Nicht gesucht, aber gefunden von Leopawtra ================================================================================ Kapitel 13: Schloss Mühlenhof ----------------------------- ๑⊱☆⊰๑ Noch am selben Tag wollten die Drei herausfinden, wohin die Koordinaten sie führen würden. Also hatten sie sich gemeinsam zu Tims Wohnung in der Labradorstraße 26 begeben. Dort hatte Tim sich die Freiheit genommen eine ausgiebige Dusche zu nehmen. Dadurch, dass die Wohnung der Beiden im nördlichen Außenbezirk lag, während Tims zuhause sehr zentral und nah am Hafen gelegen war, war es einfacher gewesen direkt zu ihm aufzubrechen. Immerhin wollte jeder von ihnen schnellstmöglich wissen, wohin die Koordinaten sie führen würden. ๑⊱☆⊰๑ Während Christin in einem von Tims roten Sessel vor dem leeren Kamin saß und durch das weiche Fell Struppis streichelte, berechnete Haddock hingegen die exakte Position des Schatzes und murmelte dabei immer wieder ‚Das kann doch nicht stimmen.‘ vor sich hin. „Nun, Kapitän? Wohin führen uns die Längen- und Breitengrade?“, erkundigte sich Tim, als dieser aus seinem Schlafzimmer trat und gerade seine gelbe Weste über dem weißen Hemd zuknöpfte. Sein Haar war noch etwas feucht, doch sein Pony begann bereits wieder seine natürliche Form anzunehmen. Interessiert blickte er den Kapitän an, neigte den Kopf zur Seite und sah auf das Notizblöckchen, auf dem mehrmals derselbe Ort geschrieben stand. „Schloss Mühlenhof? Also liegt der Schatz nicht im Meer?“ Der Kapitän schüttelte den Kopf und deutete mit dem Finger auf ihre Heimat, ehe er diesen ein kleines Stück aus der Stadt hinausgleiten ließ. „Nach mehrmaligem Nachprüfen steht fest, dass die Koordinaten uns tatsächlich dorthin führen.“ Christin drehte ihren Kopf nun in die Richtung der Beiden, streichelte weiterhin Struppi durchs Fell und erkundigte sich bei ihrem Vater: „Mühlenhof gehörte doch mal Urgroßvater, oder?“ Tims Blick richtete sich auf seine Liebste und auf seinen treuen Hund, mit dem er gerade nur zu gern den Platz getauscht hätte. Zugern hätte er seinen Kopf auf ihren warmen Schoß gebetet und sich so liebevoll durchs Haar streichen lassen. Seine Sehnsucht nach Zeit allein mit ihr wuchs stetig an und das Verlangen danach ihren schönen Körper mit seinen Lippen und Fingern zu erkunden keimte neuerlich in ihm auf. Tim rief sich daher in Gedanken zur Ordnung und konzentrierte sich wieder auf das Gespräch. „Als ich vor einigen Tagen dort war, fiel mir das Wappen Ihrer Familie über der Haustür auf, Kapitän. Es muss also seine Richtigkeit haben, dass die Koordinaten uns dorthin führen. Wir sollten zumindest hinfahren und uns einen Überblick verschaffen.“ Der Kapitän sah von der Landkarte auf, legte den Kopf etwas zur Seite und nickte schlussendlich bedächtig. „Ja, das sollten wir wirklich machen.“ Tim lächelte ihn zuversichtlich an, nahm die Enden seiner Krawatte in die Hände und wollte sie gerade anfangen zu binden. „Wir können gerne direkt los.“, sagte Tim in die Runde und hatte für den Augenblick nur Augen für seine Handgriffe. Mit Struppi im Arm hatte Christin sich aus dem Sessel erhoben und war auf die Beiden am Esstisch, der unter dem Fenster im Wohnzimmer seinen Platz hatte, zugegangen. Tim hatte dies im Augenwinkel registriert und hielt in seinem Tun inne, als seine Freundin neben ihm zum Stehen kam. „Dann sollten wir keine weitere Zeit vertrödeln.