sport!“, fragte Miyako in die Menge hinein, die Hände an die Hüfte gestemmt. „Wir haben jetzt ebenfalls Sport und unser Sportlehrer hat uns hierher geschickt. Normalerweise hätten wir in der kleineren Halle im Hauptgebäude Unterricht.“, antwortete ihr die Klassensprecherin sachlich. Miyako schaute ihre Jahrgangskameradin verdutzt an. „Euer Sportlehrer?? Warte, wo ist unser überhaupt? Der ist sonst zehn Minuten vorher da!“, sie schaute sich nach links und rechts um. Das Trillern einer Pfeife hallte plötzlich durch die gesamte Sporthalle. Die Gespräche der Schüler verstummten und alle Blicke richteten sich auf die Geräuschquelle. Vor ihnen stand ein zwei Meter-großer, breiter, übermuskulöser Mann mit wilder Dauerwelle. Er hatte ein relativ breites, männliches Gesicht mit ausgeprägtem Kinn, breiter Nase und kleinen Augen. Seine sehr engen Sportklamotten spannten stark über den übergroßen Muskeln. Miyako und ihre Klassenkameraden warfen sich verstohlene Blicke zu. Manch einer fragte sich, ob die Muskeln alle echt waren, so übertrieben sahen sie aus. „Hallo, A-Klasse! Für alle, die mich nicht kennen, ich bin Herr Kamoshida. Da Herr Tanaka bei einer pädagogischen Weiterbildung heute ist, werde ich euer stellvertretender Sportlehrer sein!“ „Entschuldige, aber darüber war mir als Klassensprecher nichts bekannt, Herr Kamoshida!“, meldete sich Yamato mit einem Handzeichen. „Ach wirklich? Da musste die Schulleitung geschlafen haben Sie in Kenntnis zu versetzen. Nun denn, ich bin nun mal hier! Ich weiß nicht, was die Chefs sich dabei gedacht hatten, denn normalerweise würde ich zur selben Zeit jetzt mit der B-Klasse Sport haben, aber da ich mich nicht aufteilen kann, habe ich mir überlegt die Klassen zusammenzuwerfen und wir machen ein Volleyballmatch! A- gegen B-Klasse. Perfekt für die letzte Sporteinheit, oder nicht Kinder?“ Großer Jubel und Begeisterung ging durch die Halle, als die Schüler von dem Vorschlag hörten. Fünf Minuten vor Unterrichtsbeginn wurden per Zufallsverfahren die Teams der jeweiligen Klassen aufgestellt. Die Jungs gegen die Jungs und die Mädels gegen die Mädels. Die große Sporthalle wurde zur Hälfte aufgeteilt, sodass die Jungs parallel zu den Mädels spielten. Jedes Match dauerte jeweils zehn Minuten, wodurch insgesamt vier Teams von jeder Geschlechtergruppe in der kurzen Unterrichtszeit gegeneinander antreten sollten. Jedes Spiel wurde mit aufgeregten Anfeuerungen der zuschauenden Mitschüler begleitet. Miyako spielte als erste in ihrem Team und gewann mit einem eindeutigen Sieg. Parallel spielte Yamato gegen die Jungs der B-Klasse, jedoch mit einem gegenteiligen Ergebnis. In der zweiten Runde gewann in beiden Matches die A-Klasse. Chiaki war im dritten Team und trat gegen die  Mannschaft an, in der auch Akira war. So ein Zufall aber auch…, dachte sich Chiaki sarkastisch, als er sich auf das Spielfeld aufstellte. Dann ertönte zum Start das schrille Trillern der Pfeife.   [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=JtQSKYsS6Nw] Auch wenn die Spiele nur zehn Minuten andauerten, so fühlten sie sich doppelt so lang an. Chiaki’s Team stand nach der Hälfte der Zeit in Führung, doch ihre Mitschüler stellten sich als harte Gegner dar. Zu seiner Entnervung jubelten fast alle Mädchen Akira zu, selbst welche aus seiner eigenen Klasse. Dass der gleichartige seit seinem ersten Tag stark an Popularität gewann, hatte Chiaki mitbekommen. Insbesondere nachdem er und Maron ein Paar wurden und der Neue sich als Single herausstellte. Eigentlich sollte ihm sowas auch egal sein, aber da es um Akira ging, den Neuling für den er von Anfang an keine Sympathien hegte, konnte er es schwer ignorieren. Die letzten Minuten standen an. Chiaki kam gerade der Ball zu, er sprang und spielte ihn mit voller Kraft über das Netz. Unbeabsichtigt traf das runde Objekt jedoch mitten in Akira’s Gesicht, sodass ihm die Brille herunterfiel. Die weiblichen „Fans“ schreckten durch die ganze Halle hörbar auf. „Das war ein Versehen!“, rief er ungelogen über das Spielfeld. Für einen minimalen Moment hoffte Chiaki auch, dass es dem Anderen gut ginge. „Nimura!“ „Hey, Akira! Alles Okay?“ „Alter, hat das gesessen!“ Besorgt kamen einige Teamkollegen auf Akira zu, der sich schmerzlich den Kopf hielt und am rechten Mundwinkel blutete. „Keine Sorge! Nichts passiert, habe mir nur auf die Zunge gebissen!“, der junge Mann wischte sich mit der rechten Hand das Blut weg. Er hob seine Brille auf und schaute mit einem festen Blick direkt zu Chiaki rüber. Dieser zuckte mit den Augen. Er könnte schwören etwas in den dunklen Augen von Akira blitzen gesehen zu haben. Nachdem sich die Situation beruhigt hatte, wurde der letzte Satz eingeleitet. Die letzten Sekunden wurden herunter gezählt. Im Rhythmus hüpfte der Ball über das Feld. Akira setzte zum letzten Schlag an und traf dabei Chiaki hart ins Gesicht. Dann war das abschließende Pfeifen von Herr Kamoshida zu hören. Auch hier gewann die A-Klasse, während bei den Mädchen die B-Klasse siegte. „Nimura! Ich hoffe für Sie, dass war keine kindischen Racheaktion wegen vorhin, sonst muss ich ein ernstes Wörtchen mit Ihnen austauschen.“ „Nein, ich schwöre!“ Der Angesprochene hob unschuldig die Hände in die Höhe. „Gut. Soll ich euch beide zur Schulärztin schicken?“ „Nein, alles gut!“, kam es von den Schülern synchron zurück. Im nächsten Moment lief Akira auf Chiaki zu, mit einem entschuldigenden Gesichtsausdruck. „Hey, sorry wegen dem Ball! Das war wirklich keine Absicht oder Racheaktion! Wirklich!“ Sein Gegenüber winkte mit einer Hand ab, während er die andere über die linke Wange hielt. Höflich sagte Chiaki: „Ich- eh, entschuldigte mich auch für vorhin. Schätze mal, wir sind Quitt.“ Als ob das keine Absicht gewesen war…elender Mistkerl, ging es ihm insgeheim durch den Kopf. „Alles klar. Dann sind wir Quitt! Der Ball ist ziemlich hart, nicht?“, lachte Akira den Anderen an, der einfach nur nickte und sich die Wange rieb. Denk‘ ja nicht, wir sind jetzt Freunde!, dachte Chiaki sich genervt. „Die letzten Teams können sich schon mal aufstellen!“, hörten sie den Lehrer rufen. „Dürfen wir kurz rausgehen und was trinken?“ fragten ein paar Mitschüler. „Klar, bloß keine Scheu, Kinder!“  Mit den Worten liefen einige raus, holten ihre Wasserflaschen aus den Umkleiden oder gingen zum Hof raus, Richtung Wasserspender. Chiaki gehörte zu denen, die sich zu den Wasserspendern begaben.   Wie am frühen Morgen waren die Temperaturen frisch, doch die Mittagssonne knallte prall auf die Erde herab. Chiaki spritzte sich zur Erfrischung das kalte Wasser ins Gesicht. Noch immer brannte seine linke Gesichtshälfte etwas vor Schmerz. Kein Wunder, der Schlag mit dem Ball hatte mehr als gesessen! Du hattest deutlich schlimmere Schmerzen durchgemacht, Chiaki! Hör auf zu Heulen! Im Vergleich zu den sonstigen Verletzungen, die er sich als Dieb zufuhr, war dies wie ein Schlag mit einem Kissen.   „Wie geht es eigentlich Maron?“, hörte er Akira’s Stimme hinter sich fragen. So. Eine. Verfluchte. Nervensäge! Da Chiaki mit dem Rücken zu ihm stand, verzog er merklich das Gesicht. „Ihr geht es gut. Danke der Nachfrage.“ Mit einer geschickten Bewegung drehte der blauhaarige Junge sich um, verschränkt die Arme vor der Brust und ging ein paar Schritte auf seinen Mitschüler zu. Akira stand lässig mit den Händen in der Hosentasche ihm gegenüber. Beide jungen Männer waren alleine. Chiaki hatte sich auch den Wasserspender ausgesucht, der am wenigsten besucht wurde, um einen Massenansturm zu vermeiden. „Das freut mich zu hören! Du kannst dir vorstellen, dass ich wie alle anderen besorgt war.“, lächelte Akira verlegen. „Ja…Du brauchst nichts zu verheimlichen, ich weiß dass du ihr Blumen geschickt hast. Hör mal, ich will nett bleiben und Klartext reden…Demnach würde ich dich gerne darum bitten, die Annäherungen bei Maron sein zu lassen? Nichts gegen dich, aber sie ist glücklich mit mir zusammen und daher sind deine Chancen bei ihr null. Haben wir uns verstanden?“, sagte Chiaki ernst. Akira bewegte die Schultern gelassen hoch und runter. Langsam mit knirschenden Sohlen ging er auf Chiaki zu. „Keine Sorge, ich weiß wie meine Chancen stehen. Du solltest wissen…Maron hatte mir letztens einen eiskalten Korb gegeben. Du kannst dich ziemlich glücklich schätzen! Sie ist ein besonderes Mädchen…ziemlich hübsch, schlau und eine ganz Süße.“ Akira wurde langsamer je mehr er sich Chiaki näherte. Er packte ihn unerwartet an der Schulter, beugte sich nach vorne und wisperte mit einem dunklen Lächeln ins Ohr: „Besonders ihre Lippen waren ganz süß…wie Erdbeeren. Und ihre Haare dufteten so frisch nach Zitrone….“ Seine grauen Augen wurden dunkler, hatten etwas Boshaftes an sich, was Chiaki allerdings nicht sehen konnte. „Du kannst dich wirklich sehr, sehr glücklich schätzen, Chiaki Nagoya! Ich frag‘ mich jedoch wie sie mich im Vergleich zu dir fand...“ Dann ließ der Akira von ihm los und ging entspannt an seinen Jahrgangskameraden vorbei. Für einen Augenblick stand Chiaki wie zur Salzsäule erstarrt da. Immer wieder wiederholen sich Akira’s Worte in seinem Kopf. „Besonders ihre Lippen waren ganz süß.“…Hatte er es wirklich gewagt?! Seine Hände ballten sich zu Fäusten. In der nächsten Sekunde sah der Kaito nur noch rot und fletschte wutentbrannt mit den Zähnen. Er drehte sich um, packte den Anderen von hinten am Kragen und schlug zu. *** Hijiri hatte an diesem Nachmittag keine Klasse zu unterrichten, weshalb er beschloss in der Schule einen Rundgang zu machen. Er spazierte über den Schulhof entlang als er in der Nähe des Sportgebäudes zwei Schüler in Sportklamotten bemerkte, die gehetzt zur Eingangstür rannten. „Herr Kamoshida! Kommen Sie schnell! Chiaki Nagoya und Akira Nomura prügeln sich draußen!“, rief eine Schülerin, als sie den Sportlehrer aus der Halle holte. Chiaki?! Mit einem ungläubigen Blick folgte der Warlock ihnen. Hinter ihn kamen auch Yamato und Miyako aus der Sporthalle rausgerannt. Im hinteren Bereich des Schulhofes angekommen, sah er wie wenige Meter entfernt sein Kollege versuchte Chiaki vom anderen wegzuzerren. Akira lag im Gesicht blutend auf dem Boden und hielt sich schmerzlich den linken Arm. Die Brille lag teilweise zerbrochen neben ihm. Ein schmerzbetontes Stöhnen war von ihm zu hören. Fassungslos sahen alle in der nächsten Sekunde mit an, wie der Jüngere der älteren Autoritätsperson den Ellenbogen ins Gesicht stieß und mit dem Knie in den Bauch trat. Dabei war Herr Kamoshida einen ganzen Kopf größer und doppelt so breit wie der 17-jährige. Natürlich wussten die meisten nicht, dass er ein gut trainierter Kaito war, dennoch verschlug es sogar Miyako, Yamato und Noyn die Sprache. „Chiaki! Was zum-!!“, hörte man Miyako entsetzt rufen. Sie war darauf bedacht auf den Freund ihrer besten Freundin zuzugehen und einzugreifen, doch Yamato hielt sie mit aller Kraft zurück. Die Polizeitochter war keine schwache Frau, das wusste jeder, dennoch war die Angst des Klassensprechers zu groß, dass Chiaki seiner Freundin was antun könnte. Seine Angst war auch berechtigt, denn in den Augenblicken wirkte ihr blauhaariger Freund wie eine wilde Bestie. Noch nie hatte man ihn so aggressiv gesehen. Selbst als Sindbad kannte Noyn solche Seiten von ihm nicht. Herrn Kamoshida entkam ein schmerzlicher Laut, hielt sich die blutende, -wahrscheinlich- gebrochene Nase und schwankte gebückt rückwärts nach hinten. Chiaki wollte auf den Lehrer zugehen und ihm einen weiteren Tritt verpassen, doch Hijiri kam blitzschnell von hinten auf ihn zu und packte ihn mit einem festen Griff am linken Oberarm. Der Jüngere hielt sofort inne.   „Das reicht jetzt!“, sagte Hijiri mit fester, ruhiger Stimme. Wie in Zeitlupe drehte der Kaito den Kopf in seine Richtung. Hijiri hielt für eine Sekunde den Atem an. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Eiskalte Augen blickten gefühlslos in seine, das Gesicht wie eine ausdruckslose Maske. Es war wie als würde eine komplett andere Person vor ihn stehen. Kritisch kniff der ehemalige Dämonenritter seine rot-braunen Augen zusammen. „Chiaki, bist du das?“, fragte er leise, sodass ihre Mitmenschen um rum ihn nicht hören konnten und verstärkte den Druck seiner Hand am Arm. Der Angesprochene verzog daraufhin kurz bissig das Gesicht. Im nächsten Augenblick blinzelte Chiaki benommen, die braunen Augen verklärten sich und gewannen an Emotionen wieder. Sein Blick wanderte schnell irritiert zwischen Hijiri und den Mitmenschen hinter ihm hin und her. Ein paar weitere Schüler hatten sich bereits angesammelt und starrten entsetzt auf die Szene. Dann sah er wie sich Herr Kamoshida sich geräuschhaft aufrichtete. Zischend drückte Chiaki sich mit einer Hand an die Schläfen, kniff sich angestrengt die Augen zu und senkte leicht den Kopf. Hijiri beobachtete den Kaito genau. Er ließ von seinen Arm los. „Den Rest übernehme ich wieder, Herr Kollege! Sie können ruhig wieder gehen!“, sagte Herr Kamoshida zum Rothaarigen gereizt und sich ein Taschentuch über die blutende Nase hielt. „Sie und Sie!!“, er deutete mit dem Finger auf Chiaki und Akira, der sich mittlerweile vom Boden etwas aufgesetzt hatte und sich die kaputte Brille richtete, „Sie beide warten vor dem Büro des Direktors! Wir rufen Ihre Eltern an und dann werden wir alle ein ernstes Gespräch führen! Nimura!! Sie kommen mit mir ins Krankenzimmer!“ Mit den Worten ging der Sportlehrer stampfend davon und befahl mit aggressiver Stimme den umstehenden Schülern sich vom Platz zu entfernen. Es wurde bereits wild getuschelt. Schließlich hatten sich soeben zwei der bestaussehendsten Typen der gesamten Akademie geschlagen. Noch dazu hatte einer von ihnen einen Lehrer fertig gemacht! Es wurde bereits wild spekuliert worum es bei der Auseinandersetzung ging. Akira war mit Anstrengung aufgestanden und folgte seinem Lehrer humpelnd, den linken Arm schmerzlich vor der Brust haltend. Eine bebrillte Schülerin mit langen schwarzen Haaren kam wortlos auf ihn zu und stützte ihn auf der rechten Seite. Kiyo Ita, wenn ich mich nicht irre…Sie geht mit Maron und den anderen in eine Klasse…, rief sich Noyn in Erinnerung. Letztlich blieben Miyako, Yamato Chiaki und er zurück. Noch immer saß der Schock bei allen tief. Nach einigen Minuten entfernte sich auch Chiaki ohne Worte, ohne seinen besorgten Freunden Beachtung zu geben. *** Im Rektorenzimmer herrschte unangenehme Stille. Es waren über eineinhalb Stunden her, seit der Prügelei. Chiaki hatte sich mittlerweile wieder in seine Uniform umgezogen und saß nun nervös auf einem Stuhl gegenüber vom Rektorentisch. Hinter ihm sein Vater, der mehr als aufgewühlt und angespannt wirkte. Links von dem 17-jährigen saß ebenfalls auf einem Stuhl Akira, das rechte Auge blau-lila verfärbt, die linke Gesichtshälfte mit einem großen Pflaster beklebt, über der Stirn ein Verband, die Lippen aufgeplatzt und die Brille in einem Glas zerbrochen. Sein linker Arm war in einer Schlinge gebunden und unter den hochgekrempelten Ärmeln des Hemdes konnte Chiaki sehen, dass beide Gliedmaßen ebenfalls bandagiert waren. Die grüne Jacke der Schuluniform war locker über seine Schulter gelegt. Womöglich war es dem schwarzhaarigen Jahrgangskameraden zu viel Anstrengung den verletzten Arm durch den Jackenärmel zu koordinieren. Am Hals waren dunkle, fingerähnliche Male zu erkennen. Der Kaito war über sich selbst erschrocken. Habe ich das alles gemacht?! Er konnte sich nur an die letzten Momente ihres Gesprächs erinnern und der Rest war wie ein Filmriss. Dann fiel ihm ein was Akira als letztes zu ihm gesagt hatte. Stimmt…der Arsch behauptete Maron geküsst zu haben…! Ein Anflug von Genugtuung überkam Chiaki, was ihn innerlich zusammenzucken ließ. War er jetzt noch stolz darauf, den gleichaltrigen zusammengeschlagen zu haben?! Hinter seinem Mitschüler stand ein äußerst jung aussehender Mann, welcher einen hochwertigen, enganliegenden, schwarzen Geschäftsanzug trug. Wahrscheinlich sein Vater…?, überlegte Chiaki. Wie Akira hatte er ebenfalls pechschwarze Haare -die ordentlich nach hinten gepflegt waren-, markante, feingeschliffene Gesichtszüge, dunkle Augen, die kühl in den Raum reinblickten. Nur eine riesige Narbe, welche von der linken Wange runter zum Hals ging, zerstörte das Bild des „perfekten“, gutaussehenden Mannes. Er war -wie Akira- sehr groß gebaut, die Arme hinter den Rücken verschränkt und hatte eine strenge, gerade, nahezu disziplinierte Haltung. Bis auf die Haare und der Größe, konnte Chiaki allerdings keine äußerlichen Ähnlichkeiten zwischen den beiden bemerken. Links von dem Direktorentisch stand Herr Kamoshida ebenfalls mit blauen Auge und zusätzlich gebrochener Nase, sein Gesicht grimmig verzogen. Mit strenger Miene saß der dickliche Direktor den Schülern gegenüber, die Ellenbögen auf seinem Tisch abgestützt und die Hände übereinander vor der unteren Gesichtshälfte positioniert. Seine faltigen Augen musterten beide abwechselnd. Aus unerfindlichen Gründen war ein belegtes Schachbrett auf dessen Tisch, was etwas von der seriösen Stimmung ablenkte. Auf eine entspannte Runde Schach hätte bestimmt niemand Lust… Der Nagoya-Sprössling wusste, dass es großen Ärger geben würde, das stand außer Frage.     Als der Älteste von allen anfangen wollte zu sprechen, kam Hijiri ins Büro reingestürmt. „Herr Shikaidou, ich habe Sie nicht hierher bestellt.“, sagte der Direktor kühl. „Das überrascht mich, Herr Direktor, denn ich war es unter anderem der den Streit geschlichtet hat. Also hätte ich auch Mitspracherecht, was als nächstes passiert.“ Man sah dem runden Mann an, dass er den Geschichtslehrer wieder rausschicken wollte, doch dann entschied er sich doch um. „Fein, Herr Kollege. Ich hätte eigentlich Frau Pakkyaramao hierher geholt, als Leiterin der A-Klasse der Erstjährigen, doch leider ist sie terminlich verhindert. So… Nun zu Ihnen Dr. Nagoya, Herr Nimura.“ Der Schulleiter wandte sich zu den Vätern. „Es tut uns allen furchtbar leid, Sie so kurzfristig hierherrufen zu müssen, allerdings schätzen wir es sehr, dass Sie sich die Zeit dafür genommen haben. Sie wissen weshalb Sie hier sind?“ „Ja, ich weiß weshalb ich hier bin, allerdings verstehe ich nicht wieso ich hier bin!“, schaltete Kaiki sich sofort ein. „Die Schulsekretärin rief an und sagte mir, mein Sohn hätte eine Prügelei angefangen?! Sowas sieht ihm in keinem Fall ähnlich!“ „Und wie erklären Sie sich bitte die blauen Flecke, Kratzer und Verletzung bei meinem Sohn?!“, sagte der Mann im Anzug mit äußerst tiefer, erzürnter Stimme. „Wollen Sie, dass ich wegen Körperverletzung Anzeige erstatte?!“ „Ich bin mir sicher, dass mein Junge das nicht alleine zu verantworten hat!“ „Meine Herren, bitte beruhigen Sie sich! Dr. Nagoya. Es haben genug Schüler berichtet, dass Ihr Sohn, Chiaki Nagoya, den ersten Schlag auf Akira Nimura getätigt haben soll. Nicht nur wurde der Junge körperlich schwer verletzt, ebenso hatte Ihr Sohn gegen einen Lehrer Hand angelegt. Ich muss zugeben, hätte Herr Shikaidou sich nicht eingeschalten, dann wären beide Herren im schlimmsten Fall bei Ihnen ins Krankenhaus eingeliefert worden.“ „Sie sind doch Arzt! Sie können doch selbst sehen, dass derartige Verletzung nicht von selbst entstehen! Und Nein! Ich bin nicht die Treppe heruntergefallen!“, sprach der Sportlehrer aufgebracht. Aufgrund der gebrochenen Nase bekam seine Stimme einen (eher lustigen) nasalen Ton. Kaiki zögerte direkt etwas zu sagen, seufzte jedoch und ließ die Schultern resigniert sinken. „Ich sehe genug um nicht glauben zu können, dass mein Sohn das alles verursacht hat.“ Er warf einen traurigen, nachdenklichen Blick zu Chiaki runter, der ruhig auf dem Stuhl angelehnt saß, die braunen Augen gesenkt, das Gesicht ausdruckslos. Er konnte einfach nicht glauben, dass sein geliebter Junge, der sonst immer die Ruhe selbst war, jemand nahezu krankenhausreif prügeln würde. „Wie mir aufgefallen ist, scheint Chiaki aber nicht komplett heil davongekommen zu sein.“, mischte sich Hijiri ein. „Zu mindestens erscheint mir seine linke Gesichtshälfte ungewöhnlich rot….“ „Oh, das kam noch vor der Auseinandersetzung, Herr Kollege. Ich hatte ein Volleyballmatch unter den Klassen veranstaltet und beide hatten sich die Bälle an den Kopf geworfen. Nach dem Spiel konnte ich noch mitverfolgen, wie die jungen Herren sich noch respektvoll beieinander entschuldigt haben, bevor sie rausgingen.“ „Verstehe. Dürfte ich nun von Ihnen beiden erfahren, was sich in der kurzen Zeit geändert hat, dass Sie plötzlich aufeinander losgehen mussten und worum es in dem Streit ging?“, fragte der Direktor, die buschige Augenbraue kritisch hochgezogen. Erwartungsvoll blickten die Erwachsenen die Jungs an. Akira zuckte unschuldig mit den Achseln, hustete und räusperte sich kurz, bis er als erster sprach: „Ich habe ihn ganz harmlos gefragt wie es Maron Kusakabe geht, da sie ja letztens im Krankenhaus war und die Tage von der Schule befreit wurde. Als netter Freund und Jahrgangskamerad, darf man sich ja Sorgen machen. Das nächste woran ich mich erinnere, war wie er zuschlug und mich zu Boden drückte.“ „Und Sie, Herr Nagoya? Ihre Version der Geschichte?“ Der Schulleiter wandte seinen runden Kopf zu Chiaki. Von ihm war ein abfälliges Schnauben zu hören. Er hob den Kopf und warf einen abwertenden Blick in die Runde. „Tu nicht so unschuldig! Seit Monaten versuchst du dich an meine Freundin ranzuschmeißen! Da musste ich natürlich zeigen wo die Grenzen sind! Und die Sache beim Volleyball war auch eine indirekte Warnung, wenn ich das zugeben darf!“, sagte er mit teils schroffer, teils arroganter Stimme. „Und sowas konnten Sie nicht verbal klären, Herr Nagoya?“, kam es wieder vom Direktor. Der Angesprochene wandte seinen Blick ab und schwieg. Kaiki starrte ihn mit offenen Mund an. Er erkannte seinen Sohn gar nicht wieder. Hijiri hingegen beobachtete sein Verhalten genau. Seit der Prügelei überkam ihm ein mehr als ungutes Gefühl.   „Nun…Wie ich das richtig verstehe, so handelte es sich um einen kindischen Eifersuchtsstreit, den man auch mit Worten hätte lösen können, aber das ist nicht der Hauptpunkt. Hier in dieser Schule, dulden wir keine Prügeleien oder Gewalt sonstiger Art! Nicht nur hatte Herr Chiaki Nagoya zugegeben, dass er die Auseinandersetzung angefangen hat, sondern hat auch starke Respektlosigkeit gegenüber einer Autoritätsperson gezeigt sowie schwere Körperverletzungen zu verantworten. So etwas schadet den Ruf und das Ansehen der Schule. Sie können froh sein, dass wir nicht die Polizei eingeschaltet haben, sondern das intern im Rahmen des Schulgeländes regeln.“ Der Schuldirektor atmete tief ein und aus, eher er weitersprach. „Normalerweise würden wir Schüler, die derartig die Schulregeln verstoßen komplett von der Schule verweisen, aber ich bin offen für zweite Chancen. Als Maßnahme stattdessen habe ich mir überlegt, ihn für drei Monate von der Schule zu suspendieren.“ Herr Kamoshida sowie Herr Nimura nickten der Entscheidung stimmend zu. Der Krankenhausdirektor schnappte fassungslos nach Luft. Auch Hijiri blieb fast die Spucke stecken. „Finden Sie das nicht übertrieben??“, warf der rothaarige Lehrer sofort ein. „Gemäß seiner Schulakte hatte Chiaki seit seinem ersten Tag an der Momokuri Akademie außerordentliche Noten geleistet und war in den Examen immer Jahrgangsbeste. Außerdem ist morgen das Schulfestival und Ende nächster Woche geht das Schuljahr sowieso zu Ende. Da ist eine Suspendierung für so lange Zeit doch mehr als ungünstig, Herr Direktor.“ „Sie haben natürlich nicht Unrecht, aber ich erkläre Ihnen meine Gedankengänge, Herr Shikaidou. Aufgrund dessen dass der junge Herr Nagoya ein exzellenter Schüler ist, habe ich die Strafe auch vermindert. Er kann die letzten Tages des Schuljahres wie gewohnt verbringen und sich an allen Aktivitäten beteiligen. Die Suspendierung wird demnach auch ab dem ersten Tag des neuen Schuljahres in April in Kraft treten.“, sprach dieser mit autoritärer Stimme. Hijiri biss sich verärgert auf die Lippe. Er sah ein, dass sich sein Chef nicht umstimmen ließ. Was ist das hier bloß, dieses nervenzerreißende Gefühl?! Dämonen? Nein – sonst würde ich sie aufspüren können…! Noyn war alles zum Haare raufen. „Müssen das direkt drei Monate sein? Das ist ein ganzes Trimester an Schulstoff, was er verpassen kann!“, sagte Kaiki besorgt und entsetzt zugleich. „Wir können es ja so einrichten, dass wir Ihnen per E-Mail eine Liste schicken, mit allem, was die Schüler im zweiten Jahr behandeln. Ich bin mir sicher der junge Herr Nagoya wird fähig sein, auch ohne Schulanwesenheit mitzuhalten.“ Der ältere Mann ließ sich nicht von seiner Entscheidung ablenken. „Okay!“, hört man Chiaki trocken sagen. „Chiaki, dass kannst du doch nicht einfach so hinnehmen!“ Der Angesprochene schaute mit blanker Miene zu seinem Vater auf und zuckte desinteressiert mit den Schultern. Kaiki musste sich stark zusammenreißen, um seinen Sohn nicht vom Stuhl hochzuziehen und ihn kräftigt durchzuschütteln. „Nun gut. Meine Entscheidung ist endgültig. Ich würde Sie nun alle bitten mein Büro zu verlassen!“ *** Aufgebracht war eine Untertreibung, wenn man Kaiki’s Gefühlslage beschreiben würde. Er war fuchsteufelswild und verließ mit kräftigen Schritten den Campus, Chiaki und Hijiri ihm hinterher. „Ich verstehe das alles ganz und gar nicht! Sonst war der Direktor ein einsichtiger Mann gewesen, der nie was von schweren Sanktionen hielt und jetzt suspendiert er einfach einen Schüler für glatte drei Monate!“ Er drehte sich zu seinem Sohn um, der noch immer diesen kalten Blick in den Augen hatte. Der Chefarzt wusste nicht ob er wütend auf die Schule oder auf Chiaki war. Zur kurzen Beruhigung kniff er sich mit Daumen und Zeigefinger den Nasenrücken und atmete tief ein und aus. Dann wandte er sich zu dem Geschichtslehrer: „Ich müsste mich bei Ihnen bedanken, Herr Shikaidou. Dafür dass sie Partei für uns ergriffen haben….“ „Naja, leider war ich Ihnen keine große Hilfe….“, antwortete dieser ihm mit enttäuschter Stimme und fuhr sich verlegen durch die nackenkurzen Haare.   „Trotzdem, haben Sie vielen Dank. Und du, Chiaki, du bist mir eine Erklärung schuldigt! Wenn du reden willst, meine Tür steht jederzeit offen!“ Ohne auf seinen Vater zu reagieren, warf der 17-jährige seine Schultasche über die Schulter, ging wortlos an ihn vorbei und lief nach Hause. Zwei verwirrte Männer blieben am Schultor zurück. Ich muss unbedingt mit Maron reden…, ging es Noyn alarmierend durch den Kopf. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht! „Wenn Sie mich entschuldigen, Herr Doktor.“, der ehemalige Ritter verschwand in der nächsten Ecke, stieg in sein knallrotes Auto ein, holte sein Handy aus der Jackentasche und wählte Maron’s Nummer.   Graue Wolken zogen über den orangefarbenen Himmel. Akira saß auf dem gepolsterten Rektorenstuhl, der gesunde Arm auf der großen Armlehne gestützt, das Gesicht lässig an der rechten Hand angelehnt, die langen Beine geschmeidig übereinandergelegt. Ein breites, selbstzufriedenes Grinsen umspielten seine Lippen. Seine grauen Augen waren auf das Schachbrett gerichtet, die schwarzen Figuren waren zu ihm gewandt. Seine Wunden fingen an von selbst zu verheilen. Seine Haut nahm an allen verfärbten Stellen seine normale Farbe wieder an. Auch die Brille reparierte sich selbst, bis sie wieder wie neu aussah. Akira befreite seinen linken Arm von der Schlinge und fing an mit sich alleine Schach zu spielen. Im Büro befanden sich nach wie vor sein Vater, der Schuldirektor und Herr Kamoshida, die alle vor dem Tisch standen. Ihre Gesichter wirkten ernst und alle Blicke waren auf den schwarzhaarigen Schüler gerichtet. „Ihr könnt die Fassade fallen lassen.“, hörten sie ihn in einem autoritären Tonlage sagen. Die Augen aller Erwachsenen leuchteten bedrohlich rot. Im nächsten Augenblick wurden alle -bis auf Herr Nimura- von dunklen Flammen umhüllten. Zwei große Männer standen an Stelle der Lehrkräfte da. Sie hatten dieselbe definierte, markante Statur wie Herr Nimura, trugen ebenso schwarze Anzüge und wiesen Narben auf, der eine mehr, der andere weniger. Ebenso unterschieden sich die Männer von der Haarfarbe. Keiner von den dreien rührte sich vom Fleck oder sagte ein Wort. „In Schach ist der König die wertvollste Figur im Spiel. Fällt er, hat man das Spiel verloren. Um ihn zu beschützen, hat er zahlreiche Untertanen die für ihn kämpfen und darauf abzielen den gegnerischen König zu schlagen. Es ist ein strategisches Spiel um Macht.“ Während Akira mit ruhiger Stimme sprach, sammelte er mehr und mehr weiße Figuren ein. Ab und an fiel auch eine schwarze Figur, meist eher ein Bauer. Dann hielt er die schwarze Königin in den Händen, betrachtete sie ausgiebig und balancierte sie in seinen schlanken Fingern. „Die Königin ist die -sagen wir- mächtigste Figur von allen, da sie sich über das ganze Feld in alle Richtungen bewegen kann. Manche Spieler verlassen sich jedoch zu sehr auf ihre Königin….“ Wieder machte er ein paar Züge. Immer wieder wurde der weiße König von den schwarzen Figuren umzingelt und stand im Schach. Ohne vom Brett aufzuschauen oder sein Spiel zu unterbrechen, sprach Akira zu den Männern gerichtet: „Gute Arbeit heute. Alles verläuft so wie es ablaufen sollte. Dieser Noyn ist schon ein Schwachkopf. Ich glaube, der Idiot blickt gar nicht mehr durch was um ihn herum alles passiert. Wie konnten wir ihn 500 Jahre lang für uns dienen lassen? Naja, zu Gottes Haufen ist er eh besser aufgehoben.“ Ein abfälliges Kichern entfuhr ihm. „Unsere Königin müsste auch fleißig in Bewegung sein…Das wird garantiert lustig!“ Die drei Männer knieten sich respektvoll mit einem Bein vor dem vermeintlichen Schüler hin. „Am besten manipuliert ihr noch die Gedächtnisse von den Menschen, für die ihr euch heute ausgegeben habt. Schließlich soll nicht alles wieder Friede-Freude-Eierkuchen werden. Wenn ihr fertig seid, dann könnt ihr wieder zurück nach Hause. Auch du, Asmodeus. Ich bräuchte meinen ‚Vater‘ bestimmt nicht nochmal.“ Zum ersten Mal schaute er kurz zu den dreien auf und lächelte sie böse an. „Jawohl!“, sagten die Männer wie aus einem Mund und verschwanden im Nichts. Für eine Weile saß Akira noch auf dem Stuhl des Schuldirektors, spielte mit einer schwarzen Figur in seiner Hand. Letzten Endes setzte er seinen letzten Zug und setzte den weißen König Schachmatt. Mit dem schwarzen König. Dann löste auch er sich zufrieden grinsend in Luft auf.   Mitten auf dem Weg nach Hause hielt Chiaki inne, wie als fuhr ihm ein Blitz durch den ganzen Körper. Unauffällig versteckte er sich in die nächste Seitengasse, sodass ihn niemand sehen konnte, den Rücken an die Wand gelehnt. Er atmete schwer, seine Augen waren weit aufgerissen, wanderten unfokussiert hin und her. Kalter Schweiß bildete sich auf der Stirn. Er wurde blass. Benommen drehte er sich um, stützte sich mit der einen Hand, die zu einer Faust verkrampft war, an der Hauswand ab und hielt sich mit der anderen Hand den Kopf. W-Was ist jetzt wieder geschehen, verdammt? Ich saß doch noch eben im Büro des Rektors…Diese verf*ckten Gedächtnislücken! Warte- Ich…Ich wurde von der Schule verwiesen…? Verschwommene Erinnerungen der letzten Minuten rannten wie ein Film vor seinem inneren Auge vorbei. Sie waren ihm teilweise vertraut, teilweise auch total fremd. Er fühlt sich nicht, wie als wäre er bei dem Treffen anwesend gewesen. Sein Kopf fing an furchtbar zu schmerzen, obwohl er vorher noch Tabletten genommen hatte. Der Lärm der Straßen und die Stimmen der Menschen schallten laut in seinem Kopf. Ebenso schien er fremde Stimmen direkt aus seinem Kopf zu hören. Ihm war es nicht mehr möglich einen klaren Gedanken zu fassen. Wütend schlug Chiaki mit der Faust auf die Mauer ein und verschwand. Ein Faustabdruck blieb an der Wand zurück.   Chapter 17: Shaded Truths -------------------------   Chapter 17: Shaded Truths   Maron war bester Laune. Sie und Fin hatten sich einen schönen Tag unter Freundinnen gemacht und nun waren sie dabei das Abendessen zusammen zuzubereiten. Den Engel hatte sie zu ihrer Wohnung rübergeschickt, um ein paar Sachen aus ihrer Küche zu holen, die ihr Nachbar nicht parat hatte. In Bezug auf ihren Nachbar, so wundert es sie stark, weshalb dieser so spät nach Hause kam. Seit einigen Stunden wäre ihrem Wissen nach längst Schulschluss gewesen. Ob irgendwas dazwischen kam? Dann hätte er angerufen oder eine SMS geschrieben…, fragte die 16-jährige sich als sie auf die Uhr blickte. Als plötzlich das Handy klingelte, war Maron positiv überrascht Noyn’s Nummer auf dem Display zu sehen. Es erstaunte die Wiedergeburt Jeanne d‘Arc selbst, dass sie eine derartig solide Freundschaft mit dem Warlock aufgebaut hatte. Eventuell hatte es sich verstärkt, nachdem er sie von dem tödlichen Sturz gerettet hatte. Eventuell lag es auch an dem Gespräch, den sie im Traum mit Jeanne hatte, wodurch sie den Ritter und seine Beziehung zu ihrem alten Leben besser verstehen konnte. Auf jeden Fall hatte sie ihm kurz vor ihrer Krankenhausentlassung all seine ehemals bösen Taten verziehen, was ihn sehr erleichtert und glücklich gestimmt hatte. Sogar Chiaki verhielt sich nach dem Vorfall netter, freundschaftlicher gegenüber Noyn, auch wenn er weiterhin noch auf Distanz bestand. „Hallo Noyn! Was gibt’s?“, nahm sie mit erfreuter Stimme an. „Maron. Irgendwas stimmt mit Chiaki nicht und ich rede nicht nur von den komischen Albträumen!“ Seine angespannte Stimme am anderen Ende zu hören, ließ ihre gute Laune sofort wegblasen. „Was genau meinst du? Was ist passiert?“ „…Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob ich in der Position stehe dir das sagen zu dürfen…“ „Nun sag es doch einfach! Sonst würdest du mich nicht anrufen!“ Man konnte den Älteren zögern hören. „Du hast Recht. Hör zu, es ist so…eh- Chiaki hatte sich mit Akira geschlagen und-“ „Was-…“, brachte Maron nur fassungslos hervor. Den Rest, was Noyn sagte, hörte sie nicht mehr. Tausend Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Hatte Akira ihm etwa vom Kuss erzählt? Wie wütend war Chiaki jetzt? Wird er sie jetzt hassen? „Maron? Maron? Hast du gehört was ich gesagt habe? Hey!“, fragte Noyn besorgt, doch die Angesprochene nahm seine Stimme nicht mehr wahr. Zu sehr war sie in ihren eigenen Gedanken versunken. Ihre Hand begann zu zittern und die Finger umschlossen krampfhaft das mobile Telefon. Ein lautes, gleichzeitig dumpfes Geräusch in der Wohnung ließ die Kamikaze-Diebin aufschrecken. „Noyn, ich muss auflegen. Wir reden später nochmal, versprochen.“, sprach sie in ihr Handy monoton rein und legte auf, ohne auf die Antwort des Anderen zu warten. Vorsichtig spähte Maron aus der Küchentür raus in den Flur. Niemand zu sehen. Sie schaute sich in der restlichen Wohnung um. Niemand zu sehen. Obwohl – der jungen Frau fiel auf, dass die Schlafzimmertür sowie der Balkontür offen waren. Sie konnte sich entsinnen, beides den ganzen Tag zugehabt zu haben (und Fin flog aus der Wohnzimmerfenster raus). Ein kalter Luftzug wehte durch die offenen Türen und ließ sie leicht frösteln. Sie trug auch nur eine dünne schwarze Leggings und ein langes bordeauxrotes Shirt. Wieder ein dumpfes Geräusch – diesmal kam es aus dem Bad, in welches sie noch nicht reingeschaut hatte. Das Geräusch von herabprasselnden Wasser war zu hören. Vorsichtig öffnete sie die Badezimmertür und machte das Licht an. Ihr Körper war in Alarmbereitschaft. Perplex hielt sie mitten in der Bewegung inne, als sie den „Eindringling“ sah.   Es war Chiaki, der vollbekleidet in Schuluniform mit dem Rücken zur Wand in der gläsernen Duschkabine saß und Wasser auf sich herabfließen ließ. Maron schloss hinter sich die Tür ab, eilte sofort auf ihm zu und stellte die Dusche ab. Das Wasser war eiskalt. Dass sie selbst von Kopf bis Fuß nass wurde war ihr egal. Sie wollte ihn zuerst anmeckern, dafür dass er anscheinend das Gebäude bis zum siebten Stock hochgesprungen war und wieder einmal durch den Balkon reinkam, aber als sie sein Zustand sah war alles vergessen. Sorge und Angst breitete sich in ihr aus. „Du meine Güte! Chiaki! Was ist passiert?!“ Sie kniete sich vor Chiaki hin, strich ihm die nassen Haare von der Stirn und musterte ihn von oben bis unten. Aus ihr unerfindlichen Gründen war die linke Gesichtshälfte leicht rosa verfärbt. Ebenso waren die Knöchel seiner rechten Hand blutig. „D-Du bist verletzt…!“, stellte sie erschrocken fest. Chiaki schien nicht wahrzunehmen, dass seine Freundin bei ihm war. Er rührte sich nicht von der Stelle. Gleichzeitig war der 17-jährige leichenblass, die dunklen Augenringe stachen stark hervor, seine Augen starrten geistesabwesend in die Leere. Er wirkte wie ein verängstigtes, verlorenes Kind. Chiaki… Seit der Nacht in Frankreich hatte Maron ihn nicht mehr so verletzlich gesehen. Sonst war er immer derjenige von den beiden gewesen, der immer stark war und sich von nichts unterkriegen ließ, doch in den letzten Monaten schien diese innere Mauer zu brechen. Ihr blauhaariger Freund hatte eine harte Schale und doch einen sehr weichen Kern, den nur sie kannte. Es schmerzte Maron sehr ihren Liebsten so zu sehen, Tränen standen ihr in den Augen. Die 16-jährige nahm Chiaki in ihre Arme, um ihm zu signalisieren, dass sie für ihn da war. Dieser ließ es wortlos gewähren. „Ich glaube… ich werde verrückt…“, murmelte er schließlich leise. Seine Stimme war rau und ein kaum hörbares Wispern. „Ich glaube… ich verliere den Verstand… Bitte…Bleib bei mir…“ „W-Wo von redest du, Chiaki…?“ Etwas lauter sprach er mit abgehackter Stimme: „Die Albträume machen mich fertig… Manchmal- Manchmal weiß ich nicht mehr, was hier Realität oder was Traum ist! …Und diese Kopfschmerzen… diese Gedächtnislücken…“ Mit einer Hand auf ihrer Schulter befreite sich Chiaki vorsichtig aus ihrer Umarmung, den Blick zu Boden gesenkt. Sein Atem wurde schwer und zittrig. „Es- Es passieren Dinge, an die ich mich nicht erinnern kann…. Ich tue Dinge, an die ich mich nicht erinnern kann…. Sage Dinge, an die ich mich nicht erinnern kann… Und dennoch…weiß ich, dass ich da war… Mein Körper war da, aber nicht mein Verstand…“ Er begann zu zittern. Allerdings zitterte er nicht vor Kälte. „Meine Erinnerungen fühlen sich nicht mehr an wie als wären sie meine… Und jedes Mal habe ich diese Kopfschmerzen… wie als würde mein Kopf gleich explodieren… wahrscheinlich höre ich noch Stimmen…“ Chiaki wirkte wie als wäre er am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Mit jedem Satz wurde sein Atem immer schneller und flacher. Sein Herz begann zu rasen. Seine Augen konnten nicht mehr klar sehen. Maron bemerkte sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Ihr besorgter Blick wandelte sich in Alarmiertheit um. Sie legte ihre Hand auf seine zitternde und umschloss sie fest.   „Wa-Was hast du? Hey! Chiaki!“ Der Angesprochene nahm die Stimme der Braunhaarigen nur als distanziertes Echo wahr. Sein Atem wurde immer stoßartiger. Chiaki wollte weitersprechen, doch er brachte kein ordentliches Wort mehr heraus. Stattdessen begann er zu hyperventilieren. Krampfhaft hielt er Maron’s Hand fest. Er wurde noch blasser als er werden konnte und sein Zittern verstärkte sich. Maron hatte nicht viel medizinische Kenntnisse, aber genug um zu erkennen, was in ihr Freund durchging. „Ha-Hast du eine Panikattacke?!“ „Ja, verdammt!“, bestätigte Chiaki knapp. Maron schaute sich hilflos in alle Richtungen um. Dass sie von der Situation überfordert war, sah man ihr deutlich an. Instinktiv packte sie Chiaki an den Armen und zerrte ihn aus der Duschkabine raus. Kaum waren sie draußen ließ er sich an die gegenüberliegende Badezimmerwand zu Boden sinken. Maron kniete sich wieder vor ihm hin. „Eh, O-Okay! B-Bloß keine Panik!“ Schlau Maron! Sage jemanden der eine Panikattacke hat, er soll keine Panik schieben!, ohrfeigte sie sich innerlich selbst. „V-Versuche dich zu beruhigen! Denke an was Positives, was Schönes!“ „Und an was genau?!“, brachte ihr Gegenüber unter gehetzten Atem gereizt raus, die Hände auf dem Boden und an der gefliesten Wand abgestützt, um nicht umzukippen. „An-, an-, an deine Familie! An deine Freunde! An mich! An uns! K-Konzentrier dich auf mich! Hörst du? Denk an Weihnachten, unser erstes offizielles Date, Frankreich…ehm, unser Besuch beim Maron Dome und-, und-, und so viele mehr! Denk an all die schönen Momenten und Tage die wir hatten und haben werden! Hey, hey, hey! Schau mich an und konzentrier‘ dich auf meine Stimme! Hörst du, Chiaki? Ich bin bei dir!!“ Alle Versuche auf ihn einzureden scheiterten. Sie wusste nicht wie sie ihn sonst noch beruhigen sollte, schließlich kam es nicht jeden Tag vor, dass jemand vor ihren Augen eine Panikattacke hatte. [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=zUEIn_lMPzM] Als letzten Ausweg nahm Maron Chiaki’s Gesicht in beide Hände, schloss ihre Augen und küsste ihn. Seine braunen Augen weiteten sich in der Sekunde erstaunt, als er ihre weichen Lippen auf seine spürte. Mit einem Mal hörte er auf zu atmen und sein Körper entspannte sich etwas. Nach einigen Sekunden löste sie sich von ihm und beide schauten sich tief in die braunen Augen. „Geht es dir besser?“, fragte Maron sanft. „Ja…“, nickte ihr Freund, die Verblüfftheit war ihm noch ins Gesicht geschrieben. Mit einigen kräftigen Atemzügen lehnte der 17-jährige sich an die Wand zurück. Er schaute sie mit einem fragenden Blick an. „Ich habe mal gelesen, dass Luftanhalten hilft gegen Panikattacken…und ehm, dadurch dass ich dich geküsst habe, hast du die Luft angehalten.“, erklärte die Diebin ihm unsicher. Mit leichtem Stolz wisperte Chiaki: „Schlaues Mädchen.“, und strich ihr mit einer Hand zärtlich die Haar hinters Ohr und ließ sie auf ihre Wange ruhen. Sein Daumen strich gleichmäßig über ihre glatte Haut. Sie kuschelte sich in seine weiche Handfläche rein. Ein Lächeln umspielte zum ersten Mal wieder seine Lippen. Das Lächeln, dass Maron an ihn liebte.   „Danke…“, hauchte er anschließend und zog sie zu sich nach vorne, diesmal für einen richtigen, gefühlvollen Kuss. Den beiden Jugendlichen tropften noch Wasser von den Haaren das Gesicht herunter, weshalb ihre Küsse eine feuchte Note mit sich brachte. Ohne seine Lippen von ihren zu trennen, zog Chiaki seine nasse Schuljacke aus und warf sie in die Ecke. Das weiße Hemd darunter war ebenfalls pitschnass und klebte wie eine zweite Haut an seinem muskulösen Körper. Die kalte Badezimmerwand an seinem Rücken sowie das kalte Wasser ergaben einen angenehmen Kontrast zu der Hitze, die er von den Berührungen seine Geliebten und ihrem heißen Atem verspürte. Chiaki legte eine Hand auf ihren Hinterkopf, packte sie sanft an den Haaren und intensivierte die Küsse leidenschaftlich. Mit dem anderen Arm zog er sie enger an sich, sodass sie auf ihm saß und seine Hüfte zwischen ihren schlanken Beinen befand. Sie umschloss ihre beiden Arme um seinen Nacken und schmiegte sich an seinen Körper. Dass sie sich immer noch im Badezimmer befanden, störte das Paar nicht. Dass Fin zurückkehren und nach Maron suchen würde, war ihr auch entfallen. Da sie von innen abgeschlossen hatte, würde der Engel sowieso nicht reinplatzen können. Die junge Frau knöpfte in mitten der Küsse Chiaki’s Hemd auf und schob das Kleidungsstücke seine Schultern herunter. Sie hielt kurz inne und musterte ihr Gegenüber eindringlich, fuhr zaghaft mit den Fingerspitzen sachte die feinen Konturen seines Gesichts entlang, wanderte den Hals runter zu seiner Brust und den definierten Bauchmuskeln bis zur Gürtellinie. Sie konnte es nicht leugnen: Chiaki war mehr als nur gutaussehend, er war wunderschön. Ihre Berührungen bereiteten dem Anderen eine angenehme Gänsehaut. Unerwartet beugte sich Maron zu ihm nach vorne und liebkostete die Stelle zwischen seinen Nacken und Halsbeuge unter seinem linken Ohr. Sie wusste, dass er an der Stelle empfindlich war. Ein leises, genüssliches Seufzen entkam ihrem blauhaarigen Freund, was ihr ein leichtes Grinsen ins Gesicht zauberte ohne die Liebkosungen auf seiner Haut zu unterbrechen. Maron spürte seine steigende Erregung unter ihr. Ebenso sie spürte wie seine starken Hände ihre Beine entlang hochtasteten und sich unter ihr feuchtes Shirt begaben und ihren Rücken hochfuhren, bis zum Ansatz ihres BH-Verschlusses. Dann wanderten seine Hände von ihrem Rücken nach vorne zu ihren Rundungen. Wie Feuer brannten seine Hände auf ihren Körper und er begann auch ihren Hals und Schulter zu küssen. Ehe sie es registrieren konnte, zog Chiaki ihr Oberteil aus, sodass sie in ihrem weißen BH vor ihm saß. Wie benebelt betrachtete er seine Geliebte als säße eine atemberaubende Göttin vor ihm, was sie auch für ihn war. Er nahm ihre Hand, zog sie für eine innige Umarmung wieder zu sich und küsste sie leidenschaftlich. *** Das Paar saß schweigen Schulter an Schulter nebeneinander an der Badezimmerwand angelehnt, die Beine zu sich angezogen. Noch immer waren beide oberkörperfrei, da es keinen Sinn machte sich die nassen Sachen überzuziehen. Sie hatten sich jeweils große Badehandtücher übergelegt, um sich abzutrocknen und um nicht zu frieren. Unter ihnen hatten sie ebenfalls ein großes Handtuch ausgebreitet. Allmählich verblasste die Schamesröte in ihren Gesichtern. Keiner wusste was er dem anderen sagen sollte. Nach einigen Minuten unterbrach Chiaki die Stille zwischen ihnen: „In gewissen Sinne waren wir jetzt doch gemeinsam unter der Dusche.“ Maron dachte daran zurück was er ihr am Morgen gesagt hatte. Ein Schmunzeln entkam ihr. „Selbst nach einer Panikattacke bist du für Scherze offen.“ Auch Chiaki musste kichern. „Noyn hat mir gesagt, du hast dich mit Akira geschlagen…?“, fragte nun seine Freundin bedrückt. „…Wieso hast du mir nicht von dem Kuss erzählt?“, kam es von Chiaki als ernste Gegenfrage nach einer gewissen Bedenkzeit. Seine Sitznachbarin zuckte schuldig zusammen und zog ihr Badetuch enger um sich, ihre Hände am Stoff fest umklammert. Sie wendete ihren Kopf beschämt von ihm weg. „Es tut mir furchtbar leid. Ich wollte es dir sagen, aber ich-…ich war feige. I-Ich…hatte furchtbare Angst es dir zu sagen…Ich hatte Angst, dass du mich hassen oder abweisen würdest. I-Ich kann verstehen, wenn du mich nicht mehr willst… O-oder mich nicht mehr liebst…“ Tränen entkamen ihren Augen. Zu ihrer Überraschung lachte ihr Freund kurz auf. „Hast du schon vergessen, was wir die letzten Minuten eben gemacht haben?“ Maron wurde wieder etwas roter. Chiaki drehte sich zu ihr, umfasste sanft ihr Kinn und drehte ihr Gesicht in seine Richtung, sodass sie ihm direkt in die Augen sah, die sie liebevoll anschauten. Sanft legte er ihr eine Hand auf die gerötete Wange. „Ich schau dich an, küsse dich mit all der Liebe, die ich haben kann und du fragst mich allen Ernstes, ob ich dich immer noch will…? Als ob ich je aufhören könnte dich zu lieben! Als ob ich das aufgeben wollen würde, was mir jeden Tag Kraft gibt und mich stärker macht als alles andere auf der Welt.“ Mehr Tränen rollten ihr das Gesicht herunter, welche er mit dem Finger wegwischte. „Vorher wollte ich mich nie jemanden hingeben oder mich an jemanden binden…aber, Maron,…seit dem ich dich das erste Mal sah, gehörte ich ganz dir. Ich gehörte nur dir allein. Und ich tue es immer noch.“ „Chiaki…“ Maron fing an hemmungslos zu weinen. „Ich habe dir schon mal gesagt, dass nichts auf der Welt meine Liebe zu dir ändern wird.“ Er gab ihr einen kleinen Kuss auf den Mund. „Du- Du bist zu gut zu mir…W-Womit habe ich dich nur verdient?“, stotterte sie unter Tränen. „D-Danke…für deine Liebe. E-Es tut mir leid, dir die Wahrheit vorenthalten zu haben. Ich wollte dich nicht verletzen!“ Chiaki lächelte sich verständnisvoll an. „Jetzt weißt du wie ich mich all die Zeit gefühlt habe. Wenn ich dir über etwas die Wahrheit sagen wollte, jedoch Angst um deine Gefühle hatte… Angst hatte dich zu verletzten. Ich-…“ Sein Blick wurde ernster. „Ich bin nicht wütend auf dich, keine Sorge. So wie es sich angehört hat, wolltest du es auch nicht, richtig?