Der Tag, an dem ich deine Welt betrat... von Ryuzaki_L ================================================================================ Kapitel 6: Kalster der Schwarzmarkthändler ------------------------------------------ Nachdem sie das Schloss betreten hatten, schickte Alister einen der Diener los, ihnen Umhänge zu holen. Diese sollten wohl ausreichen, dachte er zu diesem Zeitpunkt noch. Alanya unterdess musste darüber nachdenken, dass ihr Verlobter Lian auch immer davon erzählt hatte, wie er bis zu seinem 16. Lebensjahr in einem Schloss lebte und genügend Diener um sich herum hatte. Ausserdem war da der Hausgnom gewesen, den sie bereits auch schon hatte treffen dürfen. Ein seltsamer Gesell, Gnome waren nicht für ihre unglaubliche Anmut bekannt, aber auch das seltsame Verhalten, hatten ihr nicht behagt. So freundlich dieser auch gewesen war, in dem Schloss Fedran hätte sie sich niemals einleben können. Anders sah es nun hier in Arynia aus, doch das stand auf einem ganz anderen Blatt. Wahrscheinlich auch nur, weil sie wusste, dass sie es bald verlassen würde. Es dauerte kurz, ehe sie bemerkte wie weit sie abgeschweift war mit ihren Gedanken. „Sagt mal Alister... meint ihr es wird gefährlich?“ Im Gegensatz zu vielen Frauen war Gefahr nichts, vor dem sie weglief oder sie umging. Ob sie es wollte oder nicht hing sie zweifelsohne meistens mitten drin. Dann konnte man sie auch gewollt aufsuchen! Ihr Begleiter hatte ihre Frage scheinbar nicht einmal mehr wirklich vernommen, denn auch er schien in Gedanken. Ein kurzes Seufzen ging über ihre Lippen, als der Diener mit den Umhängen über dem Arm zurückkehrte und sie ihnen überreichte. Der König legte seine Wertgegenstände bis auf seinen Siegelring und das Schwert ab und nahm einen großen Beutel mit sehr vielen Münzen mit, den er unter dem Umhang versteckte. Alleine diese Unsummen an Geld ließen sie schlucken. Darüber hatte sie kaum nachgedacht! „Meint ihr.... das Kraut wird sehr teuer sein? Ich will euch wirklich nicht auf der Tasche liegen!! Das könnte ich wohl nie wieder gut machen! Und da ihr mir keine Möglichkeit nennt, meine Schulden einzulösen, fühle ich tiefes Beschämen! Schließlich habe ich euch, seit ich in dieser Welt landete, schon einige Mühen gekostet. Langsam glaube ich fast, es wäre besser gewesen dieses Tor nie zu entdecken!“ Von ihren unterschwelligen Selbstvorwürfen erschrocken, widersprach er schnell und heftig. „Nein! Hört auf so etwas zu sagen! Ich würde mich niemals mit euch abgeben, wenn ihr mir lästig wärt! Ich tue das hier gerne. Seid unbesorgt, ihr liegt mir nicht auf der Tasche!“ Ganz überzeugt war sie davon nicht, denn alleine wenn man sich den Beutel betrachtete hatte, musste es selbst für den König viel Geld sein. „Ganz überzeugen könnt ihr mich nicht, daher hoffe ich, dass ihr mir bekannt gebt, wenn ich euch doch noch zur Last fallen sollte. Ich wäre euch nicht böse darum, im Gegenteil... ich fühle mich wohler, wenn ich weiß, dass ihr es tätet.