“, waren ihre aufrichtigen Worte gewesen, während sie dabei warmherzig in Tims Iriden schaute. Zustimmend nickte er auf ihre Aussage hin und auch Haddock brummte daraufhin beipflichtend, während Christin ihn kurz musterte. Unweigerlich straffte sich Tim dabei und genoss es obendrein von ihr so in Augenschein genommen zu werden. Sein Körper kribbelte dabei angenehm und er fühlte, wie ein warmer Schauer über seinen Rücken floss. Tims Blick ruhte unentwegt auf Christin, wobei er völlig vergaß seine Krawatte weiterzubinden. Langsam hockte sich Christin hin und entließ Struppi sanft aus ihren Armen, ehe sie sich wiederaufrichtete und Tim die beiden Enden seiner schwarzen Krawatte sachte aus den Händen nahm. Gerne ließ er es geschehen und fühlte, wie ihm das Herz bis zum Halse schlug, während Schmetterlinge in seinem Bauch verliebt mit den Flügeln schlugen. Sorgsam begann sie ihm diese zu binden, wobei er sie mit einem liebevollen Gesichtsausdruck bedachte. Wie sehr er seine Christin doch liebte und diese kleinen, lieblichen Gesten von ihr genoss. Ihre Handgriffe waren geschickt, weswegen die Krawatte wenige Lidschläge später gebunden war. Abschließend drückte sie Tim einen zärtlichen Kuss auf die Lippen und blickte ihn daraufhin verschmitzt lächelnd an. „So, nun können wir gehen.“ Verliebt lächelte Tim sie an, nickte zustimmend und sah anschließend zum Kapitän. Dieser hatte die Beiden bei diesem liebevollen Moment beobachtet und musste nun schmunzeln, ehe er nun feierlich zu ihnen sagte: „Dann auf ins Gefecht!“ ๑⊱☆⊰๑ Mit Tims Wagen fuhren sie nun hinaus aus der Stadt, wobei Christin mit Struppi auf dem Rücksitz des grünen Flitzers saß und sich den Wind um die Nase wehen ließ. Struppi streckte dabei ganz begeistert seine Zunge heraus, was er bei Fahrten mit dem offenen Verdeck immer tat. Tim fuhr dabei mit einem raschen Tempo über die Landstraße, weswegen es gar nicht lange dauerte, bis Schloss Mühlenhof in Sicht kam. Es war ein prachtvolles Schloss im modernen Barockstil mit drei Stockwerken, einer gelblichen Fassade und dunkelblauen Dachschindeln. Der weitläufige Vorgarten sah ein wenig verwildert aus, was jedoch mit ein wenig Liebe und Hingabe zum Garten- und Landschaftsbau wieder in Ordnung zu bringen wäre. Hinter dem Schloss erstreckte sich ein großer Park mit eigenem Bach und vielen, herrlichen Wiesen sowie haushohen Bäumen. Es war ein idyllisches Plätzchen, wie Tim fand. Dennoch konnte er sich immer noch nicht vorstellen, wo sie hier den Schatz finden sollten. Geschickt parkte Tim den Wagen nun vor dem Eingang des Schlosses, schaltete den Motor ab und sah sich dieses einen Moment lang genau an. Es hatte schon in der Nacht, als er vor einigen Tagen hier war, sehr imposant gewirkt. Jetzt am Tage besaß es sogar noch mehr Flair und diesen herrlichen, altmodischen Charme. „Und hier soll der Schatz sein?“, erklang Christins ungläubige Stimme vom Rücksitz, woraufhin Tim über die Schulter zu ihr blickte und kurz darauf mit dieser ratlos zuckte. Der Kapitän stieg anschließend aus dem Wagen und sah seine Tochter hoffnungsvoll an. „Die Koordinaten bringen uns zweifellos an diesen Ort, mein Seestern.“ Auch Tim stieg nun aus dem Wagen und hielt kurz darauf seiner Liebsten die Hand hin, um ihr aus dem Auto zu helfen. Sein Auto hatte nur zwei Türen, weswegen Christin über den umgeklappten Vordersitz steigen musste. Ihre Hand anschließend in Seiner haltend, sah er in ihre Augen und fing ihr liebes Lächeln dabei ein. „Nun, daran könnte ich mich glatt gewöhnen.“, gab sie angetan von sich und zwinkerte Tim verschmitzt zu, womit sie seine Hilfe beim Aussteigen meinte. Charmant in ihre rehbraunen Iriden blickend hob Tim ihre Hand an seine Lippen und pflanzte einen hauchzarten Kuss auf ihren Handrücken, ehe er ihr zu raunte: „Ich habe nicht vor damit aufzuhören.