“ „Nein, natürlich nicht! A-Aber…ich habe es zugelassen…Ich hätte ‚Nein‘ sagen oder ihn von mich stoßen sollen! Aber irgendwie konnte ich nicht…“ „Hm. Dann hatte der Mistkerl einen Schlag von mir verdient gehabt.“ „So wie Noyn sich angehört hat blieb es nicht bei nur einem Schlag?“ Der Kaito schüttelte unsicher den Kopf und schaute zu Boden. „Hat es was damit zu tun, dass du dich nicht erinnern kannst?“, fragte Maron, worauf er als Antwort nickte. „Hmm…Mein Amulett schlägt nicht an, obwohl Fin es um weitem perfektioniert hat. Da sind wir in der Hinsicht auf der sicheren Seite, denke ich.“, sagte sie nachdenklich, wischte sich die getrockneten Tränen vom Gesicht und stand auf. „Apropos! Wir sollten raus gehen, findest du nicht? Bestimmt wundern sich unsere Engel schon wo wir sind.“ Mit einem Lächeln hielt sie Chiaki ihre Hand hin, welche er mit einem Nicken annahm. „Okay.“   Noch immer mit Handtuch um den Körper verließen sie das Bad. Kaum hatten beide Fuß auf dem Flur gesetzt, vernahmen sie die schrille Stimme von Fin: „DA SEID IHR JA ENDLICH!! WOLLTET IHR SCHON IM BAD ÜBERNACHTEN, ODER WAS?!“ Der Engel saß in ihrer menschengroßen Form auf dem Sofa, die Arme vor die Brust verschränkt, die langen grünen Haare zu einem strengen Zopf gebunden, ihr Gesicht wütend. Access lag währenddessen gelangweilt neben ihr, seine Beine gemütlich über den Schoss seiner Partnerin gelegt und las ein Manga. Verdutzt musste das Paar feststellen, dass es bereits stockdunkel draußen war und die Uhr 21:59 anzeigte. Unterdessen stand Fin auf und schimpfte weiter: „Ich hatte mir voll die Sorgen gemacht!! Zuerst habe ich voll lange gebraucht bis ich all die Sachen gefunden habe, die du wolltest, Maron, und dann verschwindest du einfach!! Dann habe ich gesehen, dass Chiaki’s Tasche in seinem Zimmer lag und dass das Bad verschlossen war! Ich habe eure Stimmen gehört und eine Ewigkeit geklopft, aber keiner von euch schien mich gehört zu haben!!! Irgendwann war Access nach Hause gekommen und wir warten seit über drei Stunden auf euch!!! ICH HOFFE STARK IHR HABT DA DRIN KEINE UNANSTÄNDIGEN SACHEN GEMACHT, DIE IHR AM ENDE NOCH BEREUT!!“ Die beiden Jugendlichen waren etwas baff von der Standpauke, schüttelten kurz unschuldig den Kopf und starrten den Engel erstmal sprachlos an, der schon einige Zentimeter über den Boden schwebte, um auf sie mit erhobenen Finger wütend herabzugucken. „GUT! NUN ZIEHT EUCH ENDLICH UM ODER WOLLT IHR EUCH NOCH EINE ERKÄLTUNG EINHOLEN?! DANACH ERKLÄRT IHR UNS GEFÄLLIGST WAS LOS IST!“ Auf Befehl verschwanden die Diebe ins Schlafzimmer. Da angekommen musste Chiaki anfangen lauthals zu lachen. Auch Maron schloss sich nach kurzer Verwunderung dem Lachen an. „Wieso lachen wir überhaupt?“, fragte Maron ihren Freund und sich neue Sachen anzog, die sie in seinem Schrank gebunkert hatte. „Fin ist wie eine Mutter…von der anstrengenden Sorte.“, antwortete dieser fertig umgezogen. „Sie gehört aber auch zur fürsorglichen Sorte.“, fügte sie lächelnd hinzu. Gemeinsam gingen sie zurück ins Wohnzimmer und setzten sich zu ihren beflügelten Freunden hin. Ein lautes Knurren ging durch den Raum. „Ich sterbe vor Hunger!!“, jammerte Access und legte sein Manga weg. „Ihr Engel braucht nichts essen! Ihr esst doch sowieso nur zum Spaß hier!“, rollte Chiaki mit den Augen. „Trotzdem habe ich Hunger!“ „Ich habe doch ein paar Tiefkühlpizzen. Da hättest du dir eine reinschieben können in der Zwischenzeit!“ „Oh.“ „Erzählt ihr uns bitte was los ist?“, erinnerte ihn Fin mit ruhiger, zugleich besorgter Stimme. „Ja, machen wir. Gib uns noch ein paar Minuten….“ „Da fällt mir ein, ich wollte Noyn noch zurückrufen! Er wollte mit mir auch über die ganze Sache von heute reden… Dann kann ich ihn ja auf Lautsprecher stellen! Ich gehe mein Handy holen und mache uns allen eine Pizza.“ Maron sprang auf und ging in die Küche. Sie hatte ihr Telefon auf dem Küchentisch liegen gelassen. Auf dem Display sah sie das Miyako und Noyn versucht hatten sie anzurufen und ihr Nachrichten hinterlassen haben. Es ging um die Ereignisse des heutigen Tages. Maron schrieb ihrer Freundin eine SMS zurück, mit der kurzen Info, dass sie Bescheid wüsste. Nach ein paar Minuten ging die Braunhaarige mit frisch aufgebackenen Pizzen ins Wohnzimmer zurück und rief den ehemaligen Ritter an. „Maron! Was hast du vorhin gemacht, weshalb du auflegen musstest! Hattest du mir überhaupt zugehört vorhin??“ „Ich musste mich um Chiaki kümmern.“ „Chiaki?!“ „Bevor du fragst, ich bin wieder normal. Du bist auf Lautsprecher übrigens.“, mischte sich der Erwähnte ein. Die Engel verstanden kein Wort und blickten alle mit einem Fragezeichen im Kopf an. „Fin und Access sind auch da. Ich würde vorschlagen, ich erzähle allen was ich aus meinen Erinnerungen weiß und du füllst meine Gedächtnislücken.“ „Warte- Du kannst dich an nichts erinnern?! An rein gar nichts?!“ „Sagen wir es mal so…“ Daraufhin begann Chiaki zu erzählen. Noyn berichtete im Anschluss von dem was er beobachtet hatte. „Du heiliger Seraph!“, kam es von Fin entsetzt, was wahrscheinlich das engelsäquivalent für „Du meine Güte“ oder „Oh mein Gott“ war. „Mein Amulett reagiert hier nicht, also können wir davon ausgehen, dass Chiaki nicht besessen ist, oder?“, kam Maron wieder zu Wort.  „Schätze schon.“, antwortete ihr Engel mit leichter Skepsis. „Und du konntest auch keine Dämonen aufspüren? Gar keine??“, fragte die Kamikaze-Diebin bei dem ehemaligen Dämonenritter nach. „Nope. Ich war auch vorhin beim Direktor und Herrn Kamoshida zu Hause und da konnte ich auch nichts Verdächtiges entdecken.“ „Du bist bei ihnen eingebrochen??“, fragte Chiaki. „Alle Türen und Fenster sind heil, also würde ich das nicht unbedingt ‚einbrechen‘ nennen!“ „Wieso hatten sie sich dann so komisch benommen…?“, überlegte Maron laut. „Wenn ich das wüsste.“, seufzte Noyn am Telefon. „Vielleicht befindet sich irgendwas in der Schule?“, schlug Access vor. „Schließlich geschehen all diese merkwürdigen Dinge dort, nicht? Angefangen von Maron’s Sturz bis jetzt… Eine ziemlich abgedrehte Woche, muss ich außerdem sagen!“ „In der Schule war ich auch schon und habe nichts entdeckt.“ „Dann schauen Access und ich uns das morgen nochmal an!“, bot Fin an. „Okay, dann werde ich euch dabei helfen!“ „Warte Noyn- morgen ist das Schulfestival! Müsstest du da nicht als Lehrer anwesend sein?“, fragte Maron irritiert. „Uhm…Ich lass mir schon was einfallen! Es ist schon spät. Ihr solltet schlafen gehen.“ Es war mittlerweile fast Mitternacht. „Wir sehen uns alle morgen.“ „Bis dann!“ Mit den Worten legten sie auf. Nachdenkliches Schweigen herrschte unter den Dieben und ihren Engeln. „Ich hätte eine Bitte.“, kam es von Chiaki nach einer Weile, die Augen trüb nach unten gesenkt. Teilweise unsicher, teilweise erwartungsvoll schauten ihn die anderen drei an. Chiaki richtete seinen Blick auf seine Freunde, als er weiter sprach: „Ich bitte euch als Freund. Sollte ich irgendwas machen… was unverzeihliches,… dann setze mir ein Ende zu.“ Maron keuchte erschrocken auf. Auch Access klappte die Kinnlade auf und machte große Augen, ihm fiel fast seine Pizza aus der Hand. Fin schaute Chiaki dagegen ernst an. „Auf keinen Fall! Ich habe dir schon damals gesagt, wage es ja nicht über den Tod nachzudenken! Wir vier bleiben für immer zusammen! Egal was passiert!“, sprach Maron eindringlich auf ihm ein und verschränkte ihre Hand in seine. Access stimmte ihr zu und legte bekräftigend eine Hand auf Chiaki’s Schulter. Dieser konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Ein unzerstörbares Band zwischen Kaitos und ihren Engeln, was?“ Seine Gegenüber nickten. „Ein unzerstörbares Band zwischen Freunden.“, korrigierte Maron sanft und umarmte ihren Freund. Nach einigen ruhigen Augenblicken trennten sie sich voneinander. „Übrigens Fin. Du sagtest vorhin ‚Du heiliger Seraph‘…Was ist ein Seraph, wenn ich fragen darf?“, erkundigte sich Maron neugierig. „Seraph ist der höchste Rang den ein Engel haben kann.“, antwortete ihr Partner sachlich. „Ich dachte der Erzengelstatus wäre schon das höchste?“ Die Engel ihr schüttelten synchron den Kopf. Mit einem trockenen Ton fügte Access hinzu: „Lucifer war ein Seraph…“ Die Diebin erinnerte sich zurück wie Gott Lucifer beschrieb. „Lucifer war ein Engel höchsten Ranges…“ Das meinte der Herr also… Chiaki zog seine Freundin währenddessen näher an sich ran und kuschelte seinen Kopf in ihrer Schulter rein. „Die Nacht ist schön…findet ihr nicht.“ Alle schauten aus dem Fenster nach draußen. Für einige Minuten beobachteten die vier Freunde entspannt den sternenklaren Himmel, bevor sie sich schlafen legten. *** Nach einigen Stunden ging die Sonne langsam wieder auf und erhellte die Stadt. Zwei männliche Gestalten standen auf einem Dach und betrachteten den Sonnenaufgang. Sie waren in modernen, schwarz Klamotten gekleidet. Ihre Gesichter waren zwar vernarbt, dennoch sahen sie sehr attraktiv aus. „Heute ist der Tag, nicht?“, sagte einer von ihnen. „Ja…Wir haben alle Vorbereitungen fertig. Und wir haben durch unsere Dämonen genug Lebenskraft von den Menschen gesammelt, um Gott zu schwächen.“ „Trotzdem lästig! Kein einziges Mal konnten unsere Dämonen gegen diese Gottesbande siegen! Da macht die Arbeit doch kein Spaß, wenn ich nicht mal gewinnen kann!“ „Gottes Tochter ist stark… Ich muss zugeben, unterschätzt hatte ich sie anfangs auch.“ „Und ich dachte die ganze Zeit Berith’s Dämonen waren einfach nur lächerlich schwach! Was will man auch von Kreaturen des ersten Rings erwarten!! Ganz ehrlich, am liebsten würde ich die Menschen mit meinen eigenen Händen vernichten.“, kam es vom Ersten spöttisch und arrogant. Eine riesige Sense manifestierte sich in seiner Hand und er hatte ein blutdurstiges Lächeln aufgesetzt. Sofort erntete er einen scharfen Blick vom Anderen. Augenverdrehend ließ er seine Waffe wieder in dunklen Flammen verschwinden und sagte er: „Ja, ja, ja! Unser Befehl war so und so und nichts anderes! Blah, blah, blah! Aber du weißt, wie ich das Gefühl von Blut an meinen Händen liebe. Hehehe.“ Ein sadistisches Kichern entkam ihm. „Aber na gut, ich habe mir für heute ein paar meiner stärksten Dämonen zusammengeholt. Das sollte Jeanne und ihre Freunde etwas beschäftigen.“ „Das sagst du schon ganze drei Monate lang und jedes Mal sind deine sogenannten ‚stärksten‘ Dämonen gescheitert.“, kommentiert der Zweite abfällig. Sein Gesprächspartner zischte beleidigt. „Tu nicht so als wären deine Dämonen aus dem siebten Ring was Besonderes! Nur weil ich einen Rang unter dir bin!“ Der Zweite seufzte und verdrehte nur genervt die Augen. Was für ein Ego, der Typ…! „Apropos Berith… Anscheinend waren er sowie Asmodeus und Belial gestern kurz hier für einen Auftrag.“, kam es wieder vom Ersten. „Schien so.“ „Die mussten zum Glück nicht so lange hier ausharren! Für meine Wenigkeit waren die letzten drei Monate hier auf der Erde auch stinkend langweilig! Wie sie hier fast ein ganzes Jahr aushalten konnte…“ „Wir sind tausende von Jahre alt, da sind ein paar Monate oder ein Jahr für uns gar nichts, du Idiot. Vergiss nicht, dass er genauso lange hier ist wie wir, ‚Reaper‘! Da haben wir kein Recht groß rum zu nörgeln! Naja…und sobald sie wieder zurückkehrt, wird in Edom wieder die Hölle los sein…“ Der Andere, dessen Spitzname Reaper sein schien, lachte laut auf. „Guter Witz, Azazel! In der Hölle wird die Hölle los sein! Ich schmeiß mich weg!“ „…“ Idiot!, dachte sich Azazel nur. Man merkte, dass er der ernstere von beiden war und nur seinen Pflichten nachging. „Die Ruhe ohne sie hat man schon genossen… Werde ich vermissen!“ „Komm, Sammael, gehen wir! Es wird Zeit.“ Aufs Wort lösten sich die beiden Dämonenfürsten in Luft auf. Das Wetter an diesem Samstag war perfekt. Ein schöner blauer Himmel mit kaum Wolken und milden Märztemperaturen. Perfekt für ein Schulfestival, welches bunt, laut und fröhlich belebt war. In der gesamten Momokuri Akademie wurden Girlanden, Laternen und sonstige Dekorationen auf gehangen. Ab und an regnete es Konfetti. Die Klassenzimmer wurden in unterschiedlichen Themenräume um modelliert, wie ein Horrorkabinett oder ein Verkupplungscafé. Überall gab es was zu entdecken und zu erleben. Die Tribüne im Sportgebäude wurde für Theaterauftritte genutzt. Auf dem Schulhof wurde eine Bühne aufgebaut in der Schülerbands ihr Talent zeigen konnten. Andere Teile des Schulhofes wurden zu Hindernisläufen für Kinder umgebaut oder mit Spielständen belegt, in der man kleine Preise gewinnen konnte. Draußen, vom Schultor bis zum Hauptgebäude, wurden Essensstände aufgestellt, die eine Vielfalt an kulinarischen, herzhaften und süßen Sachen anboten, in denen auch Maron’s Klasse tätig war. An jeder Ecke waren Menschen jeglicher Altersgruppe zu sehen. Insbesondere Mittelschüler, die es in Erwägung ziehen würden, für die Oberstufe auf die Akademie zu gehen. Schließlich wurde den Besuchern nicht nur Spaß und Unterhaltung geboten, Ziel war es auch unter anderem das Interesse für zukünftige Schüler der Schule zu steigern. Demnach gab es auch zahlreiche Stände der einzelnen Clubs in der die Mitglieder über ihre Aktivitäten werben. Aber auch Schüler anderer Oberschulen waren da, um aus Spaß einen Blick in das Leben der Momokuri Akademie zu erhaschen. Die Schüler und Lehrer der Akademie waren alle gut gelaunt und fleißig damit beschäftigt, dass das Festival für das Wochenende perfekt abläuft. Somit waren auch die Ereignisse des gestrigen Tages -zu Chiaki’s Glück- so gut wie vergessen. Niemand schenkte ihm verstohlene Blicke oder murmelte etwas hinter seinem Rücken. Da keine Schuluniformpflicht für die Tage bestand, hatten Maron und ihre Freunde sich in ihren Alltagsklamotten schick gemacht. Die Reinkarnation Jeanne d’Arcs trug ein feminines, pastellrotes Kleid mit dezentem Blumenmuster, darüber einen langen, weißen Cardigan sowie eine dunkle Strumpfhose. Die langen, braunen Haare trug sie offen mit vereinzelten Blumenaccessoires und dünn geflochtenen Strähnen. Chiaki hielt es sich schlicht mit schwarzer Jeans, weiße-blauem Hemd und dunkelgrauer Jeansjacke sowie normal gestylten Haaren. Die Himmelsengel begleiteten ihre Schützlinge und hielten Ausschau nach allem ungewöhnlichen. Noyn hatte es sich -wie am Telefon besprochen- zur Aufgabe gemacht, das Engelspaar zu helfen, in denen er sich in seiner normalen, schwarzhaarigen Gestalt sowie Sonnenbrille und (auffällig gelben) Strohhut unters Volk mischte, um nicht von Schülern und Lehrkräften erkannt zu werden. Neben ihm lief Silk in seiner menschlichen Gestalt mit einer roten Kappe auf dem Kopf, was ein Loch für sein Horn zu haben schien, damit es wie ein stylisches Accessoire aussah. Die Jugendlichen sahen beide überrascht an als sie auf sie zukamen. Miyako und Yamato wurden flüchtig über alles aufgeklärt. „Sehr einfallsreich von dir.“, merkte Chiaki mit hochgezogener Augenbraue an, als er den Älteren sah. „Ich habe mich auch bei den Kollegen nicht gemeldet. Hoffe die merken unter dem ganzen Trubel nicht, dass ich fehle.“, antwortete dieser und schob sich die schwarze Sonnenbrille die Nase hoch. „Nimm erstmal den Hut weg und dann werden sie dich auch nicht bemerken!“, sagte Maron amüsiert, nahm ihm die Kopfbedeckung ab und legte es beiseite. Die kurzen Haare standen Noyn nun wild am Kopf, was er jedoch nicht bemerkte. „O-okay. Ich gehe dann mal und ihr kümmert euch um das Festival. Falls Frau Pakkyaramao fragt, ihr habt keine Ahnung wo ich bin!“ Etwas peinlich berührt drehte der Warlock sich von den Schülern weg und verschwand mit seinem Drachenjungen unter der Menge. Auch Fin und Access flogen in ihren Kugeln los, folgten dem Schwarzhaarigen Richtung Schulgebäude.   „Spürt ihr was?“, fragte der getarnte Geschichtslehrer seine drei Begleiter nachdem er einigen Minuten durch die Schule lief und an einer Säule angelehnt stand. „Hmmm. Trotz der belebten Atmosphäre hier, fühlt sich irgendwas falsch an…“, sagte Fin und schaute sich unsicher um. „Da stimme ich dir voll und ganz zu. Dieses beklemmende Gefühl hatte ich gestern Nacht nicht als ich hier war…“ „Wir sollten auch draußen auf dem Schulhof gucken, oder?“, schlug Silk unsicher vor. „Ja.“ Auch im Schulhof entdeckten die vier magische Wesen nichts, bis: „Meister! Da sind komische Male aufgezeichnet!!“, rief der Drachenjunge hinter einigen Bäumen und Büschen und zeigte auf etwas. Dunkelrote Verschnörkelungen waren auf dem Boden abgebildet, die auch nicht entfernt werden konnten. „Was für ein dämonischer Zauber soll das werden?“, fragte Access den ehemaligen Dämonenritter. „Ich… habe keine Ahnung…“, kam es von diesem resigniert und kratzte sich frustriert den Kopf. „Sieht antiker und älter aus als die, die ich kannte. Wir müssen gucken, ob wir noch mehr von denen finden! Am besten teilen wir uns auf.“ Die anderen nickten ihm stimmend zu und begaben sich in alle Himmelsrichtungen über dem Schulgelände. *** Einige wenige Stunden sind vergangen und der Tag lief auf Hochtouren. Frau Pakkyaramao kam plötzlich auch das Diebespaar zu. Mit ihr im Schlepptau: Kiyo. Sie war in einem attraktiven rot-schwarzen Kleid gekleidet mit hohen schwarzen Absatzschuhen und trug im Vergleich zu ihrem sonst bescheidenen Erscheinungsbild relativ starkes Make-Up. Die dunklen Augen hinter der Brille wurden mit einem rötlich leuchtenden Lidschatten betont und die bereits roten Lippen wurden noch mehr mit einer dunkelroten Farbe zur Geltung gebracht. Ihre offenen, schwarzen Haare glänzten geschmeidig ihren Rücken herab. /Haut so weiß wie Schnee, Lippen so rot wie Blut und das Haar so schwarz wie Ebenholz./ Sie sah aus wie eine man sich eine moderne Version von Schneewittchen vorstellen würde. Viele der jungen, männlichen Besucher und Schüler starrten der schwarzhaarigen Schönheit hinterher, wenn sie sich in unmittelbarer Nähe befand. Maron verzog innerlich das Gesicht. „Chiaki! Du und Kiyo solltet die Flyer in der Stadt austeilen.“ „Hah?! Müssten nicht schon längst Flyer verteilt sein?“, fragte der Angesprochene ungläubig. „Schließlich ist es doch schon gut besucht hier.“ „Doch, doch, klar. Aber ihr sollt einfach ein paar Runden durch die Stadt laufen und die verteilen. Eventuell kommen noch Leute, die noch nichts davon mitbekommen haben. Schließlich sollen nicht nur heute Besucher kommen, sondern auch Morgen! Drei weitere Zweierteams machen auch mit. Und wehe ihr schmeißt sie in irgendeine Ecke weg, Kinder! Das werde ich schon mitbekommen!!“ Die Lehrerin richtete mit einer strengen Bewegung ihre Flöte auf den jungen Mann, um ihre Autorität zu bekräftigen. „Ich kann das doch mit Chiaki übernehmen anstatt Kiyo.“, wendete Maron ein. Auf keinem Fall lasse ich ihn mit ihr alleine! „Nein, Maron. Du bist für die Essensstände zugeteilt.“ Die Lehrerin drückte Chiaki und Kiyo zwei große Stapel Flyer in die Hand. „Und keine Widerreden! Und wo ist denn nun überhaupt Herr Shikaidou! Wir brauchen schließlich alle Lehrkräfte hier. Er hat sich in keinster Weise entschuldigt oder gemeldet! Unerhört!!“ „Fein…bringen wir es hinter uns…“, seufzte Chiaki widerwillig und gab seiner braunhaarigen Freundin einen Kuss auf die Wange. „Ich beeile mich, Okay?“ „Ich will dich nicht mit ihr allein lassen…“, murmelte diese leise, nur für ihn hörbar. Er schenkte ihr ein verständnisvolles Lächeln. „Vergiss nicht, dass ich allein dir gehöre.“, flüsterte er zurück und gab ihr einen Kuss auf die andere Wange, bevor er sich Richtung Schultor begab.   [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=ENKJ2QASfmI] „Mach dir keine Sorgen um ihn …oder mich. Es wird schon nichts passieren! Das kannst du mir glauben.“, sagte Kiyo lächelnd zu Maron gewandt. Diese beäugte ihre Klassenkameradin misstrauisch. Das falsche Lächeln konnte nicht falscher sein! Als Kiyo sich wegdrehte und sich von ihr entfernte, wehten ihre schwarzen Haare durch die Luft. Wie vom Blitz erschlagen, kam der Kamikaze-Diebin ein Bild vor Augen. Wie Kiyo auf dem Dach stand, ihr beim Fall zuschaute und sich dann vom Geländer entfernte. Wut stieg der jungen Frau hoch. Wut die sie noch nie so empfunden hatte. Sie war es!! Dieses verdammte Miststück!!!! Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Sie löste sich von ihrer Schockstarre und wollte auf Chiaki zu rennen, als Kiyo sich ihm anschloss. Doch auf einmal stand ihr Akira im Weg. „Hey, wohin so eilig?“ Sie warf einen flüchtigen, genervten Blick auf ihn. Er trug schwarze Jeans, weißes Hemd und eine schwarze Lederjacke über den Schultern. Dafür dass er ein Tag vorher zusammengeschlagen wurde, sah er eher aus als wäre die Sache Tage oder Wochen her gewesen. Keine blauen Flecke, Blutergüsse, Kratzer oder angeschwollene Körperstellen. Die Brille sah auch aus wie neu. Das einzige was auf dem Vorfall hinwies war das sein linker Arm bandagiert und in einer Armschlinge gebunden war sowie das über seiner Stirn ein fetter Verband umgewickelt war. „Ich bin froh, dass es dir wieder gut geht. Scheinst voller Energie und Tatendrang zu sein! Bestimmt hattest du von deinem Freund gehört, was gestern passiert ist. Falls du dich fragst, Make-Up ist ein gutes Wundermittel!“, quatschte er sie zu. „Akira, das ist jetzt ziemlich ungelegen!“ Sie versuchte sich an Akira vorbei zu drängen, doch er rührte sich nicht vom Fleck. Ebenso versperrten ihr immer wieder die vorbeilaufenden Menschen die Sicht zum Ausgang. „Und mir kommst du ziemlich gelegen! Ich hätte gern einen kandierten Apfel!“, sagte er mit einem breiten, unnatürlichen Grinsen, welches Maron einen Schauer über den Rücken jagte. Mittlerweile waren ihr Freund und ihre vermeintliche Rivalin komplett aus ihrem Blickfeld verschwunden. Verdammt!! „Da bist du falsch bei mir! Kannst du mich vorbei lassen? Ich muss dringend Chiaki und Kiyo finden!“ Die 16-jährige verlor allmählich die Geduld. Seit dem Kuss und den Blumen hatte sie ihre Freundlichkeit für den schwarzhaarigen Jahrgangskamerad auf ein Minimum beschränkt. Sein Anblick bereitete ihr ein unbehagliches, einschüchterndes Gefühl. Ebenso schlug ihr Herz wieder schneller in seiner Anwesenheit. Soeben wollte sie den nächsten Versuch wagen an ihn vorbeizugehen, doch dieser hielt sie mit einer schnellen Bewegung am Unterarm fest. „Hey! Was soll das?!“ „Wozu die Aufregung? Hast du Angst, dass sie dir deinen Freund wegschnappt?“ Das ist nur die Spitze vom Eisberg!! Maron versuchte sich von seinem festen Griff loszureißen, doch Akira rührte sich keinen Millimeter. Noch immer hatte er dieses unnatürliche, nahezu arrogante Lächeln auf dem Gesicht. Plötzlich stand Noyn bei ihnen und packte Akira am Arm, sodass seine Hand sich lockerte und Maron sich von ihm befreien konnte. „Belästigt er sie, Miss?“, fragte der Ältere und schaute sie prüfend über den Sonnenbrillenrand an. Noyn!! Gott sei Dank!, dachte sich sie erleichtert. „Hm. Scheinst ja für jede Situation einen holden Ritter zu haben, Maron.“, kam es von Akira belustigt und musterte den Mann mit seinen grauen Augen wissend. „Maron!! Ich brauche mal deine Hilfe!“, hörten alle Miyako einige Meter entfernt rufen. Sofort lief die Gerufene auf ihre Freundin zu. Währenddessen lies Noyn von dem Anderen los, der sich langsam von der Stelle entfernte. Skeptisch schaute der ehemalige Dämonenritter ihm hinterher, bis er in der Menschenmasse verschwand. Anschließend folgte er der Kamikaze-Diebin unauffällig. Sie, Miyako und Yamato standen hinter einem Stand versteckt.   „Danke Noyn…und dir auch Miyako!“, atmete Maron erleichtert aus. Gleichzeitig wirkte sie jedoch angespannt und gestresst. „Dafür dass der Typ gestern krankenhausreif geprügelt wurde, sieht er ziemlich gesund aus.“, merkte Miyako argwöhnisch an. „Du siehst blass aus, Maron.“, stellte Yamato besorgt fest. „Kiyo! Es war Kiyo, die mich runtergeschubst hat. Ich erinnere mich wieder!“ „Was!?“ Ihre Freunde starrten sie mit entsetzt an. „Kiyo Ita?“, hakte Noyn nochmal nach. Maron nickte ernst. Sein ernster Blick wurde nachdenklich. Die ganze Zeit schon fühlte er sich wie als hätte er ein Puzzelstück übersehen, welches zur Lösung des ganzen Rätsels führen würde. Doch was war es? Zwei leuchtende Kugeln kamen auf die Gruppe zugeflogen. „Maron! Hat dir Noyn schon von den Malen und Zeichen erzählt, die auf dem Gelände verteilt sind?!“, hörte man Fin’s besorgniserregende Stimme sagen. „Was für Male?“ Die Angesprochene warf einen kurzen Blick auf den ehemaligen Ritter, der immer noch tief in Gedanken versunken zu sein schien und Sachen vor sich her murmelte. „Male, die irgendeinen dämonischen Zauber bergen! Und allmählich sammelt sich mehr und mehr dunkle Energie hier an!!“, erklärte ihr der grünhaarige Engel. Mit einem beunruhigten Blick wandte Maron sich zu ihren menschlichen Freunden: „Am besten verschwindet ihr von hier!“ „Können wir euch nicht irgendwie helfen?!“, wendete Miyako verzweifelt ein. Bestimmt schüttelte ihre beste Freundin den Kopf. „Es wäre sonst viel zu gefährlich! Und ich will nicht, dass einer von euch wegen uns verletzt wird! Fin, bitte bring sie von hier weg!“ Diese richtete einen leuchtenden Finger auf das Paar und mit einem kurzen Lichteffekt waren beide verschwunden, ehe sie weitere Einwände machen konnten. In der nächsten Sekunden befanden sich beide schlafend in Yamato’s Zuhause wieder. „Danke, Fin.“ „Wo ist Sindbad überhaupt?!“, fragte Access stark verwundert. „Mit Kiyo weg…wir müssen ihn finden!“, antwortete ihm Maron ernst. „Wer ist Kiyo??“, fragten beide Engel verwirrt. „Die die mich runtergestoßen hat vom Dach! Noyn, hast du schon einen Plan? Hey, Noyn!“ Allen drehten sich zum Besagten um, der immer noch wie versteinert da stand und nachzudenken schien. „Kiyo Ita…Kiyo Ita… Kiyo, wie die die Dämonenprinzessin aus der japanischen Legende…“, murmelte er vor sich hin, die Maron wich dabei erschrocken zurück, als sie hörte was er von sich gab. „Und Ita…wie…Oh Nein!“ Sein Gesicht wurde bleich, die Augen schockiert geweitet von seiner Erkenntnis. „Was ist? Was ist los?“, fragte Maron mehr als irritiert. „Wir müssen von hier weg!“, alarmierend schaute er sich in alle Richtungen um. Auf einmal überkam sie alle eine dunkle Energiewelle, die sie am ganzen Körper spürten. Maron’s Amulett begann wie wild zu piepen. Zur selben Zeit ließ ein nervenzerreißender Schrei alle vier zusammenfahren. Dann noch ein Schrei und noch einer. Es wurden immer mehr Schreie. Die Diebin schaute aus ihrem Versteck heraus. All ihre Mitschüler, Lehrer sowie die Besucher der Festivals hielten sich alle qualvoll den Kopf und krümmten sich vor Schmerz. „Was passiert hier bloß?“, hörte sie Access leise flüstern, die Augen fassungslos auf die Menschen gerichtet. „Meister Noyn!“ Silk tauchte in seiner Drachenform auf. „Diese komischen Male begannen unheimlich zu leuchten!! Und dann kam diese Welle an dämonische Energie aus denen rauspulsiert!! Ach du Kacke, was ist denn hier los?!“ Soeben registrierte der Drachenjunge die schreienden Menschen um ihn herum. Im nächsten Augenblick verstummten die Schreie mit einem Mal. *** Chiaki lief mit Kiyo immer weiter in die Stadt rein und verteilten an jeder Ecke ihre Flyer. Ab und an begegneten sie ein paar Mitschüler, die dieselbe Aufgabe hatten. Im Rhythmus vernahm er das Klackern der Absatzschuhe seiner Begleiterin auf dem Betonboden. „Ein ziemlich schöner Tag, nicht?“, hörte er Kiyo’s gut gelaunte Stimme neben sich. Stumm nickte er geistesabwesend. Der Kaito versuchte den Small-Talk mit ihr so gering wie möglich zu halten, doch sie redete ungestört weiter. „Wie lange sind du und Maron nochmal zusammen?“ Überrumpelt von der plötzlichen Frage schaute Chiaki sie an. „Eh, über drei Monate…Wieso fragst du?“ „Nur so.“, entgegnete sie schulterzuckend. „Ihr seid ein ziemlich harmonisches Paar…solche Paare gibt es nicht überall.“ „Uhm. Danke, schätze ich.“ „Ich meine das ehrlich! Wie du am Dienstag dich durch die Menge durchgekämpft hast und zu ihr rüber gerannt bist. So einen Mann wünscht sich doch jede Frau.“ „Das hast du gesehen?“, fragte Chiaki überraschter als er wollte. „Das hat doch die gesamte Schule gesehen, Chiaki. Ich beneide Maron… Das sie jemanden hat, der sie so aufrichtig liebt wie du! Romantisch!“, seufzte die hübsche junge Frau. Ihr Begleiter konnte sich ein verliebtes Lächeln nicht verkneifen. „Sie ist einzigartig. Weshalb ich sie auch liebe.“ Für eine Weile liefen die beiden schweigen nebeneinander her.   „Sag mal… hat dir Maron jemals gesagt, dass sie dich liebt?“ Chiaki schaute mehr als entgeistert zu Kiyo rüber. „Hm. Nein… das hat sie mir noch nie gesagt.“, antwortete er ihr direkt und senkte seinen Blick zur Seite. „Oha?! Dann weiß du ja gar nicht wie sie wirklich für dich empfindet!“, erwiderte sie verblüfft. Dies brachte den jungen Mann zum Nachdenken. Sie hat Recht…Maron hatte bis jetzt noch nie gesagt, dass sie mich liebt… Moment mal, wieso rede ich überhaupt wieder mit ihr über Maron und mich? Es geht sie alles gar nichts an! Ich weiß wie Maron für mich empfindet! Ich spüre es! Außerdem hatte ich ihr schon damals gesagt, dass sie sich für alles alle Zeit der Welt nehmen soll! Chiaki schüttelte den Kopf und warf die zweifelnden Gedanken bei Seite und versuchte das Thema zu wechseln. „Erzähl' du doch Mal was über dich und deinen Freund.“ Eigentlich interessierte es ihn nicht, aber Hauptsache sie redeten nicht mehr über seine Beziehung. „Hmm… Was soll ich sagen? Wir führen eine eher offenere Beziehung, wenn du verstehst?“ „Okay…? Für mich und Maron wäre das nichts.“ „Nun…Wir wollten uns nicht so festsetzen und noch gewisse Freiheiten beibehalten.“ „Behandelt er dich gut? Weil du schon davon sprachst, wie du mich und Maron beneidest…?“  Kiyo lachte kurz auf. „Oh, keine Sorge, das tut er. Wie eine Königin behandelt er mich.“, kicherte sie und fügte hinzu, „Zurzeit versuche ich aber meinem Ex näher zu kommen… leider er hat aber schon eine andere.“ Der 17-jährige warf seiner gleichaltrigen Mitschülerin einen verstohlenen Seitenblick zu. „Wenn er schon vergeben ist, dann solltest du ihn aufgeben, oder nicht? Das zeigt doch, dass er die Vergangenheit hinter sich gelassen hat… Und ich schätze mal, du hattest nach ihm deinen jetzigen Freund gefunden.“ Kiyo verzog teilweise schmollend, teilweise beleidigt das Gesicht. „Ich bekomme immer was ich will….“, murmelte sie kaum hörbar und lächelte anschließend geheimnisvoll. „So, wir sind alle Flyers los! Da können wir endlich zurück.“, sagte junge Kaito erleichtert, beide Hände in die Jackentasche vergraben. Kiyo hingegen hatte ihre dunklen Augen auf ein Stück Wald gerichtet, wo sich ein kleinerer Park befand.  „Hm…Ich würde noch etwas spazieren gehen. Komm ich möchte dir was zeigen!“, forderte sie ihn auf. „Geh du ruhig! Ich kehre lieber zur Schule zurück!“ „Ach komm, nur ganz kurz! Wir sind schneller wieder zurück als du es erwartest!“ Chiaki wollte wieder was dagegen sagen, doch etwas hinderte ihn dazu. Ehe er sich versah folgte er ihr. Sie führte ihn in eine große alte Kirche hinein.   Nachdem die Schreie verebbt waren, fingen alle Menschen um Maron herum an diabolisch zu Lachen. Die Augen leuchteten rot auf, ihre Körper waren von dunklem Rauch umgeben. Genauso plötzlich griffen sie die Kamikaze-Diebin und ihre Freunde an. Ihre Bewegungen waren viel zu schnell und präzise für normale Menschen. Maron nutzte den bestmöglichen Moment aus, um sich zu verwandeln. „Vorsichtig!! Sie sind alle besessen!!“, rief Noyn während er jemanden auswich. „Darauf wären wir auch schon gekommen!!“, schnauzte Access den Warlock an. „A-Aber sie sind trotzdem noch Menschen…!“, sagte Jeanne verzweifelt und hielt ihre Angreifer mit ihrem Band in Schach. Sie war darauf bedacht so gut wie möglich niemand zu verletzen, was sich als schwierig herausstellte, noch dazu dass sie von hunderten von Leuten umgeben waren. Mit Mühe begaben sich die fünf zum Schultor, allerdings wurde dieser von meterhohen Ranken versperrt. Um das ganze Schulgelände waren sie verteilt. Die Engel, die sich mittlerweile in ihrer großen Gestalt befanden, versuchten über die Ranken rüber zufliegen, doch eine Barriere von dunkeln Blitzen schockte sie zu Boden. Ehe die Diebin und ihre Mitkämpfer es registrieren konnten, fielen alle Menschen im darauffolgenden Augenblick wie leblos um und Dämonen entsprangen aus ihren Körpern. „Verdammte Dämonen!“, fluchte Fin als sie sich aufsetzte, ihre Waffen in ihren Händen erscheinen ließ und den ersten Pfeil schoss. Dreck klebte ihr im Gesicht. Auch Access stand wieder auf beide Beine und hatte seine Waffe gezogen. Ab und an hielten beiden die Kreaturen mit Licht- und Energiestrahlen von sich fern. Jeanne hatte ihr Band unterdessen mit ihrem Schwert ersetzt und bannte die Dämonen, eins nach dem anderen. „SILK!“, schrie Noyn. „Bring uns hier raus!“ „Okay!“ Silk spuckte den Ranken am Tor große Feuerbälle entgegen, jedoch blieben sie unbeschadet. „Es funktioniert nicht!“ „Versuch es weiter, bis die Magie nachlässt. Du weißt, dass deine Drachenkräfte alles überwinden können!!“, ermutigte sein Meister ihn. Während der Drache weiter versuchte die magischen Ranken zu verbrennen, versuchten die anderen die Dämonen unter Kontrolle zu bekommen. Fin hielt plötzlich mitten im Kampf inne und zuckte am ganzen Körper zusammen. Sie fing an zu zittern, nahm aus Reflex Access‘ Hand und umklammerte sie fest. „Spürst du das, Access?“, fragte sie ihren Freund. „Diese ungeheure dunkle Präsenz.“ Der Angesprochene nickte. „Noch dazu eine ziemlich vertraute…“ Er gab Fin einen beruhigenden Druck auf die Hand. „Ja… dieselbe, die mich damals entführt und mein Gedächtnis manipuliert hat.“ „Redet ihr vom Bösen König? Also Lucifer??“, fragte Jeanne entsetzt. Beide Engel nickten beunruhigt mit den Kopf. Auch Noyn wirkte angespannt. Er fühlte sich an den Tag zurückversetzt als er seine Seele dem Bösen überlassen hatte. So eine furchteinflößende Aura vergäße man nie. „Ich habe es geschafft!!!“, hörte man Silk hocherfreut rufen und verwandelte sich in seine menschliche Gestalt. Dann zückte er im selben Moment seine magische Waffe, was einem Scharfschützengewehr ähnelte, und besiegte einen Dämon, der auf seinen Meister herfallen wollte. Die Ranken zerfielen zu Staub. „Los, verschwinden wir von hier!!“, rief Jeanne ihren Freunden zu und sprang die Gebäudedächer hoch. Chiaki!! Wo bist du?, ging es ihr angsterfüllt durch den Kopf. Unterdessen saß Akira am Rande des Schuldachs, beobachtete die Szene unter ihm und aß gemütlich einen kandierten Apfel. Verbände und Armschlinge waren verschwunden. Gut gelaunt ließ er die Beine in der Luft baumeln und verschwand anschließend im Nichts. Der einst strahlendblaue Himmel hatte sich dunkelgrau verfärbt.     „Was ist das für eine Kirche?“, fragte Chiaki Kiyo als sie das alte Gebäude betraten. Es sah sehr heruntergekommen aus. Die Möbel und Kerzenständer waren pechschwarz gefärbt. Die Wände waren voller Risse. Überall war eine dicke Staubschicht zu sehen und an jeder Ecke hingen Spinnennetze. Die Kirche wirkte nicht wie ein normales Gottesgebäude. Das Gebäude selbst strahlte eine unheimliche Aura aus, wo selbst Chiaki eine Gänsehaut bekam. Kiyo’s Schuhe hallten bei jedem Schritt durch den ganzen Raum. „Sie wurde zum ehren Taltos gebaut.“, antwortete ihm die Gleichaltrige. „Talto?“ Kiyo nickte lächelnd während sie sich dem Altar näherte. „Gelegentlich ist das auch mein Zuhause hier.“, sagte sie mit dem Rücken zu ihm gewandt. Der Kaito blieb einige Schritte hinter ihr stehen. Mehr Fragen zeichneten sich auf Chiaki’s Gesicht ab. Überhaupt fragte er sich, wieso er ihr gefolgt war. Es war wie als hätten seine Beine sich von selbst bewegt.   „Mein Vater hat mich vor langer Zeit rausgeschmissen… gleichzeitig ging auch die Beziehung zu meinem Ex in die Brüche und kurz darauf war schon die Neue an seiner Seite. Ich konnte nirgendwo hin….“ Ihre Stimme nahm einen verbitterten, aggressiven Ton an. „Tut mir leid, dass mit deinem Vater. Er scheint ein ziemlicher Rabenvater zu sein….aber Eltern kann man sich ja nicht aussuchen. Und deinen Ex solltest du auch vergessen, wenn alles so schlimm war.“, versuchte Chiaki beruhigend auf sie einzureden. Kiyo lachte wie aus heiterem Himmel laut auf, sodass es in der gesamten Kirche schallte. Sie drehte sich lächelnd zu Chiaki um und packte sein Handgelenk. „Hey-“ Er wollte von ihr loslassen, hielt aber inne als sie ihre Brille abnahm und er in ihre Augen sah. Alles Weiße in ihnen wurde Schwarz. Die Iris färbte sich von innen nach außen blutrot und die Pupille wurde zu schlangenartigen Schlitzen. Ihr Lächeln hatte was Fieses, Überhebliches. Seine braunen Augen weiteten sich schockiert. „Mein Vater…ist auch dein ‚Vater‘. Schließlich war ich auch einst Gottes Kind. Bis ich aus Eden verbannt wurde.“, sagte sie in einem dunklen Ton. Was?! Chiaki konnte sich nicht bewegen, wie als würde eine unsichtbare Macht ihn davon abhalten. Noch dazu hatte ihn Kiyo sehr fest im Griff. Sie legte ihm zärtlich die andere Hand auf seine Wange. „Oh, und ich kann dich nicht vergessen. Selbst nach sooooo vielen Jahren….“ Kiyo kam mit ihren Gesicht Chiaki immer näher, schaute ihn eindringlich mit ihren Schlangenaugen an. „Schließlich bin und bleibe ich deine erste Frau…Adam.“ Ein boshaftes Grinsen umspielte ihre blutroten Lippen. Chiaki’s Augen weiteten sich noch mehr. „Ja, mein Lieber. Du bist Adam… warst es die ganze Zeit über gewesen.“, sagte die Kiyo amüsiert. „Und… wer genau bist du?“, brachte er stockend heraus.   „Es wird Zeit das Siegel zu brechen.“, ignorierte sie Chiaki’s Frage, zog sie ihn zu sich heran und versiegelte ihre Lippen mit seinen.   ------------------------------------------ Alter, sind das viele Worte…   NOTE: Die Szene mit der Panikattacke war inspiriert von Teen Wolf. Ich habe keine Ahnung ob ein Kuss wirklich helfen kann (für den einen vielleicht ja, für den anderen wahrscheinlich eher nicht). Die Luft anhalten soll laut Google wirklich helfen. :‘) Übrigens... So einiges in der Fic ist von der Schattenjäger Serie von Cassandra Clare inspiriert. Chapter 18: Queen of Hell -------------------------   Chapter 18: Queen of Hell   Nachdem Jeanne und ihre Begleiter sich sicher waren, dass sie die Dämonen von der Schule abgehängt haben, blieben sie für einen Moment auf einem Gebäudedach stehen. „Noyn! Erzählst du uns endlich, was es jetzt mit Kiyo auf sich hat?“, fragte sie mit aufgewühlter Stimme. Drei weitere Augenpaare richteten sich auf dem Ältesten. Dieser fuhr sich angespannt durch die zerzausten Haare und schaute alle ernst an. „Sie ist Lilith.“ Der Gruppe stockte der Atem und sie tauschten sich ungläubige sowie entsetzte Blicke aus. „Ich hätte das früher bemerken sollen!“, ärgerte Noyn sich, „Ihr Nachname ‚Ita‘! Das ist einer von siebzehn Namen für Lilith!“ „Sag mir jetzt nicht, du kannst alle siebzehn Namen auswendig…!“, kam es von Fin mit einem fragwürdigen Blick. „Ita, Kali, Talto, Satrina…“ „Okay, okay! Wir kapieren es! Da kommt der Geschichtslehrer wieder in dir hoch!“, unterbrach ihn Jeanne gereizt. Ihre Anspannung wuchs mit jeder Sekunde. Gleichzeitig war sie sauer auf sich selbst und der Gesamtsituation. Ich ahnte, dass etwas mit ihr nicht stimmte und nun das!! Auch Access teilte ihre Gefühlslage und raufte sich gestresst durch die Haare. „Schön zu sehen, dass du dir Sachen wie siebzehn Namen merken kannst, dir aber nicht auffällt dass die Königin der Dämonin direkt vor deiner Nase saß!!“ „Ich bin in vor Wochen in meinen Recherchen flüchtig darauf gestoßen, aber habe die Verbindung einfach nicht gesehen! Es tut mir leid, okay?! Jetzt ist aber nicht der Zeitpunkt mich für meine eigene Dummheit fertig zu machen! Wir haben es hier mit der Königin Edom's -die Königin der Hölle- zu tun!!“, sprach Noyn energisch auf die anderen ein. Jeanne senkte niedergeschlagen den Kopf, presste sich Daumen und Zeigefinger an die Schläfe und versuchte sich mit einigen tiefen Atemzügen zu beruhigen. „Entschuldige, aber du kannst verstehen dass ich furchtbare Angst um Chiaki habe, oder?“ Der Warlock nickte verständnisvoll. Ihre Gefühle waren ihr ins Gesicht geschrieben. Ihre lilanen Augen schweiften über den Horizont, als sie weitersprach: „‚Talto‘ sagtest du vorhin? Ich glaube es gibt eine verlassene Kirche, die hieß irgendwas mit Talto, aber ich weiß nicht genau wo die ist…!“ Fin wandte sich daraufhin an Access. „Access, Kaitos und ihre Engel haben eine enge Verbindung zueinander… Versuch du ihn aufzuspüren!“ Wie aus allen Wolken fallend blickte er seine Freundin mit unsicheren, bernsteinfarbenen Augen an. „I-Ich weiß nicht-“ „Du kannst das!“, schnitt Fin ihm die Zweifel lächelnd ab und drückte ihm eine Hand fest auf die Schulter. „Ich glaube an dich. Schließlich hattest du als Schwarzengel es mit mir -als gefallenen Engel- aufgenommen und warst mir sogar ebenwürdig! Für diese Tatsache allein kann jeder mehr als stolz auf dich sein. Besonders ich!“, ermutigte sie ihn mit ehrlichem Stolz in der Stimme. Access starrte sie noch total verdattert mit aufgerissenem Mund an, eher er sich wieder fasste. Seine Wangen schimmerten rot vor Verlegenheit. „O-Okay! Ich werde es versuchen!“ Der dunkelhaarige Engel presste seine Augen zusammen und konzentrierte sich. Vor seinem inneren Auge sah er die Stadt, allerdings lag etwas in der Luft. Eine magische Spur -wie ein loser Faden-, welches sich in Richtung eines Stück Waldes erstreckte. Access riss die Augen auf und deutete mit den Finger selbstsicher den Weg. „Da! Da muss die Kirche sein! Dort muss Sindbad sein!“ Sofort setzten sich alle in Bewegung. „Wahrscheinlich gab es vor vielen Jahren mal eine Sekte hier, die sie verehrt hat. Eine Schande, dass es Menschen gibt die Faszination in das Böse finden-…“, fing Noyn an zu spekulieren. „Bitte spar dir die ganzen Spekulationen, Erklärungen und Geschichtsstunden!!!“, fiel ihm Jeanne ins Wort. Sie spürte die Panik in ihr hochkommen. „Sorry.“   „VORSICHT! DÄMONEN!“, schrie Silk wie aus dem Nichts. Genau in dem Moment kamen den Fünf eine Horde von hunderten Dämonen entgegen und versperrte ihnen den Weg. Ebenso holte die andere Horde von der Schule sie allmählich ein. „Verdammt!“, presste Jeanne zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und zog ihr Schwert. Blitzschnell war eine Handvoll gebannt, doch immer mehr kamen dazu. „Es sind zu viele!“, schrie Silk verzweifelt, wich immer wieder einen Gegner aus und besiegte den nächsten. Fin stand mit Access Rücken an Rücken in Kampfposition. Ein kurzer Blick wurde ausgetauscht ehe die Beiden wie ein perfekt eingespieltes Team gegen die Dämonen kämpften. „Jeanne! Überlass das uns! Du musst Lilith finden und sie aufhalten!“, befahl Noyn Jeanne. „Aber-!!!“ „Kein ‚aber‘! Wir kommen gleich nach!“ Mit den Worten machte der ehemalige Dämonenritter mit einer Magiewelle ihr den Weg frei. Sie warf ihren Freunden einen letzten, besorgten Blick zu, nickte kurz und lief davon.   Nach einigen Sprüngen hatte Jeanne den Park erreicht und fand auch direkt die Kirche. Als sie das Gebäude betrat, fand sie Chiaki vor dem Altar stehen. Er wirkte geistesabwesend. „Chiaki! Ich bin so froh dich zu sehen!“, rief sie erleichtert und rannte schnell auf ihrem Freund zu. „Wir müssen hier weg! Kiyo ist Lilith, die Königin der Dämonen und-“ Plötzlich packte er sie fest am rechten Handgelenk. Zu fest. „Aah! Chiaki, du tust mir weh! Was ist los mit dir?“ Die Diebin versuchte sich verzweifelt aus seinem Griff zu befreien. Langsam wandte er seinen Kopf in ihre Richtung. Seine braunen Augen ließen Jeanne erstarren. Kalt und leer blickten sie sie an. Mit einer schnellen Bewegung drehte er sie so, dass beide Arme hinter ihrem Rücken fixiert waren und sie auf die Knien einknickte. Sie versuchte aufzustehen, doch eine unsichtbare Kraft hinderte sie dazu. Das Geräusch von Stöckelschuhe näherte sich ihnen. „Ich sagte dir doch, du brauchst dir wegen mir oder ihm keine Sorgen zu machen.“ „Lilith!“, zischte Jeanne mit zusammengebissenen Zähne und stierte ihr Gegenüber an, die breit lächelte und die Diebin mit ihren Schlangenaugen fixierte. „In Person.“, zwinkerte diese ihr zu und kicherte finster. Ihr jugendliches Gesicht hat erwachsenere Züge angenommen. Trotz der Schlangenaugen war sie immer noch unbeschreiblich schön, wie Schneewittchen. „Ihr seid alle solche Dummköpfe. Menschen, Engel und Gott… besondere du, Eva. All die Zeit hast du nicht gemerkt, dass Adam direkt vor dir steht.“ Jeanne’s Augen weiteten sich und sie drehte ihren Kopf nach hinten. „Was…Chiaki…“, ungläubig schaute sie zwischen ihm und Lilith hin und her. „Ja! Und was auch immer in deinem hübschen Köpfchen vorgeht, es ist wahr!“ Mit einem Schnipsen stieg dunkler Rauch aus dem Boden aus und umhüllten Chiaki bis er als Sindbad vor ihnen stand. „Nein, nein, nein, nein! Das kann nicht sein…! Chiaki, bitte wach auf!!“, versuchte Jeanne auf ihn einzureden, jedoch erfolglos. Sein Blick ging durch sie hindurch. Das Gesicht eine gefühllose Maske. „Er wird dich nicht hören.“, hörte sie Lilith ruhig sagen. „Was hast du mit ihm gemacht?“ „Oh… Nur das Siegel gebrochen, die Dunkelheit in seinem Herzen -seinen inneren Dämonen- erweckt. Nun ist er wahrhaftig ein treuer Diener von uns.“ „Chiaki wird sich auf keinem Fall euch unterordnen!“ Lilith verdrehte abwertend ihre Augen. „Also hast du ihm die Alpträume geschickt!“, stellte die Kamikaze-Diebin trocken fest. „Natürlich!“, bestätigte die Dämonin hochnäsig. „Der liebe Chiaki sollte sehen, was für ein Monster er tief in seinem Inneren ist.“ Sie fing an zu lachen. „Er hatte einen ziemlich starken Willen. Wie oft er wegen dir schon Widerstand geleistet hat.“ Ihr Lachen wurde diabolischer und sadistischer. „Du könntest ihn niemals was zur Leide tun richtig, Eva? Aber stell dir vor, von dem verletzt und getötet zu werden, den man aus ganzem Herzen liebt…was für eine Ehre!“ Ihr Lachen verebbte und sie ging mit stolzen Schritte vor der Kamikaze-Diebin auf und ab. „Weißt du, ich bin gerade in Stimmung mit dir ein wenig zu plaudern und beantworte dir alle Fragen die du hast. So ein Gespräch unter Frauen.“ Jeanne schwieg sie nur verbittert an. Ihre lilanen Augen funkelten vor Zorn. „Keine Sorge, ich werde nicht lügen.“, fügte Lilith augenzwinkernd hinzu und manifestierte aus schwarzen Rauchpartikeln einen Stuhl, auf den sie sich adrett hinsetzte.   „Fangen wir damit an: Ich erzähle dir eine kleine Geschichte… Über Gott, Adam, dich und mich!“ „Was hast du bitte schön mit Gott zu tun?“, fragte Jeanne argwöhnisch. „Eine Menge! Darauf wollte ich gerade zukommen, Schätzchen. Bestimmt wurdest du über die Menschheitsgeschichte aufgeklärt. Dass Gott Adam erschuf, aus dem seiner Rippe Eva entsprang und Beide als die ersten Menschen die Erde bevölkert haben. Nun,… da fehlt noch ein wichtiges Detail und zwar, dass Gott nicht Eva als erste Frau an Adam’s Seite erschuf, sondern mich.“ Jeanne stockte fassungslos der Atem. „Du hast richtig gehört, meine Liebe. Ich war Adam’s erste Frau, ein Kind Gottes. Doch ich wollte von Tag eins an mich weder Adam noch Gott unterordnen. Aus Protest aß ich eines Tages die verbotene Frucht vom Baum der Erkenntnis. Ich erkannte, dass wir Gott nicht ebenwürdig waren und ich keine simple Marionette von ihm werden und bleiben wollte. Ich wollte was Besseres, Größeres. Und wie du dir denken kannst, wurde ich aus Eden rausgeschmissen für mein ‚sündhaftes Verhalten‘. Mit meiner Verbannung kam auch zur selben Zeit der Sturz der rebellierenden Engel, der Höllensturz. Lucifer fand mich im Nichts umherwandern und nahm mich daraufhin zu sich auf. Zusammen mit ihm und den anderen gefallenen Engel kreierten wir unser eigenes ‚Paradies‘ und ich wurde zur Königin der Dämonen erkoren.“ Lilith stoppte für einen Augenblick, ihr Lächeln verschwand und sie schaute Jeanne zum ersten Mal mit hasserfüllten Schlangenaugen an. Die Pupillen wurden schmaler. „Ab den Zeitpunkt hätte ich zufriedener nicht sein können, allerdings konnte ich Adam nicht vergessen. Wie sagt ihr Sterblichen immer… ‚Die erste Liebe vergisst man nicht‘? Wie auch immer, als ich sah, dass Gott mich mit dir ersetzt hat, Eva, da beschloss ich eurem harmonischen Leben im Paradies ein Ende zu setzen. Als Schlange schlich ich mich nach Eden zurück und verführte dich dazu die verbotene Frucht zu essen. Und wieso? Nun… nicht nur damit ihr verbannt werdet, sondern damit ihr eure Unsterblichkeit verliert. Die Frucht gab euch nicht nur die Erkenntnis, dass ihr Menschen seid, sondern auch Sterblichkeit.