“ Gekonnt schwang sie den Umhang über ihren Rücken hinweg und schloss die Verkordelung der Front, während ihr Begleiter selbiges tat. Zu ihrer Bitte jedoch hüllte er sich in reges Schweigen, was ihr nicht unbedingt ein gutes Gefühl machte. Doch für jegliche Diskussionen war nun nicht die richtige Zeit. Vielleicht würden sie anschließend erneut ein ähnliches Gespräch führen, indem er ihr hoffentlich zusichern würde, das Gespräch zu suchen, wenn er nicht mehr von ihr umgeben sein wollte. Der Kratianer führte sie beide zu einem Gasthaus an einem Hafen. Dieser lag am anderen Ende von Carbrass und die Sonne neigte sich bei Ankunft bereits dem Abend zu und tauchte die Umgebung in ein tiefes orange – rot. An der Türe des Gasthauses hing ein großes Schild mit der Aufschrift 'Zum schwarzen Orkan', dass nicht gerade einladend auf sie wirkte. Sich kurz umsehend, betrat der Braunhaarige jedoch schon die Gaststube und zog die Kapuze tiefer. Es hoben sich neugierige Blicke zu ihnen, in der Schenke selbst herrschte jedoch reges Treiben. Wie in Spelunken übrig, wurde getanzt, zumeist auf den Tischen oder mit kaum bekleideten Frauen, andere amüsierten sich mit leichten Mädchen, oder es wurde Alkohol ausgeschenkt. Mit einer Handbewegung hielt Alister sie an zu warten, bevor er zum Wirt vorschritt und flüsternd eine angeregte Unterhaltung einging. Die junge Frau wurde nervös, jetzt, wo sie alleine hier stand. Sie unterdrückte schwer den Reflex einfach ihr Schwert zu ziehen, um sich sicher zu fühlen, doch sie erinnerte sich nur zu gut an das, was erst vor wenigen Stunden nahe bei Liberty geschehen war. Dennoch gab es hier viel zu viele zwielichtige Gestalten, eine unheimlicher als die andere. Noch während sie wartete spürte sie, wie jemandes Hand sich an ihr Gesäß legte und die Rundung erkundete. Am liebsten hätte sie ihm die Hand abgeschlagen, schlug sie dann aber lediglich weg und trat mit einem kurzen Laut des Unmutes etwas von dem Frevel davon. In diesem Moment kehrte ihr Begleiter zurück und warf dem Leichthändigen einen düsteren Blick zu, während er sein Handgelenk leicht verdrehte. „Nimm ja deine Finger von meiner Verlobten!!“ Noch als er die Drohung aussprach, spürte die Blonde indes, wie das Wort Verlobte seltsame Gefühle in ihr auslöste. //Es ist nur eine Tarnung die er hier annimmt...//, versuchte sie es für sich richtig zu stellen, dennoch klopfte ihr Herz. Überheblich und Verärgert warf auch sie nun dem Mann einen finsteren Blick zu und stolzierte regelrecht hinter Alister her. Dieser blieb vor einem Mann stehen, der abgesondert in einer Ecke der hinteren Schenke sass und genüsslich an einer Pfeife zog. „Seid ihr Moreen? Kalster Moreen?“, hakte der verhüllte König kalt und seriös nach. Der Angesprochene hob den Blick ein wenig und blies den Rauch der Pfeife in ihre Richtung. „Kommt drauf an wer das wissen will“, sagte er ebenso kalt und geschäftstüchtig. Es schien, als hätte er schon einige Erfahrungen mit dem Handel auf dem Schwarzmarkt. Impulsiv war es Alanya, die antwortete, schließlich ging es ja auch um IHREN Drachen. „Wir!“, vermerkte sie knapp. „Wer wir sind wird sie wohl kaum etwas angehen, wir bleiben gerne anonym! Das Wichtigste ist wohl, dass wir einen Gefallen einfordern...“, erklärte sie dann die Situation vorerst. Man hörte den Unsympathen auflachen. „Einen Gefallen?! Für jemanden der nicht mal den Anstand besitzt sich ordentlich vorzustellen? Wie käme ich dazu?... Verschwindet! Ihr verschwendet meine Zeit.“ Der Kratianer zog die Kapuze noch tiefer in sein Gesicht und übernahm diesmal das Verhandeln. „Mein Name ist Elias, dass sollte euch als Antwort reichen. Wir sind bereit euch für diesen Gefallen angemessen zu entlohnen!“ Wieder war es die Blondhaarige die impulsiv in die Verhandlungen hineinplatzte. Sie hielt es einfach nicht aus, stumm daneben zu sitzen. „Wir brauchen etwas bestimmtes! Es ist eine ganz spezielle Kleinigkeit, man sagt, es sei schwer daran zu kommen und das sie der Beste seien! Oder drücken sie sich etwa vor Herausforderungen?