“ Das war ein Versprechen an Christin, da sie für ihn die Welt bedeutete und er keinen Moment auslassen wollte ihr dies auch zu zeigen. Unweigerlich begann sie übers ganze Gesicht zu strahlen und seufzte sogar verliebt auf. Ein Anblick der Tims Herz fröhlich hüpfen ließ und ihm ein wohliges Kribbeln in seiner Bauchgegend bescherte. „Monsieur Tim. Kapitän Haddock. Fräulein Haddock. Ich habe Sie erwartet. Willkommen auf Schloss Mühlenhof.“ Die freundliche Stimme des Butler Nestors zog die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich. Tims blaue Augen musterten den hochgewachsenen, älteren Mann mit den dunkelbraunen Haaren und der mächtigen Halbglatze, wobei auch sein gelbschwarz gestreiftes Jackett mit den schwarzen Ärmeln, das weiße Hemd mit der weißen Fliege, die schwarzen Schuhe und auch die pechschwarze Anzughose zu seinem Augenmerk wurden. Das letzte Mal hatten die Drei mit Nestor gesprochen, als sie den Plan austüftelten Sakharine in eine Falle zu locken. „Guten Tag, Nestor. Schön Sie wiederzusehen.“, flötete Christin fröhlich und schenkte diesem einen warmen Blick, woraufhin auch Tim und Haddock ihn freundlich lächelnd begrüßten. Nestor war durch reinen Zufall in diese Misere mit Sakharine hineingeraten, weswegen ihm nichts vorzuwerfen war. Mit einer einladenden Geste bedeutete er den Dreien sowie Struppi das Schloss zu betreten, woraufhin diese seine Einladung gern annahmen. Die Eingangshalle war riesig und durch die hohen Fenster über der Haustür herrlich hell. Alles war mit weißem Marmor und edelstem Mahagoniholz versehen. Eine große, breite, weiße Marmortreppe führte in den oberen Stock, von dem zwei weitere, kleinere, ebenfalls weiße Marmortreppen an den Seiten ins letzte Stockwerk führten. Zwei große Flure gingen rechts und links zu den weiteren Räumen der unteren Etage ab. „Oh, es hat sich überhaupt nicht verändert.“, lachte der Kapitän ganz begeistert auf und war, wie auch Tim und Christin über den guten Zustand des Schlosses sehr fasziniert. Nestor hatte offenbar alles dafür getan, damit es hier stets bezugsfertig war. Tim hatte über Nestor in Erfahrung bringen können, dass das Schloss bis vor dem Kauf von Sakharine im Besitz des Landes gewesen war. Nestors Familie diente der Familie Haddock schon seit so vielen Jahrzehnten und über Generationen hinweg, so dass das Land zugestimmt hatte seine Familie als Verwalter des Schlosses einzusetzen. Beim Kauf von Mühlenhof stünde Nestor daher jedem neuen Besitzer als Butler zur Verfügung. Haddock lief, wie ein Kind an dessen Geburtstag, strahlend durch die Eingangshalle und sah dabei zu den uralten Gemälden an der Wand, auf denen die Einhorn und auch Ritter Franz von Hadoque zu sehen waren. „Ich erinnere mich an Zeiten, da bin ich hier als kleiner Steppke rumgerannt.“ Mit einem warmen Blick sah Tim zu dem Kapitän, als er diese Worte sagte und drückte sachte die Hand Christins, während diese leise lachen musste. Sein Blick heftete sich für den Moment auf sie, wobei er ihren sanftmütigen Blick ihrem Vater gegenüber bemerkte und anschließend selbst mit leuchtenden Augen in der Eingangshalle umher sah. Dieser Ort bedeutete für die Beiden so viel und Tim wünschte sich von Herzen, dass sie einiges Tages Schloss Mühlenhof wieder ihr Zuhause nennen konnten. Er war sich sicher, wenn sie den Schatz hier finden sollten, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis die Familie Haddock wieder auf dem Schloss residierte. „Es ist schön wieder einem Haddock dienen zu können.