“ „Warte, aber du hast auch von der Frucht-“ „Ja, aber ich wurde nach meiner Verbannung direkt zum Dämon, Dummerchen. Gott hat sich allerdings auch was Cleveres einfallen lassen, um dem Dilemma zu umgehen… Und zwar in dem er euch die Kraft zur Wiedergeburt gab. Eure Seelen wurden unsterblich und seit abertausende von Jahre gingt ihr mir mächtigst auf die Nerven. Besonders du, Eva. Die ach so tolle Eva, mit der reinsten Seele aller. Ein wahrhaftiger Engel auf Erden.“, sagte Lilith mit Gift in ihrer Stimme. Für einen Moment herrschte Stille zwischen ihnen. Jeanne sah man an, dass sie die neuen Informationen verarbeiten musste.   „Wieso hat uns Gott nicht von dir erzählt…?“, murmelte sie leise in sich hinein. Die schwarzhaarige Dämonin schaute sie zunächst überrascht, doch dann belustigt an. „Euer Gott hat ein Ding für Geheimnisse, kann es sein? Ich meine, er erzählte euch schon alles, lässt aber das Aaaallerwichtigste aus. Mal ganz ehrlich… Hast du eigentlich von irgendwas eine Ahnung?!“, fragte sie spöttisch. „Lucifer und ich hatten so ein leichtes Spiel mit euch. Oh, und bevor du fragst…Ja, Akira Nimura ist Lucifer.“ Jeanne versuchte so gut wie möglich ruhig und gefasst zu bleiben, obwohl sich in ihrem Kopf alles drehte und ihr speiübel wurde. „Wozu das ganze Theater an der Schule? Klar, du wolltest mich umbringen auf dem Dach und was ist mit Chiaki? Die Prügelei, die Suspendierung… Was wolltet ihr damit erreichen?“ Lilith zuckte unschuldig mit den Schultern. „Wir wollten nur unseren Spaß haben. Es ist schließlich unsere Natur Unordnung und Chaos zu verbreiten. Das sollte dir klar sein, Schätzchen. Außerdem… wird es in naher Zukunft keine Welt mehr geben, in der du zur Schule gehen musst. Von daher kann das alles auch egal sein.“ Sie warf einen Blick aus einem zerbrochenen Fenster nach draußen. Es war dunkel und man konnte schwer erkennen, ob die Nacht bereits angebrochen war, oder nicht. „Die Menschen leiden von Tag zu Tag mehr und mehr. Mit jeden Tag wird mein geliebter Lucifer immer stärker und Gott immer schwächer! Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird der Herr vernichtet sein.“ Nun war es Jeanne die kurz abfällig lachte.   „…Das ist schon das zweite Mal, dass du das Wort 'Liebe' so leichtsinnig in den Mund nimmst. Dabei habt ihr Dämonen doch keine Ahnung von der Liebe!“ Die Dämonin stand von ihrem Stuhl auf -der sofort wieder verschwand- schlug mit ihrer Handfläche Jeanne ins Gesicht. Lilith schaute sie fragend an. „Du. Hast. Keine. Ahnung!“, zischte sie ihr jedes einzelne Wort wütend entgegen. Ihre schmalen Pupillen verengten sich zu einem dünnen Strich.   Lilith machte eine kurze Handbewegung nach oben. Plötzlich zog Sindbad Jeanne wieder auf die Beine und hielt sie einem Arm im Würgegriff fest. Die andere Hand hielt ihr gleichzeitig einen Dolch an den Hals. „Chiaki…! Bitte nicht!“, flüsterte Jeanne ihm flehend zu. Sie versuchte mit aller Macht sich aus seinen Armen zu befreien. Vergeblichst. „Ich denke, wir haben genug geplaudert. Es wird Zeit dich endlich loszuwerden, Eva. Tötet sie!“, befahl Lilith. Sindbad holte aus und schnellte die Waffe gezielt herunter. Fin, Access und Noyn kamen in dem Moment in der Kirche reingeplatzt. Ihre Kleidung war komplett zerfetzt und sie wiesen Schrammen und Kratzer im Gesicht auf. Horror und Panik spiegelten sich in ihren Augen wider als sie erblickten was sich am Altar abspielte. Wie in Zeitlupe bewegten sie sich darauf zu. „SINDBAD, NICHT!“, schrie Access.   „JEANNE!“, hörte man Noyn und Fin gleichzeitig rufen. Die Kamikaze-Diebin schloss betend ihre Augen. Eine kleine Träne rollte ihr die Wange herunter. Und dann spritzte Blut. Chapter 19: Lost ----------------   Chapter 19: Lost   Es war totenstill in der Kirche.                           Die Engel und der Warlock blieben mitten in ihrer Bewegung stehen und schauten fassungslos zu Jeanne und Sindbad rüber. Lilith blickte die Beiden mit ihren roten Augen an, zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. Auch sie verstand nicht, was soeben geschah. Jeanne öffnete ihre Augen, irritiert darüber keine Schmerzen zu spüren. Auf dem Boden tropfte Blut, welche eine kleine Pfütze bildete. Auf ihrer weißen Kleidung waren ebenfalls ein paar Spritzer. Doch keine Wunde. Ihre Augen vergrößerten sich als sie erkannte wieso. Sie keuchte geschockt auf und lies ihren Blick langsam hochwandern. „Chiaki…!“ Dieser hatte den Dolch -unmittelbar neben ihrer Taille- im seinen Bauch eingestochen. Blut breitete sich unter den Klamotten aus. Den Griff hielt er krampfhaft umklammert. Er ließ von Jeanne los. Sie drehte sich besorgt zu ihm um, wagte es jedoch nicht auf ihm zu zugehen. Dann zog Sindbad die Waffe aus seinem Körper heraus und warf sie zu Boden. Er legte eine Hand auf die sickernde Wunde. Sein Atem war schwer. Schweißtropfen glitzerten auf seiner Stirn. Seine blauen Augen waren auf die Kamikaze-Diebin gerichtet und hatten den klaren, entschlossenen, warmen Blick, den sie kannte. „Ich…“, setzte Sindbad an, sein Körper zitterte vor Anspannung und Schmerz. „Ich… Ich habe geschworen…Maron…zu beschützen! Sogar vor mir selbst…!“, brachte er angestrengt hervor. Seine Augen wanderten zu Lilith und funkelten sie wütend an. Diese knirschte mit den Zähnen. „Wie konntest dich meinem Befehl widersetzen!?“ „Du magst zwar stark sein, aber meine Liebe zu Maron ist stärker!“, antwortete ihr Sindbad. Jeanne lächelte ihn hoffnungsvoll an. „Ach ja? Wird deine Liebe zu ihr auch das aushalten?“ Lilith streckte eine Hand in seine Richtung aus, die begann rot-schwarz zu glühen. Sindbad hielt sich schmerzend die Brust und schrie qualvoll auf. Eine dunkle Energie pulsierte aus ihm heraus und warf Jeanne sowie die Anderen aus dem Gleichgewicht. Schwarze, rauchähnliche Flammen umhüllten seinen Körper. Die blonde Diebin sackte wie erstarrt auf die Knie. In ihren weit aufgerissenen Augen spiegelte sich der Horror. Auch die anderen befanden sich in einer Schockstarre. „Nein! Chiaki!“, schrie sie. Lilith lachte hämisch, ihre Schlangenaugen leuchteten roter als zuvor. „Jeder Mensch hat eine Dunkelheit in seinem Herzen, die er nicht entkommen kann. Besonders deine Seele hatten wir über 500 Jahre lange mit dämonischer Energie gefüttert, Adam. Die Liebe hat keine Chance! Die Dunkelheit in deinem Herzen, wird das Licht überschatten! Du kannst deiner eigenen Dunkelheit nicht entkommen!“ „Chiaki! Bitte kämpfe dagegen an!“, sagte Maron verzweifelt. Die Flammen um Sindbad wurden größer und dicker, bis sie sich langsam wieder auflösten. Abrupt ebbte sein Schrei ab. Seine Klamotten wurden komplett schwarz. Die Stichwunde war verheilt. Langsam ließ er von seiner Brust los und ließ den Arm schlaff neben seinen Körper hängen. Sein Kopf war geistesabwesend nach unten gesenkt. [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=63jbksEqycQ]           Bitte nicht! Jeanne wollte aufstehen und zu ihm gehen, als plötzlich eine Schwertklinge Millimeter vor ihrem Gesicht schwebte und sie davon abhielt. Ihr Blick folgte den Arm entlang, welches die Waffe hielt, starrte dessen Besitzer angsterfüllt an. Eiskalte blaue Augen trafen auf ihre. Jegliche Gefühle und jegliche Wärme von eben waren aus ihnen verschwunden. Wie in Zeitlupe beobachtete sie, wie alles weiße in ihnen schwarz wurde und die einst blaue Iris sich blutrot verfärbte. Nein! Chiaki! Bitte, bitte nicht! Panik stieg in ihr hoch. Ihr Atem wurde stoßartig schnell. Sie begann am ganzen Körper zu zittern. Ihr Instinkt sagte ihr sie sollte flüchten, doch alle ihre Muskeln waren wie betäubt.   Sindbad holte mit dem Schwert aus und schleuderte die Kamikaze-Diebin mit einer erzeugten Magiewelle an die nächste Wand. Jeanne schrie kurz auf und lag schutzlos auf dem Boden. „Jeanne!“, rief Fin, die sich wieder aufgerichtet hat und zu ihre Partnerin fliegen wollte, jedoch von Lilith mit einer Energiekugel angegriffen wurde. „Sindbad!! Tu das nicht!“ Auch Access fand wegen ihr keine Möglichkeit zu seinem Partner zu fliegen. Fassungslosigkeit, Verzweiflung und Schmerz zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. In seinem Inneren konnte er den Progress der dunklen Verwandlung spüren, was ihm ein furchtbares Stechen in der Brust bereitet hatte. „Euch beide wollte ich schon vor Wochen töten! Nun ist die Zeit endlich gekommen!!“, rief die Dämonenkönigin den Himmelsengeln entgegen und bekämpfte sie mit dunkle Magie.   Unterdessen ging der schwarze Sindbad auf Jeanne zu und setzte zum nächsten tödlichen Angriff an, als dieser urplötzlich von Noyn geblockt wurde. Der Schwarzhaarige hatte seine Hand zu einer Klinge transformiert und hielt damit Sindbads Schwerthieb stand. „Sindbad! Nein, Chiaki! Komm zu dir! Du würdest dir es sonst nie verzeihen, wenn du Maron weh tust oder sogar tötest!“, schrie er ihm entgegen. Lilith lachte laut, während sie die Engel zur Decke katapultierte. Beide fielen benommen zu Boden. „Er wird auf euch nicht hören. Die Dunkelheit in ihm hat überhand ergriffen und ist endlich erwacht! Er ist kein Gesandter Gottes mehr!!“ Magische Schüsse flogen auf einmal blitzartig durch die zerbrochenen Fenster auf sie zu, die sie allerdings ohne Probleme auswich. Die Dämonin warf einen verärgerten Blick nach draußen, verschwand kurz im Rauch und tauchte wieder auf. Mit Silk in seiner kleinen Drachenform in ihrer Hand. Ihre Finger schlangen sich fest um seinen Hals. Leise konnte man den Drachen krächzen hören. „Guck mal, was für eine hässliche, kleine Ratte ich gefunden habe! Ist das dein Haustier, Noyn?“, fragte sie spöttisch. Der Angesprochene riss die Augen weit auf. „Silk!“ Den Moment der Unachtsamkeit nutzte Sindbad, um den Warlock einen kräftigen Tritt auf die Brust zu verpassen, ihn mit seinem Schwert zu verletzen und ihn an die Wand zu werfen. In der nächsten Sekunde manifestierte er sich ein zweites Schwert in die andere Hand und beschwor mit ihnen eine große, dunkle Energiekugel, welche er auf Noyn abfeuerte. Auf einmal stand Jeanne schützend vor dem ehemaligen Dämonenritter und die Energiekugel wurde von ihrem himmlischen Schutzschild abgewehrt. Dieses verf*ckte Schutzschild!!, dachte sich Lilith genervt und warf den mittlerweile bewusstlosen Silk in die nächste Ecke. Mit einem gewissen Sicherheitsabstand schaute sie dem Kampf zu. „Noyn! Halte durch!“, rief sie dem Schwarzhaarigen mit angestrengter Stimme zu, der verletzt hinter ihr lag. Mit Mut und Stärke in ihren Augen fixierte sie Sindbad. Dieser ließ sich von ihr nicht beirren und feuerte weitere dunkle Magiekugeln auf die beiden ab, die von dem Schutzschild abgeblockt wurden. Mit jedem Mal wurde seine Magie allerdings stärker, die Kugel umso größer und seine schwarz-roten Augen fingen an gefährlich zu leuchten. Jeanne hatte mit jeden Schuss mehr und mehr Probleme ihr Schild aufrecht zu erhalten.   Plötzlich kam ein heller Lichtstrahl angeschossen, denn Sindbad geschickt auswich und zur Seite sprang. Mit kalter, ausdrucksloser Miene schaute er auf, um die beiden Himmelsengel auf ihn zufliegen zu sehen. „Ich tue es wirklich ungern, aber wenn ich dich bekämpfen muss, um meinen besten Freund zurück zu bekommen, dann soll es so sein!!“, sagte Access außer Atmen und schoss einen weiteren Lichtstrahl aus seiner Hand aus. Auch Fin schloss sich seinen Angriffen an. Immer wieder weichte Sindbad ihnen aus und feuerte mit dunkler Magie auf sie zurück. Auch in Jeanne war der Kampfgeist wieder erweckt. Ich überlasse dich nicht kampflos dem Bösen!!! „Gib Chiaki sein Herz zurück!!“, rief sie entschlossen und ließ ihr Schwert in ihre Hand erscheinen. Zusammen mit den Engeln kämpfte sie erbittert gegen ihn. Gegen ihren Freund, Partner und Teamkameraden. Ich will auch nicht gegen dich kämpfen, Chiaki… Bist du jetzt mein Feind? Früher hatte ich dich als mein Feind angesehen, aber da war alles anders. Und jetzt? Wieso muss ich immer gegen die kämpfen, die ich liebe? Wieso?! Es ist so grausam… Sie warf Sindbad einen ernsten, zugleich traurigen Blick zu. Nein! Der Dämon! Der Dämon in dir hat dich besessen! Er ist unser Feind! Wir werden es besiegen und dich zurückbringen! Das schwöre ich!! Das Kirchengebäude war bereits an mehreren Stellen in Trümmern. Lilith’s Geduld nahm allmählich ein Ende an. „Lästig! Vernichte sie endlich, ich verschwinde von hier!“, befahl sie gelangweilt und verschwand durch ein schwarzes Portal aus der Kirche. Daraufhin überwältigte Sindbad seine drei Gegner mit eine schwarzen Druckwelle. Access und Fin schrien vor Schmerz auf und fielen anschließend kraftlos zu Boden. Sie konnten nicht mehr weiterkämpfen. Jeanne hielt sich gerade so noch auf den Beinen und beobachtete wie Sindbad seine Waffen verschwinden ließ und aufs Kirchendach flüchte.   [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=pfjEKGKz_zg] Mit letzter Kraft sprang sie ihm hinterher und lief auf ihn zu. „Chiaki!“ Der Gerufene drehte sich zu ihr um, schlug ihr das Schwert aus der Hand und setzte zum nächsten Schlag an, den sie gekonnt mit ihrem Unterarm abwerte. Dadurch dass Maron mit Chiaki oft im Nahkampf trainierte, wusste sie wie und wo er angriff und wie sie seine Schläge und Tritte zu blocken hat. Leider wusste aber auch er wie sie kämpfte, weshalb sie ihm nicht überlegen werden konnte. Mit unmenschlicher Geschwindigkeit packte Sindbad Jeanne plötzlich am Hals, hob sie wenige Zentimeter vom Boden hoch und trug sie über den Rand des Daches, darauf abzielend die junge Frau in die Tiefe fallen zu lassen. Jeanne rang verzweifelt nach Luft und versuchte seinen Griff zu lockern. „Chiaki… Erinnere dich bitte! I-Ich weiß, du bist noch irgendwo da drin…! Bitte… I-Ich weiß, du wirst mich nicht töten! Chia-ki…!“, versuchte sie auf den Weißhaarigen einzureden. Dieser blickte sie nach wie vor ohne jegliche Emotionen an. „Chi-a-ki…! Ich bitte dich…! Du…du liebst mich…!“ Sindbad kam ihrem Gesicht näher, löste mit der freien Hand ihre Haarschleife, sodass sie sich in Maron zurückverwandelte und wisperte mit einer eisigen Stimme: „Ich liebe dich nicht mehr.“ Mit einem eiskalten Grinsen ließ er sie los. Wie in Zeitlupe sah Maron, wie ein Portal sich vor ihm öffnete und er ins Nichts verschwand. Mit einem harten Aufprall landete die Kamikaze-Diebin mit den Rücken voraus flach auf dem Boden. Entkräftet blickte sie zum dicht bewölkten Nachthimmel hoch. Es fing an in Strömen zu regnen. Tränen liefen ihr stumm das Gesicht herunter. Tränen, die sie den ganzen Tag zurückgehalten hatte, um stark zu sein. Sie blutete an mehreren Stellen. Alles vermischtes sich mit den Regentropfen. Vor ihren Augen verschwamm alles. Sie wollte aufstehen, doch kein Muskel rührte sich. Selbst eine minimale Kopfbewegung brannte wie Höllenfeuer. Maron wollte schreien, sich die Seele aus dem Leib rausschreien - doch zu groß waren die Schmerzen. Welche Schmerzen schlimmer waren, die seelischen oder körperlichen, das wusste sie nicht. Sie dachte an Chiaki. An ihre glücklichen, gemeinsamen Zeiten sowie an die letzten grauenvollen Minuten. Ehe sie sich versah, wurde ihr schwarz vor Augen und sie verlor das Bewusstsein. *** In Edom angekommen ging Lilith direkt auf dem Thronsaal zu. Alle Dämonen und Fürsten, die sie im Höllenpalast passierte, verneigen sich respektvoll vor ihr. Misstrauisch beäugten sie hingegen Sindbad, der gehorsam hinter ihr her lief. Mit einer Handbewegung ließ Lilith die Dämonen verschwinden und drehte sich zu ihrem Begleiter um. „Du weißt, dass sie alle noch leben.“, stellte Lilith mit einem unzufriedenen Ton klar. „Raubkatzen spielen mit ihrer Beute noch etwas, bevor sie ihnen ein Ende versetzen.“, zuckte Sindbad mit den Schultern und hatte ein sadistisches Lächeln aufgesetzt. „Wozu kurzen Prozess machen, wenn man sich an ihrem Leid ergötzen kann? Wäre am Ende doch viiiel zu langweilig.“ „Oooh, von der Sorte bist du also.“, merkte die Dämonenkönigin amüsiert an. „Nun, unter den neusten Umständen bräuchte ich einen neuen Bodyguard. Und die Rolle wirst ab sofort du übernehmen.“ Sie pikste ihm verspielt auf die Brust. „Ich spiele also den Wachhund der Königin? Was für eine Ehre.“, sagte er sarkastisch „Wie auch immer du das nennen magst.“, ignorierte sie seinen Sarkasmus. „Bräuchtest du noch einen Butler der dir alle Wünsche erfüllt?“ „Du würdest mir einen Wunsch erfüllen, indem du deine schlechten Scherze unterlässt.“ „Wie Ihr wünscht.“, verneigte Sindbad sich theatralisch vor ihr und lächelte gehässig.   Vor dem Thronsaal angekommen, befahl Lilith Sindbad draußen zu bleiben und ging rein. Sie wurde von jemanden bereits erwartet. „Musstest du meine Tarnung auffliegen lassen?“ Akira aka. Lucifer stand mit dem Rücken cool an der Wand gelehnt. Lilith rollte mit ihren Schlangenaugen. „Als ob sie nicht schon Verdacht geschöpft haben. Ich erspare dir unnötige Arbeit. Außerdem haben wir das erreicht, was wir wollten. Eva ist seelisch und körperlich geschwächt und bald wirst du an Gottes Stelle herrschen.“ Ihr Gegenüber seufzte dramatisch auf. „Die Rolle des menschlichen Schülers hatte mir allmählich Spaß gemacht. Nun gut, Zeit wieder den König zu spielen.“ Mit den Worten nahm Lucifer die Brille ab und ließ sich in schwarz-goldene Flammen umhüllen. Sein Lederjacken-Outfit veränderte sich zu einem schwarzen Anzug mit goldenen Verzierungen, einer schwarz-goldenen Schulterplatte auf der linken Seite und einem Umhang, welches mit Goldketten befestigt und verziert war. [x][x][x] Die schwarzen Haare wechselten ihre Farbe zu weiß-blond. Sein rechtes Auge wurde golden, das linke blieb grau-schwarz. Auf seinem Rücken breiteten sich drei Paar riesige, lange Schwingen aus, die von unten nach oben aufsteigend immer größer wurden. Besonders die oberste Reihe Flügel wirkte um ein doppeltes größer und länger als er selbst. Auf der linken Seite waren schwarze drachenähnliche Flügel zusehen. Auf der rechten: elegante, prachtvolle Engelsflügel, dessen weißen Federn selbst im Dunkeln in einem goldenen Glanz schimmerten. Als er seine Flügel ausbreitete lösten sich einige der Engelsfedern und sie schwebten wie Schneeflocken geschmeidig in der Luft herum. Allein an den Engelsflügeln sah man ihm an, welch stolzer, prachtvoller Seraph er vor langer Zeit mal gewesen war und welche Ausstrahlung er im Himmel einst mal hatte. Als Engel dessen Macht gleich Gottes war. „Ganz ehrlich, die schwarzen Haare standen dir nicht.“, kommentierte Lilith belustigt und musterte den einst gefallenen Engel von oben bis unten. Lucifer lachte und fuhr sich durch die Haare. „Nun hat das Spiel erst richtig angefangen.“ Mit einem siegessicheren Lächeln ging er auf seine Königin zu und sie küssten sich. Chapter 20: What now? --------------------- Chapter 20: What now?   [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=b9F0d5pd1Uk]   „Ich liebe dich nicht mehr.“   Maron riss aufgeschreckt die Augen auf. Sie war verschwitzt und atmete schwer. Ihr Herz raste. Irritiert bemerkte sie, dass sie in ihrem Bett lag. Ihr Arme, Beine und Hände waren mit Bandagen verbunden. Auf ihrem Gesicht spürte sie ein Pflaster an den Wangen kleben. Benommen fuhr sie sich über die Stirn. Ich bin ohnmächtig geworden…und dann…? Wie benebelt schloss Maron ihre Augen und versuchte tief durch zu atmen, um ihr Herzschlag zu regulieren. Die Erinnerungen vom letzten Kampf kamen wieder hoch. Einen Kampf der einem Albtraum nahe kam. Noch immer verfolgte sie das Bild von Chiaki’s kalten Augen und wie er sie ohne Zögern angriff. Wie er sie ohne Zögern vom Dach warf. Noch immer wiederholten sich seine letzten Worte in ihrem Kopf. Ließen sie nicht los. Übertönten all ihre Gedanken. Sie spürte wie sich ihr Hals zuschnürte, ihr Herz vor Schmerz blutete. Tränen liefen ihr unkontrolliert herunter, hinterließen nasse Flecke auf dem Kissen. Sie weinte verbittert, hielt sich schmerzlich die Brust. Um nicht loszuschreien biss sie sich fest auf die Unterlippe, bis sie einen blutigen Geschmack in ihrem Mund vernahm. Ihr Körper bebte unkontrolliert. Alles tat weh.   Maron wusste nicht wie lange sie im Bett lag. Ohne jegliche Emotionen starrte sie die Schlafzimmerwand an. Ihre Augen waren leer. Sie merkte nicht, wie sich die Tür öffnete. „Maron…Du bist wach.“ Nur schwach vernahm die Angesprochene Fin’s besorgte Stimme, die ins Zimmer getreten war. Sie drehte sich zu ihr um. Ihre Flügel waren mit Verbänden umwickelt und ihre Lippen waren aufgeplatzt. An den Armen und Beinen konnte Maron große Blutergüsse und blaue Flecke erkennen. „Fin…“, wisperte sie. Ihre Stimme war ein heiseres Flüstern. Mit zittrigen Armen versuchte Maron sich aufzusetzen. Ihre grünhaarige Freundin sah ihre Bemühungen, humpelte auf ihre Partnerin ans Bett zu und umarmte sie ganz fest. Diese wusste zunächst nicht wie sie reagieren sollte, erwiderte jedoch die Umarmung und weinte sich an der Schulter des Engels aus. Fin spürte, was für ein Schmerz ihr Schützling empfand. Lange verweilten die beiden Frauen in der Position. „Access, Silk und Noyn sind im Wohnzimmer.“, sagte der Engel sanft und strich Maron über die tränenüberströmte Wange. Ihr Gegenüber nickte und stand mit Fin’s Hilfe vom Bett auf. Gemeinsam humpelten die Freundinnen zur Tür, stützten sich gegenseitig, damit niemand zusammenbrach. Im Wohnzimmer saßen Noyn und Access auf dem Sofa um den Wohnzimmertisch, welches mit Verbandskästen sowie was zu essen und zu trinken überfüllt war. Silk stand mit einem Tablett vor seinem Master, überreichte ihm eine Tasse Kaffee. Die Körper der drei Männer waren ebenfalls mit Verbänden und Pflastern übersät, die Gesichter müde, niedergeschlagen und ausdruckslos. Besorgt schauten sie auf als sie Maron erblickten. Diese lief direkt auf Access zu und setzte sich zögernd neben ihm hin. Mit Schuld und Schmerz in ihren braunen Augen blickte sie den männlichen Himmelsengel an. Sie wollte was sagen, brachte aber keinen Ton heraus. Access schaute die Diebin mit großen erwartungsvollen, zugleich verdutzten Augen an. Er verstand nicht, was sie vorhatte. Seine Augen wurden größer als sie ihn für eine Umarmung fest an sich drückte. „Es tut mir so leid… Ich hätte es verhindern sollen. Ich hätte ihn nicht gehen lassen sollen.“, sagte Maron leise in seine Brust rein. Sie hatte furchtbare Schuldgefühle gegenüber Access. Schließlich war Chiaki sein Partner und bester Freund. Sie konnte sich nicht vorstellen, was für Schmerzen der Engel innerlich gefühlt hatte. Access legte tröstend seine Arme um sie. „Dir braucht nichts Leid zu tun…Wir haben alle versagt.“, sagte er ruhig. So wie Maron sich für alles verantwortlich machte, so nahm auch er alle Schuld auf sich. Die Anderen schauten den Beiden mitleidig zu. Keiner sagte ein Wort. Maron wischte sich mit ihrem Handrücken die Tränen von den Augen, als sie sich von der Umarmung löste. „Wie kamen wir wieder hierher?“, fragte sie heiser in den Raum rein. „Als Access und ich zu uns kamen, hatten wir noch genug Kraft gehabt, uns alle hierher teleportieren zu lassen und ein Großteil der Wunden zu heilen.“, erklärte ihr Fin. „Wir…wurden alle übel zugerichtet, wie du siehst.“ Maron schaute auf ihre bandagierte Hand herunter, die unkontrolliert zitterte und bei jeder Bewegung sich anfühlte als hätte sie sie ins Feuer gehalten. Der grünhaarige Engel seufzte. „Du hattest mehrere Knochenbrüche als wir dich draußen fanden…Es war ein ziemliches Stück Arbeit, dich wieder halbwegs gesund zu bekommen.“ „Danke, Fin.“ „Sag, war es Chiaki? Hat er dich runtergeworfen?“, fragte diese ernst. Die Braunhaarige ging ans Fenster zu, schaute nach draußen zum dunkelgrauen Himmel hinauf und nickte abwesend. „Bevor er mich runter warf…sagte er,... er liebt mich nicht mehr…“, offenbarte sie mit gebrochener Stimme. In ihrem Kopf spielten sich wieder die letzten Momente auf dem Kirchendach ab. Eine Hand auf ihrer Schulter riss sie aus den Gedanken. Es war Noyn der ihr ernst, aber auch sanftmütig in die Augen schaute. „Es war nicht der Chiaki, den wir kannten… Bitte mach dich nicht fertig.“, sprach er sanft auf sie ein. Maron zwang sich zu einem dankbaren Lächeln. „Du hast Recht. Zu mindestens hatte er nicht gesagt, dass er mich hasst.“, versuchte sie sich auf zu muntern. Der Schwarzhaarige fuhr sich mit unterdrückter Wut über das Gesicht. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass König und Königin in unserer unmittelbaren Nähe waren! Sie mussten alles vor Ewigkeiten geplant haben…“ „Die letzten Wochen waren die Anzeichen da. Die Alpträume, die Gedächtnislücken, sein ungewöhnliches Verhalten…Es war nur eine Frage der Zeit.“, sagte Fin trocken. „Was machen wir nun? Chiaki war die ganze Zeit über Adam…und die Dämonen machten ihn zu ihren Diener.“, kam es von Access verbittert. Ratlosigkeit breitete sich unter den Fünf aus. Ein himmlisches Licht umgab plötzlich die Wohnung und Erzengel Gabriel erschien vor den Anwesenden. „Der Herr lässt euch zu sich rufen.“, sprach sie mit sanfter Stimme. Im nächsten Moment erlosch das Licht und Maron’s Wohnzimmer blieb leer zurück. *** In der Hölle wurden die stärksten Dämonen, Dämonenritter und -Fürsten im Thronsaal zu einer Versammlung gerufen. Zunächst war es äußerst geräuschvoll im Saal, doch sobald die Prinzen der Hölle eintraten, verstummten alle. Mit einer furchteinflößenden Autorität schritten die Männer nach vorne und stellten sich an der Seite rechts vom Thron aufgereiht hin. Sie alle trugen dunkle Uniformen bestehend aus einem schwarzen Mantel, schwarzer Hose und schwarzen, kniehohen Stiefeln.[x][x] Auf ihren Rücken waren ein Paar große, drachenähnliche Flügel zu sehen. Alle hatten auf den ersten Blick attraktive, engelsgleiche Gesichtszüge, weisen jedoch auf den zweiten Blick eine boshafte Maske auf, gekennzeichnet durch jahrtausendalte Narben und den eiskalten, blutroten Augen, die im Dunkeln leuchteten. Sechs von acht waren anwesend. Zwei der großen Dämonenfürsten fehlten noch, die in dem Moment eintraten und ebenfalls in Uniformen bekleidet waren. Azazel lief gelangweilt an die Dämonen vorbei und stellte sich an seinem Platz auf. „LEVY!! Hast du mich vermisst!“, rief der Andere von beiden, Sammael, und ging verspielt winkend auf die Reihe zu. Der Gerufene hatte bereits einen schwergenervten Blick aufgesetzt. Die anderen aus der Reihe verdrehten nur die Augen, wissend was als nächstes kommen würde. „Nenn mich gefälligst Leviathan, du sadistischer Schwachkopf!! Wie kann so einer wie du überhaupt General der Höllenarmee sein!!!“ „Oooh, da ist jemand immer noch neidisch, weil ich einen höheren Rang habe und dich eigentlich rumkommandieren könnte~…“, grinste Sammael seinen Kameraden hämisch an. Zähneknirschend hatte Leviathan seinen Dreizack in der Hand manifestiert und drückte die Spitzen an Sammael’s Hals an. Dieser hob abwehrend die Hände in die Höhe, grinste dennoch weiterhin frech. „Ernsthaft, das Ding ist doch die reinste Lachnummer als Waffe. Zum Fischen eignet es sich ja perfekt, aber sonst!“, sagte er spöttisch und deutete mit dem Finger auf dem Dreizack. „Nenn mir einen Grund, weshalb ich dich nicht jetzt aufspießen und den Haien zum Fraß geben soll?“, entgegnete Leviathan zischend. Die Dämonen im Raum ignorierten die Beiden, unbeeindruckt vom Streit. Anscheinend waren solche Zankereien für alle Anwesenden Normalität. „Benimmt euch! Sammael stell dich endlich an deinen Platz hin.“, vernahm man die tiefe Stimme von Asmodeus. Auf Befehl hin ließ Leviathan seine Waffe verschwinden und funkelte Sammael ein letztes Mal zornig an, der abfällig grinsend an ihm vorbei ging und sich neben Azazel stellte. Die Autorität von Asmodeus brachte einigen Dämonen im Saal einen Schauer über den Rücken. Kein Wunder – schließlich stand er vom Rang her direkt unter Lucifer und war Herrscher über den achten Höllenring. Unter ihm folgten Azazel sowie Sammael. Zusammen gehörten die drei zu Lucifer’s engsten Anhänger, weshalb sie auch die höchsten Positionen einnahmen. An fünfter Stelle befand sich Apollyon – auch der gefallene Engel des Todes genannt. Darauf absteigend kamen Belial, Leviathan, Belphegor und schließlich Berith, dessen Dämonen Jeanne in der Anfangszeit bekämpft hatte.   Mit den Armen hinter dem Rücken verschränkt, standen die Männer in einer disziplinären Haltung da und blickten erwartungsvoll in Richtung des noch leeren Herrschersessels. Auf einmal öffnete sich wieder das Tor und Sindbad trat einige Schritte ein. Mit einem selbstgefälligen Lächeln auf dem Gesicht schaute er sich um. Sofort breitete sich wieder die Unruhe im Saal aus. „Was hat ein Gesandter Gottes hier zu tun?! Kein Wunder, dass es hier so nach Himmel gestunken hat.“, rief einer der Dämonen in der Menge laut aus. „Ha, wie ich sehe habe ich schon einen gewissen Ruf hier. Wie schmeichelhaft! Passt sich ja gut am ersten offiziellen Arbeitstag!“, entgegnete ihm Sindbad zynisch und kratzte sich mit falscher Verlegenheit den Hinterkopf. „Wag es ja nicht auf mich herabzuschauen, du mickriger Mensch!“, knurrte der Dämon wütend und ließ die Erde unter ihm bebend. „So einem schwächlichen Geschöpf, wie dich, muss man zeigen, wo er hingehört.“ In unmenschlicher Geschwindigkeit trat Sindbad in die Mitte des Saals, ließ ein paar Zwillingsschwerter in seine Hände erscheinen und durchschnitt den Dämon in mehrere Einzelteile. Schwarzes Blut spritzte aus der Kreatur heraus und blieb an seinem Körper kleben. Ein kurzes schmerzverzerrtes Kreischen entkam dem Dämon, bevor es sich in Nichts auflöste. „Tut mir furchtbar leid. Meine Hand rutschte aus.“, sagte der ehemalige Kaito kalt. „Aber anscheinend habe ich dir gezeigt, wo du hingehörst.“ „Er hat Moloch getötet!! Na wartet!“, rief ein anderer Dämon wutentbrannt und zusammen mit drei weiteren Gestalten griffen sie Sindbad an. Dieser vernichtete aus sie ebenfalls mit wenig Mühe. Ein paar Weitere wagten den Versuch ihn außer Gefecht setzen zu wollen, jedoch erfolglos. In wenigen Minuten war er von Kopf bis Fuß mit Dämonenblut bedeckt. Seine kalten Augen funkelten vor Mordlust. Ein selbstzufriedenes Grinsen breitete sich in seinem Gesicht aus. „Habt ihr Idioten noch nicht genug? Meinetwegen kann ich das den ganzen Tag machen.“, rief er provozierend in die Menge rein. Allmählich bekamen die verbliebenden Dämonen es mit der Angst zu tun, zögerten ob sie angreifen sollten, oder nicht. Auch die acht Fürsten blickten teilweise erstaunt, teilweise beeindruckt hinein und beobachteten stumm das Geschehen. Schließlich griff einer von ihnen, Berith, an zu seinen Waffen -zwei Dolche- und ging wütend auf den ehemaligen Kaito zu. „Ich werde dir schon zeigen, wo es hier lang geht!“, sagte er und setzte mit Blitzgeschwindigkeit zum Angriff an. Überrascht weiteten sich die Augen des gefallenen Engels als sein Zielobjekt aus seinem Blickfeld verschwunden war. Schlagartig wurden ihm die Dolche aus den Händen getreten und Berith selbst wurde mit dem Gesicht voraus zu Boden geworfen. Als der Dämonenfürst aufblickte sah er, wie Sindbad über ihn kniete, eine Hand drückte seinen Kopf zu Boden, die andere hielt ihm seinen eigenen Dolch an den Hals. Seine Drachenflügel waren auf dem Boden eingeklemmt. „Fast hätte ich Sie nicht erkannt, Herr Kamoshida.“, höhnte der Weißhaarige spöttisch. „Selbst in deiner wahren Form bin ich dir überlegen, wie es aussieht.“ „Du verdammte, miese Ratte!“ „Das reicht jetzt!“, hallte eine tiefe, autoritäre Stimme durch den Saal. Vor dem Herrschersessel stand plötzlich Lucifer, hinter ihm saß Lilith auf ihren eigenen Thron. Berith und Sindbad trennten sich voneinander. Der eine gesellte sich wieder zu seinem Platz zurück, der andere ging zum vorderen Teil des Raumes und stellte sich hinter Lilith hin. Mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck blickte Lucifer auf seine Untertanen herab -die sich mittlerweile respektvoll auf die Knie verbeugt haben-, während seine Königin gelangweilt ihre Nägel bestaunt. „Wie ich sehe, habt ihr alle Sindbad -unser neustes Mitglied- schon kennengelernt. Und wie es aussieht, hat er schon einige duzende unserer stärksten Dämonen, Dämonenritter und Krieger vernichtet. Ebenso hatte er mit Leichtigkeit einen unserer Fürsten entwaffnet und außer Gefecht gesetzt! Ich muss sagen, die Show hat mir ziemlich gefallen, aber ich kann nicht riskieren, dass mir kurz vor einem Krieg die besten Männer ausgehen.“ Der Dämonenkönig warf grinsend einen boshaften Blick durch den ganzen Raum, lief er auf seinen Thron zu und nahm Beine überschlagend Platz. „Also, Thema das heutigen Meetings: Gottes Vernichtung sowie alles Gute auf der Welt. Der Herr da oben wird nicht mehr lange überleben. Das einzige was ihn hauptsächlich noch existieren lässt ist die heilige Kraft, die in Eva ruht. Momentan mag sie zwar geschwächt sein, aber man solle sie und ihre lästigen Freunde auf keinem Fall unterschätzen. Gott wird ebenfalls aufrüsten im Himmel. Ich will, dass jeder von euch sich für einen baldigen Angriff bereit macht. Jeder von euch soll dafür sorgen, mindestens einen Engel vernichten zu können bis keine mehr da sind, die den Herrn beschützen werden.“ Ein kollektives „Jawohl“ schallte durch den Thronsaal. Dann sprach er weiter: „Azazel, Sammael. Die letzten Wochen habt ihr eure Dämonen auf die Erde geschickt und sie am Leid der Menschen fressen lassen. Ich will, dass ihr dreimal, viermal so viele Dämonen los hetzt. Die Dunkelheit soll sich in den Menschen ausbreiten und alles Licht auslöschen. Jeglicher Glaubens- und Hoffnungsschimmer soll verschwinden.“ „Jawohl.“, sagten die beiden Angesprochenen gleichzeitig. „Überhaupt…Ihr alle schickt eure Dämonen los.“, fügte er nach kurzer Überlegung hinzu, die schwarzen-goldenen Augen auf jeden einzelnen seiner Anhänger gerichtet. „Die Hölle soll förmlich auf Erden ausbrechen.“ „Jawohl.“ „Apollyon. Wie läuft es mit unserem, sagen wir, ‚Projekt‘?“ „Alles verläuft nach Euren Wünschen. Ihr Zustand hat sich in den letzten 500 Jahren nicht geändert. Es fehlt nur noch eine letzte Zutat, damit sie erwachen kann.“ „Und die wäre?“ Nachdem sein Lakai ihm antwortete, verengten Lucifers Augen sich zu Schlitzen. „Das hättest du vielleicht früher erwähnen sollen.“, sagte er in einen kalten, missbilligenden Ton. „Verzeiht mir!“ Für einige Sekunden schwieg der König, schien über etwas nachzudenken, bis er anfing zu finster zu Grinsen. „Naja,… noch ist nichts zu spät. Das Spiel hat schließlich erst angefangen.“ Sein dunkles Kichern hallte im ganzen Raum. Gott kann sich auf was gefasst machen… „Das wird ein lustiges Spiel.“, stimmte Lilith ihm amüsiert zu. *** „Verzeiht mir…“, das waren die ersten Worte des Herrn, als Maron und die anderen vor ihm standen. Ähnlich wie bei ihrem ersten Besuch, standen die vier großen Erzengel -Michael, Gabriel, Raphael und Uriel- links und rechts aufgeteilt neben dem hochgestellten Podest. „Verzeiht mir, dass ich euch nicht von Lilith erzählt habe. Es hätte alles nie so weit kommen sollen. Ich nehme jegliche Verantwortung auf mich.“ „Herr…“, sagte Maron gefasst, „Ihr könnt das Schicksal nicht vorhersehen… Wir müssen es selbst in die Hand nehmen. Und da gehört auch dazu, dass wir nicht alles von Euch wissen dürfen. Sonst würden wir nicht mehr aus unserem eigenen Willen handeln. Wahrscheinlich… Wahrscheinlich hätte alles so kommen müssen. Demnach trifft Euch keine Schuld, Herr.“ „Maron…“ „Das Wichtigste ist nun zu klären, dass wir Lilith und Lucifer aufhalten. Bevor Ihr und die ganze Menschheit vernichtet werdet.“, sagte sie mit bestimmter Stimme. „Die Frage ist wohl auch ‚wie‘ wir sie aufhalten. Schließlich reden wir hier von den Herrschern der Hölle.“, wendete Noyn ein, „Fin, Access, du und ich - Wir hatten zu viert gegen Sindbad schon Probleme gehabt.“ Maron sank ihren Blick bedrückt zu Boden. „Chiaki… Er war auf einmal so unheimlich stark und konnte sogar dunkle Magie anwenden…“ „Das lag wahrscheinlich an die Kombination von meiner Kraft in Adam’s Seele und die dunkle Energie der Dämonen.“, erklärte Gott und fügte hinzu, „Auch du kannst es schaffen Magie anzuwenden, Maron.“ Die Angesprochene schaute überrascht auf. „Meint Ihr… wenn ich es schaffe Eure Heilige Kraft in mir nochmal zu erwecken und vollkommen auszuschöpfen?“ „Ja. Wenn du auf dein Herz hörst und dich auf deine Kraft in dir konzentrierst, dann steht auch dir der Zugang zu magischen Fähigkeiten offen.“ „Und dann werde ich die Kraft auch kontrollieren können? O-Ob ich das schaffen werde…“, leichte Selbstzweifel überkam sie. „…Nur die Zeit wird das zeigen können.“, sprach der Herr in seiner sanften zugleich ermutigenden Stimme. Die Kamikaze-Diebin lächelte positiv auf. „Danke, Herr…Ich glaube an Euch und dass Ihr über uns wacht. Ich-…Ich werde an mich und die Kraft in mir glauben! Ich werde Chiaki retten und das Böse besiegen!“ „Ich habe zu danken, Maron. Ihr alle müsst an euer Licht in eurem Inneren glauben. Solange das nicht erlischt, besteht weiterhin Hoffnung für eine friedliche Zukunft. Für euch alle besteht noch Potential aufzusteigen und eure wahre Kraft auszuschöpfen.“, sprach Gott wissend sowohl geheimnisvoll zu den fünf herab. Bis auf Maron schauten die anderen etwas verwirrt drein, nickten jedoch entschlossen. „Noyn, besonders deine magischen Fähigkeiten können essentiell sein, um Chiaki Nagoya zurückzubringen.“, wandte sich der Herr zu dem ehemaligen Dämonenritter, der nun noch perplexer zur leuchtenden Energiekugel hochblickte als vorher. „Meine Kräfte??“ „Du verfügst über Magie, zu denen selbst die stärksten Erzengel nicht fähig wären…“ „Ich…eh-“ Noyn wusste nicht was er sagen sollte. Ihm fiel auch nicht ein, in welchem Maße seine magischen Kräfte die eines Engels überlegen sein könnte.   Plötzlich öffnete sich das Tor und ein weiblicher Engel trat in den Gottessaal ein. Die Wachen wollten ihr den Zutritt gewähren, sie ließ sich jedoch nicht von ihnen beirren und lief mit kräftigen Schritten schnurstracks auf den Podest zu. Maron erkannte sie sofort wieder. Es war dieselbe Frau, die sie und ihr Freund vor einigen Wochen vor dem Friedhof antrafen. Sie trug dasselbe Outfit wie damals, nur waren ihre Ohren elfengleich spitz und elegante Flügel ragten aus ihrem Rücken. Sie ist ein Engel? Ihrem Gesichtsausdruck zufolge schien sie wütend zu sein. Doch wieso, fragte die junge Diebin sich. Zwei weitere, männliche Engel folgten ihr unbeholfen. „Verzeiht uns, Herr!“ „Als sie soeben die Neuigkeiten über die gestrigen Ereignisse auf der Erde gehört hat, konnten wir sie nicht mehr aufhalten!“ Mit Panik und Angst in ihren Gesichtern verneigten sich die Beiden respektvoll sowie verzeihend vor Gott. Der weibliche Engel blieb stehen und stand mit den Händen an den Hüften gestemmt vor dem Herrn. „Erzengel Hope-sama!“ Fin und Access drehten sich erstaunt zu ihr um und verneigten sich knapp. Ein Erzengel also…wieso ist sie hier? Noch mehr Fragen zeichneten sich auf Maron’s Gesicht ab. Silk und Noyn beobachteten die Szene nur mit verwunderten Blicken, da sie nichts mit dem weiblichen Engel anfangen konnten. „Verzeiht, dass ich so reinplatze, Herr. Aber wie bereits Caim und Anglus sagten, nachdem ich hörte, was meinem Sohn passiert war, konnte ich nicht still sitzen bleiben.“, sagte sie schließlich mit ruhiger Stimme, ihr Gesichtsausdruck war ernst. Maron, Access, Fin, Silk und Noyn klappte die Kinnlade herunter. Alle Augen rissen sich schockiert weit auf. Mit offenen Mund starrten sie Hope wie vom Blitz erschlagen an. Besonders Maron konnte es nicht glauben. Vor ihr stand die Mutter ihres Freundes! Sie stand als Erzengel vor ihr! Ihr Lächeln damals hatte mich an Chiaki’s erinnert… Jetzt weiß ich auch wieso!, ging es der jungen Frau fassungslos durch den Kopf. Wieder überkamen sie die Schuldgefühle. „…Wir werden alles Erdenkliche tun, um ihn zurück zu holen, Hope.“, versprach ihr Gott. „Das hoffe ich doch. Und diesmal werde mich nicht im Hintergrund halten.“ Ein leises, angenehmes, verständnisvolles Kichern war aus Gottes Stimme zu hören, ehe er wieder ernst wurde. „Lucifer’s Macht wächst mit jedem Moment. Ich werde Michael und seine Gefolgschaft auf die Erde schicken, um den Menschen vor der kommenden Bedrohung Schutz zu bieten.“ „Verstehe. Dann hoffe ich, dass unser lieber Michael nichts dagegen hat, wenn ich ihn in seiner Aufgabe assistiere.“, sagte Hope mit einem leicht verschmitzten Grinsen zum besagten Krieger-Erzengel gewandt. Dasselbe verschmitzte Lächeln, welches auch Chiaki hat, merkte Maron still an. Michael seufzte nur akzeptierend. Nach einigen Abklärungen und Besprechungen war es Zeit, dass Maron und ihre Freunde wieder nach Hause geschickt werden. Vorher ging die Diebin noch auf Hope zu, blieb vor ihr zögernd stehen. Der Erzengel dreht sich zu ihr um, ein sanftes Lächeln haftete auf ihren Lippen. „So sieht man sich wieder.“ „Eh…ja…“, antwortete ihr die Braunhaarige schüchtern und senkte entschuldigend ihren Blick zu Boden. „Es…Es tut mir furchtbar leid! Wegen mir ist Chiaki-“ Access, der unerwartet neben Maron stand, unterbrach sie. „Nein, es war meine Schuld! Er war mein Schützling und Partner…ich habe meine Aufgabe nicht erfüllt.“ Hope schaute beide mit großen, überraschten Augen an. Unerwartet strich sie dem männlichen Engel und der Kamikaze-Diebin mütterlich über den Kopf. „Ihr braucht euch nicht zu entschuldigen. Danke, dass ihr euch so gut um Chiaki gekümmert habt.“, sagte sie und gab ihnen ein sanftes, ehrliches Lächeln. Tränen schimmerten in ihren haselnussbraunen Augen. „Zusammen werden wir ihn zurückholen.“ Access und Maron nickten ihr stimmend zu. Im nächsten Augenblick kam Erzengel Michael auf die Braunhaarige zu. „Eva – ich meine, Maron Kusakabe.“ In seinen Händen erschien ein riesiges, eisernes Schwert mit einem schwarzen Griff und goldenen Gravierungen. Noyn erkannte es sofort wieder. Zu seinen Lebzeiten als Mensch hatte er es schon Mal zu Gesicht bekommen. Die Waffe strahlte eine besonders himmlische Aura aus. Ehrfürchtig wich Maron etwas zurück. „Dieses Schwert verhalf mir vor vielen Jahren zum Sieg gegen Lucifer und seinen Anhänger. Einst gab ich es auch Eurer vorherigen Inkarnation Jeanne d’Arc, damit sie die Dämonen von der Welt vertreibt. Nun ist es an der Zeit gekommen, dass Ihr es an Euch nimmt und dessen Macht Euch zu Nutze macht.“ „S-Seid Ihr Euch sicher?“ Achtungsvoll ließ Maron ihre Finger Millimeter über die Klinge fahren. Sie traute sich nicht es direkt zu berühren. „Ja. In Euch steckt dasselbe Feuer, wie Jeanne d’Arc einst hatte.“, sagte Michael mit einem bekräftigenden Lächeln. Ehe Maron weitere Einwände oder Zweifel ausdrücken konnte, versiegelte der Engel das Schwert in ihr Kreuz. Die Kette um ihren Hals fühlte sich angenehm warm an. Die Braunhaarige umfasste mit beiden Händen ihren Talisman und schloss ihre Augen. Stark, bereit, unbesiegbar, schön, entschlossen, mutig. Neuer Mut durchströmte ihren Körper. „Ich werde gut darauf Acht geben!“, versprach sie dem Erzengel.   Zurück auf der Erde fanden sich die fünf Freunde wieder in Maron’s Wohnung wieder. Es war schon spät in der Nacht draußen. „Was der Herr wohl meinte, dass wir alle Potential haben aufzusteigen? Ich bezweifle, dass wir in kurzer Zeit zu Erzengeln werden.“, fragte Fin ihrem dunkelhaarigen Freund, der ratlos mit den Achsel zuckte. „Ich glaube, Gott hat mich gemeint. Dass ich eines Tages zu einem richtigen Drache aufsteige!“, meldete sich Silk unsicher. „Ha? Du sagst doch immer, du wärst ein richtiger Drache!?“, entgegnete Access verwundert. „Bin ich auch, aber wie ihr Engel kann ich mich weiterentwickeln! Anstatt der kleinen Form, könnte ich mich in einen richtig grooooßen Drachen verwandeln, versteht ihr!“ Zur bildlichen Veranschaulichung breitete der Drachenjunge seine Arme ganz weit aus. „Drachen sind eine besondere Spezies, welche über außergewöhnliche Kräfte verfügen. Ihre Fähigkeiten können jegliche Magie entgegenwirken, selbst die von mächtigen Dämonen. Ein Grund, weshalb ich Silk die Aufgabe gab diese dämonischen Ranken zu verbrennen. Diese Drachenkräfte entfalten sich insbesondere wenn sie vollkommen ausgewachsen und entwickelt sind.“, erklärte Noyn. „Dass du es trotzdem gegen Lilith aufnehmen wolltest, war ziemlich mutig von dir. Alle Achtung.“ Der ehemalige Dämonenritter lächelte seinen Partner stolz an, was ihn in Verlegenheit brachte und rot anlaufen ließ. „Wow…“, brachte Maron erstaunt entgegen. Noyn nickte nur, lehnte sich ans Sofa zurück und überlegte. „Gott hat uns heute uns so einige Denkrätsel aufgegeben, anstatt klare Anweisungen… In welchem Maße sollte meine Kräfte euren überlegen sein?“, fragte er an die beiden Himmelsengel gerichtet. „Frag uns nicht! Wir wissen, was wir können.“, sagte Access Augenbraue hebend. „Wir können ja einen kurzen Abgleich machen, was wir können und was du kannst.“, schlug Fin vor. Noyn stimmte ihr bejahend zu. „Ich mache uns Tee und Kaffee.“, bot Maron an und ging in die Küche. Sie fühlte sie zwar immer noch niedergeschlagen, trotzdem spürte sie einen neuen Hoffnungsschimmer in ihr aufblühen. Gerade als sie die Küche betreten wollte, klingelte es an der Tür. Ihre Freunde im Wohnzimmer waren so in ihrem Gespräch vertieft, dass sie das Geräusch nicht bemerkten. Silk schaute mit großen Augen zwischen seinem Meister und den Himmelsengeln hin und her. Durch den Spion sah sie Miyako und Yamato stehen. Leise öffnete die Braunhaarige ihren Schulfreunden die Tür und bat sie stumm in die Küche. Miyako wollte direkt als die Tür sich öffnete was sagen, bemerkte allerdings sofort den traurigen Ausdruck in Maron’s Gesicht und ihre Wunden am ganzen Körper. Mit einem Mal blieben die Worte ihr im Hals stecken. In der Küche angekommen, verschloss Maron die Tür und seufzte tief aus. Ihre Freunde tauschten sich besorgte Blicke aus. „Was ist gestern passiert nachdem du uns weggeschickt hast?“, durchbrach Yamato in einem vorsichtigen Ton die Stille. Und da begann Maron zu erzählen. Sie versuchte so tränenfrei wie möglich die Ereignisse des Vortages wiederzugeben, jedoch mit mäßigem Erfolg. Nachdem die 16-jährige zu Ende sprach liefen auch Miyako die Tränen runter und Yamato war jegliche Farbe aus dem Gesicht gewichen. Maron zwang sich zu einem starken Lächeln. „Die-…Die anderen suchen gerade nach einem Plan. Ich weiß, nicht was alles noch passieren wird, aber wir werden dafür sorgen, dass ihr in Sicherheit seid und-…“ Ehe sie weiterreden konnte, wurde sie stürmisch von Miyako fest umarmt. „Ich hasse es, euch in keinster Weise helfen zu können!“, flüsterte die Kurzhaarige mit erstickter Stimme. „Ich weiß…“, erwiderte ihre Freundin bedrückt die Umarmung und löste sich dann von ihr. „Komm, setzt euch mit zu den anderen. Ich mache Tee und Kaffee.“ Zurück im Wohnzimmer angekommen, war die Diskussion zwischen Warlock und den Engeln bereits verebbt und Noyn schaute Maron mit Optimismus an. „Ich habe eine Idee gefunden, wie wir Chiaki zurückbringen könnten.“, sagte er. Fragend schaute die Schülerin ihn und die Engel an, die ahnungslos mit den Schultern zuckten. „Und wie?“, wandte sich Maron mit voller Erwartung wieder zum Schwarzhaarigen. „Das erkläre ich, wenn es soweit ist. Erstmal müssen wir ihn finden.“ *** Eine Woche verging. Eine Woche in der die Sonne nicht mehr schien und die Welt durchgängig mit dunkelgrauen Wolken bedeckt war. Die Menschen gingen ihren gewohnten Alltag an, allerdings war er nicht mehr so friedlich wie sonst. Immer mehr Menschen wurden von Dämonen befallen und verursachten Unheil und Chaos um sich herum. Die Wenigen, die noch nicht besessen waren wurden von Erzengel Michael und seinen Engeln durch ein Zauber unter Schutz genommen. Hope kümmerte sich persönlich darum, dass alle, die Maron und Chiaki nahestehen, vor den dunklen Mächten geschützt waren. „Und das wird Stand halten gegen die Dämonen?“, fragte Maron besorgt. „Keine Sorge, selbst wenn ich sterben würde, bleibt der Zauber.