“ Provokant versuchte sie seinen Blick einzufangen. Dieser hingegen interessierte sich wohl mehr für 'Elias'. „Elias... ein kratianischer Name. Ihr seid also Kratianer? Nun gut... setzt euch zu mir. Ich denke, unter Umständen könnten wir ins Geschäft kommen. Allerdings scheint es einen Grund zu geben, weshalb ihr euer Antlitz verbergt.“ Dieser Mann ging ihr langsam auf die Nerven! Wieso konnte er nicht einfach nur zustimmen und das Kraut besorgen und dafür das Geld annehmen? Zwar müsste sie diese Unannehmlichkeit bei Alister wieder gutmachen irgendwie und irgendwann, aber wenigstens wäre Liberty außer Gefahr! „Also was ist nun? Sind sie der Beste oder sind sie es nicht? Was interessieren sie da unsere Gesichter?“ Der vermummte König hob seine Hand und gebot Alanya zu schweigen. „Schon gut...“ beschwichtigte er sie und setzte sich, wobei er ihr bedeutete, es ihm nachzumachen. Auf Kalsters Gesicht lag ein Schmunzeln, dass man unter dessen eigener Verhüllung erkennen konnte. „Nun...“, begann er und lehnte sich dabei leicht nach vorne. „Wenn jemand sein Gesicht nicht zeigen will, hat er etwas zu verbergen und möchte nicht erkannt werden. Aber gut, ich sollte selber nichts sagen, wo ich doch eben sowenig erkannt werden möchte. Also, um zum Geschäftlichen zu kommen,... Gold ist schon einmal sehr gut - doch da wäre noch etwas! Ich habe... sagen wir... ein 'kleines Problem' das es zu lösen gilt.“ „Welches?“, fragte Alanya noch bevor Alister daran denken konnte auf diese Andeutung zum Sprechen zu kommen. Da es vermutlich besser war für ihn, nicht zu viel verbalen Kontakt zu pflegen, um seine Tarnung auch weiterhin aufrecht zu erhalten, überließ er ihr zunächst die weiteren Verhandlungen. Stattdessen lehnte er sich nach hinten und verfolgte das Gespräch. Der Händler setzte ein nachdenkliches Gesicht auf. „Nun ja... sagen wir.... die Wachen des Königs sind mir seit einiger Zeit auf den Fersen. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie sehr es meine Nerven strapaziert! Verhandlungsobjekt wäre somit zusätzlich mir diese Wachen vom Leib zu schaffen... wobei ich kaum glaube das ihr im Stande dazu seid!“ Sein Blick schweifte herüber zu Alister und Alanya legte die Stirn in Falten, bevor sie wieder seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte. „Und wenn doch? Wenn wir es schaffen WÜRDEN, besorgen sie und was wir so sehr begehren?“ Sie beugte sich geschäftlich dabei weiter zu ihm nach vorne. Gespannt lauschend beobachtete der König sie, während Kalster an seiner Pfeife zog und wieder etwas Rauch in die Luft blies. Endlich nickte er! „Ja... Ein wenig Gold und die Lösung meines Problems, und wir sind im Geschäft.“ Das Wort Gold ließ sie hellhörig werden. „Wie viel ist für sie ein wenig?“ Kalster wiederholte die Prozedur mit der Pfeife erneut und überlegte kurz. „150 Goldmünzen!“, gab er ihr zu verstehen. „75...Und die Lösung ihres Problems.“, fing Alanya diplomatisch an zu handeln. Schließlich war dies hier ein Schwarzmarkt. Der Widerling ihr Gegenüber lehnte sich jedoch unbeeindruckt zurück. „Nein, 150 und keine Münze weniger, ansonsten könnt ihr direkt wieder gehen.“ Erneut versuchte Alanya all ihr Geschick zu nutzen, um wenigstens die finanzielle Bürde ein wenig zu schmälern. „Das wird für uns schließlich nicht einfach werden! Wir geben euch 100.“ „Nein.