Ippo ni Yoko von MAC01 (Seto x Jou) ================================================================================ Kapitel 91: Einen Schritt des Misstrauens ----------------------------------------- Ich rauf mir gleich die Haare! Ich sitze im Wohnzimmer, in meinem Stammsessel und schau gelangweilt aus dem Fenster, während Mokuba auf der Couch sitzt und mit Yugi gerade ein wenig Street Combat zockt. Auch die anderen vom Kindergarten sind da. Bakura schaut den beiden zu, feuert mal Mokuba, mal Yugi an, je nachdem wer von beiden gerade hinten liegt. Cheerleader durch und durch! Honda und Otogi sitzen mir gegenüber in dem anderen Sessel und sind überwiegend damit beschäftigt sich das Gesicht abzulecken. Ich verdrehe die Augen und frage mich, warum die beiden nicht einfach hoch in ihr verdammtes Zimmer gehen können und sich dort gegenseitig das Gehirn rausvögeln? Dass sie Bedarf haben zeigen sie ja mehr als deutlich mit ihrer Knutscherei. Der einzige, der nicht da ist, ist mein Streuner. Der musste heute wieder arbeiten. Warum ist der Kindergarten heute überhaupt hier? Ich meine, sie sind unter Woche doch sonst nicht hier bei mir zu Gast. Also warum heute? Schon am Vormittag hab ich keine ruhige Minute gehabt. Alle viertel Stunde kam entweder Mariko-san oder das Hausmädchen zu mir und hat mich etwas gefragt oder versucht in ein belangloses Gespräch zu verwickeln. Gegen elf Uhr kam dann Kai und wir haben ein wenig geredet. Mittlerweile ertrag ich es mit ihm alleine zu sprechen, wobei es mir immer noch lieber ist, wenn Katsuya dabei ist. Dann kann ich mich leichter entspannen und von früher reden. Doch heute war ich froh, dass mein Streuner nicht dabei war. Das Thema heute war Daimon Kogoro. Über ihn zu sprechen ist mit so viel Schmerz und Scham verbunden, dass ich kaum auf die Fragen von Kai antworten konnte. Immer wieder fing mein Körper an zu zittern. Nicht vor Kälte oder so. Ich weiß nicht, warum mein Körper so reagiert. Immer wieder wallten die Tränen in mir hoch. Es waren einige Pausen von Nöten um mich zu sammeln, damit wir das Gespräch fortsetzen konnten. Am Ende zog Kai ein A4-großes Bild aus seiner Tasche. Meinte zu mir, dass er hier ein Bild von diesem Mann gefunden hätte. Dann legte er es mit der Rückseite auf den flachen Tisch. Ich stierte das Foto an, als würde es mich jeden Moment anfallen. Dann forderte Kai mich auf die Fotographie umzudrehen. Es ging nicht. Ich konnte das Bild nicht anfassen und schon gar nicht umdrehen. Allein bei dem Gedanken es zu tun und dann diesen Mann zu sehen schnürte es mir den Hals ab. Das musste wohl auch Kai erkannt haben. Er nahm das Foto unaufgedeckt wieder an sich und verstaute es in seiner Tasche. Sanft und verständnisvoll lächelte er mich dann an. Meinte, dass wir heute gute Fortschritte gemacht hätten. Ich hatte nicht dieses Gefühl. Doch wann konnte ich mich außerhalb der Geschäftswelt jemals auf mein Gefühl verlassen? Wenn mein Therapeut also sagt, dass ich gute Fortschritte mache, dann will ich ihm das glauben. Als Kai aufstand, sich verabschiedete und ging sah ich Isono im Türrahmen sehen. Seit wann er wohl da stand? Mir war nicht aufgefallen, dass er gekommen war. Dennoch begrüßte ich ihn und wollte mit wackligen Beinen aufstehen. Doch er deutete mir nur, dass ich sitzen bleiben soll. Dann nahm er auf dem eben frei gewordenen Sessel Platz und plauderte ein wenig mit mir. Nur so. Smalltalk. Nach einer Weile fragte ich ihn, warum er hier sei. Isono lächelte nur sanft und meinte, er wollte nach mir sehen und seine Mittagspause mit mir verbringen. Sowas ist noch nie vorgekommen! Also haben wir gemeinsam zu Mittag gegessen und uns weiter über Unwichtiges unterhalten. Zum ersten Mal fiel mir auf, wie viel Isono doch von Duell Monsters verstand und wusste. Okay, ja! Immerhin war er im Battle City Turnier der Zeremonienmeister und Schiedsrichter im Finale gewesen. Da sollte man voraussetzen, dass er etwas von dem Spiel verstand. Aber wenn ich die Hinweise in dem Gespräch richtig deute, dann spielt Isono Duell Monsters aktiv. Warum wusste ich das nicht? Irgendwann fiel mein Blick wieder auf die Uhr und ich erschrak regelrecht, denn es war schon halb vier. Ich fragte Isono, ob er seine Mittagspause nicht arg überziehen würde und er schmunzelte mich an. Neckisch fragte er mich, ob ich Angst hätte, dass er zum Chef gerufen werden würde? Da musste ich schmunzeln. Dann kam mein kleiner Bruder mit dem unvollständigen Kindergarten hier an und Isono hat sich verabschiedet. So im Nachhinein betrachtet wirkte es fast wie eine Wachablösung. Mir dämmert es endlich. Dass ich darauf nicht schon früher kam, zeigt mir deutlich, dass ich nicht fit bin. Weshalb mir Doktor Akari gestern Abend auch verbot diese Woche in die Schule zu gehen. Sicherlich