“, versicherte ihr Hope augenzwinkernd. Die junge Kamikaze-Diebin zuckte bei der Bemerkung leicht zusammen, schüttelte aber direkt den Kopf. Du wirst paranoid, Maron…!, ermahnte sie sich. In den Tagen verzichteten sie und Noyn darauf in der letzten Schulwoche anwesend zu sein und konzentrierten sich im Gegensatz stattdessen auf die Dämonenjagd, mit der Hoffnung auf Sindbad antreffen zu können. Doch von ihrem besessenen Freund war keine Spur. „Es nützt nichts, wir werden ihn hier nicht finden.“, stöhnte der ehemalige Dämonenritter frustriet auf und lief in seiner Wohnung auf und ab. „Was machen wir dann?“, fragte Access. Für eine Weile hielt Noyn kurz inne, bevor er sagt: „Schätze mal, es wird Zeit dass wir nach Edom reisen…“, vier paar große Augen richteten sich auf ihn, „…und statten der Hölle einen Besuch ab.“   Chapter 21: Hell ---------------- Chapter 21: Hell   I will find you here inside the dark I will break through no matter where you are I will find you […] I'll be the light and lead you home When there's nowhere left to go I'll be the voice you always know When you're lost and all alone I won't let you go [Ruelle – Find You]   Die Tage vergingen. Es wurde viel trainiert, um den anstehenden Plan in die Tat umzusetzen. Schließlich war der Tag für die überdimensionale Reise gekommen. Am frühen Vormittag hatte sich Maron mit den anderen bei Noyn zu Hause verabredet. Zusammen mit den beiden Himmelsengeln auf ihrer Schulter stand sie nun vor seiner Haustür und wartete darauf, dass sie sich öffnete. „Du siehst aus als bräuchtest du einen Kaffee.“, begrüßte sie den Geschichtslehrer lächelnd als er ihr mit einem ermüdeten Blick Zutritt zur Wohnung gewährte. Silk zappelte nervös auf seiner Schulter. „Nein Danke. Ich hatte schon sechs.“, antwortete er ihr ohne Witz und kniff sich kurz die Augen zusammen. „Wie ich sehe, hast du schon alle Vorbereitungen gemacht.“, merkte Fin an als sie im geräumigen Wohnzimmer ankamen. Alle Möbel wurden an die Wand gerückt, sodass die Mitte des Raumes frei war. Auf dem Boden war ein großer Kreis mit Kohle eingezeichnet und innerhalb des Kreises war ein Pentagramm zu sehen. Um der Zeichnung rum standen Kerzen. „Ich muss das Portal nur noch aktivieren und dann kann es losgehen.“, sagte Noyn, trank einen Schluck von seiner (wahrscheinlich) siebten Tasse Kaffee und fügte hinzu, „Bevor es jedoch losgeht noch einige organisatorische Sachen.“ Dabei schaute er alle ernst an. „Die Reise nach Edom wird nicht so einfach… wie bei einem kurzen Flug nach Europa, oder so. Meine Kraft reicht auch nur aus um einmal uns rein- und auch wieder rauszubringen. Das wird also nur eine einmalige Aktion.“ Maron und die Engel nickten verstehend. „Und wir müssen schnell handeln. Erstens wegen dir.” Noyn deutete mit dem Finger auf seine braunhaarige Schülerin. „Du hast den Rest an Gottes Macht in dir, da wirst du Hauptziel der Dämonen sein. Zweitens, ihr beide…“ Er wandte sich an das Engelspaar. „Nichts gegen euch, aber euch Engel würde man sofort aufspüren. Die Viecher in der Edom haben ein sensibles Gespür für Geschöpfe des Himmels. Und da ich auch auf deren Kopfgeldliste stehe, wird es auch nicht leichter.“ „Du denkst, man hat auf dich ein Kopfgeld gesetzt?“, fragte Access verdutzt. „Keine Ahnung, das war nur so daher gesagt. Aber ihr versteht wieso die Mission riskant ist. Ebenso kann der Ort…sagen wir, sehr an den Nerven zerren und mit unserem Verstand tricksen, wenn wir uns zu lange da aufhalten.”, seufzte Noyn und wandte sich zu seinem Drachen. „Silk, du bleibst hier und hältst hier Stellung.“ „S-Seid Ihr Euch sicher, Meister?“, kam es von dem Angesprochenen verunsichert. „Ja.“ „O-Okay.“ Silk sprang von seiner Schulter herunter und nahm auf einem Tisch Platz. „Viel Erfolg.“ Noyn nickte und trank mit einem Zug seinen Kaffee leer. „Stellt euch in den Kreis rein.“, wies er die anderen an. Maron trat in die Zeichnung rein, die Engel befanden sich immer noch auf ihren Schultern. Leichte Anspannung bahnt sich in ihr an. Der Schwarzhaarige stellte sich ihr gegenüber auf. Im nächsten Moment begannen Noyn’s Hände und Augen hell zu leuchten sowie die Gravierung auf dem Boden. Die Flammen der Kerzen wurden doppelt so groß und flackerten wild. Die Wohnung verschwand mit einem Mal und ein schwindelerregendes Gefühl durchströmte Maron’s Körper. Wie als würde man von einem Hochhaus herunterspringen und nirgendswo aufkommen. Die Braunhaarige kniff sich die Augen zu und biss sich auf die Unterlippe. Nach kurzer Zeit verschwand das Gefühl und wurde mit Eiseskälte ersetzt. „Wir sind da.“, hörte sie den ehemaligen Dämonenritter sagen. Maron öffnete ihre Augen und schaute sich um. Ein dunkler rot-oranger Himmel breitete sich über ihnen aus. Schwarze wolkenähnliche Wirbel waren zu sehen und drachenähnliche Kreaturen flogen umher. Um sie herum waren kahle baumähnliche Gestrüppe und zahlreiche Gesteinserhebungen. Sie sah Lavaflüsse fließen, die jedoch keinerlei Wärme ausstrahlten. „Ach du heiliger Seraph…Wir sind wirklich hier.“, wisperte Access fassungslos zu Fin. Diese nickte teilweise ehrfürchtig, teilweise verängstigt. Der dunkle Ort jagte beiden Himmelsengeln einen Schauer über den Rücken. Sie fühlten sich mehr als fehl am Platz. „Ihr wisst noch wie der Plan lautet?“, fragte Noyn mit ernster Stimme. Seine Begleiter nickten. Maron verwandelte sich sofort in Jeanne und gemeinsam machten sie sich auf den Weg. „Wie genau finden wir Sindbad?“, fragte Access, „Ich meine, die Hölle ist nicht gerade klein.“ Er und Fin befanden sich immer noch in ihrer kleinen Hilfsengelsform. Für den Plan warteten sie auf den richtigen Augenblick ab, um sich in ihrer richtigen Größe zu verwandeln. Ebenso mussten sie Kraft sparen, da ihnen die dunkle Atmosphäre der Hölle ihre Energie entzieht. Kurz blieb der Schwarzhaarige stehen und deutete auf ein großes, spitzes Gesteinsgebilde in der Ferne. Es ähnelte einem Palast. „Ich habe uns direkt in den neunten Ring befördert. Genau da wo Lucifer und Lilith sich befinden.“, sagte er, „Und ich gehe stark davon aus, dass unser Freund auch hier ist. Wenn möglich auch im Palast.“ Der dunkelhaarige Engel schluckte schwer. „Wir gehen wohl direkt aufs Ganze.“, kommentierte Fin von Jeannes Schulter aus. „Wenn schon, denn schon.“, sagte Noyn nur. „Mich wundert es, dass hier keine Dämonen sind…“, kam es von Jeanne misstrauisch. „Ich denke nicht, dass wir einfach in dem Palast reinspazieren können.“ „Das habe ich mich auch schon gefragt…“ Achtsam ließ der Ältere seine violett-grauen Augen in alle Richtungen schweifen. Doch je weiter sie auch liefen, es tauchten keine Gegner auf.   [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=LoZabebGiDo] Nach einigen Metern kam ihnen der Palast immer näher. Auf einmal kam eine dunkle Gestalt auf sie herab geflogen und griff sie an. Eine Druckwelle breitete sich aus und unter seinen Füßen verursachte er einen Krater. Die Engel wurden von der Druckwelle weggeschleudert. Jeanne und Noyn wichen dem Angriff knapp aus. Mit unmenschlicher Geschwindigkeit bekam der Warlock jedoch einen Tritt in den Bauch verpasst und wurde einige Meter durch die nächsten Felsen befördert. Nun stand Jeanne Sindbad alleine gegenüber, der ihr die Spitze seines Schwertes entgegenhielt. Sie hielt kurz den Atem an und musterte ihn traurig. Ihr besessener Freund wirkte unheimlich blass. Insbesondere durch die schwarze Kleidung sowie der dunkle Umgebung wirkte seine Haut noch bleicher als vorher. Die dunklen Augenringe waren auffälliger als je zuvor und hatten rötlich-lilane Schattierungen angenommen. Seine Gesichtszüge waren schärfer, härter, die Wangenknochen stachen deutlich hervor. Sein Gesichtsausdruck war wie eine gefühllose Maske. Die Augen kalt, sein Mund zu einer strengen Linie gezogen. „Hier kommt ihr nicht vorbei.“, sagte er. Seine Stimme war dunkel und rau. „Wie ich sehe, habt ihr euch schneller als gedacht erholt. Besonders du, Jeanne.“ Ein fieses Lächeln haftete auf seinem Gesicht. „Aber ihr seid genauso schwach und törisch wie beim letzten Mal. Ich habe mir noch nicht mal Mühe gegeben und schon sind deine Freunde weg. Wie langweilig.“ Ein arrogantes Lachen entkam seiner Kehle. „Mutig von dir, es mit mir nochmal aufnehmen zu wollen. Um ehrlich zu sein, dachte ich du wärst am Boden zerstört und leidest an Liebeskummer.“ Verbissen presste die Angesprochene die Zähne zusammen. Anschließend blickten ihre violetten Augen direkt in seine rot-schwarzen. Ihr Gesichtsausdruck wurde ernst. „Gib Chiaki sein Herz zurück! Oder du wirst dafür bezahlen!!“, rief ihm Jeanne entschlossen entgegen und beschwor ihr Schwert. Zu ihrer Überraschung befand sich ihr normales Schwert in ihrer Hand und nicht das von Erzengel Michael. Sindbad stellte sich mit einem arroganten Grinsen in Kampfposition. „Wie sagst du immer so schön? ‚Möge das Spiel beginnen‘?“, fragte er herablassend, „Ein kleiner Tipp von mir. Spiele niemals ein Spiel, was du nicht gewinnen kannst.“ Daraufhin griff er an. Jeanne blockte seinen Schwerthieb ab und drückte sich gegen ihn. „Wie du garantiert noch weißt, bin ich hartnäckig und ein schlechter Verlierer.“ Ohne Hemmungen gab sie ihm einen kräftigen Schlag ins Gesicht. Überrascht taumelte Sindbad wenige Schritte nach hinten und hielt sich den Kiefer. „Ich bin erstaunt. Du bist stärker geworden.“, sagte er hochachtungsvoll. „Aber nicht stark genug. Und du kannst froh sein, dass ich dich ausnahmsweise nicht töten werde. Auf königlichem Befehl, versteht sich.“ Zu seiner Nichterwartung griff die Diebin wieder an und erwischte ihn fast mit ihrem Schwert. Gerade so konnte er noch ausweichen, trotz einer kleinen Schnittwunde im Gesicht. „Du redest zu viel!“ Jeanne hatte ihre Gefühle komplett abgeschaltet. Sie durfte sich nicht dieselben Fehler leisten, wie in der Kirche. Immer wieder trafen sich ihre Klingen. Es war nahezu ein ebenwürdiger Kampf zwischen den Beiden. Sindbad versuchte auch mit dunkler Magie Jeanne außer Gefecht zu setzten, seine Geschosse prahlten allerdings zu seiner Missgunst an ihrem Schutzschild ab. Aus unerfindlichen Gründen kehrten Fin, Access und Noyn nicht zu der Kamikaze-Diebin zurück, aber das interessierte den Weißhaarigen nicht. Plötzlich bemerkte er im Augenwinkel eine Bewegung. Diese Millisekunde der Unaufmerksamkeit nutzte Jeanne, um ihm seine Waffen aus den Händen zu schleudern und um ihm hart in Brust zu treten. Unsanft landete der Besessene auf den Boden. „Jetzt!“, hörte er Noyn schreien. „Was zum-…!!!“ Ehe Sindbad sich versah, tauchte der Warlock und die Himmelsengel -in ihrer erwachsenen Gestalt- auf und standen um ihm herum. Mit ausgestreckten Zeige- und Mittelfinger standen sie vor ihm. Bevor er reagieren konnte, begannen die Fingerspitzen hell zu leuchten und um ihm herum bildete sich eine magische Barriere. Kaum hatte sich diese um Sindbad aufgestellt, schrie er qualvoll auf. Reinigende Energie strömte innerhalb des magischen Käfigs aus, welches den Besessenen unerträgliche Schmerzen bereitete. „WAS IST DAS, VERDAMMT?!?! LASS MICH HIER RAUS!! LASS MICH HIER RAUS!! ICH BRING EUCH ALLE UM!!“, fluchte er unter Schmerz und warf sich wie wahnsinnig gegen die magischen Lichtwände. „ICH SCHWÖRE, ICH BRING EUCH UM!!“ Seine Augen funkelten vor Zorn. Mit der Aktivierung der Barriere öffnete sich unter ihren Füßen ein weißleuchtendes Portal. In wenigen Sekunden würden sie der Hölle entkommen. Jeanne stellte sich zwischen Fin und Noyn hin. „Es hat geklappt.“, wisperte Access erstaunt. „Alles in Ordnung?“, fragte Fin Jeanne angestrengt. Ihre blonde Partnerin nickte und schaute besorgt zu Sindbad rüber. Abrupt drehte sie sich jedoch um. Ein Haufen Dämonen kam ihnen auf einmal von allen Richtungen entgegen. Auch das noch…!! Noyn knirschte frustriert mit den Zähnen. Um die Barriere um Sindbad aufrecht zu erhalten, können er und die Engel sich nicht von der Stelle bewegen. Jeanne stellte sich zwischen ihren Freunden und den Dämonen. „Verschwinde!“, schrie sie und ein paar Dämonen waren gebannt. „Ich kümmere mich darum! Bringt Chiaki hier weg!“, rief sie und besiegte eine weitere Handvoll Dämonen. Allerdings passierten einige sie geschickt und steuerten direkt auf ihre Freunde zu. Oh Nein! Reflexartig richtete die Diebin ihre Hand auf Noyn und die anderen und ein heller magischer Strahl schoss raus. In der nächsten Sekunde bildete sich eine unsichtbare Schutzkugel um sie herum. Die Dämonen prahlten daran ab und lösten sich in Nichts auf. „Jeanne!“, riefen die drei im Chor. Das Licht des Portals unter ihnen wurde immer heller. „Geht ohne mich!! Und bring ihn mir zurück!!“ Im selben Augenblick begann der Boden unter Jeanne’s Füßen zu beben und Risse bildeten sich. Dann zerbrach er und sie fiel in eine endlose Dunkelheit. „NEIN!“, hörte Jeanne Sindbad noch schreien und sah wie er die Hand nach ihr ausstreckte, bevor sie das Licht wie ein Blitz blendete. Ihre Freunde waren mit ihm verschwunden. Die Kamikaze-Diebin war sich nicht sicher, ob sie seine Augen blau blitzen sah, oder ob es nur Einbildung war. So und so musste sie auf ihre Freunde vertrauen. Ein leichtes, hoffnungsvolles zugleich trauriges Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. Chiaki…Es tut mir leid…Dabei wollte ich diejenige sein, die dich zurückbringt….   [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=Q8Au2iHcPe8] Die Gesandte Gottes wusste nicht wie lange sie fiel. Sie fühlte sich wie schwerelos. Wie als würde sie im Wasser treiben. Doch irgendwann spürte sie wieder festen Grund unter ihren Füßen. Schwer atmend schaute sich um. Die neue Umgebung war dunkler als der Ort vorher. Sie war umgeben von Gesteinsbrocken, die in ihrem Inneren wie Lava dunkelviolett glühten. Dies bot ihr genug Licht um in ihrem Umfeld eine gewisse Orientierung zu finden. Eine finstere Landschaft breitete sich vor ihrem Horizont aus. Wo bin ich hier? Wir waren schon im neunten Ring…Bin ich jetzt in irgendeinem Äußeren gelandet?, fragte Jeanne sich. Sie bezweifelte dass die Anderen nochmal hierher reisen würden, weshalb sie beschloss selbst einen Weg aus der Hölle rauszufinden. Während Jeanne durch die Finsternis streifte, dachte sie an die letzten Sekunden zurück als sie um ihren Freunden die Schutzkugel aufgebaut hatte. Hat der Wunsch, meine Freunde zu retten, meine magischen Fähigkeiten erweckt? …Werde ich mich auch selbst retten können? Immer wieder stellten sich Dämonen ihr in den Weg, die sie mit wenig Anstrengung beseitigte. Die junge Frau wusste nicht wie lange sie schon umherwanderte. Vielleicht ein paar Minuten. Vielleicht schon ein paar Stunden. Oder länger? Je mehr sie weiter wanderte, desto lauter hörte sie ein Wispern. Eine Stimme sprach zu ihr. Ihre Stimme. „Niemand kann dich retten. Und niemand wird es tun.“ „Was nützt es diesen Krieg weiterzukämpfen?“ „Lass einfach alles los und werde Eins mit der Dunkelheit.“ „Du wirst nie wieder das Licht erblicken.“ „Bist du es wirklich wert, die Gottes Kraft in dir zu tragen?“ Es war wie als würden ihre eigenen Ängste und Zweifel zu ihr sprechen und auf sie einreden. „Noyn hatte Recht. Diese Welt zerrt an meinem Verstand…! Ich darf mich nicht runterziehen lassen!“, flüsterte Jeanne zu sich selbst und schüttelte den Kopf. „Ich darf mich nicht von meinen eigenen Zweifeln herunterreißen lassen! Ich bin stark, bereit, unbesiegbar, schön, entschlossen, mutig…!“ Plötzlich tauchte ein dunkler Schatten auf und nahm ihre Gestalt an. „Den Spruch ‚seinen inneren Dämonen bekämpfen‘ nimmt man hier wohl wörtlich.“, murmelte die Gesandte Gottes trocken. „Dein Herz ist so leer wie das eines Dämons.“, sagte ihr das Phantom. „Mein Herz ist stark! Ist Beweis es dir!“, rief sie ihm wütend zu und zückte ihre Waffe. Auch der Schatten hatte ein Schwert in der Hand. Kaum hatte sie den ersten nervenaufreibenden Kampf hinter sich, brach schon der nächste aus. Jeanne war schon nach Sindbad und den Dämonen am Ende ihrer Kräfte, doch so leicht wollte sie nicht aufgeben. Insbesondere nicht gegen einen Phantom. Dieser hatte dieselben Fähigkeiten wie sie, weshalb es ein tougher Gegner war. Doch mit Mühe und Anstrengung schaffte Jeanne auch ihn zu besiegen. Mit einem schallenden Schrei löste sich die schattenhafte Gestalt auf. Erschöpft sank die Blonde auf die Knie. Ihr ganzer Körper war mit Wunden übersät. Blut tropfte ihr der Stirn herunter und klebte in ihren Haaren. Bedrückt schaute Jeanne auf ihr Kreuz herunter. „Zuerst wollte Chiaki mich töten… und nun auch mein eigener Schatten…“ Wie viele Kämpfe muss ich noch überstehen…? Ihre Hand umschloss sich betend um ihren Talisman. Gib mir Kraft…! Mit zittrigen Beinen stand sie wieder auf und ging los.   Allerdings kam sie nicht mehr weit. Ein Energiestoß brachte sie aus dem Gleichgewicht, stieß sie zu Boden. „Na sowas. Du kommst mir ganz gelegen.“, hörte sie eine bekannte Stimme in einem unheimlich sanften Ton sagen. Als Jeanne aufblickte, stand ein Mann vor ihr. Sofort erkannte sie Akira in ihn wieder, jedoch mit weißblonden Haaren, verschiedenfarbigen Augen sowie Engels- und Drachenflügeln. „Lucifer…“, wisperte sie und wich entkräftet etwas zurück. Instinktiv wusste sie, dass ihr ein Kampf nichts nützen wird.  „Mich überrascht es ein wenig dich alleine hier zu sehen. Ich könnte schwören, wir hatten mehr ungeladene Gäste hier gehabt. Ebenso vermisse ich einen Diener…“, sagte er mit gespielter Ignoranz. Eine weitere Gestalt tauchte auf, schlug ihr ins Gesicht. „WO IST ER?!“, schrie Lilith aufgebracht, ihre Schlangenaugen glühten vor Wut. Jeanne wusste nur zu gut wen die Dämonenkönigin meinte. „Such ihn doch!“, zischte ihr die Gesandte Gottes leise entgegen. Die Dämonin wollte zum nächsten Schlag aussetzten, doch Lucifer hielt sie zurück. Wortlos tauschten sie sich ein paar Blicke aus. Lilith fauchte ihn zornig an, verwandelte sich in eine drachenartige Kreatur und flog davon. Der Dämonenkönig schaute seiner Königin belustigt hinterher. „Was- Was willst du?“, fragte Jeanne misstrauisch. Lucifer wandte sich wieder zu ihr herunter und lächelte. Es war ein geheimnisvolles, gänsehautbereitendes Lächeln. Nach einigen Sekunden antwortete er ihr schließlich: „Dich.“   ------------------------------ Nicht das beste Kapitel meiner Meinung nach...(überhaupt die letzten 2-3) Mich wundert es, dass Leute überhaupt mein Geschreibe lesen~ haha. (Danke an die, die es tuen!) Chapter 22: A Heart of Darkness ------------------------------- Chapter 22: A Heart of Darkness   In Noyn’s Wohnung angekommen, fluchte der besessene Sindbad immer noch in seinem magischen Gefängnis und schlug gegen die unsichtbaren Wände. Noyn, Access und Fin schauten ihn zum Teil mitleidig, zum Teil misstrauisch an. Ebenso waren Schuldgefühle in ihren Gesichtern abzulesen. Keiner konnte glauben, dass die Reise solche Wendungen nahm. Sie hatten zwar ihr Ziel erreicht, jedoch zu einem großen Preis. Es sind einige Stunden vergangen, seit sie aufgebrochen waren. Nun war es schon spät Abend. Silk tauchte aus dem Nebenzimmer auf und setzte sich sofort auf die angespannte Schulter seines Meisters ab. „Das ist aber nicht sehr nett, euren Freund einzusperren!!!“, knirschte Sindbad unter Schmerz mit den Zähnen und funkelte die vier wütend an. „Wenn du hier raus willst, dann erfülle ich dir den Wunsch.“, konterte Noyn trocken und ließ die Barriere mit einer Handbewegung verschwinden. Doch ehe Sindbad ihn oder die Engel angreifen konnte, fesselte er ihn mit Magie an Händen und Beinen, und beförderte ihn auf die nächststehende Couch. „Versuch erst gar nicht aufzustehen. Ich habe deinen Körper gelähmt.“ Der ehemalige Kaito verdrehte genervt die Augen und zischte. „Außerdem bist du nicht unser Freund.“, kam es von Access bitter. „Denkt ihr wirklich, ihr könnt mich hier festhalten? Lächerlich. Vor allem so ein erbärmliches Trio wie ihr. Ein liebeskranker Ex-Dämonenritter, ein Ex-Gefallener Engel und ein Versager von einem Engel.“ Er ließ seinen Blick über jeden Einzelnen von ihnen wandern und richtete seine kalten Augen wieder auf Noyn. „Du hättest dich damals am besten von Fin töten lassen sollen. Denkst du wirklich du erreichst sowas wie ‚Erlösung‘, indem du ihnen und Gott hilfst? Denkst du nicht, dass die dich nur ausnutzen? Hast du dich schon Mal gefragt wie es danach weitergeht? Wirst du mit deiner Jeanne d’Arc wiedervereint sein, oder lässt man dich wie eine heiße Kartoffel einfach sitzen? Ich wette, du wirst am Ende noch weitere hunderte von Jahre hier auf der Welt verweilen und vor dich hin vegetieren. Einsam und verbittert. Und deinen sogenannter Drache kann man auch vergessen! Da sind selbst die mickrigen Jungdämonen von Berith furchteinflößender als diese Riesenechse.“ Silk ließ ein verquicktes Fauchen los. „Oder du…“ Sindbad’s Blick schweifte weiter zu Fin weiter. „Dasselbe gilt auch für dich. Einmal ein gefallener Engel, immer ein gefallener Engel. Als ob deine Sünden einfach reingewaschen werden. Du hast Gott verraten, zahlreiche Dämonen auf die Menschen losgehetzt und Maron fast -aber nur fast- getötet. Theoretisch war es auch deine eigene Schuld, dass du dich so leicht zu einer Gehirnwäsche beeinflussen lässt. Ich wette, du hast dir selbst noch nicht einmal verziehen.“, sagte er abwertend. „Am liebsten würde ich ihn das Gebäude runterschmeißen.“, murmelte Fin und warf ihm einen wütenden Blick zu. Schließlich wandte Sindbad sich zu Access und lächelte fies. „Glaubst du nicht, Gott hat dir aus Mitleid die Statuserhöhung gegeben? Oder dass deine ach-so-geliebte Fin deine Liebe erwidert hat, weil du ihr leidgetan hast? Ich meine, du bist in jeglicher Hinsicht ein hoffnungsloser Fall! Wieso hatte der Herr auch dich zur Fin’s Rettung damals geschickt? Jeder andere hätte eine bessere Wahl dargestellt! Der einzige Grund, weshalb ich dir helfen wollte war, damit es mir nicht so langweilig wurde. Der Nervenkitzel war auch eine willkommene Abwechslung zum langweiligen Schülerleben.“ Access ballte unbemerkt die Fäuste, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Sindbad grinste selbstgefällig. „Vielleicht hätte ich früher zum König überwechseln sollen. Denn für ihn als Diener zu arbeiten macht um weiteres mehr Spaß, als für den langweiligen Gott.“ Sindbad warf den Kopf nach hinten in die Lehne und kicherte finster. „Gib ihm keine Beachtung.“, sagte Noyn genervt. „Auch wenn er gerade der größte Arsch im Raum ist und wir alle ihm am liebsten eine reinhauen wollen.“ „Da du es geschafft hast, seinen Körper bewegungsunfähig zu machen… Kennst du vielleicht einen Zauber gegen sein loses Mundwerk?“, fragte Fin den Schwarzhaarigen mit verschränkten Armen. Sie musste sich sehr stark zusammenreißen, um den Besessenen nicht K.O. zu schlagen. „Ich hab sogar was Besseres.“ Das Geräusch von abgezogenen Klebeband war zu hören. Noyn ging mit einem schwarzen Steifen auf Sindbad zu und klebte es ihm über den Mund. Ein erstickter Wutschrei entkam dem Gefesselten.   Gemeinsam ging der ehemalige Dämonenritter mit den Himmelsengeln ins Arbeitszimmer. Erschöpft ließen sich die drei synchron auf jeweils einen Stuhl nieder. Die Barriere zu errichten und die Rückreise hatte sie viel Kraft gekostet. Ebenso ihre Coolness die letzten zehn Minuten aufrecht zu erhalten. Access atmete tief ein und aus, schloss die Augen und kniff sich den Nasenrücken. Sindbad’s Worte trafen ihn hart, doch er ermahnte sich immer wieder, dass das nicht sein bester Freund war drüben. „Wo ist Maron?“, hörte man Silk unschuldig sowie besorgt fragen. Bedrücktes Schweigen kam als Antwort, bevor Noyn ihm sagte: „Wir mussten sie zurücklassen…“ Geschockt weiteten sich die Augen des Drachenjungen. Mit offenen Mund starrte er alle fassungslos an. „Ich hoffe, ihr geht es gut… Ich habe so ein ungutes Gefühl…“, wisperte Fin verbittert und ließ den Kopf senken. Eine kleine Träne entkam ihrem Auge. „Keine Sorge, Fin-Schatz. Sie ist stark. Und du hast ja gesehen, dass sie ihre Kräfte erweckt hatte, um uns zu retten. Sie wird gegen die Dunkelheit ankommen.“, sagte Access aufmunternd, legte eine Hand auf die ihrer und drückte sie fest. Die Grünhaarige nickte und zwang sich einem hoffungsvollen Lächeln. Ich konnte mein Versprechen wieder nicht halten…Zuerst Chiaki und jetzt Maron…, ging es Noyn wütend durch den Kopf und seufzte hörbar aus. Er hatte versprochen sie zu beschützen. Und kläglich versagt. „Also,…“, unterbrach Access nach einigen Momenten die Stille. „Schritt eins des Plans hat erstaunlicherweise funktioniert. Nun steht Schritt zwei an. Wie machen wir das? Wie holen wir Sindbad zurück?“, fragte er zu Noyn gewandt und riss ihn aus dessen Gedanken. Dieser stöhnte leise auf, raufte sich die kurzen Haare und versuchte sich wieder auf das Wesentliche zu fokussieren. Er stand von seinem Stuhl auf und lief zu seinem Tisch, lehnte sich mit dem Rücken daran an. „Er ist dein Partner…Zwischen Kaitos und ihren Engel herrscht eine besondere Verbindung, das wissen wir. Ich werde euer Bewusstsein miteinander verbinden und dann hast du wenige Minuten Zeit den wahren Chiaki zu finden. Wahrscheinlich ist er irgendwo in seinen Albträumen gefangen…. Dadurch dass dieser Dämon auf all seine Erinnerungen Zugang hat, muss irgendwo im tiefsten Unterbewusstsein Chiaki zurückgestoßen worden sein. Hast du ihn gefunden, musst du ihn in die Realität zurückleiten. Von alleine wird er es garantiert nicht schaffen…“ „Okay… Was auch immer nötig ist.“ Zu solch krasser Magie wären wir Engel gar nicht fähig! Das meinte der Herr also…, dachte Access sich erstaunt und seufzte. „Er ist wie ein Bruder für mich.“ „Ja…Es kann gefährlich werden…falls der Dämon in seinem Inneren irgendwelche Tricks spielt…“, setzte Noyn fort. „Ich werde mitkommen.“, kam es von Fin entschlossen. Zwei paar irritierte Augen richteten sich auf sie. „Ich weiß, ich war immer gemein Chiaki gegenüber, aber er ist unser Freund. Außerdem haben wir Maron versprochen, dass wir ihn zurückholen. Und da müssen wir alles daran setzen, sie nicht zu enttäuschen.“ „Nein! Ich will dich auf keinem Fall solch einer Gefahr aussetzten, Fin!“, wendete der Access bestimmt ein. „Und was ist wenn dir was passiert, Access? Wenn dein Unterbewusstsein verloren geht, dann haben wir alle verloren.“ Der Angesprochene sah ein, dass sie sich nicht abwimmeln ließ von ihrer Entscheidung. „Na gut…“ „Hm…Ich hoffe, ihr geht beide nicht verloren! Dann hätte alles heute keinen Sinn gemacht….“, merkte Noyn seufzend an und stützte mit einer Hand seinen Kopf. Das Engelspaar nickte ernst. Entschlossenheit spiegelt sich in ihren Augen wider.   Während Noyn sich auf das Folgende vorbereitete und Fin ihm dabei Gesellschaft leistete, ging Access wieder ins Wohnzimmer zurück, um nach dem Rechten zu sehen. Noch immer saß Sindbad paralysiert auf der Couch. Sofort drehte dieser den Kopf in seine Richtung, als er den Engel reinkommen sah. Access wollte wieder zu den anderen zurückkehren, doch ein ersticktes Geräusch ließ ihn aufhorchen. Überrascht drehte er sich zu Sindbad um. Er schien zu weinen? Misstrauisch näherte er sich ihm langsam. Sindbad schaute den Engel mit einem verzweifelten Blick an. In seinen Augen schimmerten Tränen. Für einen Moment wurden sie auch wieder blau. Access machte große Augen und kniete sich auf Augenhöhe vor ihm hin. „Sindbad? Bist du das?“ Sein Gegenüber nickte. Eine Träne rollte ihm die Wange herunter. Wieder ein ersticktes Schluchzen. Sofort nahm der Dunkelhaarige das Klebeband von seinem Mund ab. Unter Zittern atmete der Gefesselte tief durch. Access wollte erleichtert aufspringen, doch in der nächsten Sekunde schaute Sindbad ihn kalt an und zog arrogant die Augenbraue hoch. „Wirklich, Access? Dein Ernst? Ich vergieße eine einzelne Träne und schon ist es um dich geschehen?“ Die blauen Augen wurden wieder dämonisch schwarz-rot. Ein überhebliches Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab. Access senkte kurz den Kopf, fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und nahm beruhigend tief Luft. Ich Idiot! Dass er darauf reinfiel ärgerte ihn sehr. „Du bist sowas von erbärmlich.“, sprach Sindbad in einem abfälligen Ton. Mit einem ernsten Gesichtsausduck schaute Access ihn direkt an. „Das bist nicht du, Sindbad.“, sagte er ruhig. „Oh doch, jetzt schon.“ Der Besessene grinste hämisch. Der Engel verzog grimmig das Gesicht, klebte ihm wieder das Klebeband über den Mund und kehrte zu den anderen ins Nebenzimmer zurück. Fin schaute ihren Freund besorgt an. „Tut mir leid.“, sagte sie ihm. Der männliche Engel seufzte als Antwort nur und kickte aus Frust einen Stuhl um. Nach einer gewissen Zeit gingen die Drei wieder ins Wohnzimmer zurück. Sindbad begegnete ihnen mit einem gleichgültigen Blick. Mit einem schnellen Ruck entriss Fin ihm den Klebestreifen vom Gesicht. „Egal was ihr versucht, es wird euch nichts nützen.“ „Du wirst wieder der alte Sindbad sein, dem bin ich mir sicher.“, sagte Access selbstsicher. Sindbad lachte finster auf. „Versucht euer Glück. Ich bin stark! Ich werde euch alle vernichten!“ „Du nervst.“, sagte Noyn abschließend und ließ ihn mit einer Magiewelle verstummen. Gleichzeitig sackten die zwei Himmelsengel und der Besessene zusammen. Der Warlock war hochkonzentriert, seine Handflächen begannen leuchteten und waren auf die drei bewusstlosen Personen gerichtet. Mit einem hellen, magischen Band stellte er eine Verbindung unter ihnen auf. Per Gedankenübertragung versuchte er zu den Engeln Kontakt aufzubauen. Access? Fin? Könnt ihr mich hören? J-Ja…, hörte er Fin’s Stimme in seinem Kopf. Ich auch…, meldete sich Access. Noyn atmete erleichtert auf. Die erste Hürde war getan. „Denkt Ihr, sie werden es schaffen?“, fragte Silk unsicher auf seinen Schultern. „Ich hoffe es.“, antwortete ihm Noyn mit mangelnder Überzeugung. *** Fin und Access fanden sich in einem dunklen Ort wieder -ohne Wände oder sonstige Umrisse- und wanderten orientierungslos umher. Ihre Flügel waren verschwunden, weshalb sie zu Fuß gehen mussten. Access ging voraus. Wie gesagt, ihr habt nicht viel Zeit!, hörten sie Noyn’s Stimme in ihrem Kopf sagen. „Es ist so dunkel, man sieht die eigene Hand vor Augen nicht.“, sagte Fin. Ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken. „Am besten bleiben wir zusammen, Fin.“ Access hielt seine Hand nach hinten ausgestreckt, doch griff nach leerer Luft. Verwundert drehte er sich um, um festzustellen, dass seine Freundin nicht mehr hinter ihm war. Stattdessen war eine Wand plötzlich vor ihm. „Fin?!“   [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=DwVD31K-1_g] „Access?!“ Auch Fin blickte sich in alle Richtungen um. Sie rannte, tastete sich mit der Hand an den dunklen Wänden entlang. Auf einmal sah sie eine Tür. Sie war einen Spalt breit offen und schwaches Licht drang nach draußen. Als sie die Tür öffnete, fand sie ein Krankenzimmer vor. Eine kleine Lampe auf einer Kommode erleuchtete den fensterlosen Raum. Sie sah auf dem Krankenbett eine Person -eine Frau- liegen, über dem Gesicht war ein Tuch gelegt. Auf einem Stuhl saß mit dem Rücken zu ihr gewandt ein kleiner Junge. Sein Kopf ruhte auf der Matratze. Seine kleinen Hände umklammerte die leblose der Frau. Er weinte. Fin’s Augen weiteten sich schockiert. Chiaki! Und…seine Mutter…? Der Himmelsengel trat einen vorsichtigen Schritt auf den kleinen Chiaki zu. Dieser spürte die Anwesenheit der anderen Person und drehte sich um. Verängstigt sprang er auf und trat einen Schritt zurück. „Wer bist du?“, fragte er, seine geröteten Augen misstrauisch auf Fin gerichtet. Sie kniete sich hin, um mit dem Jungen auf Augenhöhe zu sein, behielt trotzdem einen gewissen Abstand bei, um ihn nicht zu verängstigen. „Ich bin eine gute Freundin, Chiaki.“, sprach sie sanft auf den kleinen Chiaki ein. „Eine Freundin? ….Du bist bestimmt eine neue Frau, die Papa heiraten will! Du willst meine Mama ersetzen!“ Verärgert stierte der Junge sein Gegenüber an. „Nein, Chiaki, ich bin deine Freundin.“ Und das meinte sie voller ernst. Tief in ihrem Inneren musste Fin zugeben, dass sie den Kaito seit langem als Freund akzeptiert hat, es sich jedoch nie eingestehen wollte. Ebenso musste sie sich eingestehen, dass all die Abneigung -die sie für den Blauhaarigen verspürt hatte- simpler Neid war, weil Maron in ihm eine größere Stütze fand als in ihr. Doch nachdem der Engel immer wieder sah, wie glücklich ihre Freundin in seiner Gegenwart war, konnte sie nicht anderes tun als Chiaki einfach zu akzeptieren und sich für die beiden zu freuen. Sie dachte an Maron’s Worte an dem Abend vor dem Schulfestival zurück: „Ein unzerstörbares Band zwischen Freunden.“ Ein ehrliches Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. „Ich bin hier, um dir Trost zu spenden.“, fügte Fin hinzu. Skeptisch blickte der kleine Chiaki ihr in die grünen Augen. Dann wanderte sein Blick zum Bett rüber. Sein Gesichtsausdruck wurde wieder traurig. „Meine Mama ist jetzt im Himmel…Papa hatte sie nicht besucht…Hat er Mama nicht lieb?“ Fragend schaute er die Grünhaarige an. Fin war etwas überrascht von der plötzlichen Frage, ließ sich es jedoch nicht anmerken. „Dein Papa hat deine Mama ganz doll lieb. Er ist garantiert auch traurig darüber, dass sie nicht mehr bei euch ist.“, antwortete sie ihm. Der Junge schniefte und rieb sich mit dem Ärmel über die Nase. „Wieso war er nicht bei ihr, wenn er traurig ist? Sowas wie Liebe gibt es doch nicht, oder? Wenn er sie wirklich lieb hat, dann wäre doch bei ihr gewesen??“ Fin überlegte sich ihre Worte genau, ehe sie antwortete. „Deine Mama zu besuchen hätte ihn bestimmt noch trauriger gemacht, als er schon war. Wenn man jemanden liebt, spürt man auch die Schmerzen des Anderen…egal wie weit man voneinander entfernt ist.“ Sie hielt kurz inne. „Die Liebe ein wundervolles Gefühl! Sie ist wie Magie, die dich stark macht und dir jeden Tag Kraft gibt. Egal wie weit man von seinem Liebsten entfernt ist, die Liebe verbindet und überwindet alle Hindernisse der Welt. Du wirst das verstehen, wenn du jemanden triffst, die dir wichtig ist.“ Sie kicherte leicht und schenkte ihrem kleinen Gegenüber ein aufrichtiges Lächeln. Verwirrt guckte Chiaki sie an, neigte fragend den Kopf und wunderte sich weshalb sie lachte. Dann ging er einen Schritt auf Fin zu. „Denkst du, meine Mama ist jetzt ein Engel? Denkst du, sie vermisst uns und ist traurig?“ „Ich bin mir sicher, deine Mama ist ein glücklicher Engel. Ich bin mir sicher, dass sie dich und deinen Vater weiterhin lieb hat.“ Und das tut sie wirklich! „Wahrscheinlich ist sie traurig darüber, dass du traurig bist und weinst.“ Der kleine Chiaki wischte sich daraufhin mit seinem Ärmel die Tränen von den Augen, schniefte ein letztes Mal und setzte ein Lächeln auf. „Siehst du! Ich weine nicht mehr! Jetzt ist sie bestimmt wieder glücklich!“ Der Engel nickte lächelnd. Der Junge ging auf sie zu. „Es ist so dunkel hier…“, sagte er verängstigt. Fin setzte sich auf und streckte ihm die Hand aus. „Komm, ich begleite dich ins Licht zurück.“ Der Kleine nahm ihre Hand und gemeinsam verließen sie das Zimmer.   Access tastete sich ebenfalls einen Korridor entlang und fand eine offene Tür. Auf dem Boden waren Blutspuren zu erkennen. Sofort steuerte er darauf zu und folgte der Spur. Am Türrahmen angelehnt erblickte er zu seiner Überraschung Maron auf dem Boden sitzend. „Maron??“, rief er schockiert aus. Als der Engel sie berührte, fiel diese jedoch leblos zur Seite, eine blutige Wunde war über ihrem Herz zu sehen. Sein Gesicht verlor an Farbe. Fassungslos sah Access sich in dem Raum um und erkannte Maron’s Wohnung wieder. Überall fand er zig Versionen von dem braunhaarigen Mädchen tot vor. In einer Ecke entdeckte er eine weitere Gestalt hockend sitzen. Es war Chiaki. Mit den Kopf gesenkt, blickte er zu einer toten Maron herunter. Er atmete schwer und schluchzte. In seiner Hand hielt er ein Messer. „Sindbad…!“, rief Access. Erschrocken blickte der Gerufene zu ihm auf, der Blick verstört, die braunen Augen gerötet, die Haare klebten kraftlos auf seiner Stirn. Er ließ seinen Kopf wieder zu Maron runterwandern. „Ich wollte das nicht… Ich habe versucht es nicht zu tun… Ich versuchte es jedes Mal…“, murmelte Chiaki vor sich hin. Seine Stimme war extrem heiser und gebrochen. Der Engel ging vorsichtig auf seinen Freund zu. „Das ist okay… Nichts davon hier ist echt.“ Chiaki schüttelte ungläubig den Kopf und sah misstrauisch zu Access rüber. „Ist- Ist das wieder ein Trick?! Bestimmt! Lilith…sie foltert mich…“, sagte er mit zitternder Stimme. „Ich bringe dich hier raus, okay…!“ Access kam seinen Partner immer näher. Dieser stand auf und hielt abwehrend die Hände in die Höhe. „Nein. Nein- Bitte nicht…! Ich kann dich nicht auch noch töten.“ Schmerz und Leid standen ihm im Gesicht geschrieben. Nur noch wenige Schritte entfernten die beiden Freunde voneinander. „Das wirst du nicht! Okay? Sindbad…Ich bin keiner von diesen Albträumen. Ich bin es wirklich. Okay?“, versuchte Access beruhigend auf Chiaki einzureden. Dieser schien wie erstarrt. Verwirrung spiegelte sich in seinen braunen Augen wider. „Bist du das wirklich? Nein… Nein, das kann nicht sein.“ Immer noch ungläubig schüttelte Chiaki den Kopf. Ein erschöpftes Lachen entkam seine Kehle. „Ich bin wirklich hier! Das ist kein Trick, so glaub mir doch…!“ Der Engel hob unschuldig die Hände hoch und legte sie vorsichtig auf die Schulter des anderen. Chiaki’s misstrauischer Blick besänftigte sich, erschöpft ließ er die Hände sinken. „Du bist es wirklich? Das ist keine Illusion? Kein Albtraum…?“ Noch immer lagen Zweifel in seiner Stimme. „Ja.“, bekräftigte Access. Chiaki ging auf ihn zu und warf sich in seine Arme. Dieser erwiderte die Umarmung. „Ich hab‘ dich, Kumpel! Ich hab‘ dich.“ Chiaki weinte vor Erleichterung und Verzweiflung. Access war sichtlich geschockt über den Anblick seines besten Freundes. So… gebrochen hatte er ihn noch nie gesehen. Als die Männer sich voneinander lösten, blickte Chiaki sich irritiert um. Alle Leichen von Maron waren verschwunden. Im nächsten Augenblick tauchte auch Fin auf, mit dem kleinen Chiaki in der Hand. „Access! Chiaki!“, rief sie erleichtert aus. Als Fin zu ihrer Hand herunter blickte, war der Junge verschwunden. „Fin…“, wisperte Chiaki ungläubig. Diese ging auf ihn zu und umarmte ihn. Er drückte sie ebenfalls an sich. „Ich bin froh dich zu sehen.“, sagte Fin als sie sich von der Umarmung wieder entfernte. „Was- Was genau macht ihr hier?“, fragte Chiaki die beiden Engel. „Na was wohl, wir wollen dir helfen.“, entgegnete Access mit Selbstverständlichkeit. „Wir bringen dich hier raus.“, ergänzte Fin. „Nein.“, sagte Chiaki zur Fassungslosigkeit der anderen. „Es gibt nur einen Weg, wie ihr mir helfen könnt.“ Er wandte sich zu Access und legte ihm das Messer in die Hand. „Es gibt nur eine Sache…Eine Sache die du machen musst.“ Access riss seine bernsteinfarbenen Augen schockiert auf. „Access…Ich will das du mich tötest.“ „Was?“ Ungläubig schaute der Angesprochene seinen Partner an. „Bitte. Bitte… Das ist die einzige Möglichkeit für mich, diesen Albtraum zu entkommen. Du musst mir ein Ende bereiten!“, sprach Chiaki qualvoll. „Ich flehe dich an, Access, bitte.“ Fin schaute besorgt zwischen ihnen hin und her. „Sindbad…“ Access verzog schmerzlich das Gesicht. „Du muss das für mich machen.“ „Nein!“ „Access, bitte. Ich bitte dich als mein Freund!“ „Niemals!“, sagte der Engel bestimmt. Chiaki sah ein, dass sein Freund seine Bitte nicht nachgehen wird. „Fin, du muss das machen!“ Er wandte sich mit der Waffe an den weiblichen Engel. „Nein!“, rief sie entsetzt aus. Access warf das Messer weg und legte seine Hände auf Chiaki’s Schultern. Voller Ernst schaute er ihm in die Augen. „Du kommst mit uns! Okay?“ Entkräftet schüttelt Chiaki den Kopf. „Sie-…Lilith wird kommen und euch töten.“ „Nicht wenn wir sie zusammen vernichten!“ „Sie wird mich noch mehr grausame Dinge tun lassen! Und ihr werdet mich nicht aufhalten können.“ „Chiaki! Maron wartet auf dich! Bitte, komm für sie zurück. Sie braucht dich!“, sprach Fin eindringlich auf ihn ein. Perplex schaute dieser sie an. „Nein…Ich- Ich kann nicht. Ich habe ihr zu sehr wehgetan.“, sagte er, ließ sich von seinen Schuldgefühlen nicht abbringen. „Das warst nicht du, sondern Lilith. Überhaupt, spielt das keine Rolle mehr! Maron braucht dich!“ Leute… ich halte nicht mehr lange durch!, hörte das Engelspaar Noyn‘s Stimme. „Sindbad, bitte! Du darfst nicht aufgeben! Komm mit uns!“, flehte Access seinen Freund an. Chiaki kämpfte sichtlich mit sich selbst. „Wir sind ein Team. Wir halten zusammen! Wir sind stark, bereit…“, hörte er plötzlich Fin ruhig sagen und streckte den beiden Männern mit einem sanften Lächeln jeweils ihre Hand aus. „Unbesiegbar, schön…“, setzte Access fort und nahm ihre Hand. Seine andere streckte er ebenfalls zu Chiaki aus. „Entschlossen, mutig.“, vollendete Chiaki leise. Ehe er ihre Hände fassen konnte, leuchteten beide Engel hell auf und verschwanden. Der Kaito griff ins Leere. Verwirrt starrte er auf die Stellen, wo die Himmelsengel noch standen. „Access…? Fin…?“ *** „Meister! Dämon!“, schrie Silk panische Stimme. „WAS?!“ Bevor Noyn reagieren konnte, zersprangen die Fenster in tausende Einzelteile und ein dunkler Schatten kam reingeflogen. Ehe der Schwarzhaarige sich versah, wurde er an die Wand gedrückt. Krallen schlangen sich fest um seinen Hals. Die groteske Gestalt vor ihm verwandelte sich in eine schöne, junge Frau wieder, die ihn zornig mit roten Schlangenaugen anfunkelte. Die Pupillen waren zu einem dünnen Strich verengt. „Ich mag es nicht, wenn man mir das wegnimmt, was mir gehört!!“, zischte Lilith wütend und verstärkte den Druck ihrer Dämonenhand. Der Warlock rang schwer nach Luft. „Töte mich ruhig-… aber lass die anderen leben!“ Silk war von seiner Schulter verschwunden. Womöglich musste die Dämonin ihn weggeschlagen haben. „Ein reizendes Angebot!“ Lilith holte mit ihrer andere Hand zum Schlag aus, wurde jedoch von ihrer rechten Seite von einer feurigen Explosion überrascht. Sie ließ von Noyn los und sprang zur Seite. Feuerbälle kamen auf sie zu geflogen, die sie mit einem magischen Schutzschild mühevoll abblockte. Leicht entgeistert entdeckte Lilith den riesigen, hellgrauen Drachen mit großen Hörnern, der die Wohnung so gut wie gesprengt hatte und sich beschützend über Noyn stellte. [x] Er fletschte bedrohlich mit den Zähnen. Ein dunkles Knurren entsprang seine Kehle. „Silk-…Du- hast es endlich geschafft…Jetzt- bist du ein richtiger Drache….Ich bin stolz auf dich-“, brachte Noyn hustend hervor. Wieder spie der Drache Feuer und zerbrach schließlich Lilith’s Schutzschild. Brandwunden zeichneten sich auf ihren Körper ab. Die Dämonin verzog genervt das Gesicht. „Wie ich sehe, hast du dir ein ziemlich lästiges Haustier gezähmt, Noyn. Der ist es mir nicht wert die Hände schmutzig zu machen.“ Mit den Worten verwandelte Lilith sich wieder in ihre Dämonenform, schnappte sich den bewusstlosen Sindbad und flog davon. Gleichzeitig wachten Access und Fin auf, rangten erschrocken nach Luft und schauten sich verwirrt um. Sie selbst waren mit Staub und Glassplittern überdeckt. Von Noyn’s Wohnung blieb kaum mehr was übrig. Sindbad war verschwunden. Beim Anblick des großen Drachen blieb ihnen fast das Herz stehen. „Es tut mir leid…Sie hatte mich kalt erwischt.“, hörten sie Noyn’s schwache Stimme, der versuchte aufzustehen. Silk verwandelte sich in seine menschliche Form und half seinen Meister auf. „N-Nein…!“, Fin ließ niedergeschlagen den Kopf hängen. „Wir-…wir hätten es fast geschafft!“, Access schlug wütend mit der Faust auf den Boden. „Er war so verzweifelt…Hat förmlich gelitten und…uns angefleht….“ Draußen auf den Straßen waren Sirenen zu hören. Die Menschen hatten von der Explosion mitbekommen, sahen jedoch nur dass der Gebäudekomplex in Flammen stand. „Tut mir leid wegen der Wohnung. Wir müssen von hier verschwinden!“, sagte Silk zu Noyn, der benommen nickte. Mit Hilfe von Fin und Access flüchteten sie in Maron’s Wohnung. Da angekommen sackten alle entkräftet auf dem Boden zusammen. Ohne es zu merken, schlief sie schließlich ein.   „Was machen wir nun…?“, fragte Access schlecht gelaunt am nächsten Tag. Eine depressive Stimme herrschte im ganzen Raum. „Frag mich was leichteres.“, entgegnete Noyn launisch und nippte an seinem Kaffee. Unter seinen Augen waren dunkle Ringe und an seinem Hals verheilten langsam die Wunden vom Vorabend. Fin vergrub ihr Gesicht in ihren Händen und seufzte verzweifelt. „Ich breche gleich zusammen…. Maron ist immer noch weg und wir konnten unser Versprechen nicht einhalten…“ Sie war den Tränen nahe. Ihr Freund legte ihr tröstend einen Arm um die Schulter. Silk blickte unbeholfen zu Boden. Plötzlich tauschte ein helles Portal tauchte inmitten des Wohnzimmers auf. Alle standen sofort auf und stellten sich in Angriffsposition hin. Zur Überraschung aller tauchte ein Engel auf. Es war Toki. „Fin! Access!“, rief er und wandte sich zu Noyn sowie seinen Drachenjungen. „Und ihr auch! Ihr müsst alle zu Gottes Palast! Wir bräuchten eure Hilfe!“ „Was ist los?“, fragte Fin mit zusammengezogenen Augenbrauen. Toki biss sich zögernd auf die Lippe. Er wirkte gestresst und aufgewühlt. „…Wir haben da ein Problem.“ „Was für ein Problem?“, hakte Access nach. Toki deutete ohne auf die Frage einzugehen mit den Kopf zum Portal. Ein unbehagliches Gefühl breitete sich in allen aus. Etwas stimmte ganz und gar nicht. Und so begaben sich die Freunde zurück in den Himmel. ---------------------------------------- Für die, die es interessiert: Das Kapitel ist ein Inspirationsmix aus Teen Wolf und Shadowhunters (der TV serie) Chapter 23: Vague Hope ---------------------- Chapter 23: Vague Hope   Lucifer wanderte durch die dunklen Gänge seines Palastes entlang. In seiner Hand befand sich etwas. Etwas Kleines, Leuchtendes. Mit einem bestimmten Ziel steuerte er auf einen Raum zu. Dort warteten schon seine Anhänger Apollyon, Belphegor und Bertih auf ihn und verneigten sich kurz vor ihm als er eintrat.  In der Mitte des Raumes befand sich ein gläserner Sarkophag, befüllt mit einer dunklen Flüssigkeit und magischer Energie sowie… einer Person.  „Hier ist deine letzte Zutat. Extra frisch geerntet.“, sagte Lucifer leicht grinsend und gab Apollyon das kleine, leuchtende Objekt in seiner Hand. Dieser ließ es durch die dicken Gläser des Sarkophags hindurchfallen. Die Person darin absorbierte es direkt. Sofort begann die Flüssigkeit im Kasten zu brodeln. Ein Rattern drang nach draußen. „Wenn ich fragen darf, Lucifer-sama, wozu habt Ihr mich und Berith hierher geholt?“, erkundigte sich Belphegor. „Für ein Test.“, sagte der Angesprochene in einem neutralen Ton. „Ich will sehen, ob ihre Kräfte an die eines Höllenprinzen herankommen. Oder drei. Also, macht euch bereit, Jungs.“ Seine schwarz-goldenen Augen waren auf den Sarkophag fixiert. Kaum hatte Lucifer die Worte ausgesprochen, bildeten sich Risse auf dem Glas. Mit jeder Sekunde wurden sie größer und größer. Schließlich durchbrach eine Hand das Glas. Wie als würde dessen Besitzer die Präsenz der vier Anwesenden spüren, richtete sich die Handfläche aus sie. Ehe die Dämonen sich versahen, kam eine rote Magiekugel auf sie zugeschossen. Der Angriff erwischte den Lucifer und seinen Dienern kalt. Geradeso konnte der Dämonenkönig noch eine Schutzbarriere um sich aufbauen. Die Dämonenfürsten kamen mit Kratzern noch davon und stellten sich direkt beschützend vor ihrem König in Kampfposition auf. Rauch- und Staubwolken füllten den Raum. Sowie das Geräusch von zerbrochenem Glas. Eine graue, menschliche Silhouette stieg aus dem Grabkasten hervor. Ein rot-leuchtendes Auge war zu sehen. Sie strahlte eine ungeheure Kraft aus. Plötzlich sprang die Gestalt direkt auf Apollyon zu und griff mit ihrer Magie geladene Hand an. Sie war schnell. Sehr schnell. Der Dämon hatte sichtbar Probleme gegen ihre Schnelligkeit anzukommen. Die anderen beiden kamen ihm zu Hilfe, doch selbst zu dritt kamen sie schwer gegen sie an. Lucifer flog in die Höhe und beobachtete den Kampf mit Sicherheitsabstand kritisch. Trotz der dicken Staubwolken, konnten seine Augen alles klar erkennen und beobachten. Er war leicht erstaunt über die Kraft, die die Erwachte besaß, denn seine Diener bekamen sie nicht besiegt. Immer wieder gingen Berith, Belphegor und Apollyon auf die Person zu und griffen an, doch sie wich ihnen immer wieder geschickt aus und fügte ihnen mit ihrer Magie Verletzungen zu. Schmerzensschreie der Dämonenfürsten hallten im Raum. Mit blanker Miene schaute Lucifer schließlich zu, wie seine drei Anhänger von der Person getötet wurden. Nach und nach sackte einer von ihnen leblos und blutbedeckt zusammen. Nachdem die Höllenprinzen außer Gefecht waren, wollte die Person Lucifer angreifen, prahlte jedoch an seinem Schutzschild ab und landete unsanft auf dem Boden. „Wenigstens stoßen deine Kräfte bei mir an ihre Grenzen, Süße. Dafür müsstest du so mächtig wie Gott sein.