“, wiederholte der Schwarzmartkhändler und blieb weiterhin unbeeindruckt hart, schmunzelte allerdings bei ihren scheinbar lächerlichen Versuchen. „Ich lasse nicht mit mir verhandeln, entweder ihr akzeptiert oder ihr lasst es bleiben. Nicht ich bin es der etwas so dringend benötigt wie ihr.“ Die junge Frau nahm sich vor, einen letzten, diesmal non- verbalen Versuch zu starten und beugte sich noch weiter. Mit ihren hellblauen Augen sah sie ihn eindringlich und ohne auch nur einmal zu zwinkern an. Ebenfalls schaute sie nicht weg, sah ihn lediglich regungslos und wortlos an. Doch all dies schien erfolglos, denn er blickte starr und kalt zurück. „Nun?“, fragte er schließlich und legte den Kopf auf die Seite. Die Blondhaarige war negativ erstaunt, als sie bemerkte, dass sie aus seiner Mimik und seinem Gesicht überhaupt nichts lesen konnte. Das geschah ihr selten. Es war beinahe anzunehmen, dass dieser Mann entweder nicht war, wer er vorgab zu sein, oder aber kein menschliches Wesen. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken, ehe sie sich wieder zurücksetzte und Alister etwas verzweifelt ansah. Denn nicht sie war es, die das Geld geben konnte und sie war zwangsläufig auf ihn angewiesen. Dieser blieb zunächst stumm und verschränkte die Arme, wobei Alanya bemerkte, dass sie gerade ernsthaften Respekt vor ihm hatte. „Abgemacht!“, antwortete er dann mit düsterer Stimme, ohne sich zu bewegen. Immer noch schmunzelnd nickte Kalster ihnen schließlich zu. „Sehr gut, und was darf ich euch besorgen?“ Mit einem kurzen Seitenblick zu ihrem Begleiter antwortete erneut, aber diesmal etwas zurückhaltender, die junge Frau „Drachenkraut!“ Der Händler hob eine Augenbraue. „Drachenkraut?“, wiederholte er, als hätte er es möglicherweise falsch verstanden. „Ah... sieh einer an. Dann war der Preis mehr als angemessen! Ein wirklich seltenes Kraut. Ich hoffe euch ist klar, dass ihr mir dafür entsprechend Gold geben müsst. Erwartet nicht, dass ich es euch umsonst gebe. 150 für das Besorgen und nochmals 50 für das Kraut. Das hieße dann 10 Münzen pro Numm, wenn ihr mehr wollt, müsst ihr auch mehr bezahlen.“ Noch bevor die Blonde wieder ansetzen konnte, unterbrach er sie sogleich. „Meint ihr dieses Kraut kostet mich nichts? Der Preis für den ich es euch anbiete ist mir persönlich schon zu billig. Ich mache euch das Kraut quasi zum Angebot.“ 5 Numm entsprachen hier 75 Gramm und war die Dosis, die sie wirklich benötigte. Weniger würde Liberty nicht ausreichen. Beschämt sah Alanya den Älteren an. Sie wollte ihn nicht um eine solche Menge Geld bitten, daher beugte sie sich noch einmal nach vorne, so nahe zu Kalster, das nur er sie hören konnte. „Kann man euch nicht doch überreden eine andere Dienstleistung zu erfordern? Ich tue …. was ihr wollt, aber dieses Kraut soll ein Geschenk sein. Ich möchte nicht, dass …. mein Verlobter... zuviel für mich ausgibt. Er braucht ja nicht zu wissen, weshalb er weniger zahlt! Ich könnte euch beispielsweise als Leibwache begleiten, ich könnte euch bei fragwürdigen Unterfangen behilflich sein, ich könnte…“ Ihr Gegenüber unterbrach sie jäh. „Verlobte?“ Seine Braue wurde regelrecht ungläubig hochgerissen. „Wieso nicht? Es ist unser Verlobungsgeschenk! Aber wie ich schon sagte... möchte ich nicht, dass... dass er so viel Geld dafür ausgibt!“ Das Leise lachen war deutlich zu hören, ehe er sich wieder amüsiert zurücklehnte. „Verlobte... Das ich nicht lache. Versucht nicht mich zu belügen, ihr seid nicht verlobt und habt es auch nicht vor!