“, sagte der Butler schließlich aufrichtig an den Kapitän gewandt, nachdem er den Anwesenden einen Moment gab die Eindrücke auf sich wirken zu lassen. Dieser schüttelte jedoch bedauernd den Kopf und konnte doch nicht aufhören vor nostalgischer Faszination zu lächeln. „Darauf können Sie lange warten, Nestor. Das kann ich mir doch nie im Leben leisten.“ Der Blick des Butlers wurde betrübter, wie Tim feststellte. Ebenso entging ihm nicht das schwere Seufzen seiner Christin, die ebenfalls wusste, wie fern diese Tatsache war. Wieder dachte der Reporter an den Schatz und hoffte neuerlich inständig, dass sie diesen hier finden würden. Er konnte sich zwar noch immer nicht vorstellen, dass er auf Schloss Mühlenhof sein sollte, doch neugierig dies herauszufinden war er allemal. „Nun, Kapitän? Wo fangen wir an zu suchen?“ Dieser wandte sich mit fragendem Blick zu ihm und verstand nur einen Augenblick später, worauf Tim hinauswollte. Augenblicklich sah er wieder zu Nestor und wollte von ihm voller Tatendrang wissen: „Gibt es hier noch immer einen Keller?“ Der Butler nickte schmunzelnd, deutete zur Tür hinaus und neigte dabei den Kopf zur Seite. „Sicher. Ich bringe Sie dorthin.“ ๑⊱☆⊰๑ Der Weg in den Keller lag hinter dem Schloss und unter der großen, hellgrauen Terrasse, von der rechts und links zwei geschwungene, ebenfalls hellgraue Marmortreppen zum Schlossgarten führten. Es dauerte nicht lang, bis sie die kleine, beinahe unscheinbare, dunkelbraune Holztür passiert hatten. Als sie die Rundtreppe hinabgestiegen waren, erstreckte sich ein großer, leerer Raum vor ihnen, der durch die kleinen, schmalen Fenster knapp unterhalb der Decke mit Licht versorgt wurde. Lediglich einige Utensilien wie Schaufeln, Harken und Besen sowie einige große Holzpfähle ließen sich hier finden. Jedoch nichts, dass auf einen Schatz hindeuten würde. Frustriert stemmte Tim die Hände in die Seiten und schenkte Struppi sowie Nestors Rotweiler Hektor, der Wachhund auf Mühlenhof war, nicht sonderlich viel Beachtung, da diese gerade nur herumtollten. Er selbst hing seinen Gedanken hinterher und überlegte, ob es nicht vielleicht auch einen Dachboden gab. Oder einen versteckten Raum, den man über einen Geheimgang erreichte. Zu Ritter Franz‘ Zeiten waren solche Geheimgänge noch relativ modern. „Nicht dieser Keller. Ich mein den anderen Keller.“, sagte Haddock ein wenig unzufrieden, als auch dieser feststellte, dass es hier keinen Anhaltspunkt für einen Schatz gab. Nestor jedoch zuckte mit den Schultern und schüttelte entschuldigend dreinblickend mit dem Kopf. „Tut mir, aber es gibt keinen anderen Keller.“ Der Kapitän jedoch verschränkte die Arme vor der Brust, strich sich nachdenklich mit den Fingern durch seinen Vollbart und entgegnete: „Das kann nicht sein. Ich erinnere mich an einen viel größeren Keller mit jede Menge Plunder darin.“ Tims Augen hatten sich stoisch auf den Mauerfußboden gerichtet, während er Haddock und Nestor nur beiläufig zuhörte. Seine Gedanken rotierten fieberhaft, während er darüber nachsann, wo Ritter Franz in Mühlenhof den Schatz versteckt haben könnte. Das Anwesen war riesig und hätte im schlimmsten Fall mehrere Monate bedurft, um es zu durchsuchen. „Struppi? Wo bist du, Schnäuzelchen?