“, sagte er kühl und sank wieder zu Boden. Er ließ seinen Blick über den Raum schweifen. „Ein ziemliches Massaker hast du hier angerichtet. Alle Achtung. Du könntest mir durchaus nützlich sein.“ Ein zorniges Auge stierte den Dämonenkönig an. „Als ob ich mich dir unterwerfe.“, zischte die Person. Die erste Worte, die sie seit ihrem Erwachen aussprach. Eine rote, flimmernde Aura umgab sie. „Hm…Anscheinend bist du keine willenlose Puppe, wie ich ursprünglich erwartet hatte.“, merkte Lucifer mit hochgezogener Augenbraue an. Die rote Aura um sein Gegenüber wurde immer dichter, bis sie komplett darin verschwand und sich darin auflöste. Ausdruckslos starrte Lucifer auf die Stelle, in der sie sich noch befand. Anscheinend hat sie auch genug Kraft um zwischen den Dimensionen zu reisen…Da haben wir es mit dem Experiment etwas übertrieben…, dachte er sich, blickte ein letztes Mal zu seinen toten Dämonenfürsten und verließ anschließend den Raum. Im Korridor fand er Lilith -sichtlich wütend- ihm entgegen laufen. Gleichzeitig war ihr Körper dabei sich von Brandwunden zu heilen. „War deine Suchaktion geglückt?“, fragte Lucifer mit gespielter Belustigung, die Augen musterten seine Königin kalt. „Halt die Klappe.“, zickte Lilith ihn an. „Ich fasse das als ‚Ja‘ auf, sonst wärst du nicht wieder hier.“, sagte er und nickte mit den Kopf auf die Wunden. „Was war passiert?“ „Drache.“ Lucifer neigte leicht den Kopf. „Welcher Drache?“ „Tu nicht so dumm! Du weißt genau welcher Drache! Noyn’s verfluchte Riesenechse.“, platzte es aus Lilith genervt heraus. Ihr Gegenüber amüsierte sich an ihrem Wutausbruch. „Hmm. Hört sich nach einem Problem an.“ Die Dämonenkönigin zischte genervt und warf Lucifer einen musternden Blick zu. Ebenso sah sie die toten Körper der Dämonenfürsten, die sich allmählich auflösten. „Und was war bei dir passiert?“, fragte sie desinteressiert. „Eine flüchtige Spielfigur mit einem eigenen Willen und ein bisschen zu viel Kraft.“ „Hm. Nicht mein Problem.“, entgegnete Lilith trotzig und ging davon, ließ ihren König im Gang stehen. Dieser seufzte augenverdrehend und setzte sich nach kurzer Zeit wieder in Bewegung. *** Chiaki starrte immer noch auf die Stellen, wo Fin und Access noch standen. Noch immer wiederholten sich ihre Worte in seinem Kopf. „Du darfst nicht aufgeben!“ „Maron braucht dich!“ „Sie haben Recht. Ich kann nicht aufgeben!“, sagte er mit neuer Entschlossenheit in der Stimme. Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, begann die Umgebung um ihn -Maron’s Wohnung- zu zerfallen. Auch der Boden fiel Stückweise in eine endlose Dunkelheit. Sofort rannte der Kaito aus dem Raum raus, um der finsteren Schlucht zu entkommen. Er fand sich in einem lichtlosen Korridor wieder. „Ich muss es hier raus schaffen. Egal wie.“, sprach Chiaki zu sich selbst. Plötzlich fing etwas unter seinem Shirt an zu leuchten. Es war seine Kette, die Maron ihm schenkte. Chiaki holte es raus, hielt es in seiner Hand in die Höhe, betrachtete es eindringlich. Das sanfte Licht seines Kreuzes durchbrach die permanente Dunkelheit um ihn herum. „Ich werde immer an dich denken, wenn ich es sehe.“, hatte er ihr zu Weihnachten gesagt. Chiaki dachte an Maron und ihre glückliche, gemeinsame Zeit zurück. Immer wieder hatte er seine Geliebte und ihr Lachen vor Augen. Ein verliebtes Lächeln umspielte seine Lippen, die Augen voller Wärme, Liebe, Zuneigung, Sehnsucht und Hoffnung. Du bist wirklich mein Licht im Dunkeln, Maron, dachte er. Ein Lichtstrahl schoss aus dem Kreuz heraus, hinterließ in der Ferne einen sternenartigen Funken. Führst du mich zurück ins Licht? Bring mich zurück! Entschlossen lief Chiaki weiter in Richtung des Lichtes. Seine Schritte hallten durch die grenzenlose Leere. Plötzlich bereitete sich unter seinen Füßen ein endloser Ozean aus, in welches er hinein fiel. Mit Mühe konnte der Blauhaarige sich übers Wasser halten, denn immer wieder spürte er eine Kraft, die versuchte ihn in die bodenlose Finsternis zu ziehen. „So leicht mache ich es dir nicht.“, sagte eine dunkle Stimme und fügte mit voller Spott hinzu, „Ein bisschen Wasser sollte dir ja nicht schaden. Also los, zeig der Welt, was der legendäre Sindbad, der Seefahrer drauf hat.“ Chiaki drehte sich um. Auf einem Holzpfahl, ein Meter über dem Wasserspiegel, saß eine männliche, schwarzgekleidete Gestalt. Es war der Dämon, der sich in seinem Unterbewusstsein als dunkler Sindbad manifestiert hatte. Mit einem fiesen Grinsen und eiskalten Augen starrte er auf Chiaki herab. „Ganz ehrlich…Mir hattest du vorhin besser gefallen! So verzweifelt, gebrochen und voller Schmerz. Wie du deine geliebte Maron immer und immer wieder getötet hast. Was für eine Show!“ Er kicherte diabolisch. „Bist du sicher, dass du sie wirklich liebst? Ich dachte, du könntest ihr nie ein Haar krümmen!“ „Du kriegst mich nicht mehr mit deinem kranken Spiel klein!“, brachte Chiaki trocken entgegen. Sindbad hob daraufhin sein Kinn und blickte arrogant auf ihn herab. „Ja, das ist ein Spiel. Mein Spiel. Was willst du in meiner Welt ausrichten? Ich habe Kontrolle über deinen Geist und deinen Körper.“ „Und ich werde mir die Kontrolle wieder zurückholen.“, deklarierte Chiaki entschlossen. Der Dämon verdrehte theatralisch die Augen. „Natürlich… Kaum waren deine dämlichen Freunde hier, bist du voller Motivation und Tatendrang! Wie ätzend. Ich verspreche dir, sobald die mir wieder über die Quere kommen, dann sorge ich persönlich für einen qualvollen Tod. Deren Blut soll an deinen Händen kleben.“ Er hielt kurz inne. „Wer weißt…vielleicht mache ich es auch gerade, jetzt in dem Moment, während wir plaudern!“ Chiaki ignorierte ihn, drehte sich von ihm weg und schwamm die ersten Züge zu seinem Ziel. Noch immer hörte er die Stimme des Dämons, wie als würde es sich direkt neben ihn befinden. „Weißt du… Garantiert denkst du, ich bin sowas wie ein Parasit -ein Fremdkörper-, dass du so einfach loswerden kannst, aber da irrst du dich, Freundchen. Wie du weißt, hat jeder eine finstere Seite in deinem Herzen und ich bin deine, Adam, nein-... Chiaki Nagoya. Ich gehöre zu dir. Ich bin ein Teil von dir. Du bist ich und ich bin du.“ Ein letztes Mal stoppte der Angesprochene und dreht sich zu dem anderen um. Unbeeindruckt zog er eine Augenbraue hoch. „Denkst du wirklich, du kannst dich deine eigene Dunkelheit überwinden?“, fragte Sindbad. Chiaki lächelte sein Gegenüber herausfordernd und selbstsicher an. „Du wirst überrascht sein.“ Der Hauch eines siegessicheren Grinsens zeichnet sich auf seinem Gesicht ab. Mit den Worten schwamm er in die Endlosigkeit hinein. „Spiele niemals ein Spiel, was du nicht gewinnen kannst!“, rief der Dämon Chiaki als Letztes zu. Ein geheimnisvolles, böses Lächeln bildete sich auf Sindbad’s Gesicht und seine roten-schwarzen Augen begannen zu leuchten. Chiaki wusste nicht für wie lange er schwamm. Womöglich eine gefühlte Ewigkeit. Immer wieder spürte er diese unsichtbare Macht, die versucht ihn ins Wasser zu ziehen. Verdammter Dämon…!, fluchte er gedanklich und presste verbissen die Zähne zusammen. Am Ufer angekommen sah er den Lichtfunken seines Kreuzes nur noch wenige Schritte entfernt. Doch kaum ging er einen Schritt darauf zu, erhob sich ein riesiger Podest in die Höhe und Teile des Bodens zerfielen. „Du willst mich doch verarschen…“, zischte Chiaki und konnte gerade so auf dem Treppenabsatz des Podests springen. Ein sadistisches Lachen hallte in der Dunkelheit. Schnell setzte er sich wieder auf und rannte die Stufen hoch. An der obersten Ebene lief er so schnell es ging auf die helle Energiequelle zu -bevor der Dämon wieder seine Tricks spielen konnte- und berührte es. Im selben Augenblick wurde Chiaki vom Licht geblendet und alles verschwand in der Helligkeit. *** „Chiaki! Hey, Chiaki!“ Eine bekannte Stimme rief nach ihm. Er spürte, wie zwei Hände an seinen Schultern ihn kräftig rüttelten. Stark blinzelnd wachte Chiaki in einer hellen, bekannten Umgebung auf und schnappte nach Luft. Neben ihm kniete Access, Erleichterung spiegelte sich in seinem Gesicht wider. „Access!“ Chiaki wusste nicht, ob er froh, überrascht, erleichtert oder verwirrt sein soll. „Chiaki…Bist-…Bist du das wirklich?“, fragte Access prüfend. „Ja….Ja, Ich bin es wirklich.“, versicherte der Angesprochene ihm. „Dem Herrn sei Dank! Du bist wieder du selbst!“ Der Engel umarmte seinen Partner stürmisch. Irritiert schaute Chiaki sich um. Bin ich wieder bei Gott? Er fand sich im selben Raum wieder, in der er auch beim ersten Besuch gelandet war. Jedoch hinterließ er eine Spur der Verwüstung, im Vergleich zu damals. Habe ich es also geschafft? Chiaki fühlte sich komplett orientierungslos. „Was ist passiert? Wieso sind wir bei Gott? Und wo sind die anderen?“, fragte der Kaito den Himmelsengel. „Du bist es wirklich, Chiaki!“, wiederholte Access ein letztes Mal und löste die Umarmung. Sein Gesicht wurde ernst. „Wir hatten eine Notsituation bei Gott. Ehe wir uns versahen hatten die Dämonen, Lilith und Lucifer den Himmel sowie Palast angegriffen. Fin, Noyn und ich, wir hatten uns alle aufgeteilt…Daher weiß ich nicht wo sie sind. Du und ich, wir hatten schließlich gekämpft. Plötzlich kipptest du um und verwandeltest dich in dein normales Selbst zurück.“, erklärte er schließlich. „Verstehe…Ich-… Es tut mir leid, was ich euch alles angetan habe.“ Chiaki blickte bedrückt zu Boden. „Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Kumpel.“, beharrte Access und packte ihm ermutigend an der Schulter. „Die Hauptsache ist, dass du wieder du selbst bist!“ „Ja…Ich…ich denke, ich habe die Dunkelheit in meinem Herzen überwunden.“, sagte Chiaki, Ungläubigkeit spiegelte sich in seiner Stimme wider. Mit Hilfe von Access stand er auf. Überrascht stellte Chiaki fest, dass er in seiner einen Hand sein Kreuz hielt. Mit einem sanften Lächeln schaute er auf das silberne Artefakt herab. „Wo ist Maron?“, erkundigte er sich bei dem Dunkelhaarigen. Dieser zuckte ahnungslos mit der Schulter. Sofort breitete sich Sorge in Chiaki aus. „Komm lass uns die anderen suchen gehen…vielleicht finden wir sie irgendwo.“, schlug Access vor. Mit einem Nicken stimmte Chiaki seinen Freund zu und ging aus dem Raum raus, in einem langen, vertrauten Gang. Derselbe Gang wie damals, welches zu Gottes Tor führte. Auch dieser war teilweise in Trümmern. Brand- und Blutspuren waren an Wänden und Decken verteilt. Vereinzelt lagen Engel blutig auf dem Boden. Der Blauhaarige konnte nicht glauben, was er sah. „Die Dämonen sind stärker als wir dachten…“, hört er Access trocken sagen. Seine bernsteinfarbenen Augen hatten einen gefühllosen Touch bekommen. Vor Gottes Tor lagen die Engel, die Wache standen, ebenfalls leblos auf dem Boden. Chiaki umklammerte sein Kreuz fest in seiner Hand, ein ungutes Gefühl überkam ihm. Er wollte nicht wissen, was hinter dem Tor ihn erwartete. Der Gedanke allein, jagte ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken. „Wollen wir rein?“, fragte Access und warf Chiaki einen prüfenden Blick zu, die Handflächen auf das Tor gestemmt. Dieser nickte. Mit einem Schwung öffnete sich der Eingang zur großen Halle. Chiaki zog scharf die Luft ein als er den Raum betrat. Die Spuren eines grausamen Schlachtfeldes breiteten sich vor ihm aus. Die Säulen waren nur ein Haufen Gesteinsbrocken. Überall lagen die leblosen Engelskörper verstreut. Mitunter fand er Noyn und Fin reglos sowie blutüberströmt auf dem Boden. Oh Nein!, ging es Chiaki alarmierend durch den Kopf. Er und Access gingen auf die beiden zu. Kein Lebenszeichen von ihnen. Chiaki schaute Access mit einem mitleidigen Blick an. „Access…“ Er wusste nicht was er sagen sollte. Der Angesprochene blickte ausdruckslos auf Fin herab, nickte nur traurig und wandte sich zu Gottes Podest um. Chiaki folgte seinen Blick. Seine Augen weiteten sich schockiert. Der Podest war leer. Keine sanft, leuchtende Energiekugel war zu sehen. „Was zum… Wo ist er?“, fragte Chiaki fassungslos, obwohl er sich die Antwort denken konnte. „Gott…ist nicht mehr.“, brachte der Engel kaum hörbar hervor. „Aber-… Wer-… Und was ist mit Maron?! Ihre heilige Kraft!“ Ehe Access ihm antworten konnte, wurde der Engel von einem dunkeln Energiestahl durch die Brust geschossen. Blut floss ihm aus dem Mundwinkel und er sackte wie in Zeitlupe leblos zusammen. „ACCESS!“, schrie Chiaki erschrocken auf. Plötzlich traf ihn eine Energiewelle und warf ihn am anderen Ende des Raumes. Kampfbereit stand er wieder auf, allerdings konnte sich nicht von der Stelle bewegen. Schwarzer Rauch tauchte unter seinen Füßen auf, schlang sich um seine Beine, hielt ihn an Ort und Stelle fest. Verdammt! Ich kann mich nicht bewegen! Mit Schreck musste der junge Mann feststellen, dass sein Kreuz aus seiner Hand geschleudert wurde. Eine schattenhafte Gestalt tauchte auf. Sie hatte eine schmale, weibliche Form und war komplett von demselben schwarzen Rauch umhüllt. Der Schatten hob Chiaki’s Kreuz auf und sprach mit dem Rücken zu ihm gewandt in einer vertrauten Stimme: „Dieses Kreuz…“ Chiaki zuckte merklich zusammen. Er kannte die Stimme. Er kannte sie gut. Sogar mehr als gut. „Bist du-“, wollte er ansetzen, doch die schattenhafte Person unterbrach ihn. „Chi-a-ki….“ Die Stimme nahm einen rauen, finsteren Ton an. Der schwarze Rauch löste sich langsam auf. Lange, weiß-blonde Haare tauchten auf. Sie waren in drei große Strähnen geteilt, die mittlere Strähne war zu einem großen Zopf zusammengebunden. Sie trug ein weißes Outfit, mit schwarzen Akzenten, die einst mal Rot und Gold waren. Chiaki’s Augen weiteten sich. Sein Gesicht verlor an Farbe. Ihm blieb das Herz stehen. Maron…! Jeanne drehte sich um. Ihre Haut war unnatürlich blass, die ehemals violetten Augen leuchteten blutrot. Dennoch war sie wunderschön. Mit einem stechenden Blick schauten sie direkt in seine braunen. Die Worte die sie als nächstes aussprach, ließen Chiaki’s Blut gefrieren: „Du bist zu spät.“   Chapter 24: Too Late? --------------------- Chapter 24: Too Late?   [BGM: https://youtu.be/xuhBmPU6NP4]   „Du bist zu spät.“, hörte Chiaki Jeanne eiskalt mit rauer Stimme sagen. Ihre stechend roten Augen blickten ihn böse, verachtungsvoll sowie hasserfüllt an. Langsam schritt sie auf ihn zu. „Du hast zu lange gebraucht… Die Dunkelheit hat mich in ihrem Bann gezogen und nun ist Gott vernichtet! Die gesamte Menschheit ist vernichtet! Du bist schuld, Chiaki!“ Mit einer Handbewegung entfernte sie den Rauch um seine Beine und der Blauhaarige fiel fassungslos auf die Knie, die Hände zu Fäusten geballt, den Kopf zu Boden gesenkt. „Nein…Das kann nicht sein…!“, hörte man von ihm nur wispern. Jeanne’s Mundwinkel hoben sich zu einem hämischen Grinsen. „Das ist alles allein deine Schuld. Wärst du nicht so schwach gewesen, wäre das alles nicht passiert!“, sprach sie weiter vorwurfsvoll auf ihn ein. Darauf abzielend, noch mehr Schuldgefühle in ihm einzureden. Für eine Weile sagte Chiaki nichts. Seine Augen waren weiter auf dem Boden gesenkt. Auf einmal griff er sich einen Dolch, was auf dem Boden lag und warf es Jeanne in die Brust. Es traf sie mitten ins Herz. Erschrocken schnappte sie laut nach Luft und riss die Augen weit auf. „Was zum-… Wie kannst du-…!“, sagte sie voller Fassungslosigkeit.   Ihr entsetzter, ungläubiger Blick wanderte zu ihrer Brust runter und wieder hoch zu Chiaki. Dieser schaute sie ernst an. Jeglicher Schock war aus seinen Zügen verschwunden. „Ich sagte doch, du kriegst mich mit deinem kranken Spiel nicht klein.“, sagte er trocken und setzte sich auf, „Dir gehen wohl die Ideen für deine Illusionen aus.“ In innerhalb von Millisekunden wurde Jeanne’s geschockter Gesichtsausdruck ebenfalls ernst. Ohne jegliche Anzeichen von Schmerzen richtete sie sich gerade auf und sie schaute ihn grimmig an. „Was hat mich verraten?“, fragte der Dämon mit unterdrückter Wut. Der Dolch in Jeanne’s Brust war unterdessen verschwunden sowie alles andere um die beiden herum. Der helle Raum versank wieder in Dunkelheit. Nur noch der Schach-Brett-ähnliche Boden blieb übrig. „Ach bitte…“, Chiaki hob seinen Kinn und ging wenige Schritte auf sein Gegenüber zu, „Schon als ich Access sah, habe ich sofort gemerkt, dass etwas nicht stimmte.“ Jeanne zog fragend die Augenbrauen zusammen. Chiaki fing an mit dem Finger aufzuzählen und zu erklären. „Erstens: Access nennt mich nie ‚Chiaki‘. Seit dem ersten Tag in der wir uns kannten, hat er immer ‚Sindbad‘ zu mir gesagt. Ebenso ist er ein wandelndes Gefühlsbündel. Als wir Fin’s sogenannte ‚Leiche‘ sahen, war er viel zu ruhig, dafür dass er sie abgöttisch liebt. Aber wie soll ein Dämon, wie du, auch richtige Gefühle kennen.“ Er lachte kurz auf. „Zweitens: Ich habe sofort gemerkt, dass du das alles hier aus meinen Erinnerungen aufgebaut hast. Dieselben Räume und dieselben Gänge. Mehr kannte ich aus Gottes Palast auch nicht.“ Chiaki hielt mit einer künstlichen Pause kurz inne und funkelte Jeanne an. „Und Drittens: Als ob Maron sich so leicht in die Dunkelheit ziehen lässt! Sie ist stärker als ihr alle denkt!“ Ein selbstgefälliges Grinsen formte sich um seine Lippen. „Unterschätz mich gefälligst nicht.“ Jeanne knirschte zornig mit den Zähnen, fing jedoch in der nächsten Sekunde an laut zu lachen. Es war ein sarkastisches, fieses Lachen. „Und dabei habe ich mir sooo viel Mühe gegeben dir eins auszuwischen. Es war ein ziemliches Stück Arbeit das Licht deines dämlichen Kreuzes zu unterdrücken und daaaas alles hier aufzubauen.“ Sie hob den Zeigefinger und machte eine kreisende Bewegung. Ein unnatürliches, arrogantes Lächeln zeichnete sich auf ihrem hübschen Gesicht ab. „Ich sagte dir doch, ich mache es dir nicht so leicht. Als ob du mich so einfach überwältigen kannst, in der du einem kleinen Stern hinterher läufst. Außerdem…“ In einer überheblichen Haltung verschränkte Jeanne die Arme und hob ihr Kinn in die Höhe. Die roten Augen stierten Chiaki kalt an. „Vielleicht ist das die Realität in der du zurückkehren wirst… Wer weiß!“ Chiaki schaute sein Gegenüber herausfordernd an. Mit einem gehässigen Lächeln warf der Dämon ihm sein Kreuz vor die Füße. In Jeanne’s Händen tauchte ein Schwert auf. „Wenn du mich loswerden willst, dann müsstest du dir richtige Mühe geben.“ Mit den Worten stellte sie sich in Kampfposition. Der Kaito nahm sein Kreuz wieder an sich. Mit einem sanften Licht verwandelte es sich ebenfalls in ein Schwert, ein Katanaschwert. Gib mir die Kraft, Maron…, dachte er sich und schloss kurz die Augen. Chiaki spürte, wie eine warme Kraft durch seinen Körper floss. Kraft, die ihm Energie und Stärke gab. Entschlossen blickte er den Dämon an. „Ich werde dich erstmal aus meinem Herzen vertreiben! Das verspreche ich!“, sagte er siegessicher. Seine braunen Augen verengten sich leicht. „Mir wäre es allerdings lieber, wenn du nicht diese Gestalt annehmen würdest.“, fügte Chiaki bitter hinzu. „Ooooh! Ein Grund mehr diese Gestalt beizubehalten! Wo bleibt dann der Spaß?“, lachte Jeanne sadistisch. Das kalte Grinsen auf ihrem Gesicht wurde breiter. „Glaubst du wirklich, du kannst mich in meinem Spiel schlagen?“ „Ich ziele nicht darauf ab, irgendein Spiel zu gewinnen.“, entgegnete Chiaki in einer neutralen Tonlage. Das Grinsen verschwand aus Jeanne’s Gesicht und sie neigte den Kopf irritiert zur Seite. „Du willst nicht gewinnen…?“, fragte sie misstrauisch, „Aufgeben willst du aber auch nicht.“ „Nein…“ Chiaki hielt weiterhin Blickkontakt mit dem Dämon. „Ich werde das verdammte Brett zerstören.“, deklarierte er selbstsicher. Jeanne’s Augen verengten sich zu Schlitzen. „Mit Brett meinst du das alles hier?“, fragte sie ungläubig, tappte mit dem Stiefelabsatz auf dem Boden und hob beide Hände demonstrativ in die Höhe. „Dein eigenes Herz?“ Chiaki ließ mit einem wissenden Blick gleichgültig die Schultern hoch und runter senken. Seine Gelassenheit brachte den Dämon noch mehr aus der Fassung. „Weißt du eigentlich, was du da laberst!?“, brachte Jeanne entgegen und verzog grimmig das Gesicht. „Zerstörst du mich, stirbst auch du!“ „Das ist mir bewusst. Schon als du sagtest, dass du ein Teil von mir bist.“, sagte der Blauhaarige ruhig. Jeanne lachte schnaubend auf. „Also hattest du auch nicht vor zu deinen Freunden zurückzukehren? Du willst den Held spielen und dich selbst opfern?“ Mit einer schnellen Bewegung schoss der Dämon auf Chiaki zu und griff an, doch dieser blockte dessen Klinge gekonnt ab. „Was auch immer es kostet, um Maron und meine Freunde zu beschützen!“, sagte er voller Entschlossenheit und stoß seinen Gegner von sich. Dann setzte er zum Angriff an. *** Wenige Stunden zuvor wachte Jeanne in einem unbekannten, schwach beleuchteten Ort auf. Mit schwachen Armen, setzte sie sich vorsichtig auf und schaute sich um. Der Raum, in dem sie sich befand, war von glühendem Gestein in den Wänden beleuchtet. Überall lagen Stapel von antiken, alten Bücher. Sie selbst fand sich auf einem Bett wieder. Wo bin ich hier? Was ist passiert?, ging es Jeanne durch den Kopf und ließ ihre letzten Erinnerungen Revue passieren: Noyn und die Himmelsengel waren mit Sindbad verschwunden, während die Kamikaze-Diebin zurückblieb, sich durch die Hölle kämpfte und nach einer Fluchtmöglichkeit suchte. Dann tauchte unerwartet Lucifer auf und setzten sie außer Gefecht. „Was- Was willst du von mir?“, fragte Jeanne misstrauisch. „Dich.“, sagte er mit einem breiten, unheimlichen Grinsen und kam ihr näher. Sofort zuckte die Blonde zusammen und versuchte Abstand zwischen ihnen zu halten, ohne Erfolg. „Um präzise zu sein: Ich brauche ein Stück deiner Seele, Eva.“, fügte er geheimnisvoll hinzu, dass Gesicht ihrem nur wenige Zentimeter entfernt. Was danach geschah konnte Jeanne selbst nicht in Worte fassen. Er steckte seine Hand nach ihrer Brust -in Höhe ihres Herzens- aus und griff nach etwas Unsichtbarem. Mit einem Mal verspürte Jeanne eine akute Kraftlosigkeit, sie rang hörbar nach Luft. Ihr geschockter Blick wanderte runter und der Dämonenkönig schien etwas Kleines, Leuchtendes in seinen Fingern zu halten, welches wie ein seidener Faden mit ihr verbunden war. Dann riss der Faden und sie sah nur noch das schwache Leuchten des Objektes. Im nächsten Augenblick wurde alles um sie herum schwarz. Wie viel Zeit ist vergangen…? Wie lange bin ich jetzt schon hier?, fragte sich Jeanne panisch und hielt sich die Hand vor der Brust. Was wollte er mit einem Stück meiner Seele…? Noch immer spürte sie dieses kraftlose Gefühl, welches sie davon abhielt aufzustehen. Gleichzeitig fühlte sie jedoch dieselbe angenehme Wärme aus ihrem Kreuz strömen, wie als Erzengel Michael ihr sein Schwert überreichte. „Oh. Du bist wach.“, hörte Jeanne jemand sagen und riss sie aus den Gedanken. Vor ihr stand Lucifer und schaute sich gelangweilt ein Buch an. Jeanne musterte ihn stumm. Er sah noch attraktiver aus als er schon vorher als Akira war, das musste sie sich eingestehen. Wären die Drachenflügel und das dunkle Auge nicht, wäre Lucifer der schönste Engel, den sie je gesehen hatte. „Was willst du von mir verdammt nochmal?“, fragte sie ihn. „Begrüßt man so einen alten Schulkameraden?“, kam es von Lucifer gespielt belustigt zurück. „Wir haben uns so lange nicht mehr gesehen und geplaudert. Wie lange ist es her seit dem Schulfestival? Über zwei Wochen?“ Er legte das Buch auf einem Stapel beiseite und ging auf Jeanne zu. „Eigentlich müsste ich ziemlich schlechte Laune haben, weil mir eine -sagen wir- besondere Spielfigur abgehauen ist und noch dazu drei meiner Anhänger getötet hat. Jetzt ist ein Drittel meines Reiches pfutsch!“ „Oh…Willst du mein Mitleid?“, erwiderte Jeanne sarkastisch. Lucifer ignorierte ihren Sarkasmus und lächelte sie ohne Emotionen an. „Du wirst mit jedem Mal, in der wir uns sehen, süßer, Eva. Adam kann sich wirklich glücklich schätzen.“ Jeanne verengte ihre violetten Augen und funkelte ihr Gegenüber wütend an. „Wenn du mich und meine Kraft haben willst… Wenn du mich zu einer deiner Spielfiguren machen willst - meinetwegen, aber lass Chiaki gehen!“ Lucifer schmunzelte. „Würdest du wirklich Gott und die Menschheit für ihn aufs Spiel setzen? Willst du wirklich Milliarden von Leben für eins opfern, Eva?“, fragte er prüfend. Die Diebin zuckte daraufhin merklich zusammen und drehte ihren Kopf von ihm weg. Sie wusste, dass sie Gott und die Welt nicht so einfach aufgeben konnte, allerdings wollte sie auch Chiaki mit aller Macht retten. „Hm, ich glaube das geht alles leider nicht so leicht, Schätzchen.“, sprach der König der Dämonen weiter, sah ihr den inneren Zwiespalt an und setzte fort: „Dir sollte klar sein, dass Gottes Kraft in dir für uns jahrelang unantastbar war. Sie war nur präsent wenn du geboren wurdest. Und so gerne wir dich an uns reißen wollen, meine Liebe, leider hindert uns nicht nur Gottes Kraft davon ab dich zu besessen, sondern auch dein eigenes Herz.“ „Wovon redest du?“, wollte Jeanne wissen und zog verwundert die Augenbrauen zusammen. Noch immer spürte sie keine Kraft aufzustehen. Ebenso wusste sie nicht, wie sie Lucifer, dem Palast oder der Hölle entkommen konnte. Doch die steigende Wärme ihres Kreuzes gab ihr aus unerfindlichen Gründen ein sicheres Gefühl. „Jede Seele, jedes Herz ist mit Licht und Dunkelheit gefüllt. Doch nur eine Handvoll von Menschen besitzt ein komplett reines Herz aus Licht, ohne ein Fünkchen Finsternis.“, fing Lucifer an zu erläutern, beugte sich zu Jeanne nach vorne und schaute ihr eindringlich in die Augen. Plötzlich streckte er eine Hand nach ihrer Haarschleife aus und löste sie. Nun saß sie als Maron vor ihm. Ohne weiteres erklärte Lucifer weiter: „Und du, Eva, warst der erste Mensch auf Erden mit solch einer Reinheit. Kein Wunder wieso Gott so von dir angetan war. Du bist förmlich immun gegen jegliche Art von Dunkelheit. Dein Herz zu befallen ist demnach für mich unmöglich. Und sobald wir eine Inkarnation von dir getötet hatten, erweckte Gottes Kraft in dir und stellte meine Dämonen außer Gefecht. Gleichzeitig wurdest du natürlich auch jedes Mal wiedergeboren.“ Er hielt kurz inne. „Nun…Du, Maron Kusakabe, bist die erste Reinkarnation von Eva, die ihre Kraft ohne zu sterben erweckte. Herzlichen Glückwunsch dafür!“ Lucifer lachte kurz auf. „Du verstehst in welchen Teufelskreis ich mich Jahrtausende lang befand, wenn es um die Kraft in dir ging, oder?“ Für einen Moment musste er über seinen eigenen Wortwitz grinsen. „Deswegen konnte ich dir auch nur ein kleines Stück deiner Seele entreißen, falls du dich das schon gefragt hast. An mehr komme ich nicht ran.“ „Was hattest du überhaupt vor damit?“, fragte Maron kritisch.   „Wirst du früher oder später von selbst noch erfahren.“, umging er die Frage augenzwinkernd. Maron verengte argwöhnisch ihre braunen Augen. „Also…da du an mich und meiner Kraft nicht rankommst, bist du vor Jahren auf die Idee gekommen Adam’s Seele zu besessen, um mich und Gott zu schwächen.“, schlussfolgerte sie nach einigen Momenten trocken. „Genau! Schlaues Mädchen! Besser konnte es schließlich nicht kommen, als Noyn vor über 500 Jahren plötzlich ankam und seine Seele uns freiwillig aushändigte. Wie auf einem Präsentierteller! Da habe ich natürlich die beste Möglichkeit ergriffen und zugeschlagen! Zwar reicht Adam’s Kraft nicht an die von dir ran, jedoch ist sie genug, um den Herrn da oben ausreichend zu schwächen. Ebenso konnten wir uns alle über deinen eigenen Schmerz erfreuen!“ Lucifer’s Augen leuchteten voller Schadenfreude. „Sag, wie fühlt sich so ein gebrochenes Herz an?“ Maron warf seufzend den Kopf in den Nacken. „….Und wieso tötest du mich jetzt nicht einfach? Ich habe meine Kraft erweckt und du könntest mich ohne Hindernisse aus dem Weg räumen. Je schneller du den Herrn besiegt hast, desto besser, oder nicht?“ Der Dämonenkönig hob amüsiert eine Augenbraue. „Wieso bist du so ruhig?“, fragte er neugierig. „Nachdem ich all euren Intrigen überlebt habe und wortwörtlich durch die Hölle gegangen bin…Da ist man schon abgehärtet.“, sagte sie, hob ihr Kinn und zuckte gelassen mit den Schultern.    „Hm…Dich zu töten ist ein verlockendes Angebot, wäre allerdings am Ende viiiel zu einfach! Ich spiele lieber noch etwas und erfreue mich am Leid anderer.“, beantwortete Lucifer ihre Frage ehrlich. „Für dich ist das alles nur ein sadistisches Spiel.“, brachte Maron mit Gift in der Stimme entgegen. „Natürlich ist das alles ein Spiel.“ Er lächelte überlegen. „Was hältst du davon, wenn du freiwillig zu uns überwechselst und für mich kämpfst? Ich würde die eine höhere Macht verleihen als der Herr. Du wärst mit deinem geliebten Adam -ich meine Chiaki- zusammen… Und ich kann dir die Freiheiten geben, die Gott dir verwehrt. Wenn du verstehst, was ich meine.“, schlug Lucifer augenzwinkernd vor, positionierte seine Arme jeweils an beide Seiten neben sie und kam ihr noch näher. „In der Hinsicht ist der Herr oben ziemlich egoistisch, findest du nicht?“ „Niemals!“, sagte Maron spitz und presste ihre Lippen zusammen. „Wirklich? Du kannst dich ein Leben lang mit küssen zufrieden gaben?“, fragte Lucifer ungläubig und schaute ihr tief in die Augen. „Apropos Kuss…Wen fandst du besser, mich oder Adam?“ Seine Stimme nahm einen verführerisch tiefen Ton an. „…“ Maron schwieg die Frage tot und ihr Gesicht verhärtete sich. Dennoch hielt sie seinen Blickkontakt stand. „Ach komm…du musst zugeben, wir hatten einen besonderen Moment damals gehabt. Und man kann mir nicht nachsagen, dass ich schlecht war. Ich konnte es dir ansehen, meine Liebe.“, grinst er. „…Du hattest doch alles sowieso nicht ernst gemeint. Das gehörte doch alles zu deinem manipulativen Spiel. Der Kuss. Die Blumen.“, sagte Maron ernst. „Ihr Dämonen habt doch keine Ahnung von der Liebe. Ihr seid nicht fähig Liebe zu empfinden.“ Lucifer seufzte kurz, schaute sie ernst an und neigte leicht den Kopf zur Seite. „Dir ist die Story bekannt, dass ich mit einem Drittel der Engel vom Himmel verbannt wurde?“, fragte er. „Und?“ „Worauf ich hinaus will, ist dass ich und die meisten anderen hier Engel waren. Engel können, wie ihr Menschen, Gefühle empfinden.“ „Ihr seid aber keine Engel mehr…“, entgegnete sie trocken, behielt eine neutrale Miene bei. Ein leises, raues Kichern entkam Lucifer. „Du bist ziemlich stur, Eva. Weißt du das?“ Er beugte sich noch weiter zu ihr nach vorne. War kurz davor ihre Lippen mit seinen zu berühren. „Weißt du…In jedem Spiel gibt es Regeln und Spieler. Es gibt die Spieler, die sich an die Regeln halten und die, die die Regeln brechen.“, sagte Maron plötzlich. Ihr Kreuz an ihrem Hals glühte auf ihrer Haut und begann Golden zu leuchten. Die goldene Aura strömte nach außen und umhüllte sie. Sie verwandelte sich vor Lucifer’s Augen in Jeanne. „Was zum-…?“ Bevor er reagieren konnte schlug Jeanne ihn und warf sich mit ihrem gesamten Körpergewicht auf ihn. Sie packte Lucifer am Kragen. „Und ich gehöre lieber zu denen, die die Spielregeln neu schreiben!“, vollendete sie abschließend, die goldene Energie wurde dichter, breitete sich nach außen aus und begann wie ein Wirbelsturm um die beiden umherzuschwirren. Für einen kurzen Moment leuchteten ihre Augen Golden auf und ehe Jeanne sich versah, wurde die dunkle Atmosphäre des Höllenpalastes von einer vertrauten, hellen Umgebung ersetzt. Mit einen kurzen, dumpfen Aufprall landete sie mit Lucifer unter ihr auf harten Boden. Irritiert schaute sie kurz auf. „Mein Glückwunsch, Eva. Du hast es geschafft durch die Dimensionen zu reisen und uns zu Gottes Palast zu bringen.“, sagte Lucifer anerkennend und warf einen kurzen Blick auf sein neues Umfeld. Sein Gesicht spiegelte keinerlei Überraschung wider. Eher strahlte er eine ungewöhnliche Gelassenheit aus. Kaum hatte er zu Ende gesprochen zog Jeanne ihr Schwert und hielt es ihm an den Hals. „Erspar mir das arrogante Getue!“, sagte Jeanne kühl, ihre Augen wurden wieder violett und positionierte die Schwertspitze Zentimeter über seine Brust. Dieser fing an zu lachen. Es war ein sowohl amüsiertes als auch diabolisches Lachen. Mit ausgestreckten Armen lag er unter ihr. Um sie herum waren lose Federn seiner Engelsflügel verteilt. Schließlich sagte er: „Töte mich, liebe Maron. Töte mich und du wirst Chiaki Nagoya auch töten.”   Chapter 25: Fire meets Fate --------------------------- Chapter 25: Fire meets Fate   Teach me how to fight, I'll show you how to win You're my mortal flaw and I'm your fatal sin Let me feel the sting, the pain, the burn under my skin Put me to the test, I'll prove that I'm strong Won't let myself believe, That what we feel is wrong I finally see what you knew was inside me all along That behind this soft exterior Lies a warrior [Beth Crowley – Warrior] ---------------------------------------   „Töte mich und du wirst Chiaki Nagoya auch töten.”, sagte Lucifer und lächelte diabolisch. „Was redest du da?“, fragte sie schwer atmend, hielt ihr Schwert immer noch in der Höhe. „Mein Leben und seins sind mit einem magischen Band miteinander verknüpft.“, erklärte er und kicherte finster. „Eine reine Präventionsmaßnahme, da ich natürlich ahnte, dass es zu so einer Situation kommen könnte.“ Er hielt kurz inne und grinste selbstgefällig zu Jeanne auf. „In jedem Spiel gibt es jemanden mit einer Trumpfkarte. Und wer weiß, wie viele ich davon noch parat habe.“ „Du lügst!“, zischte Jeanne. „Wenn du mir nicht glaubst, dann mach. Töte mich. Du wirst schon sehen, was du davon hast.“ Herausfordernd provokativ blickte Lucifer ihr in die Augen. Jeanne’s Griff um ihr Schwert verkrampften sich. Erinnerungen an Zen kamen ihr hoch und wie sie vor einem ähnlichen Ultimatum gestellt wurde. Lucifer sah ihr den inneren Konflikt an. „Na? Werden Erinnerungen wach, Jeanne?“, fragte er und zog eine Augenbraue hoch. „Wenn ich mich richtig entsinne, sollte dir so eine Situation bekannt vorkommen.“ Mit einem frustrierten Aufschrei schnellte Jeanne ihr Schwert herunter und durchtrieb es in den marmorähnlichen Boden des Palastes, wenige Zentimeter entfernt von Lucifer’s Hals. Dieser zuckte nicht mit der Wimper. Jeanne’s Schwert verwandelte sich in ihr Kreuz zurück. Im selben Augenblick tauchte plötzlich Erzengel Michael und ein paar weitere Engel -darunter Toki und Cersia- auf und richteten ihre Waffen auf den Dämonenkönig. Sie waren alle in weiße Kampfgewänder gekleidet. Jeanne und Lucifer ignorierten die Anwesenheit der Engel. „Du kannst es nicht.“, lachte Lucifer Jeanne an, „Du kannst mich nicht töten.“ „Ich kann Chiaki nicht töten.“, fauchte sie ihn an. „Ist dasselbe.“ „Zur Hölle mit dir!“ „Von der kam ich gerade, meine Liebe.“ „Wir kümmern uns um ihn, Eva.“, hörten sie Micheal auf einmal sagen. Mit einer Handbewegung legte er magische Fesseln um Lucifer. Jeanne stand auf, nahm ihr Kreuz an sich und entfernte sich von ihm. Der Dämonenkönig setzte sich auf und warf dem Erzengel einen herablassend Blick zu. „Wir können ihn nicht töten…Chiaki’s Leben steht auf dem Spiel.“, sagte Jeanne zu Michael gerichtet. „Haben wir mitbekommen. Allerdings…“ Der Engel flüsterte ihr kurz etwas ins Ohr. Die violetten Augen der Kamikaze-Diebin weiteten sich und sie griff reflexartig nach ihren Kreuz. Dann wandte sich der Erzengel an Lucifer. „Lange nicht gesehen, Bruder.“, sagte der ehemalige Seraph mit einem arroganten Gesichtsausdruck. „Wir sind seit langem keine Brüder mehr, Lucifer.“, entgegnete Michael ernst und verengte leicht seine Augen. „Denkst du wirklich du kannst mich hier festhalten?“, fragte der Angesprochene und zog eine Augenbraue hoch. „Du magst zwar mächtig sein, aber falls du es vergessen hast, habe ich dich von hier runtergestoßen.“, sagte Michael kühl. „Ich kann es gerne nochmal tun.“ „Meine Abwesenheit in Edom wird nicht unbemerkt bleiben.“ „Dann müsste deine Gefolgschaft es erstmal schaffen durch die himmlische Barriere hier durchzukommen.“ Lucifer schenkte ihm daraufhin ein geheimnisvolles Lächeln. „Was für eine Barriere?“, fragte Jeanne neugierig sowie irritiert. „Eine magische Mauer um das gesamte Reich des Himmels.“ „Verstehe…Woher wusstet Ihr, dass wir hier sind?“ „Ich spüre, wenn etwas im Himmel nicht stimmt oder sobald ein Feind auftaucht.“, erklärte Michael. Jeanne nickte verstehend. „Nun denn…Am besten holen wir Eure Freunde hierher.“, schlug der Erzengel vor. „Ja. Das wäre gut.“, stimmte Jeanne mit einem verhaltenen Lächeln zu. Mit einer kurzen Kopfbewegung wandte Michael sich an Toki, woraufhin dieser durch ein Portal verschwand. Im nächsten Moment kam der Himmelsengel mit Noyn, Silk, Access und Fin wieder. „Jeanne!“, riefen alle im Chor und liefen bzw. flogen auf die Diebin zu. Stürmisch wurde sie von allen umarmt und gleichzeitig mit Fragen überflutet. Dann bemerkten die vier Lucifer gefesselt auf dem Boden sitzen, um ihn herum mehrere von Michael’s Kriegerengeln, die Waffen an seinen Hals gerichtet. Mit einem kalten, gleichgültigen Blick beobachtete er alles. Fin zuckte merklich zusammen als sie ihn sah, woraufhin Access sich beschützend vor sie stellte und ihn wütend anfunkelte. Auch Silk und Noyn wirkten aufgelöst und verunsichert. „Wir lassen dich in der Hölle zurück und du kommst direkt mit dem König wieder?“, kam es von Noyn und hielt sich den Kopf. Er wusste nicht, ob er verwirrt, erstaunt oder überrascht sein sollte. „Hmm.“, brachte Jeanne nur entgegen. „So wie Toki geklungen hat, dachte ich, der Palast wäre angegriffen worden!“, sagte Access. Lucifer schmunzelte unbeobachtet bei der Aussage. Die Kamikaze-Diebin begann kurz und knapp zusammenzufassen was alles geschehen war. Hope kam unbemerkt angeflogen und hörte mit zu. Ihr Gesichtsausdruck war ruhig und gefasst. „Was war eigentlich bei euch passiert nachdem ihr mit Chiaki verschwunden wart?“, fragte Jeanne, obwohl sie sich die Antwort denken konnte. Schließlich war ihr Freund nicht hier bei ihr oder ihren Freunden. Fin seufzte niedergeschlagen und begann zu erzählen. Access stimmte an manchen Punkten mit ein. Nachdem die Beiden zu Ende sprachen herrschte unter den Freunden kurzes, bedrücktes Schweigen. „Er hat euch angefleht ihn zu töten?“, fragte Jeanne traurig und zugleich entsetzt. Das Engelspaar nickte synchron mit dem Kopf. Die Diebin seufzte resigniert. „Ihr habt euer Bestes getan. Danke.“, sagte sie und schenkte ihren Freunden ein schwaches Lächeln. Zur Nichterwartung aller Anwesenden im Raum, ging Hope plötzlich auf den gefesselten Dämonenkönig zu und schlug ihm mit der Faust kräftig ins Gesicht. Ein Großteil der Beobachter fuhr überrascht zusammen. „Das ist dafür, was du meinem Sohn angetan hast.“, sagte sie mit unheimlicher Ruhe, entfernte sich von ihm und gesellte sich an Michael’s Seite. Lucifer machte ein ehrlich überraschtes Gesicht und schaute Hope mit großen Augen an. Alle anderen Beteiligten schauten fassungslos sowie eingeschüchtert zu dem weiblichen Erzengel rüber. Respekt!! Scheuert sie dem König der Hölle einfach eine!! Die ist unheimlicher als jeder Dämon…!! Die Wut einer Mutter sollte man nicht unterschätzen…. Alter, vor ihr habe ich deutlich mehr Angst!!! Selbst der furchtlose Erzengel Michael machte einen leicht ehrfürchtigen, gleichzeitig respektvollen Eindruck und warf Hope einen anerkennenden Seitenblick zu. „Oh, ich habe eine Schwäche für starke Frauen.“, grinste Lucifer amüsiert und wandte sich an Michael. „Übrigens! Bekomme ich nicht die Ehre unseren allmächtigen Vater und Schöpfer wiederzusehen?“ „Nein!“, wendete der Erzengel sofort ein. In dem Augenblick wurde das Tor zum inneren des Palastes mit einem Siegel verschlossen. „Ach komm! Hat mich keiner hier vermisst? Wie viele Jahrtausende ist es denn nun her, seit ich und die anderen von hier verstoßen wurden? Von dem was ich von der Eingangshalle sehe, hat sich hier nichts verändert! Wo sind denn Raphael und Uriel? Und wie geht’s denn der süßen Gabriel? Passen sie alle etwa auf den Herrn auf? Oder-“ „Sei Still!“, rief Michael genervt. Lucifer lachte kühl. Ein dumpfer Knall war auf einmal von draußen zu hören. Bis auf den Dämonenkönig schnellten alle ihre Köpfe in Richtung des Geräusches.   [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=OxpnY_rTLLo] Das große Eingangstor öffnete sich und ein drei Engel kamen reingeflogen. „Michael-sama!! Wir werden angegriffen!!“, rief einer von ihnen aufgebracht. Jeanne blickte nach draußen und sah eine riesige Armee von Dämonen in der Ferne, die sich näherten. „Die sollten die Barriere nicht durchbrechen können!“, sagte der Angesprochene kritisch. Lucifer ließ seinen Blick für einen Moment zu Silk wandern, ehe er sich wieder an den Erzengel wandte. „Ist diese Barriere auch stark genug, um einen Drachen Stand zu halten?“ „Was?!“ „Noyn ist nicht der Einzige mit einem nützlichen Haustier.“, sagte Lucifer und kicherte fies. Plötzlich fing alles an zu beben. „Ich hoffe Gott hat nichts gegen einen zweiten Krieg hier oben, oder?“ In der Sekunde kam ein großer, schwarzer Drache auf den Himmel zugeflogen und spuckte rot-violette Feuerbälle. Die ersten wurden von der Barriere abgeblockt, doch der Letzte durchbrach die magische Mauer schließlich mit einem klirrenden Geräusch und traf einige Engel. Schreie waren in der Ferne zu hören. Dämonen waren dabei in Gottes Reich einzudringen. In rasender Geschwindigkeit flog der schwarze Drache auf den Palast zu und spie Feuer. Die Wände der Eingangshalle brachen zusammen und alle wichen dem Angriff fliegend aus. Jeanne wurde dabei von Fin weggetragen. Der Rest des Palastes wurde von einem Schutzschild noch in Schutz gehalten. Durch einige Funken der Flammen, lösten sich die magischen Fesseln von Lucifer auf. Er breitete seine Flügel aus, beschwor ein riesiges, schwarzes Schwert und schnellte durch einige von Michael’s Anhängern hindurch. Es spritzte Blut. Leblos fielen seine Opfer zu Boden. Mit einem herausfordernden Grinsen blickte Lucifer zu Michael rüber, der sich mit einer Armee vor dem versiegelten Tor positioniert hatte. Einige Tropfen Blut klebten dem Dämonenkönig im Gesicht. Auf einmal kam ihm von der Seite ein orange-gelber Feuerball entgegen, welches er mühelos auswich. Silk hatte sich in seine Drachenform verwandelt und war bereit den nächsten Angriff zu tätigen. „Kümmere dich um ihn, Bahamut.“, befahl Lucifer dem schwarzen Drachen, der sich auf Kommando auf Silk warf. Beide flogen anschließend in die Höhe und bekämpften sich. Der Himmel begann in den Farben ihrer Flammen zu leuchten. Über das gesamte Reich verteilt bekriegten sich Engel und Dämonen. Lucifer wandte sich wieder dem versiegelten Tor und Michael zu. Im nächsten Augenblick tauchten die verbliebenen fünf Höllenprinzen an seiner Seite auf. „Alter, ist das hell hier! Ich hätte mir meine Sonnenbrille mit holen sollen!“, beschwerte sich Sammael, beschwor seine Sense und griff mit einem sadistischen Lachen den ersten Engel an. „Wie lange ich auf den Moment gewartet habe! Ich reiß euch Engel alle die hübschen Flügel raus und werfe sie euch vor die Füße!!“ Mit einer nickenden Kopfbewegung gab Lucifer auch für die anderen das Zeichen loszuziehen. Unterdessen fokussierte er sich auf Erzengel Michael. Ihre Klingen trafen aufeinander. Die Kraft Beider löste eine gewaltige Druckwelle in der Luft aus. „Dich lasse ich nicht vorbei!“, knirschte Michael mit den Zähnen. „Dann muss ich mir den Eintritt erkämpfen.“, brachte Lucifer grinsend entgegen und fragte höhnisch: „Wo ist denn eigentlich dein ach-so-tolles Schwert, womit du mich damals besiegt hattest?“ „Wirst du schon früh genug wiedersehen.“, versicherte Michael, drückte seinen Gegner von sich und griff mit einer hellen Magiekugel an.   Mit großen Augen blickte Jeanne fassungslos in alle Richtungen. Sie, Fin, Access und Noyn schwebten noch in der Luft und schauten geschockt zu, wie sich ein Krieg vor ihnen ausbreitete. Plötzlich wurde die Gruppe von einer fliegenden Gestalt angegriffen. Unsanft landeten alle auf dem Boden. „Mit euch habe ich noch eine Rechnung offen.“, sprach Lilith mit deutlicher Wut in der Stimme und rief zahlreiche, große, schlangenähnliche Dämonen hervor. Plötzlich wurde sie von einem Lichtstrahl einige Meter weggeschleudert. Hope stellte sich mit drei große, scharfe, chakram-ähnliche Ringe vor der Dämonin auf. „Ich kümmere mich um sie, sorgt ihr dafür, dass keine weiteren Dämonen hier durchkommen.“, sagte sie und warf einen Ring, der knapp an Lilith’s Hals vorbeizischte. „Miststück!“, rief die Schwarzhaarige, beschwor jeweils drei Messer in ihren Händen und warf sie Hope zu. Diese wehrte den Angriff mit ihren Ringen ab. Die vier Freunde verteilten sich unterdessen in alle Richtungen. Während Access und Fin mit Toki und Cersia versuchten die Dämonen in Schach zu halten, fand Noyn sich direkt in einem erbitterten Kampf gegen Sammael, Leviathan und Belial wieder. „Wollen wir wetten, wer von uns dreien als Erster seinen Kopf kriegt?“, fragte Letzterer mit einem hämischen Grinsen. „Die Verlierer müssen dem Gewinner ein Jahrhundert lang untergeben sein!“, ging Leviathan auf den Vorschlag ein. „Da ich der Stärkste von uns bin, wird der Gewinner ja wohl schon klar sein.“, lachte Sammael. Alle drei Höllenprinzen waren dabei Noyn anzugreifen, als dieser sie jedoch mit einer mächtigen Druckwelle von sich stoß. „Tut mir leid, meine Herren. Bei diesem Spiel werde ich wohl eher als Gewinner rausgehen.“, sagte er und hob kühn sein Kinn. Drei rote Augenpaare stierten ihn zornig an.   Einige Meter entfernt hatte Jeanne einen Dämon außer Gefecht gesetzt und spürte im nächsten Augenblick sie einen Tritt von der Seite. Aus Unachtsamkeit fiel ihr ihr Schwert aus der Hand. Es war Sindbad, der boshaft auf sie herabgrinste. „Hast du mich schon vermisst?“, fragte er abwertend. Jeanne wollte nach ihrem Schwert reichen, welches sich jedoch wieder in ihr Kreuz zurückverwandelte. Sindbad trat es beiseite. „Probiere es mal ohne das Ding zu kämpfen, Jeanne.“, sagte er spöttisch. Wütend funkelte die Angesprochene ihn an. „Kannst du gerne haben.“, entgegnete sie zu seiner Überraschung, richtete eine hell leuchtende Handfläche auf ihn und warf ihn mit einer weißen Magiewelle an die nächste Wand. Langsam bekam Jeanne mehr und mehr Kontrolle über ihre Fähigkeiten. Schnell setzte sie sich wieder auf und schnappte sich ihr Kreuz, welches wieder Golden zu leuchten anfing. Kaum hatte sie es berührt, transformierte es sich wieder in ein Schwert. Zu ihrem Erstaunen befand sich diesmal Michael’s Schwert in ihrer Hand. Die riesige Eisenklinge entfachte in einem goldenen Licht, wie als würde die Sonne in ihr hineingeschmiedet worden sein und strahlte eine angenehme Wärme in ihrer Hand aus. In dem Sekunde als das Schwert auftauchte, spürte Lucifer dessen Macht und sah es einige Meter entfernt von ihm in Jeanne’s Händen. „Schlau von dir, Bruder.“, murmelte er, als er Michael mit einem kräftigen Tritt in die Brust von sich kickte und befahl Sindbad im selben Atemzug: „Hol dir ihr Schwert!!“ Jeanne hörte dies und dachte an die Worte zurück, die ihr Erzengel Michael wenige Minuten zuvor zugeflüstert hatte. Dass es mit seiner Waffe möglich war Lucifer zu töten, ohne Chiaki’s Leben zu gefährden. Dass sie das Band zwischen ihnen zerstören konnte. Sie wollte sich in Bewegung setzen, doch plötzlich stand Sindbad vor ihr und griff sie mit einem Schwerthieb an, welches sie abblockte. „Geh mir aus dem Weg!