“, behauptete er geradeheraus, woraufhin sie beinahe etwas gekränkt auffuhr. „Wieso sollten wir es nicht sein? Wer seid ihr das ihr wisst, was wir vorhaben und was nicht?“ Der Mann, dessen Alter sie nicht einschätzen konnte, lachte immer noch vor sich hin, ehe er die Stimme senkte, damit nur seine zwei Tischgesellen ihn hören konnten. „Weil der König keine Verlobte hat! Und hätte er vor zu heiraten, würde er seiner Liebsten kein Drachenkraut zum Geschenk machen! Ausserdem... wäre es weithin bekannt, stimmt Ihr mir nicht zu?“ Der besagte König verharrte in seiner Position und blieb ruhig, wobei man kaum eine Regung erkannte. Seine weibliche Begleitung hingegen war sprachlos und spürte die Nervosität. „Woher wollt ihr das wissen? Ich meine... das ist doch lächerlich!!!“ Erhaben lächelnd lehnte sich ihr Gegenüber einfach nur zurück und beobachtete den Herrscher aufmerksam. Sie selbst schluckte und war verwirrt, denn damit hatten sie gewiss nicht gerechnet! Was nun? Wie würde es weitergehen? Was würde dieser Mann mit diesen Informationen anfangen? Der Blick des eigentlich Fremden schweifte nun von Alister zu Alanya und wieder zurück. „Ich erkenne ihn. Oh ja! Nicht wahr eure Majestät? Wir sind uns schon einmal begegnet... Auch in einer Gaststätte wie dieser... In der Nacht... der Engel... ihr wisst schon. Alleine wie ihr geht und euch bewegt hat euch verraten.“ Kalster lächelte, doch der Kratianer blieb ruhig vor ihm sitzen. Nur Alanya spürte wohl, wie nervös er tatsächlich war. Mittlerweile konnte sie ihn besser einschätzen und es war, wenn nicht offensichtlich, dann doch wenigstens logisch, dass es ihn aufrührte. Statt in Panik zu verfallen, lehnte er sich aber nur ein wenig weiter zu ihrem Gesprächspartner vor und fixierte ihn mit seinem Blick „Und was gedenkt ihr nun mit dieser Information zu machen?“ Ein kaum merkliches Zittern lag in Alisters Stimme, was den Händler dazu veranlasste dreckig zu lachen und sich ebenfalls weiter vorzubeugen, bis sie bald nur noch Nasenspitzen voneinander entfernt waren. „Ich möchte Immunität! Mein Schiff wird nicht mehr durchsucht von euren Wachen! Und die 200 Goldmünzen! Es sei denn, ihr wollt mehr Kraut, dann müsst ihr selbstverständlich auch mehr bezahlen! Und erzählt mir nicht, dass der König nicht einmal 200 Goldmünzen besäße! Außerdem... wie würde es wohl ablaufen, wenn jeder hier wüsste, was ich weiß?“ Schon wieder eines seiner gehässigen Grinsen, dass die junge Frau langsam nicht mehr sehen konnte! Am liebsten hätte sie zu ihrem Schwert gegriffen und ihm dieses Grinsen hinausgetrennt! Der König von Arynia legte das Säckchen mit Gold auf den Tisch. „Einverstanden... hier sind 300 Goldmünzen. Gebt uns dafür so viel Kraut, wie wir dafür bekommen können. Und wegen der Immunität... ich werde es für euch regeln.“ Der Händler griff ruckartig nach dem Arm seines Vertragspartners. „Einen Moment! Woher weiß ich denn, dass nicht morgen früh bei Sonnenaufgang eure Wachen vor meiner Türe stehen? Nein, nein , nein... nicht so hastig! Ich verlange einen Pfand!“ Verdutzt wandte sich die junge Frau ihrem persönlichen Erzekelpaket zu. „Was meint ihr mit Pfand?! Unser Wort sollte euch wohl genügen, was hätten wir denn schließlich davon, euch die Wachen auf den Hals zu hetzen? Dann bekämen wir kein Kraut.