“ Nur dumpf drang die Stimme Christins zu Tim durch, die seinen treuen Fox Terrier in dem leeren Raum offenbar aus den Augen verloren hatte. Kurz runzelte er über diese Möglichkeit die Stirn. Wie konnte man etwas in einem leeren Raum aus den Augen verlieren? Das ergab hinten und vorne keinen Sinn. Erst das gedämpfte Bellen von seinem Hund riss Tim endgültig aus seinen Gedanken heraus und ließ ihn sich ruckartig in dessen Richtung umdrehen. „Da bist du ja, Struppichen. Aber…“ Den perplexen Blick seiner Freundin teilte Tim sogleich, als er sah, dass Struppi durch ein kleines Loch in der Mauer in einen Nebenraum zu ihnen blickte. Seine Augen weiteten sich erkennend, als ihm bewusstwurde, dass der Keller tatsächlich nie wirklich an Größe eingebüßt hatte. Jemand hatte nur einen Teil von diesem durch eine Mauer abgetrennt. „Kapitän. Helfen Sie mir.“, forderte er einen Wimpernschlag später in einem ruhigen Ton, als er sich den herumliegenden Holzpfählen näherte und einen davon anhob. Der Kapitän war auch sofort zur Stelle, um mitanzupacken, woraufhin sie sich vor dem Loch positionierten. Christin hatte Struppi hinaus gelockt, als ihr Vater und Tim sich daran machten die Mauer mit dem massiven Pfahl einreißen zu wollen. Es bedurfte ein paar kräftiger Hiebe, ehe die Mauer durchbrochen war und ein ganzer Raum mit alten Gemälden, antiken Mobiliar, Ritterrüstungen, prachtvollen Spiegeln, Statuen und anderen wertvollen Gegenständen zum Vorschein kam. Ebenso hell durch das Tageslicht erleuchtet, wie der andere Keller, war auch dieser. Daher konnte man alles ganz ohne Taschenlampe erkennen, wofür Tim sehr dankbar war. „Großvater muss den Teil zugemauert haben, als er Mühlenhof verlor.“, mutmaße der Kapitän, als er sich in dem Raum mit erstauntem Blick umsah, doch Tim hatte dafür gerade keine Gedanken übrig. Sein Hauptaugenmerk fiel in diesem Moment nämlich auf die Statue von St. Johannes. „Und das Licht wird leuchten des Adlers Kreuz.“, rezitierte er das Gedicht der Pergamente ein wenig atemlos und ging schnurstracks auf die Statue zu. Fasziniert sah Tim diese für einige Herzschläge lang an, während er das Gedicht noch einmal in Gänze in seinen Gedanken wiederholte. „Nun, ich sehe das Kreuz. Aber wo ist der Adler?“ Als der Kapitän mit seiner Tochter nähergekommen war, hatte der Reporter seinen Blick schließlich den Beiden zugewandt. Gerade wollte er auf die Frage von Haddock antworten, als ihm seine Liebste zuvorkam. „Er ist der Adler, Papa.“ Ihre Augen leuchteten von der Erkenntnis erfüllt und ihre Gesichtszüge spiegelten Hoffnung wider, während der Kapitän seine Tochter nur fragend betrachtete. Diese sah ihren Vater nun an und lächelte nur noch mehr, als sie den ratlosen Blick ihres Vaters bemerkte. So deutete sie mit der Hand auf die Statue und erklärte ihm: „St. Johannes wird auch der Adler von Patmos genannt.“ Nun weiteten sich auch Haddocks hellblaue Augen vor Erstaunen, woraufhin er zu der Statue blickte und diese gründlich in Augenschein nahm. Tims eigene Faszination galt in diesem Moment weniger St. Johannes, sondern eher Christin. Noch immer war er ganz angetan davon, dass sie einen so scharfen Verstand hatte und ihm im Punkt Bildung offenbar in nichts nachstand. Für einige Herzschläge konnte Tim gar nicht anders als sie schwärmend zu betrachten. Liebevoll sah er in ihr Puppengesicht, als sie mit einem neugierigen Blick näher zu ihm trat. „Was denkst du, Tim? Was will uns St. Johannes sagen?“ Auf ihre Aussage hin rief sich Tim in Gedanken zur Ordnung und schaute wieder zur Statue empor. Leicht zuckte er mit den Schultern und beobachtete kurz nachdenklich Haddock, der sich dem Globus aus Stein genähert hatte, der unter St. Johannes stand. „Ich weiß es nicht, Christin. Hier enden die Hinweise des Gedichts.“ Ein unzufriedenes Schnauben entfloh seiner Liebsten, die ihrer Frustration darüber Luft verschaffte, während Tim diese nicht zur Schau trug. Irgendetwas übersah er. Nur was? „Ha! Die kleine Insel hier existiert gar nicht.