“, zischte sie und drückte ihn von sich. „Nicht bevor du mir das Schwert gibst.“, sagte er und richtete seine Schwertspitze auf sie. Die Kamikaze-Diebin schaute ihrem Gegenüber in die kalten, gefühllosen, schwarz-roten Augen. Nichts mehr von ihm erinnerte sie an den Chiaki, den sie kannte. Nichts von ihm erinnerte sie an den Chiaki, den sie liebte. Vor ihr stand nur noch die verzerrte Erinnerung von jemanden, den sie kannte und liebte. Die Tatsache verursachte ihr einen Stich ins Herz. Jeanne dachte an seine Bitte von damals sowie an das, was ihr Fin und Access erzählt hatten zurück. Chiaki hatte sie darum gebeten ihn zu töten. Er hatte seine Freunde angefleht ihn zu töten. In ihrem Inneren wusste sie auch, dass der wahre Chiaki lieber sterben würde, als so zu leben. Als jemand zu leben, den er nicht war und dem er auch nicht verzeihen konnte. „Gib mir das Schwert oder ich muss es dir mit Gewalt wegnehmen.“, hörte sie Sindbad ungeduldig sagen. „Du willst es?“ Jeanne ging einen Schritt auf Sindbad zu, trat ihm mit dem Fuß die Waffe aus der Hand und hob Michael’s Schwert an, die Spitze auf ihn gerichtet. Ein letztes Mal nach sie tief Luft und schloss kurz ihre Augen. „Da hast du es.“, sagte sie, schaute Sindbad direkt in die Augen und stach zu. *** [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=W28XjDNPxw0] Im selben Augenblick verspürten sowohl Access als auch Lucifer einen stechenden, qualvollen Schmerz in ihrem Inneren. Sindbad…!, dachte sich Access erschrocken, keuchte auf und schwankte zu Boden. Benommen hielt er sich die Brust und blickte auf. Suchend wanderten seine Augen durch die Menge, bis er die beiden Kaitos fand. Fin war an seiner Seite, half ihm auf und stützte ihn. Fassungslos richteten sich ihre Augen auf ihre Schützlinge. Auch Noyn merkte, dass etwas nicht stimmte. Sammael fiel soeben als Letzter von seinen Gegnern leblos zu Boden. Mit großen Augen wandte er sich in Jeanne’s und Sindbad’s Richtung.  Lucifer drehte sich ebenfalls um und verengte die Augen. Sie hat doch nicht etwa…!, ging es dem Dämonenkönig alarmierend durch den Kopf. Er spürt, wie der Zauber vernichtet wurde und ihm im Inneren höllische Schmerzen verursachte. Mit einem riesigen Energiestrahl beförderte er Erzengel Michael schließlich in die gegenüberliegende Wand und verletzte ihn schwer. Dann flog er in sicherer Entfernung hoch und beobachtete die nächsten Momente das folgende Geschehen.   Jeanne atmete schwer, ihr ganzer Körper erstarrte und trotzdem sie hielt den Schwertgriff fest umklammert. Sie hätte es sich nie zu träumen gewagt, dass sie nach Zen wieder einen Menschen töten würde. Und dennoch hatte sie es wieder getan. Und es fiel nicht nur irgendjemand ihrer Klinge zu Opfer. Es war der Mann, den sie über alles auf der Welt liebte. Vor wenigen Minuten noch hatte sie gesagt, dass sie ihn nicht töten konnte. Und dennoch hatte sie es getan. Michael’s Schwert befand sich tief in Sindbad’s Brust. Er bewegte sich keinen Millimeter oder machte einen Laut, die Augen schockiert weit aufgerissen. Blut begann aus seiner Wunde zu sickern. Trotz ihrer Schockstarre, konnte Jeanne ein schwaches Lächeln in Sindbad’s Gesicht erkennen. Für eine Millisekunde hatte sein Gesicht was Ruhiges, Befreites, Dankbares. Seine Augen wurden wieder blau und blickten warm auf sie herunter. Ehe Jeanne sich versah, breitete sich Feuer aus dem Schwert aus und zwang sie mit einer elektrisierenden Hitze dazu vom Griff loszulassen. Fassungslos stolperte sie zu Boden und beobachtete, wie Sindbad auch die Knie fiel. Das Schwert in ihm brannte in weiß-goldene Flammen und umhüllte seinen ganzen Körper. Im nächsten Moment begann sein Körper zu brennen und ein schmerzverzerrter Schrei entkam ihm.   Lilith, die Sindbad’s Schrei gehört hatte, setzte Hope mit einem letzten magischen Angriff außer Gefecht und rannte auf ihn zu. Als sie ihn kurz berührte sprang das Feuer sofort auf sie über. Sie verzerrte ihr Gesicht vor Schmerz und stieß ein qualvolles Kreischen aus. Ihr Körper begann wie Lava zu glühen und in sich zusammenzufallen. Im nächsten Augenblick war Lilith verschwunden. Nur ein Haufen Asche war an ihrer Stelle zu finden. Auch andere Dämonen, die in unmittelbarer Nähe sich befanden, fingen Feuer und wurden zu Staub. Lucifer ließ mit blanker Miene seinen Blick in alle Richtungen schweifen. Innerlich tobte er. Er sah, wie seine Königin zu Staub zerfiel, drei weitere seine Anhänger waren im Kampf gefallen und immer mehr und mehr Dämonen wurden vernichtet. In der Ferne sah er beide Drachen, die in einem ebenwürdigen Kampf einander jagten. Allmählich gewann Gottes Seite an überhand und er hasste es. Asmodeus und Azazel flogen auf ihn zu. Beide wiesen diverse Verletzungen auf. „Gottes Armee ist stark.“, sagte Asmodeus, Blut lief ihm die Schläfe runter. „Wie lautet Euer Befehl?“, fragte Azazel, die Drachenflügel teilweise zerfetzt. Wütend presste Lucifer die Zähne zusammen, seine zweifarbigen Augen begannen blutrot zu leuchten und eine schwarze Aura umgab ihn. Mit einer Handbewegung ließ er seine gesamte, übrige Gefolgschaft mitten im Kampf verschwinden und beförderte sie in die Hölle zurück. „Wir ziehen uns für heute zurück.“, sagte er mit kalter Wut und löste sich schließlich selbst im Nichts auf. Die meisten der Engel verstanden nicht wieso die Dämonen sich zurückzogen, doch schnell nutzten sie die Gelegenheit, um die Verwundeten zu versorgen oder die, die nicht überlebt hatten, zu bestatten. Viele der Verletzten wurden zu Erzengel Raphael geschickt, damit dieser sie am effektivsten heilen konnte.   Unterdessen löste sich Michael’s Schwert in goldene Lichtfunken auf und Sindbad verwandelte sich in Chiaki zurück. Sein Schrei verstummte. Das Feuer um ihn verebbte. Seine Hand griff nach seiner Brust und für einen Moment sah Jeanne seine Augen golden blitzen. Die Kette unter seinem Shirt leuchtete ebenfalls kurz auf. Dann schlossen sich seine Augen und er fiel nach vorne auf den harten Boden. Jeanne versuchte sich aufzurappeln, doch ihre Beine gaben immer wieder nach. Schließlich schaffte sie es zu Chiaki rüber zu taumeln, fiel neben ihm auf die Knie. Wie leblos lag er auf der Seite. Blut war auf seiner Brust und seinen Klamotten verteilt. Dasselbe Blut, welches auch auf den weißen Boden des Palastes und Jeanne’s weißen Klamotten klebte. [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=ZNJ6LO1QIyk] Mit zitternden Händen zog sie Chiaki an sich, legte vorsichtig seine Kopf auf ihren Schoss und strich ihm die Haare von der Stirn. „Chiaki…“, flüsterte sie. Um sie herum war alles in Bewegung. Engel flogen von allen Seiten und Richtungen an ihr vorbei, doch das bekam sie nicht mit. „Chiaki.“ Er bewegte sich nicht, atmete nicht. Das Gesicht friedlich und entspannt. Wie als würde er schlafen. „Bitte…“, sagte Jeanne, die Stimme gebrochen und heiser. Das Atmen fiel ihr mit jedem Atemzug schwerer und schwerer. „Wach auf und schau mich an….Bitte.“ Ihr war sich bewusst, was sie getan hatte, dennoch konnte sie der grausamen Wahrheit nicht ins Auge blicken. Tränen stiegen ihr hoch und liefen ihr das Gesicht herunter. Jeanne zog Chiaki zu sich, legte seinen Kopf an ihrer Schulter und ruhte ihren an seiner. Ihre Arme schlangen sich fest um seinen Oberkörper. Ihre Tränen durchnässten sein Shirt. Sie schloss ihre Augen. Als Jeanne sie wieder öffnete, sah sie Access und Fin kniend sowie weinend an ihrer rechten Seiten. „Maron…“, wisperte Fin und legte vorsichtig eine Hand auf ihre Schulter. „Jeanne…“, setzte Access an, „Ich konnte es fühlen… Er ist-…“ Die Angesprochene schüttelte verleugnend den Kopf. „Nein! Ist er nicht…!!“, schluchzte sie. Ihre Hände klammerten sich krampfhaft um Chiaki. Noyn und Silk gesellten sich zu dem Engelspaar dazu, schauten die Kamikaze-Diebin mitleidig an. Sie funkelte ihre blutverschmierten Freunde an, sah jedoch Hope auf sie langsam zukommen. Die Augen geweitet. Ihr Gesichtsausdruck brach Jeanne das Herz. Sie wandte ihren Blick ab, unfähig dem Erzengel in die Augen zu blicken. „Maron…“, hörte sie Noyn sagen. „Lass sie.“, erwiderte Hope ruhig. Jeanne ignorierte die Stimmen, nahm sie nur noch wie aus großer Entfernung wahr. Bis auf Chiaki war ihr alles egal. „Verdammt, Chiaki…!“, wisperte sie schwach, ihre Stimme erstickte. „Du bist nicht tot…Du bist nicht tot. Du bist nicht tot…! Nein, das bist du nicht…!” Wie eine Formel wiederholte sie die Worte in sich hinein. Wiederholte und weinte seinen Namen. *** Chiaki kämpfte erbittert gegen den Dämon, welcher sich immer noch Jeanne’s Gestalt befand. „Gib auf!!“, rief Jeanne’s Stimme, „Was dein ist, wird mein sein!!“ „Niemals!!“, schrie Chiaki zurück. Wieder trafen ihre Waffen aufeinander. Metall klirrte an Metall. Plötzlich waren feurige Funken zwischen ihnen, schwebten wirr in der Luft. „Was zum Henker…“, sagte Jeanne und verengte skeptisch ihre Augen. Ehe Chiaki sich versah, ging der Dämon vor ihm mit einem ohrenbetäubenden Schrei in Flammen auf. Überrascht wich er etwas zurück. Jeanne’s Stimme vermischte sich mit der dunklen Stimme es Dämons. Das Feuer breitete sich nach außen aus und verteilte sich auf dem Boden. Schließlich war der Dämon verschwunden und die Dunkelheit um Chiaki herum erhellte sich. Unter ihm löste sich der Boden auf und stieg als goldene Lichtpartikel in die Höhe. Langsam ging das Feuer auch auf ihn über. Die elektrisierende Hitze der Flammen durchströmte seinen Körper. Mit einem akzeptierenden Lächeln ließ er es geschehen. Alles um ihm herum strahlte in einem weiß-goldenen Licht. Geblendet von der Helligkeit schloss er seine Augen.   [BGM: https://www.youtube.com/watch?v=0IO5k4k3vQ0] Als Chiaki seine Augen wieder öffnete, sah er Maron über sich und er fand sich auf einer Promenadenbank wieder. Er erkannte den Momokuri-Strand sowie die Lieblingsbank von ihm und Maron wieder, wenn sie am Strand spazieren gingen. Sein Kopf war auf Maron’s Schoß gebetet. Mit einem friedlichen Gesichtsausdruck strich sie ihm liebevoll im Rhythmus durchs blaue Haar. In der Ferne hörte er das beruhigende Rauschen des Meeres. Über ihnen war eine rosafarbene Baumkrone und es regnet Kirschblüten. Die gesamte Promenade war voller Kirschblütenbäume. Die rosa Blüten, glitten elegant durch die Luft. Ebenso sah er einen klaren blauen Himmel über den Bäumen. Die Sonne schien hinter dem Rücken seiner Freundin. Alles war so friedlich und so hell. Chiaki wusste nicht, ob das Traum oder Realität war, doch das war ihm egal. Er genoss die momentane Harmonie und den Frieden. Zum ersten Mal seit langem, fühlte er sich entspannt, friedsam und ausgeglichen. „Alles was lebt muss auch sterben. Wir sind fortwährend gefangen in einem ewigen Kreislauf aus Leben und Tod.“, fing Maron an zu sprechen, ihre Stimme angenehm sanft und warm. „Allerdings… Im Leben geht es auch um den Kampf innerhalb des Kreislaufes. Das Leben ist hart. Sterben hingegen ist friedlich… wie als würde man in einen tiefen Schlaf fallen und nie wieder aufwachen.“, fügte sie hinzu. Ein leichter Wind wehte vorbei. Chiaki spürte, wie ihm die Müdigkeit überkam. Am liebsten wollte er auf ihrem Schoss einschlafen. „Du bist bestimmt erschöpft…. Du kannst dich jetzt zur Ruhe legen.“, hörte er Maron mit einem liebevollem Lächeln sagen. „Schließ deine Augen. Keine Sorge…ich bin bei dir.“ Daraufhin spürte er, wie seine Lider schwer wurden. „Ist alles dann vorbei? … Wenn ich die Augen jetzt schließe…“, brachte er leise hervor und schaute zu ihr auf. „Werde ich sterben?“ „…Die Entscheidung liegt bei dir.“, antwortete sie ihm. Die Entscheidung liegt bei mir…?, ging es ihm fragend durch Kopf. Wieder wehte ein Wind vorbei. Es ist so ruhig... so friedlich…so hell…Hat es für dich genauso angefühlt, Mutter? Chiaki spürte, wie träge sein Körper war und wie schläfrig er wurde. Er hörte Maron’s Stimme sanft auf ihn einsprechen. Der Klang ihrer engelsgleichen Stimme verschwamm mit dem leisen Rauschen des Meeres. Ein müdes und zugleich zufriedenes Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Wie ein Vorhang gingen seine Lider langsam zu.   --------------------------------------- I finally began to understand...what it means to live... Thinking for yourself... Not running away... Accepting the inevitable... All things eventually come to an end... Every living thing will one day disappear... Only by accepting this can one discover what they truly want... What the meaning of their life will be... [Katsura Hashino - Aegis - Persona 3] Chapter 26: For Love Stronger Than Death ---------------------------------------- Chapter 26: For Love Stronger Than Death   [BGM: https://youtu.be/91EnjoHqaC4]   „Chiaki…“, sprach eine Stimme. „Wach auf und schau mich an….Bitte.“ Es war Maron’s Stimme. Aufwachen…?, fragte der Angesprochene sich. Vorhin sagte sie noch, ich soll mich schlafen legen… „Du bist nicht tot…“, sprach sie flehend weiter. Sie klang verzweifelt. Die Stimme vom Weinen erstickt. Chiaki wollte sie trösten und sie in den Armen halten. Träge öffnete er seine halbgeschlossenen Lider. Es war immer noch hell, aber er befand sich nicht mehr mit Maron auf der Bank. Stattdessen schwebte er in dieser himmlisch leuchtenden Umgebung umher. Ich bin nicht tot…?, fragte er sich irritiert. „Du willst nicht sterben.“, hörte Chiaki eine andere Stimme, wie eine Feststellung sagen. Es war seine eigene. Nein., antwortete Chiaki. „Wieso willst du nicht sterben?“, hörte er die Stimme fragen. Für einen Moment schwieg der Jugendliche. Dann sah er sein Kreuz, welches wieder um sein Hals hing, vor seinem Gesicht schweben. Maron’s Gesicht tauchte vor seinem inneren Auge auf. Das Gespräch am Friedhof kam in ihm ins Gedächtnis hoch. Wie er mit ihr das Meer beobachtete, sie in seinen Armen eng umschlungen. „Das Leben ist zu schön, um es einfach aufzugeben. Ich will mein Leben am besten aufs vollste genießen…Mit dir zusammen!“, hatte sie ihm gesagt. Das Paar hatte sich ein wortloses Versprechen gegeben. Ein Versprechen, wo er sich nicht sicher war, es einhalten zu können. Um jeden Preis wolle er sie beschützen, selbst wenn es sein Leben kosten würde. Für ihr Leben, würde er sein eigenes opfern, dass hatte er damals gesagt und dazu stand er auch. Doch je mehr Chiaki an seine Geliebte dachte, desto mehr fällt es ihm schwer sie wirklich loslassen zu können. Sie wirklich verlassen zu können. Sie allein zu lassen…. Nein – das konnte er nicht zulassen. Das wollte er nicht zulassen. Seine braunen Augen hatten sich mittlerweile ganz geöffnet. Ein entschlossener, klarer Blick war in ihnen zu finden. Immer noch schwebend, brachte er sich in die Senkrechte. Ich…habe es ihr versprochen… Ich habe ihr versprochen mit ihr zusammen zu leben… Ich will dieses Versprechen einhalten! Ich will sie nicht noch mehr verletzen! Ich will für sie da sein…mit ihr glücklich werden, und sie weiterhin beschützen! Sie… -ihr Lächeln, ihr Lachen, ihre Liebe-… Sie ist der Grund für mich weiterzuleben! Ich will ihr glückliches Lachen wiedersehen! Ich will sie wiedersehen! *** „Chiaki…“, immer wieder flüsterte Jeanne seinen Namen. Krampfhaft hielt sie ihn in ihren Armen fest, betete ihren Kopf an seine Brust. Plötzlich weiteten sich ihre Augen und alles in ihr erstarrte. Für einen Moment stockte ihr der Atem. Sie hörte etwas. Ein Geräusch. Im regelmäßigen Rhythmus ertönte es. Ungläubig presste die Diebin ein Ohr auf seine Brust. Dodoom. Dodoom. Dodoom. Sein Herz schlug. Schlug ruhig und voller Leben. Jeanne war so auf sein Herzschlag fokussiert, dass sie wage mitbekam, dass seine Wunde verheilt war. „Oh mein Gott…!“, wisperte sie kaum hörbar. Sie begann laut zu schluchzen. Glücksgefühle überrannten sie. Vor Erleichterung und Freunde weinte sie laut auf. Auch Access blickte überrascht auf, spürte die Verbindung zwischen ihm und seinem Partner wieder auferstehen. „Er lebt!“, flüsterte er fassungslos. Entgeistert schauten Fin, Noyn und Silk ihn an und ließen ihre geweiteten Augen zu Jeanne und Chiaki wandern. „Wirklich…?“, fragte Fin nach. „Ja…“, nickte Access, sein Gesicht immer noch voller Unglauben, worauf die Grünhaarige ebenfalls vor Erleichterung anfing zu weinen. „Dem Herrn sei Dank…!“, schluchzte sie und umarmte ihren Freund. Ja…Dem Herrn sei Dank!!, stimmte der dunkelhaarige Engel ihr gedanklich zu und schniefte. Die anderen Beiden atmeten hörbar auf und ließen von ihrer Anspannung los. Auch Hope atmete erleichtert aus und lächelte. Eine kleine Freudenträne lief ihr die Wange herunter. Nach einer kurzen Weile kam Erzengel Michael dazu. Jeanne blickte kurz auf, löste sich etwas von Chiaki und ließ seinen Kopf auf ihren Schoß nieder. Mit dem Handrücken wischte sie sich die Tränen aus den Augen. „Michael, Euer Schwert-…“, setzte sie entschuldigend an. „Keine Sorge, es ist wieder zu mir zurückgekehrt, Eva.“, sprach der Erzengel beruhigend auf sie ein. „Es tut mir leid, dass ich es nicht gegen Lucifer angewendet habe...“, sagte sie und schaute bedauernd zu Boden. Michael schaute mit einer ruhigen Miene zu ihr herab, ohne jegliche Wut oder Enttäuschung. „Vielleicht war es Schicksal, dass Ihr es stattdessen gegen Adam eingesetzt hattet.“ Er zuckte unmerklich mit den Schultern. Jeanne blickte wieder zu dem Engel auf und fragte: „Was ist überhaupt soeben passiert?!“ „Das Schwert ist mit heiligem Feuer versiegelt, welches alles an Dunkelheit und Böse in seinen Gegnern verbrennt. In Adam’s Fall muss es den Dämon in ihn vernichtet haben.“, erklärte Michael. „A-Aber für einen Moment war er tot! Ich habe es gefühlt…Wie hat er überlebt?“, wendete Access fragend ein. „Wahrscheinlich hat sich in seinem Herzen was getan. Die Überlebenschancen sind höher, wenn mehr Gutes sich im Inneren befindet als Böses.“ Hope kniete sich zu dem Diebespaar herunter, schaute Beide sanft an und strich ihrem Sohn ein paar Strähnen von der Stirn. „Dass er überlebt hat, liegt bestimmt daran, dass das Gute in seinem Herzen das Böse überlistet hat.“, sagte sie und lächelte. „Nicht nur wegen Gottes Kraft in ihm…Allein wegen seiner Liebe zu dir, Maron.“, fügte sie hinzu. „Lilith ist mit ihm in Berührung gekommen. Wenn ich es richtig verstehe, dann ist sie komplett vernichtet dank dem Feuer?“, fragte Noyn. Die Erzengel nickten. „Ich würde sagen heute war ein mehr oder weniger erfolgreicher Tag… Drei weitere der Dämonenfürsten konnten besiegt werden. Dadurch brechen die jeweiligen Höllenringe zusammen und Lucifer verliert mehr an Macht und Territorium. Die, die heute gefallen sind, haben somit nicht umsonst ihr Leben gelassen.“, sagte Erzengel Michael seufzend und schaute zum Himmel auf. Gleichzeitig öffnete sich das vorher versiegelte Tor und Erzengel Gabriel erschien. „Eva, der Herr möchte mit Euch sprechen.“, sagte sie. „Wenn Ihr bereit seid, natürlich.“ Die Angesprochene nickte verstehend. „Ich werde in Kürze zu ihm kommen.“ „Wird das Feuer irgendwelche Folgen auf Sindbad haben?“, fragte Access besorgt. Hope zuckte mit den Schultern und lächelte sanft auf Chiaki herab. „Warten wir erstmal ab, dass er aufwacht.“ Jeanne löste ihre Schleife und verwandelte sich in Maron zurück. Liebevoll umfasste sie Chiaki’s Wange, strich mit dem Daumen über seine Haut. Schwach hob sich seine Brust auf und ab. Wieder standen ihr die Tränen in den Augen. Trotzdem umspielte ein glückliches, erleichtertes Lächeln ihre Lippen. Eine warme Brise zog vorbei. Ich bin so froh…! *** Chiaki wusste nicht wie, aber auf einmal fand er festen Boden unter seinen Füßen. Ein gerader Weg breitete sich vor seinen Augen aus. Am anderen Ende sah er ein gold leuchtendes Tor. In dem Moment als er den Pfad entlang laufen wollte, stand urplötzlich ein kleiner, blauhaariger Junge vor ihm und versperrte ihm den Weg. Chiaki riss überrascht die Augen auf. Es war er selbst, als er klein war. Der Junge lächelte zu seinem älteren Ego auf. „Sag, wovor hast du am meisten Angst?“, fragte der kleine Chiaki. „Was?“ Was soll die Frage? Der Junge blickte ihn an, wie als erwarte er eine Antwort von dem Größeren, damit dieser weiterschreiten kann. Mit einem leichten Seufzen verschränkte der Blauhaarige die Arme vor die Brust und überlegte. Wovor habe ich am meisten Angst? Chiaki dachte wieder an Maron. An ihr Lachen. An ihre Tränen. An ihren zierlichen Körper. An ihre Berührungen. An ihre Küsse. Vor seinem inneren Auge sah er sie, während ihres Rhythmischen Gymnastik Trainings tanzen. Anmutig und elegant. Dann sah er, wie sie als Jeanne mit derselben Eleganz im Mondschein über die Dächer sprang. Er vermisste sie. Er sehnte sich nach ihr. Er wollte sie noch einmal sehen. Noch einmal ihr Lachen hören. Sie noch einmal in seine Arme nehmen. Noch einmal ihre Liebe spüren. „Etwas zu verlieren, was mir wichtig ist… Jemanden, der mir wichtig ist.“, antwortete Chiaki seinem jüngeren Gegenüber schließlich. Sein fünfjähriges Ego nickte breit grinsend und verschwand genauso plötzlich wie er auftauchte. Ohne weitere Hintergedanken lief Chiaki die gerade Strecke Richtung Tor entlang. Inmitten des Weges tauchte wieder jemand auf. Wieder sah Chiaki sich selbst vor sich stehen, aber diesmal als Sindbad. Den richtigen Sindbad. „Was ist dir wichtiger als alles andere auf der Welt?“, fragte der Dieb, seine blauen Augen auf ihn fixiert. Der Ansatz eines wissenden Grinsens haftete auf sein Gesicht. Chiaki verdrehte innerlich die Augen. Noch mehr Fragen also…! Das wichtigste auf der Welt…? Wiedermals tauchte Maron vor seinem inneren Auge auf, aber auch Access, Fin, Miyako, Yamato, sein Vater und alle anderen Menschen in seinem Umfeld, die ihm wichtig waren. „Die Menschen, die mir am Nächsten stehen.“, brachte er als Antwort entgegen. Ähnlich wie der kleine Chiaki, so verschwand auch Sindbad mit einem zufriedenen Grinsen. Mit jedem Schritt näherte der Kaito sich dem hellen Tor. Ungefähr ein Meter vor seinem Ziel stand wieder Mals eine Person, doch diesmal mit dem Rücken zu ihm gewandt. Er trug weiße Klamotten, war so groß wie Chiaki, hatte eine gutgebaute Statur und nackenlanges, weiß-blondes Haar. Der Blauhaarige war sich nicht sicher, ob er auf seinen Rücken die Silhouetten von großen Engelsflügeln im Licht schimmern sah oder er es sich einbildete. Da bei den letzten zwei Malen Abbilder seines Selbst auftauchten, war sich Chiaki ein wenig unschlüssig, wer diesmal vor ihm stand. Tief in seinem Inneren wusste er wer das war, aber er traute sich nicht nach einer Bestätigung zu fragen. „Chiaki, was wünschst du dir?“, fragte der junge Mann. Diesmal dachte Chiaki nicht lange nach. Ein warmes Lächeln bildete sich um seine Lippen. „Mein Wunsch…“, sagte er, „… Ist diejenigen, die mir wichtig sind zu beschützen.“ Der Mann vor ihm drehte sich lächelnd um. Warme, goldene Augen trafen auf seine braune. „Beschütz unsere Eva, Chiaki Nagoya.“ Mit den Worten verschwand auch er ins Nichts. Das werde ich…Adam, versprach der Angesprochene mit einem Nicken. Mit nur wenigen Schritten trat er schließlich durch das Tor.   ----------------------------------------------------------- When I thought I might never see you again, Something else became clear to me- what I wanted most. And so, I made up my mind. I decided that I would continue to protect you. I want to be your strength. […] My life will be worth living if it's for this reason... Thank You...  [Katsura Hashino - Aegis - Persona 3] Chapter 27: See You Again ------------------------- Chapter 27: See You Again   Es waren nun einige Stunden vergangen, seit dem Kampf gegen die Dämonen. Im Gottes Reich war die Nacht angetroffen. Maron wurde ein Zimmer und neue, weiße Klamotten angeboten, welches sie dankend annahm. Auf dem großen Bett lag Chiaki reglos vor ihr. Seine Brust hob sich schwach rauf und runter. Sie selbst saß wie gefesselt auf einem Stuhl am Bettrand, darauf wartend, dass er aufwachte. Seine rechte Hand war von ihren beiden sanft umschlossen. Liebevoll strich sie ihm immer wieder über den Handrücken. „Wie geht es ihm?“, hörte Maron neben sich sagen. Es war Access Stimme. Er und Fin kamen auf sie zugeschwebt und stellten sich neben sie hin. Noyn und Silk wurde ebenfalls ein Zimmer angeboten, in welches sie sich ausruhten und womöglich schon schliefen. „Nichts Neues.“, antwortete sie ohne ihren Blick von ihrem Freund abzuwenden. „Er sieht so friedlich aus.“, sagte sie mit einem sanften Lächeln und strich ihm liebevoll ein paar Strähnen von der Stirn. Auch er trug neue, weiße Sachen. Die dunklen Schatten unter seinen Augen waren komplett verschwunden und sein blasses Gesicht gewann wieder an Farbe. „Wie lange ist es her, seitdem er einen ruhigen Schlaf hatte?“ Die beiden Himmelsengel nickten nur und schauten zwischen dem Diebespaar hin und her. „Du solltest auch schlafen.“, kam es von Fin. „Es war ein anstrengender Tag.“ Maron schaute zu ihrem Engel auf und schüttelte bestimmt den Kopf. „Ich bin nicht müde.“ „Maron…“ „Ich will bei ihm sein, sobald er aufwacht.“ Die Engel konnten sich darauf ein Lächeln schwer verkneifen. „Du und Chiaki, ihr seid so füreinander abgestimmt.“, sagte Fin, worauf Access zustimmend nickte. „Als du im Krankenhaus warst, hatte Sindbad sich genau so verhalten.“, sagte er. Maron schmunzelte. „Scheint so, als hätten sich einige Ticks von ihm auf mich abgefärbt.“, kicherte sie schwach. Fin beugte sich zu ihr herunter und umarmte sie. Auch Access legte ihr ermutigend eine Hand auf ihre Schulter. Anschließend verschwanden die Engel aus dem Zimmer. Maron winkte ihnen kurz zum Abschied zu und wandte sich wieder Chiaki zu. Eigentlich war sie zu erschöpft über etwas nachzudenken, doch nach einer gewissen Zeit wanderten ihre Gedanken an ihr Gespräch mit Gott vor wenigen Stunden zurück. „Wir mögen für heute zwar gewonnen haben, aber auf Erden herrscht nach wie vor Chaos und Unheil. Es kann erst wieder richtiger Frieden eintreffen, wenn das Böse besiegt ist.“, hatte er gesagt. „Ist ein Leben ohne Böses überhaupt möglich, Herr? Wo auch Licht ist, da gibt es auch Schatten…dementsprechend auch Dunkelheit.“, sagte Maron, den Blick nachdenklich zu Boden gesenkt, ihre Hand um ihr Kreuz umschlossen. „Da hast du nicht Unrecht, Maron…“, sagte Gott, „Es wird keine reine perfekte Welt geben, das gebe ich zu. Es werden immer Menschen geben, die Sünde begehen, in jeglicher Form von Gewalt, Verbrechen und Terror… Jedoch wünsche ich mir eine Welt für alle von uns, ohne die Existenz der Dämonen... Die alles Licht in ihrer Dunkelheit verschlingen wollen.“ Er hielt kurz inne. „Alles was ich mir wünsche, ist das dieser endlose Krieg ein Ende hat.“ Hätte Gott einen Körper, so würde er erschöpft aufseufzen und sein Gegenüber mit einem müden Blick anschauen. Müde vom jahrtausendalten Kampf gegen das Böse. Maron nickte langsam und lächelte anschließend zu Gott auf. „Ich möchte dasselbe. Ich möchte die Welt und die Menschheit ihren Frieden zurückbringen und retten. Ich möchte für diejenigen, die ich liebe weiterkämpfen und beschützen.“, sagte sie. Hätte Gott einen Körper, würde er mit väterlichem Stolz auf sie herablächeln.   Der nächste Morgen brach langsam an. Maron blinzelte müde gegen das ansteigende Sonnenlicht. Kurz kniff sie die Augen zu, um ihre geblendeten Augen zu beruhigen. Als sie ihre Augen wieder öffnete, sah sie zu ihrer Überraschung Chiaki aufrecht auf dem Bett sitzen. Benommen blinzelte er mehrmals, schaute sich in seiner fremden Umgebung um, bis seine haselnussbraunen Augen bei ihr haften blieben. Maron blickte ihn wie erstarrt an. „Maron…“, sagte er leise. Allein wie er ihr Name sagte, war seine Stimme mit Wärme und Liebe gezeichnet. „Du bist es…!“, wisperte sie kaum hörbar. „Du bist es wirklich…!“ Überglücklich löst die Kamikaze-Diebin sich von ihrer Starre, sprang vom Stuhl auf und umarmte Chiaki innig. Freudentränen liefen ihr das Gesicht herunter. Ihr Freund nahm schlang seine Arme um sie, drückte sie eng an sich und vergrub sein Gesicht in ihre Haare. Auch ihm liefen stumm die Tränen. Für eine gefühlte Ewigkeit verharrten sie in der Position. Langsam löste Maron sich einige Zentimeter von Chiaki, sodass sie sich ansehen konnten. „Ich habe dich vermisst.“, schluchzte sie, weinte unkontrolliert. „Ich habe dich so sehr vermisst…“ „Ich bin zurück.“, sagte er und strich ihr zärtlich eine Strähne aus dem Gesicht. Maron umfasste liebevoll -mit zitternder Hand- seine Wange. Er nahm ihr Gesicht in beiden Händen, wischte ihr die Tränen mit seinem Daumen weg und legte sanft seine Lippen auf ihre. Zaghaft war der Kuss, bis er gefühlvoller wurde. Geprägt von Sehnsucht und Liebe. Als wollten beide die verlorene Zeit einholen. Stirn an Stirn gelehnt, saßen sie sich schließlich gegenüber. Die Hände ineinander verflochten. Die Augen geschlossen. Genossen die Präsenz des Anderen. Sowie die Ruhe. „Es tut mir leid.“, sagten Beide plötzlich wie aus einem Mund. Überrascht blickten sie sich an. Maron richtete sich etwas aufrecht und schaute schuldig weg. „Wofür entschuldigst du dich?“, fragte Chiaki verwirrt. „I-Ich hätte dich töten können. Ich hätte dein Leben mit meinen eigenen Händen beendet...“ „Ich wäre glücklich gestorben. Unter Umständen.“ „Das ist nicht witzig.“, sagte Maron ernst und blickte Chiaki an. „War auch kein Witz.“, antwortete er ebenso ernst. Seine Augen ruhten sanft auf sie. Ein warmes, dankbares Lächeln zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Mit dem Daumen fuhr er über ihren Handrücken. „Maron…”, setzte er sachte an, „Du hast mir das Leben gerettet.“ „Ich habe dich niedergestochen. Mit einem riesigen Schwert. Und du hattest Feuer gefangen.“, entgegnete sie tonlos. Seine Mundwinkel zogen sich leicht nach oben. Mühsam verkniff Chiaki sich ein Grinsen. „Okay, unsere Probleme sind nicht wie andere Paare. Haben wir das auch geklärt.“, sagte er. Er hob seine freie Hand und legte sie auf ihre Wange. Maron schmiegte ihr Gesicht in seine Handfläche rein. „Ich habe deine Stimme gehört, weißt du...“, sagte Chiaki noch sanfter als vorher. „Wie du sagtest, dass ich nicht tot sei. Wie du mich darum batst die Augen zu öffnen.“ Er zog ihr Kopf an sich und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ohne dich hätte ich es nicht zurück geschafft.“ Sie schauten sich schweigend an. Momente, die sich für Maron wie Stunden anfühlten. „Ich bin so froh, Chiaki…“, wisperte sie, drückte seine Hand. Sie war mehr als glücklich ihn so zu sehen, komplett er selbst. Als den Mann, in den sie sich verliebt hatte.   „Bei Access, Fin und den anderen müsste ich mich auch bedanken.“, sagte Chiaki und lachte leise auf. „Wo sind sie?“ Kaum hatte er die Frage ausgesprochen, öffnete sich die Tür und das Engelspaar sowie Noyn und Silk kamen rein. „Maron. Wir wollen nur guten Morgen sagen und schauen ob-…“ Fin blieben die Worte im Hals stecken, als sie Chiaki sah. Auch den Anderen stockte für eine Sekunde der Atem. Chiaki nickte ihnen mit einem dankenden Lächeln zu. Ehe er sich versah, wurde er von beiden Engeln stürmisch umarmt. „Sindbad!! Alter! Du bist es wirklich!!“, schrie Access, dem schon einige männliche Tränen das Gesicht herunterrollten. „Schön dich wiederzusehen.“, sagte Noyn mit einer nickenden Kopfbewegung, hielt sich etwas in den Hintergrund. „Ohne euch, wäre ich wahrscheinlich nicht hier.“, sagte Chiaki an die Runde gerichtet. „Übrigens…“, setzte Maron nach einigen Momenten an, während ihr Freund aus dem Bett stieg, „Da gibt es jemand, den du treffen sollst.“ Access und Fin warfen ihr einen unauffälligen, mahnenden Blick zu. „Du weißt, das geht nicht, Maron.“, flüsterte die Grünhaarige ihr zu. „Das ist gegen die Regel.“ Maron schaute sie mit einem unzufriedenen Gesichtsausdruck an. Chiaki verstand kein Wort, von dem was sie von sich gaben. „Von wem oder was redet ihr?“, fragte er. Plötzlich klopfte es an der offenen Tür und ein weiterer Engel kam langsam rein. Chiaki erkannte sie sofort wieder. Seine Augen weiteten sich überrascht. Besonders bei der Tatsache, dass die Frau vom Friedhof sich als Engel herausstellte. „Oh…Hope-sama.“, sagte Access respektvoll und schaute verunsichert zwischen ihr und Chiaki hin und her. „Ehm… seid Ihr Euch sicher…hier zu sein? Weil die Regel-…“, stammelte Fin leise in ihre Richtung. Hope winkte ihnen unbekümmert ab, womit die Beiden sich zu Noyn und Silk in den Hintergrund verzogen. Chiaki merkte an Access und Fin’s Verhalten, dass der Engel vor ihm vom höheren Rang war. Maron nahm grinsend seine Hand und ging mit ihn einen Schritt auf sie zu. „Hi.“, sagte Hope und lächelte ihn wie damals warm an. „Eh… Hi.“, brachte er perplex hervor und fragte direkt: „…W-Wer seid Ihr?“ Maron biss sich auf die Lippe, musste sich verkneifen nicht für Hope zu antworten. Diese lächelte ihn weiterhin an und sagte: „Ich bin deine Mutter!“ Die Himmelsengel blickten Hope entgeistert an, erstaunt und schockiert darüber dass sie einfach eine Regel Gottes missachtet. Maron’s Grinsen wurde noch breiter. Chiaki hingegen stand wie vom Blitz erschlagen da, wusste nicht wie er reagieren sollte. Der Schock stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben. „M-Mutter?“, fragte er nach, total überwältigt. „Midori… Nagoya?“ Hope nickte. Ungläubig schaute er auf Maron herab, die ebenfalls nickte. „Du brauchst vielleicht einen Moment, um das sacken zu lassen.“, sagte der Erzengel ruhig. „Also-…“ Ehe sie weitersprechen konnte, umarmte Chiaki sie, hielt sie ganz fest in seinen Armen, fragte immer wieder, ob es kein Scherz sei. Mütterlich strich sie ihm über den Rücken. *** „Konntest du dich sofort an alles erinnern?“, fragte Chiaki. Er und Hope saßen alleine im Zimmer an einem Tisch. Nachdem er und Maron was gegessen hatten, ging seine Freundin mit Fin und den anderen raus für einen Spaziergang. Noch immer konnte Chiaki nicht fassen, dass seine Mutter als Engel vor ihm saß. Er musterte sie von oben bis unten. Natürlich sah sie als Engel komplett anders aus als er seine Mutter in Erinnerungen hatte. Weiß-blaue Haare statt braune, die typischen elfengleichen, spitzen Ohren und schöne, weiße Schwingen am Rücken. Doch in manchen Zügen erkannte er sie wieder, insbesondere wenn sie lächelte. Es war dasselbe Lächeln, was er von seiner Mutter kannte. Ebenso waren da ihre haselnussbraunen Augen - dieselben braunen Augen, die er auch hatte. Perplex über die Frage schaute der weibliche Erzengel ihn an. „Nein, natürlich nicht.“ Hope lachte und begann zu erzählen: „Ich hatte meine Erinnerungen erst vor ungefähr zehn Jahren zurückbekommen. Ich war ein frisch aufgestiegener Grundengel und durfte für drei Tage auf die Erde. Aus irgendeinem Grund war ich in Momokuri und ich hörte ein Kind weinen.“ Sie warf Chiaki einen liebevollen Blick zu. „Das warst du. Du warst sieben und saßest im Regen vor der Tür, hattest dich vorher mit deinem Vater gestritten, weil er wieder neu geheiratet hatte, so wie ich es damals mitbekam. Und du hattest dich geweigert wieder reinzukommen, wenn sie nicht verschwindet. Kagura saß mit dir draußen, damit du nicht alleine warst… er hatte anscheinend frisch seinen Abschluss gemacht und anschließend als Sekretär im Krankenhaus angefangen.“ Chiaki’s Gesicht verhärtete sich, bei der Erinnerung. Ihm gefiel es nicht, dass seine Mutter aktiv mitbekommen musste, dass sein Vater neu geheiratet hatte. Hope schenkte ihm ein verständnisvolles Lächeln. „Ich war neugierig und hatte euch alle beobachtet. Mein Herz klopfte und ein trauriges, deprimierendes Gefühl breitete sich in meiner Brust aus. Immer wieder hatte ich den Drang verspürt dich umarmen zu wollen. Als ich schließlich durch die Villa flog und mich umschaute, sah ich ein Foto.“ „Was für ein Foto?“ „Von uns. Von dir, mir und deinem Vater. Es war direkt nach deiner Geburt. Einer der glücklichsten Tage meines vorherigen Lebens.“ Hope blinzelte sich ein paar kleine Tränen weg und fuhr sich durch die Haare. „Als ich es sah, kam plötzlich alles wieder. Ich beschloss dann die restlichen zwei Tage in eurer Nähe zu bleiben.“ Der Engel fing an herzlichst zu lachen. „Einmal hattest du mich den größten Schreck meines Engelsdaseins gegeben.“ „W-Wieso?“, fragte Chiaki verdutzt. „Erinnerst du dich nicht? Du hattest im Garten mit Yashiro gespielt und ich hatte mich in einem Busch versteckt. Plötzlich standst du vor mir, hattest durch die Blätter gespäht und mir direkt in die Augen geguckt. Ich war vor Schreck wie gelähmt, denn ich wusste nicht, ob du mich wirklich sehen konntest, oder nicht. Jetzt wissen wir es natürlich besser.“, kicherte sie. „Danach hattest du Kagura und Yashiro geholt und ihnen gesagt, dass du eine Fee gesehen hättest. Ich hatte mich vorsichtshalber in der nächststehenden Baumkrone versteckt.“ Sie stoppte sich einen Moment und strich ihm kurz über die Haare. „Ab den Tag ahnte ich, dass du was ganz Besonderes warst.“, sagte Hope. Chiaki lief verlegen rot an. Also hatte ich es damals mir wirklich nicht eingebildet! Die anderen hatten es als wilde Fantasie abgestempelt…, dachte er sich.   „Wenn du dann die ganze Zeit bei uns warst…“, er schaute sie ernst an, als sie ihre Hand von seinem Kopf entfernte. „Wie konntest du mit ansehen, dass Vater immer wieder eine Neue holte? Ich meine…ich weiß jetzt wieso, aber wie hattest du dich gefühlt? Hattest du dich nicht verraten gefühlt, oder so?“ Hope schmunzelte und zuckte mit den Schultern. „Ganz ehrlich… Ich war anfangs wütend. Stinkwütend und eifersüchtig. Doch am letzten Tag hatte ich deinen Vater mit Kagura reden hören. Kagura hatte ihn gefragt, wieso er immer und immer wieder sich in neue Beziehungen zwänge mit der zusätzlichen Bemerkung, dass jeder Blinder merken würde, dass er keiner der Frauen liebte. Daraufhin hatte dein Vater geantwortet: ‚Weil Chiaki eine Mutter braucht…‘.“ Wieder standen ihr Tränen in den Augen, die sie sich schnell wegblinzelte. Unbemerkt rollte ihr dennoch eine Träne die Wange herunter. „‚Ich kann ihn nicht ohne Mutter aufwachsen lassen‘, hatte er gesagt.“ Hope lachte kurz auf. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr mich das zum Heulen gebracht hat. Ich verstand schließlich, wie seine wahren Gefühle waren. Natürlich hatte es mir nicht gefallen, dass er sich und seinen Gefühlen selbst was vor machte, aber was konnte ich schon machen? Mir waren die Hände gebunden. Selbst hier oben im Himmel konnte ich nichts machen. Wenn ein Engel sich an seine Vergangenheit erinnert, so war es uns untersagt, sich mit den Menschen aus unserem alten Leben zu interagieren. Ich durfte euch noch nicht mal über den magischen Spiegel beobachten. Auch als du und Maron damals beim Herrn wart, habe ich es erst im Nachhinein davon mitbekommen.“ „Du hast aber mit mir damals geredet.“, entgegnete Chiaki mit hochgezogener Augenbraue. Hope nickte. „Ich war auch im Krankenhaus und habe mit deinem Vater kurz geredet.“, gestand sie. „Ich habe dem Herrn darum gebeten mir wenige Minuten zu schenken, um euch ein letztes Mal zu sehen. Selbst wenn es nur für einen winzigen Augenblick war.“ Sie seufzte kurz auf. „Als ich jeden von euch sah, überkamen mich die Gefühle, aber ich musste mich zusammenreißen. Ich hätte dir damals schon so gerne gesagt, dass ich deine Mutter war. Und jetzt…da sind mir die Regeln egal. Ich wollte meinen Jungen wieder in die Arme nehmen.“ Mit einem verschmitzten Grinsen zuckte Hope sorglos mit den Schultern. Chiaki konnte sich ein Schmunzeln schwer verkneifen. „Wird dich Gott bestrafen?“, fragte er. Hope lachte bei der Frage amüsiert auf. „Vielleicht drückt er mir ein Auge zu. Schließlich handelt es sich nicht nur um meinen Sohn, sondern auch um Gottes Kind.“, sagte sie augenzwinkernd, was Chiaki ebenfalls zum Lachen brachte. „Unglaublich… Kagura hat Recht. Du hast es sowas von faustdick hinter den Ohren. Du lässt dir selbst von Gott nichts sagen.“, merkte er amüsiert an. Wieder zuckte Hope unbekümmert mit den Schultern. „Wie konntest du überhaupt deine Flügel verschwinden und dich für Menschen sichtbar machen lassen?“, erkundigte er sich schließlich interessiert. „Das gehört zu den Fähigkeiten als Erzengel. Wir können uns für wenige Minuten als Menschen ausgeben.“, erklärte sie knapp. „Verstehe.“ Für einen Moment herrschte unbeholfenes Schweigen. „Bist du eigentlich Jungfrau?“, fragte Hope wie aus dem Nichts mit einem frechen Lächeln. Chiaki starrte sie mit knallrotem Kopf mehr als entgeistert an. „Was? Darf eine Mutter sowas nicht fragen?“ „Kein Mensch fragt sowas einfach so!!“ „Du weißt, dass ich kein Mensch mehr bin.“ „Du weißt genau, was ich meine!!“ „Deiner Reaktion zufolge kenne ich meine Antwort. Hihi.“ „…Müsstest du nicht wissen, dass Maron und ich warten müssten?“ Chiaki fuhr sich verlegen durch die Haare. „Doch, doch.“, kicherte Hope amüsiert. „Obwohl, für alles gibt es ein Schlupfloch.“, murmelte sie leise. „Was?“ Er blickte sie verwirrt an. „Nichts.“ Hope machte kurz ein unschuldiges Gesicht, ehe sie wieder frech grinste. „Wenn es so weit ist… hat dein Vater mit dir schon das aufklärende Gespräch geführt?? Ansonsten übernehme ich das gerne!!“ „ERSPAR MIR DAS!!“ Der Engel lachte herzlich auf. „Hey, sei nicht so! Ich will die Mutter-Sohn-Zeit, die wir haben schließlich voll ausnutzen und alles über dich wissen! Wie sieht es mit Mädels vor Maron aus?? Ich wette, so ein hübscher Mann wie du geworden bist… Da hast du garantiert an jeder Ecke Verehrerinnen!! Du wärst schließlich nicht umsonst Kaiki Nagoya’s Sohn aka ein Frauenheld!“ Hope zwinkerte Chiaki mit einem breiten Grinsen schelmisch zu. Mit ihrem leicht exzentrischen Charakter musste der Blauhaarige erstmal klarkommen. „Hab ein wenig Taktgefühl!!“, sagte er, das Gesicht immer noch rot angelaufen. „Und andere Frauen interessieren mich nicht. Für mich wird es nie jemand anderen als Maron geben.“ Wieder musste seiner Mutter kichern. Wie der Vater, so der Sohn..., dachte sie sich. „Ihr passt perfekt zueinander! Und nicht nur weil ihre Adam und Eva seid. Sondern weil ihre euch perfekt ergänzt.“ Chiaki hatte ein peinlich berührtes Lächeln aufgesetzt. Er blickte zum Fenster raus, allmählich wurde es dunkel draußen. „Maron ist mehr als nur perfekt. Sie ist einzigartig und wundervoll.“, sagte er verträumt. „All die Jahre dachte ich, dass es sowas wie Liebe und wahre Gefühle nicht gibt… Das habe ich übrigens Vater zu verdanken.“ Er warf einen kurzen Blick zu Hope, die einfach nur verständnisvoll nickte. Dann schaute er wieder aus dem Fenster und setzte fort: „Aber…dank Maron habe ich gelernt, dass die wahre Liebe wirklich existiert. Ehe ich mich versah, reichte ihre Anwesenheit allein aus, um mir dieses ehrliche Gefühl, von Glück, Geborgenheit, Zufriedenheit und Freude zu geben. Zum ersten Mal seit langem fühlte ich mich lebendig.“ Wieder hielt er kurz inne. „Eins hatte ich gelernt, als ich…in dieser Traumwelt war.“ Hope blickte ihn interessiert an. „Dass es weitaus schlimmere Dinge gibt als den Tod. Nicht geliebt zu werden oder lieben zu können: das ist schlimmer.“ „Die Liebe ist ein wundervolles Gefühl.“, stimmte Hope lächelnd zu. „Du bedeutest ihr viel. Wie sie dich anguckt…In dem Moment als ich sie sah, wusste ich, wie sehr sie dich glücklich macht und du sie. Schon allein, wie sie nicht von deiner Seite wich, ohne eine Sekunde Schlaf.“ „Das muss sie sich wohl von mir abgeguckt haben.“, sagte Chiaki und rieb sich verlegen den Nacken. Dann lachte er kurz auf. „Aber nicht nur Maron, auch Access und die anderen trugen ihren Anteil bei.“ Wieder nickte der weibliche Engel mit einem zufriedenen Lächeln. „Ich bin froh, dass du so wunderbare Freunde um dich rum hast. Welche Mutter wünscht sich sowas nicht für ihr Kind.“, sagte sie. Für einen Moment war es wieder Still zwischen den Beiden. „Chiaki, wenn das alles vorbei ist möchte ich nochmal runter auf die Erde. Und dann werde ich euch beide, dich und deinen Vater, zusammen in die Arme nehmen!“, sagte Hope und blickte nach draußen in die Ferne. „Das heißt ja auch, du willst ihm die Wahrheit sagen…“, stellte der Angesprochene fest. „Ist doch fair oder nicht? Er verdient die Wahrheit.“, zuckte sie mit den Schultern. „Ich weiß nicht…Ich bezweifle, dass er uns Glauben schenken wird.“ „Wieso sollte er uns keinen Glauben schenken. Würdest du es mir zu liebe machen?“ „Hm…Mal schauen. Vater die Wahrheit zu sagen ist mein geringstes Problem zurzeit.“, zuckte Chiaki mit den Schultern. Für einige Minuten redeten Beide noch miteinander, bis es für Hope Zeit war zu gehen. „Es wird spät…ich gehe jetzt am besten. Du und Maron solltet euch ausruhen.“, sagte sie und stand von ihrem Platz auf. Chiaki stand ebenfalls auf und folgte ihr zur Tür. Wie eine stolze Mutter schaute Hope zu ihm auf und strich ihm wieder über die Haare. Er war mehr als einen Kopf größer als sie, weshalb sie ihren Arm noch leicht hochstrecken musste. „Ich erinnere mich oft daran wie ich dir über den Kopf strich, als du noch ein kleiner Junge warst. Ich könnte das stundenlang machen!“ „Ja, das merke ich.“ In den fünf Jahren und paar Stunden in der Chiaki seine Mutter kannte, hatte er für sich entschieden, dass sie zwar zur coolen, aber auch zur peinlichen Sorte Mutter gehörte. „Und jetzt bist du so erwachsen! Aber für mich bist und bleibst du mein kleiner Junge!“, rief sie verzückt. „Bin ich nicht!“, sagte er, die Wangen wieder rosa anlaufend. *** „Du meine Güte… Hier ist es einfach traumhaft, Fin!“, rief Maron begeistert aus. Sie und die Himmelsengel spazierten in der Stadt der Engel umher, welches aus weißen Gebäudeblocken bestand und mit einer großen Wasserfontäne bestückt war. Alles schien wie aus edlen Marmor gebaut zu sein. „Und hier habt ihr gewohnt?“ Fin und Access nickten gleichzeitig. Nachdem sie Chiaki und Hope alleine ließen, zogen sich Noyn und Silk in ihr Zimmer zurück. Auch wenn sie keine Dämonen mehr waren, so fühlten sie sich dennoch unwohl im Himmel. „In der Regel wohnen alle Engel hier, die nicht für einen Auftrag auf die Erde müssen. Offensichtlich.“, erklärte Access und fügte hinzu, „Erzengel dürfen in Gottes Palast leben.“ „Wow. Hier würde ich auch leben wollen…“ Anschließend führte das Engelspaar Maron zu Gottes Garten. Die Dämmerung breitete sich langsam aus und kleine helle Staubpartikel leuchteten über die Wiesen und Bäumen umher. Maron fühlte sich wie in einer Märchenwelt hineinversetzt. Plötzlich kamen ihr eine Gruppe Schwarzengel entgegengeflogen. Darunter sah sie ein bekanntes, lächelndes Gesicht. Ein junger Engel mit hellbraunem Haar und hellbraunen Augen. Die Kamikaze-Diebin blieb für einen Moment das Herz stehen. „Zen…!“, brachte sie fassungslos hervor. Verwundert drehte der junge Engel sich um. Mit großen Augen starrte er Maron an. „Wer bist du? Und woher kanntest du meinen Namen?“, fragte er. Ihre Augen weiteten sich. Das ist wirklich Zen!, ging es ihr fassungslos durch den Kopf. Er sah so aus, wie Maron ihn in Erinnerungen hatte. Sie dachte an das erste Treffen mit ihm, an die Tage, die sie mit ihm verbracht hatte und wie er schließlich in den Armen seiner Eltern starb. Tränen kamen ihr hoch, doch sie blinzelte sie sich schnell weg und setzte ein warmes Lächeln auf. „D-du siehst aus wie jemand der ‚Zen‘ heißt. Es ist ein schöner Name.“, antwortete Maron ihm. „Danke!“ Zen grinste erfreut. „Rill-sama sagte, dass ich auch in meinem irdischen Leben so hieß.“ Maron nickte und fragte sanft: „Macht dir das Fliegen Spaß, Zen?“ „Ich bin ein Engel! Natürlich macht mir Fliegen Spaß!“ Sein Grinsen wurde breiter und er lachte glücklich auf. „Zen! Kommst du?“, rief einer seiner Schwarzengelfreunde und winkte ihm ungeduldig zu. „Komme! Ich muss los, also ehm...bis bald.“ Mit einem Winken verabschiedete der Junge sich von Maron und flog davon. Diese winkte mit einem Lächeln zurück. Zen… sein Wunsch zum Fliegen hat sich nun wahrhaftig erfüllt!, dachte sie sich, als sie ihm für eine Weile nachblickte. Seufzend ließ sie sich auf das weiche Gras nieder und blickte zum anbrechenden Sternenhimmel auf. Fin und Access, die das Wiedersehen stumm beobachtet hatten, setzten sich wortlos zu ihr dazu. Dabei legte der Dunkelhaarige seiner Freundin einen Arm um die Taille und rückte sie näher an sich ran. Für eine unbestimmte Zeit saßen sie einfach schweigend nebeneinander und genossen die friedliche Atmosphäre.  „Zen’s Traum zum Fliegen hat sich wahrhaft erfüllt…“, setzte Maron auf einmal an. „Was sind eure Träume und Wünsche?“ Den beiden Engeln überraschte die Frage. „Träume? Wünsche?“, fragten sie abwechselnd. „Ja!“ Erwartungsvoll blickte Maron sie an. Nach einer kurzen Denkpause antwortete ihr Fin als Erste: „Hm…. mein Traum ist es ein Erzengel eines Tages zu werden und an Gottes Seite zu dienen! So wie Rill-sama oder die anderen großen Erzengel!“ „Ich bin mir sicher du wirst das eines Tages schaffen, Fin!“, sagte Maron mit einem ermutigenden Lächeln. „Mein Traum ist es für immer an Fin’s Seite zu sein!!“, warf Access ein und umarmte seine Freundin stürmisch sowie liebevoll. Er drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „Haha. Keine Sorge, du Knallkopf, ich gehe nirgendswohin ohne dich.“, versprach diese mit einem verliebten Lächeln und gab ihm einen zärtlichen Kuss. „Und wie sieht es mit dir aus, Maron?“, erkundigte Fin sich bei ihrer Partnerin. Kurz herrschte wieder Stille. Maron blickte nachdenklich auf. Eine Sternschnuppe flog über den Horizont vorbei. „Glücklich sein. Einfach glückliches Leben führen mit denen, die ich liebe!“, sagte sie schließlich. Wieder kurze Stille. „Wenn das alles vorbei ist… Werden wir nicht mehr bei euch bleiben können.“, durchbrach Access sie, die Stimme leicht bedrückt. „Da werden wir hierher zurückkehren.“ Maron machte große Augen. „Echt?“ Die Engel nickten. „Oh…“ Die Diebin wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sie ahnte, dass die Engel eventuell nicht für immer bei ihnen bleiben konnten, dennoch konnte sie es sich nicht vorstellen für immer Abschied von ihnen zu nehmen. „Ich hoffe…dass wir uns dennoch Wiedersehen können…?“ „Wir können euch jederzeit zu Besuch kommen.“, versicherte ihr Fin augenzwinkernd. Mit einem aufrichtigen, ehrlichen Lächeln setzte die Grünhaarige fort: „Und selbst wenn wir nicht bei euch sind… Selbst wenn wir uns in komplett verschiedenen Welten befinden… Selbst wenn du mich eines Tages vergessen solltest….Ich werde immer über dich wachen und dich beschützen, Maron!“ Peinlich berührt musste Maron auflachen. „Versprochen?“, fragte sie. „Versprochen.“, sagte Fin. Die beiden Frauen gaben sich den kleinen Fingerschwur und lachten. „Ich werde dich auf keinen Fall vergessen, Fin!“ „Ich hab dich lieb, Maron.“ „Ich dich auch.“ „Ich hab euch auch alle lieb.“, grinste Access. „Access, du bist so ein Idiot.“, rollte Fin lachend mit den Augen. Nach einigen Minuten kehrten die Freunde wieder in Gottes Palast zurück.   Chapter 28: I Love You ---------------------- Chapter 28: I Love You   I never cared about stuff like destiny, but this time, I'm forced to acknowledge it Are you really okay with someone like me? [Utada Hikaru – Oath] ----------------------------------------------     Nachdem Hope gegangen war, saß Chiaki alleine im Zimmer und schaute aus dem Fenster. Die Dämmerung schien angebrochen zu sein. Es war ruhig. Und das nicht nur draußen. Zum ersten Mal seit langem konnte Chiaki seine eigenen Gedanken wieder hören. Keine Kopfschmerzen, die ihm plagten. Keine Stimmen, die ihm zuflüsterten. Er lehnte sich entspannt in den Sitz zurück, schloss die Augen und genoss die Stille. Nach einer Weile hörte er, wie sich die Tür öffnete und wieder schloss. „Wie war’s mit deiner Mutter?“, hörte er Maron fragen. Chiaki öffnete seine Augen und sah wie sie sich zwangslos aufs große Himmelbett fallen ließen. „Wooow! So schön weich! Wie auf einer Wolke…“, sprach sie zu sich selbst und lächelte zufrieden.   Er selbst konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Hm…keine Ahnung, wie ich es beschreiben soll. Ich hätte überhaupt nicht erwartet sie in irgendeiner Form wiederzusehen.“, antwortete Chiaki ihr, als er sich neben sie auf die Bettkante setzte. Maron schaute ihn verständnisvoll an.   „Ich dachte mir schon damals, als wir sie das erste Mal trafen, dass sie deine Mutter sein musste.“, sagte sie.   Ihr Freund sah sie überrascht an. „Wirklich?“ „Ja, ihr seht euch ähnlich.“, zuckte Maron lächelnd mit den Schultern. „Ganz ehrlich…“ Chiaki machte ein ungläubiges Gesicht. „Ich sehe die Ähnlichkeit nicht.“ Maron kicherte und ließ ihren Blick aus dem Fenster wandern. „Ich habe vorhin Zen als Schwarzengel getroffen. Also, er heißt auch weiterhin Zen. Es war unglaublich…. so glücklich und voller Lebensfreude habe ich ihn noch nie gesehen.“ Ein sanftes Lächeln bildete sich auf ihrem Gesicht, während sie in die Ferne starrte. „Das ist schön. Da freue ich mich für ihn.“ Chiaki legte sachte seine Hand auf ihre und strich liebevoll mit dem Daumen über ihren Handrücken. Maron rückte näher an ihn ran und legte ihren Kopf auf seine Schulter. „Wusstest du, dass Access und Fin uns für immer verlassen werden, wenn dieser Krieg vorüber ist?“, fragte sie schließlich nach einen Moment der Stille. Chiaki hob kurz beide Brauen in die Höhe. „Echt? Na gut, würde Sinn machen… Schließlich wäre ihre Aufgabe somit erfüllt.“ „Ja…. Ich werde sie vermissen.“ „Ich auch.“ „Einst weiß ich. Ich werde sie nie im Leben vergessen! Selbst wenn ich graue Haare bekommen sollte! Genauso wenig werde ich unser Leben als Jeanne und Sindbad nie vergessen!“, richtete sie sich aufrecht und sah ihren Freund selbstsicher an. Dieser fing an zu lachen und nickte. „Mir geht’s genauso.“ Maron stimmte in sein Lachen mit ein.    Dann strich Chiaki ihr eine lange Strähne aus dem Gesicht, legte seine Hand auf ihre Wange und zog sie für ein Kuss an sich. Maron erwiderte den Kuss gefühlvoll und legte eine Hand auf seinen Oberarm. Er ließ seine Hand von ihrem Gesicht zu ihrer schmalen Schulter herunterwandern. Plötzlich hielt er inne und drückte sie etwas von sich. „Was ist los?“, fragte Maron irritiert sowie besorgt. Doch anstatt zu antworten, ließ er den Blick aufs Bett sinken. Bilder flackerten vor seinem inneren Auge auf. Erinnerungen, die ihm fremd und gleichzeitig doch seine eigenen waren. Er merkte nicht, wie versteinert er vor ihr saß und den Atem anhielt. Auf einmal nahm Maron sein Gesicht sanft in ihre Hände. Diese Geste riss ihr Gegenüber in die Realität zurück. Chiaki blinzelte sie mit großen Augen einige Male an. Sie schenkte ihm ein ruhiges, sanftes Lächeln. „Bitte rede mit mir.“ Chiaki ließ seine angespannten Schulter sinken und atmete tief aus. Mit einer schuldigen Miene wendete er seinen Blick von ihr ab. „Was er-… was ich alles gemacht hatte, die letzten Tage…Ich erinnere mich an alles.“, sagte er. „Was ich getan habe, war unverzeihlich. Ich hätte dich fast getötet…und das nicht nur einmal.“ „Du warst aber nicht du selbst.“, schüttelte Maron den Kopf. „Ich weiß! Ich weiß, dennoch… Diese Dunkelheit in meinem Herzen gehörte zu mir, es war ein Teil von mir. Es war somit immer noch ich, der dir wehgetan hat. Ich denke nicht, dass ich mir jemals verzeihen kann!“ „Verstehe…“ Maron blickte ihn eindringlich in die Augen, ihre Daumen strichen ihm sanft über die Wangen. „Und was ist wenn ich dir verzeihe?“ „….Was?“ Verwunderung blitzte in seine braunen Augen. „Chiaki… du brauchst dich nicht für deine Handlungen fertig zu machen. Wenn du dir nicht verzeihen kannst, dann verzeihe ich dir.“ Sie gab ihm einen zarten Kuss. „Ich verzeih dir. Egal, was geschah oder was geschehen wird. Ich werde dir immer verzeihen.“ Sie küsste ihn ein weiteres Mal. „Außerdem… Physischer Schmerz stört mich nicht. Es tut mir mehr weh, nicht bei dir sein zu dürfen.“, gab Maron ehrlich zu und ließ ihre Hände sinken. „Es tat mir mehr weh, wenn du nicht da warst. Es tat mir mehr weh, als ich dachte, ich hätte dich für immer verloren… Dieser Schmerz war qualvoller als alle körperlichen Schmerzen zusammen.“ Tränen sammelten sich in ihren Augen, die sie versuchte wegzublinzeln. Chiaki sah sie wortlos an. Dann legte er eine Hand auf ihrem Hinterkopf und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Manchmal vergesse ich, wie stark du eigentlich bist.“, murmelte er. „Und dennoch würde ich dich mit meinem Leben beschützen wollen, wenn es darauf ankommt.“ „Chiaki.“ Maron ließ kurz ihren Blick sinken. Dann sah sie wieder zu Chiaki hoch, blickte ihm in die Augen und sprach endlich das aus was sie so langer Zeit nicht aussprechen konnte: „Dir habe ich es zu verdanken. Dir und deiner Liebe. Du zeigtest mir, was wahre Stärke ist…und dass es okay ist, zu weinen…schwache Momente zu haben.“ Sie stoppte sich kurz, schniefte. „Damals als die Nachricht kam, dass meine Eltern sich scheiden lassen wollten… Ich fühlte mich wie, als würde ich in ein schwarzes Loch fallen. Ich rannte und rannte, aber kam nicht aus dieser Dunkelheit raus. Überall war es Nacht, sowohl draußen als auch in mir drin. Tief in meinem Inneren hatte ich gehofft, dass du kommen würdest. Wie damals im Geisterhaus.“ Ein Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. „Meine Gebete wurden wahr und ehe ich mich versah, hieltst du mich in deine Arme. Du verhalfst mir dabei aus dieser Dunkelheit in meinem Herzen zu entkommen… Dich bei mir zu haben, lässt mein Herz erleuchten… Chiaki, ich…Ich liebe dich!“, sagte sie unter Tränen, vergrub beschämt ihr hübsches Gesicht in ihre Hände. Chiaki konnte zunächst gar nicht realisieren, was passierte. Sprachlos blickte er Maron an. „Ich… liebe dich! Bitte, bleib bei mir! Verlass mich nicht! Bitte, halte mich in deinen Armen und lass nie wieder los…“, schluchzte sie, weinte hemmungslos, unmöglich ihre Gefühle sowie die Tränen noch weiter zurückzuhalten. „Das ist das erste Mal, dass du ‚Ich liebe dich‘ gesagt hast…“, brachte er hervor. Maron hob ihren Kopf. Ihre Wangen waren gerötet und sie lächelte ihn unter Tränen an. „Natürlich! Natürlich, liebe ich dich! Du glaubst gar nicht, wie glücklich du mich machst!“ Sie lachte glücklich auf, konnte selbst kaum glauben, wie leicht ihr diese Worte nach so langer Zeit aus dem Mund kommen. „In dem Moment als du in mein Leben getreten bist, gabst du mir ein Fünkchen Licht in meiner Einsamkeit. Von Beginn an mit deiner ersten Nachricht im Briefkasten bis zu unserem ersten Kuss als Jeanne und Sindbad habe ich dich schon geliebt…!“, sprudelte es aus ihr förmlich heraus. „Wenn du mich in die Arme nimmst, machst du mich zum glücklichsten Menschen der Welt! Wenn du bei mir bist, fühle ich mich so stark… wie als könnte ich Berge versetzten! Ich liebe dich so sehr… Ich könnte vor Glück platzen…!“ Mehr Tränen rannen ihr die Wangen herunter. Freudentränen. „Ich- Ich-…“ Bevor Maron weitersprechen konnte, nahm Chiaki sie in seine Arme und küsste sie. Zu überwältig von ihrem Liebesgeständnis. Dabei fiel sie rücklings auf die Matratze. Die Küsse die sie austauschten waren intensiver als je zuvor. Berauschender. Gefühlvoller. Voller Liebe, Leidenschaft und Emotionen. „Ich liebe dich, Maron…“, flüsterte Chiaki inmitten der Küsse. „Schon seit ich dich das erste Mal sah, liebte ich dich.“ Er sah liebevoll zu ihr herab, strich ihr zärtlich über die rosanen Wangen, küsste ihr jede einzelne Träne weg. „Ich werde dich lieben bis ich sterbe und wenn es für uns ein Leben danach gibt, dann werde ich dich ebenfalls lieben.“   Wieder versanken beide in einem leidenschaftlichen Kuss. Nach eine Weile wurden ihre Küsse gieriger, fordernder. Dann ließ Chiaki von ihrem Mund ab und verteilte kleine Küsse ihre Kieferpartie herunter zum Hals. Maron keuchte genüsslich auf. Ihre Hände wanderten zum Saum seines Shirts herunter und versuchte es über seinen Kopf zu schieben. Chiaki verhalf ihr dabei es auszuziehen und warf es in die hintersten Ecke des Zimmers. Anschließend fing er an ihre Halsbeuge hinab zu küssen, liebkostete ihre weiche Haut. Maron schlang ihre Arme um seinen nackten Oberkörper, drückte ihn enger an sich. Langsam öffnete er ihren Reißverschluss am Rücken und schob er ihr weißes Kleid von den Schultern herunter. Das Kleid wurde in dieselbe Richtung weggeworfen, wie zuvor auch sein Shirt. Ein weiteres Mal küsste sich das Paar innig. Leises Keuchen und Stöhnen war im Raum zu hören. „Maron-…“, stöhnte er und wisperte, „Wenn wir jetzt nicht aufhören-…Ich kann mich nicht länger unter Kontrolle halten-“ Sanft sah Maron zu ihren Geliebten hoch, strich ihm die Haare aus dem Gesicht. Mit geröteten Wangen und Begierde in den Augen blickte Chiaki auf sie herab, seine recht Hand auf ihre Wange ruhend. Sie ummantelte diese Hand mit ihrer, schmiegte sich in seine Handfläche rein. „Es ist in Ordnung. Wir müssen nicht aufhören. Ich will auch nicht aufhören…“, wisperte sie zurück. „Ich will es.“ Sie küsste ihn. „Ich will es…wenn du es auch willst.“ „Wenn ich es auch will?“, lachte er leise auf. „Kannst du es mir nicht ansehen?“ Daraufhin musste sie ebenfalls auflachen. Schließlich küsste er sie ein weiteres Mal, biss sanft auf ihre Unterlippe, küsste ihren Hals entlang, runter zu ihrem Schlüsselbein, während sie ihre Hände über seinen Körper fuhr. Über seinen Rücken, seiner Brust, seinen flachen Bauchmuskeln, seine starken Arme. Gleichzeitig spürte sie seine Hände und Lippen auf ihrem ganzen Körper. Als seine Hände an ihrem BH-Verschluss stoppten, sah er sie mit einem vorsichtigen, fragenden Blick an. Mit einem Nicken gab sie ihm zu verstehen weiterzumachen. Mit jedem weiterem Kleidungsstück, welches sie sich entledigten, hielt Chiaki inne, fragte stumm nach Maron’s Zustimmung und jedes Mal nickte sie, lächelte ihn warm an, ermutigte ihren Freund dazu weiterzumachen. Schließlich war nichts mehr zwischen ihnen außer nackte Haut. „Du bist so wunderschön…“, flüsterte Chiaki, konnte seine Augen nicht von Maron abwenden. Peinlich berührt, lief sie rot an. „Küss mich.“, bat sie ihn und er tat es.       ------------------------------------------- Kiss me once, kiss me twice Once isn't enough Kiss me once, kiss me twice Give yourself to me  Kiss me once, kiss me twice Kiss me three times Please  [Utada Hikaru – Oath]   Chapter 29: The Maid of Orléans ------------------------------- Sooo, nach einer gefühlten Ewigkeit geht’s auch hier mal weiter ^^ Ohne großes Gelaber, viel Spaß an die, die noch dabei sind! ----------------------------------------   Chapter 29: The Maid of Orléans   Der nächste Morgen brach an. Leicht verschlafen wachte Maron als erste auf und fand sich eng umschlungen in Chiaki’s Armen wieder, der noch immer tief und fest schlief. Beide waren in der dünnen Bettdecke eingewickelt. Maron setzte sich vorsichtig auf, lehnte sich ins Kissen zurück und blickte verliebt auf ihren schlafenden Freund herab. Ein verlegenes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen, als sie sich die letzte Nacht Revue passieren ließ, die Wangen färbten sich rosarot. Einige ruhige Minuten vergingen bis Chiaki sich auf die andere Seite drehte, die Augen blieben weiterhin geschlossen. „Du beobachtest mich…“, murmelte er träge. Seine Freundin kicherte belustigt. „Ich schau dir nur beim Schlafen zu.“ Chiaki’s Mundwinkel zogen sich zu einem kleinen Lächeln nach oben, langsam öffnete er seine Augen. Er drehte zu Maron um, das Lächeln wurde noch breiter. „Hi“, sagte er. „Hi“, lächelte sie überglücklich und beugte sich zu ihm für ein Kuss runter. Daraufhin setzte auch er sich auf. „Wie geht es dir?“, fragte Chiaki mit Vorsicht und Sorge. „Gut.“ „Wirklich?“ „Ja“, schmunzelte Maron, „Wieso sollte es nicht?“ „Naja…“ Eine leichte Röte bildete sich auf seinem Gesicht. „Wegen letzte Nacht… Ich mache mir Sorgen, ob du deine Kraft jetzt wirklich verloren hast.“ „Ah…“ Maron sah kurz nach draußen und wandte sich anschließend wieder ihrem Freund zu. Mit einem zuversichtlichen Lächeln schüttelte sie den Kopf. „Ich denke, ich kann mich immer noch verwandeln“, sagte sie. Chiaki zog irritiert seine Brauen hoch. „Ich dachte, du müsstest rein bleiben…?“ Maron zuckte entspannt mit den Schultern. „Wie definiert man ‚rein‘ denn? Meiner Ansicht nach hat das nichts mit meiner Unschuld zu tun“, kurz atmete sie tief aus und sah ihm eindringlich in die Augen, „Auch wenn ich jemanden liebe, kann ich immer noch rein bleiben…Solange ich meine Würde, meinen Stolz und meinen Glauben nicht verliere.“ Sie hielt sich eine Hand übers Herz. „Mehr noch, ich glaube, ich fühle mich sogar noch stärker!“ Chiaki nickte verstehend, lächelte sie liebevoll an, umfasste ihre Taille und drückte ihr einen Kuss auf den Kopf. „Für mich bist du sowieso das reinste Mädchen, das ich kenne.“ Anschließend küsste er zärtlich ihre Lippen. Maron erwiderte den Kuss kichernd. Eine Weile lagen sie noch entspannt im Bett, unterhielten sich und zogen sich anschließend an.   Das Paar verließ soeben ihr Zimmer, um mit ihren Freunden etwas zu essen, als Hope um die Ecke geflogen kam. „Und? Wie war eure Nacht?“, fragte sie mit einem verschmitzten Grinsen. Sofort liefen Chiaki und Maron etwas rot an. „Oh. Ich verstehe schon“, kicherte der Engel wissen. „W-Was soll das bitte heißen?“, stammelte Chiaki verlegen. Das Grinsen auf Hope’s Gesicht wurde noch breiter. „Ich wette, ihr habt euch bestimmt wie im siebten Himmel gefühlt“, lachte sie frech. Daraufhin lief das Paar noch roter an. „An Diskretion fehlt es dir eindeutig!“, meckerte der Blauhaarige leise und hielt sich eine Hand vor die Stirn. Maron lachte nur peinlich berührt. „Nun denn“, winkte Hope gelassen ab, „Ich will euch Turteltauben nicht weiter aufhalten. Eure Freunde warten bestimmt schon auf euch.“ „Möchtest du dich nicht uns anschließen?“, fragte Chiaki. Der Erzengel schüttelte den Kopf. „So gerne ich wollte, leider muss ich dringend zu Michael.“ „Ist irgendwas vorgefallen?“, fragte Maron besorgt. „Hmm. Kann ich nicht wirklich sagen. Er meint, dass er seit zwei Tagen eine merkwürdige Präsenz hier spürt. Er dachte, dass hätte was mit Lucifers Anwesenheit letztens zu tun, doch die Präsenz ist immer noch da.“ „Ein Dämon vielleicht?“, kam es von Chiaki. „Das bezweifle ich, um ehrlich zu sein“, entgegnete Maron. Hope nickte. „Was auch immer sich in den Himmel eingeschlichen hat, wir werden es herausfinden. Daher werde ich mit ihm und ein paar seiner Kameraden die Lage checken.“ „Wenn wir helfen können, dann sagt bitte Bescheid“, sagte Maron, worauf Chiaki zustimmend nickte. Hope lächelte nickend, strich Chiaki noch flüchtig übers Haar und verabschiedete sich schließlich von den beiden. Das Paar sahen ihr noch einen Moment hinterher, bis sie sich wieder auf dem Weg machten. In einer großen Halle, welches einem an einen Speisesaal erinnerte, trafen sie schließlich auf ihre Engel an. Auch Toki und Cersia waren dabei. „Nanu… Wo sind denn Noyn und Silk?“, fragte Maron, als sie die beiden Benannten nirgends entdeckte. Access zuckte ahnungslos mit den Schultern, während er an einem Apfel kaute. „Haben sie gefragt- *mampf* -ob die mitkommen wollen- *mampf* *mampf* -aber hatten abgelehnt-“ Fin gab ihn einen Klaps auf dem Hinterkopf. „Entweder essen ODER reden!“, meckerte sie, „Nicht beides auf einmal. Das ist eklig.“ Lachend setzten sich die Kaitos hin, aßen und unterhielten sich ausgelassen mit ihren Freunden. Während sie aß und in die Runde schaute, überkam Maron ein unbehagliches Gefühl, welches sie nicht zuordnen konnte. *** Unterdessen wanderte Noyn mit Silk auf seinen Schultern außerhalb des Palastes ziellos umher. „Noyn-sama. Was machen wir überhaupt hier draußen?“, fragte Silk. „Siehst du doch. Spazieren“, antwortete Noyn knapp. So gerne er seine Zeit mit Maron und den anderen verbringen würde, so bereitete es ihm ein Unbehagen unter so vielen Engeln auf einmal zu sein. Einige Minuten lief er durch einen waldähnlichen Bereich entlang als ein Rascheln hinter den Büschen ihn stoppen ließ. Neugierig blickte Noyn zur Seite. „Hast du das gehört, Silk?“ „Hmm“, stimmte der Drache ihm zu. „Vielleicht ein Engel, der Versteck spielen will.“ Noyn verengte seine Augen argwöhnisch. „Fühlt sich nicht nach einem Engel an…“ Aus unerfindlichen Gründen begann sein Herz lauter und schneller zu schlagen. Ein unsicheres Gefühl überkam ihm. Doch er versuchte die aufkommende Nervosität zu verdrängen, während er sich achtsam der Geräuschquelle nähert. Eine verhüllte Gestalt kam ihn plötzlich entgegen. Sie trug einen Umhang und die Kapuze hing ihr tief über das Gesicht. Noyn und Silk, der sich sofort in seine menschliche Gestalt verwandelte, stellten sich in Angriffsposition auf. „Wer bist du?“, verlangte Noyn zu wissen. Keine Engelsflügel, also auch kein Engel..., stellte er im Stillen fest. Die fremde Person antwortete nicht, schwankte jedoch stattdessen und hielt sich stöhnend den Kopf. Es war die Stimme einer Frau zu vernehmen. Silk und Noyn beobachteten, wie im nächsten Augenblick ihre Beine nachgaben und sie nach vorne fiel. Silk fing sie noch auf, ehe sie auf dem Boden aufschlug. Dabei rutschte ihr die Kapuze vom Gesicht. Noyn stockte der Atem. Seine Augen weiteten sich schockiert. Ehe er es kontrollieren konnte, rollte ihm eine Träne die Wange herunter. „D-Das... Das kann nicht sein…“, wisperte er mit gebrochener Stimme. „Noyn-sama.“ Silk sah zwischen beiden hin und her. „Wa-Was machen wir jetzt?“ Doch sein Meister war unfähig ihm zu antworten, zu tief saß der Schock. Eine Stimme hinter ihm riss ihn in die Realität wieder zurück. „Noyn!“ Er drehte sich um. „M-Maron?“ Diese kam mit Chiaki und den Engeln auf ihn zu. „Was macht ihr hier?“ „Maron hatte sich Sorgen gemacht und wir sind euch suchen gegangen“, antwortete ihm Fin. Noyn nickte geistesabwesend, sein Gesicht war leichenblass. „Was ist los, Noyn?“, fragte Maron besorgt. Als Antwort drehte er sich wortlos zu der Frau in Silk’s Armen um. Maron folgte seinem Blick und schnappte hörbar nach Luft. Chiaki blickte ebenfalls fassungslos drein. „Wie ist das möglich?“, sagte er. Maron näherte sich der Bewusstlosen einige Schritte. „Jeanne... d’Arc...?“ Plötzlich öffnete sie ihre grauen Augen und warf Silk mit einer Energiewelle einige Meter gegen einen Baum. Chiaki zog Maron schützend hinter sich. „SILK!“, rief Noyn erschrocken, blieb jedoch an Ort und Stelle stehen. Jeanne drehte sich bei dem Klang seiner Stimme zu ihm um. Ihr Gesicht war mit Schrammen übersäht und Blut klebte an ihrem Mundwinkel. Ihre silbernen Haare waren wild zerzaust. Dennoch sah sie so wunderschön aus, wie er sie aus seinen Erinnerungen kannte. Ihr grimmiger Gesichtsausdruck sänftige sich etwas. „Noyn…?“, wisperte sie tonlos. „Keine Bewegung!“, ertönte plötzlich Erzengel Michael’s Stimme. Er und Hope sowie ein paar weitere Engel kamen von oben angeflogen und stellten sich zwischen Jeanne d’Arc und der Gruppe auf. Kurz observierte er die Lage, ehe sein Blick an Jeanne hängen blieb. „Jeanne…“ Wie jeder andere, war auch Michael geschockt. Ohne den Erzengeln Beachtung zu geben, blickte sie an allen vorbei und sah Maron direkt an. „Ich...Ich brauche Hilfe.“ *** „Wir haben eine tote Person hier im Himmel“, sagte Access. Alle hatten sich im Speisesaal versammelt und saßen um den großen Tisch. Die vier großen Erzengel befanden sich währenddessen im Nebenraum mit Jeanne d’Arc. „Um es genau zu betrachten, sind wir auch tote Personen“, merkte Hope an. „Bei uns ist das was anderes“, entgegnete Access, „Wir sind wiedergeborene Seelen von Verstorbenen!“ „Sie blutete, also denke ich nicht, dass sie wirklich tot ist“, kam es von Fin neben ihn. „Dann ist sie ein Mensch?“, wunderte Cersia sich. „Sie roch wie ein Mensch“, warf Silk ein, dessen minimale Verletzungen anfingen zu heilen. „Wie ein lebender Mensch. Nicht wie ein Toter.“ Toki verzog leicht angewidert das Gesicht. „Sowas kannst du riechen?“ „Klar, ich bin schließlich ein Drache“, zuckte der Junge mit den Schultern. „Wie riechen wir Engel denn?“ „Hmm...süß.“ „Süß??“ „Wir kommen vom Thema ab, Leute“, kam Access wieder zu Wort, „Wir haben Jeanne d’Arc -DIE Jeanne d’Arc- hier in Gottes Palast. Überhaupt! Wie kann sie hier unter den Lebenden sein? Sie ist doch seit mehr als 500 Jahren tot!“ Maron spürte, wie alle sie anstarrte. Alle bis auf Noyn. Dieser sah mit einer finsteren Miene aus dem Fenster. „Uhmm... In der Hölle hatte Lucifer mir einen Teil meiner Seele geraubt…“, offenbarte sie zögernd und biss sich auf die Lippe. „Ich schätze mal, um Jeanne wiederzubeleben?“ Schweigen breitete sich im Raum aus. „Bastards“, fluchte Chiaki leise. „Wichtig ist auch die Frage, was sie hier will...und wie sie hierhergekommen ist“, kam es von Fin. Maron überlegte und erinnerte sich an ihr Gespräch mit Lucifer zurück. „So wie ich es mitbekommen habe, ist sie entkommen. Anscheinend wollte er sie für irgendwelche Zwecke benutzen und sie ist ihm entwischt.“ Erstaunt blickten ihre Freunde sie an. „Denkst du, man kann ihr vertrauen?“ Fin zog skeptisch die Brauen zusammen. Stumm zuckte die Braunhaarige mit den Schultern. „Sie ist schließlich mein früheres Leben“, sagte sie mit einem kleinen Lächeln. „Muss nichts heißen“, erwiderte Chiaki trocken, „Wenn Lucifer irgendwelche Experimente mit ihr gemacht hat, dann würde ich ihr nicht trauen. Du hast gesehen, wie sie Silk einfach davonfliegen ließ.“ „Vielleicht war das unbeabsichtigt. Außerdem hatte sie gesagt, dass sie Hilfe braucht.“ „Muss immer noch nichts heißen.“ Maron strich sich seufzend durch die Haare. Für einige Augenblicke war es wieder still bis Access sich zu Noyn umdrehte: „Wieso sagst du eigentlich nichts? Schließlich geht es um deine Jeanne-“ „Das ist nicht meine Jeanne!“, unterbrach Noyn ihn mit unterdrückter Wut in der Stimme, „Die Jeanne, die ich liebe ist an jenem Tag vor meinen Augen am Scheiterhaufen gestorben…“ Mit den Worten stürmte er zur Tür nach draußen. „Noyn…“ Maron sah ihm besorgt nach. Kaum war der ehemalige Dämonenritter weg, kam Erzengel Raphael rein. Sein Gesichtsausdruck war ernst. „Eva“, sagte er, „Würdet Ihr mir folgen?“ „Wozu?“, fragte Chiaki. „Jeanne d’Arc weigert sich uns ihre Beweggründe zu offenbaren. Selbst gegenüber Gott will sie nicht vortreten. Sie ist nur gewillt mit ihrer Reinkarnation zu sprechen.“ „Okay...?“ Maron stand von ihrem Stuhl auf. Gemeinsam mit dem Erzengel ging sie in den Korridor. Chiaki lief ihnen nach und schloss hinter sich die Tür. „Maron, warte.“ Diese drehte sich zu ihm um. Erzengel Raphael sah zwischen beiden mit einem verständnisvollem Ausdruck hin und her. „Ich warte auf Euch am Ende des Ganges“, sagte er „Ich und Michael werden vor der Tür warten, während Ihr mit ihr redet.“ Damit flog er davon, ließ das Paar für einen Moment allein. Chiaki nahm Maron in seine Arme und drückte sie innig. „Sei vorsichtig“, flüsterte er, „Sie könnte gefährlich werden.“ Maron strich mit ihrer Hand seinen Rücken entlang. Sie spürte seinen Kinn auf ihren Haaren und wie seine Finger durch ihre Strähnen fuhren. „Kein Sorge“, versicherte sie ihm, „Du hast ja gehört, was Raphael eben sagte. Ich werde nicht komplett ungeschützt da sein. Außerdem kann ich auch auf mich selbst aufpassen.“ Sie sah mit einem starken Lächeln zu ihm auf. „Ich mache mir immer Sorgen um dich.“ Chiaki strich ihr sachte ein paar Haare aus dem Gesicht. „Ich weiß.“ Maron schmiegte sich in seine Hand an. „Aber sie Hilfe braucht... dann will ich ihr auch die Hilfe anbieten, die sie braucht. Du weißt, dass ich nicht hilflos zugucken kann, wenn jemand leidet.“ Er küsste ihre Stirn. „Was auch immer sie will... Mach keine Versprechen, die du nicht halten kannst“, wisperte Chiaki gegen ihre Haut, die Stimme so tief, dass nur sie ihn hören konnte. „Ich werde tun, was ich für richtig halte“, sagte sie ihm. Er nickte. Schließlich ging sie den Korridor entlang und verschwand hinter der Tür, vor denen Michael und Raphael standen.   Das Zimmer, dass Maron betrat ähnelte einer Bibliothek. Regale von Büchern und Schriftrollen waren zu sehen sowie ein großer, runder Tisch im Zentrum. Jeanne d’Arc, saß in einem metallisch-grauen Kleid vor ihr. Der Umhang, den sie vorher drüber trug, hing ordentlich gefaltet über der Stuhllehne neben ihr. Die Schrammen waren verschwunden und die silbernen Haare glänzten gepflegt. „Maron Kusakabe...?“ Jeanne musterte sie skeptisch. Die grauen Augen blickten sie eindringlich an. Maron neigte leicht stutzig den Kopf, setzte dennoch ein freundliches Lächeln auf. „So sieht man sich wieder“, sagte sie und setzte sich Jeanne gegenüber hin. Diese zog verwirrt die Brauen zusammen. „Wieder?“ „Erinnerst du dich nicht? … Wir hatten schon mehrmals miteinander kommuniziert!“ „Ach wirklich?“ Jeanne zog unbeeindruckt eine Augenbraue hoch. „Wahrscheinlich hattest du mit einem Geist geredet…aber nicht mit mir.“ „Oh...“ Maron biss sich resigniert auf die Lippe. Die Frau vor ihr, war in der Tat Jeanne d’Arc und dennoch wirkte sie komplett anders, als in ihren Visionen. Sie beließ es dabei irgendwelche Rechtfertigungen zustellen. Stattdessen fragte sie: „Was ist mit dir passiert? Wie bist du wieder am Leben?“ Jeanne zögerte mit ihrer Antwort. „Das Letzte, an was ich mich erinnern kann ist, wie ich auf dem Scheiterhaufen stand und es furchtbar heiß um mich herum war. Alles an mir brannte. Und dann war alles schwarz. Es war dunkel. Der Tod kam... plötzlich.“ Für einen Moment war sie in Gedanken verloren. „Auf einmal hörte ich Stimmen. Und ich spürte das Böse um mich herum. Die Stimmen sprachen davon, wie sie mich und meinen Körper aus der verbrannten Asche wiederhergestellt hatten. Ich spürte, dass ich meinen Körper wiederhatte, doch ich konnte mich nicht bewegen, nicht sprechen oder die Augen öffnen. Ich fühlte mich leblos und lebendig zugleich. Ich dachte, dass wäre meine Strafe dafür meine Mission versagt zu haben. Keinen ewigen Frieden. Innerlich bettelte ich zu Gott mich ruhen zu lassen. Doch wie immer blieb meine Gebete unerhört.“ Ihre Stimme bekam einen bitteren, enttäuschten Tonfall. „Das ist grauenhaft…“, flüsterte Maron. Nachdem einige Sekunden vergangen waren und Jeanne nicht weitersprach, fragte Maron: „Jeanne...“ Die Angesprochene sah zu ihr auf. „Ich muss wissen, was noch mit dir passiert ist.“ Leicht zuckte ihr Gegenüber zusammen und biss sich zögernd auf die Lippe. Dann streckte sie ihre Hand aus: „Wie wäre es, wenn ich es dir zeige?“, sagte sie zu Maron’s Überraschung. „Zeigen?“ Jeanne nickte und legte ihre Hand auf die Tischoberfläche, die Handinnenfläche nach oben gerichtet. Zögerlich legte Maron ihre Fingerspitzen auf die Handfläche. Kaum berührten sie sich, sah Maron nicht mehr die helle Bibliothek vor ihren Augen, sondern eine vertraue, dunkle Umgebung. Sie sah Lucifer mit drei seiner Anhänger vor sich. Schnell realisierte sie, dass sie sich in Jeanne’s Erinnerungen befand. Sie sah, wie Jeanne ein Portal kreierte, aus der Hölle entkam und sich im nächsten Augenblick im Himmel wiederfand. Mit geschockter Miene ließ Maron von Jeanne’s Hand los. Sie ist ohne Mühe drei Dämonenfürsten getötet..., ging es ihr fassungslos durch den Kopf, Und sie besitzt ungeheure Kräfte. „Wie du gesehen hast, bin ich kein normaler Mensch mehr. Daher brauche ich deine Hilfe, Maron Kusakabe.“ „Meine Hilfe?“ „Hm-Mhm. Schließlich sind wir seelenverwandt.“ Jeanne kicherte trocken. „Du spürst bestimmt diese gewisse Aura von mir, oder?“ Maron nickte zaghaft. Was auch immer so spürte, bereitete ihr ein unbehagliches Gefühl in ihrer Brust. „Das was du von mir spürst und diese Kräfte, die ich habe... ich kann es nicht kontrollieren. Es ist wie, als würde ein Dämon in mir leben.“ Jeanne’s Gesicht zuckte etwas schmerzlich zusammen und sie hielt sich kurz den Kopf. „Du meinst, du bist besessen?“, fragte Maron erschrocken. Jeanne ließ von ihrer Stirn los, wog ihre Antwort ab. „Könnte man so bezeichnen. Wobei ich dennoch meinen eigenen Willen habe. Nur in manchen Momenten verliere ich die Kontrolle über mich selbst. Wie vorhin im Wald-“, sie für einen Moment inne, „Das mit dem Drachenjungen tut mir übrigens leid.“ „Willst du, dass ich den Dämon in dir austreibe?“ „… Ich hatte schon versucht ihn mir selbst auszutreiben. Allerdings erfolglos. Daher hilft es vielleicht was, wenn jemand anderes es macht. Der Haken ist allerdings, dass ich mein Leben ein weiteres Mal verlieren könnte... und ich hätte gerne eine zweite Chance im Leben.“ „Oh...Verstehe. Das heißt, der Dämon hält dich am Leben.“ Die Erinnerungen von Zen schossen Maron durch den Kopf. „Ich brauche etwas, was mich unmittelbar nach der Dämonenaustreibung am Leben erhält.“ „M-Moment... Denkst du nicht, dass du Gott oder die Erzengel dabei um Hilfe bitten sollst?“, warf die Braunhaarige ein. „Die Engel trauen mir nicht“, eerwiderte Jeanne emotionslos, „Wenn wir ehrlich sein wollen, niemand traut mir hier.“ „Das stimmt doch gar nicht!“, beschwichtige Maron, worauf ihr Gegenüber wortlos eine Braue hochzog. „O-Okay, ich gebe zu... es besteht ein gewisses Misstrauen wegen deinem plötzlichen Auftauchen“, gestand die Kamikaze-Diebin schließlich. „Aber Gott hätte dir geholfen.“ „Naja... was den Herrn angeht.“ Jeanne schürzte ihre Lippen und sah zur Seite, „Sagen wir es mal so, mein Glaube zu ihm hatte sich über die Zeit -in der ich halbtot gelitten habe- nicht gehalten. Schließlich hat er bis zu meinem Tod und hinaus meine Gebete nie erhört.“, sagte sie verbittert. Ein eisiges Lächeln bildete sich auf ihren Lippen und sie blickte Maron direkt in die Augen. „Man muss zugeben, dass Gott ziemlich egoistisch ist, nicht? Wir machen dir Arbeit für ihn und wenn wir sterben, dass ist es für ihn eigentlich auch egal. Eva’s Seele wird schließlich jedes Mal wiedergeboren. Auf alle Ewigkeiten. Aber du und ich -als Individuen- sind ihm komplett egal…Hauptsache Eva existiert irgendwo weiter.“ Maron fiel sprachlos der Mund auf. Sie konnte nicht glauben, was sie aus dem Mund der Älteren hörte. Die, die sich einst ihr Leben für Gott gewidmet hatte. „Gott ist der, der uns alle verrät“, sprach Jeanne d’Arc monoton weiter, „Und genauso wie der Teufel ist Gott darauf bedacht dieses Spiel um Macht um jeden Preis zu gewinnen. Koste es was es wolle.“ „Wie kannst du nur sowas sagen…!“ Fassungslos starrte ihre Reinkarnation sie an. „Ich hatte viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Nun wurde ich wiederbelebt und muss mich nicht mehr darum kümmern die Welt zu retten. Die Aufgabe übernimmst schließlich du. Und ich habe die Chance ein normales, glückliches Leben zu führen.“ Maron krauste leicht die Stirn. „Ein normales, glückliches Leben? Mit Noyn?“ Bei der Erwähnung von Noyn’s Namen verhärteten sich Jeanne’s Züge. „Was will ich mit jemanden zu tun haben, der nach meinem Tod seine Seele verkauft hat und zum Dämonen wurde?“, sprach sie kalt, „Außerdem will er doch genauso wenig mit zu tun haben, wie ich mit ihm.“ „Uhm... D-Das stimmt nicht-“, stammelte Maron. „Wir kommen vom Thema ab“, sprach Jeanne ohne Regung in der Stimme, „Kann ich auf deine Hilfe vertrauen?“ „Uhm...“ Maron ließ sich das Gespräch für einige Minuten durch den Kopf gehen. „Ich könnte die Erzengel davon überzeugen, dass du keine Gefahr darstellst und vielleicht können sie dir dabei helfen, dass du als normaler Mensch weiterleben kannst“, sagte sie schließlich. Sie sah ihr fest in die Augen. „Du hast mein Wort.“ „Versprochen?“ „Versprochen.“ „Gut.“ Wieder wurde es still zwischen beiden. „Eine Frage hätte ich an dich“, kam es plötzlich von Jeanne. Neugierig sah die Jugendliche zu ihr auf. „Du hast… es getan, oder?“ „Ich habe was getan?“, entgegnete Maron verwirrt. „Du hast dich einem Mann hingeben lassen“, erwiderte Jeanne, „Und ich schätze mal, es ist der junge Mann mit den blauen Haaren. So wie er sich schützen vor dich gestellt hat-...“, ohne den Satz zu beenden, sah sie bitter nach unten. Maron konnte einen Funken Neid in ihren grauen Augen sehen. „Chiaki ist immer da, um mich zu beschützen.“ Mit etwas Nachdruck fügte sie hinzu: „So wie Noyn dich früher immer beschützt hatte.“ Ohne auf die Aussage einzugehen, schaute Jeanne sie mit ausdruckloser Miene an. Seufzend stand Maron von ihrem Stuhl auf. „Ich werde mit den anderen über deine Bitte sprechen und wir werden sehen, wie wir dir helfen können.“ Als sie zur Tür ging, hörte sie Jeanne noch hinter sich sagen: „Ich vertraue darauf, dass du dein Versprechen einhältst, Maron Kusakabe.“ In dem Moment dachte sie an Chiaki’s Worte zurück. „Mache keine Versprechen, die du nicht halten kannst.“ Maron schluckte, drehte sich zu Jeanne um und nickte, ehe sie ging. Chapter 30: Tears ----------------- Chapter 30: Tears   Nachdem er Maron gehen ließ, machte Chiaki sich auf die Suche nach Noyn. Er wusste nicht was ihn dazu trieb. Ein Teil von ihm war davon überzeugt, dass der Schwarzhaarige seine Ruhe wollte, ein anderer Teil wollte dennoch nachsehen, wie es ihm ging. Wieso mache ich mir überhaupt sorgen?, fragte Chiaki sich innerlich. Es dauerte nicht lange, bis er Noyn alleine vor dem Eingang des Palastes vorfand, auf den Treppen sitzend und über den Horizont starrend. Jegliche Wut war aus seinem Gesicht verschwunden und mit einer gewissen Hilflosigkeit ersetzt.  „Was machst du da?“, fragte Chiaki und setzte sich neben ihn hin. Noyn drehte sich nicht zu ihm um, als er antwortete. „Nachdenken.“ „Nachdenken?“ „Ein Prozess, in der ich mein Gehirn benutze, um eine rationale Entscheidung zu finden”, sagte Noyn mit trockenem Sarkasmus. Chiaki verdrehte seine Augen. „Und über was für eine Entscheidung denkst du nach?“ Auf die Frage bekam er lange keine Antwort, bis Noyn verzweifelt aufseufzte. „Ich weiß nicht, was ich tun soll... Wie ich mich ihr gegenüber verhalten soll.“ „Hmm.“ Chiaki wusste genau von wem er sprach. „Ich kann verstehen, wie du dich fühlen muss.“ „Ach, echt?“ „Ich denke schon. Du hast die Liebe deines Lebens vor den Augen sterben sehen. Dann hast du über 500 Jahre damit gelebt zu trauern und über ihren Tod hinwegzukommen. Und plötzlich steht sie wieder lebend vor dir.“ Er seufzte. „Bei so vielen Emotionen wäre ich auch verwirrt. Und wütend.“ „… Warum machst du dir überhaupt sorgen um mich? Ich dachte, du hasst mich.“ Chiaki stoppte sich kurz, eher er Noyn antwortete: „Ich hasse dich nicht. Ich bin dir mehr als dankbar dafür, dass du Maron beschützt hast, wenn ich es nicht konnte. Und wie gesagt…“, zuckte er mit den Schultern, „Weil ich dich verstehen kann. Schließlich gehören wir beide irgendwie zu Adams Nachfahren.“ Daraufhin mussten beide schnaubend auflachen. „Als sie damals starb… Habe ich nicht nur Gott die Schuld gegeben… Sondern auch mir selbst“, sagte Noyn und schluckte schwer, „Ich war der Überzeugung, dass ich ein Wiedersehen mit ihr nicht verdient habe. Dann sehe ich sie und ich fühlte mich alles andere als glücklich.“ Chiaki nickte verstehend. „Ich weiß selbst nicht, ob ich ihr trauen soll. Schließlich war es Lucifer, der sie wiederbelebt hat.“ „Wenn es sich um Maron handeln würde, dann würde ich ihr schon vertrauen. Apropos -Maron spricht gerade mit ihr… Was ist, wenn sie nichts mit den Dämonen zu tun hat? Würdest du ein Neuversuch mit ihr wagen?“ „Keine Ahnung…Wenn sie auch will?” Verunsichert strich Noyn sich durch die Haare. „Ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen, würde ich es allerdings bezweifeln“, fügte er deprimiert hinzu. „Hmm. Warten wir es mal ab“, entgegnete Chiaki in einem aufmunternden Ton. Noyn nickte einmal und für einige Momente saßen die beiden schweigend nebeneinander. „Danke für das Gespräch. Ich schätze mal, den hatte ich gebraucht.“ Mit einem stummen „Nichts zu danken“ zuckte Chiaki mit den Schultern und lächelte leicht.      „Ich glaube nicht, dass es möglich ist.“ Mit einem entmutigenden Blick sah Maron zu Erzengel Uriel und Gott auf. Nach ihrem Gespräch mit Jeanne d’Arc ist sie beide aufsuchen gegangen und hatte ihm von Jeanne’s Bitte berichtet. „Ich stimme dem Part zu, dass wir den Dämon in ihr versiegeln, aber sie weiterleben zu lassen widerspricht die Gesetzen der Natur“, sprach Uriel weiter, „Außerdem müsste man ihr eine Seele als Lebensquelle geben.“ „Aber das könnt Ihr doch machen?“, fragte Maron an Gott gerichtet. „Ihr könnt Menschen eine Seele geben. Dann könnt Ihr doch Jeanne eine neue Seele geben.“ „... Ich hatte Jeanne d’Arc vor vielen hundert Jahren ihre Seele verliehen. Ich kann das nicht nochmal machen.“ „A-Aber... Sie möchte leben“, enttäuscht sah Maron nach unten, „Ich möchte nicht, dass sie stirbt. Für ihren und für Noyn’s Willen.“ „...“ Schweigend warteten alle auf eine Entscheidung vom Herrn. „Ich verstehe“, sagte er schließlich, „Die Engel werden dafür sorgen, das Dunkle aus ihrem Körper zu bereinigen.“ Maron blinzelte leicht verwundert. „Muss ich ihn nicht bannen?“ „Das ist nicht nötig, Maron. Außerdem wäre es auch weniger riskant für dich und sie.“ Erleichtert lächelte sie auf. „Ich danke euch.“ *** Am nächsten Tag versammelten sich alle in Gottes Halle. „Herr.“ Jeanne d’Arc, die in der Mitte des Raumes stand, sah mit einem ausdruckslosen Gesicht zum Podest hoch. Dann sah sie skeptisch zu Maron, die in ihrer unmittelbaren Nähe stand. „Keine Sorge. Alles wird schon alles gut werden“, sagte die Braunhaarige ihr beschwichtigend, „Ich bin bei dir.“ Schweigend presste Jeanne sich die Lippen zusammen und sah sich angespannt um. Um sie herum standen Erzengel Uriel und Hope. Die anderen drei großen Erzengel sowie Rill standen schützend vor Gottes Podest. „Wieso bist du immer für den Assistenz-Job zuständig?“, fragte Chiaki leise an seine Mutter gerichtet. „Weil ich das Mädchen für alles bin“, entgegnete sie ihm zwinkernd. Seufzend verdrehte er die Augen und gesellte sich anschließend zu Access und den anderen an den Rand. Noyn starrte mit einer blanken Miene zu seiner Geliebten. „Wir werden beginnen“, ertönte Uriels Stimme. Im nächsten Moment leuchteten Hope’s Hände auf, und sie errichtete einen Bannkreis um Jeanne. „Im Namen Gottes-“, fing Uriel an zu sagen, doch seine Stimme erstickte unter Jeanne’s schmerzerfüllte Schreie. Sie sackte auf die Knie. Erschrocken riss Maron ihre Augen auf. „Sie hat Schmerzen!“, rief sie. „Das ist der Dämon in ihrem Körper, der nicht gehen will“, sagte Hope ihr. Ein paar Minuten vergingen und die Schreie verebbten. Jeanne hielt ihre Arme vor der Brust, die Hände klammerten sich krampfhaft um ihre Oberarme. „Jeanne, du musst stark bleiben!“, rief Maron ihr zu. „Halte durch!“ „Mar-on...“, wisperte Jeanne kaum hörbar, sie atmete schwer. Ihre Augen waren zugekniffen. Plötzlich wurde sie von einer schwarzen, rauchartige Aura umgeben. „Oh nein“, kam es von Uriel erschrocken. Wie in Trance richtete Jeanne sich aufrecht und öffnete ihre Augen. Sie waren rot statt grau. Die Aura um sie herum wurde mit der Sekunde dunkler. „Lasst. Mich. In. Ruhe!!“ Mit einer dunkeln Welle durchbrach sie den Bannkreis. Der Rauch, der sie umgab, verdichtete sich, teilte sich von ihr ab und unzählige Dämonen sprangen aus ihnen heraus. Ebenso ließ sie augenblicklich etwas in ihrer Hand erscheinen, was Maron den Atem stockte. „JEANNE!“, hörte sie Michaels aufgebrachte Stimme schreien. Denn die einst französische Kriegerin hielt sein Schwert in der Hand. Natürlich, ging es Maron durch den Kopf, Sie ist ebenfalls eine Wiedergeburt Eva’s war und dementsprechend besitzt sie noch ein Bruchteil der Kraft. „Haltet euch von ihr fern!“, warnte Hope. Mit einer blitzschnellen Bewegung wandte Jeanne d’Arc sich um und stach mit einem spitzen Schrei auf Hope ein.   Chaos brach aus. Wachen flogen auf Jeanne zu, als Chiaki auf Hope zu rannte. Er hob sie vom Boden auf und nahm sie ihn seine Arme.  „Mutter! HEY!“, sprach er panisch auf sie ein. Kraftlos sah sie zu ihm auf. Sie war blutübersät. „Chiaki-… mein Junge-“, hauchte sie. „Du wirst wieder gesund! Ich hole Access, damit er dich heilen kann!“ Hilflos sah er sich um, doch Access war nirgends zu sehen. Um ihn herum bekämpften Engel die Dämonen, die aus Jeanne’s Körper entsprangen.    Schwach schüttelte Hope mit dem Kopf. „Es wird nichts nützen...“ „Nicht! Du darfst nicht sterben! Nicht noch einmal!!“ Tränen liefen ihm das Gesicht herunter. Sein Herz schmerzte. Der alte Schmerz von damals kam wieder hoch. Hope hob mit letzter Kraft ihre Hand und strich Chiaki über die Haare, ließ sie runterwandern und umfasste mütterlich seine Wange. Das Blut an ihren Händen blieb an seinen Haaren und seinem Gesicht hängen. „Ich bin so stolz auf dich mein Junge…“ Blut floss aus ihrem Mundwinkel, ihr Atem war schwach. „Bitte-…Bitte versprich mir, dass du deinem Vater alles erzählst…die ganze Wahrheit…“ Sie hustete, spuckte Blut. „Er hat ein Recht die Wahrheit zu erfahren…und er sollte wissen…, dass ich ein glückliches Leben geführt habe…sowohl hier… als auch als Midori…“ „Nein, Mutter. Bitte nicht!! Tu mir das nicht an!!“ „B-Bitte…Pass auf deinen Vater auf.“, hauchte sie kaum hörbar. Dieselben Worte, wie damals, als sie das erste Mal starb. Ihre Augen schlossen sich. Die Hand an seiner Wange fiel kraftlos herunter. Chiaki weinte. Er weinte und schrie hemmungslos. Er drückte Hopes leblosen Körper verzweifelt an sich. Erst vor kurzen hatte er sie wiedergefunden, um sie ein weiteres Mal zu verlieren.   Zur selben Zeit auf der Erde schreckte Kaiki aus seinem Schlaf auf. Schwer atmend saß er aufrecht im Bett und hielt sich die Brust. Ein furchtbares Gefühl durchfuhr ihm, wie als würde man ihm tausendmal durchs Herz einstechen. Dasselbe Gefühl wie damals…aber wieso? Tränen liefen ihm aus unerklärlichen Gründen das Gesicht herunter. Unbewusst wandte er seinen Kopf und sah auf seinen Nachttisch. Darauf befand sich ein Foto, in der er mit seiner verstorbenen Frau Midori und Chiaki abgebildet waren. Kaiki nahm das Bild in seine Hand und betrachtete es für einige Minuten. Midori…, dachte er sich melancholisch, Wieso habe ich das Gefühl, als würde ich dich nochmal verlieren, meine Liebe? Draußen regnete es unterdessen in Strömen. *** Zwei Wachen flogen auf Jeanne zu, versuchten sie aufzuhalten, doch diese bewegte sich mit unmenschlicher Geschwindigkeit und schwang die Klinge über deren Brust. Schreiend brachen sie zusammen. „Haltet euch von mir fern!!“, kreischte Jeanne wie wahnsinnig. Blut klebte an ihr und lief der Klinge herab. Als sie einen weiteren Engel angreifen wollte, stellte Maron sich als Kaito verwandelt dazwischen und blockte Jeanne’s Schwert mit ihrem. „Jeanne, hör auf!“, sagte sie mit der Hoffnung, dass sie ihr Gegenüber noch beruhigen könnte. „Bitte komm zur Vernunft.“ Unter dem Chaos konnte sie Chiaki im Augenwinkel sehen, der über Hope gebeugte weinte. Chiaki...Oh nein! Sie spürte, wie die beiden Klingen aneinander rieben und vibrierten. Eine dunkle und eine helle Aura umgaben die jeweiligen Schwerter. „Maron!“ Fin kam auf ihren Schützling zugeflogen. „Bitte halte dich zurück“, rief Maron ihr zu, worauf der Engel abrupt stehen blieb. „Du hast gelogen!“, knirschte Jeanne mit den Zähnen. „Halte dich von mir fern!!“ „Ich habe dich nicht angelogen!“, beharrte Maron und stoß Jeanne von sich ab, „Bitte leg das Schwert weg.“ Doch Jeanne hörte nicht, griff die Kamikaze-Diebin ein weiteres Mal an, die ihr Schwert erhob und mit aller Kraft den Angriff abwehrte. Die Klingen trafen mit einem lauten Klang aufeinander. Plötzlich zersprang das Schwert in Jeanne’s Hand. Scherben fielen zu Boden und Jeanne kreischte panisch auf. Sie und Maron fielen aufgrund des gewaltigen Aufpralls rücklings zu Boden. „Es ist vorbei“, sagte Maron, erhob sich langsam wieder. Ein unmenschlicher Laut entkam Jeanne’s Kehle. Sie sprang auf und rannte mit dem zerbrochenen Schwertstück in ihrer Hand auf Maron zu. Für einen Moment sah sie aus wie die starke Kriegerin, die sie eins war. „Maron!“ Fassungslos sah diese, wie Fin sich in letzter Sekunde zwischen beiden Frauen warf und Jeanne die halbe Klinge in Fin’s Herz rammte. Die grünen Augen des Engels weiteten sich. Blut breitete sich auf ihrer Brust aus. Jeanne ging benommen einen Schritt zurück. Sie war von oben bis unten von Blut bedeckt. „Jeanne!!“ Sie drehte sich zu Noyn um, der fassungslos sie anstarrte. Ihr Gesicht war mit Angst gezeichnet. Gerade als er auf sie zugehen wollte, tauchte eine Wolke von dunklem Rauch hinter ihr auf. Lucifer erschien, umfasste Jeanne’s Arm und zog sie in den Rauch rein. Dann waren beide verschwunden.   Maron stand wie gelähmt da und ließ einen erstickten Schrei aus. Sie konnte fühlen, wie etwas in ihrer Brust auseinandergerissen wurde. Fin’s Beine gaben nach und sie fiel zu Boden.  