“ Ein weiteres gänsehauterzeugendes Lachen und mehr Druck auf Alisters Handgelenk in Verbindung mit einer sachten Drehung dessen, ließ den Kratianer unfreiwillig näher zu ihm kommen, wenn er nicht wollte, dass es brach. Ihre Gesichter waren nun mehr keine zehn Zentimeter voneinander entfernt und Kalster senkte die Stimme, damit nur der König die folgenden Worte hören würde. „Ich will euren Falken!... Oh ja, ich kenne die Geschichten über ihn und weiß, wie bedeutsam er für euch ist... oder aber“ Sein Blick wanderte zu der Blondhaarigen. „eure Sturköpfige Freundin... Sie würde sicherlich einen amüsanten Pfand abgeben und man gewiss viel 'Spaß' mit ihr haben...“ Das Grinsen hatte wohl auf jeder Skala seinen Höhepunkt erreicht, so dass selbst Alanya sich sicher war, dass es nichts Gutes war, dass er ihrem Retter zuflüsterte. Die unangenehmen Neuigkeiten zeichneten sich sogleich auch auf dessen Gesicht ab und er schien grübelnd abzuwägen. Wenn sie nur wüsste worum es hier ging! Ihr Vertrauter schien in einer Zwickmühle zu stecken, wenn man seinen Ausdruck richtig deutete und sie hätte ihm gerne einen Rat gegeben. „Nun?“, fragte Kalster diesmal lauter und deutlicher, damit auch sie ihn verstehen konnte. „Sie... oder den Falken?“ Endlich kam die Information auch in ihrem Zerebrum an und sie wurde sichtlich nervös. Kurzzeitig brauchte sie Zeit, bevor sie sich wieder fing und die logischste Alternative für ihn wählte. „In Ordnung. Nehmt mich als Pfand gegen das Kraut und lasst ihn da raus.“ Obwohl sie den Falken bereits gesehen hatte und wusste, dass er Alister sehr wichtig war, wusste sie nicht, was es wirklich mit ihm auf sich hatte. Wieso wollte dieser Kerl einen armen Vogel als Geisel? Nein, dass wollte sie nicht zulassen. Wer wusste schon, was er mit ihm anstellte? Ihm traute sie alles zu. Zudem würde sie schon irgendwie mit diesem Mann fertig werden. Es war unwahrscheinlich das er so viel anders war als die meisten anderen, denen sie begegnete. Und den meisten stolz hatte sie bereits im frühen Jugendalter verloren. Wieso sollte sie also zögern? Ein anerkennendes Grinsen huschte über das Gesicht ihres neuen Geiselnehmers, denn nichts anderes erschien er in diesem Moment zu sein. „Sehr schön...“, triumphierte er bereits und griff nach ihrem Handgelenk, als Alister dazwischentrat und sich schützend vor ihr aufbaute. „Nein!“ Seine Stimme klang entschlossen. „Ihr bekommt den Falken! Lasst sie also los!“ Der Händler hob fast schon unsicher eine Augenbraue und nickte langsam. „Nun.... umso besser...“ Anscheinend hatte er mit dieser Wendung nicht gerechnet, doch sie kam ihm entgegen. Das war mehr als offensichtlich. Eben das gefiel der jungen Frau noch weniger. Nicht nur, dass ihr mehrfacher Retter sein geliebtes Tier hergeben wollte, nein, dieser Mann hatte ein viel zu besorgniserregend hohes Interesse an eben diesem! „Das kommt gar nicht in Frage! Ich weiß nicht, aus welchem Grund er euren Falken will, aber eines weiß ich dafür genau! Ihr hängt sehr an diesem Tier und ich möchte nicht, dass es der Pfand für so einen... Ekel wird!“ Bei dem Wort Ekel hätte der Mann zu ihrer rechten beinahe losgelacht. „Ich werde der Pfand sein! So sind wenigstens diese Schulden schon mal getilgt!“ Ihr Blick war fest entschlossen und sie überspielte den Anflug der Angst, den ihr Begleiter scheinbar dennoch erkannte. Eigentlich müsste man doch annehmen, mit der Zeit würde etwas derartiges einfacher und man verlöre die Angst in Gänze. Doch dem war nicht so, wie Alanya sich beschämt eingestehen musste. „Nein!“, raunte der Braunhaarige sie plötzlich an und erwiderte ihren festen Blick. Sein Ton war keine Antwort, es war ein Befehl. „Du gehst nicht mit ihm!