“ Mit gefurchter Stirn sah Tim zu Christins Vater und neigte den Kopf etwas zur Seite. Kurz tauschte er mit ihr einen Blick und ging anschließend mit ihr zu Haddock und dem Globus hinüber. „Wie meinen Sie das?“, wollte der Reporter interessiert wissen und blickte auf den Globus, der für ihn ganz gewöhnlich aussah. Allerdings war er auch kein Seemann und hatte daher keine Ahnung von den genauen Positionen der verschiedenen Inseln, die rings um die Kontinente verstreut lagen. Der Kapitän deutete auf eine sehr kleine Insel inmitten einer größeren Inselgruppe, während er schmunzelnd sagte: „Diese kleine Insel hier gibt es überhaupt nicht. Das ist ein Fehler.“ Mit einem Mal fiel es Tim wie Schuppen von den Augen. Deswegen musste es ein echter Haddock sein, der das Rätsel löste. Endlich begriff Tim das Ganze und begann fröhlich zu lachen. „Was ist, wenn nicht, Kapitän?“ Augenblicklich hefteten sich Haddocks und Christins Augen auf ihn, woraufhin er Beide zu gleichen Teilen anlächelte. „Ritter Franz sprach davon, dass nur ein echter Haddock das Geheimnis der Einhorn lösen kann. Jemand, der die sieben Weltmeere wie seine Westentasche kennt.“ Deutlich konnte er sehen, wie seine Worte Eindruck schindeten und der Kapitän mit ernster Miene auf die kleine Insel hinabsah. Einige Lidschläge verstrichen und dennoch sah er die Insel einfach nur an. Es war seine Tochter, die ihn ermunternd mit der Schulter gegen die Seine stupste und schmunzelnd zu ihm sagte: „Na los, Papa. Drück schon drauf.“ Christin mit einem warmen Gesichtsausdruck bedenkend, nickte Haddock ihr schließlich zu. Deutlich war ein Schnaufen des Globus‘ zuhören, ehe seine Kuppel geradezu aufsprang und den Anwesenden beinahe gegen die Köpfe geschlagen hätte. Der jahrzehntealte Staub legte sich rasch, woraufhin alle Drei nun neugierig ins Innere des Globus blickten. Voller Überwältigung schlug Christin die Hand vor den Mund und auch Haddock gab ein verblüfftes ‚Hagel und Granaten‘ von sich. Tims Iriden hatten sich erstaunt geweitet, als er auf die vielen Goldstücke und Juwelen, aufbewahrt in einem Hut, im Inneren des Globus sah. Das war er. Das war der große Schatz von Ritter Franz von Hadoque. Ehrfürchtig nahm der Kapitän ein paar Juwelen und Goldstücke in die Hand, ehe er diese zurück in den Globus rieseln ließ. Überglücklich lachte er auf, woraufhin Christin miteinstimmte und sich mit ihrem Vater in die Arme fiel. Freudiges Lachen und Jubel erfüllte den Raum, woraufhin Struppi und Hektor ebenfalls begeistert bellend einstimmten. Tim besah sich die Beiden und freute sich sehr für den Kapitän und dessen Tochter. Das Geheimnis war gelüftet und bald schon würde Schloss Mühlenhof wieder von den Haddocks bewohnt werden. Haddock entließ seine Tochter wieder aus den Armen und klopfte Tim freundschaftlich die Schulter, woraufhin dieser ihn warmherzig anlachte. „Endlich. Wir haben es geschafft.“ Zustimmend nickte Tim und beobachtete kurz darauf, wie der Kapitän in den Globus griff. Dieser zog nun den Hut an der Krempe heraus, in dem der Schatz gelagert war. Anschließend kippte er die Juwelen und das Gold in eine große Messingschale neben dem Globus und betrachtete einen Moment lang den Hut seines Vorfahren. Im Anschluss setzte sich der Kapitän diesen vorsichtig auf und sah für den Augenblick genau wie Ritter Franz von Hadoque aus. Eindeutig war der Kapitän sein Nachfahre. Eine Tatsache, die ihn belustigt grinseln ließ. „Schau mal.