Access, der alles beobachtete und sich durch das Chaos durchgekämpft hatte, kam auf sie zugeflogen. „FIN!!! NEIN!!“ Er fiel auf die Knie und nahm seine Geliebte in seine Arme. Das Blut von ihr verteilte sich auf seine Klamotten und seinen Händen. „Maron... Access- Ich-“, wisperte Fin, ehe ihre Augen zufielen.  Access schluchzte. „Fin. Fin, bitte-…“, flüsterte er, strich ihr fieberhaft die blutigen Haare aus dem Gesicht. „Verlass mich nicht!“ Noch immer steckte ihr das Schwertstück in der Brust. Überall war Blut. Tränen liefen Maron das Gesicht herunter. Ihr gemeinsames Gespräch von vor zwei Tagen ging ihr durch den Kopf. „Mein Traum ist es ein Erzengel eines Tages zu werden und an Gottes Seite zu dienen!“ Sie dachte an das Versprechen zurück, die sie und Fin sich gegeben hatten. „…Ich werde immer über dich wachen und dich beschützen, Maron!“ Maron schrie und schluchzte. Ihre Beine gaben nach und sie sank auf die Knie runter. Der Schmerz in ihrer Brust war qualvoll. Sie spürte, wie das Leben ihrer Freundin entwich.     Chapter 31: Sound of the End ---------------------------- Chapter 31: Sound of the End   Maron wusste nicht, wann sich die Situation im Saal beruhigt hatte. Irgendwann hatten die Schreie aufgehört. Noch immer kniete sie als Jeanne verwandelt auf dem Boden und blickte zu Fin rüber, die tot in Access Armen lag. „Bitte wach auf“, hörte sie ihn immer und immer wieder flüstern. „Access!“ Cersia und Toki tauchten auf, die Gesichter tränenverschmiert und knieten sich vor ihm hin. Wie betäubt sah Maron zu, wie der weibliche Engel mit zitternden Händen die Splitter von Michael’s Schwert aus Fin’s Brust entfernte. Anschließend legten sie ihre Arme um Access und Fin, wisperte tröstende Worte. Toki tat es ihr nach.   Maron drehte ihren Kopf in Chiaki’s Richtung um. Vor ihm lag Hope, die sich in Lichtpartikel auflöste. Sein Gesicht war eine emotionslose Maske. Wieder blickte Maron zu Fin rüber und beobachtete, wie Access seiner Geliebten was in die Hand legte. „Mein Ohrring… Gib ihn mir wieder, wenn wir uns das nächste mal wiedersehen“, hörte sie ihn mit einem traurigen Lächeln sagen. Ein Hauch von Hoffnung lag in seiner Stimme. Kurz darauf löste sich auch Fin auf. Wiedersehen?, dachte sich Maron, Stimmt… Engel können wiedergeboren werden… Zitternd nahm sie tief Luft und atmete kräftig durch. Auch in ihr breitete sich ein Fünkchen Hoffnung in ihrer Brust aus. Fin… Hoffentlich sehen wir uns wieder. Sie musste schwer schlucken. Abrupt stand Maron auf und ging auf Chiaki zu. Er schaute zu ihr auf und sie tauschten sich stumme, vielsagende Blicke aus. Er nickte einmal und erhob sich ebenfalls. Gemeinsam gingen sie zu Noyn rüber, der mit Silk etwas abseitsstand. „Wir müssen Jeanne d‘Arc folgen“, sagte Maron, die Stimme monoton. Der Schwarzhaarige blickte ernst. „Okay.“ Silk nickte zustimmend. Kurze Zeit später schuf er ein Portal zur Hölle. „Sindbad.“ Der Angesprochene drehte sich zu Access um. Niedergeschlagen ließ der Engel seinen Blick senken. „Tut mir leid... Ich kann nicht mit kommen...“ Chiaki lächelte ein kleines, verständnisvolles Lächeln. „Schon okay. Wir sehen uns, wenn der Kampf vorbei ist.“ Maron nickte. „Ich werde dem Krieg ein Ende setzen“, sagte sie bestimmt und sah zu guter Letzt zu Gott auf. Entschlossenheit zeichnete sich in ihrer Haltung ab. Mit den Worten verschwand sie schließlich.   In der Hölle angekommen, fiel Maron auf, dass die Welt anders wirkte als zu ihrem letzten Besuch. Überall waren Risse im Boden und Teile fielen eine endlose Tiefe herab. Dämonen schwirrten um sie herum, gaben ihnen jedoch kaum Beachtung. „Lucifer verliert an Macht, was sich in dem Zustand seiner Welt widerspiegelt“, erklärte Noyn. „Hmpf“, kam es von Chiaki gleichgültig, der sich mittlerweile in Sindbad verwandelt hatte. Schließlich sahen alle zum Palast vor ihnen auf. Zwei Gestalten kamen herabgeflogen. Es waren die Dämonenfürsten Asmodeus und Azazel. Silk verwandelte sich in seine Drachengestalt und flog auf das Gebäude zu, als ihn auf einmal eine Feuerkugel traf. Im Himmel tauchte Lucifer’s Drache auf und griff ein weiteres Mal an. Silk blockte diesen Feuerangriff mit seinem Flügel an. „Wenn ihr lebend rein wollt, dann müsst ihr an uns vorbei“, sagte Azazel. Mit einer Handbewegung sorgte er dafür, dass alle Dämonen um rum stehen blieben und sich auf die Gruppe fixierten. Sindbad und Noyn stellten sich kampfbereit auf. „Maron, geh du schon mal rein“, sagte Sindbad. „Wir kümmern uns um die und kommen dann nach“, ergänzte Noyn. Maron sah ihre Freunde besorgt an und nickte anschließend. Sie rannte schnellen Schrittes auf den Eingang zu. Asmodeus wollte ihr den Weg versperren, als Sindbad ihm sich jedoch entgegenstellte. Er packte seinen Arm und warf ihn mit einem Schulterwurf zu Boden. „Unterschätzt uns nicht“, sagte er mit kalter Wut in der Stimme. Maron warf ihrem Freund einen dankbaren Blick zu und lief schließlich weiter.   Unzählige Gänge und Räume streckten sich vor ihr aus. „Jeanne! Wo bist du? Zeig dich“, rief sie. Der Gedanke an Jeanne d’Arc ließ sie in Rage versetzen. Als Maron Schritte hörte, blieb sie stehen. Mit einem ernsten Blick in ihren violetten Augen wartete sie bis sich die Schritte ihr näher kamen. „Da bist du ja.“ Jeanne kam aus der Dunkelheit hervor. Anstatt des silbernen Kleides trug sie ein schwarzes. Die Augen waren immer noch rot und blickten schuldig zu Boden. „I-Ich wollte das nicht“, wisperte sie leise. „Das macht keinen Unterschied“, entgegnete Maron tonlos. Jeanne blickt hoch und sah sie direkt an. „Du willst Rache, stimmst? Du denkst, ich verdiene den Tod“, sie musste trocken auflachen, „Was habe ich groß noch zu verlieren. Ich bin eine wandelnde Leiche... Eine wandelnde Leiche mit einem Virus infiziert. Was hat mein Leben noch für einen Sinn...?“ Ihre Augen begannen zu leuchten und ein Schwert manifestierte sich in ihren Händen. Maron hatte auch ihre Waffe gezogen. „Alles was ich in meinem Herzen noch übrig habe ist Elend und Verzweiflung...“, sagte Jeanne in einem dunklen Ton. „Und ich will, dass du das spürst!“ Blitzschnell sprang sie auf Maron zu und griff an. Diese wich den Angriff geschickt aus. Ein ebenwürdiger Kampf brach zwischen den beiden aus. Immer wieder stießen ihre Klingen aufeinander. „WIESO?“, fragte Jeanne plötzlich, „Wieso? Wieso darfst du glücklich sein und ich nicht?!“ Überrascht stellte Maron fest, dass ihre Gegnerin weinte. Doch sie weinte keine normalen Tränen. Dünne Blutspuren liefen ihr aus den Augen herunter. Jeanne fuhr sich mit der Hand über das blasse Gesicht und verschmierte die roten Tränen. „DU HAST ALLES!“, schrie sie aufgebracht und schwang ihr Schwert hoch, „DU HAST DAS LEBEN, WAS ICH NIE HABEN DURFTE!!“ Sie zielte die Klinge auf Maron, doch diese blockte es und schleuderte es mit einer Handbewegung aus ihrer Hand.  Zitternd stand Jeanne wehrlos vor ihr. „Ich habe lange geglaubt, dass ich kein Glück verdient habe“, sagte Maron nahezu sanft und verständnisvoll, „Doch Chiaki hatte mir gezeigt, dass ich glücklich sein darf. Dass ich leben darf.“ Ein mitfühlendes Lächeln bildete sich auf ihrem Gesicht. „Auch du hast es verdient glücklich zu sein, Jeanne...“ Maron hielt kurz inne und sah zur Seite. „Besonders mit ihm.“ Jeanne folgte ihrem Blick, rang schluchzend nach Luft und fiel auf die Knie. „Noyn...“ Er und Sindbad standen einige Meter entfernt und sahen zwischen den beiden Frauen hin und her. „Ich werde dich nicht töten“, wandte Maron sich wieder an Jeanne. Sie riss erschrocken die Augen auf. „Ich... glaube immer noch an eine zweite Chance.“ „Nein...Warum?“ Jeanne schüttelte wild mit dem Kopf. „Töte mich! Ich- Ich habe keine zweite Chance verdient! Ich-“ „Wie erbärmlich“, ertönte plötzlich eine Stimme von Oben. Überrascht wandten sich alle zu Lucifer um. „Dann rette ich dir das Leben und das ist der Dank dafür?“ Er hob eine Hand richtete sie auf Jeanne. „Schön… dann werde ich dir deinen Wunsch erfüllen. Hiermit erlöse ich dich“, grinste er sadistisch. Ein Energiestrahl kam aus der Hand geschossen. Jeanne schloss ihre Augen. Sie spürte wie der Schuss sie traf. Ebenso spürte sie zu ihrer Verwunderung zwei starke Arme um ihren Körper. Schockiert weiteten sich ihre Augen. „Noyn...!“, flüsterte sie fassungslos, als sie den Schwarzhaarigen sah. Er atmete schwer und hustete Blut. „Noyn! Jeanne!“, schrie Maron entsetzt. Wütend blickte Sindbad nach oben, doch Lucifer war schon verschwunden. „Bastard!“ „Maron... Chiaki... Geht“, sagte Noyn an die beiden Kaitos gewandt. „W-Warte...”, wendete Maron ein, „Wo ist Silk überhaupt?“ Bei der Erwähnung von Silk schüttelte Sindbad bedauernd mit dem Kopf. Sie stieß einen geschockten Laut aus. „Keine Sorge, Maron.“ Noyn lächelte ihnen ein mattes Lächeln zu. „Wir werden uns wiedersehen.“ Die Kamikaze-Diebin wusste, dass dies ein Abschied war. „Wir sehen uns wieder“, nickte sie und wischte sich eine Träne von der Wange.     Auch Sindbad blickte mitfühlend drein. „Danke für alles“, sagte er. Die Kaitos wandten Jeanne und Noyn den Rücken zu und liefen davon.    „Noyn... Lass mich los“, wisperte Jeanne. Der Angesprochene schüttelte mit dem Kopf. „Dich lass ich nie wieder los“, grinste er. Tränen, richtige Tränen, stiegen ihr in die Augen. „Liebst du mich immer noch?“ Sachte drückte Noyn sie von sich und sah ihr tief in die Augen. „Ich habe nie aufgehört dich zu lieben“, sagte er, „Nach deinem ersten Tod habe ich dich nie vergessen und nie aufgehört an dich zudenken. Niemals.“ Ein sanftes Licht umhüllte beiden langsam. Doch sie sahen nur sich. „Jede einzelne Faser in meinem Körper liebt dich. Und mit jeder Sekunde liebe ich dich immer mehr, Jeanne. Selbst über den Tod hinaus.“ Daraufhin griff er in seine Manteltasche und holte etwas Kleines hervor. Jeanne schnappte überrascht nach Luft, als sie den Ring von damals erkannte. „Ich habe immer davon geträumt dich wahrhaftig glücklich zusehen. Frei von deinem Bürden. Endlich frei sein, um zu leben und zu lieben, wie du willst.“ Noyn nahm ihre Hand und steckte ihr den Ring an. „Du wärst eine wunderschöne Braut gewesen“, lächelte er und sah ihr liebevoll in die Augen. Weinend nickte Jeanne. „Ich liebe dich- Noyn-“, schluchzte sie, eine kleine Blutspur entkam ihrem Mundwinkel. „Seit dem regnerischen Tag damals, habe ich dich schon geliebt.“ Allmählich ließen ihre Kräfte nach und sie sanken Arm in Arm zu Boden. „Denkst du...“ Das Reden fiel Jeanne schwer. „Denkst du, Gott vergibt mir?“ Noyn nickte schwach. „Natürlich“, flüsterte er. Sie lächelte erleichtert. Beide schlossen allmählich ihre Lider. Er zog sie enger an sich ran und versiegelte seine Lippen mit ihren. Nach einer Weile lösten sich langsam. Ein glückliches Lächeln haftete auf ihren Gesichtern. Die Augen blieben zu. *** Während dessen begaben die Diebe sich zum Thronsaal, wo Lucifer sie schon erwartet. „Gratulation. Ihr habt es bis hierhergeschafft“, klatschte er gelangweilt mit den Händen. Beide sahen ihn mit wütenden und zugleich hasserfüllten Blicken an. „Was sollen diese Blicke?“, grinste Lucifer fies, „Seht es mal so, die beiden haben endlich zueinander gefunden und sind nicht alleine gestorben.“ „Du hast nicht nur Jeanne und Noyn auf den Gewissen“, sprach Maron mit Gift in der Stimme.   „Ach? Schiebt ihr mir den Tod eure geliebten Engel auch in die Schuhe?“ Lucifer machte ein beleidigtes Gesicht. „Falls ihr es vergessen habt: ich wars nicht, der ihnen eine Klinge in die Brust rammte.“ „Du bist der Auslöser für alles Böse“, sagte Sindbad. „Es wäre nur richtig dich zu vernichten.“ „Pff.“ Lucifer streckte seine Flügel aus und ließ ein gewaltiges Schwert in seiner Hand erscheinen. „Versucht es. Nur werdet ihr gegen mich keine Chance haben.“ Er sprang und steuerte mit rasender Geschwindigkeit auf seine Gegner zu. Jeanne stellte sich zwischen ihm und Sindbad, sodass Lucifer’s Angriff durch ihr heiliges Schutzschuld abgewehrt wurde. „Denkst du, dein Schutzschild wird standhalten?“ Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, bildeten sich Risse und Jeanne’s Schild zersprang wie Glas. „Was-“ Im nächsten Moment wurden beiden zusammen in die nächste Wand geworfen.  „Menschen sind schwach und gebrechlich. Ich verstehe nicht, wieso wir euch unterwerfen sollten“, sah Lucifer auf die beiden herab. „Es war nur richtig, dass wir gegen Gott rebellierten.“ Ungeschlagen standen Jeanne und Sindbad wieder auf und teilten sich auf. Jeweils rechts und links griffen sie gemeinsam an. Ein erbitteter Kampf ohne klaren Sieger und Verlierer entwickelte sich. „Wieso gibt ihr nicht auf? Ihr macht euren Tod nur noch qualvoller.“ „Niemals!“, zischte Sindbad, der sich gerade von einem Schlag erholte. Neben ihn krümmte sich Jeanne vor Schmerz. „Maron!“, rief er besorgt. „Mir geht es gut“, besänftigte sie ihn und sah zu Lucifer auf, „Weißt du... fühlst du dich nicht einsam, ohne deine Kameraden?“ Schweigend neigte er irritiert den Kopf. „Oder bist du zu stolz, um Mitgefühl und Trauer zu empfinden?“ „Kompletter Schwachsinn!“, knirschte Lucifer mit den Zähnen, „Solche Gefühle machen einen nur schwach-” „Und dein Stolz macht dich stark?“ Jeanne warf ihm einen provokativen Blick zu. „Ich denke, eher das Gegenteil.“ „HALT DEN MUND.“ Er schleudert eine Energiewelle auf Jeanne, doch Sindbad zog sie mit sich zu Boden, sodass beide den Angriff ausweichen konnten. „Alles okay?“, fragte Sindbad leise. Sie nickte lächelnd. Für einige Sekunden sah das Paar sich in die Augen und sie spürten, wie Stärke und Kraft durch ihre Körper floß. Ihre Liebe machte sie stark und zusammen wollten sie den Kampf gewinnen. „Du sagtest vorhin, dass Menschen schwach sind. Genauso, dass Gefühle einen schwach machen“, sprach Jeanne an Lucifer gerichtet weiter, ein sanftes Licht umgab ihren und Sindbads Körper, „Aber du irrst dich. Gefühle sind das was uns stark machen.“ Lucifer wirkte verunsichert. Er warf ihnen einen Energieball entgegen, welche die Decke traf. Sindbad konnte dem Geschütt ausweichen. „MARON!“, schrie er geschockt. Doch es war nichts als eine Staubwolke zu sehen. In nächsten Augenblick rannte er in blitzschneller Geschwindigkeit verbissen auf Lucifer zu und versetzte ihm einige Schläge und Tritte. Mit Geschick kickte er ihm auch die Waffe aus der Hand weg. Doch das stoppte den Dämonenkönig nicht den Dieb mit Magie anzugreifen. Diese wich Sindbad allerdings immer wieder gekonnt aus. „Bleib gefälligst stehen, damit ich dich wie eine Ratte zerquetschen kann!“, schrie Lucifer genervt. Abrupt hielt Sindbad inne. Sein Gegenüber kicherte kühn. „Noch ein paar letzte Worte?“ Sindbad lächelte. „Maron, jetzt!“, sagte er plötzlich. Überrascht drehte Lucifer sich um und er spürte, wie eine Klinge durch seinen Körper getrieben wurde. Seine geschockten Augen trafen auf ein triumphierendes Lächeln. „Schachmatt“, grinste Jeanne frech. Für einen Moment wurde sein Gesichtsausdruck boshaft, besänftigte sich jedoch augenblicklich. Er wirkte verloren und einsam. Sein Körper begann sich aufzulösen. Ebenso begann ihre Umgebung in sich zusammenzufallen. Jeanne und Sindbad tauschten sich einen panischen Blick aus, als auf einmal das Licht um sie um ihre Körper heller wurde. Im nächsten Moment waren sie verschwunden und das Böse verschwand von der Welt. Chapter 32: Life after the Battle --------------------------------- Chapter 32: Life after the Battle   Als Chiaki allmählich wieder zu Bewusstsein kam, konnte er hören, wie jemand wiederholend seinen Namen rief. Er kannte die Stimme. Sie klang besorgt und hoffnungsvoll zugleich. Träge öffnete er seine Augen, blinzelte einige Male und blickte zu seinem Vater auf. Dieser atmete mit einem Lächeln erleichtert aus. „Vater…?“, fragte Chiaki verwirrt und setzte sich auf, „W-Wo-“, wollte er anfangen zu fragen, als Kaiki ihm ins Wort fiel: „Wir sind im Krankenhaus.“ Erst jetzt registrierte Chiaki, dass er sich in einem Krankenzimmer befand. Er schaute zu seiner Linken und sah Maron friedlich schlafen. Er streckte seine Hand nach ihrer aus und strich liebevoll mit dem Daumen über den Handrücken. Kurz regte sich ihr Kopf, doch die Braunhaarige schlief sanft weiter. Kaiki beobachtete das mit einem Lächeln. „Miyako und ihre Familie haben euch beide vor wenigen Stunden bewusstlos vor dem Orleans gefunden“, erklärte er. „Vor dem Orleans?“ Chiaki versuchte sich zu erinnern, was als Letztes geschah. Wir waren in der Hölle... Hatten Lucifer bekämpft... Und hatten ihn besiegt! Wieder sah er zu Maron rüber. Ob Gott uns geholfen hat? „Auf jeden Fall hatte man euch ins Krankenhaus gebracht und soweit ich es sehen konnte, geht es euch körperlich und gesundheitlich gut“, sprach sein Vater ungehindert weiter, „Überhaupt bin ich froh dich wiederzusehen. Seit Wochen warst du wie spurlos verschwunden! Ich wollte mich schon bei der Polizei wenden, aber deine Freunde haben mir versichert das ich mich gedulden soll.“ Er seufzte tief aus. „Und in wenigen Tagen fängt die Schule wieder an, da hätte ich mir auch Gedanken machen müssen, was ich der Schulleitung sage.“ „Ich bin doch sowieso suspendiert für die ersten Monate…“, merkte Chiaki mit monotoner Stimme an. „Welche Suspendierung?“, fragte Kaiki erschrocken und verwirrt, die Stirn gekraust. Beschämt blickte Chiaki zur Seite. „Weißt du nicht mehr? Die, die ich kurz vor Beginn der Ferien noch bekam.“ Sein Vater blickte ihn noch verwirrter an. „Ich glaube, ich müsste nochmal schauen, ob du doch keine Kopfverletzungen hast. Ich kann mich nicht entsinnen jemals zum Rektor gerufen worden zu sein.“ Irritiert zog Chiaki seine Braue hoch. Wurde allen die Erinnerungen gelöscht?, fragte er sich. „Wie auch immer… Würdest du mir vielleicht mal erklären, wo du die letzten Wochen gewesen warst?“, hörte er Kaiki in einem teilweise strengen, teilweise besorgten Ton fragen. Chiaki sah seinen Vater an und dachte an seine Mutter zurück. Bei dem Gedanken an sie, musste er schwer schlucken. Seine Augen brannten. Nach einigen stillen Momenten sagte er: „Es gäbe da einiges, was ich dir zu erzählen habe.“ „Okay. Ich bin ganz Ohr.“ „Aber dafür…“, Chiaki richtete sich auf und schaute seinem alten Herrn direkt in die Augen, „Dafür möchte ich, dass du mich zu Mama’s Grab begleitest.“ Kaiki fiel der Mund auf und seine Augen wurden groß. „Okay“, sagte er schließlich. „Ich werde mir dann ein paar freie Stunden einrichten.“ Ein ermüdetes Stöhnen ertönte plötzlich. Maron wachte langsam auf und blinzelte verwirrt. „Maron“, sagte Chiaki sanft. „Chiaki...Wo-“ „Hallo, Maron“, kam es von Kaiki lächelnd. Verwundert sah sie zu ihm auf. „Doktor...“ In den nächsten Minuten erklärte Kaiki auch ihr, über die Umstände ihres Krankenhausaufenthaltes. „Verstehe“, nickte sie, „Soweit ich es beurteilen kann, geht es mir auch blendend“, lächelte Maron verlegen. „Geht mir auch so“, grinste Chiaki, der sich zu Maron’s Bett rüber begab und sich an der Bettkannte hinsetzte. Kaiki nickte verstehend. „Dann erledige ich noch schnell den Papierkram und dann könnt ihr auch schon nach Hause.“ Kurz bevor er das Zimmer verließ, blieb er noch an der Tür stehen. „Ach! Bevor ich es vergesse-“ Kaum konnte er den Satz zu Ende sprechen, drängten sich Miyako und Yamato schon an ihm vorbei und umarmten ihre Freunde stürmisch. „Gott, ich habe mir solche Sorgen gemacht!“, sagte Miyako mit Erleichterung in der Stimme, als sie ihre beste Freundin fest an sich drückte. Maron strich ihr sachte über den Rücken. „Es ist vorbei“, flüsterte sie. „Wirklich?“, fragte Miyako mit großen Augen. Maron nickte. „Ich habe nichts anderes von euch erwartet“, kam es von Yamato stolz, der Chiaki kumpelhaft auf die Schulter klopfte. Ein weiteres Mal wurde Maron von ihrer Freundin stürmisch umarmt. Ein riesiges Lächeln haftete auf Miyako’s Gesicht. „Dann passt es ja!“ Fragend zog Maron die Brauen zusammen. „Was passt?“ Miyako und Yamato tauschten sich grinsend ein paar geheimnisvolle Blicke aus und gingen zur Tür. „Deine Überraschung!“, zwinkerte die Kurzhaarige, eine Hand an der Türklinge haltend. Anschließend öffnete sie die Tür und im nächsten Augenblick kamen schon zwei Figuren rein. Eine schöne, schlanke Frau mit langen, braunen Haaren sowie ein großgewachsener Mann mit kurzen, hellbraunen Haaren. Maron schnappte hörbar nach Luft. „Maron“, lächelte ihre Mutter. Sofort sprang diese aus dem Bett und warf sich ihren Eltern in die Arme. Hemmungslos liefen ihr die Tränen das Gesicht herunter. „Mama! Papa! I-Ihr-…“, mehr konnte sie nicht mehr sagen, ihre Stimme brach ab. „Wir sind wieder Zuhause“, sagte ihr Vater sanft. „Ich habe euch so vermisst!“ „Wir dich auch, Schatz!“, weinte Korron und gab strich dem Mädchen liebevoll durch die Haare. „Es tut uns so furchtbar leid, mein Liebling.“ „Ab heute werden wir wieder eine richtige Familie. Wir werden dich nicht mehr alleine lassen. Versprochen“, sagte Takumi, als Maron auch ihn fest umarmte. Gerührt beobachteten Chiaki, Miyako und Yamato das Familienwiedersehen. Draußen strahlte die Morgensonne in einem sanften Licht über die Stadt. Eine violette Lichtkugel flog über den Himmel und kam zur Erde herunter. *** Chiaki stand mit Kaiki vor dem Grabstein seiner Mutter. Nachdem er und Maron aus dem Krankenhaus entlassen wurden, fuhr die Braunhaarige mit ihren Eltern nach Hause, während der Blauhaarige auf seinem Vater wartete. Es war das erste Mal seit langem in dem Kaiki wieder vor dem Grab seiner verstorbenen Frau stand. Sie hatten frische Blumen hingelegt. Wie er seiner Mutter versprochen hatte, erzählte Chiaki seinem Vater alles über sein und Maron’s Kaito-dasein, über dem Zeitraum als er besessen war und auch über Hope. Kaiki hatte am Ende seiner Erzählungen Tränen in den Augen, eine feuchte Spur glänzte auf seinem Gesicht. „Danke, dass du mir die Wahrheit gesagt hast“, sagte er, nachdem er für einige Momente das Erzählte verarbeitet hatte. Chiaki nickte kurz. „Mutter wollte es so.“ Kaiki lächelte ein trauriges, nostalgisches Lächeln. „Sie mochte es nie, wenn wir Geheimnisse voneinander hatten.“ Chiaki seufzte betrübt. „Sie war dennoch glücklich, oder?“, fragte sein Vater. „…Sie starb mit einem Lächeln“, antwortete Chiaki. Kaiki nickte. „Dann bin ich froh.“ Für eine unbestimmte Weile standen Vater und Sohn schweigend vor dem Grab, bis Kaiki sich kurz räusperte. „Ich weiß nicht, ob deine Mutter das erwähnt hat... Nichtsdestotrotz-“ Er griff in seine Jackeninnentasche und holte etwas heraus. Es sah nach einem Briefumschlag aus. „Das wollte ich dir eigentlich in ein paar Monaten zu deinem 18. Geburtstag geben, aber… vielleicht ist jetzt der bessere Zeitpunkt dafür.“ Er überreichte seinem Sohn den Brief. „Midori hatte ihn mir gegeben bevor sie… Naja, dass erste Mal von uns ging.“ Fragend blickte Chiaki zwischen Kaiki und dem versiegelten Umschlag auf und ab. „Liest ihn am besten zu Hause“, sagte sein Vater Anschließend fuhr er seinen Sohn zum Orleans zurück. Sie verabschiedeten sich voreinander und der Blauhaarige ging zu seinem Apartment. Dort kam ihm plötzlich eine violette Kugel entgegen. „Sindbad!“ „Hey Access“, rief Chiaki erfreut, „Ich habe mich schon gefragt, wo du bist.“ „Ich bin nicht lange hier“, entgegnete der Engel mit Bedauern in der Stimme, „Nur lang genug, um auf Wiedersehen zu sagen.“ Sein Partner blinzelte ihn mit großen Augen an, verstand jedoch wovon er sprach. Gemeinsam begaben sie sich zum Balkon. „Ich war schon bei Maron und habe ihr auf Wiedersehen gesagt, als sie kurz alleine war“, merkte Access an und beide blickten zur Nachbarswohnung rüber. Man konnte Maron und ihre Eltern lachen hören. Chiaki konnte nicht anders, als sich für seine Freundin zu freuen. „Das Beste kommt schließlich zum Schluss“, grinste Access frech. „Ich wäre sonst ziemlich beleidigt“, lachte Chiaki und sah anschließend zum Horizont hinaus, „Engel können wiedergeboren werden, richtig...?“ Access bejahte mit einem ernsten Gesichtsausdruck. „Wenn Fin wiedergeboren wird, dann werde ich das auch. Ich werde dafür hart trainieren“, kurz hielt er inne, „... Ich will sie wiedersehen“, fügte er leise hinzu. „Das ist mein größter Wunsch.“ Chiaki lächelte seinen Freund an. „Wenn du das nicht schaffst, dann werde ich schwer enttäuscht von dir sein.“ „Unterschätz mich nicht“, grinste der Engel breit. „Ich werde mit Pfannkuchen auf dich warten.“ „Alles klar! Indianerehrenwort!“ „Indianerehrenwort, du Pfannkuchenmonster“, lachte Chiaki. Anschließend begab sich Access langsam zum Himmel zurück. Mit einem „Bis bald, Kumpel“, verabschiedete er sich von seinem Partner und flog davon. Der Blauhaarige winkte und sah ihm einige Minuten nach, bis er sich in sein Zimmer zurückzog. Er setzte sich auf die Kante seines Bettes hin und holte den Brief raus. Eine gewisse Nervosität überkam ihn. Kurz nahm Chiaki tief Luft und öffnete ihn. Kaum las er die erste Zeile, liefen ihm schon die Tränen.   》Chiaki, mein lieber Sohn,   Ich hoffe, wenn du diese Zeilen liest, dass du zu jemand herangewachsen bist, was sich die meisten Eltern von ihren Kindern wünschen. Glücklich. Gesund. Und geliebt. Mich überkommt allerdings das Gefühl, dass du mehr sein wirst. Dass du zu einem besonderen jungen Mann heranwachsen wirst.   Das Leben ist nicht immer leicht und das Glück kann schnell entweichen. Die Welt, in der wir leben, kann grausam sein – du wirst jeden Tag kämpfen müssen, um diese Grausamkeiten zu umgehen. Um die wahre Schönheit der Welt zu erblicken. Und ich weiß, dass du das Schaffen kannst. Du bist schließlich mein Sohn. Du bist stark genug, schlau genug und zu Großem bestimmt. Du kannst die Welt verändern.   Dies sind nun meine letzten Worte an dich: Finde nicht nur Frieden, finde Leidenschaft. Finde etwas, wofür du kämpfen würdest. Etwas wofür du sterben würdest. Wenn es Kinder sind, dann kämpfe nicht nur für deine eigenen, sondern auch für die Waisen, die niemanden haben will. Wenn es Medizin ist, dann such nicht nur nach einem Heilmittel gegen Krebs, sondern auch eins gegen AIDS. Kämpf für die, die nicht für sich selbst kämpfen können.   Dein Leben wird nicht immer von Glück gesegnet sein, aber es wird von Bedeutung sein. Ich liebe dich. Ich glaube an dich. Mehr als du es jemals wissen wirst.   In Liebe Deine Mutter Midori     P.S.: Wenn du jemanden Besonderen in deinen Leben findest, mit der du zusammen kämpfen wirst, dann zeig ihr oder ihn diesen Brief. 《     In den späten Abendstunden klingelte es an Chiaki’s Tür. „Maron“, kam es von ihm etwas überrascht. „Hey.“ Sie stellte sich auf Zehenspitzen und gab ihn einen liebevollen Kuss. „Was machst du hier? Ich meine…“ Verlegen fuhr er sich durch die Haare. „Willst du nicht bei deinen Eltern sein?“ Seine Freundin schüttelte mit dem Kopf. „Wir werden schon genug Gelegenheit haben, um die verlorene Zeit aufzuholen“, sagte sie, „Nachts würde ich aber gerne mit meinem Freund verbringen. Schließlich war das immer unsere gemeinsame Zeit“, grinste sie. Er wusste genau, was sie meinte. Schließlich war die Nacht ein wichtiger Teil ihres geheimen Leben gewesen. Doch nun würden sie ab heute ein neues Leben anfangen. „Ich habe dich vermisst.“, wisperte Maron. Wieder küssten sie sich innig. „Ich habe dich auch vermisst”, flüsterte Chiaki gegen ihre Lippen. „Ich liebe dich.“ „Ich liebe dich auch, Maron.“ Ihre Hände verschränkten sich ineinander. „Komm, ich muss dir was zeigen.“ Er zog Maron in seine Wohnung rein und schloss hinter sich die Tür. Hand in Hand begaben sie sich ins Wohnzimmer. Auf dem Wohnzimmertisch lag Midori’s Brief. ***   Sechs Jahre später:   „Hey, Maron!“ Die 23-Jährige schaute von dem kleinen Jungen vor ihr auf und begrüßte Miyako mit einem breiten Lächeln zurück. „Hey“, ging sie auf ihre Freundin zu, „Bist du hier, um Shinji abzuholen?“ „Was sonst“, lachte Miyako, hockte sich runter und streckte ihre Arme zu dem kleinen, dunkelhaarigen Jungen aus. Shinji rannte direkt zu seiner Mutter rüber. „Er hatte auch keine Probleme bereitet?“ „Ein ganz braver Kerl“, grinste Maron, „Nicht war, du Pfannkuchenmonster“, sagte sie und zwinkerte Shinji verspielt zu. Dieser kicherte frech. Erleichtert atmete Miyako aus und nahm den dreijährigen in ihre Arme hoch. „Bin ich froh, dass du dein Praktikum im selben Kindergarten machst, wo ich auch mein Sohn hinschicke. Da hat er wenigstens ein vertrautes Gesicht um sich rum.“ Maron winkte lachend ab. Seit einiger Zeit strebte die Braunhaarige eine Ausbildung als Erzieherin an. Unterdessen arbeitete Chiaki als Arzt im Krankenhaus seines Vaters und Miyako nahm zunächst die Rolle als Hausfrau an. Ihr Mann, Yamato, begann die Firma seines Großvaters weiterzuführen. „Generell haben du und Chiaki eine besondere Wirkung auf den Jungen“, merkte Miyako an, „Ich weiß noch, wie ihr uns im Krankenhaus nach der Geburt besucht habt und Shinji sich in Chiaki’s Armen sofort beruhigt hatte. Ich dagegen hatte immer Stunden gebraucht…“ Schulterzuckend entgegnete Maron nur: „Schätze mal, der Kleine hat uns einfach gern.“ „Holt Chiaki dich heute ab?“ „Ja, denke schon. Soweit ich weiß, hat er wieder früher Feierabend.“ Ein geheimnisvolles Lächeln bildete sich auf Miyako’s Lippen. „Nun denn, ich will dich nicht länger aufhalten“, sagte sie freudfröhlich, „Wir sehen uns.“ „Bis dann“, verabschiedete Maron sich und wandte sich direkt einigen anderen Kindern zu, die nach ihr riefen.   Wenige Stunden später kam Chiaki. Da er oft genug kam, um seine Freundin abzuholen, kannten ihn einige Kinder auch bereits. Er schaute sich im Hof um, doch Maron war draußen nirgends zu sehen. Auch ein paar der Kinder schienen sie zu suchen. „Mister! Haben Sie Fräulein Maron gesehen? Wir möchten, dass sie uns das Buch vorliest“, fragte ein Mädchen mit einem Buch in den Armen. „Keine Ahnung, wo sie ist. Was ist, wenn ich es euch lese?“, erwiderte Chiaki. Eine von Maron’s Kolleginnen sah ihn und gab ihm ein stummes Zeichen, dass sie Maron holen würde. Wortlos nickte Chiaki ihr zu. „Neeee“, sagte das Mädchen mit dem Buch, „Bestimmt sind Sie nicht so gut wie Fräulein Maron!“ Chiaki machte ein empörtes Gesicht. „Ich bin mir sicher, dass ich genauso gut, wenn nicht sogar besser bin.“ „Glaub ich nicht!“ „Chiaki“, ertönte Maron’s Stimme. Sie kam erfreut lächelnd auf ihn zu. „Die Kinder wollen dich lesen hören“, sagte er ihr. Maron beugte sich zu dem Mädchen runter. „Das Buch hatten wir heute doch schon gelesen.“ „Wir wollen es aber nochmal hören!“ „Bütte, bütte, büttee!“, bettelte ein Junge mit Hundeaugen. Maron sah zu Chiaki auf, der nur amüsiert kicherte. „Mach ruhig. Ich kann warten.“ „Okay. Dann setzen wir uns alle auf die Bank drüben hin“, sagte sie an die Kinder gewandt und deutete auf eine Bank im hinteren Teil des Hofes. Euphorisch rannten die Kinder darauf zu, während das Paar ihnen folgte. „Wie war die Arbeit?“, fragte Maron ihren Freund interessiert. Chiaki zuckte mit den Schultern. „So wie immer. Hatte heute sogar Ryuji als Patient gehabt“, schmunzelte er. Erschrocken blickte sie ihn an, als er seinen alten Schulfreund erwähnte. „Du meine Güte, geht es ihm gut?“, fragte sie besorgt. „Ja, keine Sorge...“, winkte Chiaki unbesorgt. ab, „Nur eine leichte Muskelzerrung. Solange er die nächsten sechs Wochen keinen Sport macht, sollte es wieder gehen.“ „Ah, okay“, schmunzelte Maron, „Er nimmt die Leichtathletik nun mal sehr ernst.“ Kurz darauf setzten beide sich auf die Bank hin, während die Kinder vor ihnen auf dem Boden saßen. Gespannt hörten alle Maron zu, wie sie mit einer sanften Stimme aus dem Buch vorlas. Nach einiger Zeit war sie fertig und das Paar begab sich anschließend auf dem Weg nach Hause. „Du bist ziemlich beliebt bei den Kindern“, merkte Chiaki grinsend an. Seine Freundin fuhr sich verlegen lächend durch die Haare. „Ach was... Wenn du wüsstest, wie sehr die Mädchen sich freuen, wenn du kommst.“ „Echt? Dafür wollte man mich aber nicht lesen hören,“ lachte er belustigt auf. „Wie das wohl ist, wenn wir selbst Kinder haben...“, sprach Maron eher zu sich selbst, als an ihn gerichtet. Chiaki legte ihr einen Arm um die Schulter, zog sie an sich ran und drückte ihr einen Kuss auf die Schläfe. „Bestimmt nicht anders als jetzt.“ Maron presste sich nachdenklich die Lippen zusammen. Im Orleans angekommen fuhren sie schweigend den Aufzug hoch. „Was ist los?“, fragte Chiaki besorgt, als er die Tür ihrer gemeinsamen Wohnung aufschloss. Seit einigen Jahren wohnten sie in seiner Wohnung, während Maron’s Eltern nebenan lebten. „Nichts...“ „Sicher?“ „Hmm... Naja, ich habe nur über das Thema Kinder nachgedacht“, gestand sie beschämt. „Worüber genau?“ Beide blieben im Flur stehen. Chiaki sah mit einem eindringlichen Blick auf Maron runter. „Naja... Ich fühle mich etwas unsicher und nervös… Wenn wir mal selbst Kinder haben“, sagte sie, „Wir hatten beide nicht die beste Kindheit oder die beste Erfahrung was Eltern angeht. Und ich weiß nicht, ob wir eines Tages unserem Kind das geben können, was wir uns als Kind gewünscht hätten… ob ich als Mutter ihm oder ihr die Liebe geben kann, mit der ich nie aufgewachsen bin.“ Eine kleine Träne entkam ihr. Sanft legte Chiaki seine beiden Hände um ihre Wangen und strich ihr zärtlich über die Haut. „Ich bin mir sicher, dass wir es hinkriegen werden…und dass du eine aufgezeichnete Mutter sein wirst.“ Maron nickte lächelnd. „Und du der beste Vater, den man sich wünschen kann!“ Er grinste. „Aber lass uns das Schrittweise angehen-“ „Hm?“ Plötzlich nahm Chiaki ihre Hand und zog sie Richtung Wohnzimmer. Dort blieb sie überrascht stehen. Der Raum war abgedunkelt und überall waren Kerzen und Rosenblätter verteilt. Ehe Maron fragen konnte, was er vorhatte, sah sie Chiaki auf die Knie gehen, ihre Hand immer noch in seine. „Maron. Wenn man mich fragen würde, was Liebe bedeutet, wüsste ich nicht, wie ich es erklären könnte. Ich weiß allerdings, seit ich dich zum ersten Mal sah, dass die Welt um mich rum auf einmal nicht mehr so existierte wie vorher, wenn du bei mir bist. Dass du der Mittelpunkt von allem bist. Von meinen Gedanken, meinen Gefühlen, meinen Handlungen. Und ich wusste, dass ich dich liebe. Und ich weiß, dass ich dich heiraten und für immer bei dir sein will, Maron. Ich will das mehr als alles andere, was ich jemals in meinem Leben wollte.“ Chiaki holte eine Schatulle mit einem prachtvollen Ring hervor. „Maron…willst du meine Frau werden?“ Die Angesprochene hielt sich überrascht die Hände vor den Mund und nickte, was Chiaki vor Aufregung auch nicht registrierte. „Ehm…kannst du mir antworten?“, fragte er etwas nervös. „Weil sonst explodiert mein Herz.“ „Ja. Ja! JA, ich will!“ Freudestrahlend fiel sie ihm in die Arme und küsste ihn stürmisch. „Ich liebe dich.“ Überglücklich erwiderte er die Küsse und steckte seiner Verlobten den Ring an. Erneut sprang sie ihm küssend in die Arme.   Nach einigen hitzigen Momenten fanden beide sich im Schlafzimmer wieder. Chiaki saß auf dem Bett, während sich Maron auf seinem Schoss befand. Ihre Lippen konnten sich nicht voneinander trennen. Jeder Kuss war wie ihr ersten im Mondschein: sanft und warm und mit Gefühlen gemischt, die keiner von beiden missen will. Maron seufzte leicht, was er dazu nutzte seine Zunge über ihre Lippen zu fahren und anschließend in ihren Mund einzudringen. Ihre Zungen trafen aufeinander und sie knabberte leicht an seiner Unterlippe. Ihre Hände waren auf seinen Schultern, während seine sich in ihren Haaren verwirrten. „Gott…Maron“, sagte er, worauf sie nach unten reichte und sich ihr Oberteil über den Kopf zog. Kurz stand sie auf, um sich ihren restlichen Sachen zu entledigen, bevor sie sich wieder auf seinen Schoss setzte. Unter küssen zog sie auch ihm seine Klamotten aus. Ehrführchtig beobachtete er jede ihrer einzelnen Bewegungen. „Gott, du machst mich noch fertig“, seufzte er und legte seine Hände auf ihren Brüsten. Sie kicherte zur Antwort, küsste seinen Mund, seinen Kieferpartien und seinen Hals herab. Sanft streifte sie ihre Lippen über seine sensible Stelle am Nacken, leckte und saugte anschließend daran, bis sein Kopf nach hinten fiel. Seine Hände fuhren über ihren Körper entlang, rieben ihre Brüste und wanderten ihre Taille herunter. Schließlich wanderten seine Finger weiter herab, zwischen ihren Beinen. Nach all den Jahren kannte er ihren Körper in und auswendig. Sie keuchte laut und zuckte unter seinen Berührungen. Seine Augen blickten dunkel in ihre, die Wangen leicht gerötet. „Leg dich hin“, sagt er, die Stimme tief und rau, doch sie schüttelte den Kopf. Ihre Hände ließen von seinen Schultern los, betasteten seine Muskeln und drückten ihn ins Bett runter. Ihre Hand wanderte seine Gürtellinie herab und umfasst ihn. Stöhnend warf er den Kopf nach hinten. Erneut versiegelte sie ihre Lippen mit seinen, küsste ihn mit voller Leidenschaft und ließ sich dann auf ihn nieder. Ihnen entkam ein unterdrücktes Stöhnen. Seine Hände umfassten ihre Hüfte, hielten sie stabil, während sie sich bewegten. Seine Augen ließen ihre dabei nicht los. Die Liebe, die er für sie empfand war in ihnen zu sehen. Dieselbe Liebe, die sie auch für ihn empfand. Ihre Bewegungen wurden schneller. Er setzte sich auf, schlang seine Arme um ihren Körper und küsste sie hart. Die Gefühle überflüteten sie wie eine Welle. „Ich liebe dich“, wisperte sie atemlos. Maron konnte seinen schnellen Herzschlag auf ihrer Brust spüren. „Immer. Auf ewig.“ „Mein Engel“, murmelte Chiaki. Er ließ sich rücklings aufs Bett fallen und zog sie dabei mit runter. Ein Arm war um Maron gelegt, während die andere nach der Bettdecke reichte und sie ihnen drüberlegte. Zärtlich strichen seine Finger durch ihre langen Haare. „Das war sehr intensiv eben“, grinste er. „Intensiv triffts genau.“ Sie sah ihn mit einem Lächeln an und küsste seine Nasenspitze. Verträumt hob sie ihre Hand und beide betrachteten den Ring an ihrem Ringfinger. Chiaki nahm ihre Hand und verteilte kleine Küsse darauf. Nach einer Weile schliefen beide mit einem glücklichen Lächeln in den Gesichtern ein.   ---------------------------------------------------------------------------   Es kommt noch ein Epilog ^^ Epilogue: Happiness ------------------- Epilogue: Happiness   Die Zeit verging und das Paar hatte nicht nur eine Traumhochzeit hinter sich, sondern erwarteten auch ihr erstes Kind.   Nervös wartete Chiaki vor dem Kreißsaal, lief immer wieder einige Schritt auf und ab. Mit ihm warteten seine Schwiegereltern Korron und Takumi. „Willst du dich nicht lieber mal hinsetzen, Chiaki“, fragte Korron mit einem ermüdeten Lächeln. „Seit Stunden bist du schon auf den Beinen.“ „Nein, es geht schon“, winkte er geistesabwesend ab. Takumi warf ihm ein verständnisvolles Lächeln zu. „Ich kann dich verstehen, Sohn. Bei Maron hatte ich mich damals nichts anders gefühlt.“ Seine Frau blickte ihn amüsiert an. Im nächsten Moment kam Kaiki raus und nickte mit einem breiten Grinsen Richtung Kreißsaal. „Ein wunderhübsches Mädchen!“, sagte er stolz. Sofort lief Chiaki in den Raum rein und erblickte Maron mit ihrem gemeinsamen Baby in den Armen.  Ein sanftes, liebevolles Lächeln haftete auf ihrem erschöpften Gesicht. „Ach Gott, ist die Kleine goldig!“, kam es von Korron verzückt. Chiaki ging auf seine Frau zu und gab ihre einen Kuss auf die Stirn. Dann sah er auf das Baby in ihren Armen herab. Seine Augen bekamen einen verträumen Blick. „Sie sieht so aus wie du“, sagte er leise. „Ich würde eher behaupten, wie du“, kicherte sie schwach. Chiaki streckte seinen Hand aus und strich er dem Säugling mit einem Finger liebevoll über das Gesicht.  „Chiaki, schau mal“, flüsterte Maron so leise, dass nur er es hören konnte.  Das Mädchen, in ihren Armen, hatte ihre rechte Hand seltsamerweise permanent zur Faust geballt. Vorsichtig öffnete Maron die kleine Faust mit ihrem Daumen. Sie schnappte kaum hörbar nach Luft, als sie sah was sich darin befand. Es ein schwarzer Ohrring. Access schwarzer Ohrring. Maron gab ihrem Ehemann einen vielsagenden Blick. Dieser nickte wissend. „Wie wollt ihr sie nennen?“, hörten sie Kaiki interessiert fragen. Maron blickte zu ihrer Tochter herunter und lächelte mit Tränen in den Augen. „Natsuki.“ *** *** Fünf Jahre später:   Es war ein sonniger Frühlingstag. Die Kirchblüten blühten. Eine warme Brise wehte durch die Stadt. Im Momokuri Stadtpark fand das jährliche Kirchblütenfest statt. Maron saß mit Miyako und Yashiro auf einer Picknickbank, während ihre Männer wenige Meter entfernt sich unterhielten und was tranken. Darunter waren auch Chiaki’s Vater, der mit seiner vierjährigen Enkelin Midori spielte, sowie ihre Eltern. „Und, Miyako, wie läuft die Polizeiausbildung?“, fragte Yashiro neckend. „Was redest du da, Sazanka?“, entgegnete die Angesprochene augenrollend, „Ich bin doch seit zwei Jahren fertig.“ „Hey, es heißt immer noch Matsushita, verstanden!“ „Für mich bist und bleibst du ‚Yashiro Sazanka – die Oberzicke der Rhythmischen Gymnastik‘!“ „Na, wenigstens bin ich diejenige von uns dreien, die richtig Karriere in dem Bereich gemacht hat. Ganz ehrlich, ich dachte du würdest auch eine Sportkarriere anstreben, Maron.“ „Ach, das war nur ein Hobby“, wendete Maron ein, „Vielmehr mag ich es mit Kindern zu arbeiten.“ „Wenigstens läufst du nicht mit eine Flöte durch die Gegend, wie unsere Teufels-Paukerin!“, lachte Miyako auf. „Hm, vielleicht gehe ich auch in die pädagogische Richtung, wenn es bei mir mit der Sportkarriere zu Ende geht. Ich überlege schon in der Sportuniversität mich als Trainerin zu bewerben“, überlegte Yashiro. „Ha, da prahlst du den Studentinnen bestimmt vor, wie toll du wärst und hältst ihnen deine Medaillen und Trophäen vor die Nase“, höhnte Miyako und wandte sich an ihre beste Freundin, „Hey, Maron, ich an deiner Stelle würde deine Mädels nicht zu ihr schicken, falls die ein Interesse für Rhythmische Gymnastik entwickeln.“ Yashiro schaute gespielt beleidigt zu ihr rüber. Es war nichts neues, dass die beiden Frauen sich einander aufzogen, schließlich taten sie es ständig, wenn sie sich sahen. „Hey, Yashiro. Kei und Sara kommen dieses Jahr in die Schule, oder nicht?“, kam es von Maron, um vom Thema abzulenken. „Ja, sie sind schon total aufgeregt. Shinji kann ihnen ja helfen, wenn sie Probleme haben“, kicherte Yashiro. „Klar. Ich weiß noch als Shinji vor zwei Jahren eingeschult wurde“, schmunzelte Miyako, „Er war so ein nervöses Wrack am ersten Tag gewesen. Jetzt macht ihm die Schule großen Spaß.“ „Bei meinem Mädchen wird es ja noch zwei Jahr dauern“, warf Maron ein. „Und dann hast du noch ein anderes Mädchen, bei der du das alles erleben darfst“, grinste ihre beste Freundin. „Midori und Natsuki sind aber schon putzig miteinander“, kam es von Yashiro, „Ich wünschte, meine Kinder hätten so eine innige Geschwisterliebe.“ Die drei Frauen lachten herzhaft. Nie im Leben hätten die ehemaligen Sportrivalinnen sich es vorgestellt, zusammen auf einer Bank zu sitzen und sich über ihre Karriere und Kinder zu unterhalten. Besonders Miyako und Yashiro überraschte die aufkommende Freundschaft, da sie einander in der Anfangszeit als Teenager gar nicht leiden konnten. Bei den Männern lief es hingegen entspannter ab, da Chiaki und Kagura sich bereits ihr ganzes Leben lang kannten und Yamato ein unkomplizierter Mensch war. Außerdem war die Minazuki Group ein zuverlässiger Sponsor des Nagoya-Krankenhauses. In der Nähe war eine Spielwiese mit riesigem Sandkasten, in der sich die Kinder amüsierten. Weitere Familien saßen um rum und ließen ihre Kleinen ihren Spaß haben. „Nein, ich werde Natsuki heiraten!“ - „Nein, ich!“ hörte man plötzlich von zwei der Kinder. „Jetzt streitet Shinji sich schon wieder mit Kei“, stöhnte Yashiro augenrollend auf. „Der Junge hat es auch faustdick hinter den Ohren. Jedes Mal Natsuki hier und Natsuki da. Ich werde nie vergessen, wie er ihr am ersten Tag, als er sie sah, einen Heiratsantrag gemacht hat. Und das mit vier!“, hielt Miyako sich eine Hand vor die Stirn und strich sich durch die kurzgeschnittenen Haare. „Das sagst du mir!“, sagte Yashiro, „Kei war auch sofort hin und weg von ihr!“ Wenn ihr wüsstet, dass all unsere Kinder hier wiedergeborene Engel sind…, dachte Maron sich insgeheim. Amüsiert schaute sie den Kindern zu. Sie sahen alle ihrem vorherigem Leben sehr ähnlich. Es konnten sich auch alle an ihr Engeldasein erinnern, bis auf Natsuki und Midori. Maron hatte es den dreien untersagt ihren Töchtern etwas zu sagen, was sie einigermaßen widerwillig zustimmten. Besonders Shinji war nicht besonders zufrieden mit ihrer Entscheidung, akzeptierte sie jedoch. Kei’s ältere Zwillingsschwester, Sara, saß mit Natsuki auf der Wiese neben den Sandkasten und versuchte der Jüngeren beizubringen Blumenkrönchen zu flechten. Als die erste Krone fertig war, lief Natsuki zu ihrem Vater und setzte sie ihm auf. „Schön habt hast das gemacht, meine Engelchen“, lobte Chiaki sie augenzwinkernd und stupste ihr verspielt auf die Nase, während ihm die Krone schief über den Kopf hing. Fröhlich lachend rannte das Mädchen zu ihren Freunden zurück. Noch immer stritten sich die Jungs, darum wer um Natsuki’s Hand anhalten darf. Genervt stemmte diese die Hände auf die Hüfte und sagte: „Ich werde keinen von euch heiraten, sondern Papa!“ Entgeistert starren die Jungs sie an. „Du kannst deinen Papa nicht heiraten, er ist schon mit deiner Mama verheiratet!“, sagte Shinji entsetzt. „Ich heirate ihn trotzdem!“ Die Erwachsenen lachten. Maron bemerkte, wie Chiaki sich neben sie setzte und sah lachend zu ihm auf. „Ich kann dir sagen, keiner von beiden bekommt meinen Segen“, murmelte er. Wie andere Väter, war auch Chiaki der beschützerische Typ wenn es um seine Tochter ging. Ab und an erwischte Maron ihn dabei, dass er Shinji einen bösen Blick zuwarf, wenn er und Natsuki miteinander spielten. Besonders häufig, seitdem einem Mal als der Nachbarsjunge ihrer Tochter zum dritten Geburtstag einen Kuss gab. Zur Strafe durfte der Junge zwei Wochen lang die Nagoyas nicht besuchen. Dabei erinnerte Maron Chiaki immer wieder daran, dass er das Schicksal nicht beeinflussen kann. „Sagt diejenige, die sonst der festen Überzeugung sei, dass das Schicksal nicht fest geschrieben steht“, argumentierte er gegen. „Woran ich glaube ist, dass jeder sein eigenes Schicksal bestimmen kann! Und nicht wir haben über deren Schicksale zu entscheiden, sondern die beiden. Am Ende soll schließlich Natsuki selbst entscheiden, wie ihre Gefühle zu Shinji stehen“, belehrte Maron ihn damals. „Unabhäng von ihren Gefühlen als Fin.“ Sie kicherte bei den Erinnerungen und gab Chiaki einen Kuss auf die Wange. Mit einem zufriedenen Lächeln legte er ihr einen Arm um die Taille und zog Maron so ran sich, dass sie sich mit Kopf an seiner Schulter anlehnen konnte. Gemeinsam beobachteten sie die Kinder und unterhielten sich ausgelassen mit ihren Freunden. Auf einmal fiel ihr einige Meter entfernt ein Junge und ein Mädchen. Sie sahen um einige Jahre älter aus als Shinji, wahrscheinlich elf oder zwölf. Der Junge hatte kurzes schwarzes Haar, silberne Augen und trug ein dunkels Hemd mit einer schwarze Hose. Das Mädchen hatte schulterlanges silbernes Haar, ebenfalls silberne Augen und hatte ein hübsches Sommerkleid an. Der Junge schien in ihrer Nähe ziemlich verlegen zu sein, wurde des Öfteren knallrot im Gesicht, wenn sie ihn anschaute. Maron konnte beobachten, wie er ihr eine weiße Lilie schenkte und sie die Blume mit einem herzhaften Lächeln annahm. Plötzlich kam ein kleinerer Junge weinend auf die beiden zu, zupfte an dem Ärmel des Größeren. Der Ältere strich ihm, wie ein großer Bruder, über den Kopf und sprach aufmunternd auf ihn ein. Schnell ließ sich der Jüngere trösten und strahlte seine beiden Gegenüber erfreut an. Die Braunhaarige konnte sich den Gedanken nicht verkneifen, dass diese drei Kinder sie an Noyn, Jeanne und Silk erinnerten. Vielleicht ist das ihre zweite Chance, die sie verdienen…, dachte sie sich mit einem sanften Lächeln. Zufrieden kuschelte Maron sich an Chiaki an und genoss die Wärme der Sonne sowie den sanften Wind, der ihre Haut kitzelte. Sie war glückich. Und alles war gut.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)