“ Gerade, als sich eine sehr ungewöhnliche Spannung zwischen ihnen aufbaute und Alanya spürte wie ihr Herz seltsam pochte, musste Kalster diese unterbrechen. „Nun mir ist es gleich- Frau, Falke... beides hat seine individuellen Vorteile... nur bitte entscheidet euch endlich! Ich habe nicht bis morgen Zeit.“ Man sah immer noch die Verwirrung der jungen Frau auf diese heftige Reaktion des Königs, der sie damit überrascht hatte. Aus ihrem Mund bekam sie in diesem Moment nicht einmal einen gescheiten, zusammenhängenden Satz. „Aber... ihr... könnt doch nicht... ich … könnte doch...“ Doch Alister hatte sich bereits ihrem Verhandlungspartner zugewandt und fiel ihr damit ins Wort. „Ihr bekommt den Falken!“, wiederholte er noch einmal nachdrücklich an den anderen Mann gewandt. „Dann folgt mir!“ Als sie Kalster folgten, warf Alister ihr einen mahnenden Blick zu, damit sie nicht doch noch auf die Idee kam, etwas dummes zu tun. Tatsächlich dachte sie zwar darüber nach, aber sie würde damit seine Entscheidung auf eine Art und Weise in Frage stellen, die seinen stolz nicht nur untergraben, sondern auch ihr Vertrauen zueinander erschüttern würde. So gab sie sich vorerst geschlagen, auch, wenn es ihr sehr missfiel. Auch wenn es eher selten war, so schwieg sie nun eine ganze Weile auf dem Weg, zu Kalsters Unterkunft, denn ihr fiel nichts ein, dass ausgesprochen werden sollte. Sie fühlte Scham und Hilflosigkeit, gepaart mit Schuldbewusstsein. Eine Kombi, die sie niemandem empfehlen konnte. Scheinbar hatten sie ihr Ziel erreicht und sie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als der König seinen Falken zu sich pfiff. Dieser erschien schon bald am Himmel, kreiste kurz über ihnen und ging in einen Senkflug, bevor er sich auf Alisters Arm setzte. Kurz streichelte er diesem wunderschönen Tier über den Kopf und redete auf einer fremden Sprache mit diesem. Es war anzunehmen, dass es sich hierbei um kratianisch handelte. Dann streckte er dem Händler den Arm entgegen und der Falke tippelte zaghaft und recht scheu auf den Arm des fremden Mannes, der ebenfalls sogleich seinen Kopf tätschelte. „Ein wirklich wunderschönes Tier...“ Dieses Mal konnte ihr Begleiter seine Nervosität nicht mehr überspielen und sein Ausdruck war geplagt von einem Seelenschmerz, der gewaltige Ausmaße haben musste. „Soll ich nicht doch...“, wagte sie sich erneut sich ihm anzubieten. Wenn ihm der Vogel derart viel bedeutete, sogar mehr als sie für möglich gehalten hatte, dann war das hier falsch. Der Vogel musste einfach einen höheren Stellenwert haben und sie verstand nicht, warum er verhinderte, dass sie ging. Im Grunde musste es ihm doch egal sein, was er ihr antat und nur aufgrund seines Dranges, als König ihren Schutz zu gewährleisten, machte es das hier nicht richtiger. Wie schon zuvor erhob er jedoch seine Hand in ihre Richtung und bedeutete ihr, endlich zu schweigen. „Nun denn... wartet kurz.“ Mit diesen Worten verschwand Kalster auf der Anlegestelle in Richtung eines Schiffes und in dessen Kajüte, ehe er etwas 20 Minuten später ohne den Falken wieder zurückkehrte. Dafür warf er ihnen ein kleines Beutelchen zu. „Hier... wie abgemacht! Das Kraut! Doch der Falke bleibt solange bei mir, bis ich die schriftliche Genehmigung über die volle Immunität habe! Eure Hoheit...“ Letzteres sprach er voller Hohn und Verachtung aus, während er gleichzeitig eine Verbeugung andeutete und zurück zur Gaststätte schritt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)