hat mein Streuner all das eingefädelt, damit ich nicht mit mir und meinen Gedanken alleine bin und ja auch nicht in meinem Hausbüro mich mit Arbeit ablenke. Immer wieder spüre ich, wie einer von den anderen zu mir rüber blickt. Verdammter Honda. Sicherlich hat er den anderen erzählt, was er hier letzte Woche alles erfahren und erlebt hat. Und jetzt... jetzt wollen sie einen Blick auf das Wrack Kaiba Seto werfen und sich daran ergötzen, dass ich doch nicht der perfekte Geschäftsmann und eiskalt bin. Sicherlich werden sie ganz laut darüber lachen, dass ich mich in der Dusche gewunden habe, als mein Streuner mich fragte, ob Honda ihm helfen dürfte. Oder begaffen mich, weil sie die Narben auf meinem Rücken sehen wollen. Der Beweis, dass ich gebrochen wurde. Ich steh mit Elan auf und geh an das große Fenster, welches mir den Blick auf die Einfahrt gewährt. Draußen ist es bereits dunkel. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass es 22 Uhr sei. Noch eine Stunde, dann hat Katsuya endlich Feierabend. Dann noch eine viertel Stunde mit dem Auto und dann... dann kann ich endlich mich in seinen Arm legen und der Orkan hört auf an mir zu zerren. Unbewusst knabbere ich an meinen Fingernägel. Bemerke gar nicht, wie Honda aufsteht und zu mir rüber kommt. Vorsichtig legt er seine Hand auf meine Finger, an denen ich gerade knabber. Erschrocken blick ich ihn an. Er meint nur zu mir, dass mein Streuner gleich wieder da sein wird. Ja, doch... das weiß ich. Ich entziehe mich seiner Berührung und wende mich ab. Ich bin wütend auf ihn. Nicht auf meinen Streuner, sondern auf Honda. Warum konnte er seinen Mund nicht halten? Als ich wegstapfen will hält er mich am Arm fest und hält mich auf. Will wissen, was los sei. Ich wirbel zu ihm herum und funkel ihn wütend an. Er scheint sich keiner Schuld bewusst zu sein. Er... er hat letzte Woche meine Narben gesehen und so viel von mir erfahren und konnte gar nicht anders als es gleich herum zu erzählen. Da bin ich mir ganz sicher. Ich bin in diesem Kreis nur noch ein Gespött. Warum sollten die anderen sonst immer wieder so komisch zu mir rüber blicken? Also wie kann er es wagen, jetzt so unschuldig zu tun? Erst als ich seinen entsetzten Blick sehe wird mir klar, dass ich das laut gesagt habe. Die anderen blicken mich schockiert an. Honda blickt nur kurz über seine Schulter. Warum sind die alle so schockiert über etwas, was sie doch ohnehin schon wussten? Mokuba blickt mich besorgt an und steht auf. Kommt zu mir herüber, greift sanft nach meiner Hand und will mich wieder zu dem Sessel lenken. Doch ich... ich will mich da nicht hinsetzen und von allen weiter angestarrt werden. Aber auch Honda legt seine Hand wieder an meinen Oberarm und unterstützt Mokuba bei seinem Bestreben. Als ich sitze fühl ich mich wie auf dem Präsentierteller. Ich spüre die Scham in mir hochwallen und würde am liebsten jetzt weglaufen, doch ich bin immer noch Kaiba Seto und das ist der Kindergarten. Die Genugtuung werde ich ihnen nicht geben. Mokuba legt langsam seine Arme um mich und zieht mich zu sich. Umarmt mich ganz lang und inniglich. Ich verstehe gerade so gar nichts mehr. Als wir uns von einander lösen schaut er mich mit großen Augen an. Langsam sagt er mir, dass der einzige, der gerade allen von meinen Narben erzählt hätte, ich selbst wäre. Honda hätte letzte Woche jede freie Minute hier verbracht und heute hätten die anderen ihn zusammen mit meinem Streuner von der Schule abgeholt und auch da hätte Honda niemanden irgendetwas erzählt. Entsetzt blick ich kurz zu Honda hoch. Er nickt nur zustimmend. Ich spüre, wie mein Gesicht rot wird. Verdammt! Ich will aufstehen und jetzt doch die Flucht antreten, als Yugi sich vor mich stellt und mir eine Hand auf die Schulter legt. Himmel, was soll das... ist heute großer 'Lasst uns alle Seto berühren'-Tag? Yugi lächelt mich nur unbefangen und freundlich an - wie immer. Es wäre alles in Ordnung und es müsste mir nicht peinlich sein. Irgendwo hätte doch jeder Narben. Manche sieht man, andere nicht. Aber Keiner würde durch das Leben kommen ohne die eine oder andere Erinnerung, an der wir schließlich gewachsen seien. Ich spüre, wie ich meine Fassung langsam verliere. Aber das will ich nicht hier und nicht jetzt und schon gar nicht vor dem Kindergarten. Ich will wenigstens vor ihnen so wirken, als sei ich noch der Alte. Dann spür ich eine warme Umarmung um meine Schultern. Blondes Haar schiebt sich in mein Sichtfeld und eine warme Wange drückt sich an meine. Katsuya! Aber... aber wir haben doch erst halb elf, wieso ist er schon hier? Egal! Es ist einfach egal! Hauptsache er ist jetzt hier und hält mich. Gibt mir Kraft und führt mich jetzt durch diese Situation. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)