“ Es war Christin, die Tim aus seinen Gedanken riss und seine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog. Irritiert furchte der Reporter die Stirn und sein Lächeln wischte sich aus dem Gesicht, als seine Freundin ihm mit ernsterem Blick eine weitere Pergamentrolle hinhielt. Für einen langen Moment sah Tim einfach nur auf das Schriftstück in ihrer Hand, ehe er in ihre rehbraunen Iriden blickte. Vorsichtig streckte er die Hand nach dem Pergament aus und nahm es an sich, woraufhin er es öffnete und einen genauen Blick darauf warf. Kaum hatte er es aufgerollt, stand Christin auch schon ganz nah bei ihm und ließ ihre Augen ebenfalls über die offengelegte Weltkarte gleiten. „Tim, das ist die Stelle, wo die Einhorn gesunken ist.“ Ihre Stimme war aufgeregt und ihre Augen leuchteten voller Abenteuerlust, als sie Tim anschließend ansah. Auch Tims Augen funkelten vor Tatendrang, während er Christin nickend zustimmte und dabei einen beipflichtenden Laut von sich gab. „Ich hole Champagner zum Anstoßen.“, verkündete Nestor gut gelaunt und verließ im Anschluss den Keller, woraufhin die Drei mit den zwei Hunden für den Moment allein blieben. Kurzerhand zog Christin ihrem Freund das Pergament aus der Hand, versteckte es hinter ihrem Rücken und trat an ihren Vater heran, der sich gerade in einem Spiegel bewunderte. Den Hut trug er nämlich noch immer. Tim musste über seine Freundin schmunzeln, da sie es offensichtlich kaum erwarten konnte ihrem Vater davon zu erzählen. „Sag mal, Papa. Was wäre, wenn Tim und ich wüssten, wo die Einhorn liegt?“ Ihre Stimme klang ganz unschuldig, was ihm eine Gänsehaut machte. Diese Frau konnte so rasant von einer Femme fatal zu einem unschuldigen Mädchen wechseln, dass es ihm erregt schaudern ließ. Der Kapitän drehte sich zu seiner Tochter herum und bedachte sie mit eingehendem Blick. „Sag bloß ihr Beide wisst das tatsächlich.“ Es war nun Tim, der zu den Beiden hinüber ging und Haddock mit einem wissenden Schmunzeln ansah. „Ritter Franz hat auf jeden Fall einen Hinweis darauf im Globus versteckt.“ Die Augen von Christins Vater wurden groß und für den Moment entglitten ihm sogar die Gesichtszüge. „Also, Papa. Wie steht es mit deinem Durst nach Abenteuern?“, erkundigte sich Christin neckisch grinselnd, während sie das Pergament hinter ihrem Rücken hervorzauberte und ihrem Vater in die Hand legte. Für einen längeren Augenblick betrachtete er einfach nur die Karte mit der markierten Stelle, ehe er mit einem Grinsen zu seiner Tochter aufsah. „Unstillbar, mein Delfinchen.“ Fröhlich lachte Christin auf und auch Tim begann vergnügt, leise zu lachen. Damit stand also fest, dass sie nach der Einhorn am Grund des Meeres suchen würden. In diesem Moment kam Nestor mit einem Tablett wieder, auf dem fünf gefüllte Champagnergläser standen. Lächelnd reichte er jedem eines davon und nahm sich selbst das Letzte. „Trinken wir auf Ritter Franz, die Einhorn und auf uns, die das Rätsel lösten und nun Schloss Mühlenhof wieder in den Besitz der Haddocks bringen.“, sprach der Kapitän mit stolz geschwellter Brust einen Tost aus, woraufhin sich alle Anwesenden anlächelten und anschließend gemeinsam anstießen. Das Abenteuer um das Geheimnis der Einhorn war gelüftet, doch den größten Schatz aller Zeiten zu finden und zu bergen würde erst noch beginnen. Dafür würden sie sich jedoch mehr Planungszeit nehmen müssen, denn dieses Unterfangen würde mehr Zeit und Vorbereitung brauchen. Außerdem hoffte der Reporter, dass dieses Abenteuer weitaus weniger chaotisch und nervenaufreibend zugehen würde als das Jetzige. ๑⊱☆⊰๑ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)